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Full text of "Zeitschrift für romanische Philologie"

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ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ROMMISCHE  PHILOLO&IE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  GUSTÁY  GRÖBER, 

PROFESSOR   AN   DER   UNIVERSITÄT  STRASSBiniG  Ì.  E. 


1901. 


XXV.  BAIO). 


HALLE 

MAX    NIEMEYER. 
77/78  OB.  STEINSTRASSE. 

tgoi. 


Inland  Stanford, 

a.  <ò  I  c^o5 


INHALT. 

Seite 

L.  F.  D.  BlÖtb,  Der  historische  Schwanritter  (3.  ii.  99) i 

F.  Fd.  Schnkboans,   Ueber  die  Sprache  des  Skizzenbuches  von  Vilard 

de  Honneconrt  (19.  4.  00) 45 

P.  Toldo,  Études  sur  la  poésie  burlesque  française  de  la  Renaissance. 

(19.2.  00) 71.  215.  257.  385.  513 

H.  SCHUCHARDT,  Franz,  caillou  )  coclaca.  —  Über  Laut-  und  Bedeutungs- 
wandel (IO.  II.,  29.12.  00,  24.  2.  Ol) 244 

TuiODOR  Kalepky,  Zur  französischen  Syntax  (31.  5.  00) 322 

Hl'go  Albert  Rknnxrt,   Ueber  Lope  de  Vega's  El  Castigo  sin  Ven- 

ganuL  (8.  II.  00) 411 

Elise   Richter,    Zar   Syntax   des   rumänischen   Possessiv •  Pronomens 

in.  Person  (9. 11.  00) 424 

Eduard  Wechssler,  Bemerkungen  zu  einer  Geschichte  der  französischen 

Heldensage  (20.  10.  00) 449 

B.  Jaberg,    Pejorative   Bedeutungsentwicklung  im  Französischen.     Mit 

Berücksichtigung  allgemeiner  Fragen  der  Semasiologie  (18.  5.  01)  561 
W.  Meyer -LÖBKE,  Oskisch  dai,  ital.  da,  sard,  dae  (i.  3.  01)  .  .  .  .  602 
Eugen  Herzog,  Zusammenfassendes  lo  im  Spanischen  (11.  3.  01)  .  .  705 
George  C.  Keidel,   Notes  on  ^sopic  Fable  Literature  in  Spain  and 

Portugal  during  the  Middle  Ages  (17.  il.  01) 721 

TEXTE. 
Walther  Suchier,  Ueber  das  altfranzösische  Gedicht  von  der  Zerstörung 

Jerusalems  La  Venjance  nostre  seigneur  (Schlufs)  (22.  9.  99)  .  94 
J.  Zeidler,  Der  Prosaroman  Ysaje  le  Triste  (23.  12.  00)  .     .     175.  472.  641 

A.  Pellegrini,  Il  Piccinino  (4.  6.  99  ;  1 6.  6.  00) 230.  686 

Carolina  Michaelis  de  Vasconcellos,  Randglossen  zum  altporiugie- 

sischen  Liederbuch.  Forts.  (18.4.  00)  .  .  .  129.  278.  533.  669 
Emmanuel  Walberg,  Deux  détails  du  Bestiaire  de  Philippe  de  Thaun 

(19.2.  Ol) 697 

VERMISCHTES. 

1.  Zur  Textkritik. 

Hugo  Andresen  ,'.  Zur  Karlsreise  (4.  8.  00) iio 

2.  Zur  Lautlehre. 

A.  Horning,  Die  betonten  Hiatusvokale  im  Vulgärlatein  (28.  10.  00)    .     341 
A.  Zimmermann,  Zum  Uebergang  von  intervokalischem  /  zu  </  im  Vulgär- 
latein (23. 12.  00) 731 


IV 

Seitt 
A.  Zimmermann,  Ueber  i-Epenlhese  im  Italischen  bezw.  im  Vulgärlatein 

(1.4.  Ol) 735 

—  Lesefrûchte  aas  dem  Bereiche  der  römischen  Inschriften,  den  Ro- 

manisten ZOT  Beurteilung  vorgelegt  (i.  4.  Ol) 735 

A.  HORNINO,  Zur  Behandlung  von  Ci  und  Ti  (24.  6.  01) 736 

3.  Zur  "Wortgeschichte. 
G.  Pfeiffer,  Zu  Rudows  Rumänischen  Wörtern  Ztschr.  Bd.  XIX  und 

xxn  (27.3.  99) 112 

Giacomo  De  Gregorio,  Ant.  sic.  (a  la)  Urta  (9.  io.  00) 113 

H.  SCBUCHARDT,  Ecclesia  (30.  II.  00) 344 

—  Yrvsa.,  houée\xx!^'di,  houchen  (20.  i.  01) 345 

—  Franz,  glaive  (20.  i.  01) 345 

—  Franz,  bretelle,  bretellière  (20.  I.  01) 346 

—  Franz. //¿f  „Scholle"  (20.  I.  01) 346 

—  'Pt9,i^z,  turbot ){á,  Dornbutt)  {20,1,  Ol) 349 

—  Ischi]  JnsulaF  (20.1.  Ol) 349 

—  FrtíTiZ. Permaine  (20.  I.  Ol) 353 

W.  Meyer  •  LÜBKE,  lisii,  saia,  saio,  frz,  sate  (28.11.  00) 354 

—  lui.  usao,  frz,  huis  (13.  1.  Ol) 355 

H.  SCHUCHARDT,  Lat.  torta,  tartarum  (zu  Ztschr.  XXIV,  2$0f.)  (4.  3.  01)  490 

—  xakvfjifjia,  xoXvfJLß&Vf  (?)  xakwç  im  Rumänischen  (4.  3.  O')      •     •  490 

—  Franz,  guideau  (4. 3.  01) 49S 

—  Franz,  bœuf,  vache  (Fischerspr.)  (4. 3.  01) 498 

—  Ostital.  togna;  ital.  volantino  (Fischerspr.)  (4.3.  01) 502 

—  Span,  castarete,   port,  caçarete  (Fischerspr.)  (4.  3.  01) 503 

A.  Horning,  Frz.  Glaise,  voges.  brossçy  (3.  12.  00) 503 

J.  Ulrich,  Andare,  aller  (6.  12.  00) 506 

—  A.  engad.  cupitz  (14.  il.  00) 507 

—  "EngSiá,  padimêr  (14.  ii.  00) 507 

W.  Meyer -LÜBKE,  Frz.  scieur  de  long  (i.  3.  01) 611 

A.  Horning,  Voges.  lur,  burgund.  lôvre  (17.2.01) 612 

—  Afrz.  heucâ,  nfrz.  esse  (17.2.  01) 614 

H.  SCHUCHARDT,  Ficätum,  fecätum}  fciitum -{- hepäteP  (15.  7.  Oí)      .     .  61S 

A.  Horning,  Span,  lelo  (24.  6.  01) 73^ 

—  Sp.  emperador  (24.6.  Ol) 739 

—  Sp.  pg.  rozar  (24. 6.  Ol) 740 

—  Provenz.  desco,  poitevin,  daiche  (24.  6.  Ol) 740 

—  Rätorom.  magliar  (24.  6.  Ol) 740 

—  Faluppa  im  Romanischen  (Nachtrag  zu  Ztschr.  21,  192  ffg.)  (3.  8.  01)  741 . 

—  Span,  marica  (3.  8.  Ol) 742 

—  It.  indugia  (3. 8.  Ol) 743 

Giacomo  De  Gregorio,  It  oUa  (15.  6.  01)    , 744 

—  Sic.  mattanza  (15.  6.  Ol) 74^ 

—  It.  bazza,   sp.  baza,    cat.  basa  (15. 6.  Ol) 747 

—  Siz.  bauariotu  (15. 6.  Ol) 747 

BESPRECHUNGEN. 
Paolo   Savj- Lopez,    Pio   Rajna,   Le   fonti   dell*  Orlando   Furioso 

(25.  6.  00) 114 


V 

Sehe 
G.  W^EiGAiTD,    G.  AlexicT,    Texte    din   literatura    poporanS   romÎDS 

(î6.  6.  oo) Ii6 

P.  DB  Mugica,    Anibal  Echeverría  y  Reyes,   Voces  asadas  en 

Chile  (13.3.  00) 118 

—  Diccionario  de  la  Lengua  Castellana  por  la  real  Academia  Española 

(6.  3.  00) 119 

G.  Weigand,  Tcutsch  u.  Pepea,  Lehrbuch  der  rumänischen  Sprache 

zum  Schul-  und  Selbstgebrauch  (16.  6.  00) 359 

Ph.  Aug.  Becker,  Paul  Runge,  Die  Lieder  und  Melodien  der  Geiisler 
des  Jahres  1 349  nach  der  Aufzeichnung  Hugos  von  Reutlingen, 
nebst  einer  Abhandlung  über  die  italienischen  Geifslerlieder 
von  H.  Schneegans  und  einem  Beitrage  zur  Geschichte  der 
deutschen  und  niederländischen  Geiisler  von  H.  Pfannen - 
Schmid  Í20.  7.  00) 360 

—  Carl  Voretzsch,  Epische  Studien  (16.8.  00) 3^5 

Theodor   Gartner,    Genelin,  Dr.  P.,   Germanische  Bestandtheile  des 

rätoromanischen  (surselvischen)  Wortschatzes  (19. 12.  OO)     .     .     617 

—  Huonder,   Josef,    Der  Vokalismus    der   Mundart    von   Disentís 

(1.4.  Ol) 622 

—  Candrian,  J.  J.*  Det  Dialekt  von  Bivio-Stalla  (1.4.  Ol)  .     .     .     627 
£.  K0SCHWITZ,  Eugen  Herzog,  Materialien  zu  einer  neuprovençalischen 

Syntax  {4.  I.  01) 630 

Eh.  Walberg,   André  G.  Ott  (de  Zurich),  Étude   sur  les  couleurs  en 

vieux  français  (19.  2.  01) 633 

M.  Friedwagner,    Emile  Delignières,   Nouvelles  Recherches  sur  le 

lieu  d'origine  de  Raoul  de  Houdenc  (26.  2.  01) 748 

Eugen  Herzog,  Dr.  Leo  Wiese,  Die  Sprache  der  Dialoge  des  Papstes 

Gregor  (17.  3.  Ol) 757 

W.  Meyer -LÜBKE,  E.  Frkymond,   G.  G.,    Romania  No.  114,  115,  116 

123.  380.  508 
O.  SCHLXTZ-GORA,  BERTHOLD  WiESE,  Giornale  Storico  della  Letteratura 

italiana.    Anno  X Vili,  Voi.  XXXVI,  fase.  1—3;  Anno  XIX, 

Voi.  XXXVII,  fasci — 3;  Supplemento  3  .  .  .  .  I2I.  376.  510 
W.  Cloètta,  Archiv  fur  das  Studium  der  neueren  Sprachen  und  Litte- 

raturen  XCIX  (19.  5.  99) 127 

Heinrich  Schneegans,    Studi   glottologici  italiani   diretti   da  Giacomo 

de  Gregorio.    I.  (4.9.  00) 636 

D.  Behrens,  Publications  of  the  Modern  Language  Association  of  America 

VoLV,  VI,  Vn  edited  by  James  W.  Bright  (18.  I.;  7.4.  01)  758 

G.  G.,  Neue  Bücher 128 

W.  Suchier,  Nachtrag  zu  Zeitschr.  XXV  94—109 256 

Berichtigung 384 

Berichtigungen  zu  SS.  633  —  5 762 

Register 763 


/ 


Ausgegeben  den  2.  Januar  1901. 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


EOMMISCHE  PHLOLO&IE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  eVSTAT  GRÖBEB, 

PROFRSSOR   AN   DRR    UNIVERSITÄT  STRASSBURO   i.  B. 


1901. 


XXV.  BAND.     1.  HEFT. 


HALLE 

MAX    NIEMEYER. 
77/78  GR.  STEINSTRASSE. 

igoi. 

Die  Zeitschrift  erscheint  in  Bänden  (von  6  Heften)  zu  25  Marli. 


INHALT. 

Sette 
J.  F.  D.  Blöte,  Der  historische  Schwanritter  (3.  II  99) i 

F.  Ed.  Schneegans,   lieber  die  Sprache  des  Skizzenbaches  von  Vilard 

de  Honnecourt  (19.  4.  00) 45 

P.  Toldo,   Études  sur  la  poésie  burlesque  française  de  la  Renaissance 

(19.2.  00) 71 

Walther  Suchier,  Ueber  das  altfranzösische  Gedicht  von  der  Zerstörung 

Jerusalems  La  Venjance  nostre  seigneur  (Schlufs)  (22.  9.  99)    .      94 

VERMISCHTES. 
Hugo  Andresen,   Zur  Karlsreise  (4.  8.  00) iio 

G.  Pfeiffer,  Zu  Rudows  Rumänischen  Wörtern  Ztschr.  Bd.  XIX  und 

XXII  (27.3.  99) 112 

Glacomo  De  Gregorio,  Ant.  sic  {a  la)  Urta  (9.  io.  00) 113 

BESPRECHUNGEN. 
Paolo    Savj- Lopez,    Pio   Rajna,   Le   fonti    dell'  Orlando   Furioso 

(25.  6.  00) 114 

G.  Weigand,    G.  Alexici,   Texte   din   literatura   poporanS   rominS 

(16.6.00) 116 

P.  de  Mugica,    Anibal  Echeverría  y  Reyes,   Voces  usadas  en 

Chile  (13.  3.  00) 118 

—    Diccionario  de  la  Lengua  Castellana  por  la  real  Academia  Española 

(6.  3.  00) 119 

O.  ScHULTZ-GoRA,  BERTHOLD  WiESB,  Giornale  Storico  della  Letteratura 

italiana.  Anno  XVIII,  Voi.  XXXVI,  1—2  (19.10.;  2.12.00)  121 
W.  Meyer-LCbke,  G.  G.,  Romania  No.  114  (28. 11.;  4.8.  00) .  .  .  .  124 
W.  Cloëtta,  Archiv  fur  das  Studium  der  neueren  Sprachen  und  Litte- 

raturen  XCIX  (19.  5.  99) 127 

G.  G.,  Neue  Bücher 128 


Manuskripte  für   die  Zeitschrift   sind   an  den  Herausgeber, 
Strafsburg  i.  Eis., 

IJniversitätsplatz  8 

zu  senden.  An  die  Verlagsbuchhandlung  Ifiax  Niemeyer  in  Halle 
sind  alle  Honorar  und  Sonderabzüge  angehenden  Anfiragen  und 
Wünsche  zu  richten. 


Der  historische  Schwanritter. 

(n.  Artikel.») 

In  dieser  Zeitschrift  habe  ich  vor  einiger  Zeit  darauf  aufmerk- 
sam gemacht,    dafs  wit  in   dem  Schwanritter  wahrscheinlich  den 
Reflex  einer  historischen  Person  zu  sehen  haben.     Eine  Familien- 
tiadition,  die  sich  um  Roger  von  Toëni,  einen  normannischen  Frei- 
berm   der   ersten  Hälfte   des  ii.  Jhds.,   gebildet  hatte,   habe  man 
mit  Balduin  von  Boulogne,  dem  Gemahl  der  Enkelin  dieses  Roger, 
verbanden,  und  diese  Verbindung  sei  die  Ursache  geworden,  dafs 
Gottfried  von  Bouillon   und  seinen   beiden  Brüdern   zur  Zeit   des 
ersten  Kreuzzugs  und  nachher  ein  Grofsvater  zugeschrieben  wurde, 
den  ein   Schwan  in   das   Land   gebracht   haben   sollte.     Der  Ge- 
dankengang aber,  wie  er  in  dem  Aufsatz  niedergelegt  war,  berück- 
sichtigte im  wesentlichen   nur   eine  Seite  des  Themas.     Er  stellte 
nur  diesen  Roger  in  den  Mittelpunkt   der  Betrachtung,  ging  auf 
eine  Klarlegung  anderer  die  Herkunft  der  Sage  berührender  Fragen 
nicht    ein    und    erfuhr    daher   eine    ablehnende   Besprechung   von 
G.  Paris,    indem    dieser    den    hypothetischen    Charakter    einzelner 
Glieder  der  Beweisführung  hervorhebend  die  Lösung  des  Problems 
um  keinen  Schritt  weiter  gefördert  erachtete.^    Es  sei  mir  gestattet 
noch  einmal   auf  die  Sache  zurückzukommen.     Jetzt  freilich  etwas 
ausführlicher.     Ich  glaube,    dafs   ich  zu  zeigen  vermag,    dafs  auch 
andere,  von    der  Persönlichkeit    des  Roger  von  Toëni   vollständig 
unabhängige   Erwägungen    in    die    von   mir   bezeichnete   Richtung 
hinùberleiten,    und    dafs    infolgedessen    das    Resultat    dieser    Er- 
wägungen in  Verbindung  mit  dem,  was  wir  von  Roger  von  Toëni 
und  seinen   Nachkommen    ermitteln  können,    von   neuem    ergiebt, 
dafs  die  Sage  vom  Schwanritter   eine   lothringische  Umbildung  ist 
der  normannischen  Familientradition.  — 

Die  ersten  Abschnitte  der  folgenden  Untersuchung  beschaf- 
fen sich  mit  der  Frage,  ob  es  vor  Gottfried  von  Bouillon  eine 
lothringische  Ueberlieferung  von  einem  Schwanritter  gegeben  haben 
kann. 

I. 

Wenn  je  ein  mächtiges  und  weitverzweigtes  Geschlecht  im 
^^•]hd.  historisch   prädestiniert   schien,    seine   Herkunft   mit   dem 

*  Vgl.  ZUchr.  21,  176  fif.         «  Romania  26,  580  f. 
2ciuchr.  L  rom.  Phil.  XX  Y.  l 


2  J.  F.  D.  BLÖTSy 

Schwanritter  in  Verbindung  zu  bringen,  so  war  es  das  Geschlecht 
der  Grafen  und  Herzoge  von  Limburg,  das  von  der  Mitte  des 
1 1 .  Jhds.  bis  an  das  Ende  des  1 3.  eines  der  angesehensten  Hänser 
Niederlothringens  war.  Unter  seine  Vorfahren  zahlte  es  die  gleichen 
Geschlechter  wie  Gottfried  von  Bouillon  ;  *  zwei  Herzoge  (Grafen) 
dieses  Hauses  waren  als  Herzoge  von  Niederlothringen  die  un- 
mittelbaren Nachfolger  Gottfrieds.^  In  den  Ardennen  lag  ihr  Ge- 
biet, und  zur  Zeit,  da  die  Sage  vom  Schwanritter  blühte,  fahrten 
sie  im  Volksmunde  und  offiziell  den  Titel  'Herzoge  der  Ardennen ',3 
wie  die  Herzoge  von  Niederlothringen  des  1 1 .  Jhds.  aus  dem  Hause 
der  Ardennen  genannt  wurden  und  wie  der  Schwanritter  in  einer 
Version  zu  einem  Herzog  der  Ardennen  gemacht  ward.^  Zwei- 
einhalb Jahrhunderte  bestand  das  Geschlecht  in  ununterbrochener 
Fortdauer  und  konnte  es  auf  ebenso  reiche  Verbindungen  weisen  als 
Brabant,  mit  dem  es  rivalisierte.  Welche  günstigen  Umstände,  die 
Erinnerung  an  eine  Herkunft  vom  Schwanritter  zu  wecken  und 
lebendig  zu  halten,  falls  der  Keim  dazu  schon  vorher  in  diesem 
Geschlechte  bestanden  und  bis  dahin  nur  geschlunmiert  hätte! 
welche  günstigen  Verhältnisse  für  eine  Verknüpfung  mit  der  Her- 
kunft, falls  diese  nur  ein  willkürliches  Gewebe  der  Volksphantasie 
gewesen  wäre,  das  sich  beliebig  an  den  günstigsten  Fleck  heftete, 
oder  von  einer  Familie  aus  beliebig  auf  eine  andere  hätte  über- 
tragen werden  können!  Wohl  reichten  die  Herzoge  ihre  Herkunft 
bis  auf  Karl  den  Grofsen  hinauf.^  Aber  zu  dem  Geschlecht  des 
Schwanritters  rechneten  sie  sich  nicht,  und  auch  andere  rechneten 
sie  nicht  dazu.  Dafs  es  sich  hier  nicht  um  ein  zufalliges  Fehlen 
irgend  welcher  Aufzeichnung  handelt,  zeigt  folgendes. 

Das  limburgische  Haus  erlosch  zwar  1283  mit  dem  Tode  der 
kinderlosen  Ermengardis,  aber  trotzdem  hat  kein  lothringisches  Ge- 
schlecht eine  so  mannigfaltige  genealogische  Entwicklung  aufzu- 
weisen als  Limburg  in  Verbindung  mit  Luxemburg  (letzteres  seit 
12 14).  In  der  Nähe  des  Stammlandes  die  Häuser  Montjoye, 
Valkenburg,  Berg,  Reifferscheid,  Wildenberg.  Waleran  IV.  nennt 
in  einer   Urkunde   v.  J.  1253    unter    seinen  Verwandten    die    von 


^  Der  Vater  Gottfrieds  von  Bouillon  und  die  Grofsmatter  Heinrichs  I. 
von  Limburg  (f  II 19)  mütterlicherseits  waren  Geschwister,  Kinder  Eustachs  I. 
von  Boulogne  und  der  Gerberga  von  Löwen  (Brabant).  Der  Stammvater  der 
Herzoge  von  Niederlothringen  war  Wigerich,  Graf  von  Bedgau  und  Trier, 
unter  Karl  dem  Einfachen  Pfalzgraf  von  Lothringen  (f  nach  926).  Sowohl 
durch  seinen  Vater  als  durch  seine  Matter  gehörte  der  genannte  Heinrich  zu 
dem  Geschlechte  dieses  Wigerich. 

'  Heinrich  I.  (f  11 19)  und  dessen  Sohn  Waleran  H.  Paganas  (f  1139). 
Auch  Heinrichs  L  Groisvater,  Friedrich  von  Luxemburg,  war  Herzog  von 
Niederlothringen  gewesen,  1048 — 1065,  zur  Zeit,  da  Herzog  Gottfried  aus  dem 
Hause  der  Ardennen,  Gottfrieds  von  Bouillon  Grofsvater  (f  1070),  sich  gegen 
die  kaiserliche  Gewalt  auflehnte. 

'  Zeugnisse  bei  M.  S.  P.  Ernst,  Histoire  du  Umbourg,  Liège  1837 — ^^47» 
til  S.  52,  t.  m  S.  99.  III.  117.  139. 

*  Grimm,  Deutsche  Sagen,  No.  545  'Der  gute  Gerhard  Schwan'. 

B  Ernst,  a.  a.  O.  t  H  S.  64. 


DBR  mSTORISCHB  SCHWANRITTER.  3 

Luxemburg,  Berg,  Jülich,  Wassenberg,  Reifferscheid,  Montjoye.* 
Aus  d^  Ehe  Walerans  III.  mit  Ermensinde  von  Luxemburg  (12 14) 
ging  das  luxemburgische  Haus  hervor,  das  dem  deutschen  Reiche 
vier  Kaiser  gegeben  hat,  von  denen  drei  auch  Könige  von  Böhmen 
waren,  einer  König  von  Ungarn.  In  Frankreich  führten  eine  Anzahl 
hoher  Familien  ihren  Ursprung  auf  Limburg  zurück.^  Aber  bei  keiner 
einzigen  läfst  sich  nachweisen,  dafs  sie  sich  von  der  Schwanritter- 
herkunft betraditeten ,  es  sei  denn  durch  eine  spätere  Verbindung 
mit  Brabant^  Und  was  vom  1 2.  Jhd.  an  für  sämtliche  Nachkommen 
gilt,  erlaubt  den  Rûckschlufs  auf  das  Stammhaus:  es  hielt  sich 
nicht  von  der  Abstammung  vom  Schwanritter,  und  auch  andere 
gaben  ihm  diese  Auszeichnung  nicht^ 

Das  Haus  Limburg  (und  Luxemburg)  hatte  keine  Herkunft 
vom  Schwanritter.     Dieses  Ergebnis  fuhrt  zu  folgenden  Schlüssen: 

1.  Für  die  Herzoge  von  Niederlothringen  aus  dem 
Hause  der  Ardennen  oder  Verdun:  Die  Sage  vom  Schwanritter 
ist  keine  von  Anfang  an  ererbte  uralte  Haussage  der  Vorfahren 
von  Gottfrieds  von  Bouillon  Mutter,  denn  wäre  sie  schon  mit 
Wigerich  (f  nach  926),  dem  Stammvater  aller  ardennischen  Ge- 
schlechter verbunden  gewesen  —  wie  die  Herkunft  von  Karl  dem 
Grofsen  und  Troja  —  so  hätte  sie  sich  auch  in  dem  limburgischen 
Haus  zeigen  müssen,  wo  alles  dem  Fortleben  der  Sage  günstig  war.^ 

2.  Für  die  Grafen  von  Boulogne:  Die  Sage  stammt  auch 
nicht  aus  dem  Hause  der  Grafen  von  Boulogne  vor  Gottfried  von 

»  Ernst,  a.  a.  O.  IV,  238.         •  Ernst,  a.  a.  O.  IV,  76. 

'  Im  Jahre  141 2  war  Edmond  von  Dynter  im  Auftrage  seines  Herzogs 
(Anton  von  Brabant)  bei  Wenceslas,  König  von  Böhmen.  Dieser  führte  den 
Gesandten  in  einen  Saal,  wo  Kaiser  Karl  IV.  (1346— 1378),  Wenceslas'  Vater, 
die  Bilder  aller  Herzoge  von  Brabant  bis  auf  Johann  III.  (1312 — 1355)  hatte 
aufhängen  lassen,  und  sagte  zu  ihm  'quod  illa  sua  esset  genealogia,  quodque 
ipse  de  propagine  Trojanorutn  et  signanter  sanctt  Karoli  Magni  imferatoris 
et  inclite  do  mus  Brabancie  descendit,  et  quod  Ueinricus  de  Lucemhurgo 
imperaior,  proavus  suus,  hahuit  filiatn  primi  duds  Johannis  Brabancie,  ex 
qua  genuit  avum  suum  Johannem  Bohemie  et  Polonie  regem*  {Chronique 
des  Ducs  de  Brabant  par  Edmond  de  Dynter,  publiée  par  P.  F.  X.  De  Ram, 
Bruxelles  1857,  t.  UI  p.  74  if.).  —  Man  beachte  die  Zusammenstellung  'Troja, 
Karl  der  Grofse,  Brabant'.  Die  Erwähnung  von  Troja  und  Karl  dem  Grrofsen 
fuhrt  zu  der  Folgerung,  dafs  Wenceslas  bei  dem  Namen  'Brabant'  an  den 
Stammvater  dieses  Geschlechtes  dachte,  d.  h.  an  den  Schwanritter,  um  so  mehr, 
da  die  brabantischen  Herzoge  sich  auch  schon  insbesondere  von  Troja  und 
Karl  dem  Grofsen  rühmten,  sodafs  dieses  besondere  Nennen  von  Brabant 
nicht  nötig  war.  Erwägt  man  nun,  dafs  Wenceslas  auch  Heinrich  von  Luxem- 
burg erwähnt,  und  dieser  ein  Enkel  war  Walerans  von  Limburg  und  Ermen- 
gards  von  Luxemburg,  und  Limburg  und  Luxemburg  sich  auch  schon  von 
trojanischer  und  karolingischer  Herkunft  hielten,  so  hat  das  'Brabant'  einen 
besonderen  Sinn.  Durch  Brabant  konnte  Wenceslas  sich  nicht  nur  auf  Troja 
und  Karl  den  Grofsen  berufen,  sondern  auch  auf  den  Schwanritter.  Nur 
Brabant  kannte  er  den  Ursprung  zu,  nicht  Luxemburg  oder  Limburg. 

^  So  gestatten  z.  B.  die  Häuser  Hessen  und  Heinsberg  Rückschlüsse  auf 
Brabant  Vgl.  Verf.,  Das  Aufkommen  des  clevischen  Schwanritters,  in  der 
Ztschr.  f.  deutsches  Altertum  und  d.  Litt.  42,  41  ff. 

*  Wir  ñnden  sie  ebensowenig  bei  den  Grafen  von  Salm,  von  Bar,  die 
gleichfalls  von  Wigerich  stammten. 


4  J.  F.  D.  BLÖTE, 

Bouillon.  Denn  hätte  Gottfrieds  Vater  Eustach  IL  sich  dieses  Ur- 
sprungs gerühmt,  wie  er  sich  durch  seine  Mutter  Mathilde  von 
Löwen  (Brabant)  karolingischen  Geblütes  nennen  konnte,^  so  hätte 
auch  seine  Schwester  Gerberga,  Heinrichs  L  von  Limburg  Grofs- 
mutter,  die  Herkunft  in  das  limburgische  Haus  hinüber  geleitet 

3,  Für  die  Entstehung  der  Geschlechtssage:  Das  Fehlen 
der  Herkunft  im  Haus  Limburg  trotz  der  aufserordentlich  günstigen 
Verhältnisse  zur  Aufnahme  derselben  führt  zu  der  Vermutung,  dafs 
die  Herkunft  von  einem  Schwanritter  in  anderen  Häusern  nicht 
auf  willkürlicher  Volksphantasie  beruht,  sondern  dafs  sie  sich  auf- 
baute auf  irgend  einer  reellen  Grundlage.^ 

Die  in  dieser  Weise  gewonnenen  Folgerungen  haben  deswegen 
einen  hohen  Grad  der  Wahrscheinlichkeit,  i.  weil  der  Ursprung 
von  Karl  dem  Grofsen  durch  die  weiblichen  Linien  in  den  ver- 
schiedenen Familien  vermittelt  wurde,  wofür  Brabant,  Namür,  Bou- 
logne Beispiele  sind;  2.  weil  die  Geschlechter  Brabant,  Qeve, 
Heinsberg  3,  Arkel  nur  durch  eine  ihrer  Frauen  zu  der  Abstammung 
von  einem  Schwanritter  gelangten. 

2. 

Im  J.  1113  stirbt  die  Ida,  die  Mutter  Gottfrieds  von 
Bouillon.  In  der  Lebensbeschreibung  4,  die  zwei  oder  drei  De- 
cennien  nach  ihrem  Tode  abgefafst  wurde,  wird  berichtet,  wie  sie  in 
besonderem  Rufe  der  Keuschheit,  Frömmigkeit  und  Wohlthätigkeit 
stand  und  Wunder  verrichtete  während  ihres  Lebens  und  sogar  nach- 
her. Ihr  Mann,  Eustach  II.  von  Boulogne,  ist  ^genere  nobiiùstmtis. 
Carolo  eiiam  regi  consanguiniiaie  proximus\  Ida  selbst  wird  mit  der 
üblichen  Formel  ^nobilissima  exorta  prosapia"^  bezeichnet.  Aber  der 
Autor  dachte  sich  die  Eltern  und  die  Vorfahren  der  Ida  echt  mensch- 
lich: spater  ejus  supra  potentes  atque  fama  majores  coram  imperatore 
Alemannorum  gradum    altiorem  et  quasi  Privilegium  dignitatis  atque 


^  Autoren  aus  der  ersten  Hälfte  des  12.  Jhds.  nennen  ihn  von  karo- 
lingischer  Herkunft.  Vita  B,  Idae,  cap.  i  *  genere  nobilissimus.  Carolo  etiatn 
regt  consanguinitate  proximus*  (Migne  155,  439);  Ord.  Vital.  1.  IV  c.  3  (ed. 
Le  Prévost)  'erat  magnae  nobVitatis,  ex  prosapia  scilicet  Caroli  Magni  Fran' 
cor  um  strenuissimi  regis\ 

*  Eine  4.  Folgerung  finde  hier  in  der  Note  ihren  Platz.  Wenn  die 
Redaction  der  Sage  von  Gerhard  Schwan  nach  Grimm  DS.  No.  545  den 
Schwanritter  zu  einem  Herzog  der  Ardennen  macht,  und  Albrecht  in  dem 
'Tilurel'  zwischen  1260  und  1270  ihn  in  Luxemburg  (so  wenigstens  nach 
Grimm  DS.  No.  543;  nach  ed.  K.  A.  Hahn  Str.  5960  *Lizabune\  welches  seit 
Lohengrins  Tod  *Luthringen*  hieis;  vgl.  noch  die  verwirrten  Angaben  in 
diesem  Gedicht,  wie  Lohengrin  in  diesem  nämlichen  Gebiet  als  Herzog  von 
Kasperle  5918,  Basper  5920  erscheint;  Belaye  ist  aus  Cornvaie  592 1)  sterben 
läfst,  so  ist,  abgesehen  von  anderen  Gründen,  hier  nur  an  die  allgemeine 
Richtung  des  Ardennerwaldes  zu  denken,  d.  h.  mit  Erinnerung  an  Bouillon, 
welches  in  den  Ardennen  lag. 

'  Das  Aufkommen  des  clevischen  Schwanritters,  a.  a.  O.  S.  1 8  ff.  Ueber 
Brabant  handle  ich  nächstens  in  einer  besonderen  Schrüt  'Das  Aufkommen 
der  Sage  von  Brabon  Silvius,  dem  brabantischen  Schwanritter'. 

*  Migne  155,  437  flf. 


DBR  mSTORISCHB  SCHWANRITTER.  5 

potesiatìs  ohiinens  fuiit  nomine  Gode/riduSt  mater  vero  ejus,  nan  minus 
egregia.  Do  da  vocabaiur\  Der  nm  1136  oder  etwas  später,  jeden- 
falls vor  1153  entstandene  Ausspruch  spezialisiert  für  Idas  Vater 
nicht  weiter,  was  wir  unter  dem  *gradum  altiorem  ei  quasi  privi" 
legium  digniiaiis  atque  potestaiis^  zu  verstehen  haben.  Aber  es  ist 
historische  Thatsache,  dafs  Idas  Vater,  Gottfried  mit  dem  Bart 
(t  1070),  zuletzt  eine  weit  gröfsere  Macht  inne  hatte  als  irgend 
einer  seiner  direkten  Vorgänger:  in  seiner  Hand  lag  die  Herrschaft 
über  Nieder-  und  Oberlothringen  und  über  reiche  Gebiete  in 
Italien,  die  er  sich  durch  seine  zweite  Ehe  erworben  hatte.  Dafs 
in  dem  *gradum  aliiorem  et  quasi  Privilegium  dignitatis  atque  potesiaiis^ 
nicht  die  Andeutung  einer  besonderen  Herkunft  verborgen  liegt, 
ergiebt  sich  aus  des  Autors  Mitteilungen:  Idas  Vater  nennt  er 
Gottfried,  als  Gattin  giebt  er  ihm  die  Doda,  die  ^non  minus 
tgregia*  als  ihr  Mann  ist,  er  erkennt  ihm  *  major es\  also  nieder- 
lothringische Vorfahren,  zu,  was  dem  Wesen  des  Schwanritters 
widerstreitet,  er  fafst  ihn  auf  als  einen  Fürsten  über  ererbtes  Ge- 
biet, denn  die  Doda  tritt  ganz  zurück,  der  Autor  weist  also  auf 
verbürgte  historische  Verhältnisse  hin.  Dafs  auch  Idas  Vater  nun 
seinerseits  nicht  von  einem  göttlichen  Ahnherrn  abstammte,  liegt 
in  demselben  Satz,  denn  Gottfried  übertraf  seine  Vorfahren  in 
Würde  und  Macht.  Und  doch  wollte  der  Autor  die  Ida  besonders 
verherrlichen.  Er  deckt  den  Glanz  ihrer  hohen  Herkunft  auf,  aber 
Wunderbares  weifs  er  nur  in  den  Wundem,  die  sie  verrichtete. 
Was  ihm  bekannt  ist,  sagt  er  von  ihr.  Er  erwähnt  sogar  zwei 
Züge,  die  wir  nachher  in  der  Sage  wiederfinden:  sie  sollte  nach 
göttlicher  Verheifsung  drei  Söhne  gebären  und  stillte  diese  Kinder 
selbst.  Nach  ihrem  Tode  noch  heilte  sie  die  Enkelin  von  ver- 
zehrender Fieberkrankheit.  Ihr  Grab  hat  der  Autor  offen  gesehen, 
unversehrt  lag  sie  darin.  Trotzdem  hat  er  nichts  von  einer  wunder- 
baren Herkunft  zu  berichten.  Sein  Schweigen  wird  unter  diesen 
Umständen  beredt:  die  drei  Söhne  der  Ida  und  die  Ida  selbst 
ererbten  die  wunderbare  Abstammung  nicht  als  Familiengut,  die 
Herkunft  von  einem  Schwanritter  ist  ihnen  von  aufsen  her  aufge- 
tragen worden. 

3. 

Die  zeitgenössischen  Aufzeichner  der  Ereignisse  des  ersten 
Kreuzzugs  schweigen  ohne  Ausnahme  bei  Gottfried  und  seinen 
Brüdern  von  der  wunderbaren  Herkunft,  ebenso  wie  frühere  Autoren 
davon  bei  den  niederlothringischen  Herzogen  schwiegen.  Aus  den 
Berichten,  die  gleich  nachher  entstanden  und  fast  noch  als  zeit- 
genössisch gelten  dürfen,  hebe  ich  dennoch  eine  Notiz  über  Balduin 
heraus,  die  durch  die  Eigentümlichkeit  ihrer  Vorstellung  der  Dinge 
ïind  durch  den  Charakter  des  Schreibenden  mindestens  den  Schlufs 
erlaubt,  dafs  Gottfried  und  seine  Brüder  sich  nicht  als  Nachkommen 
eines  Schwanritters  betrachteten,  und  dafs  in  den  höheren  Schichten 
der  kleinasiatischen  Abendländer  die  angebliche  Abstammung  ent- 
weder nicht  bekannt  oder  der  Erwähnung  unwert  erachtet  wurde. 


6  J.  F.  D.  BLÖTB, 

Radülf  von   Caen   geht   1107    nach   Palästina,    dient    zwei 
Jahre   unter   Bohemond,    wird   darauf  Secretar   bei   Tancred   und 
verfafst  seine    Gesia   Tancredi  aus    den   Aussagen    derer,    die  die 
Dinge  von  1095  an  mitgemacht  haben.    Die  Charakteristik,  die  er 
in  diesen  Gesten  von  Gottfried  entwirft,  besagt  fur  unseren  Zweck 
nichts  und  ist  in  wenig  Worten  zusammenzufassen:   Bouillon  habe 
ihm  Namen  und  Würde  gegeben,  diese  Würde  werde  erhöht  durch 
göttliche  und  weltliche  Tugenden,  in  welchen  er  sich  als  das  Kind 
des   tapfem  Vaters   und   der   fronmien   Mutter  bewahre   (cap.  14). 
Wichtig   ist  aber  der  Passus   über   Gottfrieds  Bruder,    Balduin  L, 
König   von    Jerusalem.     Radulf  hält    Balduin    offenbar    für    einen 
Mann   von   höherer  Bedeutung  als  Gottfried.     Das  Blut  Karls  des 
Grofsen,    den  Thron  Davids,    das  Leben  Alexanders  des  Grofsen 
nimmt  er  für  Balduin  in  Anspruch:  '. .  .  toi  vüae  inUrvaüü  omari^ 
quae  a  Francorum  sceptro  lucem  ingressa,  ab  HierosolymiUmorutn  erat 
egressura;  atque  liquidius  claret,  a  magno  ilio  rege  Carolo  genus 
trahens   super  solium  David  sessurus  divinitus  trahebatur.     Jure 
ergo  ac  merito  Alexandrum  vivehat,  cujus  illusirabant  Carolus  ortum, 
David  occasum;   nee  degenerare  dehehat  gladius  hebes,  cujus  sie  fulge^ 
rent  cunae  et  tumulus^  (<^P*  37)*    Hier  wäre  doch,  sollte  man  meinen, 
neben  Franken   und  Jerusalem,    neben   einem  Ursprung   von  Karl 
dem  Groisen,  dem  Sitzen  auf  dem  Thron  Davids,  neben  dem  Leben 
wie  Alexander  der  Grofse,    neben  der  göttlichen  Führung,    neben 
der  glänzenden  Wiege   und  dem   glänzenden   Grab,    ein   Hinweis 
auf  eine  höhere,  besondere  Herkunft  angebracht  gewesen.     Radulf 
ist  freilich  ein  Skeptiker.    Man  sieht  es  aus  seiner  Stellung  zu  der 
hlg.  Lanze  (cap.  loi),   die  er  sogar  einen  Betrug  nennt  (cap.  108). 
Hat  Radulf  geschwiegen  von  der  wunderbaren  Herkunft  Balduins, 
weil   er  nicht  darum  wufste,   oder  hat  er  sie  übergangen  als  eine 
unnütze  Fabel?    Die  Lanze,  die  soviel  Aufregung  hervorrief,  konnte 
er  nicht  übergehen,  sie  war  ein  Stück  Geschichte  von  eingreifender 
Bedeutung,  das  manche  als  ein  Wunder  betrachteten.     Die  Volks- 
meinung über  Balduins  Herkunft,   falls   sie   damals   schon  bestand, 
hatte  diesen  Wert  nicht     Aber  eins  folgt  aus  den  Worten  Radulfs. 
Eine  Haussage  der  Herzoge  von  Niederlothringen  aus  dem  Hause 
Verdun  war  die  Tradition  nicht.    Sie  wäre  alsdann  zur  Zeit  Gott- 
frieds allen  Niederlothringem  bekannt  gewesen,   und  lobend  oder 
tadelnd  hätte  Radulf  etwas  davon  in   die  Charakteristik  Balduins 
einfliefsen  lassen. 

Und  zu  dem  gleichen  Schlufs  fahrt  die  Chronik  Alberts  von 
Aachen  (um  11 25),  der  wir  den  ausführlichsten  Bericht  über  den 
Anteil  der  Lothringer  an  dem  Kreuzzug  verdanken.  Im  Gegensatz 
zu  Radulf,  für  welchen  Balduin  gröfsere  Bedeutung  hatte,  verherr- 
licht der  Aachener  Kanoniker  den  Gottfried  übermäfsig,  sieht  in 
¡hm  das  auserwählte  Rüstzeug  Gottes,  späht  nach  Zeichen,  Wundem 
und  Träumen,  aus  denen  sich  das  Leben  und  die  Thaten  seines 
Helden  schon  vorher  ableiten  liefsen.  Ein  Geistlicher  Aachens  hat 
in  einem  Traume  Gottfried  in  der  Sonne  gesehen,  unzählige  Vögel 


DER  mSTORISCHB  SCHWANRITTER.  7 

aller  Art  kamen  auf  den  Herzog  zugeflogen,  von  denen  sich  ein 
greiser  Teil  ihm  zur  Rechten  und  zur  Linken  setzte;  die  Sonne 
wurde  alsdann  durch  die  strahlende  Klarheit  des  Herzogs  ver- 
dunkelt, endlich  versank  der  Herzog  mit  seinem  Stuhl  und  mit 
ihm  fast  alles  Geflügel  (1.VI  c.  36.  37).  Würde  ein  Mann,  der 
solches  in  seine  Darstellung  aufnimmt  und  deutet,  eine  wunderbare 
Herkunft  Gottfrieds  oder  eines  seiner  Ahnen  nicht  mit  in  Rechnung 
gezogen  haben,  würde  er  sie  nicht  als  ein  neues  Moment  auf- 
gegrifien  haben,  seioen  Gottfried  über  alle  anderen  hinauszuheben, 
wenn  wir  in  der  Abkunft  eine  alte  Haussage  der  Herzoge  hätten? 
Von  den  Vorfahren  der  Brüder  ist  charakteristisch  genug  bei  Albert 
überhaupt  nicht  die  Rede.  Eine  neue  Andeutung,  dafs  Albert  von 
einer  alten  Haussage  nichts  bekannt  war. 

Gottfried  von  Bouillon  und  seine  Brüder  waren  von  Haus  aus 
keine  Nachkommen  eines  wunderbaren  Vorfahren. 

4- 
Die  Herkunft  war  demnach  keine  den  Herzogen  von  Nieder- 
Uvthringen  oder  dem  Gottfried  von  Bouillon  ursprünglich  ange- 
borene. Dies  folgt  aus  den  limburgischen  Verhältnissen,  aus  der 
Lebensbeschreibung  der  Ida,  aus  den  Berichten  eines  Radulf  von 
Caen  und  eines  Albert  von  Aachen. 

Der    nächste    Gedanke   ist  jetzt    wohl    der,    dafs   in  Nieder- 
lothringen   eine    von    dem   Geschlecht    der  Herzoge   unabhängige 
Volkstradition   bestanden   habe,   sei   es   als   eine  in  der  Tiefe  des 
Volksglaubens  ihr  stilles  Dasein  fristende,   sei  es  als  Herkunftssage 
einer   anderen   lothringischen  Familie,    so  dafs   von    dort    aus    die 
Herkunft   auf  Gottfried   von  Bouillon   übertragen  worden  sei,    ent- 
weder aus  hoher  Verehrung  seiner  Person  oder  aus  einem  anderen 
uns   weiter  nicht   bekannten   Grund.     Und   von  diesem  Gedanken 
aus  läfst  sich  dann  Weiteres  folgern.   Wenn  um  1 100  in  Lothringen 
die   Anschauung   bestand,    dafs    einst   ein   unbekannter  Ritter   mit 
einem  Schwan  erschienen  sei  und  noch  erscheinen  könne,  um  wie 
ein  Retter   in   den  Geschicken  des  Landes  aufzutreten;    wenn  da- 
neben märchenhafte  Vorstellungen  im  Umlauf  waren,  nach  welchen 
Kinder   in   Schwäne   und   umgekehrt   verwandelt   werden  konnten: 
greift   dann  eine  solche  Tradition  mit  ihren  Wurzeln  nicht  tief  in 
die  alte  heidnische  Zeit  zurück,  liegt  ihr  Keim  dann  nicht  in  der 
bei  uncivilisierten  Völkern  häufig  beobachteten  Ansicht,  die  übrigens 
auch  ihre  deutlichen  Spuren  in  der  ägyptischen   und  in  der  israe- 
litischen   Cultur   hinterlassen    hat,    dafs   eine    enge   Verwandtschaft 
bestehe   zwischen  Mensch    und  Tier,    die  sich  u.  a.  auch  bethätige 
in  dem   gegenseitigen  Wechsel    der   Gestalt    vor    oder    nach  dem 
Tode,  —  kurz,  ist  dann  die  Sage  vom  Schwanritter  nicht  ein  Rest 
von  einstigem  Totemismus?     Und   wenn   dem  so  ist,    so  steht  die 
Volkstradition  noch  unter  der  Einwirkung  einer  Zeit,  von  der  aller- 
dings nur    spärliche  Kunde  auf  uns  gekommen,    aber  ist  sie  eben 
deshalb  alsdann  ein  wertvolles  Zeugnis  von  der  Macht  und  Zähig- 


8  J.  F.  D.  BLÖTEy 

keit  uralter  Anschauungen,  die  immer  wieder  unter  günstigen  Um- 
ständen durchbrechen,  sich  anschmiegen  an  neue  Verhältnisse  und 
erneuten  Beifall  finden  und  begeisterten  Glauben. 

Und  wirklich  scheint  einiges  diesen  naheliegenden  Gedanken 
und  seine  Folgerungen  zu  stützen.  Für  die  totemische  Natur  der 
Sage  bieten  sich  als  Parallelen  das  Märchen  von  den  Schwan- 
kindem,  das  gewöhnlich  mit  unserer  Sage  verbunden  vorkommt, 
und  die  Berichte  von  Menschen  und  höheren  Wesen,  die  sich  nach 
germanischem  und  keltischem  Volksglauben  in  Schwäne  und  andere 
Tiere  verwandelten.  Für  eine  alte  vorgottfriedische  lothringische 
Volkssage  läfst  sich  die  Art  und  Weise  geltend  machen,  wie  Johannes 
von  Alta  Silva  und  der  Chronist  von  Brogne  die  Sage  vom  Schwan- 
ritter mitteilen. 

Und  dennoch:  wie  naheliegend  der  Gedanke,  wie  folkloristisch 
und  modemer  Auffassung  gemäfs  die  Folgerungen  auch  sein  mögen, 
Gedanke  und  Folgerungen  stehen  auf  unsicherem  Grunde,  noch 
mehr:  sie  weisen  in  falsche  Richtung. 

Prüfen  wir  zuerst  einmal,  ob  Johannes  von  Alta  Silva  und 
der  Chronist  von  Brogne,  welche  doch  bei  all  dem  stützenden 
Material  faktisch  die  einzigen  sind,  die  sich  mit  dem  Schwanritter 
beschäftigen,  in  ihren  Angaben  wohl  etwas  für  eine  alte  lothrin- 
gische Sage  von  einem  Schwanritter  beweisen. 

5. 

Johannes  von  Alta  Silva  läfst  in  seinem  frühestens  1179, 
vermutlich  aber  ca.  11 84  verfafsten^  Dolopathos  einen  der  Sieben 
Weisen  die  Geschichte  von  den  Schwankindem  erzählen  als  Bei- 
spiel von  einem  Fall,  der  *  quondam  accidìi,  ut  mulieris  malitìa  de^ 
iegatur^  (ed.  H.  Oesterley  S.  73).  Als  nun  die  Geschichte  bei  dem 
Punkte  angelangt  ist,  dafs  einer  der  Schwäne  durch  die  schadhaft 
gewordene  Kette  nicht  mehr  in  die  menschliche  Gestalt  zurück- 
kehren konnte,  da  findet  sich  der  Zusatz  *ctgnus  permanens  um 
socio  rum  adhesit  frairum.  Hie  est  cignus,  de  quo  fama  in  eie  mum 
perseverai,  quod  caihena  aurea  miliiem  in  navícula  irahai  armaium* 
(ebd.  79),  worauf  dann  die  Erzählung  in  wenigen  Zeilen  (6  in 
Oesterley *s  Ausgabe)  noch  berichtet,  dafs  der  Vater  die  Kinder 
als  die  seinen  erkannte,  seine  Gattin  in  ihrem  Rechte  wieder  her- 
stellte, die  böse  Mutter  aber  zu  derselben  Strafe  verurteilte,  als 
vorher  über  die  Gattin  verhängt  worden  war.  — 

Was  sich  bei  Johann  v.  Alta  Silva  von  einem  Schwanritter 
findet,  ist  also  wenig,  und  das  Wenige  sehr  imbestimmt 

Nun  ist  es  allerdings  richtig,  dafs  die  Version  von  den  Schwan- 
k'lüdern  bei  Johann  v.  A.  S.  ältere  Züge  aufweist,  als  die  anderen 
Redactionen,^   dafs   der  Dolopathos   die   einzige  von  den  uns  er- 

1  H.  Oestedey,  yohannis  de  Alta  Silva  Dolopathos,  Strasburg  1873, 
Einleitung  S.XI:  1 184/5;  G.Paris,  Romania  19,317:  vers  il 90;  G.  Gröber, 
Grandriís  der  rom.  Phil.  II,  i  S.  321:  vor  1200. 

«  G.  Paris,  Romania  19,  319  f. 


■  DER    HISTORISCHE   SCHW 

halteoeo  Fassungen  von  den  Sieben  Weisen  ist,  die  das  Märchen 
von  den  Schwankindem  erzählt,  und  dafs  mit  hoher  Wahrschein- 
lichkeit die  Benutzung  der  Schwanensage  in  dieser  Rahmenerzählung 
von  Johann  herrührt.  Es  ist  femer  richtig,  dafs  in  dem  Zusatz 
über  den  Schwanritter  die  historischen  Bezüge  zu  den  Herzogen 
»on  Niederlothringen  oder  zü  anderen  Häusern  fehlen,  und  dafs 
das  'cignus,  de  quo  fama  in  ettrnum  fxrsiveral  .  .  .'  einen  gewissen 
rbetorischen  Schwung  zeigt  Aber,  wenn  aus  alledem  geschlossen 
werden  sollte,  dafs  namentlich  in  Anbetracht  der  älteren  Züge  der 
Version  von  den  Schwankindern  das  Fehlen  der  historischen  Be- 
züge in  den  Worten  über  den  Schwanritter  doch  wohl  aufgröfserc 
Allertümlichkeit  auch  dieser  Materie  bei  Joh.  weisen  könnte,  auf 
eine  Periode,  da  die  Sage  vom  Schwanrilter  noch  nicht  mit  einer 
hislOTÎschen  Persönlichkeil  verbunden  war,  so  schliefst  man  doch 
wohl  etwas  voreilig.  Zunächst  besagen  die  älteren  Züge  in  dem 
Märchen  von  den  Schwankindern  gar  nichts  für  den  Zusatz  vom 
Scbwanritter,  denn  die  Verbindung  von  Schwanritter  und  Seh wan- 
Uadem  war  zur  Zeit  des  Johann  v.  A.  S.,  d.  h.  1 179  oder  nachher, 
noch  sehr  jung,^  so  dafs  von  den  Schwankindem  aus  keine  Schlüsse 
ani  Allertümlichkeit  von  Johanns  weiteren  Angaben  gemacht  werden 
können.  Und  femer  findet  sich  in  der  Redacüon  der  Elioxe-version 
der  Scbwankinder,  die  einige  gleich  alte  Züge  aufweist  und  der 
gleichen  Zeit  angehört,*  nur  die  Verbindung  mit  dem  Schwanritter 
Bouillons. 

Aber  wir  kennen  aufserdem  den  klar  ausgesprochenen  Zweck 
der  Erzählung  und  den  Charakter  des  Erzählers.    Wie  die  anderen 
,    Enählungen    im    Dolopathos    geht    auch    das    Märchen    von    den 
»  Schwan kindern    kaum    einen    Schritt    über    diesen    Zweck    hinaus. 
ft^Alles    spitzt    sich   auf  ein  Umstimmen   des  Königs,    damit  er  den 
Sobn  nicht  dem  Flammentod  preisgebe.    Nicht  die  Mitteilung  einer 
in    sich    abgerundeten    Redaction    von    der    Schwan  en  sage    ist    das 
Ziel    des  Mönchs    von  Haute-Seille,    obgleich    sich    an  den  älteren 
Zügen    zeigt,    dafs    er  seine  Quelle  in  den  Hauptmomenten  genau 
wiedergegeben    haben    mufs.     Sondern:    einer  der  Weisen  soli  aus 
i  (einer  Erzählung    hervortreten    lassen,    wie  es   einst  geschah,    dafs 
I  die  Bosheit    einer  Frau    aufgedeckt  wurde,    oder   wie  er  nach  Be- 
Lendigung  der  Erüählung  sagt,  wie  grofs  die  Bosheit  einer  Frau  sei. 
;    dem   Märchen    von    den    Schwankindem    wird    die    Bos- 
eit  der  Frau  aufgedeckt.     Die  Geschichte  von  dem  Schwanritter 
latte  für  diesen  Zweck  keinen  Werk.    Und  angesichts  dieses  Zweckes 
t  es    begreiflich,    dafs  Johann  v.  A.  S.  nur  wenige  Worte  für  den 
SdiwantiCEcr   hat     Blofs  das  Allernöligste  wird  gesagt     Es  fo'nt 
auch    sofort   in    seiner  Erzählung    nach   dieser  Andeutung  auf  aen 

I Schwanritter    die    Rückkehr    zu    den    Schwankindem,      'Rrcognavit 
4rga    Tteepitijut  paler    fili'os  ....'.     Die    wenigen  Worte    über    den 
Scbwanritter  beweisen  also  nicht  nur  nichts  für  ein  älteres  Stadium 
>  S.  unlïD  S.  1 6  f.         "G.  Pïris,  Romania  a,  a.  0. 


s. 

S 


IO  J.  F.  D.  BLÖTB, 

der  Sage  vom  Schwanritter,  sondern  die  Haltung  der  Erzählung 
und  ihr  Zweck  erlauben  keinen  anderen  Schlufs,  als  dafs  Joh.  v. 
A.  S.  mehr  von  dem  Stoff  wufste,  dafs  das  Allgemeine,  das  Unbe- 
stimmte in  dem  Satz  eine  Folge  ist  von  der  Bedeutung,  die  Job. 
V.  A.  S.  dem  Märchen  von  den  Schwan  kin  de  rn  beilegte. 

Und  hier  ist,  dünkt  mich,  nicht  ohne  Bedeutung,  dafs  Job. 
V.  A.  S.  durch  sein  'agnus,  de  quo  fama  in  eternum  per  sever aV  dem 
Zusatz  vom  Schwanritter  einen  gewissen  rhetorischen  Schwung  ver- 
leiht Seine  Worte  weisen  darauf,  dafs  er  von  einem  Factum 
spricht,  das  auch  andere  kennen,  ihn  selbst  aber  mit  Bewunderung 
erfüllt  Und  das  schliefst  ein,  dafs  der  Autor  sich  nicht  an  einem 
blofsen  Märchen  begeistert  hat.  Sehi  rhetorischer  Schwung  deutet 
auf  eine  Beziehung,  an  deren  Existenz  man  glaubte,  die  in  den 
Augen  des  Erzählers  etwas  Grofses,  etwas  Ungewöhnliches  hatte. 
Und  das  kann  für  1179  ^^^^  ^^^  nachher  nur  die  Beziehung  ge- 
wesen sein  zwischen  dem  Schwanritter  und  Gottfried  von  Bouillon. 
Denn  die  Herzoge  von  Oberlothringen,  wie  die  von  Niederlothringen 
seiner  Zeit  stammten  nicht  von  einem  Schwanritter.  Aufserdem 
war  die  Verbindung  zwischen  Schwanritter  und  Schwankindern 
kaum  einige  Jahrzehnte  alt  Und  nur  ein  dichterischer  Kopf  voll- 
zog sie,  denn  es  scheint,  dafs  am  Ende  des  Schwankinder- 
märchens Aenderungen  vorgenommen  worden  sind,  damit  die  Ver- 
bindung möglich  sein  konnte.*  —  Was  Johann  v.  A.  S.  zu  dem 
Ausruf  *hic  est  ctgnus,  de  quo  fama  in  eiemum  persévérât^  brachte, 
ist  ihm  auch  wohl  kaum  aus  Begeisterung  för  Lothringen  ein- 
gegeben. Er  war  Geistlicher  und  überall  in  seinem  Büchlein  be- 
wahrt er  seinen  Charakter  als  Geistlicher:  die  Hand  Gottes  greife 
ein,  von  den  Frauen  rühre  das  gröfste  Unheil  in  der  Welt  Auch 
in  der  Schwanensage  und  was  mit  dieser  bei  ihm  zusammenhängt, 
zeigen  sich  diese  asketischen  Züge.  Ihn,  den  Geistlichen,  wird 
der  Schwan  als  göttliches  Wunder  begeistert  haben,  wie  wenige 
Jahre  nachher  Lambert  von  Ardres  und  etwas  später  der  Chronist 
von  Brogne  den  Schwan  oder  den  Ritter  als  besonders  von  Gott 
gesandt  betonen.  Hätten  wir  es  mit  landschaftlicher  Begeisterung 
zu  thun,  so  wäre  es  gewifs  nicht  bei  der  vagen  Andeutung  ge- 
blieben, es  würde  sich  wohl  ein  Hinweis  auf  Lothringen  gefunden 
haben.  Und  dabei  darf  nicht  vergessen  werden,  dafs  das  Kloster 
Alta  Silva  nicht  in  dem  Gebiet  lag,  das  Gottfried  von  Bouillon 
einst  verwaltet  hatte.  Und  so  ist  das  Präsens  nicht  mehr  auf- 
fallend in  ^Hic  est  cignus,  de  quo  fama  in  eternum  persévérât,  quod 
cathena  aurea  militem  in  navicula  tra  hat  armatum\  Nach  der  Vor- 
stellung Johanns  könne  der  Schwan  jeden  Tag  von  neuem  er- 
scheinen, das  Wunder  also  sich  jeden  Tag  erneuern.  Und  eine 
solche  Vorstellung  konnte  der  Verfasser  aus  der  Sage  vom  Schwan- 
ritter gewinnen,  wie  sie  die  damaligen  französischen  Versionen 
boten:    noch   liefs  man   den   Schwan  nicht   in  seine   menschliche 


»  G,  Paris,  a.  a.  O.  325. 


DER  mSTORISCHB  SCHWANRTTTER.  II 

Gestalt  zurückkehren,  noch  wufste  man  nicht  von  einem  Wieder- 
finden des  weggezogenen  Schwanritters.  Die  vage  Angabe  Johanns 
V.  Â.  S.  ist  demnach,  ebenso  wenig  als  der  Bericht  des  Brogner 
Chronisten,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  ein  Beweis  für  die 
Existenz  einer  uralten  lothringischen  Version  des  Schwanritters: 
das  Allgemeine  der  Angabe,  der  Zweck  der  Erzählung,  zu  der  sie 
nur  ein  unbedeutender  Zusatz  ist,  die  Zeit,  in  welcher  der  Ver- 
hssex  des  Dolopathos  schrieb,  der  geistliche  Charakter  des  Autors, 
sein  rhetorischer  Schwtíng,  das  Stadium,  in  welchem  sich  damals 
die  französischen  Versionen  befanden,  das  alles  weist  auf  keine 
andere  Form  der  Sage,  als  die  wir  aus  den  französischen  Versionen 
kennen,  —  und  diese  knüpfen  ausnahmslos  an  Gottfried  von 
Bouillon  an.  — 

6. 

Mit  groCsem  Feuer  spricht  ein  Chronist  des  Klosters 
Brogne  (oder  St.  Gérard  südlich  von  Namür)  um  1211  von  der 
Errettung  der  erhabenen  Mutter  der  Lothringer  und  ihrer 
Tochter  durch  einen  Ritter,  den  Gott,  alte  Wunder  erneuernd, 
unter  Führung  eines  Schwanes  nach  Mainz  sandte.  Dieser  Ritter 
habe  an  eben  diesem  Orte  den  unverschämten  Fürsten  von  Sachsen, 
den  Bedränger  der  beiden  Frauen,  getötet  und  die  Tochter  ge- 
heiratet. Aus  dem  Samen  dieses  Ritters  seien  Gottfried  von 
Bouillon  und  dessen  Brüder  hervorgegangen,  wie  auch  eine 
Schwester  Gottfrieds,  die  Mutter  des  Manasses,  des  Herrn  von 
Hierges.^  —  Wie  es  um  diesen  Bericht  und  die  Zuverlässigkeit 
desselben  steht,  werde  ich  in  einer  besondem  Arbeit  zeigen,  da 
die  Auseinandersetzung  hier  zu  weit  führen  wûrde.2  Ich  gebe  hier 
nur  die  Resultate.  Die  Begeisterung  findet  bei  dem  Chronisten 
nicht  etwa  ihren  Grund  in  der  Verehrung  des  Schwanritters  an 
sich,  oder  in  seinem  lothringischen  Patriotismus,  oder  in  besonderer 
Bekanntheit  mit  lothringischer  Folklore  und  lothringischer  Ge- 
schichte, sondern  seine  Begeisterung  ist  nur  ein  Ausflufs  einer  be- 
greiflichen Verhimmelung  des  Manasses  von  Hierges.  Dieser  halte 
dem  Kloster  Brogne  eine  wertvolle  Reliquie  mitgebracht  —  ein 
Stück  des  echten  Kreuzes  —  und  ihm  andere  Schenkungen  ver- 
macht Und  das  Kloster  hielt  dafür  den  Manasses  in  dankbarem 
Angedenken,  zu  urteilen  wenigstens  nach  dem  Chronisten.  Die 
Chronik  handelt  nur  von  Manasses  und  der  geschenkten  Reliquie. 
Der  Chronist  sucht  also  jedem  Vorkommnis  in  des  Manasses  Leben 
eine  besondere  Bedeutung  beizulegen.  Ob  der  Lobredner  bei 
diesem  Verfahren   die   historischen  Thatsachen    schief  interpretiert, 


^  Die  Chronik  ist  1780  in  Basel  herausgegeben  von  Le  Paige  in  seiner 
Histoire  de  l*  Ordre  héréditaire  du  Cygne,  Ein  Auszug  daraus  bei  Reiffen- 
berg,  Chevalier  au  Cygne,  Bruxelles  1846,  S.  147  fF.  Ergänzende  Besprechung 
dazu  von  Eug.  del  Marmol  in  Annales  de  la  Société  Archéologique  de  Namur 
tv  p.  261  ff. 

'  In  der  Ztschr.  f.  deutsches  Altertum  u,  d.  Litt.  Bd.  45. 


12  J.  F.  D.  BLÖTB, 

macht  ihm  wenig  Sorgen.  Der  Himmel  und  die  höchsten  welt- 
lichen Mächte  stehen  in  Beziehung  zu  seinem  Manasses.  Die 
Jungfrau  María  liefs  ihn  in  einem  unbekannten  Winkel  geboren 
werden  und  ihn  doch  der  höchsten  irdischen  Ehren  geniefsen. 
Nach  seinem  Tode  greift  Gott  selbst  ein,  als  des  Manasses  Sohn 
sich  weigerte,  die  Reliquie  herauszugeben,  wie  sein  Vater  ihm  ge- 
boten hatte.  Manasses  stammt  von  dem  sagenhaften  König  Marcus 
und  von  dem  gottgesandten  Schwanritter,  er  ist  eines  Blutes  mit 
den  Herzogen  von  Lothringen,  den  Vorfahren  seiner  Mutter  und 
der  Könige  von  Jerusalem.  Er  wird  nach  Jerusalem  gerufen:  die 
Königin -Witwe,  seine  Cousine  (einst  die  Gemahlin  König  Fulkos), 
hat  von  seinem  Ruhm  gehört  und  bedarf  seiner.  Er  wird  ihre 
Stütze  in  der  Regierung  und  erzieht  ihren  Sohn.  König  Lothar 
und  König  Ludwig  loben  ihn,  als  sie  nach  Jerusalem  kommen.  — 
Aber  der  gröfste  Teil  der  Herkunft  ist  Fabel.  Wohl  war  Manasses 
durch  seine  Mutter  ein  Neflfe  Balduins  IL  von  Jerusalem  (i  n8 — 1 131), 
dieser  aber  war  kein  Nachkomme  des  Schwanritters.  Der  Chronist 
fafst  femer  diesen  Balduin  II.  und  dessen  unmittelbaren  Vorgänger 
Balduin  I.  (iioo — m 8),  den  Bruder  Gottfrieds  von  Bouillon,  als 
eine  Person  auf.  Und  so  begreift  es  sich,  wie  Manasses  bei  ihm 
zu  einem  Nachkommen  des  Schwanritters  wird.  Und  dafs  die 
Herren  von  Hierges  nicht  etwa  durch  sich  selbst  schon  von  dem 
Schwanritter  abstammten,  zeigen  des  Chronisten  Worte,  dafs  Ma- 
nasses nur  durch  seine  Mutter  Schwanritterblut  hatte,  indem 
diese  Mutter  eine  Schwester  Gottfrieds  von  Bouillon  war.  —  Was 
an  Schwanritterstoff  geboten  wird,  gehört  also  nicht  zum  Manasses 
und  kann  nach  dem  Charakter  dieser  Chronik  nur  ein  aufge- 
bauschter Nachhall  der  Sage  von  dem  Grofsvater  der  drei  Brüder 
sein.  Ein  Zug  läfst  sich  geradezu  als  falsch  erweisen:  Mainz  als 
Ort  der  Landung  und  des  Kampfes. t  Wie  es  scheint,  folgte  der 
Chronist  der  sehr  verbreiteten  Beatrixversion  vom  Hörensagen  (eine 
silberne  Kette  zieht  das  Boot,  bei  Alta  Silva  und  in  der  Elioxe- 
version  eine  goldene).  Er  schrieb  1 2 1 1 ,  d.  h.  ein  volles  Jahrhundert 
nach  Gottfrieds  Tod.  —  Aus  seiner  Darstellung  ist  demnach  kein 
Beweis  zu  schöpfen  für  die  Existenz  einer  vorgottfriedischen  lothrin- 
gischen Sage  oder  für  ein  besonderes  Stadium  der  Tradition  vom 
Schwanritter. 

7- 

Wenn  aus  den  soeben  behandelten  Berichten  ein  Schlufs  auf 
die  Existenz  einer  lothringischen  Sage  vor  Gottfried  nicht  gestattet 
ist,  so  berechtigt  dies  keineswegs  das  Bestehen  einer  solchen  Tra- 
dition ohne  weiteres  in  Abrede  zu  stellen.  Die  Untersuchung  ver- 
langt also  eine  Antwort  auf  die  Frage,  ob  aus  irgend  einem  Um- 
stand gefolgert  werden  kann ,  dafs  im  11.  Jhd.  oder  anfangs  des 
1 2.  Jhds.  in  Lothringen  eine  solche  Sage  vom  Schwanritter  möglich 


^  Ztschr.  f.  deutsches  Altertum  u.  d.  Litt.,  a,  a.  O^ 


DER  HISTORISCHE  SCHWANRITTER.  I3 

oder  nicht  möglich  war.  Und  dabei  sind  zwei  Falle  zu  erwägen. 
Gab  es  eine  lothringische  Sage  vom  Schwanritter  vor  Gottfiied,  so 
war  sie  entweder  unabhängig  von  irgend  einem  Geschlecht,  oder 
sie  war  eine  Haussage  irgend  einer  anderen  lothringischen  Familie. 
In  dem  einen  wie  in  dem  anderen  Falle  wurde  alsdann  die  Her- 
kunft xor  Zeit  des  ersten  Kreuzzugs  oder,  was  wahrscheinlicher 
wäre,  nachher  auf  Gottfried  von  Bouillon  und  seine  Brüder  über- 
tragen. 

In  der  Verbindung  der  Sage  mit  Gottfried  und  seinen  Brüdern 
haben  wir  ein  Mittel  über  eine  solche  vorherige  Existenz  der  Sage 
ins  Klare  zu  kommen. 
Erste  Annahme. 

Die  Sage  bestand  zuvor  unabhängig  von  irgend  einem  Ge- 
schlecht und  ward  nun  um  oder  nach  iioo  mit  Gottfried  von 
Bouillon  und  seinen  Brüdern  verbunden.  Gottfried  allein  oder 
einer  seiner  Brüder  oder  sie  ^Ue  zugleich  müssen  alsdann  speziell 
zu  der  Verbindung  Anlafs  gegeben  haben ,  denn  sonst  hätte  die 
Verbindung  sich  an  ihnen  ebenso  wenig  vollzogen  als  an  ihren 
nächsten  Vorfahren  oder  als  an  anderen  ihrer  lothringischen  und 
sonstigen  2^itgenossen.  Eine  sehr  gewöhnliche  und  verbreitete 
Ansicht  ist  die,  dafs  die  Lothringer  ihrem  Gottfried,  d.  h.  dem 
Manne,  der  das  Teuerste,  was  die  Christenheit  kannte  —  Jeru- 
salem und  das  heilige  Grab  — ,  den  Heiden  entrifs  und  dann  an 
dem  heiligen  Ort  König  war,  durch  die  Verbindung  eine  über- 
natürliche Herkunft  verleihen  wollten.  Und  diese  Ansicht  scheint 
berechtigt  zu  sein,  obgleich  ich  dafür  bis  jetzt  noch  nirgends  eine 
ausführlichere  Motivierung  gefunden  habe.  Kein  einziger  der  anderen 
Kreuzfahrer  kam  ja  zu  dieser  Herkunft;  Gottfried  war  der  Anführer 
der  Lothringer  und  gelangte  durch  den  Zug  zu  hoher  Bedeutung, 
während  er  als  Herzog  von  Niederlothringen  (seit  1089)  keine 
Rolle  gespielt  hatte;  ^  nur  lothringische  Historiographie  fafste  ihn 
in  den  ersten  Decennien  des  12.  Jhds.  als  einen  gottgesandten 
Führer  auf;*  kein  einziges  Factum  aus  dem  Leben  der  nächsten 
Vorfahren  Gottfrieds  ist  bekannt,  das  zu  der  wunderbaren  Her- 
kunft hätte  Anlafs  geben  können,  ja,  es  läfst  sich  geradezu  zeigen, 
dafs  die  Herkunft  von  einem  der  nächsten  Vorfahren  nicht  her- 
rühren kann;^  und  schliefslich:  haben  wir  nicht  analoge  Fälle  an 
den  gotischen,  angelsächsischen,  schwedischen  Königen,  an  den 
griechischen  und  römischen  Heroen,  Familien  und  Fürsten  u.  ä., 
dafs  zu  deren  Verherrlichung  eine  ähnliche  Verbindung  mit  der 
Gottheit  erfunden  wurde?  Und  so  hat  es  in  der  That  den  An- 
schein, dafs  die  Lothringer  Gottfried  mit  dem  Schwanritter  in  Be- 
ziehung  setzten,    um   ihn   in   dieser  Weise  vor  allen  Grofsen  und 


>  H.  Pirenne,  Geschichte  Belgiens  Bd.  I,  Gotha  1899,  S.  ICX). 

•  Zuerst  bei  Albert  von  Aachen;  nicht  bei  den  Zeitgenossen  anderer 
Nation.  Vgl.  H.  v.  Sybel  in  Allg.  Monatsschrift  f.  Wissenschaft  u.  Litteraiur, 
Juli  185 1,  S.48f. 

*  S.  unten  Anfang  des  9.  Abschn.  S.  26  f. 


14  J*  ?•  D*  BLÖTB, 

Fürsten  zu  erheben ,  mochten  diese  nun  an  dem  heiligen  Krieg 
teilgenommen  haben  oder  nicht.  —  Eine  solche  Ansicht  von  der 
Entstehung  der  Herkunft  schliefst  aber  notwendig  die  Voraus- 
setzung ein,  dafs  die  Lothringer  vor  Gottfried  oder  zur  Zeit  des 
ersten  Kreuzzugs  und  noch  nachher  in  dem  Schwanritter  eine  be- 
sondere Persönlichkeit  erblickten,  dafs  speziell  die  Niederlothringer 
um  I  ICO  zu  dem  Schwanritter  aufschauten  wie  zu  einem  Volks- 
heiligen oder  zu  einem  schützenden  Landesgenius  oder  zu  einem 
Wesen  von  ähnlicher  hoher  Bedeutung,  von  dem  abzustammen  in 
den  Augen  der  damaligen  Lothringer  ein  hohes  begehrenswertes 
Gut,  vielleicht  das  höchste  Ideal  ward,  ebenso  als  die  angelsädi- 
sischen  Könige  von  ihrem  Wodan,  die  schwedischen  von  ihrem 
Frey,  die  gens  Julia  von  Mars  und  Venus  und  Kaiser  Augustus 
von  Apollo^  abstammten.  Denn  die  Verbindung  Gottfrieds  mit 
einem  landläufigen  Märchen  liegt  aufserhalb  der  vorausgesetzten 
Verehrung. 

Aber  die  Bedenken  gegen  diese  Ansicht  sind  so  grofs,  dafs 
sie  nicht  aufrecht  gehalten  werden  kann.  Die  Lothringer  können 
vor  Gottfried  und  in  der  ersten  Zeit  nachher  in  dem  Scbwan- 
ritter  keine  besondere,  von  Gottfried  unabhängige  Persönlichkeit 
erblickt  haben,  und  infolgedessen  Gottfried  nicht  dadurch  haben 
verherrlichen  wollen.     Die  Bedenken  sind  folgende: 

1.  Liegt  es  wohl  in  dem  Charakter  des  letzten  Jahrzehnts  des 
II.  und  der  ersten  Hälfte  des  12.  Jhds.  mit  ihren  Kreuzzugs- 
tendenzen und  Kreuzzugserinnerungen,  dafs  sich  in  Lothringen 
eine  Anschauung  Bahn  brechen  konnte,  die  einen  christlichen 
Helden  infolge  speziell  christlicher  Thaten  als  Nachkommen  eines 
Wesens  auffafste,  dem  gegenüber  die  Kirche  als  Kirche  sich  ganz 
neutral  verhielt?  Neutral,  denn  Männer  geistlichen  Standes,  wie 
Johann  von  Alta  Silva  und  der  Chronist  von  Brogne,  betrachteten 
mehrere  Jahrzehnte  nach  Gottfried  den  Schwanritter  zwar  als  ein 
göttliches  Wunder,  aber  der  schroffe  Helinand  erklärte  ihn  um 
dieselbe  Zeit  für  eine  Ausgeburt  der  Hölle,  für  ein  beweisendes 
Beispiel  zu  seiner  Meinung,  dafs  der  böse  Geist  einen  fruchtbaren 
fleischlichen  Umgang  mit  einem  menschlichen  Wesen  haben  könne, 
wie  ihm  nach  Vincenz  von  Beauvais  und  sodann  die  Hexenbûcher 
seit  dem  ausgehenden  15.  Jhd.'  Und  hätte  die  Eärche  den  Schwan- 
ritter als  besonderes  Wesen  anerkannt,  so  würde  er  gewifs  nicht 
mit  Gottfried  verbunden  worden  sein,  es  sei  denn  dafs  Gottfrieds 
Vorfahren  schon  von  dem  Ritter  ihre  Abstammung  hergeleitet 
hätten,  was  aber  nicht  der  Fall  war. 

2.  Liegt  es  wohl  in  dem  Charakter  einer  Gruppe  oder  eines 
einzelnen  ihren  gefeierten  Helden  so  kurz  nach  seinem  Tod  zu 
einem  Nachkommen   eines  Wesens  zu  machen,  von  dem  man  bis 


^  Nach  dem  Aegypter  Asclepiades  von  Mendes,  bei  Sueton,  Octav.  c.  94. 
*  S.  für  den  Schwanritter  als  Dämon  Verf.  Das  Aufkommen   des  de- 
vischen Schwanritters  a.  a.  O.  S.  6  f.  Anm. 


DKR  HISTORISCHE  SCHWANRITTER.  1 5 

dahin  wofste,  dais  es  keine  Nachkommen  hatte?  denn  Gottfried 
und  seine  Brüder  waren  die  ersten,  die  Nachkommen  des  Ritters 
^wurden.  Und  dies  im  Widerspruch  mit  aller  germanischen,  kel- 
tischen, griechischen  und  römischen  Tradition,  die  uns  lehrt,  dafs 
aus  der  Ehe  von  unsterblichen  Vätern  mit  sterblichen  Müttern 
Sohne  geboren  werden,  so  dafs  wir  erwarten  mûfsten,  dafs  die 
Brader  durch  ihren  Vater  Enkel  des  Ritters  wären. 

3.  Liegt  es  wohl  in  dem  Charakter  einer  sagenbildenden  Zeit 

überhanpt,   ein  Wesen,   das   bis  dahin  in  nebelhafter  Feme  lebte, 

fortan  als  den  Grofsvater  eines  Mannes  zu  betrachten,  der  soeben 

erst  gestorben  war,   dessen  Vorfahren   nicht  mit  diesem  Wesen  in 

Verbindung  standen?    Oder  falls  in  der  That  ein  Wesen  existierte, 

das  als  Landesgenius  oder  ähnlich  aufgefafst  wurde,  das  also  nach 

landläufiger  Anschauung  zu  jeder  Zeit  erscheinen   könne,    lehren 

uns  dann  andere  Ueberlieferungen  nicht,  dafs  ein  göttliches  Wesen 

selbst    der  Vater  wird  und  zwar  durch  wunderbare  Befruchtung 

der  Mutter?     Der  keltische  Lug  zeugt  so  den  Helden  Cûchulainn, 

der    römische  Mars  den   Romulus   und  Remus   und   nach   Ascle- 

piades    von  Mendes   ward  Apollo   der  Vater  des  Augustus,   indem 

der    Gott   als  Drache   die  Atia  überraschte.     So  dafs   es  auffällt, 

dais  nichts  Wunderbares   mit  Ida  stattfindet  und  auch  die  beiden 

anderen  Brüder  mit  in  die  Verherrlichung  gezogen  werden. 

4.  Kann   überhaupt  von  Erhöhung  die  Rede  sein,  wenn  die 
französischen  Chansons,  die  die  Herkunft  Gottfrieds  um  ihrer 
selbst  willen  erzählen  und  die  Stimmung  bewahren,  in  welcher  der 
erste  französische  Redactor  den  Stoff  um  11 60  oder  etwas  später 
vorfand,   das  Factum  von  dem  Auftreten  des  Ritters  berichten  wie 
andere  Erzählungen   der   gleichen  Art,    nicht   den  Ritter  wie  eine 
Wundererscheinung   vorführen,   die  in  der  höchsten  Not  von  Gott 
gesandt  die  Entscheidung  bringt,  sondern  ihn  begleiten,  wie  jeden 
anderen  Ritter,    der   in  solchen  Romanen    auf  Abenteuer  auszieht? 
]a,  sie  fassen  den  Ritter  so  menschlich  auf,   dafs  er  seinen  Geg- 
nern kaum   gewachsen    scheint,    ebenso    wie   die   sonstigen   Ritter 
dieser  Kategorie.     Sie    betrachten    die  Sache    so    wenig    als    eine 
göttliche  und  den  Ritter  so  wenig  mit  der  Gottheit  in  Verbindung 
stehend,  1   dads   die   ältesten  Versionen   den  Zweikampf  des  Ritters 
mit  dem  Bedränger   der  Frauen   als  die  erste  That  seiner  Jugend 
berichten,    und  dafs  der  Ritter  aufserdem  mit  den  Schwankindem 
vereinigt    wurde.  —    Ein   jedes    von    diesen   vier  Bedenken   weist 

*  Allerdings  sagt  der  Engel,  der  Ida  in  der  Hochzeitsnacht  erscheint: 

'Dex  le  t'a  envoie  par  son  commandement; 

Bien  le  devés  amer,  quant  vo  terre  vos  rent 

£t  il  vos  a  ostée  de  deseritement. 

Il  est  plus  jentiex  hom,  por  voir  le  vos  créent, 

Que  ne  soit  Tempérer  e ,  à  qui  Cologne  apent.' 

(éd.  Hippeau  I,  S.  154.) 
l^och  wohl  nichts  Anderes  als  ein  Zusatz  vom  Dichter  imter  dem  Einflufs  der 
Eriählung.    In  der  Handlung  selbst  tritt  von  der  göttlichen  Natur  des  Ritters 
nichts  hervor. 


1 6  J.  F.  D.  BLÖTE, 

darauf,   dais  eine  vorherbestehende  Traditíon  nicht  absichtlich  mit 
Gottfried  zu  seiner  Verherrlichung  verbunden  wurde,   dais  es  ein 
anderes    Band  gewesen  sein  muís,    ein   natürliches,    das   ihn  mit 
einem  Schwanritter  verknüpfte. 
£s  giebt  aber  noch  Anderes. 

5.  Mit  der  hohen  Bedeutung  etwa  als  der  eines  Schutzgeistes 
des  Landes  ist  ferner  in  Widerspruch,  dafs  die  märchenhafte  Vor- 
stellung vom  Schwanritter  im  Verborgenen  lebte,  denn  nirgends 
hat  sich  eine  Andeutung  über  sie  erhalten  aus  der  Zeit  vor  dem 
letzten  Viertel  des  12.  Jhds.,  in  keiner  Chronik  des  10.  und  1 1.  Jhds., 
sogar  nicht  in  der  Geste  der  Loherains,  während  von  ca.  11 80  an 
reichliche  Zeugnisse  vorliegen.  Man  halte  dagegen  die  Herkunft 
der  germanischen  Könige  von  Wodan  und  Frey  und  die  Ab- 
stammung der  griechischen  und  römischen  Geschlechter  und  Heroen 
von  ihrem  Zeus,  Apollo  u.  ä.,  auch  ohne  diese  Abstammung  kennen 
wir  die  Bedeutung  dieser  Götter.  Und  der  Schwanritter  hat  sogar 
keinen  Namen,  denn  Helyas,  Loherangrin,  Brabon  Silvius  sind  Be- 
zeichnungen späterer  Zeit.  —  Die  märchenhafte  Vorstellung  kann 
femer  schwerlich  auf  die  günstigste  Gelegenheit  gewartet  haben 
hervorzubrechen,  denn  die  vorangehenden  Herzoge  von  Lothringen, 
Gozzillo  1 1044,  Gottfried  der  Bärtige  1 1070»  Gottfried  der  Höckrige 
t  1076,  übertrafen  sowohl  ihre  .Zeitgenossen  als  auch  Gottfried  an 
Macht  und  Ansehen,  und  die  beiden  letzten  fanden  aufserdem 
ihren  Platz  in  den  französischen  Epen  vom  Schwanritter.  Nach 
den  Chansons  soll  der  Ritter  übrigens  erst  nach  Gottfried  dem 
Höckrigen  erschienen  sein.  Und  mit  der  vorherigen  Verborgen- 
heit des  Daseins  des  Schwanritters  steht  denn  doch  das  hohe  An- 
sehen in  Widerspruch,  das  der  Ritter  vor  Gottfried  genossen 
haben  sollte,  indem  man  ihn  würdig  erachtete  ein  Vorfahr  Gott- 
frieds von  Bouillon  zu  werden,  damit  man  Gottfried  vor  allen 
anderen  verehren  könne.  — 

6.  Während  sie  so  im  Verborgenen  lebte,  bestand  neben  der 
Tradition  von  der  höheren  oder  niederen  Gestalt  des  Schwan- 
ritters auch  das  Märchen  von  den  Schwankindern.  Ein  oder 
mehrere  Jahrhunderte  gingen  die  beiden  Stoffe  trotz  einzelner  Be- 
rührungspunkte neben  einander  her,  ohne  dafs  sie  sich  gegenseitig 
beeinflufsten.  Als  aber  die  Verbindung  mit  Gottfried  stattgefunden 
hatte,  schlössen  die  beiden  sich  zusammen,  und  zwar  wie  mir 
scheint  erst  nachdem  sich  die  französische  Dichtung  des  Stoffes 
vom  Schwanritter  bemächtigt  hatte.i    Und  dennoch  sah  ein  Johann 

^  Es  hat  Chansons  vom  Chevalier  au  Cygne  gegeben,  die  die  Schwan- 
kinder nicht  kannten:  l.  Berner  Ms.  627  (vgl.  dazu  A.  G.  Kruger,  /Somanta 
23,  445  ff.);  2.  der  französische  Dichter,  der  die  Version  von  den  Schwan- 
kindern, in  welcher  die  Mutter  dieser  Kinder  Beatrix  heilst,  verbunden  brachte 
mit  der  Geschichte  vom  Schwanritter,  glaubte  der  erste  zu  sein,  der  erzählen 
könne,  woher  der  Schwanritter  kam: 

'Signor,  or  eacoutés,  franche  gent  assolue, 
S'orés  bone  chançon  qui  n'est  mie  seue  .  .  . 
Del  chevalier  au  chisne  aves  chançon  oüe: 


DER  mSTO&lSCHE  SCHWANKlTTER.  tj 

von  Alta  Silva  in  dieser  Vereinigung  nichts  Auffallendes,  denn  die 
Verbindung  war  für  ihn  etwas  Unzweifelhaftes.  Gerade  er,  der 
Lothringer,  hätte  sich  beleidigt  fühlen  müssen,  dafs  man  den  alten 
von  ihm  hoch  gehaltenen  Schwanritter  ^  mit  einem  Ammenmärchen 
zu  verbinden  wagte.  —  Da  die  Anschauung,  dafs  Kinder,  Frauen 
and  höhere  Wesen  sich  in  Schwäne  verwandeln  können,  uralt  ist 
nnd  bezeugt  wird  in  der  keltischen  und  germanischen  heidnischen 
Zeit,  so  muís  das  Märchen  vom  Schwanritter  zur  Zeit  der  Ver- 
bindung mit  den  Schwankindem  das  Neue  gewesen  sein,  das  Alte 
schlofs  sich  an  das  Neue,  Kränigere  an  und  muíste  sich  deswegen 
eine  Aenderung^  gefallen  lassen. 

Die  höchste  £hre  fur  ein  niederlothringisches  Geschlecht  des 
II.  und  12.  Jhds.  und  nachher  war  zu  stammen  von  Troja  und 
von  Karl  dem  Grofsen,  der  höchste  Titel  war  von  königlichem 
Geblüt  genannt  zu  werden.  Erst  um  die  Wende  des  12.  und 
13.  Jhds.,  als  der  Schwanritter  als  Ahnherr  Gottfrieds  von  Bouillon 
allgemein  gefeiert  wird,  fängt  Brabant,  das  durch  eine  Vermählung 
mit  Boulogne  das  Recht  auf  diese  Abstammung  erworben  hatte, 
an,  sich  auf  diese  Herkunft  zu  berufen.  Um  dieselbe  Zeit  er- 
hebt Lambert  von  Ardres  das  Haus  Boulogne  wegen  eben  dieses 
Ursprungs,  aber  Flandern,  sagt  er,  reiche  nicht  an  diesen  gött- 
lichen Ursprung,  obgleich  es  seine  Abstammung  von  Kaisem  und 
Königen  ableite.  So  wenig  willkürlich  war  die  Verbindung.  — 
£in  schwebendes  Märchen  —  denn  dies  wäre  doch  am  Ende  die 
Sage  vom  Schwanritter  gewesen,  wenn  wir  ihre  geschlechtslose 
Existenz  vor  Gottfried  voraussetzen  —  konnte  nicht  zur  Erhöhung 
irgend  einer  Persönlichkeit  beitragen.  Bestand  in  Lothringen  um 
1 100  eine  Sage  vom  Schwanritter,  unabhängig  von  irgend  einem 
Geschlecht,  so  hat  man  diese  Sage  nicht  als  Herkunft  für  Gottfried 
benutzt,  um  damit  Gottfried  verherrlichen  zu  wollen.  Bestand 
in  der  That  eine  solche  Tradition  vorher,  so  war  der  Grund  der 
Verbindung  ein  anderer. 

Wer  übrigens  eine  absichtliche  Verbindung  annimmt,  wird  wohl 
immer  geneigt  sein,  von  der  Hoheit  des  Schwanritters  auszugehen. 
Und  dennoch:  wenn  wir  seit  dem  letzten  Viertel  des  12.  Jhds.  in 
einigen  unserer  Quellen  den  Schwanritter  als  höheres  Wesen  ge- 
feiert fìnden,  welche  Bürgschaft  haben  wir,  dafs  sich  diese  Ver- 
ehrung nicht  erst  bildete,  nachdem  die  Verbindung  mit  Gottfried 
sich  vollzogen  hatte?  Denn  die  Begeisterung,  mit  der  um  1184 
ein  Johannes  von  Alta  Silva,  um  1198  ein  Lambert  von  Ardres, 
um  121 1  ein  Brogner  Chronist  von  der  Erscheinung  sprechen,  ent- 


II  n'i  a  si  vieil  home  ne  feme  si  chenue 
Qui  onques  en  oïst  la  premiere  venue, 
De  quel  terre  il  ert  nés;   mais  or  sera  seiie: 
Je  le  vous  dirai  bien,  se  Dieu  piaist  et  s'aiue. 

(G.  Paris,  Romania  19,  323.) 
^  S.  oben  Abschnitt  5,  S.  io. 
*  G.  Paris,  a.  a.  O.  S.  325. 

Zeitschr.  £  rom.  PhiL  XXV.  2 


20  J.  V,  D.  BLÖTE, 

LothrÍDgen  auf  der  Hand   liegende    Identifîsiening  mit   dem    wtrk-'l^ 
liehen  Grofsvaler  nicht  stattgefunden  hatte.    So  fest  war  das  sageit- 1 
hafte  Verwandtschaft  liehe  Verhältnis  geschmiedet,  dafs  der  wirkliche  I 
Grofsvaler    nicht    identifiziert,    mondera    kurzweg    um    zwei    Stufen  f 
hin  aufgeschoben ,  d.  h.  zum  Grofsvater  der  Gemahlin    des  Schwan-  ' 
ritters  gemacht  wurde,  und  nachher  das  Märchen  von  den  Schwan- 
k  indetti    sich    ein    paar    auf  serliche   Aenderungen    muíste    gefallen 
lassen,    um  dann  vor  das  Ganie  gesetîl  zu  werden,    als  ein  i 
leres  Ausspinnen   der  Herkunft,    ohne  dafs  eine  innere  Verkettung 
angestrebt  wurde,  so  dafs  die  Verbindung  auf  den  ersten  Blick  ia  J 
die  Augen  fällt.     Und  das  giebt  uns  einen  Hinweis,  wie  die  Ver- 1 
einigung  zwischen  einer  etwaigen  vorgotl  fri  ed  ¡sehen  Tradition  und  I 
der  Herkunft   eines  Grofsvaters  \on  weiblicher  Seite  innerhalb  des 
kurzen  Zeitraums  von  etwa  50  Jahren  ausgefallen  wäre:  nicht  t 
Mischung,    sondern    eine    Aufeinanderfolge,    nicht    zum    Grofsvater 
wäre  der  Schwanrilter  irgend  einer  vorgottfriedischen  lothringischen 
Sage   geworden,    sondern    auch    in    der  Verbindung  hätte  er  eine  J 
selbständige  Rolle  bewahrt     Und  dafs  er  diese  selbständige  Rolla  1 
nie  gehabt  hat,  zeigt  die  Vorsetzung  des  Märchens  von  den  Schwan-  J 
kindern.  —  Und  gesetzt,    es    hätte   eine  energischere  gegenseitige  1 
Anpassung   stattgefunden,    sollte   da    die  Concurrenz   zwischen    der  1 
Landessage    einerseits,    die   keine  Nachkommen  gekannt  hatte   und  I 
von  der  wir  anzunehmen  haben,  dafs  sie  lange  vor  Gottfried  bekannt  ' 
war  und  auch  nach  ihm  bekannt  blieb,  und  der  Herkunft  Gottfrieds 
von  einem  Grofsvater  andererseits,  von  welchem  er  ein  Nachkommen 
genannt    wurde,    und    welcher    an    sich    ein   Grofsvater   einer    der 
Gattinnen    der    Brüder    war,    den    man    aber    für   einen   wirklichen 
Grofsvater  der  Brüder  hielt,  sich  um  1 150  schon  so  ganz  zu  Gunsten  1 
des    übertragenen   Grofsvaters    entschieden    haben,    dafs   man   die  1 
wirklichen  Vorfahren  Gottfrieds    nur    um    einige  Stufen    hinauf  ge-  | 
schoben    hätte,    um    dem    sagenhaften  Grofsvater  Platz    machen  zn  I 
können?     Von  dem  man  doch   nach  der  alten  Landessage  wufste,  J 
dafs    er    lange    vor    diesen  Gottfrieden    erschienen  war.     Wie  lehr-  1 
reich  sind  hier  die  oben  schon  angeführten  Genealogien!  ohne  die  1 
Abstammung   von  Wodan,    Frey,    von  Zeus,    Apollo  u.s.w.  in  ge-  1 
wissen  Familien,  würden  wir  doch  die  Bedeutung  dieser  Wesen  in  | 
dem  eInsligcQ  Gölterglauben  kennen.    Von  dem  Schwanritter  \ 
man  nichts  als  durch  Gottfrieds  Abstammung.    Und  ein  uraltes  Wesen 
hätte    gewifs    einen    Namen    gehabt,    und    der    Ritter    ist   anfangs 
namenlos.     Auch    bei    energischerer  Anpassung   wäre  das   Produkt 
in  dem  kurzen  Zeitraum  Aufeinanderfolge  gewesen  und  nicht  Iden- 
tifizierung. —    Und    noch    einmal:    keine    einzige  Version  aus  der   ] 
Zeit  bis  etwa  1230  läfst  sich  anführen,  die  die  Sage  zweifellos  un- 
abhängig   von    Gottfried    von  Bouillon    giebt.  —    Und    auch    hier 
spricht  die  Verbindung  mit  den  Schwankindetn  gegen  eine  Con- 
tamination von  einer  Ursage  mit  den  Erlebnissen  einer  historischen 
Person.     Die  Verbindung    scheint   mir,    wie    ich    oben    angab,    ein 
Erzeugnis  aus  der  Zeit,   da  der  Schwanntter  schon  in  der  lianza- 


li 

1 

il 


DER  mSTORISCHB  SCHWANRTTTER.  21 

sischen  Litteratur  seinen  Dichter  gefunden  hatte.  Wäre  eine  Tra- 
dition von  einem  Scbwanritter  uralt  gewesen,  so  hätte  sich  die 
Verbindung  mit  den  Schwankindem,  d.  h.  mit  einem  Märchen  von 
hohem  Alter,  nicht  erst  so  spät  vollzogen.  —  Die  Ansicht,  dafs 
die  sagenhafte  Herkunft  der  Brüder  eine  Contamination  wäre  aus 
dem,  was  man  etwa  von  einem  Grofsvater  weiblicherseits  erzählte, 
and  einer  vorauszusetzenden  alten  lothringischen  Tradition,  die  un- 
abhängig von  irgend  welchem  Geschlecht  bestand,  ist  unhaltbar.  — 

Wir  waren  von  der  Annahme  ausgegangen,  dafs  es  eine  ge- 
schlechtslose vorgottfriedische  Sage  vom  Schwanritter 
könnte  gegeben  haben.  Diese  Annahme  hat  zu  dem  Resultat  ge- 
führt, dafs  es  eine  solche  Sage  nicht  gegeben  hat 

Zweite  Annahme. 

Die  Sage  war  vielleicht  eine  Haussage  irgend  welcher  lothrin- 
gischen Familie  und  wurde  jetzt  zur  Zeit  des  ersten  Kreuzzugs 
oder  kurz  nachher  auf  Gottfried  von  Bouillon  übertragen.  —  War 
es  wiederum  eine  absichtliche  Verbindung,  so  denken  wir  dabei 
zunächst  daran,  dafs  ein  solcher  wunderbarer  Ursprung  für  höher 
als  jegliche  andere  Abstammung  gehalten  wurde.  Da  die  vor- 
nehmen Familien  Lothringens  um  diese  Zeit  ihren  höchsten  Stolz 
in  Abstammung  von  Kaisem  und  Königen  setzten  und  womöglich 
auf  Troja  und  Karl  den  Grofsen  sich  beriefen  (Flandern,  Brabant, 
Namûr,  Limburg,  Hennegau,  Holland),  Brabants  und  Namûrs  An- 
sprüche auf  den  Schwanritter  erst  im  13.  Jhd.  sich  entwickelten, 
so  mufs  es  also  eine  lothringische  Familie  von  geringerem  Ansehen 
gewesen  sein,  in  welcher  die  Sage  lebte  und  aus  der  man  den 
Ursprung  für  Gottfried  schöpfte. 

Aber:  ein  Volk,  das  seinen  Helden  wirklich  ehren  will,  und 
ein  einzelner,  der  seinen  Liebling  besonders  auszuzeichnen  begehrt, 
greifen  nach  dem  Höchsten,  was  sie  kennen,  und  das  konnte  doch 
nicht  die  an  sich  dunkle,  auch  für  jene  Zeit  (man  denke  an  die  ab- 
lehnende Haltung  sämtlicher  Chronisten  des  1 2.  Jhds.,  etwa  Lambert 
von  Ardres  von  ca.  1200  ausgenommen)  sehr  problematische  Her- 
kunft eines  Geschlechtes  sein,  das  von  weitem  nicht  an  das  Ansehen 
eines  Gottfried  von  Bouillon  auf  und  nach  der  Kreuzfahrt  reichte. 
Gerade  die  Sonderstellung  Gottfrieds  in  den  Augen  der  Lothringer 
steht  im  Wege,  wie  wir  sie  aus  Albert  von  Aachen  ca.  1 1 25  kennen 
lernen.  —  Und  femer,  wenn  diese  willkürlich  übertragene  Ver- 
bindung, nachdem  sie  einmal  erfunden  worden  war,  im  12.  Jhd. 
so  leicht  allgemeinen  Glauben  fand,  warum  gingen  dann  Limburg, 
Hennegau,  die  Könige  von  Jerusalem  seit  Balduin  IL,  d.  h.  seit 
II 18,  und  Robert  von  Flandern  leer  aus?  Das  mit  Brabant  riva- 
lisierende Limburg,  von  welchem  zwei  Grafen,  wie  wir  oben 
sahen,  in  der  ersten  Hälfte  des  12.  Jhds.  den  Titel  Herzog  von 
Niederlothringen  führten  und  unmittelbare  Nachfolger  Gottfrieds  in 
Niederlothringen  waren  oder  sich  als  solche  betrachteten.  Henne - 
gau  mit  seinem  in  den  Kreuzzug  gesandten  Balduin  II.,  der  im 
Wg.  Land  spurlos  verschwand,   aber  ns^chher  eben  deswegen  *von 


22  J.  F.  D.  BLÖTE, 

Jerusalem*  genannt  wurde.  Die  Könige  von  Jerusalem  nach 
Balduin  I.  (f  m  8),  die  so  recht  doch  als  Nachfolger  Gottfrieds 
und  Balduins  sich  ohne  weiteres  die  Herkunft  hätten  beilegen 
können.  Robert  II.  von  Flandern  (1093 — im),  der  'durch 
religiöse  Begeisterung  in  den  ersten  Kreuzzug  getrieben*  'ruhm- 
bedeckt' aus  Palästina  zurückkehrte,  der  in  dem  Gesang  von  An- 
tiochien  in  den  Mittelpunkt  gerückt  wird,  dessen  Vater  Robert  der 
Friese  1083  schon  durch  seine  Fahrt  nach  dem  hlg.  Land  und 
dann  durch  andere  Thaten  eine  gefeierte  und  sogar  gegen  Ende 
seines  Lebens  sagenhafte  Persönlichkeit  geworden  war,i  und  dessen 
Nachkommen  trotzdem,  wie  Lambert  von  Ardres  ausdrücklich  be- 
tont, von  keinem  Schwanritter  stammten.  Man  füge  hinzu,  was 
ich  schon  oben  bemerkte,  dafs  erst  Gottfried  und  seine  Brüder 
dieser  Ehre  teilhaft  wurden,  und  nicht  einer  ihrer  Vorfahren;  dafs 
uns  von  einem  Schwanritter  erst  mit  Gottfried  von  Bouillon  be- 
richtet wird;  man  erwäge,  dafs  bei  den  Familien,  die  sich  seit  dem 
13.  Jhd.  gleichfalls  vom  Schwanritter  nannten  (Brabant  und  Cleve), 
die  Herkimft  durch  eine  Vermählung  entstand,  ebenso  wie  bei 
anderen  von  Karl  dem  Grofsen,  —  und  es  läfst  sich  keine  andere 
Folgerung  ziehen,  als  dafs  Gottfried  nicht  durch  irgend  welche 
willkürliche  Uebertrag^ng  aus  einer  oder  der  anderen  lothringischen 
Familie  zu  seiner  Herkunft  von  einem  Schwanritter  gekommen  ist. 
Aber  hat  das  Lothringen  des  1 2.  Jhds.  angesichts  der  ins 
Ideale  sich  hebenden  Gestalt  Gottfrieds  seinem  geliebten  Helden 
nicht  um  jeden  Preis  eine  wunderbare  Herkunft  geben  wollen? 
Was  fragte  es  denn  danach,  ob  die  Herkunft  anfangs  nur  ein 
schwebendes  Märchen  war,  oder  eine  Haussage  eines  anderen  Ge- 
schlechtes? Zur  Not  schleppte  es  eine  Tradition  von  auswärts 
herbei,  erdachte  sich  vielleicht  selbst  diesen  einzigartigen  Ursprung, 
wenn  die  Herkunft  nur  wunderbar  war  und  sich  dadurch  der 
Schein  einer  Verbindung  zwischen  der  Gottheit  und  Gottfried  oder 
überhaupt  etwas  Fremdartiges  herstellen  liefs.  —  Gegen  dies  alles 
spricht  zunächst  schon  der  Zweck.  Wer  verehrt,  greift  nicht  nach 
dem  ersten  Besten,  sondern  nach  dem,  was  in  der  Umgebung  als 
etwas  Hohes  betrachtet  wird.  So  wurden  Germanen  und  Römer 
mit  den  Göttern  verbunden,  setzten  Franken  ihren  Stolz  in  troja- 
nische Abstammung.  Sodann  ist  immer  das  eigentümliche  ver- 
wandtschaftliche Verhältnis  zwischen  dem  Schwanritter  und  den 
drei  Brüdern  im  Wege.  Bei  allen  anderen  Geschlechtem,  die 
später  einen  autochthonen  Schwanritter  besafsen,  wird  das  Auftreten 
des  Ritters  verlegt  in  weite  Vergangenheit,  in  das  8.,  7.,  6.  Jhd. 
n.  Chr.,  sogar  einmal  in  die  Zeit  J.  Cäsars.  Der  brabantische,  cle- 
vische,  arkelsche  Ahnherr  steht  fast  an  der  Spitze  des  Geschlechtes. 
Nicht  anders  in  dieser  Beziehung  die  Abstammung  anderer  histo- 
rischen Persönlichkeiten.  Absichtliche  genealogische  Familiendichtung 
fuhrt  in   die  Feme,    oder  macht  das   göttliche  Wesen  zum  Vater 


^  H.  Pirenne,  a.  a.  O.  S.  115  f. 


DBR  HISTORISCHB  SCHWANRITTER.  23 

der  historischen  Person.  Gerade  der  Schwanritter  als  Grofsvater 
und  zwar  dorch  die  Mutter,  gerade  dafs  auch  die  beiden  anderen 
Brüder  mit  in  die  Verherrlichung  gezogen  wurden,  am  auffallendsten 
Eustachi  der  in  Lothringen  fremd  war,  mahnt  daran,  dafs  an  eine 
absichtliche  Verbindung  von  welcher  Art  auch  nicht  zu  denken  ist 

Eine  absichtliche  Verbindung  mit  irgend  welcher  vorher 
schon  bestehenden  lothringischen  oder  fremden  oder  erfundenen 
Tradition  ist  ausgeschlossen.  Eine  unwillkürliche  Uebertragung 
einer  lothringischen  Landessage  oder  eines  lothringischen  Märchens 
auf  Gottfried  hat  nicht  stattgefunden.  Es  gab  vor  Gottfried  eine 
solche  Tradition  in  Lothringen  überhaupt  nicht  Dies  Resultat  ist 
im  Einklang  mit  dem  Schweigen  der  Berichte  von  einem  Schwan- 
ritter vor  ca.  II 80  und  mit  der  Thatsache,  dafs  es  in  der  germa- 
nischen und  keltischen  Mythologie  kein  göttliches  Wesen  gab, 
dessen  charakteristisches  Attribut  oder  Merkmal  ein  Schwan  ist^ 

Ein  ganz  bestimmter  Umstand  mufs  unwillkürlich  dazu  Ânlafs 
gegeben  haben,  dafs  den  Brüdern  ein  Schwanritter  zum  Grofsvater 
mütterlicherseits  gegeben  wurde.  Aus  einem  historischen  Factum 
mufs  ihnen  die  Herkunft  erwachsen  sein. 


8. 

In  dem  vorhergehenden  Abschnitt  habe  ich  wiederholt  den 
Schwanritter  als  Grofsvater  der  drei  Brüder  betont  Ich  schalte 
hier  eine  kurze  Erörterung  über  diesen  Punkt  ein. 

Die  französischen  Chansons  führen  den  Schwanritter  nur  als 
Grofsvater  Gottfrieds  auf.  Andere  Fassungen  —  freilich  nur 
kurze,  oft  sind  es  nur  Andeutungen  —  geben  das  genauere  Ver- 
wandtschaftsverhältnis zwischen  dem  Ritter  und  Gottfried  nicht  an. 
Weist  das  Nichtangeben  der  engeren  Verwandtschaft  nicht  etwa  auf 
ein  ursprünglicheres  Stadium? 

Bei  dieser  Frage  läfst  sich  eins  schon  gleich  constalieren.  Aus 
nicht  einem  Zug  der  Fassungen  und  Andeutungen  mit  der  fehlenden 
Bezeichnung  der  Verwandtschaft  zeigt  sich,  dafs  das  Fehlen  seinen 
Grund  hat  in  einer  von  den  Chansons  verschiedenen  Vorstellung  des 
Grades  der  Verwandtschaft:  alle  heben  andere  für  ihre  Darstellung 
wichtigere  Züge  hervor  und  berücksichtigen  infolgedessen  den  ge- 
nauen Verwandtschaftsgrad  nicht.  Von  Johannes  von  Alta  Silva 
war  oben  die  Rede.  Er  hat  nur  ein  paar  Worte  für  das  weitere 
Schicksal    des  Schwans,    der  nicht  mehr  in  seine  menschliche  Ge- 


1  Ich  habe  1894  i°  ^^^  Ztschr.  f.  deutsches  Altertum  u.  d.  Litt.  38,  280  f. 
die  Vögel,  welche  Lug  nach  einer  irischen  Legende  vorausschickt,  als  er  den 
Helden  Cûchulainn  erzeugen  wollte,  als  Schwäne  gedeutet.  Wenn  die  da 
geäufserte  Vermutung  über  diese  Vögel  richtig  ist,  so  bleibt  noch  die  schwie- 
rige Frage,  ob  die  Legende  eine  irische  Erfindung  ist  oder  ob  sie  auf  einer 
allgemein  keltischen  Ansicht  beruht.  Die  Aufzeichnung  dieser  Legende  soll 
dem  Ende  des  li.  Jhds.  angehören.  Lug  erscheint  sonst  immer  ohne  Vögel.  — 
Die  Erzählung  von  dem  faröischen  Höni  (übersetzt  bei  K.  Simrock,  Handbuch 
d,  deutschen  Myth.*  S.  103  fif.)  gehört  nicht  hieher.    S.  Verf.  a.  a.  O.  287  f. 


J.  F.  D.  BLÖTE, 

Stall  zurückkehren  konnte.  Von  einem  Ver  wan  dtschafts  verbal  tn 
zu  Gottfried  oder  2u  einem  anderen  Geschieclit  spricht  Joh.  ' 
nichL  Zweck  seiner  Darstellung  war  ja,  die  Bosheit  einer  Fr« 
sum  Ausdruck  zu  bringen,  und  dazu  genügte  das  Märchen  t 
den  Schwankindem.  —  Sein  französischer  Uebersetzer  He: 
hebt  lira  izio  den  Ritter  hervor,  aber  hat  von  diesem  nur  ( 
Zusatz  'Fuis  lini  de  BoiUon  la  duchiP  Von  Nachkommen  ist  i. 
bei  ihm  mcht  die  Rede.  —  Wilhelm  von  Tyrus  geht  ca.  i 
in  seiner  Historia  IX,  Ô,  nachdem  er  von  Idas  Prophezeiung  i 
den  zukünftigen  Titeln  ihrer  drei  Söhne  gesprochen  hat,  geSisseni- 
lîch  nicht  auf  die  Fabel  von  dem  Schwan  ein,  •Hut  id  verum  fuisse 
pltirimorum  aslrual  narralio',  und  darum  lag  es  ihm  fern  von  dem 
Verwandtschaftsgrad  zu  sprechen.  —  Lambert  von  Ardres  sieht 
ca.  1198  in  seiner  Begeistemog  für  den  Ursprung  seiner  Grafen 
von  Gnines  in  dem  boulognischen  Haus  des  10.  Jhds.  sogar  schon 
göttliche  Herkunft  durch  den  Schwanritter,  entgegen  dem  wirk- 
lichen Thatbestand  (Boulogne  kam  erst  durch  Eustach  111.  zur 
Sage],  entgegen  aller  Tradition,  entgegen  der  Ankündigung  seines 
Prologs,  dafs  er  nur  Wahrheil  berichten  wolle.  Seine  Mitteilung 
hat  er  freilich  nicht  aus  einet  Chanson,  sonst  würde  er  den  Ana- 
chronismus und  den  genealogischen  Fehler  nicht  gemacht  haben: 
er  glaubte,  indem  er  über  das  wahre  Verhältnis  nicht  genauer  Be- 
scheid wufste,  dafs  die  Herkunft  des  Hauses  Boulogne  seiner  Zeit 
schon  einem  früheren  Zeitraum  angehörte.  Von  dem  Schwanritter 
berichtete  er  auch  nur,  dafs  er  vom  Himmel  kam:  'Cicnt  non  phan- 
tastici  sed  veri  et  divini  ducaiu  eeliltts  adveclus'  (MG.  SS.  24,  570). — 
Helinand  ist  ca.  laoo  derart  von  dem  Zweck,  zu  welchem  er  den 
Schwanrittcr  in  seine  Weltgeschichte  (sie  ging  bis  1204)  aufnimmt, 
erfüllt,  dafs  er  nur  die  Züge,  die  er  für  diesen  Zweck  geeignet 
glaubte,  erwähnt.  Der  wellverachtende  Geistliche  war  einst  ein 
wellfroher  Sänger  gewesen,  der  bei  keiner  Festlichkeit  gefehlt  hatte.1 
Die  Lieder  über  den  Schwanritter  fallen  in  die  Zeit  seines  Sänger- 
tums.  Wenn  Helinand  auch  selbst  nicht  davon  gesungen  hatt^ 
der  Stoff  war  ihm  bekannt  Jetzt,  da  dieser  Sänger  fromm  ge- 
worden, ist  ihm  der  Ritter  gerade  noch  gut  genug,  um  mit  aufge- 
führt zu  werden  unter  einer  Gruppe  von  Beispielen,  durch  welche 
gleichsam  ad  oculos  demonstriert  werden  soll ,  dafs  auch  Dämonen 
Menschen  von  Fleisch  und  Blut  erzeugen  können.  Daher  die  Her- 
vorhebung des  Beglaubigten  (viele  Fürsten  seien  in  einem  grofsen 
und  berühmten  Schlofs  am  Rhein,  Juvamen  geheifsen,  zugegen  ge- 
wesen und  kannten  dennoch  den  Fremden  nicht),  daher  die  Erwäh- 
nung, dafs  der  Fremde  sich  später  eine  edle  Gatlin  nahm,  bei 
der  er  Kinder  gewann,  die  Betonung  des  Dämonischen  in  seiner 
Ankunft  und  wie  er  endlich  zufiillig  wiederum  in  dem  Schlofs  ver- 

'  In  der  Epistola  ad  Gallerum  clericum  (lib.  de  repai 
3IZ,  748,  sagt  Helioaad  von  SEinem  weltllcbcD  Leben;  '»<; 
nen  tktairmn,  «on  amptiithtatrum,  non  amphicirats,  non  _ 
^dP>  gymnasium,  non  arena  sine  eo  {«c.  Hclinando)  reionaòat' 


DER   mSTORTSCHB  SCHWÂNRTTTER.  25 

weilend  den  Schwan  mit  Boot  und  Kette  wiedersah  und  sich  sofort 
in  das  Boot  stürzte,  daher  die  Allgemeinheit  des  mit  Rücksicht  auf 
den  Zweck  für  Helinand  und  seine  Leser  wichtigen  Schlusses  *  pro- 
genies dus  usque  hodü  perseverai,^ —  Wolfram  von  Eschenbach 
hat  eine  Verwandtschaft,  die  ganz  deutlich  weit  über  den  Grofsvater 
hinausreicht    Aber  irgend  welche  beweisende  Krad  liegt  in  seiner 
Darstellung  nicht  dafür,  dafs  er  das  ursprüngliche  Verhältnis  wieder- 
giebt   Infolge  der  Composition  seines  Parzival  brauchte  der  bairische 
Dichter  oder  seine  Vorlage  einen  Ritter,    der   nach  Vorschrift  des 
Grals  geheimnisvoll  in  einem  Land  erscheint,  wo  man  seiner  bedarf, 
wo  er  sich  eine  Gattin  nimmt,   Kinder  zeugt  und  dem  Lande  zum 
Segen  wird.    Die  Sage  vom  Schwanritter  ist  demnach  bei  Wolfram 
in  den  Dienst  des  Ganzen  getreten.     Sein  Schwanritter  muíste  ein 
Gralritter  sein,   und  so   machte   er  ihn  zum  Sohne  Parzivals   und 
somit   zimi   Zeitgenossen   König  Arthurs.     Aufserdem    verdunkelte 
Wolfram    das    verwandtschaftliche  Verhältnis,    indem    er    für    das 
überlieferte  Bouillon   Brabant  einsetzte.*  —    Der  Chronist   von 
B rogne   nennt  ca.  121 1  die   drei   Brüder  von   dem  Samen   des 
Schwanritters.     Aber  auch  er  verfolgt  einen  Zweck.     Dieser  Zweck 
beherrscht   ihn   vollständig:    die  Verherrlichung   des  Manasses  von 
Hierges,    des  Wohlthäters   seines   Klosters.     Indem   er  Balduin  U. 
von  Jerusalem   verschmilzt   mit  Balduin  L,    läfst   er   Manasses   von 
einem  Schwanritter  stammen.     Seine  schwulstige  Version  mufs  der 
Nachklang  irgend  einer  französischen  Version  sein,  ein  Nachklang, 
der,  wie  ich  oben  im  6.  Abschnitt  schon  andeutete,  der  Gewissen- 
haftigkeit   des   Chronisten   wenig   Ehre   macht.     Das  Verschweigen 
des    genaueren   Verwandtschaftsgrades    erlaubt    bei    ihm    demnach 
keine  Schlüsse.  —    Philippe  Mousket   sagt  mit   seinem  *5*en  fu 
Gode/rois,  ce  sei-on,  kì  fu  de  Jhérusalem  rozs'^  zwar  nicht  ausdrück- 
lich,   dafs  Gottfried  der  Enkel  des  Schwanritters  war,  aber  erstens 
weisen  die  Jahre,  in  welche  er  die  Erscheinung  fallen  läfst  (um  1025), 
und   sodann   die  Nebenumstände,    die  Mousket   erwähnt,    auf  das- 
selbe Verhältnis  wie  in  den  Chansons.  — 

Das  also  sind  die  frühesten  Versionen,*  die  von  dem  genauen 
Verwandtschaftsgrad   schweigen,    obgleich    ihnen    der   Schwanrittcr 


*  Bei  Vincenz  von  Beau  vais,  Spec.  Natur,  II,  127.  —  Vgl.  über  die 
Helinandstclle  Verf.  Das  Aufkommen  des  clevischen  Schwanriltcrs  a.  a.  O. 
S.6-8. 

'Bei  Gerbert,  der  den  Schwanritter  auch  mit  Percheval  in  Beziehung 
l^ringt,  ist  der  Ritter  ein  ferner  Nachkomme  Perchevals.  Gerbert  halt  aber 
iest  an  dem  Grofsvatertum  des  Schwanritters  in  Bezug  auf  Gottfried  v.  B.  — 
Vgl.  über  Wolfram  v.  E.  und  über  Gerbert  Verf.  a.  a.  O.  S.  18  ff.  47  ff. 

'  Reiffenberg,   Chevalier  au  Cygne,  Bruxelles  1846,  S.  150. 

*  Einer  späteren  Zeit  angehörig  ist  die  Prosaeinleitung  zum  Sone  von 
Nausay.  Diese  kennt  den  Schwanritter  als  Gemahl  der  Beatrix  nach  der 
Jolung  des  Sachsen  zu  Nimwegen  und  als  Vater  der  Ida,  läfst  ihn  aber  nach 
^cr  Frage  nach  Kleinasien  ziehen,  wo  er  an  einer  zweiten  Gemahlin,  der 
«errin  von  Baruch,  drei  Söhne  gewinnt  (M.  Goldschmidt,  Sone  von  Nausay, 
i'^-I^ubl.  d.  Litt.  Vereins,  Tübingen  1899,  S.  554,  wo  in  'Elyas  ochist  le 
^^c  Animaye*  lur  *Animaye'  zu  lesen  ist  *a  Nimaye*  d.  h,  *zu  Nimwegen*). 


2Ò  J.  F.  D.  BL6TB, 

als  Herzog  von  Bouillon  vorschwebte.  Sie  sind  sämtlich  entstanden 
nach  1 1 79,  d.  h.  nachdem  die  französische  Dichtung  sich  schon 
des  Stoffes  bemächtigt  hatte.  Sieht  man  ab  von  Herbert  und 
Ph.  Mousket,  deren  Meinung  in  unserer  Frage  wohl  ohne  weiteres 
auf  das  Verhältnis  in  den  Chansons  hinweist,  so  erzählt  kein  ein* 
ziger  der  besprochenen  Berichte  die  Sage  um  ihrer  selbst  willen. 
Alle  betonen  nur  die  für  ihren  Zweck  wertvolleren  Züge,  so  dafs 
sie  unwillkürlich  (Wolfram  allerdings  absichtlich)  den  genaueren 
Verwandtschaftsgrad  nicht  zum  Ausdruck  bringeiL  Und  kein  anderer 
Zug  berechtigt  bei  ihnen  zu  der  Annahme,  dafs  sie  ein  Stadium 
der  Sage  vertreten,  welches  im  12.  Jhd.  den  Schwanritter  anders 
denn  als  den  Grofsvater  Gottfrieds  kannte.  Sie  stehen  in  Bezug  auf 
diesen  Punkt  in  keinem  Widerspruch  zu  der  Angabe  der  Chansons. 
Damit  ist  freilich  nicht  ausgemacht,  dafs  die  Angabe  der 
Chansons  ursprünglicher  ist.  Aber  es  ist  zweifellos,  dafs  der  Re- 
dactor, der  zuerst  den  Stoff  französisch  in  der  Gestalt  behandelte, 
wie  wir  ihn  aus  den  Chansons  kennen  lernen,  das  Verhältnis  vom 
Grofsvater  zum  Enkel  hatte,  denn  alle  ausführlichen  Redactionen, 
die  nach  ihm  entstanden  und  sämtlich  im  letzten  Grunde  auf  seine 
Bearbeitung  zurückgehen,  haben  das  Verhältnis.  Da  femer  nur 
in  Lothringen  Gott^ed  schon  früh  als  gottgesandter  Führer  anf- 
gefafst  wurde,  während  er  bei  den  Berichterstattern  anderer  Ge- 
genden ein  gewöhnlicher,  wenn  auch  tüchtiger  Anfuhrer  ist,  und 
andere  Völkerschaften  andere  Helden  des  Kreuzzugs  feiern  ,1  wie 
z.  B.  Flandern  den  Grafen  Robert,  so  stammt  der  Stoff  ans  Lo- 
thringen, worauf  auch  ohnedies  das  Historisch -Locale  weist  So 
fest  nun  mufs  das  Verhältnis  von  Grofsvater  zu  Enkel  gewesen  sein, 
dafs  der  erste  französische  Redactor  oder  dessen  Quelle  schon  den 
historisch  überlieferten  wirklichen  Grofsvater  Gottfried  den  Bärtigen 
um  zwei  Grade  in  der  Verwandtschaft  hinaufrûckte,  damit  der 
sagenhafte  Grofsvater  seinen  Platz  fände.  Ein  Zug,  wie  der  eines 
Grofsvaters,  und  zwar  von  der  mütterlichen  und  nicht  von  der 
väterlichen  Seite,  ist  übrigens,  wie  wir  schon  im  vorigen  Abschnitt 
sahen,  zu  charakteristisch,  als  dafs  er  beliebig  statt  eines  willkür- 
lichen Vorfahren  eingesetzt  worden  wäre.  Der  Redactor  der  ersten 
französischen  Chanson  vom  Schwanritter  hat  demnach  nur  ein  Ver- 
hältnis wiedergegeben,  das  er  vorfand. 

9- 
Die  Erlebnisse  des  Vorfahren  der  drei  Brüder,  der  zu  der 
5>age  Anlafs  gab,  müssen  unwillkürlich  in  den  Gesichtskreis  der 
Lothringer  des  12.  Jhds.  getreten  sein,  mag  dieser  Vorfahr  non  ein 
Grofsvater  gewesen  sein  oder  nicht  Und  dennoch  scdieint  diese 
Erwägung  uns  um  keinen  Schritt  weiter  zu  fuhren.  Denn  weder  bei 
den  Vorfahren  väterlicherseits  noch  bei  denen  mûtteriidierseits  des 
II.  Jhds.  finden  wir  etwas  berichtet,  woraus  sich  die  wunderbare  Vor- 

>  S.  S.  15  Anm.  2. 


DER   HISTORISCHE  SCHWANRÎTTER.  2^ 

Stellung  von  einem  Schwanritter  hätte  entwickeln  können.  Ununter- 
brochen schreiten  aufserdem  die  Geschlechter  Verdun  (dieses  bis  1076) 
und  Boulogne  von  Vater  auf  Sohn,  ein  einziges  Mal  auf  den  Bruder. 
Eine  Frauenregierung  kommt  nicht  vor.  Kein  Fremder  drängt  sich 
hinein,  der  sich  vermählt  mit  der  Tochter  des  Fürstenhauses  und 
fortan  Herr  des  Landes  ist  Und  zudem:  in  keiner  Version  fuhrt 
der  Schwanritter  einen  Namen,  der  an  einen  Fürsten  aus  einem 
der  beiden  Häuser  erinnert,  wie  man  doch  erwarten  dürfte,  wenn 
einer  der  Vorfahren  den  Schwanritter  abgegeben  hätte.  Die 
Chansons  bewahren  manches  Historische.  Sie  nennen  Gottfried 
den  Bärtigen,  Gottfried  den  Höckrigen,  Eustach  II.  von  Boulogne, 
die  Ida,  die  drei  Brüder.  Sie  scheiden  genau  in  den  Titeln 
zwischen  einem  Grafen  von  Namûr,  einem  Herzog  von  Löwen, 
von  Limburg,  von  Lothringen.  Sie  wissen,  dafs  Löwen  und 
St.  Trond  zusammengehören.  Nur  der  Schwanritter  und  die  be- 
drängte Witwe  sind  namenlos,  oder  haben  später  einen  Namen, 
der  in  dem  Haus  der  Ardennen  und  in  dem  Geschlecht  der  Grafen 
von  Boulogne  nicht  vorkommt,  nicht  vorher  und  nicht  nachher. 

Eine  Betrachtung  der  Vorfahren  der  drei  Brüder  führt  zu 
keinem  Ziel.  Und  doch  mufs  die  Tradition  sich  aus  Vorstellungen 
entwickelt  haben,  die  an  sich  nicht  so  ganz  weit  von  den  Brüdern 
abgelegen  haben  können.  Waren  auch  die  Thatsachen,  welche 
diese  Vorstellungen  erzeugten,  den  Zeitgenossen  und  denen  nach 
ihnen  unklar,  es  war  doch  soviel  davon  bekannt,  dafs  dadurch  die 
Phantasie  der  Masse  oder  des  einzelnen  angeregt  wurde.  Es  mufs 
ein  Fall  gewesen  sein,  wie  er  in  ähnlicher  Weise  bei  Lambert  von 
Ardres  und  dem  Chronisten  von  Brogne  begegnet  Man  —  um 
dieses  allgemeine  Wort  zu  gebrauchen  —  wollte  nicht  absichtlich 
fälschen;  man  deutete  aber  falsch. 

Da  wir  also  bei  den  Verwandten  der  Brüder  bleiben  müssen, 
so  giebt  es  nur  noch  als  letzte  Möglichkeit,  dafs  die  Abstammung 
einer   Gemahlin    eines   der   drei   Brüder  eingewirkt   hat     Man  — 
mehrere  oder  ein  einzelner  —  hätte  alsdann  irrtümlich  dem  Gatten 
zuerkannt,   was   rechtens   nur   der  Gattin  gehörte.     Die  Verwechs- 
lung mufs  aus  irgend  einem  Grunde  leicht  gewesen  sein.   Von  da 
aus  erfolgte  dann  die  Uebertragung  auf  die  drei  Brüder  zusammen. 
Wir  hätten  also  etwas  Aehnliches  wie  bei  Wolfram  von  Eschen  bach, 
der  dem  Haus  Brabant   einen  Schwanritterursprung  zuschrieb,    der 
erst  für  die  Herzogin  von  Brabant  seiner  Zeit,  eine  boulognische 
Gräfin,   gelten   konnte,   oder   aus  der  Verwechslung  zwischen  den 
Herzogen  von  Niederlothringen   aus  dem  Haus  Verdun  mit  denen 
aus  dem  Haus  Löwen  hervorging.^ 

Gottfried  von  Bouillon  selbst  war  nie  verheiratet  —  Eustach  III., 


*  lieber  das  Aufkommen  und  die  Entwicklung  des  brabanüschen  Schwan- 
'^tters  wird  eine  besondere  Arbeit  erscheinen.  Für  jetzt  gestatte  ich  mir  zu 
^crwreiscn  nach  Verf,*s  Da^  Aufkommen  des  cle  vischen  Schwann  Iters  a.  a.  O, 

S.  isaf. 


28 


J- 1 


der  älteste  der  drei  Brüder,  Graf  von  Boulogne  nach  dem  Tode 
seines  Vaters,  hatte  Marie,  die  Tochter  Malcolms  III.,  Königs  von 
Schottland,  zur  Frau.  Aber  auch  wenn  die  Könige  von  Schottland 
eine  wunderbare  Herkunft  gehabt  hätten,  so  wäre  das  alles  doch 
ohne  Wert  für  den  Ursprung  unserer  Sage  gewesen:  denn  Eustach  III. 
stand  den  Lothringern  fem,  er  machte  den  Kreazzug  nicht  mit 
ihnen  mit,  er  brach  später  auf  mit  den  französischen  Herren  und 
gelangte  über  Italien  vor  Antiochien.  Und  was  jegliche  Möglich- 
keit abschneidet:  erst  nach  seiner  Rückkehr  ans  dem  big.  Land 
heiratet  Eustach  111.,  im  J.  It02.  So  dafs  speziell  die  Lothringer 
keinen  Anlafs  gefunden  haben  können,  eine  etwaige  Herkunft  von 
seiner  Gattin  auf  ihn  und  seine  Brüder  zu  übertragen. 

Bleibt  übrig  der  jüngste  Bruder,  Balduin,  der  nach  dem  Tode 
Gottfrieds  König  von  Jerusalem  wurde  (noo — Ili8). 

Balduin  war  dreimal  verheiratet.  Mit  der  ersten  Frau  — 
Godehilde  von  Toeni  —  hatte  er  sich,  kurz  bevor  er  zum  Kreuzzug 
aufbrach  (August  logò),  vermählt.  Sie  begleitete  ihn  auf  der  Fahr^ 
starb  aber  nach  monatelanger  schmerzlicher  Krankheit  bei  Maresia 
in  Lykaonien  (Juli  1097),  noch  ehe  das  Hauptheer  vor  Antiochien 
gelangte.  —  Das  zweite  Mal  heiratete  Balduin  in  Edessa  eine  arme- 
nische Fürstin,  von  der  er  sich  aber  wieJenim  trennte,  obgleich 
ein  Grund  der  Trennung,  der  ihn  dazu  berechtigte,  nicht  vorlag. 
Einige  sagen  —  fahrt  Wilhelm  von  Tyrus  XI,  1  fort  — ,  dafs  der 
tiefverschuldete  König  eine  reichere  Frau  nehmen  wollte;  andere^ 
dafs  sie  ihre  weibliche  Ehre  nicht  genug  wahrte.  Balduin  steckte 
sie  in  ein  Nonnenkloster  in  Jerusalem;  als  sie  durch  List  entkam, 
floh  sie  aus  dem  Reiche  und  soll  weiter  ein  gemeines  schlechtes 
Leben  geführt  haben,  —  Die  dritte  Gemahlin  war  die  Gräfin  von 
Sicilien,  eine  edle  und  mächtige  Frau,  die  Witwe  des  Grafen  Roger 
Bursa,  eines  Bruders  von  Robert  Guiscard.  Dreizehn  Jahre  lang 
lebte  sie  mit  Balduin  in  kinderloser  Ehe.  Dann  liefs  er,  in  seinem 
Gewissen  geängstigt  wegen  seiner  Ehe  mit  der  zweiten  Frau,  sich 
von  ihr  scheiden.  Dieses  Unrecht  war  zur  Zeit  des  Wilhelm  von 
T)TUS  noch  unvergessen  bei  den  Erben  ihres  Sohnes,  der  nach 
dem  Vertrag  König  von  Jerusalem  liätle  werden  müssen,  weil  seine 
Mutler  kinderlos  geblieben  war  {Wilh.  v.  Tyrus  XI,  29). 

Die  Ehe  mit  der  dritten  Frau  fällt  in  eine  Zeit,  da  die  wcll- 
erschültemden  Ereignisse  vollbracht  sind.  Gottfried  ¡st  gestorben, 
die  meisten  Abendländer  sind  wieder  nach  der  Heimat  zurück- 
gekehrt, Balduin  ist  seit  einigen  Jahren  König  in  Jerusalem.  Die 
Wogen  der  Begeisterung  haben  sich  gelegt  und  mit  nüchternem 
Auge  werden  die  Dinge  im  Morgenlande  betrachtet.  Und  auch 
wenn  die  Gräfin  von  Sicilien  eine  fremdartige  Familien  tradition 
gehabt  hätte,  —  so  manches  Jahr  hat  die  Umgebung  Balduins 
und  die  anderen  den  Balduin  ohne  eine  seltsame  Herkunft  ge- 
kannt, dafs  eine  etwaige  Uebertragung  auf  ihn  nicht  mehr  statt- 
gefunden haben  kann.  Zudem  weisen  die  unvergessenen  An- 
sprüche der   Erben   des  Sohnes   aus  der  ersten   Ehe  der  Gräfin 


DER    HlSTOUISCHli   SCHWANRin 


29 


darauf,  daTs  die  Abkunft  der  sicilischen  Gräfin  und  die  Balduins 
nicht  vennischt  wurden. 

Schwieriger  ¡st  eine  Entscheidung  für  die  zweite  Ehe,  denn 
die  Vermählung  mit  der  armenischen  Prinzessin  fällt  noch  in  die 
Zeit  der  Aufregung.  Allerdings  darf  man  auch  hier  geltend  machen, 
dafs,  wenn  bis  dahin  auf  dem  Zuge  niemand  aus  der  lothringischen 
Umgebung  von  einem  fremdartigen  Ursprung  Balduins  gehört  hatte, 
such  jetzt  nach  zweijährigem  Zusammensein  eine  fremdartige  Ab- 
kunft der  zweiten  Gemahiin  auf  Balduin  nicht  mehr  übertragen 
worden  wäre.  Man  darf  ferner  geltend  machen,  dafs  die  Ver- 
bindung mit  der  annenischen  Prinzessin  für  Balduin  eine  rein 
äufserliche  gewesen  zu  sein  scheint,  weil  er  sich  dadurch  einen 
festen  Halt  in  seinem  neuerworbenen  Gebiet  zu  verschaffen  hoflle. 
Sodann,  dafs  eine  Uebertragung  einer  klein  asía  ti  sehen  Abkunft,  die 
die  neue  Gemahlin  mitbrachte,  bei  der  abendländischen  Umgehung 
keine  feste  Wurzel  geschossen  hätte ,  besonders  nicht ,  da  diese 
Frau  zuletzt  zur  Zeit,  da  Balduin  schon  König  war,  von  ihm  ver- 
stofsen  wurde.  Aber  das  alles  macht  eine  Uebertragung  wohl 
selir  zweifelhaft,  an  sich  aber  doch  nicht  ganz  unmöglich.  Wir 
werden  zu  dieser  zweiten  Ehe  zurückkehren  müssen,  falls  die  Ehe 
mit  der  Godehilde  von  Toeni  keine  wichtigen  Folgerungen  ge- 
StalteL  — 

Das,  was  sich  gegen  eine  Uebertragung  einer  Herkunft  der 
zweiten  und  dritten  Cïattin  anführen  läfst,  triflt  bei  der  ersten  nicht 
zu.  Godehilde  und  Balduin  treten  gleich  am  Anfang  des  Kreuz- 
zugs beide  vereint  in  den  Gesichtskreis  der  grofsen  Masse  der 
Lothringer.  Nur  wenige  Lothringer  mögen  die  beiden  getrennt 
gekannt  haben.'  Ihre  kurze  Ehe  durchleben  Balduin  und  Gode- 
hilde auf  der  Reise  von  Lothringen  aus  in  der  Zeit,  da  ihre  Um- 
gebung und  sie  selbst  sich  an  den  Thaten  der  Vergangenheit  be- 
geistern für  die  Thateu  der  Zukunft.  Hatten  Godehildens  Vorfahren 
eioät  gegen  die  Heiden  gekämpft,  so  erfuhr  die  Umgebung  davon. 
Binnen  Jahresfrist  verschwindet  Godehilde  nach  langem  Kranken- 
lager, Balduin  macht  bei  seinem  Eintritt  in  Kleinasien  mit  seiner 
Schar  eine  Unternehmung  auf  eigne  Faust.  Getrennt  von  dem 
Hauptheer  sucht  er  sein  eignes  Glück.  Und  dann  kommt  der 
Strom  der  grofsen  Ereignisse,  an  deten  Hauptmomenten  auch 
Balduin  sich  wiederum  beteiligt,  mit  ihren  Perioden  der  Verzagung 
und  der  Aufrichtung,  wo  das  Heer  der  Christen  die  Gottheit  sicht- 
barlich  eingreifen  sieht.  In  solchen  Zeiten  tritt  die  Vergangenheit 
rascher  als  sonst  in  weite  Ferue  zurück.  Die  Massen,  wie  die 
Einzehfien,  leben  durchweg  ¡n  einer  geistigen  Atmosphäre,  die  fast 
ID  jeder  Zeit  Gelegenheit  gieht,  dafs  unklar  aufgenommene  Vor- 
stellticgeri  sich  zu  eigentümlichen  wunderbaren  Gebilden  abrnudeu, 

■  Nach  Wilhelm  vod  Tyrus  X.  1  war  Bttlduin  fiübcr  cio  Geistlicher  gc- 
wcwQ,  (Ici  wegen  seiaer  edlen  Gehuil  Prabeaden  in  Rheimi,  Cambiai  und 
LâUicb  erhicli,  dann  aber  aus  uDbckunnlen  Grüodcn  Kriegsmann  wurde.  An- 
lui£t  da  90-gct  Jaluc  war  ei  scbou  kdn  Geisllicbei  mehi. 


^^_       lui£t  da  90-gct 


JO  J.  p.  D.  BLÖTK, 

die  ihre  Gläubigen  finden.  Und  hier  siod  aufserdem  die  versdiie- 
densten  Völker  wiederholt  zusammen.  Ein  jedes  siefat  in  seinem 
Anfuhrer  den  trefflichen  Helden.  Es  lassen  sich  kaum  günstigere 
Umstände  zu  einer  Sagenbildung  denken:  die  mil  Balduin  zugleich 
auftretende  Godebilde,  ihr  baldiger  Tod,  die  darauf  folgende  Sonder- 
cxistenz  lialduins,  seine  Beteiligung  an  den  grofsen  Ereignissen,  sein 
neues  Zurücktreten  bis  ku  seinem  Königtum.  — 

Was  wissen  wir  von  Godehildcns  Vorfahren.-' 

Das  Geschlecht  der  Toënî  fangt  au  mit  Radulf  L,  f  ca.  1020. 
Es  rühmte  sich  im  il.Jhd.  abzustammen  von  Rollos  Valerbruder. 
Von  Radulf  1.  erfahren  wir  nur  einige  seiner  Streitigkeiten,  Etwas 
mehr  aber  von  seinem  Sohn,  Roger  I.,  dem  Grofsvater  Godehildens, 
den  Balduin  nach  üblichem  Sprachgebrauch  auch  seinen  Grofsvater 
genannt  haben  wird.  Was  wir  wissen,  ist  eine  Combination  von 
dem,  was  der  Aquitanier  Ademar  von  Chabanoais,  die  normannischen 
Chronisten  Orderic  Vitahs  und  Wilhelm  von  Jumiéges  oder  dessen 
Fortsetier  berichten,  verbunden  mit  einzelnem  aus  ein  paar  Ur- 
kunden.' Dies  ist  alles.  Aber  merkwürdiges  Factuml  Dieser 
Grofsvater  macfat  eines  Tages  Erlebnisse  durch,  die  einigen  dem 
Schwanritter  der  Sage  eigentümlichen  Zügen  entsprechen.  Nur  ist 
alles  in  ganz  anderer  Umgebung,  an  ganz  anderer  Oertlichkeit, 
in  ganz  anderer  Iteleuchtnng.  Auch  fehlt  diesem  Grofsvater  das 
Elegische  des  Schwanriilers  der  Sage.  Er  ist  ein  wilder,  gegen 
seine  Feinde  erbarmungsloser  normannischer  Krieger.  Und  damit 
wir  schon  das  Wichtigste  vorwegnehmen:  in  den  Quellen,  die  im 
II.  und  in  der  ersten  Hälfte  des  iz.  Jhds.  von  ihm  berichten, 
findet  sich  nichts  von  einem  Schwan. 

Dieser  Roger  von  Toëni,  der  erste  seines  Namens,  dieser  ver- 
wegene, unruhige,  stolze  normannische  Freiherr,  zieht  1018  an  der 
Spitze  einer  Schar  Normannen  nach  Spanien  mit  dem  Zweck  die 
Saracenen  zu  bekämpfen.^  Es  ist  die  alle  normannische  Thaten- 
lust,  die  zu  gleicher  Zeit  einen  anderen  Haufen  dieses  Stammes 
nach  Italien  und  Sicilien  treibt.  In  gröfster  Bedrängnis  ist  in 
dieHem  Jahre  die  Grafschaft  Barcelona.  Graf  Raimund-Borrel  ist 
kurz  zuvor  (1017)  gestorben,  und  die  Mauren  stehen  bis  vor  die 
StadL  Ermessiode,  die  Witwe,  ist  nach  dem  Willen  ihres  Gemahls 
Herrin  des  Landes.  Sie  ist  Mutter  von  wenigstens  drei  Kindern, 
von  dcQen  zwei  Töchter  sind,  auch  das  älteste.  Da  erscheint 
Roger  mit  den  Seinen,  rettet  das  Land  von  dem  Untergang  und 
vertreibt  die  Heiden,  so  dafs  das  Land  auf  Jahre  hinaus  in  Sicher- 
heit ist.  Zum  Lohne  und  wohl  auch  um  ihn  z\x  fesseln ,  giebt 
Jixmessinde   ihm   ihre   Tochter   Godehilde   zur  Frau,  —    1035  bei 

'  Für  die  ZusammeD Stellung  dieses  Materials  s.  Zlscbr.  zi,  iSi  S. 

■  So  nach  dem  Zeitgenoisen  Ademar  von  Chabannais  [f  ca.  1031).  Sdne 
GcBcblchle  EnUland  wahracheinlich  lOiS.  Der  Zug  machte  vod  sieb  rcdcD,  da 
Ademar  ilin  besonders  »erieichnelc.  Nach  Wilb.  v.  Jumièges  VII,  3  scbeinl 
Roger  später  mil  Hcriog  Koben  (ioî8  — 1035)  noch  einmal  in  Span" 
kimpit  ta  babea. 


I 

I 


DER  HISTORISCHE  SCHWANRIITBR.  3I 

dem  Tode  des  Herzogs  Robert  von  der  Normandie  ist  Roger 
urieder  in  seiner  Heimat  und  findet  den  Tod  in  den  Parteikampfen 
bei  der  Thronbesteigung  von  Richards  minderjährigem  Sohn,  dem 
späteren  Eroberer  von  England.  —  Seine  Unternehmung  und  sein 
Aufenthalt  in  Spanien  brachten  ihm  in  der  Normandie  den  Zu- 
namen des  Spaniers  ein,  wie  wir  aus  Orderic  Vltalis  an  mehreren 
Stellen  erfahren.  Die  Nachkonmien  fingen  im  1 2.  Jhd.  mit  ihm 
das  Geschlecht  an,  und  die  Mönche  des  Klosters  Conches  in  der 
Nähe  seines  Schlosses  hielten  ihn  als  den  Gründer  ihres  Hauses 
in  hohen  Ehren,  t  Soweit  das  Thatsächliche,  für  soferne  wir  es 
erreichen  können. 

Vergegenwärtigen  wir  uns  nun  die  Umgebung  und  die  Züge, 
unter  welchen  in  Conches,  der  normannischen  Residenz  der  Toêni, 
die  Erinnerung  an  diesen  Roger  den  Spanier  gegen  Ende  des 
1 1.  Jhds.,  als  Balduin  von  Boulogpe  um  die  Godehilde  warb,  gelebt 
haben  muís.  Herr  von  Toêni  war  damals  noch  der  älteste  Sohn 
dieses  Roger  aus  der  Ehe  mit  Godehilde  von  Barcelona,  Radulf  II. 
(t  1 102/3).  Minderjährig  als  sein  Vater  fiel,  hat  er  sich  dennoch 
entwickelt  wie  ein  Sohn  seines  Vaters:  unruhig,  kühn  in  Aben- 
teuern, freigebig  in  Schenkungen  an  die  vom  Vater  gegründete 
Abtei  Conches.^  Wie  sein  Vater  heiratet  er  erst  spät,  und  auch 
seine  Gattin  ûbertrifit  in  ritterlichen  Spielen  und  ritterlicher  Unter- 
nehmungslust ihre  Umgebung.^  Und  wohl  mag  er  sich  den  Vater 
zum  Muster  genommen  haben:  der  Name  des  Spaniers  hielt  ja 
die  Erinnerung  an  die  Thaten  Rogers  wach,  nicht  nur  in  der 
Familie,  sondern  auch  auswärts.  Und  mit  den  Thaten  und  dem 
Namen  deckte  sich  in  der  Familie  die  Uebei lieferung,  wie  einst 
der  Vater  sich  seine  Gattin  erwarb.  Eins  gehörte  untrennbar  zum 
andern.  Und  so  müssen  in  der  Familientradition  der  Toëni  wenig- 
stens folgende  Züge  gelebt  haben:  i.  Radulfs  Vater  zog  einst  nach 
Spanien  zur  Vernichtung  der  Saracenen,  2.  er  rettete  die  bedrängte 
Witwe  von  Barcelona  und  die  Ihrigen,  3.  er  erhielt  die  Tochter 
zur  Frau,  4.  er  zog  wieder  in  die  Heimat  zurück.  Dafs  noch 
mehrere  andere  Züge  dazu  gehört  haben,  ist  selbstverständlich.  Die 
Ueberlieferung  aber  läfst  uns  darüber  in  Zweifel,  von  welcher 
Natur  sie  waren. 

Und  in  diesem  Kreis  wird  Balduin  von  Boulogne  der  Gemahl 
der  einzigen  Tochter.     Es  folgen   die  Vorbereitungen   zum  Kreuz- 
zag.    Balduin    tritt    durch    seine   Fahrt    nach    dem    big.  Land    in 
Parallelismus   zu  dem  Ahnherrn  der  Toëni.     Godehilde  hiefs  nach 
der  Godehildis  von  Barcelona,  ihrer  Grofsmutter,  und  Balduin  stand 
im  Begriff  aufzubrechen  um  zu  kämpfen  gegen  die  Heiden,  wie  einst 
Roger.     Soeben   hatten   die  Toëni   den   ältesten  Sohn   durch   den 
Tod  verloren,    jetzt   sahen   sie   ihre    einzige  Tochter  davonziehen. 

1  Gallia  Christ,  t.  XIj  (1874)  S.  637  ff. 

*  S.  namcnlHch  Ord.  Vital,  (ed.  Le  Prevosl)  t.  II  S.  121.  148.  297.  401; 
t. III,  25.  238.  262.  296.  346  ff.;  t.  IV,  67.  —    Will.  Gemm.  l.VJI  cap.  24. 
»  Ord.  Vüal.  t.  m  S.  345. 


r.  Dl  BLÖTB, 


1  Spanier    erinnert  worden  sein. 

L,  I^iduin  und  Godebildis,  nicht  von  ähn- 

.i,«n?     Müssen  nicht  BalduJn  und  Gode- 

.:;   ;u  ihrer  Umgebung   gesprochen  haben 

iLjuni  1      Nachricht    von    diesem    Grofsvater 
•ácn  Fall  in  die  Menge  der  lothringischen 

.  '-"ntersuchung  führte  uns  zu  einem  Vor- 
iiL  l'oëni.  In  Roger  von  Toeni,  dem  Gro&- 
i.iicn  wir  eine  Persönlichkeit  kennen,  deren 

_  I  jiij;  finden  in  einigen  Zügen  des  Schwan- 
.[■.ii  Grofsvaler  Balduins  und  seiner  Brüder 
.:rj:ieruDg  der  Toëni  —  denn  von  Balduins 
-.-  1  »ir  jetzt  wohl  absehen  —  war  also  der 
1.  ioende  Kraft  der  wunderbaren  Verhältnisse 
.ili:.  Und  wenn  dem  so  ist,  so  mufs  Roger 
i.m  ïu  schaffen  gehabt  haben.  Denn  der 
Sage  vom  Schwanritter  ein  Haupimoment. 
•ik-  die  ganze  Herkunft  unbemerkt  vorüber- 
lii-  Clironistik  des  ii.und  12.  Jbds,  schweigt 
■!il  dem  Roger  verbunden  war,  ebenso  wie 
-,  1 2.  Jhds-,  mit  einer  einzigen  Ausnahme, 
.iijlirt  über  die  wunderbare  Herkunft  Gott- 


\ 


fe  .Jkwei  Zeitschrift  21,  177  ff.  auf  zwei  Stellen  bei 

;^uii'scn,   in  welchen  die  Toöni,   die  seit  der 

■  iigo  Grundbesitzer   in  England  waren,    mit 

uiit  Rittern,    die  Schwan  hiefsen,    in  Ver- 

...11.     Ich   bringe   diese  Stellen  noch  einmal 

,  ïi  das  Vorhergehende  in  ein  anderes  Licht 

o.'h    selbst    heraus,    namentlich    die    zweite, 

.;i.-\l«Ucn,    als  mir  in  dem  früheren  Artikel 

I,-  Stelle  —  sie  ist  vom  J.  ijoo  und  findet 

loa  vorzugsweise  heraldischem  Inhalt,    das 

charakterisiert,    die  mit  Edward  I.  im  Juli 

i.li  Schottland    mitmachten  —  besagt    von 

ii  lier  leinte  des  Geschlechtes),  dafs  dieser 

Kühlung  "gut   zeige,    dafs  er  vom  Schwan- 

,:i    diesem   Passus   wohl    ohne  weiteres  ent- 

.h^mW  tut«  •'  blancUes  alelíes, 
to,.»  W**«  el  laniere  blínclie 
JkMtt  »  1»  vínníillí  manche 
K«  It  «M  lia  cnevilier  n  eigne' 

H.  H.  NicoUi,    Th,  Sugi  of  Carlav-^rc.i, 

LondoB  iBii,  S.  41.  Vgl.  ebd.  S.  369  f. 


DER   HISTORISCHE  SCHWANR1TT£R.  53 

nduneiiy    dais   nicht  blofs  der  anglonormannische  Dichter,    der  als 
Augenaceuge  berichtet,  meinte,  der  Tony,  von  dem  er  spreche,  leite 
seine  Herkunft  ab  von  dem  sagenhaften  Grofsvater  Gottfrieds  von 
Boaiilon.    Auch  dieser  Tony  selbst,  so  scheint  es  nach  den  wenigen 
Zeilen   des  Gedichts,    mufs   der  Ansicht  gewesen  sein,    er  stamme 
von  dem  in  den  Liedern  gefeierten  Helden.     £r  galt  nach  eigner 
und   anderer  Meinung   für   einen  Nachkommen    des  Schwanritters. 
Aber   zu    keiner  Zeit   hatte   sich  einer   der  Barone  von  Tony   mit 
einer  Tochter  aus  dem  Hause  Boulogne   vermählt,   wodurch   sich 
die  Herkunft    erklären    liefse,    wie    sich    aus    der  Genealogie    des 
Hauses   Boulogne    leicht   ergiebt     Gleichfalls    mit   keiner  Tochter 
aus  den  Häusern  Brabant  oder  Qeve,   obgleich   diese  und  andere 
Häuser  für  diesen  Zeitraum  noch  nicht  in  Frage  kommen  können. 
Dafs  die  Tony,    weil   Godehilde   sich   mit  Balduin  von  Boulogne 
vermählte,   sich  dadurch  die  Abstammung  beigelegt  haben  sollten,^ 
ist  deshalb  nicht  anzunehmen,   da  in  keinem  Lande  die  ehelichen 
Verbindungen   durch   die  Erblassungen   und  Schenkungen  urkund- 
lich so  fest  bewahrt  blieben  und  dadurch  Recht  oder  Unrecht  auf 
einen  Titel  so  festgehalten  wurde  als  bei  den  Normannen  in  Eng- 
land.   Auf  dem  Kontinent  sieht  man  die  Abstammung  vom  Schwan- 
ritter  oder   von  Karl  dem  Grofsen   nur   dann  auf  ein  Geschlecht 
übergehen,  wenn  wirkliche  Verwandtschaft  bestand.    Einen  Schwan 
im  Wappen   hatten   die  Tony   seit  dem  Aufkommen  der  erblichen 
Wappen  nicht,^  wodurch  sie,  wie  die  Bohun  in  England  im  14.  Jhd., 
zu   der    Abstammung   gelangt   sein    könnten.     Aus    unserer   Stelle 
wurde   also   dieses   folgen:    die  Herkunft  der  Tony  geht  nicht  auf 
Gottfrieds   sagenhafte  Abstammung   zurück;    es   bestand    ursprüng- 
lich  unabhängig   von  Boulogne   und  Gottfried   bei  den  englischen 
Tony  eine  verwandtschaftliche  Beziehung  zu  einem  Schwanritter  in 
irgend  welcher  Gestalt;    im  Laufe    der  Zeit    verblafste   die  richtige 
Vorstellung    davon    in    der  Familie,    die    Erinnerung    aber    blieb; 
diese  Erinnerung  lebte  wiederum  auf,  als  Gottfrieds  Grofsvater  zu 
dem  gefeierten  Ritter   gemacht  ward,    und  es  allmählich  dann  für 
ruhmvoll   galt,   von  diesem  Schwanritter  abzustammen.  —  So  weit 
die  Deutung  aus  der  Stelle  von  1300.  — 

Die  zweite  Stelle  findet  sich  bei  Matthaeus  Paris  in  der 
Lebensbeschreibung  der  Aebte  seines  Klosters,  die  er  um  1250 
aasarbeitete.  Bei  Leofstan,  dem  12.  Abt  von  St.  Alban  (nach 
104Ò — 1064),  wird  erzählt,^  wie  dieser  Wege  zum  Kloster  anlegen 


*  G.  Paris,  Romania  26,  581. 

'  Sie  führten  einen  roten  Aermel  in  Silber. 

*  Ed.  Guill.  Wats,  London  1639,  S.45  f.  Durch  H.  Th.  Riley's  Ausgabe 
^^^  Gesta  Abbatum  Monasterii  Sancii  Albani  a  Thoma  H^aising^ham  Vol.  1, 
p  ■  ?•  793 — 1290,  London  1867,  in  welcher  der  Herausgeber  den  dem  Matth. 
y^  gehörigen  Teil  nach  Cott.  Ms.  Nero  D.  I  bezeichnet,  auch  mit  steter 
..  ^Idchung  von  Wats*  Ausgabe,  ist  für  unseren  Zweck  ein  Hinweis  auf 
,'^se  handlichere  Ausgabe  genüt^end.  Der  uns  angehende  Teil  findet  sich 
«^«IbstS.  39-41.       ^         ^      ^ 

^•ilKllI.  1  RIO.  PliiL  XXV.  t 


34  J.  9.  D.  BLÔTSy 

liéis   nnd,   damit  die  Frommen   mibehelligt   das  Kloster  besuchen 
konnten,  einem  sehr  tûditigen  Krieger  Tumothns  und  dessen  Ge- 
nossen Waldef  und  Hiorman  auftmg,  mit  ihren  Lenten  die  dichten 
Wälder  des  Klosters  von  wilden  Tieren  nnd  Räubern,   die  sich  in 
grofser  Zahl  dort  aufhielten,  zu  säubern,  dem  Tumothus  und  den 
beiden  Genossen  aber  dafür  den  Hof  Flamstude  um  einen  geringen 
Preis  abtrat;  wie  die  Krieger  und  danach  ihre  Erben  dem  Auftrag 
treu   nachkamen,    bis   zur  Zeit   der  Eroberung;    wie  sie   sich  aber 
alsdann   dem   normannischen   Regiment   nicht   fugen    wollten    und 
lieber   den   Besitz   aufgebend   sich   unbezwungen   in   den  Wäldern 
festsetzten   und   den  Normannen   durch  Mord   und  Brand    allerlei 
Schaden    zufügten.     ^Sfd  prosperante  Rege  memorato   (sc.  Willelmo), 
omnes  vel  ad  pacem  qua  lern  qualem  r edier unt^  vel  capti,  sicut  sequens  nar» 
ratio  declarabit,  perierunt,     Veruntamen  quidam  noòi/is,    'Roger us   de 
Thon  i*   nomine,    cui  successit  in  sortem  distrihutionis  lUud  manerium, 
nolm't  jus  Sancii  Albani  auf  erre,  et  servitium  praedictum  strenue  adim' 
plevit*    Und  nun  folgt  der  für  uns  wichtige  Passus.    Œrat  enim  in 
armis  clarissimus,  et  genere,  natione  Normannus  ;   ab   Ulis  famos  i  s 
militibus    trahens  propaginem,    qui  a  Cygni  nomine   iníitU' 
I  an  tur.     Sed  haec   suo   loco  pienius   conscribentur*  —    Nach    dieser 
Mitteilung  über   das  Verhältnis   zwischen  Flamstead  und  St  Alban 
giebt  der  Autor  noch  eine  kurze  Bemerkung  über  den  Abt  Leofstan 
(die    Erwirkung    von    Privilegien    durch    die    Freundschaft    König 
Edwards,   den  Tod  des  Königs  und  des  Abtes),    in  Riley's  Aus- 
gabe 6  Zeilen. 

Ich  habe  die  Stelle  etwas  ausführlicher  gegeben,  damit  der 
Leser  sich  bei  der  folgenden  Auseinandersetzung  ein  selbständiges 
Urteil  bilden  kann.  Denn  die  Vitae  Abbatum  des  Matthaeus  París 
beruhen  für  die  älteren  Aebte  auf  einer  Rolle,  die  früher  Adam 
dem  Kellermeister,  einem  hochangesehenen  Bruder  des  Klosters,  an- 
gehört hatte,  welcher  schon  1138  als  Mönch  St.  Albans  vorkommt 
und  zur  Zeit  des  20.  Abtes  (Warin  de  Cantebrugge  11 83 — 1195) 
zu  den  Gestorbenen  gehörte.*  Wir  haben  jetzt  zu  entscheiden,  ob 
die  soeben  gegebene  Charakteristik  des  'Rogerus  de  Thoni*  sich 
schon  auf  der  älteren  Rolle  befand  oder  ob  sie  erst  von  Matthaeus 
Paris  eingefügt  worden  ist. 

Wats,  der  erste  Herausgeber  der  Vitae,  konnte  zu  seiner  Ausgabe 
von  1639  drei  Hss.  benutzen.  Von  diesen  ist  jetzt  eine  verschollen. 
Von  den  beiden  erhaltenen  gehört  die  eine  (Brit.  Mus.  Cott  Nero 
D.  I)  dem  13.  Jhd.  an,  die  andere  (Brit  Mus.  Cott.  Claud.  E.  IV)  dem 
14.  Jhd.2  Die  verschollene  Hs.,  die  zur  Zeit  des  Wats  im  Besitz  des 
gelehrten  Spelman  war,  hat  bei  den  ersten  Aebten  mehreres  nicht,  was 
sich  in  den  beiden  anderen  Hss.  findet.  Nun  hat  sowohl  Ms.  Spelman 
als  Cott  Nero  D.  I  am  Anfang  die  Bemerkung  'Secundum  antiquum 
Rotulum  Bartholomaei  Qerici:  qui  cum  Domino  Adam  Cellarario  diu 


«  Rüey,  a.  a.  O.  Pref.  1 1  S.  XIV  ff. 

*  Th.  D.  Hardy,  Descriptive  Catalogue,  Vol.  Ill,  London  1871,  S.  141. 


DBR  mSTORISCHS  SCHWANRITTER.  35 

futraU  servüns  «,  et  ipsum  rotulum  sibt  retinuit,  de  scriptis  suis  hoc 
solum  eligens\^  Daher  kommt  es  Wats,  der  in  seiner  Ausgabe  das- 
jenige,  was  in  Ms.  Spelman  nicht  gefunden  wird,  eingeklammert 
hat,  mid  nach  ihm  auch  Riley,  dem  Herausgeber  der  Gesta  Ahbatum 
Sl  Albani  Walsinghams,  wahrscheinlich  vor,  dafs  die  Hs.  Spelman 
sich  in  der  älteren  Partie  näher  als  die  anderen  Hss.  an  die  alte 
Rolle  anschlofs.  Von  allem,  was  sich  nun  beim  Abt  Leofstan  in 
den  anderen  Hss.  findet,  fehlte  in  dem  Ms.  Spelman  nur  der  Satz 
*Sid  haec  suo  loco  plenius  conscrihentur^  am  Schlufs  des  Kapitels 
über  die  ursprüngliche  Beziehung  zwischen  Leofstan  und  Flamstead. 
Dieser  im  Ms.  Spelman  fehlende  Zusatz  bezieht  sich  aber  auf  die 
£rzählung  von  der  Empörung  der  Engländer  gegen  den  Eroberer 
und  ihrer  Niederwerfung,  wie  sich  aus  der  Vita  des  folgenden 
Abtes  Frethericus  ergiebt,  denn  von  dieser  in  der  ed.  Riley  5  Seiten 
umfassenden  Erzählung  (S.  44 — 49)  ist  wiederum  im  Ms.  Spelman 
nicht  die  Rede.  So  dafs  nach  dem  vermutlichen  Verhältnis  der 
handschriftlichen  Ueberlieferung  die  Vita  des  Abtes  Leofstan  schon 
auf  der  alten  Rolle  stand,  und  zwar  —  mit  einer  kleinen  Ab- 
weichung durch  den  Zusatz  *Sed  haec  etc.'  —  in  der  Gestalt,  wie 
sie  Matthaeus  Paris  bietet  Und  somit  auch  die  Charakteristik 
Rogers  von  Thoni,  da  der  Einschalter  des  *Sed  haec  etc'  diesen 
Passus  erst  nach  der  Charakteristik  setzte,  d.  h.  an  das  Ende  des 
Kapitels,  während  der  Zusatz  doch  faktisch  hinter  die  Mitteilung 
von  dem  Aufenthalt  in  den  Wäldern  um  Flamstead  hingehört. 

In  die  gleiche  Richtung  weist  eine  Prüfung  des  überlieferten 
Textes,  der  von  Leofstan  und  im  besondern  von  der  Herkunft 
Rogers  von  Thoni  handelt 

I.    Matthaeus  Paris  sagt  in  seiner  Historia  major,   dafs  König 

Edward   1066  */«  vigilia  Epiphaniae  Domini,  feria  quinta,  pro  regno 

ttmporali  commutavit  aetemum\    Obgleich  es  nun  in  den  Vitae  heifst, 

dafs  der  Abt  Leofstan  *  biennio  ante  Conquaestum\   also   1064,    und 

'annis  duodecim  et  amplius^^  vor  dem  Tode  seines  Nachfolgers  (1077), 

d.h.  vor  1065,  stirbt,    lassen    die   Vitae  ihn  trotzdem    *cito  posi*^ 

nach  König  Edward,  also  1066,  aus  dem  Leben  scheiden.  Und  dieser 

Widerspruch  ist  um  so  auffallender,  als  die  Vitae  Ahbatum  als  eine 

Ergänzung  zur  Historia  major  bestimmt  waren  und  ursprünglich  in 

den  gleichen  Band  mit  dieser  aufgenommen  werden  sollten.*     Wir 

lenien  daraus,   dafs  diese  Daten  nicht  das  selbständige  Werk  von 

Matthaeus  Paris  sind  und  dafs  er  sie  unrevidiert  aus  einer  anderen 

Arbeit  aufnahm:  diese  andere  Arbeit  war  aber  nach  der  Bemerkung 

in  zwei  Hss.  die   alte  Rolle  Adams   des  Kellermeisters.     Für   uns 

aber  ist  von  Wichtigkeit,  dafs  dieser  Widerspruch  beim  Abt  Leofstan 

begegnet,  in  dessen  Leben  sich  der  Passus  von  dem  Thoni  findet. 

2.  Das  einzelne,  was  bei  Leofstan  von  dem  Verhältnis  zwischen 

dem  Kloster  St  Alban    und    dem   Hof  Flamstead   berichtet   wird, 

^  Riley,  a.  a.  O.  S.  4.   Vgl.  ebd.  S.  XIV. 

'  ebd.     S.44.        »  ebd.  S.41.        *  ebd.  S.XIf.     . 


36  J.  F.  D.  BLÖTE, 

mufs  auf  mündlicher  Klostertradition  beruhen,  es  kann  nicht  aus 
zeitgenössischer  Aufzeichnung  oder  aus  Urkunden  hervorgegangen 
sein.  Darauf  weist,  dafs  sowohl  die  Namen  des  Tumothus  und 
seiner  Genossen,  die  kurz  vor  der  Eroberung  Flamstead  besafsen, 
als  auch  das  Kloster  St.  Alban  als  frühere  Eigentümer  Fiamsteads 
im  Domesdaybook  fehlen.  Ferner,  dafs  Rogerus  de  Thoni  als 
erster  normannischer  Besitzer  Fiamsteads  aufgeführt  wird,  statt 
Radulf  US  de  Thoni,  wie  das  DB.  angiebt.*  Endlich  die  allge- 
meine Erscheinung,  dafs  die  älteren  Aebte,  unter  welchen  auch 
Leofstan,  ohne  Regierungsjahre  behandelt  werden,  wahrend  erst 
nach  der  Zeit  der  Eroberung  die  Daten  eintreten  ;  wir  sahen  soeben, 
wie  zweifelhaft  noch  die  Zeitangabe  des  Antritts  der  Verwaltung 
durch  Leofstans  Nachfolger  war.  Nun  war  allerdings  niemand  mehr 
als  Matthaeus  Paris  in  der  Lage  sich  das  meiste  und  zuverlässigste 
historische  Material  zu  verschaffen.  Das  Kloster  war  ein  Centrum 
geschichtlicher  Bildung  der  damaligen  Zeit  und  Matthaeus  Paris 
der  Mittelpunkt  in  diesem  Centrum.  Eine  reiche  Bibliothek  stand 
ihm  zur  Verfügung.  Er  überragte  seine  Zeitgenossen  an  Kennt- 
nissen und  in  der  Kunst  die  Ereignisse  ansprechend  mitzuteilen. 
Mit  den  Grofsen  seiner  Zeit  stand  er  in  lebhafter  Beziehung.  Aber 
schon  vor  Matthaeus  wurde  im  Kloster  St.  Alban  schridstellerisch 
Tüchtiges  geleistet,  und  durch  seine  Historia  major  haben  wir  einen 
Einblick  in  die  Methode  seines  Schaffens:  bedeutend  ist  Matthaeus, 
wo  er  als  Berichterstatter  des  Selbsterlebten  auftritt,  oder  wo  er 
aus  dem  Urkundenschatz  mitteilt;  für  die  ältere  Zeit  copiert  er 
eine  vorhandene  Chronik,  nennt  den  Namen  ihres  Verfassers  nicht, 
betrachtet  sie  vielmehr  als  klösterliches  Eigentum,  macht  aber  Zu- 
sätze, die  er  wiederum  anderen  Quellen  entnimmt.  —  Nun  gab 
es  vor  seinen  Vilae  eine  alte  Rolle,  die  von  den  ältesten  Aebten 
handelte,  zwei  Hss.  weisen  mit  ausdrücklichen  Worten  auf  die  Be- 
nutzung derselben  hin;  von  der  Entwicklung  des  Verhältnisses,  das 
einst  zwischen  Flamstead  und  St  Alban  bestand,  war  zur  Zeit  des 
DB.  schon  nichts  mehr  urkundlich  bekannt  Es  liegt  also  auf  der 
Hand,  dafs  die  alte  Rolle  die  mündliche  Ueberlieferung  schon  ver- 
zeichnet hat  und  somit  auch  die  Mitteilung  über  den  Thoni  ent- 
hielt, die  notwendig  zu  dieser  mündlichen  Ueberlieferung  ge- 
hörte. — 

3.  In  Verbindung  mit  diesem  allgemeinen  Charakter  der  Viia 
Leofstans  hat  nun  ein  spezieller  Zug  in  dem  uns  näher  angehenden 
Passus  besondere  Bedeutung:  die  in  der  Charakteristik  Rogers 
(1.  Radulfs)  von  Thoni  gegebene  Vorstellung  von  der  Herkunft  ist 
im  Widerspruch  mit  den  Anschauungen,  die  um  die  Mitte  des 
13.  Jhds.  in  der  litterarischen  Welt  und  bei  den  Tony  um  1300 
über  den  Schwanritter  herrschten  und  demnach  auch  im  Wider- 
spruch mit  dem,  was  wir  von  Matthaeus  Paris  voraussetzen  müssen. 
Sie  ist  —  und  darin  liegt  ihre  besondere  Bedeutung  —  überhaupt 


^  Zuchr.  21,  179  f. 


DBR  HISTORISCHE   SCHWANRITTER.  37 

im  Widerspruch   mit  einer  Auffassung,    die  von  dem  Schwanritter 
der  Sage  ausgeht 

*AÒ  Ulis  famosis   tnilitihus   trahens  propagìnem,    qui  a  Cygni 
nomine    iniitulantur^      Es    heifst    nicht,     dafs    der    erste    nor- 
mannische Besitzer  Flamsteads    von    einem    berühmten  Vorfahren 
stammte,    sondern   er   leitete   seine  Herkunft  ab  von  einer  Gruppe 
berühmter  Ritter.     Und   der  Wortlaut   des   'militibus,   qui  a  Cygni 
nomine  intiiulantur^  weist  an  sich  nicht  auf  Ritter,  die  einst  Schwäne 
waren,    wie    man    sich    die   Sache    zurechtlegen   möchte,    sondern 
auf  solche,   die   eben   aus  irgend  einem  Grunde  'mit  dem  Namen 
des  Schwanes   genannt,   bezeichnet,    betitelt,   angeredet   werden V 
analog   etwa   einem   ^^miliiibus,   qui  a  Pianiagenisiae   nomine  intitu- 
lantur^   für   die   englischen   Könige    aus   dem   Haus   Anjou.     Und 
doch  mufs  auch  in  England  zur  Zeit  des  Matthaeus  Paris  der  Stoff 
vom  Schwanritter   verbreitet   gewesen   sein,    und  mufs  es  auch  da 
fur   eine   besondere  Ehre  gegolten  haben,   sich  von  dem  wunder- 
baren Ursprung  nennen  zu  können,   wie  aus  unserer  ersten  Stelle 
und  aus   der  Aufnahme   der  Herkunft  im  Geschlecht   der  Bohuns 
um   oder   nach    1300   hervorgeht,    und    nicht    anders    möglich    ist 
durch  die  Berührungen   zwischen   anglonormannischer  und  franzö- 
sischer   litterarischer   Bildung.     Von    mehreren   Schwanrittern   im 
Sinne  der  Sage  war  damals  nichts  bekannt:    die  Entstehung  auto- 
chthoner   Sagen   in  Brabant   und  Cleve   gehört   späterer  Zeit   an.^ 
Also    der  Wortlaut   des   Passus    schon   macht   es  bedenklich,    den 
Zusatz    dem  Matthaeus  Paris   oder   einem   solchen  Vorgänger  des- 
selben zuzuschreiben,   der  zur  Blütezeit  der  Sage  lebte,  als  hätten 
sie  im  allgemeinen  Sinn   die  Herkunft   vom  Schwanritter  der  Sage 
bezeichnen   wollen   und   unter   den  berühmten  Rittern  Helyas  und 
seine  Brüder  verstanden.     Dazu  kpmmt,    dafs  Matthaeus  in  seinen 
anderen  Werken  kein  Wort  verliert  über  die  alsdann  gleiche  Her- 
kunft Gottfrieds  von  Bouillon  und  die  der  Königin  Mathilde,  wäh- 
rend er  bei  Roger  von  Thoni  den  Zusatz  hätte  für  nötig  erachten 
sollen.     Dafs  Matthaeus  Paris   gerne   alles   berichtete,    was    er  von 
den  Thoni    in   Erfahrung    bringen    konnte,    kann   man    gar   nicht 
sagen:  ein  bei  Wats  vorkommender  und  von  diesem  vermutlich  aus 
Ms.  Spelroan  genommener  Passus  über  einen  Robert  von  Thoteneio, 
der  die   Kirche   *Cellae    de    Bealvero*   gründete   und  1088  starb,^ 
findet  sich  ferner  bei  Matthaeus  Paris  nicht.     Erst  von  den  Thoni 
desi3.  Jhds.,    seinen  Zeitgenossen,    meldet    er    einiges    in   seinen 
beiden  gröfseren  Werken. 

*  Du  Gange  hat  fur  die  Bedeutung  von  *  intitulare^  nur  eine  auf  unsere 
Stelle  passende  Bedeutung:  *  intitular  i^  =  *  titulo  decorar  i\ 

'  Das  Aufkommen  des  clevischen  Schwanritters  a.  a.  O.  —  Auch  die 
Romane  von  Balduin  von  Sebourg  und  dem  Bastard  von  Bouillon  gehören 
^em  14.  Jhd.  an.  Allerdings  spricht  der  Schlufs  der  Elioxe- Version  der  Schwan- 
kinder  davon,  dafs  alle  Brüder  auf  Abenteuer  ausziehen  {La  naissance  du 
Chevalier  au  Cygne,  ed.  H.  A.  Todd,  Baltimore  1889,  8,92).  Die  Angabe 
clieint  mir  aber  eine  Phrase  des  Dichters  zu  sein. 

'  Rilcy,  a.  a.  O.  S.  66. 


38  J.  r.  D.  BLÖTB, 

Wie  man  sieht:  in  Verbindung  mit  der  vermutlichen  hand- 
schriftlichen Ueberlieferung,  mit  dem  altertûmh*chen  Charakter  des 
sonst  über  Leofstan  Mitgeteilten,  kann  Matthaeus  Paris  der  Urheber 
der  Charakteristik  Rogers  (d.  h.  Radulfs)  von  Thoni  nicht  sein.  Die 
Charakteristik  mit  ihren  Rittern  *qui  a  Cygni  nomine  iniitulaniur^ 
scheint  einer  Zeit  anzugehören,  da  eine  andere  Auffassung  als  die 
unserer  Sage  bestand. 

1138  war  Adam  der  Kellermeister,  der  Besitzer  und  wahr- 
scheinlich auch  Verfasser  der  alten  Rolle,  schon  Mönch  des  Klosters 
St  Alban.  Zum  letzten  Male  wird  er  11 66  handelnd  erwähnt  1 
und  unter  dem  20.  Abt  (i  183  — 11 95)  werden  Vorschriften  ge- 
geben zur  Feier  des  Erinnerungstages  seines  Todes.  Während 
seines  Lebens  —  obgleich  von  ihm  vielleicht  unbemerkt  —  geht 
die  litterarische  Entwicklung  der  Sage  vom  Schwanritter  vor  sich. 
In  dem  ersten  Decennium  seines  Klosterlebens  und  noch  manches 
Jahr  nachher  war  die  Welt  noch  nicht  voll  von  dem  Grofsvater 
der  drei  Brüder,  am  allerwenigsten  in  England,  obgleich  doch 
damals  das  einzige  Kind  eines  der  drei  boulognischen  Brüder, 
Mathilde,  die  Gattin  König  Stephans,  auf  dem  englischen  Thron 
safs.  Erst  um  die  Mitte  des  Jahrhunderts,  eher  später  als  früher, 
tritt  der  Stoff  von  den  Vorfahren  Gottfrieds  von  Bouillon  in  die 
französische  Litteratur  ein  und  mag  darauf  bald  nach  England 
gelangt  sein.  Da  also  die  Sage  von  dem  Grofsvater  Gottfrieds 
erst  nach  1 1 50  in  England  aufgetreten  sein  kann,  und  die  Familie 
Toêni  durch  die  Nähe  Flamsteads  und  das  Verhältnis,  das  zwischen 
Flamstead  und  St.  Alban  einst  bestanden  hatte,  im  Kloster  be- 
sonders bekannt  war,  so  hätte  Adam,  falls  die  Herkunft  der  Toeni 
im  Sinne  der  continentalen  Sage  erst  mit  dieser  aufgekommen 
wäre,  doch  eine  längere  Periode  erlebt,  in  welcher  die  Toeni 
keinen  Ahnherrn  dieses  Charakters  kannten.  Da  femer  die  Toeni 
in  der  zweiten  Hälfte  des  Jhds.  allem  Anschein  nach  der  Herkunft 
gar  keine  Bedeutung  beilegten  —  denn  beim  Aufkommen  der 
erblichen  Wappen  nahmen  sie  nicht  einen  Schwan,  sondern  einen 
Aermel  als  unterscheidendes  Zeichen  an  — ,  so  kann  der  Verfasser 
der  Rolle  nicht  durch  die  festländische  Sage  oder  durch  die  zeitge- 
nössischen Toeni  beeinflufst  worden  sein.^  Und  schliefslich  :  da  wir 
in  der  Vita  Leofstans  nur  mündliche  Klostertradition  constatierten, 
so  beruhen  demnach  auch  die  Worte  ^qui  a  Cygni  nomine  iniiiu" 
lantur*  auf  mündlicher  Ueberlieferung.    Und  so  können  diese  Worte 


1  ebd.  S.  182. 

'  Aufserdem  scheint  die  alte  Rolle  anfangs  nur  bis  zu  dem  Tode  des 
15.  Abtes  (Richard  1097 — m 9)  gereicht  zu  haben,  weil  das  Ms.  Spelman 
—  zu  urteilen  nach  Wats*  Bezeichnungen  —  nur  bis  zur  Regierung  dieses  Abtes 
Auslassungen  hat.  Die  Abfassung  der  ersten  Viteu  düríie  also  in  die  erste 
Klosterzeit  Adams  fallen,  vermutlich  unter  den  16.  Abt  Gaufndus  (1119 — 1146). 
Nachher  wird  Adam  Fortsetzungen  gemacht  haben,  die  seinem  Ms.  hohen  Wert 
verliehen.  Auf  ihn  als  Autor  weist  vielleicht  auch  der  ausführliche  Bericht 
über  die  Küche  imter  dem  soeben  genannten  Abt  Gaufridus  (Riley,  a.  a.  O. 
S.  73  ff.). 


I>BR  mSTORISCHB  SCHWANRITTBR.  39 

leloe  andere  Bedeutung  haben,  als  dafs  nach  eben  dieser  Ueber- 
lieferung  der   erste  normannische  Besitzer  Flamsteads  sich  verwandt- 
schaftlich   za    den  Rittern  rechnete,   die  aus  irgend  einem  Grunde 
'Schwan'    hiefsen    und    durch    ihre   Tapferkeit   unter   dem   anglo- 
normannischen    Adel   einen  besonderen  Ruf  hatten.     Nun   liebten 
die  Norman  neu  Zunamen.    Häufig  spottend.    Hugo  von  Âvranches 
nannte  man   «Wolf»,    Radulf  von  Gacé  'Eselskopf' 2,    Wilhehn  von 
Poitiers    sogar     *  Wergkopf*  3,    Herbert  I.   Graf  von   Maine    f   1036 
•Hundewecker '4   u.s.w.   Vergleichen  wir  aber  die  Plantagenets,  so 
kann  das    *a    Cygni  nomine^  nichts   anderes    besagen    wollen,    als 
dais  der    erste    englische  Toêni   von   Rittern   abstamme,    die   sich 
dardi  ein  Schwanzeichen  von  anderen  unterschieden  und  dadurch 
•Schwan*    hiefsen.     Vermutlich    führte    er   mit    seinen  Leuten    auf 
seinen  vielfachen  Kriegszügen  dieses  Zeichen  auch  selbst,^  und  war 
dies  die    Ursache,    dafs    die   Ueberlieferung    in  St.  Alban    gerade 
diese  Eigentümlichkeit  bewahrte   und  hervorhob.     £s  war  also  ein 
Fall,  wie  bei  Thomas  von  Woodstock  t  I397  und  Humphrey  Plan- 
tagenet t  1446»  die  nach  ihrem  Abzeichen  (badge)  Schwan  genannt 
wurden,^  und  andere  anders.*^  —  So  aufgefafst,  bewahrte  die  noch 
zur  Zeit    König   Stephans   (11 35 — 1154)    oder  vielleicht  zur   Zeit 
Heinrichs  II.  (1154 — 11^9)   entstandene  Rolle   eine   ursprüngliche 
Bezeichnung  für  die  Toêni,  die  allmählich  verloren  gegangen  war.^ 
Sollte    ich   etwa  zuviel   aus  den  Stellen   von  1300  und  1250 
geschlossen  haben? 

Da  greift  nun  zu  endgültiger  Entscheidung  nicht  nur  dasjenige 
ein,  was  wir  von  Roger  dem  Spanier  wissen,  sondern  in  erster 
Linie  das  Hauptresultat  unserer  Untersuchung  in  den  vorangehenden 
Abschnitten.  Dieses  liefs  uns  —  wir  dürfen  von  Balduins  zweiter 
Gemahlin,  der  armenischen  Prinzessin,  absehen  —  keinen  anderen 
Weg   offen,    als   dafs   von  Roger  dem  Spanier  die  Sage  von  dem 


^  Pluquet,  Roman  de  Ron,  t.  II  S.  242  Anm.  2.       *  ebd.  S.  252  Anm.  2. 
»  ebd.  1. 1  S.  115.         *  Ord.  Vital,  1. 11  S.  102.  252. 

*  Eine  ähnliche  Auffassung  hatte  vor  75  Jahren  Aug.  Thierry,  als  er 
den  neuen  Besitzer  Flamsteads  mit  einem  Schwan  auf  dem  Schild  sein  Gut  in 
Bcsitr  nehmen  läfst    Hist,  d.  l.  Conquête  de  l* Angleterre  t.  II  S.  23  (ed.  1839). 

•  Für  Thomas  von  Woodstock:  *Thorw  the  bush  a  swan  was  sclayn* 
[Political  Poems  and  Songs,  ed.  by  Th.  Wright,  Vol.  I,  London  1859,  p.  363); 
'The  Swan  ff'ailed*  (Richard  the  Redeless,  ed.  by  W.  Skeat,  Oxford  1886, 
Vol.1  p.  617)  a.  s.  w.  —  Für  Humphrey  Plantagenet:  'The  Swanne  is 
goone*  {Political  Poems  o.  c.  Vol.  II,  1 861,  p.  221). 

^  ebd.  an  anderen  Stellen. 

"  Ich  habe  bei  dieser  Untersuchung  eine  Stütze  nicht  berücksichtigt,  da 
sie  sich  in  zweierlei  Weise  deuten  läfst  und  ihre  Documentierung  erst  spät 
auftritt.  Roger  der  Spanier  hatte  noch  einen  zweiten  Sohn,  Robert,  welcher 
als  Robert  von  Stafford  der  Begründer  des  Geschlechtes  der  Stafford  wurde. 
Edward  von  Buckingham  nun,  Herr  von  Stafford,  nannte  sich  ca.  1500 
'lineally  descended*  von  Helyas  dem  Schwanritler.  Als  die  Staffords  von 
Stafford  einen  Helmschmnck  annahmen  (das  älteste  uns  erhaltene  Siegel  ist 
allerdings  erst  v.J.  1403,  wie  Hr.  E.  Maunde  Thompson  vom  Brit.  Mus.  mir 
gütigst  berichtete),  war  derselbe  ein  Schwan.  —  Eine  Studie  über  den  Schwan- 
ntter  in  englischen  Häusern  hoffe  ich  nächstens  vorlegen  zu  können. 


40  J.  F.  D.  BIATBv 

Grolsvater  der  drei  boalogniscfaen  Brader  ihren  Ausgang  nahm.  In 
den  Beriditen,  die  von  diesem  Roger  handehi,  &nden  wir  freilich 
keinen  Sdiwan  erwähnt  Aber:  wenn  die  energische  That  des  ver- 
wegenen Mannes,  die  ihm  die  Gattin  und  bei  den  Zeitgenossen 
and  Chronisten  den  Namen  des  Spaniers  einbrachte,  ihre  Ent- 
sprechung findet  in  charakteristischen  Zögen  des  Schwanritters 
der  Sage;  wenn  dieser  Roger  der  Grofsvater  ist  der  God^ilde  von 
Toêniy  wie  der  Sdiwanritter  der  Grodsvater  Baldoins  von  Boulogne; 
wenn  die  Sage  keine  Erinnenmg  oder  Modifizierong  einer  vor- 
gottfriedischen  lothringischen  Landes-,  Familien-  oder  Volkssage 
sein  kann;  wenn  der  erste  Kreozzog  eine  Zeit  der  Err^^ng  heraof- 
brachte,  in  welcher  aas  anklar  aufgenommenen  Vorstellungen  ein 
sagenhaftes  Gebilde  ein  üppiges  Wachstum  finden  konnte:  so  folgt 
schon  daraus,  dais  Roger  der  Spanier  das  Urbild  des  Sdiwanntters 
war,  und  legt  es  den  Schlufs  nahe,  dafs  Roger  etwas  mit  einem 
Schwan  zu  schaffen  hatte.  Wenn  Dun  gar  in  einem  von  Matthaeus 
Paris  fortgesetzten  Werk  berichtet  wird,  dafs  der  erste  Besitzer 
Flamsteads,  der  wie  wir  wissen  der  Sohn  des  Spaniers  war,  seinen 
Ursprung  von  Rittern  ableitete,  'cut  a  Cygm  nomine  vUihiiantur\  und 
dafs  mehrere  Anzeichen  darauf  schliefsen  lassen,  dafs  diese  Aussage 
sich  auf  einer  alten  Rolle  vorfand,  die  zur  Zeit  König  Stephans 
oder  König  Heinrichs  geschrieben  ward;  wenn  femer  ein  Tony  von 
1300  sich  des  Ursprungs  vom  Schwanritter  rühmte  und  kein  Zu- 
sammenhang mit  einem  sonstigen  Geschlecht  vom  Schwamitter  der 
Sage  besteht,  wie  sich  für  Brabant,  Cleve  und  Arkel  nachweisen 
läfst:  so  sehen  wir  unsere  Schlufsfolgerung  bestätigt,  dafs  Roger  der 
Spanier  in  irgend  welcher  Weise  mit  dem  Sdiwan  verbunden  war, 
und  dafs  die  Berufung  der  englischen  Tony  ursprünglich  unabhängig 
von  der  Herkunft  der  drei  boulognischen  Brüder  war  und  bis  in 
die  Zeit  vor  der  Eroberung  hinaufireichte,  wie  auch  der  Passus  des 
Matthaeus  Paris  zum  Ausdruck  brachte. 

So  erhellen  die  Stellen  des  Matthaeus  Paris  und  des  Wappen- 
dichters, die  Berichte  über  Roger  von  Toeni  und  die  Sage  vom 
Schwanritter  sich  gegenseitig  und  greifen  fur  unsere  Erkenntnis 
ergänzend  in  einander  ein.  Die  Erinnerung  an  Godehildens  von 
Toeni  Grofsvater  ist  also  in  der  That  der  Same,  aus  welchem  zur 
Zeit  des  ersten  Kreuzzugs  auf  dem  Kontinent  die  Sage  vom  Schwan- 
ritter hervorsprofs.  — 

Ich  sprach  oben  im  Anschlufs  an  die  Plantagenets  die  Ver- 
mutung aus,  dafs  Roger  und  wohl  auch  sein  Sohn  Radulf  auf 
ihren  Kriegszûgen  sich  und  die  Ihrigen  durch  ein  Schwanzeichen 
unterschieden  oder  ein  Schwanzeichen  führten.  —  Roger  von  Toeni 
war  wie  sein  Sohn  Radulf  ^stgnifer  totius  Normanmae\^  Wir  be- 
gehen also  keinen  Anachronismus,  wenn  wir  annehmen,  dafs  ent- 
weder Roger  in  seinen  Privatunternehmungen  auch  seinen  signifer 

»  Ord,  Vital,  t.  II  S.  401.  n,  121;  WilL  Gemmet  VII,  3;  Roman  de  Rou, 
ed.  Pluqaet,  t.  II  S.  195. 


DER  HISTORISCHE   SCHWANRITTER.  4I 

hatte  oder  dafs  er  und  seine  Leute  an  einem  besondem  Zeichen 
erkennbar  waren.*  Wir  haben  uns  den  Schwan  bei  Roger  von 
Toëni  also  als  ein  Kriegszeichen  vorzustellen. 

Und   auf  einen  Schwan   als  Kriegszeichen   weist   noch    etwas 
Anderes.     Ich   wiederhole    hier   die  Vermutung,    die   ich  schon  in 
dem    ersten   Artikel  S.  158  ff.   als   eine   sehr    berechtigte   angeführt 
habe.     Balduin    von   Boulogne    wurde    vor    seinem    Königtum    an 
einem   besondem  Zeichen,   das  leider   nicht  beschrieben  wird,   er- 
kannt^     Nun   hatte  er  bei   seiner  Fahrt   nach    dem  Orient  einen 
ähnlichen   Zug    angetreten    wie    der    Grofsvater    seiner    Frau;    bei 
beiden   war   der  Zweck  und   das  Ziel   Kampf  gegen   die  Heiden. 
Balduin  war  der  jüngste  Sohn  des  Hauses  Boulogne,  er  hatte  sich 
soeben  erst  mit  der  einzigen  Tochter  der  Toëni  vermählt,  die  ihn 
auf  der  Reise  begleitete,  und  kein  Toëni  nahm  an  dem  Kreuzzug 
teil:    alles  Grund  genug,    das  Zeichen   des   gefeierten  Spaniers  als 
einen  glückanbringenden  Talisman   gleichfalls  als  unterscheidendes 
Zeichen   anzunehmen.     Und   femer:    die  einfache  Erzählung,    dafs 
der  Grofsvater  ein  Schwanzeichen  geführt  hatte,  wäre  wohl  in  den 
bewegten  Zeiten  des  Kreuzzugs  verschollen,  wenn  nicht  etwas  An- 
lafs   gegeben   hätte,   den  Gedanken  daran   in  der  Umgebung   und 
in  weiteren  Kreisen  festzuhalten.    Und  dazu  eignete  sich  vor  allen 
Dingen   ein   sichtbares   Schwanzeichen.     Der  Grund,   weshalb  Bal- 
duin   gerade    dieses  Zeichen   gewählt   hatte,   wurde   gleich  anfangs 
bei   seiner   Umgebung   bekannt.     Und    als   Godehilde    nun    durch 
Siechtum    zurücktrat   und  binnen  einem  Jahre  starb,   war  die  Ver- 
wechslung   zwischen    Balduins    und    Godehildens    Grofsvater    ein 
Leichtes,    wenn   dieselbe   nicht    schon    eingetreten   war.     Dadurch 
erklärt  sich  auch,  dafs  gerade  nur  das  Allgemeine  aus  der  Familien- 
tradition   der   Toëni   festgehalten   wurde:    wie    der   Grofsvater   mit 
seinem    Schwan    rettend   in    dem   Lande   erschien,    der  Witwe   zu 
ihrem  Rechte  verhalf,  die  Tochter  zur  Frau  nahm.     Das  genauere 
Locale    drang    nicht   in  die  Menge,   oder  wurde  bald  spurlos  ver- 
wischt.    Und   so   nahm    der  Stoflf,    als  der  Schwanritter  als  Grofs- 
vater   Balduins   und   nicht    seiner   Gattin    aufgefafst    wurde,    leicht 
lothringische  Färbung  an. 

Dafs  die  normannischen  Chronisten  von  Rogers  Zeichen 
schweigen,  ist  nicht  auffallend.  Wilhelm  von  Poitiers,  der  aller- 
dings der  Einzelnheiten  wenige  bietet,  Wilhelm  von  Jumicges, 
Orderic  Vital ,  Robert  von  Monte  schweigen  sogar  von  den  Zeichen 
und  Farben  der  normannischen  Reichsfahne.  Aus  ihnen  und  den 
sämtlichen  Chronisten  des  12.  und  13.  Jhds.,  Wilhelm  von  Tyrus 
ausgenommen,  erfährt  man  gleichfalls  nichts  von  der  wunderbaren 
Herkunft  Gottfrieds  von  Bouillon  und  seiner  Brüder.  Noch  mehr: 
aus   den   normannischen    Chronisten    vernehmen    wir   über   Rogers 


^  Dais  es  zur  Zeit  der  Eroberung  und  vorher   unterscheidende  Kriegs- 
zâcben  gab,  davon  haben  sich  Berichte  erhalten.    Vgl.  Ztschr.  a.  a.  O.  S.  181, 
*  Albert  von  Aachen  DC,  9.    Wilhelm  von  Tyrus  III,  20, 


42  J.  F.  D.  BLÖTB, 

Fahrt  nach  Spanien  nur,  dais  er  in  Spanien  gewesen  ist  und  dafs 
er  seitdem  den  Namen  des  Spaniers  hatte.  Hätten  wir  den  mit 
Roger  gleichzeitigen  Bericht  Âdemars  nicht,  wir  würden  auch  für 
die  Erlebnisse  Rogers  in  Spanien  vollständig  im  Dunkeln  tappen. 

Und  so  wissen  wir  von  Roger  dem  Spanier  auch  zu  wenig, 
um  feststellen  zu  können,  ob  die  beiden  merkwürdigen  Zuge  der 
späteren  Sage  —  der  Zweikampf  und  das  Verbot  der  Frage  — 
nicht  schon  in  der  Tradition,  die  sich  um  seine  Person  in  der 
Familie  Toeni  entwickelt  hatte,  vorkamen.  Dafs  diese  Zuge  aus 
altertümlichen  Anschauungen  hervorgegangen  sein  müssen  oder  be- 
liebige dichterische  Zusätze  sein  sollten,  ist  ebenso  wenig  notwendig» 
als  dafs  die  Sage  vom  Schwanritter  aus  alten  heidnisch-mythischen 
oder  gar  ursprünglich  totemischen  Anschauungen  hervorgegangen 
wäre.  Nur  in  der  Gestalt,  wie  wir  sie  in  den  Aufzeichnungen  seit 
den  Chansons  kennen  lernen,  sind  sie  uns  auffallend.  Roger  kann 
einen  Zweikampf  in  Spanien  bestanden  haben  und  so  besonders  für 
das  gute  Recht  der  Witwe  ^  eingetreten  sein.  Roger  kann  aus  irgend 
einem  Grunde  auf  diesem  Zuge  oder  sonst  verboten  haben,  nach 
seinem  Namen  zu  fragen,  er  war  ja  zu  Sonderbarkeiten  geneigt. 
Auch  Erlebnisse  verschiedener  Zeiten  können  sich  zu  dem  Gesamt- 
bild vereinigt  haben.  Die  Familientradition  kann  unserer  Sage  in 
diesen  Zügen  schon  ähnlich  gewesen  sein.  Aber  Material  zu  sichern 
Schlüssen  ist  nicht  auf  uns  gekommen.^  — 

Die  Erinnerung  an  den  Spanier  und  sein  Zeichen  machte  in 
der  Familie  Toêni  im  Laufe  der  Zeit  verschiedene  Phasen  durdi, 
die  sich  aus  gewissen  Kennzeichen  bestimmen  lassen.  Unter  seinem 
Sohn  Radulf  IL,  f  1102,  lebte  die  Familientradition  in  ihrer  ganzen 
Kraft,  wie  Roger  den  Namen  des  Spaniers  erwarb,  wie  er  zu  seiner 
Gattin  kam,  mit  welchem  Zeichen  er  damals  und  sonst  auszog. 
Die  Ueber tragung  der  Familientradition  der  Toeni  auf  Balduin 
weist  darauf,  dafs  Balduin  vermutlich  dieses  Schwanzeichen  annahm. 


*  Sie  war  die  Erbin ,   s.  Ztsclir.  a.  a.  O. 

*  Was  ich  in  Ztschr.  a.  a.  O.  S.  183  f.  aufstellte,  waren  Vermutungen. — 
Ob  wir,  um  das  Verbot  der  Frage  und  das  Wegziehen  des  Ritters  zu  ver- 
stehen, an  einen  (oder  zwei)  der  keltischen  Heldensage  entnommenen  ¿^ess  zu 
denken  haben  (Ed.  Wechssler,  Die  Sage  vom  heiligen  Gral,  Halle  1898,  S.  131), 
kommt  mir  angesichts  der  Entstehung  der  Sage  vom  Schwanritter  sehr  un- 
wahrscheinlich vor.  Nachdem  das  Rohmaterial  unserer  Sage  in  die  dichte- 
rische Sphäre  gerückt  war,  konnte  sich  freilich  bei  der  Weiterbildung  manches 
anschliefsen,  und  das  Märchen  von  den  Schwankindern  ist  dafür  ein  charakte- 
ristisches Beispiel,  obgleich  bei  diesem  Märchen  zu  betonen  ist,  dafs  es  durch 
die  Schwäne  etwas  Verwandtes  hatte.  —  Das  Verbot  der  Frage  und  das 
Wegziehen  des  Ritters  lassen  sich  übrigens  verstehen  als  eine  Weiterentwick- 
lung der  lothringischen  Auffassung  von  einer  geheimnisvollen  Ankunft  des 
Ritters:  eine  geheimnisvolle  Ankunft  bedingte  bei  weiterer  Abrundnng  der 
Sage  ein  geheimnisvolles  Wegziehen;  das  geheimnisvolle  Wegziehen  verlangte 
sodann  eine  Motivierung,  und  dafür  lag  die  Verwendung  des  alten  Motivs  auf 
der  Hand,  dafs  ein  wunderbares  Wesen  eine  Frage  nach  seinem  Ursprung 
nicht  gestattet.  Ebenso  entwickelte  sich  nachher,  jetzt  aber  wahrnehmbar, 
der  willkürliche  Zusatz  von  einem  Wiederfinden  des  Ritters.  — 


jmR  HI3TORISCHB  SCHWANRITTER,  43 

Nadb  Radulfs  II.  Sohn,  Radali  III.  f  1126,  muís  eine  allmähliche 
Verdanlclüng  in  der  Erinnerang  eingetreten  sein,  die  bis  nach  der 
Entstehung  der  englischen  Familienwappen  gedauert  hat,  denn 
wäre  in  der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jhds.  in  der  Familie  die  Er- 
innerung an  die  Thaten  Rogers  in  voller  Lebendigkeit  gewesen 
wie  im  II.  Jhd.,  oder  hätten  die  Tony  aus  dieser  Zeit  auf  die 
Tradition  mit  dem  Schwanzeichen  besondern  Wert  gelegt,  so  hätte 
das  Geschlecht  wohl  einen  Schwan  in  sein  Wappen  aufgenommen, 
nicht  einen  Aermel.  Die  in  dem  Kloster  St.  Alban  entstandene 
Rolle  verzeichnete  um  11 50  die  Erinnerung  an  das  einst  gefeierte 
Zeichen.  —  Als  nun  die  französische  Dichtung  sich  des  Stoffes 
bemächtigt  hatte,  und  der  Stoff  dann  nach  England  drang,  mag 
auch  zuletzt  bei  den  Tony  wieder  lebendig  geworden  sein,  was 
nur  noch  als  dunkle  Tradition  in  ihrer  Familie  lebte,  d.  h.  dafs 
einst  einer  ihrer  Vorfahren  und  die  Seinen  einen  Schwan  als 
Kriegszeichen  fahrten.  Und  was  Wunder,  dafs  unter  dem  Einflufs 
der  bedeutenderen  Tradition  von  dem  Schwanritter  der  Sage  die 
Erinnerung  der  Tony  sich  der  glänzenderen  Vorstellung  der  Her- 
kunft assimilierte,  als  eine  Folge  der  nur  unklar  fortlebenden  Er- 
innerung an  ihren  einstigen  Vorfahren.  — 

Fur  den  Anfang  der  litterarischen  Entwicklung  der  Herkunfts- 
sage der  drei  Brüder  scheinen  mir  die  Daten  nicht  unwichtig,  die 
wir  durch  Radulf  von  Caen,  Albert  von  Aachen  und  den  Verfasser 
des  Lebens  der  B.  Ida  erhalten.     Der  Keim   der  Herkunft   wurde 
zur  Zeit  des  ersten  Kreuzzugs  gelegt;  nur  für  die  Lothringer  hatte 
es  Bedeutung  sich  gerade  mit  der  Herkunft  Gottfrieds  und  Balduins 
zu  beschäftigen,    und    die   nachherigen  Gedichte   vom  Schwanritter 
verraten    niedcrlothringische    Quelle.     Wenn    nun   um   11 25   Albert 
von  Aachen    die    Herkunft   nicht   erwähnt,    wiewohl    er   nach   pro- 
phetischen Zeichen  für  seinen  Gottfried  spähte,  so  sind  wir  sicher, 
dafs  es  um  diese  Zeit  noch  keine  ausführliche  littcrarische  Behand- 
lung  der  Herkunftssage   gab,   welche   etwaige  Angaben  Alberts   in 
dieser  Materie   hätte   documentieren  können.     Auch   nicht  im  hlg. 
Lande,    wie  Radulf  von  Caen   m  8  zeigt.     Vermutlich  noch  nicht 
um   II 36  in  Lothringen ,  da  ein  Verherrlicher  der  Ida  nach  geeig- 
lictem  Material    ausgeschaut    haben   mufs.     Nach   den  angeführten 
Daten   kann  die  litterarische  Entwicklung  der  Sage  also  frühestens 
in   dem    zweiten  Viertel    des    12.  Jhds.    ihren    Anfang    genommen 
haben.     Es  gab  demnach    in  Lothringen    eine  Periode  mündlicher 
Tradition,   die  mindestens   ein  Vierteljahrhundert,   vermutlich  aber 
länger  dauerte. 

Dies  sind  die  Gedanken,  die  ich  über  den  Gegenstand  vor- 
lege. Ich  glaube  die  Resultate  in  folgenden  vier  Sätzen  zusammen- 
fassen zu  dürfen: 

I.  Die  Sage  vom  Schwanritter  ist  keine  alte  vorgottfricdische 
lothringische  Tradition  oder  ein  Ausflufs  einer  solchen. 


44  J.  y.  I>.  BLÖTB,  DER   HISTORISCHE  SCHWANRITTBR. 

2.  Sie  ist  die  Umbildung  und  Ausschmückung  der  Erlebnisse 
Rogers  von  Toëni,  des  Grofsvaters  der  Godehilde,  welche  die  Ge- 
mahlin Balduins  von  Boulogne  wurde. 

3.  Diese  Umbildung  ist  von  Lothringern  während  und  kurz 
nach  dem  ersten  Kreuzzug  vollzogen  worden. 

4.  Die  französischen  Chansons  bewahren  im  gewissen  Sinn  das 
richtige  verwandtschaftliche  Verhältnis,  nach  welchem  der  Schwan- 
ritter Grofsvater  der  drei  Brüder  war. 


J.  F.  D.  Blöte. 


Berichtigung. 
Auf  S.  1 1  Anm.  2  ist  zu  lesen  Bd.  44. 


lieber  die  Sprache  des  Skizzenbuclies  von 
Yilard  de  Honnecoart. 

In  der  Galerie  Mazarine  der  Nationalbibliothek  zu  Paris  wird 
das    den  Archäologen   und  Architekten   wohlbekannte  Skizzenbuch 
eines   Baumeisters    des    13.  Jahrhs.,   Villard  de  Honnecourt,*    auf- 
bewahrt.   Mit  sicherer  Hand  hat  der  alte  Meister  auf  seinen  Kunst- 
reisen einzelne  Bauteile  berühmter  Kirchen,  Kirchen  gerate,  Statuen, 
Freskenbilder  kopiert,    Zeichnungen  nach  lebenden  Tieren,    einem 
Löwen,  Bären,  Schwan,  einer  Heuschrecke,  gemacht,  Gewandstudien 
von   auffallender   Schönheit   gezeichnet     Diese   zum    eigenen   Ge- 
brauch ausgeführten  Skizzen  wird  er  nachträglich  zusammengestellt 
baben    mit   der   Absicht   eine    Art  Lehrbuch    etwa   für   seine  Mit- 
arbeiter und  Schüler  daraus   zu   bilden;    die  Zeichnungen  wurden 
mit  einem  erläuternden  Text  versehen.     Aus  der  einleitenden  Be- 
merkung   geht    hervor,    dafs    das    Skizzenbuch    ein    Traktat    über 
„maconerie",    „carpenterie"   und  „portraiture"  (Zeichenkunst),    „ensi 
come  li  ars  de  iometrie   le  commande    et  ensaigne"  werden  sollte. 
In  der  That  finden  wir  nach  einer  Reihe  von  Zeichnungen,  welche 
dieser  Definition  nicht  entsprechen,  einige  Blätter  mit  Skizzen  von 
Maschinen  (engiens),  verschiedenen  Gebälksystemen  und  eigentüm- 
lichen  Versuchen    Menschen-    und    Tiergestalten    in    geometrische 
Figuren  einzuzeichnen  und  zu  schematisieren.    Ein  späterer  Schreiber 
(s.  unten)    hat   diese  Zeichnungen  z.  T.  mit  Erklärungen   versehen, 
vielleicht  sind  einige  Maschinenzeichnungen  sogar  diesem  jüngeren 
Bearbeiter   zuzuschreiben.     Den  Schlufs   des  Buches  bilden  wieder 
Zeichnungen,    die   rein    künstlerischen    Absichten   ihre   Entstehung 
verdanken.      Schon    diese    eigentümliche    Anlage    zeigt,    dafs    die 
Handschrift  nicht  in  der  ursprünglichen  Gestalt  erhalten  ist.    Wenn 
wir  ferner   bedenken,    dafs   die    einzelnen    Hefte,    aus    denen    das 
Buch  zusammengesetzt  ist,  von  sehr  ungleichem  Umfange  sind  und 
z.T.  aus  losen  einzelnen  zusammengenähten  Pergamentblättern  be- 
stehen,  so  werden  wir  annehmen,   dafs  Villard  ein  Handbuch  aus 
seinen  Studienblättern  zusammengestellt  hatte,  dafs  dann  etwa  nach 

^  Album  de  Villard  de  Honnecourt,  architecte  du  XIII.  siede,  manuscrit 

publié  en  fac-similé  annoté,   précédé    de    considérations  sur  la  renaissance  de 

^'art  français    au   XIX.  siècle    et    suivi    d'un    glossaire    par   J.  B.  A.  Lassus, 

ouvrage  mis  au  jour,  après  la  mort  de  M.  Lassus  et  conformément  à  ses  manus- 

cnts  par  Alfred  Darcel.     Paris,  Imprimerie  impériale.    1858.   XVIII,  232  p. 


46  r.  ED.  5CHNEEGAKS, 

seinem  Tode  die  Blätter  getieniit,  z.T.  zerschnitten  worden  sind, 
um  als  Zeichenvorlagen  zu  dienen  and  dann  aus  den  Trûmmem 
die  uns  erhaltene  Handschrift  wiederhergestellt  wurde;  viele  Blätter 
waren  aber  verloren  gegangen.  Die  Reste  des  Traktats  über  „cor-  , 
penterie",  „maconeiie"  und  „portraiture"  wurden  mitten  unter  andern 
Zeichnungen  untergebracht.  Noch  im  13.  Jahrh.,  wie  der  Heraus- 
geber Lassus  nditig  bemerkt  hat,  wurden  die  ersten  Blätter  durch 
Buchstaben  auf  r"  imd  v»  bezeichnet,  nach  fol.  Sr"  hört  diese  Pagi- 
nation auf;  fol.  g,  h  ist  nach  dieser  Seilenbezeichnung  spurlos  ver- 
sdiwunden,  vor  einer  spätem  Seiten bezeichnung  aus  dem  15.  Jahrh., 
die  nur  r*  der  einzelnen  Seiten  mit  Buchstaben  bezeichnet  und 
die  Lücke  fol.  g,  h  nicht  berücksichtigt.  Diese  zweite  Zählung  geht 
ohne  Störung  bis  T  (entsprechend  unserm  fo!.  iqt"},  ist  dann  unter- 
brochen und  fol.  20r''  mit  römischen  ZifFem  VI  bis  XVIUI  fortge- 
setzt; zwischen  foL^ir"  (bezeichnet  XVllU)  und  fol. 33ro  (=  XXVH) 
fehlen  wenigstens  7  Seiten,  üeber  die  Lücke  zwischen  fol.  iQi' 
und  fot.  20r'  (T  und  VI)  läTst  sich  nichts  Bestimmtes  sagen.  Ein 
späterer  Besitzer  ].  Mancel  '  bemerkt  auf  der  leliten  Seite  der  H«. 
„En  ce  livre  a  quarante  et  i  feuillet";  da  der  jetïige  Text  nur 
33  Seiten  zählt,  sind  seit  dem  15.  Jahrh.  8  Seiten,  nämlich  die  jetzt 
fehlenden  S.  XX— XXVI  und  eine  Seite  wohl  nach  fol.  33  V''  ver- 
schwunden. Aufserdem  sind  vor  der  zweiten  Zählung  mehrere 
Seiten  ausgeschnitten  worden,  deren  Reste  noch  vorhanden  sind, 
im  ersten  Heft  i  Blatt  (zwischen  òv*  und  yr''),  im  zweiten  Heft 
5  Blätter  (zwischen  8  und  9,  10  und  tt,  12  und  13),  im  dritten 
Heft  2  Biälter  (zwischen  14  und  15  und  17  und  18;  Lassus  nimmt 
ein  drittes  fehlendes  Blatt  an,  von  dem  ich  keine  Spuren  gefunden 
habe),  im  vierten  Heft  2  Blätter  (vor  fol.  18),  im  fünflcn  Heft  1  Blatt 
(zwischen  30  und  31,  lassus  nimmt  eine  Lücke  am  Anfang  dieses 
Heftes  an,  die  ich  nicht  bemerken  konnte);  mit  der  oben  nach- 
gewiesenen Lücke  von  8  Seiten  würden  vor  der  letzten  Seiten- 
bezeichnung  im  15.  jahrh.  ig  Seiten  (nach  Lassus  21)  verschwanden 
sein.  Dazu  kommt  ein  Blatt,  das  bereits  im  13.  Jahrb.  fehlte,  und 
die  Lücke  von  etwa  10  Seiten,  die  wir  zwischen  der  Seitenbezeich- 
nung nach  Buchstaben  und  der  nach  römischen  Ziffern  annehmen 
müssen.  Es  würden  somit  etwa  30  Seiten  fehlen.  Die  Verluste 
waren  aber  offenbar  viel  gröfser,  denn  1 1  einzelne  lose  Blätter  nnd 
1  Fragmente  lassen  das  Fehlen  von  weiteren  13  Seiten  annehmen, 
also  zusammen  etwa  40  Seiten. 

lassus  hat  die  Handschrift  eingehend  und  sorgfältig  be- 
schrieben, nur  in  der  Verteilung  der  Blätter  auf  die  einzelnen 
Hefte  stimme  ich  nicht  mit  ihm  überein.  Ich  entnehme  seiner  Be- 
schreibung folgende  Angaben;  „L'album  de  Villard  de  Honnecour^ 

'  J.  Mancel  kann  niclil  die  Zäiiluitg  dtt  Seiten  zugeschrícbíD  werden, 
wie  Laïsas  anDÌmml,  wigen  der  Untfibrecbung  ¿et  Zahlung  nach  T;  die 
fehlenden  Seilen  mÜsKD  vetichwunden  lein,  bevor  er  die  SeileDuhl  aaf  41 
berccluiete. 


t 


SKIZZEHBCCB   VON   VHJUtD   DE   HONNECODRT.  47 

conservé  à  la  Bibliotbèqne  impénale  avec  les  manuscrits  qui  pro* 
viennent  de  l'abbaye  de  Saint-Germain  des  Prés  et  coté  S.  G,  latin 
1104,  est  composé  de  33  feuillets  de  parchemin  de  qualité  infé- 
rieure, noirda  par  l'usage  et  irrégulièrement  coupés.  Ces  Teuillets, 
qui  mesurent  o",232  á  o  "',240  de  hauteur  sur  o^jsj  de  lar- 
geur CD  moyenne,  formés  d'une  feuille  de  parchemin  pliée  en 
deux,  sont  protégés  par  une  peau  de  truie  dont  l'un  des  côtés  se 
rabat  sur  l'autre,  et  reliés  en  six  cahiers  solidement  cousus  aux 
nervures  qui  garnissent  le  dos  du  volume.  Cette  reliure,  sous  la 
garde  de  laquelle  on  a  inscrit  la  date  de  15Ò0,  doit  être  du 
XUl.  siècle,  mais  postérieure  aux  dessins  qu'elle  conserve,  car,  bien 
que  chaque  feuillet  ser\'e  de  champ  à  un  ou  plusieurs  dessins 
Complets,  il  en  est  un  qui  gagne  d'une  page  sur  l'autre.  Ainsi 
l'on  peut  voit  près  de  la  tête  de  l'un  des  deux  personuages  assis, 
planche  XXVI  (der  Ausgabe  ^  fol.  ut"),  les  fers  des  lances  que 
portent  les  cavaliers  de  la  planche  XV  (fol.  Sr")  qui,  dans  l'Album, 
fait  partie  de  la  même  feuille  de  parchemin"  (Eiol.  S.  55). 

Die  wertvolle  Handschrift  ¡st  bis  jetzt  nur  von  Künstlern  und 
Archäologen  untersucht  worden ,  die  für  die  Erklärung  des  oft 
schwierigea  Textes  und  die  Deutung  der  Zeichnungen  wertvolles 
Material  geliefert  haben.  Der  Text  hat  aber  für  die  Erforschung 
der  Sprache  des  Mittelalters  den  seltenen  Vorzug  ein  Originalwerk 
SU  sein,  entschieden  dialektisch  gelatbt,  genau  lokalisiert  und  datier- 
bar  und  ausführlich  genug  lu  sein,  um  Stoff  zu  einer  sprachlichen 
Untersuchung  zu  bieten.  Er  verdient  also  wohl  auch  in  der  Be- 
ziebting  bearbeitet  zu  «.erden.  Ein  Vergleich  der  Handschrift  und 
die  Untersuchung  der  Sprache  lassen  aufser  Zweifel,  dafs  wenig- 
stens drei  zeitlich  und  ihrer  Üildung  nach  verschiedene  Schreiber 
an  dem  Texte  gearbeitet  haben,  eine  Beobachtung,  die  mcrk- 
wördiger weise  den  bisherigen  Bearbeitern  des  Textes  entgangen 
IQ  sein  scheint,  für  die  Beurteilung  der  Leistungen  Villard's 
aber  nicht  ohne  Wichtigkeit  isL  Leicht  erkennbar  ist  die  Schrift 
Villard's  (ms.  i),  schöne,  sorgfältig  geformte  Buchstaben,  mit  cha- 
rakteristiscbem  keilförmigem  obenn  Ansatz  der  Zeichen  /,  A,  6, 
Scbrlftzüge,  die  von  der  hohen  Bildungsstufe  des  Schreibers  zeugen. 
Die  Schrift  ist  sehr  gleichmafsig  ebenso  wie  die  Orthographie,  am 
Sdilafs  fol.  33  r"  (dem  medizinischen  Rezept)  ist  sie  etwas  gröfser 
als  gewöhnlich.  Die  Inschrift  fol.  3v"  „orgieus  si  cume  il  tribuche. 
hnmiliie"  ist  von  einer  andern  Hand  (ms.  2};  die  Buchstaben  sind 
mehr  gerundet  und  schmaler,  der  Ansatz  des  A,  des  /  ist  ver- 
Khkden.  auch  das  Abkürzungszeichen  für  et.  Derselben  ms.  3 
möchte  ich  auf  fol.  lîr"  die  Inschrift  „ce  est  un  imaie  de  iu  sí 
cume  11  est  dieus",  sowie  fol.  2 1  v"  die  beiden  Rezepte  für  die  Zu- 
bereitung von  Töpfeierde  und  eines  Enthaarungsmittels  („on  prent 
kaua  et  tjeule  mulue  de  païens"  etc.,  „on  prent  vive  kaus  bolete" 
etc.)  nnd  auch  den  erklärenden  Text  zu  fol.  3 1  v°  zuschreiben. 
Der  gioiste  Teil  des  Textes  stammt  von  ms.  i.  Sehr  verschieden 
TOD  ms.  I  und  ms.  2  bt  die  viel  nachlässigere,  auch  rundere  Kursiv- 


^_        TOO    IDS.    I     Ul 


48  F.  ED.  SCHNBEGANS, 

Schrift  (ms.  3)  des  Textes  zu  den  Skizzen  der  „force  de  le  maco- 
nene"  fol.  20  r®,  20  v®,  2ir®  und  gelegentlich  zu  andern  Skizzen, 
die  ms.  i  bereits  mit  Erklärungen  versehen  hatte,  so  fol.  I5r®,  i6r<>. 
Es  ist  offenbar  die  Schrift  eines  Mitarbeiters  Villard's  oder  eines 
späteren  Besitzers  seines  Skizzenbuches,  den  besonders  die  archi- 
tektonischen und  rein  technischen  Zeichnungen  interessierten,  also 
wohl  eines  Werkmeisters.  Diese  Schrift  (ms.  3)  wird  gröfser  und 
derber,  da  wo  der  Raum  es  gestattet,  so  fol.  22  v®,  23  r^  6v®  (»cest 
li  masons  don  orologe'^).  In  dem  folgenden  Abdruck  des  Textes 
nach  dem  Original  der  Nationalbibliothek  sollen  ms.  2  durch  ge- 
sperrten Druck,  ms.  3  durch  Kursivschrift  unterschieden  werden.* 

1.  fol.  I  v^.    Ci  poeis  v(os)  trover  les  agies  des  .XII.  apostles  en  séant. 
Wilars  de  honecort  v(os)  salue  et  si  proie  a  tos  cens  qui  de  ces  engiens 

ouverront,  c*on  trovera  en  cest  livre  qu'il  proient  por  s'arme  et  qu'il  lor  so- 
viengne  de  lui.  Car  en  cest  livre  puet  o(n)  trover  grant'  consel  de  le  grant 
force  de  maconerie  et  des  engiens  de  carpenterie,  et  si  troveres'  le  force  de 
le  portraiture,  les  trais  ensi  corne  li  ars  de  iometrie  le  (co)ma(D)de*  et  ensaigne 

2.  fol.  2r®.  (sehr  verblafst)    de  Honnecor  cil  qui  fut  en  Hongrie. 

3.  fol.  3v«.    ms.  2.  orgieus*^  si*  cume  il  tribuche.     humilité. 

4.  foL  5  r^.  Maint  ior  se  sunt  maistre  despute  de  faire  tomer  ime  ruée 
par  li  seule;  ves  ent  ci  c'o(n)  en  puet  faire  par  mailles  nonpers  a  par  vif« 
argent. 

5.  fol.  6r°.  De  tel  maniere  fu  li  sepouture  d'un  Sarrazin  q(ue)  io  vi 
une  fois. 

6.  fol.  6v°.    c*tsi  H  masons  d*on  orologe, 

Ki  velt  faire  le  maizo(D)  d'une  ierloge  ves  ent  ci  une  q(ue)  io  vi  une 
fois.  Li  p(re)miers  "^  estages  de  desos  est  quares  a  .1111.  peignondaus.  Li 
estages  deseure  est  a  .VIII.  peniaus,  et  puis  covertic,  et  puis  .IUI.  peignon- 
ciaus;  entre  .II.  peignons  .1.  espasse  wit.  Li  estages  tos  deseure  s'est  q(ua)res 
a  .IUI.  peignonciaus",  et  li  co(n)bles  a  .VIII.  costes.    Ves  aluce  le  portrait 

7.  fol.  7r®.  Ki  velt  faire  .1.  letris  por  sus  lire  evangille,  ves  ent  d  le 
mellor  maniere  que  io  sace^:  premiers  a  p(ar)  tierre  .lU.  sarpens  et  puis  une 
ais  a  .III.  conpas  deseure  et  par  deseure  .IlL  sarpens  d'autre  maniere,  et  co- 
lonbes  de  le  hauture  des  sarpens,  et  p(ar)  deseure  .1.  tria(n)gle.  Apres  v(os) 
vees^°  bien  de  confaite  maniere  li  letris  est:  ves  ent  ci  le  portrait;  en  mi  liu 
des  .III.  colonbes,  doit  avoir  une  verge  q(ui)  porte  le  pumiel  sor  coi  li 
aile  siet. 

8.  fol.  9rO.  Ves  ci  une  cantepleure  c'o(n)  puet  faire  en  .1.  henap  c(n) 
tel  maniere,  qVns  en  mi  le  henap  doit  avoir  une  torete  et  ens  en  mi  liu  de 
le  tourcte  doit  avoir  .1.  behot  q(ui)  tiegne  ens  el  fons  del  henap,  mais  q(ue) 
li  bebos  soit  ausi  Ions  co(n)  li  henas  est  p(ar)fons,  et  ens  en  le  torete  doit 
avoir  .111.  travccons  p(ar)  soutre  le  fons  del  henap,   si  q(ue)  li  vins  del  henap 


*  Die  Interpunktion  des  Originals,  die  die  Pausen  des  gesprochenen 
Satzes  getreu  wiedergiebt,  wurde  beibehalten,  nur  wurden  die  Punkte  durch 
die  entsprechenden  modernen  Zeichen  ersetzt. 

Abweichungen  von  dem  Text  in  Lassus'  Ausgabe:  *  grand  '  treueres 
*  comand     *  orgie ul     *  Hs.  csi     '  premiers     *  peignondaux    •  face    *®  veea 


SKIZZSNBUCH  VON  VILARO  DE  HONNECOURT.  49 

puist  aler  al  behot,  et  p(ar)  deseur  le  torete  doit  avoir  J.  oiziel^  q(ui)  doit 
tenir  so(n)  biec  si  bas  q(ue)  qant'  li  henas  iert  plai(n)s  qu'il  boive;  adont  s'en 
corra  li  vins  p(ar)  mi  le  bebot  et  p(ar)  mi  le  piet  del  henap  q(ui)  est  dobles; 
et  s'entendes  bien  q(ue)  lì  oiziaus'  doit  estre  crues. 

9.  fol.9x<^.  Et  se  v(o8)  voléis  faire  .1.  escaufaile  de  mai(D)s  vos  fereis 
ausi  come  une  pume  de  keuvre  de  .IL  moitiés  clozeice.  Par  dedens  le  pume 
de  keuvre  doit  avoir  .VI.  cierdes  de  keuvre,  cascuns  des  ciercles  a  .II.  to- 
reìUona  et  ens  en  mi  liu  doit  estre  une  paelete  a  .II.  toreillons.  Li  torello(n)* 
doivent  estre  cangiet  en  tel  maniere,  q(ue)  li  paelete  al  fu  demeurt  ades  droite. 
Car  li  uns  des  toreillons  porte  l'aut(re)  et  se  v(os)  le  faites  a  droit  si  (co)me 
li  letre  le  v(os)  devize'  et  li  portraiture,  torner  le  poes  quel  part  q(ue)  v(os) 
Toleis  ia  li  fus  ne  s'espanderà.  Cis  engiens  est  bons  a  vesq(ue),  h(ar)diement 
puet  estre  a  grant  messe  car  ia  ta(n)t  com  il  tiegne  cest  eogieng  entre  ses 
mains  froides  nés  ara,   ta(n)t  co(ro)  fus  puist  durer  en  cest  e(o)gieg  n'a  pl(us). 

Cis  engiens  est  fais  p(ar)  tel  maniere  quel  p(ar)t  q(u'i)l  tort  ades  est  H 
paelete  droite. 

10.  fol.  9vo.    J'ai   este  en   m(o)lt  de  tieres  si  co(n)  v(os)  pores*  trover 

en  cest  liv(re);    en  aucun  liu,  onques  tel  tor  ne  vi  co(m)  est  cele  de  Loo(n): 

ves   ent  d  le  prem(ier)   esligement,    si  con  des  p(re)mieres  fenestres.    A  cest 

esligement   est   li   tors  tornee    a  .Vili,  arestes,   s'en    s(uD)t   les  .IIII.  fìlloles 

qoarees,   seur  colonbes  de  trois.     Puis   si    vienent    arket    et  entaulemens  se 

resunt  les  fìlloles  p(ar)ties^  a  .VIII.  colonbes,  et  e(D)tre  .II.  colonbes  saut  uns 

bues.      Puis    vienent   arket   et   entaulemens;    p(ar)    deseure    sunt    li    conble    a 

.VIII.  crestes;    en   cascune   espase   a  une  arkiere   por  avoir  clarté.     Esgardes 

devant   v(os)   s'en   vereis*  m(o)lt  de  le  maniere  et  tote  le  montee,    et  si  co(n) 

les   fìlloles   se   cangcnt;    et  si  penseiz   car   si  v(os)  voles®  bien  ovrer  de  ter*® 

grans   pilcrs   forkies   v(os)   covient  avoir  q(ui)  ases  aient  col.     Prendes  garde  ^^ 

en  vostre  afaire  si  feres  q(ue)  sages  et  q(ue)  cortois. 

11.  fol.  10 v^.  Ves  ci  une  des  formes  de  Rains  des  espases  de  le  nef 
teles  com  eles  sunt  entre  .11.  pilers.  J'estoie  mandes  en  le  tierre  de  Hongrie 
qant  io  le  portrais  por  co  Tamai  io  miex. 

12.  fol.  12  r®.    Ves  ci  l'une   des  .II.  damoizieles   de  q(ue)**  li  iugemens 
fu  fais  deva(n)t  Salemon  de  leur  enfant,  q(ue)  cascune  voloit  avoir. 

13.  fol.  14VO.    Ves  ci  une  glize  desquarie  ki  fu  esgardee  a  faire  en  l'or- 
dene  de  Cisliaus". 

Ves  ci  Tesligement  del  chavec  me  dame  Sainte  Marie  de  Canbrai,  cnsi 
corn  il  ist  de  tierre.  Avant  en  cest  livre  en  trouvères  les  montees  dedens  et 
dehors,  et  tote  le  maniere  des  capeles  et  des  plains  pans  autresi,  et  li  maniere 
des  ars  boteres. 

14.  foL  I5r®.  ms.  3  Istud  bresbi'tertu{m)^^  invener{un)t  Ulardus  de  Hune- 
con  et  Petrus  de  Corbe  ia  i\n)t  (sic!)  se  disputando, 

Istud  est  presbiteriu{m)  S(an)c{ti)  Pharaon  is  in  Miatts^^» 

ms.  I  Ves  ci  Tesligement  de  le  glize  de  Miax  de  Saint  Estiennc.  —  De- 

^eure  est   une    glize**   a   double   charole,    k(e)  Vilars   de  Honecourt   trova   et 

^'^rcs  de  Corbie. 

,  Lassù?  :  *  oisiel    'quant    ^  oisons     *  toreillon     ^  devise     *  porcz    '  porlics 

^^^eïciz      »  volez      *<»  de  toz      "  gard      **  qui      »^  Cisliaux       "  presbiierium 
^^tts    ^*  glise 

t  rom.  PhiL  XXV.  4 


5  ó  If.  BD.  SCHNBBQÂNS, 

15.  fol.  15VO.  ms.  3  Chi  prennes  matere  d'on  piler  metre  a  droite 
toisons, 

ms.  I  J'estoie  une  fois  en  Hongrie  la  a  ie  mes  maint  jor  la  vi  io  le  pa- 
vement d'une  glize  de  si  faite  maniere. 

ms.  3  Ista  est  fenestra  in  te(m)plo  s(an)c(t)e  Marie  Carnoti. 

16.  fol.  i6r^.    ms.  i  C'est  une  reonde  venere  de  le  glize  de  Lozane. 
ms.  3  Ista  est  fenestra  in  Lasaña  eccl(es)ia, 

17.  fol.  I7r<*.  ms.  3  Isttid  est  presbiterium  beate  Marie  VeceUensis 
eccl{es)ie  ordinis  Cisterci{e)n(sis). 

ms.  2   Ce  est  un  imaie  de  J(es)u^  si  cume  il  est  cheus. 

18.  fol.  lyvo.  Or  poes  veir  .1.  bo(n)  conble  leg(icr)*,  por  hierbegier  dc- 
seur  une  chápele  a  volte. 

Et  se  v(os)  voles  veir  .1.  bon  conble  legier  a  volte  de  fust  prendes 
aluec  garde'. 

Ves  ci  le  carpenterie  d'ime  forte  acainte. 

Ves  ci  une  esconse  q(ui)  bone  est  a  mones  por  lor  candelles  porter 
argans;  faire  le  poes  se  v(os)  saves  torner. 

1 9.  fol.  181^.    ms.  3   Chi  commence  le  mate  de  la  portraiture» 
Incipit  materia  portur ature, 

20.  fol.  1 8  v^  ms.  I  Ci  comencé  li  force  des  trais  de  portraiture  si  con 
li  ars  de  iometrie  les  ensaigne,  por  legierem(en)t  ovrer,  et  en  l'autre  fuel  s(un)t 
cil  de  la  maconerie. 

21.  fol.  içv^  En  ces  .HU.  fuelles  a  des  figures  de  Part  de  iometrie, 
mais  al  conoistre  covient  avoir  g(ra)nt  esgart  ki  savoir  velt  de  q(ue)  cascune 
doit  ovrer. 

22.  fol.  20 r<*.  ms.  3  a)  Par  eu  pre(n)  um  la  ¿grosse  d*one  colonbe  que 
on  ne  voit  mie  tote, 

b)  [^Pyir  chu  trov*om  le  point  en  mi  on  canpe  a  conpas, 

c)  \_P'\ar  chu  tail*om  le  mole  d*on  ¿^rant  arc  dedens  ,111,  pies  de  tere, 

d)  \P'\ar  chu  fait  om  on  cavece  a  ,XII,  vesrires, 

e)  \P^ar  chu  vos^om  une  arc  le  cintreel  devers  le  ciel, 

f)  [/'Jar  chu  taiVom  erracenmens, 

g)  [/'Jar  chu  fait  om  cheir  deus  pires  a  un  point  si  Ions  ne  seront, 
h)  [PJûr  chu  iaiVom  vosure  d*estor,  de  machonerie  roonde, 

i)  \P^ar  chu  taiVom  vosure  besloge, 

j)  \ßy^^  chu  fait  om  on  pont  desor  one  aive  desus^  de  ,XX,  pies 
de^  Ione, 

k)  \P'\ar  chu  fait  om  on  clostre,  autre  tant  es  voies  com  el  proel, 

1)  \P^ar  chu  prent  on  la  largece  d*one  aive,  sens  paseir, 
m)  [PJar  chu  prent  om  la  largece  d'one  fenestre  ki  est  Ions, 

n)  \P'\ar   chu  •'Ossiet   om^    les    ,1111,  coens   d^on   clostre  sens  pione   e 
ssens  linei, 

o)  [/'Jûr  chu  partis  om  one  pirre  que  les  ,11,  moitiés  sont  q{ua)reies^, 

P)  l^^^^  ^^"  ^^''^  ^^  ^  ^'J  ^*^^  Persoir. 

q)  [/'jar   chu  fait   om   ,11   vassias,    que   li  ons  tient  JI,  tans  quo* 
li  atres. 


Lassus:  ^  Deiu    ^  leger    '  gard    *  fus    '  d    ^  am    ^  a  queres    *  que 


ȆRT. 


SI 


r)  [/>]ar  chu  tail'on  vaíure  rittlrii. 
s)  Toteî  ces  figutts  sunt  tsitaites*  Jt  gremttrit. 

13,    fol.  ïov",   a)  Pur  chu  laU'ùn  pendam*  riults,  metts  tt  bat  tt  haut, 
b)  En  si  prendes  ^  one  roonde,  en  an  agte  s'en  ares  le  geùse. 
e)  Par  dm  /ait  on  ene  efe/  tie!  tij'rc*  ei  justice  ont  scere. 
à)  Par  chu  lail'o»  one  ele/  del  çuint  peint. 
t)  Par  cku  /ait  on  en  puer  de  quatre  cuins  i-inir  a  ¡oison. 
S)  Far  chu  faii'an  vosors  par  esscandelon. 

g)  Par  ceste  raison  mortl'om^  l'agaile  d'ene  toor  et  laUle  ¡es  mêles. 
h)  Par  chu  laU'om  vosurt  pendant. 
i)  Pa  chu  p{re)ni  oîi.»  le  hautece  d-one  taor. 

j)  Par  chu  mont'om^  dons  pders  d'one  hautece  sens  pio  ai  et  sens  Uvei. 
24.    fol.  211°.    a)  Pa  chu  met   om   an    capitel  d'ut!   colantes   a    âne   sole 
s'en  n'est  mit  si  en  etnbres,  s'est  li  machonerie  ione. 

b)  Par  chu  met  om  on  ne/  desseï   ane  poire  par   mesure,   que  U  poire 

e)  Par  chu  parirait  am  ane  toar  a  chine  arestes. 
A)  Par  chu  trov'om^  les  pains  d'ane  vasure  taiüir. 

c)  Par  chu  daifom  an  vosoir  se  lumeie,  sens  molle. 

T)  Par  chu  bev'um  erracemettt  jagijs  sens  molle,  par  on  membre, 
g]  Pa  chu  tail'am  vosure  engenoUi. 

h)  Par  chu  /ait  om  trois  manires  d'ars,  a  conpas  ovrir  »Ht  /ois. 
35.    fol.  2lv<>.    Ves  la  JI.  testes  de  ruelles. 

i  deios  le*  (¡cures  de  le  ruée  de  fortune,  totes  les  .VII.  imágenes'. 


Od 


:    del'u 


et   lyeule    m 

uW  de  l'.u» 


t  d'oile  de  lin 


Í  faire 


kai 


bolet 


Di   plaa   del 

.res.     Desler 

asse!  pur  eu 

■  eat   se   le  n 

por  pail  os 

par  li  sou. 

fers  U  Sùlel. 

sai,  por /ais  . 

ule  de 


'e  dìachene  kant  ¡al 


1(1.    fol.  12  v°.    Par  cha /ait  em  une  s 

Par  chu  /aü  om  une  are  ki  ne  /out. 

Par  ehu  /ait  om  un  angle  tenir  san  doit  ades  i 

Par  (hu  /ait  am  on  des  plus  /ors  engiens  ki 

Par  chu  /ait  om  dorner  la  teste  de  l'aquUe 

17.  fol.  iix'.  Par  cesi  engien  recop'on  eitacei  dedens  une  aie  por  une 
sole  asir  sas. 

Far  chu  /aä  om  ¡'enbraceme(n)t  d'âne  roe  sens  l'arbre  endamer. 

En  li  poes  ovrer  a  one  tor  u  a  ont  maison  de  bas  si  sunt  trop  car. 

Par  copreste  de  ceste  manine  pan  rtdreicir  une  maison  ki  pent  d'one 
part  ja  a  pesans  ne  sera. 

zS.  fol.  241".  De  l'ensaignemeiit  de]  lion  v{os)  vel  gc  p(ir]leir.  Cil  q(ui) 
le  lio(D)  ducttioe,  il  a  .II.  cbaiaos;"  quant  il  veli  le  lion  faire  faire  aucune  coze 
sc  li  comaDdei    se  U  lions  gioîgne,   il  bat  ses  kaìaus,   dont  a  li  lions  e[Ta}nt 


52  F.  ED.  SCHNSBGANS, 

doutance  qant  il  voit  les  kaiaas  batre;  se  refraint  so(d)  corage  et  fait  co  c'o(n) 
li  comande  \  et  s*il  est  ooredes  sor  co  ne  paroil  mie,  car  il  ne  feroit  por  nelni 
ne  tort  ne  droit    Et  bien  sacies  q(ue)  ds  lions  fa  contrefais  al  vif*. 

29.  fol.  24v<^.  Ves  ci  .1.  lion  si  corn  on  le  voit  p(ar)  devant  et  sacies 
bien  q(a'i)l  fu  contrefais  al  vif. 

Ves  ci  .1.  porc  espi,  c'est  une  biestelete,  q(ui)  lance  se  soie  qant  de 
est  corecie. 

30.  fol.  27  r^.    Ves  ci  le  labitement  Saint  Come,  et  saint  Domijen. 

31.  fol.  27  v^  Ves  ci  une  legiere  poupée  d'ans  estaas  a  .1.  entredós  a 
tote  le  def. 

32.  fol.  29  r^.  Se  v(os)  voles  bien  ovrer  d'une  bone  poapee  a  ans  estaas 
a  cesti  v(os)  tenes. 

33.  fol.  30  r<^.  Se  v(os)  voles  faire  le  fort  engieng  c'on  apiele  trebacet 
prendes  d  garde'.  Ves  ent  ci  les  soles  si  com  il  siet  sor  tierre.  Ves  la  de- 
vant les  .n.  windas  et  le  corde  ploie  a  coi  on  ravale  le  verge.  Veir  le 
poes  en  cele  autre  pagene.  Il  i  a  grant  fais  al  ravaler,  car  li  co(n)trepois  est 
m(ou)t  pezans.  Car  il  i  a  une  huge  plainne  de  tierre,  ki  .II.  grans  toizes  a 
de  Ione  et  .VIIII.  pies  de  le,  et  .XII.  pies  de  p(ar)font.  Et  al  descocier  de 
le  fleke  penses  et  si  v(os)  en  dones ^  garde'.  Car  ille  doit  estre  atenue  a  cd 
estancon  la  devant. 

34.  fol.  30  vo.  Ves  d  le  droite  mo(D)tee  des  capeles  de  le  glise  de  Rains 
et  toute  le  maniere,  ensi  com  eles  sunt  p(ar)  dedens  droites  en  lor'  estage. 

Ves  ci  les  voies  dedens  et  les  orbes  arkes. 

Et  en  cele  autre  pagene  poes  v(os)  veir  les  montees  des  capieles  de  le 
glize  de  Rains  par  dehors,  tres  le  comencement  desci  en  le  fìn  ensi  com  eles 
s(un)t.  D'autretel  maniere  doivent  estre  celes  de  Canbrai  s'o(n)  lor  fait  droit. 
Li  daerrains  cntauleme(n)s  doit  faire  cretiaus. 

35.  fol.  3iv<^.  Entendez  bien  a  ces  montees:  devaunt  le  covertiz 
des  accaintes  doit  aver  voie,  sur  l'entauÎement  et  desur  le  combe 
des  acaintes  redoit  aver  voie,  devant  les  v(er)reres  et  un  bas  cre- 
teus  si  cume  vosveez,  en  le  purtraiture  devant^  vos,  etsurlemors 
de  vos  piliers  dait  aver^  angeles,  et  devant  ars  buteret.  P(ar) 
devant  le  g(ra)nt  conble  en  haut  redoit'  aver  voies,  et  creteus 
desur  l'entauleme(n)t,  k'en  i  puit  aler  pur  peril  de  fiu,  et  en 
l'entaulem(en)t  ait^  nokeres  por  l'ève  getir;  pur  les  capeles 
le  vos   di*°. 

36.  fol.  32 r°.  Ci  poes  v(os)  veir  l'un  des  pilers  toraus  de  le  glize  de 
Rains,  et  .1.  de  ceus  d'entre  .II.  capieles,  et  s'en  i  a  .1.  del  plain  pen,  et 
.1.  de  ceus  de  le  nef  del  moustier;  par  tos  ces  pilers  sunt  les  loizons  tdes 
corn  eles  i  doive(n)t  estre. 

Ves  ci  les  molles  des  chapieles  de  cele  pagne  la  devant,  des  formes  et 
des  verieres,  des  ogives  et  des  doubliaus,  et  des  sorvols  p(ar)  deseare. 


Lassus:  ^  comand  ^  Rabelais  (Gargantua  cap.  il)  zahlt  unter  den  Jugend- 
spielen seines  Helden  auf:  „battoyt  le  chien  devant  le  lyon".  '  gard  *  donez 
'  los  '  Hs.  scheint  devant  zu  haben,  1.  devant?  "*  piliers  doit  '  conbie  bis 
doit  stark  verwischt.  Das  h  von  haut  aus  a  corrigiert.  '  ait  unter  cancel- 
liertem  des.    Lassas  \,  aU  des     ^  pur  bis  di  auf  fol.  32r<>. 


SKIZZENBUCB    VON   ^ 


1    DE   HOMNECOüRT. 


53 


I 


Ves  ci  les  montees  de  le  gliie'  de  Ratai  et  del  plain  pen,  dedcns  et 
itelicits.  Li  premiers  etcautemeos  des  acainies  doit  ütire  cretiaus  si  q(u'i)1  puist 
aioit  voie  devant  t«  covertic.  Encoclrc  ce  CDT(er)tic  sunt  les  voies  dedens, 
cl  qanl  ces  voies  sunt  volses  ri  rntaulees  adont  tevienctit  Its  voici  dehors 
c'o(n|  pael  alet  devant  les  suels  des  vcrieres;  en  reat3iileme(o)t  daerrû(n)  dmt 
avoir  crcliaus*  c'oa  pnist  alcr  devant  le  coverlîc.     Ves  aluec  les  manieres  de 

37.  fol.  331".  Reteneá  co  que  io  *(i>s)  dirai:  prendes*  ruelies  de  col 
roges,  et  sancmonde  —  c'est  une  erbe  c'on  clainme  galiofa)  ülale  —  prendes  not 
ofw  c'on  clainm<  lanesíe  el  eaneuviee  —  c'est  scmeiiec  de  canvre  —,  cstanpes 
ees  .IUI.  erhes  si  (ju'il  n'i  ail  nient  pl(us)  de  l'une,  q(ue)  de  l'autre.  Apees  si 
ptendeis  varaace  .11.  lans  q(ue)  de  l'une  des  .IUI.  etbcs  et  puis  si  l'estanpes 
puis  ú  meléis  ces  .V.  erbe»  en  .1.  pot  et  si  metcis  blanc  vin  al  desteoprer 
U  meilloc  q(Qe)  v(os)  poes  avoir  auq(uejs  lenpreemcnt  q(uc)  les  puiions  ne 
soîcDl  trop  cspesscs*  à  c'o(n)  les  puist  boire;  n'en  beveis'  mie  trop  co  une 
«scalane  d'uef  en  ares*  v(os)  aseis'  por  q(Q'e)le  soit  plainne;  quel  plaie  q(ae) 
T(oi)  aies  ï(os)  en  gariies.  Tergies  vo  plaie  d'un  poi  d'estoupes  mêles  sus 
une  facile  de  col  roge,  puis  si  beveis  des  puizoDS  al  matin  et  al  vespre  H.  fois 
le  ior.  ele»  valent  mi«  desiemprees  de  moust  doue  q(ne)  d'auite  vin,  mais 
q(n'i)l  soit  bons  si  paerra  li  mous  avec  les  etbes;  et  se  v(as)  les  destenpres 
de  vies  vin  iaissies  les  .11.  ¡ora  ancois  c'o(n)  en  boive. 

Cuellies  vos  Hors  an  mati|n)  de  diverses  colora  k«  l'une  ne  louce  a 
l'autre,  prendes  nue  maniere  de  piere  c'o(n)  taille  a  ciiiel,  q(D'e)le  soit  blance 
molue  et  deliie;  puis  si  meteis  vos  ñors  en  cecie  ponre,  cascune  maniere  p(ar) 
li  si  doerront  vos  flore  en  Ior  colors. 

Honnecourt,  der  Heimatsort  Vilard's,  liegt  zwischen  Cambrai 
und  Vaucelles  und  gehörte  ïur  Grafschaft  Vennandois,  zum  Amts- 
bezirk St.  Quentin  (cfr.  F.  Bénard,  Kechercbcs  sur  la  patrïi!  et  les 
ttavaus  de  Vilard  de  Honnecourt  in  den  Travaux  de  la  société 
académique  des  sciences,  arts,  bel  les- lettres,  agriculture  et  industrie 
de  St.  Quentin,  3'  série,  Tome  VI,  1864—6,  p.  260 — 80),  Ueber 
die  Lebenszeit  und  Thäligkeit  Vilard's  erfahren  wir  aus  seinem 
Skiizenbach  und  den  Untersuchungen  namhafter  Archäologen,  be- 
sooders  Quicheral's,''  folgendes:  Alle  Zeichnungen  Vilard's,  soweit 
sie  sich  auf  Denkmäler  beziehen,  deren  Enlstebuugszeit  bekannt 
ist,  verweisen  uns  auf  die  erste  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts.  £ine 
Bemerkung  fol.  31  r'  beweist,  dafs  V.  irgendwie  an  dem  Bau  des 
Chores  von  Cambrai  beteiligt  war  (Lassus,  Ausgabe  des  Album, 
Notice  p.  45  ff.  nimmt  an,  dafs  V.  den  Bau  als  Architekt  leitete): 
(0  einer  Zeichnung  des  Chors  der  Kathedrale  von  Reims  bemerltt 
der  KünstJer,  dafs  die  Kapellen  von  Cambrai  denen  von  Reims 
gleichen  sollen  „s'on  lor  fait  droit";  der  Chor  von  Cambrai  wurde 

Lassos:    '  glise      '  crenaus      '  prendei      *  espessei      '  beveii      '  arei 

■  Qaidierat,  Noiic«  sur  l'ilbam  de  V.  de  II.  Revue  archéologique  iS^g 
A.  VI,  65— 80,  164  ff.,  111—16.  ViollcI-le-Duc,  Revue  archÉol.  1863  Bd.  VU. 
E.  Renan,  Hist,  litter,  de  la  France  XXV,  I— g.  Eitelberger.  Miltbeil.  der 
i.  k.  Central- Commission  tur  Erforsch,  u,  Erhalt,  der  Baudenkmäler  IV  (1859}. 


54  P-  KD.  SCHNEEGANS, 

zwischen  1230  und  1 250  gebaut;  die  auffallende,  von  Lassos  (ib 
p.  46)  nachgewiesene  Aehnlichkeit  der  Choranlagen  von  Reims  um' 
Caiabrai  macht  es  n-ahischeinlicb,  dafs  V,  die  betreffuide  7 
ioLjir"  vor  1^50  und  wohl  schon  vor  Beginn  der  Arbeiten 
Cambrai,  also  vor  I2J0,  auf  einer  Studienreise  in  Reims  i 
bat  Später,  i\vischen  1241  und  1257,  der  Bauzeit  des  Sei 
der  KaÜiedrale  von  Reims,  wurde  eines  der  Fenster  „por  co  l'ar 
io  miex"  skizziert:  damals  war  V.  auf  einer  Reise  nach  Unga 
begríflen,  wohin  er  als  Architekt  berufen  war  „j'estoie  man' 
le  tierre  de  Hongrie";  er  genofs  also  schon  einen  guten  1 
tächtiger  Architekt  und  stand  wohl  in  vollem  Mannesaher.  Man  1 
hat  versucht  die  Zeit  dieser  Reise  nach  Ungarn  genauer  m  be^  1 
stimmen.  Qaicherat,  der  Vjlard  an  dem  Bau  von  Cambrai  altj 
Architekt  arbeiten  läfst,  setzt  diese  Reise  zwischen  1244  und  i 
an,  während  einer  Unterbrechung  der  Arbeiten  in  Cambrai, 
bringt  sie  mit  der  Thatsache  zusammen,  dafs  mehrere  im  ij.  Jal 
entstandene  ungarische  Kirchen  noTdfianzosiscben  Einâufs  zeigoi 
und  die  Beitehungen  der  heiligen  Elisabeth  von  Ungarn  mit  Cambiai 
die  Berufung  Vilard's  nach  Ungarn  erklären  könnte.'  Für  die  An- 
nahme, dafs  V.  vor  1 230  in  Reims  zeichnete,  sprechen  Abwi-ïchuogeil 
seiner  Zeichnungen  \on  dem  späteren  Bau,  der  ca.  1230  bei  dcK 
Wiederaufnahme  der  Arbeiten  in  Einzelheiten  umgestaltet  ' 
In  Ungarn  blieb  Vilard  „maint  ior"  {fol.  isv").  Nach  seiner  Rädk^ 
kehr  zeichnete  er  „!e  pavement  d'une  glize",  gemusterte  Bai±steiii> 
fliese,  die  er  dort  gesehen  balte.  Der  Ausdruck  „j'estoie  une  fcÒK 
en  Hongrie  la  u  ie  mes  maint  jor"  lâfst  darauf  schlïefsen,  dafs  a 
die  Mitte  des  13,  Jahrhs.  überlebte  und  im  Alter  diese  Skizze  und 
wohl  noch  andere  aus  dem  Gedächtnis  zeichnete  oder  sein  Skizzen* 
buch  damals  revidierte  und  z.  T.  mit  dem  erklärenden  Text  versalz 
Weitete  Skizzen  von  Teilen  der  Kathedralen  von  I-aon,  Lausanne 
Vaucelles,  Chartres  zeigen  Vilard  mitten  in  der  künstlerischen  Í 
wegung  in  der  Zeit  der  höchsten  Blüte  derGothik,  wohlbewandeit 
in  der  Bautechnik  und  in  den  Hülfswissenschaften ,  besonders  del 
Mechanik. 

Der  Text  seines  Skizzen  buches,  ein  Denkmal  der  Sprache 
Vermandois  in  der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahrhs.  (ca.  1230 — 126(^ 
soll  im  Folgenden  derart  untersucht  werden,  dafs  die  Sprach 
eigt:ntumlichkeiten  der  drei  Schreiber  unterschieden  und,  da  ( 
sich  um  einen  Originaltext  handelt,  besonders  bei  ms.  1  auch  an 
orthographische  Erscheinungen  binge^^'iesen  wird. 

LAUTLEHRE. 


Vortoniges  j+gm  wird  ¡eu  in  orfieumml  (ms.  2)  25. 

'  Ren^in  nnd  Eitelbe^er  1.  c.  selten  die  ungarische  Reise  cwiidiei]  Ili 


m 


SKIZZBKBUCH  VON  VILARD   DE  HONNECX)URT.  55 

E. 

• 

ms.  I.  Freies  f  wird  zu  oi:  avoir  7.  8.  12.  21.  36.  37;  doit 
7.  8.  36;    doiveni  34.  36;    sou  8.  37;    boive  8.  37  u.  s.  w. 

Vor  Nasal:  plains  8.  13.  36;  plainne  34;  ^j/jw  11.  34.  36. 
Dieselbe  Schreibang  vor  ñi  ensaigne  i;    ensaignement  29. 

Vortonig  dagegen:   peignon  6;  peignonciaus  6. 

.tf  vor  epenthetíschem  1*:  y<7/j  5.  6;  í/r<?i/  9.  28;  droite  34; 
froide  9;  ^(?/>  33.  —  Vor  Nasal:  acainte  19.  36;  refraint  28.  — 
Vor  /:  r¿ww^/  i. 

Ç  vor  gedecktem  Nasal  ist  von  a  -|-  ged.  Nasal  geschieden: 
lahitemmt  30;  ¿¿tî/mj  34;  dedens  34;  comencement  34;  entaulemens  34 
und  inmier  ^/. 

Die  £ntwickelung  von  ^/-|-Kons.  zu  iau  ist  unserem  Texte 
unbekannt:  ceus  i.  31. 

Vortoniges  freies  ^:  peniaus  6;  ^^10  37;  p«r  18.  36;  —  vor 
epenthetischem  1:    damoizieles  12;    loizons  36. 

ms.  2  hat  neben  í/í?//  und  voie  35  für  betontes  freies  ç\  ai 
und  ^  in:  dait  35;  /ö/7  25;  aver  (2 mal)  25. 

Vor  Nasal  in  gedeckter  Silbe:  unnetnens  25;  orpieutnent  25; 
miaulement  35.  —  p-\-nct  ergiebt  -ain:  accaintes  35. —  tegula  wird 
iyeule  25. 

ms.  3  hat  in  freier  Silbe:  poire  24;  voit  voies  22, 
In  gedeckter  Silbe  vor  Nasal:  sens  23.  24;  dedens  9.  27;  ens  g; 
entre  6;  embracement  27;  /r^/  22. 

Vor  epenthetischem  i\  droite  15;  vortonig  /9¿r^;i  23. 
regula  wird  r iules  23,   davon  riuleie  22  x. 

E. 
< 

ms.  I.     Freies   betontes  p  wird  ie\    siet  7.  33;    iert  8;  //>/  8; 

/'"  33;  A'^^''^  37;   ^^■^''^^  14- 

f  in   gedeckter   Silbe    erscheint    in    doppelter    Gestalt    als   e: 

fcntstres   lo;  capeles  13;  chápele  18;  candelles  18;  /w/<fj  25;  ^r^^  37; 

«/r<f  9.  34.  36;   vespre  37; 

als  />:  pumiel  7;  ö/ä/V/  8;  ¿/Vi  8;  ciercles  9;  //>r^j  10;  tierre 
^^-  13-  33 Î  i^A^/^  33;  capieles  34.  36;   chapieles  36;  m/>/  37. 

-;//ttj  wird  'iaus\  peignonciaus  6;  peniaus  6;  oiziaus  8;  kaiaus 
chaiaus  28;  cretiaus  34.  36;  douhliaus  36;  Cistiaus  13;  i^WAT   14. 

Gedecktes  /  vor  Nasal:  destemprez  37. 

;  vor  epenthetischem  z  erscheint  als  /V  in  engiens  i;  engien  9.  33 
(iÄ^/>^  9  s.  Aiol  ed.  Foerster  p.  LI);  w/Va-  ii.  37  und  natürlich  in 
den  analogischen  Bildungen  :  soviegne  i  ;  tiegne  8  (nach  den  endungs- 
betonten Formen  sind  gebildet  proie,  pr oient  i  neben  lire  7,  glize 
14  U.S.  w.). 

Vortoniges  p  vor  r  wird  zu  a  in  sarpens  7. 

ms.  2  scheint  die  Diphthongierung  des  p  in  gedeckter  Stellung 
unbekannt  zu  sein:  vassel  25;  fö/^/^j  36  (Ende  der  Notiz  35).  — 
'^^  ist  einmal  durch  -eus  wiedergegeben  in  creteus  35. 


56  F.  BD.  SCHNEEGANS, 

ms.  3  entwickelt  in  offener  Silbe  te  zu  i*:  pires  22  \  pirre  22; 
ebenso  /tjrc  2^. 

In  geschlossener  Silbe  kennt  ms.  3  nur  e:  iesie  26;  tere  22; 
vers  22,  2Ò;  /enes/re  22;  scere  23;  prael  23;  capitel  24;  cintreel  22. 

'ellus  zu  iaus  geschrieben  ias  in  vassias  22. 

vor  epenthetischem  1':  engiens  26;  engien  27  neben  lisi  26. 

gedecktes  /  vor  Nasal:  pendant  23;  ^^/  27. 

/  vor  epenthetischem  i  in  vortoniger  Silbe:  soir  (secare),  soore 
(secatona)  26. 

Der  centralfranzösische  Diphthong  ie  erscheint  in  ms.  3  oft 
vereinfacht,  meist  zu  /  (vgl.  oben  i  aus  p  in  pires  u.  s.  w.),  mag  der 
Laut  aus  lateinischem  a  nach  Palatal  entstanden  sein:  soir  26; 
redrescir  27  oder  aus  dem  Suffix  'arius:  vesrires  22;  manir  es  24; 
manine  27  neben  einmaligem  mater  e  15  und  verstümmeltem  mate  19 
(die  vielleicht  als  Latinismen  aufzufassen  sind  nach  materia),  ebenso 
wird  ai  vortonig  zu  a  in  masons  6;  vassias  22  q,  neben  maison  27; 
raison  23. 

O. 

ms.  I.  Freies  q  wird  «^:  /«^Z  i;  ruee  4.  25;  a/i^f  6;  rrwj  8; 
¿«<fj  10;  ebenso  ^  vor  /:  /«^Z  20;  fuelles  21,  25.  27;  suels  36;  vor- 
tonig cueillies  37.  —  Vorhergehendes  t^  absorbiert  den  f/-Laut  in 
»^//6.  7.  21.  28;  i»^/ 28  (vgl.  die  Schreibung  wel  in  Tailliar,  Actes 
wallons  n®  47  Urkunde  von  Preux-au-Bois  bei  Avesnes,  wellent  in 
dem  Livre  Rouge  de  St.  Quentin  ed.  Bouchot  et  Lemaire,  St.  Quentin 
1881,  s.  F.Neumann,  Zur  Laut-  und  Flexionslehre  S.  48). 

locus,  focus  werden  liu  7.  10,  aber  fu  9. 

Ç  in  gedeckter  Silbe  vor  Palatal  wird  ui:  puist  8;  puizons  37; 
wit  (vocitum)  6,  wo  der  anlautende  konsonantische  Laut  durch 
Assimilation  an  den  ersten  Bestandteil  des  Diphthongs  halb- 
vokalisch wird. 

Für  p/+  Kons.  =  au  fehlen  Beispiele,     volet  wird  velt. 

monachus  wird  mones  18;    orologium:  ierloge  6. 

In  ms.  2  wird  çlea  zu  oile  25;  focus  zm  fiu  35. 

q  vor  l'\-s  wird  ieu\    orgieus  3. 

ms.  3  hat  für  freies  q  bald  ue  bald  oe\  uef  24.  37;  oef  24; 
roe  28.     In  gedeckter  Silbe  vor  Palatal:  uit  24. 

O. 

• 

ms.  I  hat  für  freies  0  die  Zeichen  0  und  eu\  seule  4;  scure 
6.  36;  caniepleure  8;  seur  8;  keuvre  9;  demeurt  ^  neben  sor  28,  33; 
OT^//(7r  7;  /i^rj,  f<?/örj  37. 

Vor  Nasal  schreibt  ms.  i  u:  pume  9,  vortonig  pumiel  7  (neben 
maizon  6);  j?/«/  {dbex  come  i.  9),  wodurch  wohl  der  nasalierte  Laut 
ausgedrückt  wird  (in  den  von  Raynaud  herausgegebenen  Urkunden 
von  Ponthieu  wechseln  die  Schreibungen  -omm,  -oumy  -umm,  -un, 
-on  ab.  In  Gui  de  Cambrai's  Barlaam  reimt  pume  mit  omme.  Die 
Urkunden  von  St.  Quentin,  Bibl.  de  l'école  des  Chartes  XXXV,  ge- 


SKIZZENBUCH  VON  YILARD   DB  HONNECOURT.  57 

braucheii  neben  "im  überwiegend  die  Schreibung  "Oun:  maizoun, 
sauni,  fount  u.  s.  w.). 

Vor  ñ  wird  ç  zu  oh  gr oigne  28. 

In  gedeckter  Stelluog  wird  ç  durch  o^  seltener  durch  ou^  nie 
durch  u  wiedergegeben:  tos  i;  iorn  4;  dohUs  8;  for  10;  formes 
I.  36;  sorvols  36;  rogé  yj  u.  s.  w.  neben  Honecouri  14;  double  14; 
toute  34;  estoupe  37;  moust^  touce  37. 

0/+ Kons,  wird  ou  in  doue  37;  daneben  die  Schreibungen  sor- 
vols, volses  36. 

ms.  2  hat  nur  ^i9/(í7r  25.  In  geschlossener  Silbe  steht  u:  cume 
17.  25;  cum  25  neben  come  25. 

ms.  3  hat  für  freies  ç  0  und  ou\  color  26;  desor  22;  sole  (solam) 
24.  26;  dous  23. 

Für  ç  in  gedeckter  Silbe  steht  0:  grosse  22.  ly,  mole  22,  23; 
Ä?/(f,  tort  (tort  cm),  //ö«  23.  00  in  /i?ör  23.  24  soll  wohl  den 
Doppellaut  ausdrucken. 

Der  Diphthong  oi  wird  von  dem  ungebildeten  Schreiber  durch 
0  und  a  wiedergegeben:  vosor  23;  soore  26;  aas  2jf  bleibt  aber 
vor  Nasal  coens  22;  cuins  23;  poins  24. 

Im  Vorton  wird  der  aus  p  und  ç  entstandene  Laut  in  ms.  i 
mit  0  ausgedruckt:  poeü  trover  trovera  i;  cover  tic  6;  voléis  9;  torner 
4.  IO.   19;  torete  8;  clozeice  9;  cor  lois  io  u.  s.  w. 

Vor  í^  findet  sich  auch  <w:  trouvères  13;  ouverront  i;  ebenso 
in  poupée  31;  moustier  36. 

ms.  2  hat  (7  und  t/:  /»r  ¿¿?/if/^  /tii/Zv^  unnemens  25;  ebenso  ms.  3 
vosure  22;  ovrer  2'j\  trov^om  22  neben  cu  (ecce-hoc)  chu  22,  2y  24. 
Für  om  hat  ms.  2  en  (wohl  =  5)  35,   ms.  3  auch  um  22. 

Vilard  zeigt  also  auch  in  diesem  Punkte  sein  Bestreben 
eine  konsequente  Orthographie  durchzuführen  und  scheidet  scharf 
zwischen  dem  Zeichen  u  (für  ü  und  für  0  vor  Nasal)  und  anderer- 
seits dem  ihm  wohl  weniger  geläufigen  Zeichen  ou  und  0»  Die 
Schreiber  von  ms.  2  und  ms.  3  behelfen  sich  mit  den  unvollkom- 
menen Zeichen  0  und  u. 

A. 

ms.  i.  Freies  betontes  a  wird  bald  durch  e  bald  durch  ei 
wiedergegeben  : 

e:  tel  ^,  8.  9;  çuel  g;  autretel  ^^;  aler  8;  quares  6;  guar  ees  io; 
esgardes  lo;  torner  4;  trover  i;  prendes  18.  34;  poes  18.  33.  34; 
poupée  31   u.  s.  w. 

ei:  poeis  i;  voléis  9;  fe  reis  9;  penséis  10;  parleir  28;  retenéis 
prendéis  metas  beveis  aséis  meteis  37. 

-¿7/0  wird  />:   cor  ene  29;  ^A?/V  33;    ¿/f//»  37. 

fi'eies  0  vor  Nasal:  mains  9;  clainme  37;  daerrain  36;  hinter 
Palatal  Domiien  30. 

gedecktes  0  vor  Nasal:  espanderà  9;  ^í?«j  13;  comande  doutance 
quant  28;  /t7;ff^  29;  ¿/í7w  37;  vortonig  estancon  38;  estanpes  37.  — 
Daneben  steht  zweimal  /^»  36. 


58  F.  ED.  SCHNEEGANS, 

a  vor  epenthetíschem  i:  ais  7;  Canbrai  13;  contrefais  28.  29; 

/Ä7/>  37. 

Das  Suffix  ^aritiSy  ^aria  wird  -/Vr,  -iVr^:  premier  10.  36;  ^í- 
wiVr^   10;  maniere  13.   15.  34.  36;  veriere  16.  36. 

Vortoniges  a  ist  erhalten  in  paelete  9. 

Für  aquila  hat  ms.  i  die  interessante  Form  aile,  wohl  nur  eine 
orthographische  Variante  (s.  unten  T)  zu  dem  oft  überlieferten  aille. 

ms.  2  scheint  ci  für  freies  betontes  a  fremd  zu  sein  :  desUmprez 
pocz  25;   entendez  vecz  aler  35. 

Für  freies  a  vor  Nasal  nach  Palatal  hat  ms.  2  iens\  paiiens  25. 

Für  ¿7  in  gedeckter  Silbe  vor  Nasal  schreibt  ms.  2  au  in  tatmt 
25;  (levaunt  ^^,  neben  autretani  zy,  devant  (3 mal,  á^zxx  devautt  viel- 
leicht für  devau{n)t)  35. 

-aria  wird  ^ere  in  ver  reres  35.  —  aqua  erscheint  als  euge  25 
(2  mal)  und  eve  35. 

vortoniges  ¿7/  zu  a  in  vassel  25. 

ms.  3  schwankt  wie  ms.  i  zwischen  e  und  ei  für  freies  be- 
tontes a\  pQseir  quareies  riuleie  22;  iumeie  24,  neben  riules  prendes 
ares  clef  piler  linei  2 y,  ovrer  poes  2'j,  —  'iata  =  ie:  engenolie  24. 

Für  gedecktes  a  vor  Nasal  hat  ms.  3  nur  an\  canpe  (campus) 
22b;  tant  22;  angle  26.  —  aqua  wird  aive  22;  aie  27. 

¿7. 
ms.  3  hat  für  unus  una  on  one  neben  une,    sursum  wird  sos  27. 

Konsonantismus. 

Die  wichtigste  Erscheinung  betrifft  die  Palatallaute. 

ms.  I  hat  c  vor  a  meist  erhalten:  carpenterie  i.  18;  cantepleure  8; 
escau/aile  cascuns  cangiet  9;  Canbrai  13;  capeles  13.  35.  37;  can- 
del  le  s  1 8;  kaiaus  coze  28;  ör^w  34;  capieles  37;  rt?/  caneuvize  canvre 
escargne  touce  hlance  37. 

vor  ^,  /V  aus  0:  arkiere  forkies  10;  descocier  33.  Die  wenigen 
Ausnahmen  sind  technische  architektonische  Ausdrücke,  die  Vilard 
auf  seinen  Reisen  mit  der  centralfranzösischen  Aussprache  hörte: 
chavec  13;  charole  (Chorumgang)  14;  chápele  18;  chapieles  (mit  picar- 
discher  Behandlung  des  p)  36.  Auffallend  ist  chaiaus  28  neben 
kaiaus, 

ms.  2  scheint  zwischen  i-  +  0  und  r^  vor  ^,  lif  aus  a  zu  scheiden  : 
kaus  25,  aber  cheus  17;  tribuche  3. 

ms.  3  ¿-i?«/^  ¿raz'^«  22;  esscandelon  2^\  capitel  24;  esiaces  27; 
erracenmens  22,  24,  neben  r^/r  22;  r^Äiir^  (Kj.  Praes.  mit  dem  auch 
sonst  aus  ie  entstandenem  i)  24. 

Schwierigkeit  bereiten  die  Laute  f  +  ^,  i  und /i*+ Vokal,  ms.  i 
gebraucht  für  beide  Laute  anlautend  und  hinter  Konsonant  aus- 
schliefslich  c\  c-\-i^  ei  ci  ceus  ces  cest  i;  maconerie  i.  20;  chzeice 
(Adj.)  9;  CO  II.  28;  acainte  19;  /j««  29;  cesti  32;  f^/  33.  —  /i  + 
Vokal:  travecons  8;  comencé  21;  ybrr^  i.  20;  corecies  28;  estancan 
33;  comencement  34;  warance  semence  ancois  37;  einmal  jx:  espasse  6. 


SKIZZENBÜCII   VON    VILARD    DE   HONNECOURT. 


59 


1  covírík  6.  36; 
r  aeaintes  35;  einmal 


I 

I 


Auslautend  wird    der  Laut   mit  c  bezeichnet  i 
ehaife  [3;  doue  37;  a.heT  /oit. 

ms,  2  hat  ebenfalls  c  in  ameni  cist  25  ; 
aaslautend  z  in  eovtriis  35. 

ms.  3  schreibt  e  und  ch:  c'esl  6;  tmmence  19;  íu  (=  eo)  cavtce 
(iiüretl  del  22;  cesie  juslici  zy,  e'esi  redresctr  27;  chice  24  neben 
chi  14.  ig;  machonerie  22;  fAu,  stets  in  der  Fonnel/rt/-  cku,  chine  24. 

Im  Auslaut  s:  jagjis  24. 

Dasselbe  Zeichen  c  findet  sich  ms.  i  für  ^i+Vokal  in  saee  7; 
saciei  28.  29. 

Erwähnt  sei  noch  die  picardischer  Orihographie  entsprechende 
Form  argans  18,  wo  g  lateinisches  dt  darstellt  (cfr.  Suchier,  Aue. 
and  Nicol.*  S.  66). 

/  im  Ausiaat  nach  Vokalen  ist  meist  abgefallen:  ¡e  ¡^,  auch 
in  der  3.  Sing.  Perf.  _/«  5.  13.  2g.  ful  steht  einmal  in  der  ganz 
verblafslen,  sicher  nicht  von  ms.  i  stammenden  Inschrift  zu  fol.  ar". 
/  ist  erhalten  in  cangie!  (Part.)  9;  pici  8.  Nach  Konsonant  ist  /  ab- 
getalleo  in  ms.  3  e^r  27. 

Für  das  dem  Picardischen  eigentümliche  Fehion  der  Hülfs- 
laute  d,  b  zwischen  / — r,  n — r,  m — /  findet  sich  nur  ein  sicheres 
Beispiel:  paure  (pol're)  37;  daneben  conhies  b.  10.  18.  35  (ms.  2) 
und  conbe  35  (ms.  2). 

l-\-s  im  Auslaut  ist  in  ms.  i  meist  nach  picardischer  Art  zu  s 
geworden:  lot  i.  6.  36;  an  i;  poeit  i;  Irais  i.  ig;  ves  4  (so  immer); 
mailles  4;  quarts  6;  costes  6;  sarpens  7;  vets  7;  ens  entendes  fans 
hthos  8  n.  s.w.  (in  penséis  10,  aséis  beveis  37  ist  für  s  ein  r-áhn- 
liches  Zeichen  gebraucht,  das  aber  auch  i 
puisons  37  angewandt  ist). 

ms.  2    hat   auslautendes   s    in   fin 
disttmprez  poct  25,  enlenda  vets  35. 

ms.  3  kennt  nur  s:  prennes 
2r,fors  26. 

-sis  wird  s  im  Auslaut:  eis  g.  28;  mous  (=  mousts)  37. 

Vor  Flexions-f  fallen  die  Konsonanten  c,  p  aus  in  Ions  8.  22 
(ms.  3);  ars   13.  24  (ras.  3):  henas  8,     engieng-\-s  wird  engiens  i. 

j  verstummt  vor  Konsonant  in  crcliaits  36;  puil  creleus  35  (ras.  2); 
4rraetnmenl  22  f.  24  f.  (ms.  3). 

r  verstummt  mehrmals  im  Auslaut  in  ms.  3:  pa  cku  24. 

In  ms.  3  fallt  /  vor  Konsonant  aus  in  vosure  zz;  vosor  23;  vo- 
sear 24;  aires  22;  neben  haul  23. 

Der  mouillierte  ^Laut  wird  im  Wortinnern  in  ms.  i  durch  iü 
oder  //ausgedrückt:  mailies  4;  mellor  j;  loreillons  iorellen  q;  ßlloles 
\cy;  fuelles  21.  25.  37;  meillor  37. 

ms.  2  hat  holians  25:  ms.  3  tail'on  22;  laille  23;  laillie  24; 
tngenolie  24.  —  Im  Auslaut  haben  die  drei  Texte  einfaches  /: 
consti  i;  fuel  20;  vel  28;  peril  35  (ms.  2);  solel  26  (ms.  3). 

Germanisches  w  ist  erhalten  in  HV/ar/  i;  windas  ^¡\  waranee 
37;  neben  garde. 


6  und  espesses 
25    neben    3  in 


6o  F.  ED.  SCHNBEGANS, 

Folgende  Einzelheiten  seien  noch  erwähnt: 

b  für  p  in  dem  gelehrten  Worte  Idbitement  30  (ms.  i),  die 
merkwürdigen  Schreibungen  domer  29,  endamer  30  in  ms.  3,  aus 
denen  man  schliefsen  möchte,  dafs  der  Schreiber  von  ms.  3  kein 
geborener  Franzose  ist,  was  seine  unbeholfene  Sprache  und  tastende 
Orthographie  erklären  würde;  freilich  finden  sich  ähnliche  Formen 
{enireconderent)  in  der  Handschrift  des  Chevalier  as  deux  espees 
(s.  Ausg.  von  Foerster  p.  LI). 

FORMENLEHRE. 
Für  den  bestimmten  Artikel  weist  ms.  i  folgende  Formen  auf: 

Masculinum.  Femininum. 

Sing.  Nom.  //  Sing.  Nom.  //* 

Acc.    U  Acc.    ie^  einmal  li  13 

Plur.   Nom.  //  Plur.  les, 

Acc.    les  {des) 

In  ms.  2  finden  sich  die  Formen:  Masculinum  Sing.  Acc.  le, 
Plur.  Acc.  les;  Femininum  Plur.  les.  Für  Sing,  im  Femininum  ein- 
mal del  2  s  (cfr.  Meyer -Lûbke  II  S.  126). 

ms.  3  hat: 

Masculinum.  Femininum. 

Sing.  Nom.  //*  22  Sing.  Nom.  li,  le  (le  male  20) 
Acc.     le  Acc.     la,  le. 

ms.  1  führt  die  Regeln  der  Deklination  mit  Konsequenz  durch  : 
Nom.  Sing,  der  Masculina  hat  immer  das  Flexions -j  bei  Substan- 
tiven und  Adjektiven  (sowohl  in  prädikativer  wie  in  attributiver 
Stellung).  Im  Accusativ  steht  einmal  irrtümlich /«^//?j  de  col  roges  37 
neben  richtigem  col  rogé.  Der  Nominativ  Pluralis  der  Masculina 
steht  regelmäfsig  ohne  s  (sages  io  wird  wohl  als  Nom.  Sing,  auf- 
zufassen sein). 

ms.  2  hat 
Mase.  Sing.  Nom.  chetis  7     unnemens  25     neben  bon 
Acc    le  cover  Uz  35 
Plur.  Nom.  angeles  35 

Acc.    ars  buter  et  35     un  (wohl  für  uns)  bas  creteus  35 
Fem.    Sing.  Nom.  un  imaie  17     ses  color  25 
Acc    kaus  25. 

ms.  3  hat  im  Nom.  Sing.  Mase,  li  ons,  li  atres  27,  im  Nom. 
Plur.  der  Masculina  cor  (von  curtus)  27,  im  Fem.  Sing.  Nom.  li 
masons  6,  pesans  27,  im  Plur.  Nom.  Ions,  Acc.  a  droite  loisons  15. 

Der  Text  bietet  folgende  Pronominalformen: 

Personalpronomina: 
I.  Pers.  Sing.  Nom.  io  5.  6.  7.  11 
3.  Pers.  Nom.  Fem.  Ule  33     Plur.  eles  34 

Dat.  Mase  lui  i   (satzunbetont  li  28) 
Fem.    li  4.  26  (ms.  3). 


SKtZZSNBUCH  VON    VILARD  DE  HONNECOURT.  6 1 

Possessivpronomen  : 
3.  Fers.  Fem.  Sing.  íarnu  i     st  soie  29. 
I.  Fers.  FeoL  (Mehrzahl)  vo  plaü  37. 

Demonstrativpronomen  : 
Mase.  Sing.  Nom.  cil  2  (ms.  2?).  28     Acc  cel  33 
Fem.  Sing,  cele  34. 
Pluralis  ceus  i 

Mase.  Sing.  Nom.  ds  9.  28     eis  25  (ms.  2)     Acc.  cesi  i 
Fem.  cesU  27  (ms.  3)     Dat.  cesti  32 
Pluralis  ces, 

ecce-hoe  wird  co  ^y  (cku,  cu  in  ms.  3)  und  ce  2^  (ms.  2).  36. 
Von  nul  findet  sich  die  Obliquusform  nelui  28. 

Konjugation. 

Indie.  Praes.  i.  Fers.  Sing,  par  oil  28  zeigt  Anbildung  an  die 
i'-Verba. 

In  ms.  3  ist  die  Behandlung  der  3.  Fers.  Sing.  Praes.  Indie,  vor 
dem  unpersönliehen  on,  om,  um  beachtenswert.  Formen  wie  frov  om 
21.  22,  tail  om  22.  24,  tori  om  (Hs.  ior  torn)  22,  moni  om,  don  on, 
bev  um  24  geben  die  Aussprache  {tor  tom)  des  litterariseh  unge- 
bildeten Schreibers  wieder  mit  Ausfall  des  Schlufs-^  und  Behand- 
lung des  Stammvokals  und  Stammkonsonanten  wie  in  endungs- 
betonten Formen  und  im  Inlaut  {trov  om), 

ms.  I  hat  einige  Futura  von  Verben  L  auf  Kons.  +  r  und  r  mit 
Umstellung  des  9:  ouverront  i,  duerront  37  und  Futura  mit  Hûlfsvokal 
espanderà  9  und  zugleich  Umstellung  paerra  37  (neben  corra  8). 

Erwähnt  sei  Imper.  2.  Fers.  Fl.  prendes  18.  i^i-  37»  während 
ms.  3  prennes  15  hat 

ms.  I  hat  stets  den  Infinitiv  veir  18.  33.  34.  36;  ms.  2  neben 
aver,  geiir  und  ostier\    ms.  3  cheir. 

Besondere  Erwähnung  verdient  das  Participium  argans  von 
ardere  analogisch  nach  Konj.  arge,  Aehnliche  Ueber tragungen  finden 
sich  auch  sonst  in  picardischen  Texten,  so  arg  oit  (Tailliar,  Textes 
wallons  nO  164,  Urkunde  der  Abtei  Auchin).  Die  artesische  Chronik, 
ed.  Funck- Brentano  (Collection  de  Textes  pour  renseignement  de 
rhistoire  1899)  hat  neben  Konj.  Praes.  argent  S.  57  argoient  S.  68, 
die  Chansons  et  dits  artésiens  ed.  Jeanroy  XXI,  64  argans  ent- 
sprechend torjant,  s.  W.  Kirsch,  Zur  Geschichte  des  consonantischen 
Stammauslauts  im  Präsens  S.  38,  68. 

Für  die  Sprache  Honnecourt's  ergiebt  die  Untersuchung  des 
Skizzenbuches  folgende  dialektische  Züge,  die  wir  kurz  zusammen- 
stellen: 

1.  e,  f  vor  Nasal  und  a  vor  Nasal  werden  auseinandergehalten, 
zweimal  aber  an  durch  en  ersetzt  {peii), 

2.  Freies  e  und  a  vor  Nasal  fallen  in  ain  zusammen.  Die 
Schreibungen  plainne,  clainme,  die  den  ursprünglichen  Nasalvokal 
treu  wiedergeben,  finden  sich  mit  ziemlicher  Konsequenz  in  picar- 


02  F.  ED.  SCHNEEGANS, 

dischen  und  wallonischen  Texten,  so  in  Gui  de  Cambrai's  Barlaam 
und  Josaphat,  in  den  Urkunden  des  Livre  rouge  de  St.  Quentin 
{damme,  claimme  n^  34),  in  den  Urkunden  von  Pontbieu  {avainfu, 
tnamne),  im  Poeme  moral. 

3.  Gedecktes  /  wird  bald  durch  e  bald  durch  te  bezeichnet. 
Die   Sprachgrenze    ist    für    diese   Erscheinung    durch   Suchier 

(Grundrifs  I  S.  602)  bestimmt  worden.  Er  giebt  als  äuiserste  Vor- 
posten des  Gebietes  Aire,  Lille,  Douai,  Cambrai,  Avesnes,  Mau- 
beuge an.  Das  Vorkommen  des  ie  in  Honnecourt  erlaubt  uns 
die  Grenze  etwas  genauer  zu  bestimmen.  Da  St  Quentin  den 
¿f-Laut  nicht  kennt,  ^  wird  die  Grenze  in  der  Gegend  von  Honne- 
court sich  hinziehen,  vielleicht  z.  T.  mit  der  südlichen  Grenze  des 
Erzbistums  von  Cambrai  (zu  dem  Honnecourt  gehört)  überein- 
stimmen. Von  da  scheint  sie  sich  stark  nach  SW.  zu  wenden, 
denn  der  Laut  ü  ist  in  Cappy  (Arrondiss.  Perronne)  bezeugt  durch 
eine  Urkunde  von  1202  (Tailliar,  Actes  wallons  n^  6).  Den  älteren 
Texten  von  Arras  ist  te  unbekannt.  Ein  weiterer  Grenzort  ist 
Hénin-Liétard  (Charte  communale  et  serment  des  échevins  de  H.-L., 
Tailliar  S.  387  ff.). 

4.  .^/+Kons.  wird  eu,  nicht  tau.  Die  einzige  Form  ceus^  wird 
als  individuelle  Ansprache  W.'s  aufzufassen  sein,  denn  die  Texte 
von  St.  Quentin  und  Cambrai  führen  den  picardischen  Laut  durch. 

5.  ^  +  epenthetischem  i  wird  ie, 

6.  Freies  a  wird  zu  e  und  ei  (cfr.  Grundrifs  I  S.  602). 

7.  -arius  wird  -/Vr;    -iaia  wird  ie, 

8.  Freies  q  diphthongiert  zu  ue, 

9.  "ieu  in  locus,  focus  wird  zu  iu,  u  (cfr.  Suchier,  Aue.  und 
Nie.'*  S.  70),  daneben  ieu, 

10.  Beispiele  des  Wandel  von  p/+Kons.  zu  au  fehlen. 

11.  Freies  0  erscheint  als  0  und  eu,  o  vor  Nasal  wird  durch 
u  wiedergegeben. 

12.  f  +  ö  ist  erhalten. 

c-\-if  e,  //'+ Vokal  sind  stets  durch  c  ausgedruckt,  das  den 
¿"Ä-Laut  bezeichnet,  ebenso  wie  in  sace,  sacies.  Den  Beobachtungen 
O.  Siemt's  (Ueber  lat.  c  vor  e,  i  im  Picard.  S.  18  ff.)  entsprechend, 
schreibt  Vilard  einmal  espasse,  fois  hat  auch  sonst  in  picardischen 
Texten  -s  (s.  Siemt  S.  17). 

13»    /  +  -T  ina  Auslaut  wird  durch  s  wiedergegeben,  ebenso  -sis. 

14.  /im  Auslaut  ist  z.  T.  noch  erhalten.  Die  Texte  der  dia- 
lektisch Honnecourt  nächstliegenden  Orte  Cambrai  und  St  Quentin 


^  Die  Durchsicht  der  genauen  Urkunden  des  Livre  rouge  de  St.  Quentin 
(ed.  Bouchot  et  Leraaire,  St.  Quentin  1881)  und  der  Archives  anciennes  de  la 
Ville  de  St.  Quentin  (ed.  Lemaire  I  a.  1076— -1328,  St.  Quentin  1888)  bestätigt 
die  Thatsache.  Im  Livre  rouge  fìnde  ich  nur  einmal  quarrül  n^  53  und  den 
„Heu  dit":  au  pierge  de   Venevilar,  wo  gedecktes  f  vorzuliegen  scheint. 

'  Formen  auf  -eu  kommen  gelegentlich  auch  sonst  in  picardischen  Texten 
vor,  s.  Haas,  Zur  Geschichte  des  /  vor  folgendem  Consonanten  im  Nordfran- 
zösischen, Freiburger  Dissert.  18891  S.  67  f. 


í 


SKIZZENBUCH    VON    VILAED   DE   HONNECOÜRT.  63 

zeigen    ziemlich    konsequent  Erhaltung   des  /  (besonders  das  Livre 
rouge  de  St  Quentin  und  die  Archives  anciennes  ed.  Lemaire). 

15.  Das  mouillierte  /  im  Auslaut  ist  durch  einfaches  /  wieder- 
gegeben. 

16.  Der  Húlfslaut  ä  fehlt  zwischen  Ir  in  poure,  b  findet  sich 
dagegen  in  combti,  das  wohl  als  technischer  Ausdruck  der  Bau- 
kunst die  central  französische  Form  aufweist, 

Teste  aus  den  verschiedenen  Gegenden  der  Picardie  zeigen 
eine  aufFallcnde  Konsequenz  in  der  Auslassung  des  Hülfslaules, 
der  nur  in  bestimmten  Wörtern  vorkommt:  in  Cambrai'  {Tailtiar 
«•215.  260.  268.  108),  io  SL  Quentin Ï  finden  sich  neben  den 
Formen  ohne  Hiilfslaut  samblable  (Livre  Rouge  LXl),  apparlendroü 
(ib.  LXIV),  imamhlt  {ib.  LXXIII).  In  der  Charte  communale  de 
Philippe-Auguste  für  St,  Quentin  (Anf.  des  XUL  Jahrhs.  Livre  Rouge 
Appendice  nach  einer  Abschrift  des  XllL  Jahrhs.)  stehen  nur 
Formen  ohne  Hülfstaul.^  Arras,  Douai,  Valendennes,  Lille,  SL  Omer 
{z.B.  Aumelemait''),  Aire  und  die  Texte  von  Ponthieu  (ed.  Raynaud) 
weisen  ebenfalls  nur  Formen  ohne  den  Hülfslaut  auf,  aulser  den 
Vertretern  von  insimul  und  simulare,  denen  zugleich  die  Ausspraclie 
S  und  entsprechende  Schreibung  mit  an,  am  eigentümlich  ist. 

17.  Die    Artikelformen    sind    Mase.   //  —  U,    H  —  /«,    Fem. 
U,   Its. 

18.  Die  Deklinationsregeln  sind  noch  konsequent  durchgeführt. 

19.  Das  Possessivpronomen  weist  die  picardische  Form  se 
(Fem.  Sing.)  und  die  verkürzte  Form  im  Fem.  no. 

20.  ms.  1  weist  folgende  Erweiterungen  der  j- Verba  auf:  paroil, 
argons. 

Der  Infinitiv  von  videre  lautet  veìr. 

Das  Futurum  zeigt  Formen  mit  Umstellung  des  e  bei  Verben  I 
auf  Kons. +  r  und  Eintritt  des  Hülfsvokals  in  tspandtra,  patrra. 

Die  angeführten  Beispiele  zeigen,  mit  welcher  Genauigkeit 
und  Konsequenz  Vilard  de  Honnecourt  die  Laute  seines  ange- 
borenen Dialektes  wiedergegeben  hat  im  Unterschied  zu  den  beiden 
andern  Sclireibern.  Erwähnt  sei  noch  die  Anwendung  des  Zeichens 
I  vxm  Ausdruck  des  tönenden  inlautenden  j*  in  Sarroiin  5,  motion  6, 
tatti  8,  chteiei  deoiu  9,  glize  öfters  (einmal  glise  34),  coze  28  u,  s.  w. 
neben  tspasst  6,   etptsses  ases  laustes  37. 


<  I.  auch  Droits  sdgneutiaDx  das  am  ívíquet  de  Cambrai 
FÎDot  (Balleiiii  «cbfologiijuc  da  Comité  du  Iravaax  hUlorlquei 
fiqoes  1891   S.  432  ff.). 

•  Livre  rouge   de  St  Quentin   und    Archives 
Chutes  du  Vcrmandois  in  Bibl.  de  l'ícole  des  ch 


1175  ' 


ed.  Lemaitc. 
XXXV. 

n  Veimandois  (-(■  108 


•  Mim.   de  1s   Sodétí   des   Antiquaires   de   la   Molinie  XIX,  1884  —  5, 
S.313  {.  (Coutumes  de  St.  Orner). 

*  (  für  tönendes  r  encbeint  in  den  von  Raynaud   behandelten  Urkunden 
too  Ponthieu  erst  seit  1283. 


^_    too  Pontht 


64  F.  ED.  SCHNEBGANS, 

ms.  2  weist  folgende  dialektische  Züge  auf: 

1.  der  Diphthong  -/>»  ist  erhalten  in  orgieus,  orpüumenif  fyeule\ 
focus  wird  aber  fiu, 

2.  e  in  offener  Silbe  wird  zu  ot  und  ai,  e. 

3.  gedecktes  p  und  gedecktes  a  vor  Nasal  sind  geschieden. 

4.  gedecktes  /  diphthongiert  nicht     -ellus  wird  -eus, 

5.  gedecktes  a  vor  Nasal  ist  öfters  durch  ^aun  wiedergegeben« 

6.  ^arius  wird  ~ere, 

7.  vortoniges  ai  wird  zu  a, 

8.  für  aqua  finden  sich  die  Formen  eve,  mge, 
g.   olea  wird  oile. 

10.  c  bleibt  vor  a,    wird  vor  dem  aus  a  entstandenen  e  durch 
ch  ausgedruckt 

11.  c-\-e,i,  /i -{-Vokal  werden  durch  r  wiedergegeben,  im  Aus- 
laut in  dem  einzigen  Beispiel  durch  z. 

12.  Der  Artikel  lautet  im  Mase.  U,  im  Femininum  ist  del  über- 
liefert (cfr.  Meyer-Lübke  II  §  104). 

Folgende  Infinitivformen  sind  erhalten:  aver,  getir,  ostier. 

Soweit  aus  den  wenigen  Formen  ein  Schlufs  zu  ziehen  ist, 
läfst  sich  vermutungsweise  als  Heimat  des  Schreibers  von  ms.  2  der 
Süden  des  picardischen  Gebietes  bezeichnen,  ms.  2  schreibt  aufser- 
halb  des  Gebietes,  auf  dem  gedecktes  ç  zu  ie  wird.  Für  die  Nähe 
der  Champagne  spricht  der  Wandel  von  ai  zu  a  (s.  Wilmotte 
Romania  XX  479  ff.).  Die  Schreibung  dun  für  gedecktes  a  vor 
Nasal  ist  nicht  mafsgebend  ;  sie  findet  sich  nicht  allein  in  der  Nähe 
des  normannischen  Gebietes.^  Auch  die  Behandlung  von  ieu  bietet 
keinen  Anhalt.^ 

Ziehen  wir  die  Behandlung  von  freiem  e,  das  ai  und  oi  wird 
und  auf  die  Nähe  der  Ile  de  France  hinweist,  hinzu,  so  läfst  sich 
als  Heimat  des  Schreibers  von  ms.  2  die  Gegend  bestimmen,  wo 
Ile  de  France,  Champagne  und  Picardie  zusammenstofsen.^ 

Die  Form  euge  ist  wohl  identisch  mit  dem  auf  picardischem 
und  ñandrischem  Gebiet  weitverbreiteten  euwe  aus  aqua,  wo  w 
den  Uebergangslaut  zwischen  dem  aus  tfia  entstandenen  Diphthong 
eu  und  9  darstellt*  Das  g  von  euge  könnte  entweder  aus  einer 
Kreuzung  von  euwe  und  aigue  entstanden  sein  oder  ist  aus  dem 
auch    sonst    in    picardischen    Urkunden    bezeugten    Wechsel    der 


^  So  z.  B.  Oorkondenbock  van  Holland  en  Zeeland  ed.  Van  Den  Bergdc 

S.  357- 

^  iâu  und  tu  begegnen  nebeneinander  auch  in  den  von  F.  Neamann  be- 
handelten Urkunden,  so  dafs  üu  als  eine  jüngere  Form  anzusehen  ist  (s.  Zur 
Laut-  und  Flexionslehre  des  Altfranzösischen  S.  42). 

^  In  Cambrai  fìnden  sich  neben  Formen  auf  oi,  oe  und  o  auch  Beispiele 
von  ai,  ei  aus  e  (s.  Tailliar  n^  i  Arethoes,  ouvoet  =  habebat,  mo  «»  mensis, 
n**  18  estait,  deit.  In  den  Briefen  des  Bischofs  Wilhelm  von  Cambrai  (Pcrtx 
M.  G.  SS.  VII,  no  CXXI)  estaü, 

*  Vgl.  euwes  (habutas)  in  „Etablissement  d'une  franche  fête  à  Douai  par 
la  Comtesse  Marguerite  de  Flandres  et  de  Hainaut*'  (Tailliar  n°l77),  auwes 
(auca)  Urk.  von  Douai  ib.  n^'  123.  196. 


SKIZZKNBUCH  VON   VILARD   DE  HONNECOURT.  65 

Zeichen  w  und  ^^  zu  erklären;  es  bat  wohl  sicher  nur  ortho- 
graphischen Werth  (vgl  die  Verkürzung  ¿w  35).  Die  Form  odge 
könnte  gegen  die  eben  vorgeschlagene  Lokalisierung  des  Textes 
ms.  2  angeführt  werden.  Denn  euwe  scheint  besonders  in  einer 
nördlichen  Zone  des  picardisch-wallonischen  Gebietes,  zu  dem  Cam- 
brai nicht  mehr  gehören  würde,  und  in  Flandern  vorzukommen.^ 

Für  ms.  3  ergeben  sich  folgende  Spracheigentümlichkeiten: 

1.  teu  wird  tu. 

2.  ü  aus  freiem  f,  aus  a  nach  Palatal  und  ^arius  wird  1. 

3.  in  geschlossener  Silbe  unterbleibt  die  Diphthongierung  von  /. 

4.  vortoniges  ai  und  betontes  und  vortoniges  oi  werden  zu  a 
und  (?  (einmal  a)  vereinfacht. 

5.  e  und  a  in  gedeckter  Silbe  vor  Nasal  sind  geschieden. 

6.  freies  ç  wird  nicht  zu  eu  diphthongiert. 

7.  freies  a  wird  bald  durch  e  bald  durch  ei  wiedergegeben. 

8.  li  in  unus,  una,  sursum  wird  zu  0, 

9.  c  bleibt  vor  a,  wird  durch  ch  ^viedergegeben  vor  e,  ie  aus  a. 
IG.   €-{-€,  i  und  //+ Vokal  werden  ch   (in   der  Schrift   bald   c 

bald  cK)^   im  Auslaut  zu  x. 

11.  t-^-s  im.  Auslaut  werden  zu  s. 

12.  /  verstummt  meist  vor  Konsonant 

13.  silbenanlautendes  /  wird  zweimal  zu  d, 

14.  ms.  3  kennt  die  Artikelform  U  fur  das  Femininum. 

Auch  der  Schreiber  von  ms.  3  gehört  dem  picardischen  Sprach- 
gebiet an.     Nach  dem  Osten  weisen  2  und  6  hin. 

Die  Behandlung  von  u  in  on^  one  ist  im  Norden  weit  verbreitet. 

ANMERKUNGEN.3 

IG.  Dem  Texte  sind  drei  Zeichnungen  beigegeben:  eine 
Fensterskizze,  der  Grundrifs  des  Turms  im  ersten  Stockwerk  mit 
den  vier  Vorbauen,  die  jeder  je  zwei  Ecktürme  haben  (die  ,VIIL 
aresies  und  .IUI.  fUloles).  Die  colonbes  de  irois  sind  Säulenbündel, 
deren  Querschnitt  auf  der  Zeichnung   zu   sehen  ist   und   die  das 


^  Vgl.  lanwe  neben  langhe  in  den  Chansons  et  dits  artésiens   éd.  Jcan- 

roy  3.  S- 

*^  lîénin - Liétard   (Tailliar  p.  432),    Douai:   euwf»   euwage  (ib.  145.   146), 

Arras:  EuwtlUrie  (ein  Quartier  der  Stadt  Arras:  Chansons  et  dits  artòsiens 
XV,  26),  Lille:  euwe  (Tailliar  n°  208  und  262).  Für  Flandern  ist  die  Form 
bezeugt  durch  Tailliar  n°  206.  In  einer  Urkunde  von  Cappy  (Somme)  finde 
ich  aige,  aigue,  in  Cambrai  bei  Gui  de  Cambrai,  Bari,  und  Jos.  ewe»  eve, 
euue»  aigiie,  in  den  Gesta  episcoporum  Cameraccnsium  (Pcrtz  M.  G.  SS.  VII) 
yawsoes,  ebenso  in  St.  Quentin  (Livre  Rouge:  Passelyaue  53,  iauve  196.  197; 
in  den  Archives  ancieimes:  yaus\  in  Valenciennes  aiuwes  (Charte  de  la  frairic 
de  la  halle  des  draps  de  Valenciennes  ed.  Caffiaux,  Mém.  de  la  Soc.  des  anti- 
quaires de  France  38  p.  i  flf.). 

3  Es  sei  audrücklich  auf  den  trefflichen  technischen  Kommentar  und  das 
Glossar  der  Lassus^schen  Ausgabe  hingewiesen ,  die  für  die  obij^en  Erklä- 
rungen, die  nur  das  Verständnis  einiger  Stellen  erleichtern  sollen,  reichlich 
benutzt  wurden. 

Zdtschr.  £  rom.  Pba.  XXV.  c 


66  F.  ED.  SCHNBEGANS, 

Gewölbe  der  Vorbaue  tragen.  Das  zweite  Stockwerk  ist  in  zwei 
Abteilungen  geteilt,  die  Vorbaue  der  unteren  sind  als  arkei  et  «i- 
tau/emenst  die  der  oberen  (ofifen,  auf  acht  Säulen  und  mit  vor- 
springenden Ochsenleibern  verziert)  als  filióles  bezeichnet  Die 
arket  et  eniaulemens  (oberer  Abschlufs  des  Stockwerkes)  tragen  die 
.VIIL  cresies,  zwischen  denen  sich  die  schmalen  Fenster  befinden 
{arkiere,  eine  ist  auf  der  Zeichnung  sichtbar). 

15.  d^on  piler  metre  a  droite  toisons  ==  ,,mit  richtigen,  passenden 
Fugen",  gemeint  ist  die  Verbindung  der  dem  Pfeiler  angefügten 
Säulen  zu  einem  Säulenbundel. 

22  b)  „par  ce  moyen  trouve-t-on  le  milieu  d'un  champ  décrit 
au  compas"  L.;  Ergänzung  von  22  a.  In  beiden  Problemen  handelt 
es  sich  um  die  Auffindung  des  Mittelpunktes  eines  Kreises  (in  22a 
des  Querschnittes  durch  eine  Rundsäule)  mit  Hülfe  zweier  Punkte 
der  Peripherie. 

22  ¿)  L.,  der  auf  die  Erklärung  des  Problems  verzichtet,  über- 
setzt „Par  ce  moyen  fait-on  arriver  deux  pierres  à  un  point,  si 
elles  ne  sont  pas  éloignées";  es  heifst  doch  eher  „mögen  sie  auch 
entfernt  sein". 

24  f)  „Par  ce  moyen  on  biaise  les  arrachements  jaugés  pour 
chaque  membre  sans  modèle"  L.  Nach  Quicherat's  geistvoller  Er- 
klärung, der  sich  L.  anschliefst,  handelt  es  sich  um  einen  Bogen- 
träger,  von  dem  die  verschiedenen  Gewölberippen  {membre)  in 
spitzen  Winkeln  {bev*om)  ausgehen  und  um  ein  Mittel  die  Form 
des  Trägers  zu  bestimmen.  Die  Zeichnung  stellt  einen  Querschnitt 
durch  einen  Träger  dar. 

25.  vive  kaus  bolete  et  orpieument:  boUte  (von  bole^  Kugel)  kann 
nicht  gemeint  sein;  zu  diesem  „teigartigen"  Schönheitsmittel  gehört 
„gestofsener  Kalk  (kein  Stückkalk,  den  das  Wasser  nur  zerbröckeln 
würde)",  „ungelöschter  Kalkstaub"  oder  „Kalkmehl".  Man  denkt 
an  buleter  (nfr.  bluter),  bolete  et  könnte  irrtümlich  für  buletée  et  stehen. 
Schwierigkeit  bereitet  aber  der  (?-Laut,  da  sonst  ms.  2  nicht  0  fur 
lat.  ü  kennt  und  altfr.  nur  buleter  vorzukonmien  scheint;  vgl.  aber 
wallon,  boti  =  bluter  (Grandgagnage). 

31.  Das  Blatt  weist  zwei  Zeichnungen  auf,  einen  einfachen 
Kirchenstuhl  oben,  unten  einen  mit  Rankenwerk  verzierten,  der 
auf  einem  der  folgenden  Blätter  in  noch  reicherer  Schnitzarbeit 
wiederholt  und  als  bone  poupée  32  bezeichnet  wird.  L.  möchte  den 
ersten  Teil  der  Inschrift  31  auf  die  untere  Zeichnung  beziehen 
und  erklärt  poupée  als  „rinceau,  enroulement,  espèce  de  cloison 
feuillagée,  quelquefois  avec  figures  terminant  un  rang  de  stalles"; 
den  Rest  der  Inschrifl  a  ./.  entreclos  a  tote  le  clef  bezieht  er  auf 
die  obere  Zeichnung,  die  einen  Kirchenstuhl  in  der  Mitte  der 
Reihe,  zu  der  die  untere  poupée  den  Abschlufs  bildet,  darstellt; 
denn  die  reichverzierte  poupée  kann  nicht  die  Scheidewand  zwischen 
zwei  Stühlen  bezeichnen,  die  immer  einfach  ist  nach  Art  der  oben 
skizzierten.     Er   erklärt   de/  als  „accoudoir  assemblé  avec  la  pièce 


SKIZZBNBUCH  TON  VILARD  DB  HONNECOUKT. 


67 


courante  qui  forme  le  dossier*'.  Ich  würde  lieber  unter  clef  einen 
auf  der  oberen  Zeichnung  sichtbaren  Stift  verstehen,  der  den  be- 
weglichen Sitz  mit  der  Rückwand  des  Stuhles  verbindet. 

34.  orbes  arkes  sind  innere  gewölbte  Gänge  längs  den  Fenstern 
des  ersten  Stockwerkes,  welche  die  weit  vorspringenden  Gewölbe- 
pfeiler durchbrechen. 

36.  Ves  ci  les  molles  des  chapules  de  cele  pagne  =  „Das  sind 
die  Modelle  (Querschnitte),  die  in  der  hier  behandelten  Kapelle 
vorkommen''.  Mit  louons  ist  die  Verbindung  der  Halbsäulen  mit 
dem  Pfeiler  zum  Säulenbundel  gemeint 


GLOSSAR. 


acainte,     accainte:     Schirmdach    18; 

Seitenschiff  einer  golbischen  Kirche 

35  ;  s.  Da  Gange  s.  v.  accincta. 
agies:  Hallung,  Bewegung  i;  s.  Gode- 

froy  s.  V,  agies,  agiez. 
aguiU:  Turraspiue  23  g. 
aiU:  Adler  7;  aquile  26. 
aive:  Wasser  22 j.  1;    aie  27. 
angle:  Winkel  23  b. 
arbre:  Radachse  27. 
arc:  Bogen  22  c.  24  h;     arc  boterei: 

Strebebogen  13.  35. 
arke:  Gewölbebogen,  gewölbter  Gang 

34. 

ar hiere:  Schieisscharte,  schmales  Fen- 
ster 10;   s.  Grodefroy  s.  v.  archiere. 

art:  Kunst  I.  20.  21. 

atenir:  festhalten  33. 

autre  tant  —  com:  sowohl  —  als 
auch  22  k. 

bas:  Holz,  Holzbalken  27. 
behot:  Röhre  8. 
bever:  schräg  ansetzen  24  f. 
bolete:  s.  Anm.  zu  25. 
boter  et,  buter  et  s.  arc, 

Canbrai  13. 

caneuvite:  Hanfsamen  37;  s.  Godefroy 
s.  V.  canebuise  (bezeichnet  den  Hanf- 
samen in  der  Gegend  von  Douai). 
tangier:  abwechseln  lassen  9. 
canpe:  Feld,  Fläche  22  b. 
cantepieure:  „robinet  quelconque  lais- 
sant écouler  Teau  peu  à  peu;  arro- 


soir" L.  ;  s.  Du  Gange  s.  v.  canta- 
plora. 

capitel:  Säulenkapitäl  24  a. 

Carnoti  {S.  Maria):  Chartres  15. 

carole,  charole:  Chorumgang;  s.  Du 
Gange  s.  v.  carola  (clathros  seu  co- 
lumellas fabrefactas,  olim  in  quibus- 
dam  Gralliarum  provinciis  in  Nor- 
mandia saltern,  dictas  Caroles)  und 
Godefroy. 

carpenterie:  Zimmttrhandwerk  i;  Bal- 
kenwerk 18. 

chavec,  cavece:  Chor  13.  22. 

ciment:  Cement  25. 

cintreel:  Bogen  22  e. 

ciziel:  Meifsel  37. 

Cistercienns  ordo  17. 

Cistiaus  13. 

clef:  Schlufsstein  des  Spitzbogens 
23  c.  d.  —  Teil  eines  Kirchenstuhles 
s.  Anm.  zu  32. 

clozeic  adj.:  verschlossen  9;  s.  Gode- 
froy s.  V.  closeis. 

clostre:  Kreuzgang  22  k. 

co  {por):  deswegen  weil  11. 

col:  „saillie  du  contre-fort"  L.  lO. 

col  roge:  Rotkohl  37. 

colonbe:  Säule  7.  22. 

conble:  Dachstuhl,  Gewölbe  10.  18.  25. 

Come  (5.)  30. 

conpas:  Zirkel  22.  24  h;  Kreis  {une 
ais  a  J  1 1,  conpas:  Dreipafs)  7;  cfr. 
Du  Gange  s.  v.  compassus;  Gode- 
froy. 

consel:  Anleitung  I. 


68 


p.  BD.  SCHNSBGANS, 


contrefaire:  abzeichnen  (al  vif:  nach 

dem  Leben)  28.  29. 
copresse:  Stütze  27. 
Corine  (Pier es  de)  14. 
covertic:  Dach  6.  35.  36. 
creste:  Spitztûrmchen  io. 
eretici:  Zinne,   zinnenartige  Brüstung 

34.  35. 

descoscier:  abschiefsen  33. 

desputer  (se)  de:  konkurrieren  um  4. 

desquari:  eckig  13. 

destenprer:  mischen  mit  25. 

deviter:  erklären  9. 

doctriner:  abrichten  (einen  Löwen)  28. 

Domijen  (5.)  30. 

douhliel:  Pfeilergurt  36. 

droit  (a)  adv.:  richtig  9. 

enbracement:     Vierpaû     (vierteiliger 

Rahmen  um  eine  Radachse)  27. 
enconbre:  Häufung  24  a. 
endamer:  anschneiden  27. 
engenolie  (vosure):    „voussoir    pronlé 

suivant  une  courbe"  L.  24. 
en^ng:   Baumaschine  i.  26;   Wurf- 

maschine  23. 
entauletnent  :  Stockwerk  10.  34.  35. 
entaulé  adj.:  gepflastert  36. 
entreclos:  Scheidewand  (zwischen  zwei 

Chorstûhlen)  32. 
erracenment  :  Träger,   Gewölbeansatz 

22 f.  24 f.;  s.  Godefroy  s.v.  esrache- 

ment 
esscandelon:  Stufe  23  f. 
escaufaile:  Wärmer,  Händewärmer  9. 
esconse:  Blendlaterne  18. 
esligement:  Grundrifs  10.  13.  14. 
espandre:  ausgiefsen  9. 
espasse  f.:  Säulen  Zwischenraum  10. 
estace:  Grundpfahl  27. 
estancon:    Stützbalken    (Teil    einer 

Wurfmaschine)  33. 
estanper:  zermahnen,  zerstampfen  37. 
Jßstienne  14. 
estor:  Fenster  22  h. 
estoupe:  Werg  37. 
euge:  Wasser  25. 


ßüole:  Turmchen,  s.  Godefroy. 

force  Technik  einer  Kunst  i.  19. 

f or kiet (piler) i  Strebepfeilerio  („con- 
tre-forts d'angle  faisant  la  fourche'' 
Lassus). 

forme:  Fensterform  il.  36. 

fust:  Holz  18. 

galion  filate:  Levkoje  37;  s.  Du  Gange 
8.  v.  gariofilata,  fr.  giroflée  ;  Gode- 
froy s.  v.  gariofilee. 

getir:  werfen,  ausgiefsen  35. 

grosse:  Dicke  22  a.  23  b. 

hautece:  Höhe  23  i. 

hauture:  Höhe  7. 

hierbegier:  auf  der  „herberge'%    dem 

oberen  Abschlufs  einer  Scheidemauer 

zwischen     zwei    Nachbargebäaden, 

aufbauen  18. 
Honecourt  l,    Honnecor\f\  2,   Huné^ 

cort  14. 
Hongrie  ii.  15. 
huge:  Kasten  33. 
Humilité:    Demut  (als  personifizierte 

Tugend)  3. 

jagijs  adj.:  ausgemessen  24 f.  Gode- 
froy hat  ein  Beispiel  von  jaige  s.f. 
(„pour  ung  pié  et  une  jaige  de 
grans  voulseurs"  aus  einer  Quittung 
eines  Werkmeisters  in  Dijon,  joige 
scheint  hier  eine  Längenmafsbe- 
zeichnung  zu  sein). 

ierloge,  orologe:  Uhr  6. 

iometrie:  Geometrie  i.  20.  21;  geo^ 
metrie  22  s. 

justicier:  richtigstellen  23  c. 

kaiel:  Hündchen  28. 
kaus:  Kalk  25. 

labitement:  Steinigung  30. 

largece:  Breite  22 1. 

letre:  Text,  Beschreibung  9. 

letris:  Lesepult  7;   s.  Du  Gange  s.  v. 

lectricium. 
linei:  Lot  22  v. 


SKIZZBNBOCH  TON  TILASD  DB   HONNBCODRT. 


69 


Ih'fi:  23  j.;  LassQS  fiberseUt  y,iiiveati, 
ligne,  cordeau  à  diviser". 

¿oison:  Fuge  23  c.  36. 

Ione:  entfernt  22 1. 

Loon  IO. 

Lozane  16. 

mackonerie:  Baukunst  I.  19;  Bauart 
22  h.  24  a. 

maillet:  Hammer  4. 

maizcn:  Behausung,  Bebälter  6. 

maniere:  Bauart  5.  7.  8.  IO.  13.  34; 
manine  27. 

menare:  architektoniscbes  Glied  24  f. 

mesure  que  (par);  auf  die  Art  dais 
24  b. 

mater  e:  Stoff,  Anleitung  15.  19. 

Miax  14. 

mole:  Modell  52.  23  g.  24  e.  36. 

montee:  Aufriís  IO.  1 3.  34.  35.  36. 

mors:  Krönung,  Abscblufs,  nfr.  amor- 
tissement 35. 

moustier:  Kirche  36. 

nokeret:  Dachrinne  oder  Wasserspeier 
35  ;  s.  Godefroy  s.  v.  nochiere,  no- 
kiere,  nochere. 

ogive:  Spitzbogen  36. 
orbe:  dunkel,  verborgen  34. 
Orgieus:  Hochmut  (Personifikation)  3. 
orpieument:  Operment  25. 

paelete:  Pfanne  9. 
fan  (plain):  Mauer  13.  36. 
pavement:  Fliese  15. 
feignon:  Giebel  6. 
peignonciel:  Giebel  6. 
fendant:  Hängebogen  23  a. 
ftniel:  Fläche  6. 
fer  soir:  Presse  22  p. 
Vieres  de  Gorbie:   ein  Architekt,   der 

mit  Vilard  konkurriert  14. 
^iUr  forkiet:  Strebepfeiler  10. 
Pharao  (S.)  :  die  Farokirche  in  Meaux 

H. 
flom:  Senkblei  23 j. 
point:  Mittelpunkt  24  d. 
forc  esfi:  Stachelschwein  29. 


portraire:  zeichnen,  skizzieren  11.  24  c. 

portrait:  Zeichnung  6« 

portraiture:  Zeichenkunst   i    (fortu* 

ratura  19)  20;  Zeichnung  9.  35. 
poupée:    Rankenverzierung    an  einem 

Kirchenstuhl  31.  32. 
pour  e  :  Pulver  37. 
proel:  Klosterhof  22  k. 
pumiel:  Knopf,  Knauf  7. 

quint  point:  „arcade  qui  a  pour 
centre  de  chacun  de  ses  arcs  un 
des  points  divisant  sa  base  en  cinq 
parties  égales,  ce  point  étant  le 
cinquième  à  partir  de  la  naissance 
de  l'arc"  L.  23  d. 

recoper:  Pfähle  unter  Wasser  absägen, 

nfr.  receper  27. 
redevoir    unpers.:    wieder,    ebenfalls 

soUen  35. 
redrescir:  aufrichten  27. 
roonde:  runde  Säule  23  b. 

Salemon:  König  Salomon  12. 

sanemonde:  Levkoje  37;  s.  Godefroy. 

Sar ratin:  Sarrazene  5. 

scere:  Winkelmafs  23  c. 

soie:  Borste  29. 

soir:  sägen  26. 

sole:  Terrasse  27.  33. 

soore:  Säge  26. 

sorvols:  Rippe  (an  einem  Gewölbe)  36. 

soutre  (par):  unten  8. 

tanesie:  Rainfarn  (tanacetum)  37;  s. 
Godefroy  s.  v.  tanisie. 

ter  gier:  bestreichen  37. 

tyeule:  Ziegel  25. 

tijrc:  Spitzbogen,  nfr.  tiers-point,  23  c. 

toi%e:  Klafter  23. 

toral:  zum  -Turm  gehörig  36. 

toreillon:  Drehzapfen  9. 

torete:  Türmchen,  turmartige  Verzie- 
rung 8. 

torner:  drechseln  18. 

traä:  Linienführung  i.  19. 

travecon:  Querstab  8. 


70       F.  ED.  SCHNEEGANS,   SKIZZENBUCH  VON  VILARD  DB  HONMECOURT. 


trebucet:  Wurfìnaschine  33. 
tribucher:  zu  Falle  kommen  3. 
tumeü  s.  f.  :  Schnitt  24  c. 

untument:  Salbe  25. 

VecelUnsis  (S.  Maria)  Vancelles  17. 
verge:    Stab   7;    Stange   (Teil   einer 

Wurfmaschine)  33. 
vertere:    Glasfenster  16.   {vesrire  23.) 

35.  36. 
vif  (al)  :  nach  dem  Leben  28.  29. 
Tfif  argent:  Quecksilber  4. 


vis:  Schraube  22p. 

voü:  Gang  22  k.  34.  35. 

vols:  gewölbt  36. 

volte:  Gewölbe  18. 

vosor:  Gewölbstein  23 f.;  vosoir  24e. 

vosure  Schluisstein  22  h.  L  24  d.  g. 

war  ance:  Färberröte,  Krapp  37. 

WHart  de  Honnecourt  i;  Ulardus  14. 

windas:  Winde,  Feder  (zum  Spannen 
einer  Wurfmaschine;  mehrere  Bei- 
spiele  dieses  Gebrauchs  bei  Gode- 
froy  s,  V.  guindas)  33. 


F.  £d.  Schneegans. 


isìe  burlesque  &ancaÌBe  de  la  BenaisBance. 


Cest  une  vérité  démontrée  désormais  à  l'évidence  que  la  litté- 
■  lature  française  du  XVI'  siècle,  naquit  et  se  développa  sous  la 
double  i&flueDce  classique  et  italienne.  On  peat  ajouter  aussi, 
sans  crainte  d'exagérer,  que  cette  dernière  l'emporte  de  beaucoup, 
an  moins  dans  la  plupart  des  genres,  sur  les  inspirations  puisées 
directement  aux  chefs-d'œuvre  de  la  Grèce  et  de  Rome,  ces 
chefs-d'œuvre  que  tout  le  monde  déclarait  bien  vouloir  suivre  de 
près,  mais  dont  l'imitation  paraissait  en  eflet  difficile,  à  une  époque 
oil  l'art  et  la  langue  étaient  encore  dans  leur  enfance.  On  ne 
saurait  donc  parler  de  poésie  burlesque  ou  bemesque,  sans  que 
CCS  noms  mîmes,  qui  n'ont  pas  d'ailleurs  identité  de  sens,  ne  nous 
indiquassent  leur  patrie  d'origine.  Cest  là  une  production  tout-á- 
fait  italienne,  mais  les  poètes  français  burlesques,  loin  d'avouer 
franchement  leurs  emprunts,  les  dissimulent  avec  art,  préférant  se 
déclarer  redevables  de  leurs  inspirations,  à  des  auteurs  grecs  ou 
latins,  dont  ils  ne  connaissaient  fort  souvent  que  le  nom.  Ce  fait 
que  j'ai  eu  l'occasion  de  constater  autre  part  pour  la  comédie  est 
¿vident  ici  encore  et  d'ailleurs  bien  naturel.  Les  classiques  for- 
maient, pour  ainsi  dire,  un  patrimoine  commun,  sur  qui  tout  lu 
monde  pouvait  vanter  les  mêmes  droits  et  que  l'école  de  Ronsard 
ne  cessait  de  recommander  à  l'imitaliun,  tandis  que  les  Italiens 
étaient  des  contemporains,  que  l'on  n'aurait  pu  piller  librement 
sans  s'esposer  à  l'accusation  de  plagiat. 

L'imitation  italienne,  dont  je  parle,  n'est  pas  d'ailleurs  toujours 
servile  ou  littérale.  Elle  consiste  plutôt  dans  la  répétition  des 
mêmes  sujets,  que  dans  la  dépendance  de  la  forme;  les  français 
chantent  ce  que  les  italiens  avaient  chanté  avant  eux,  la  goutte, 
par  exemple,  la  ßevre,  la  galère  et  pis  encore,  maïs  les  modèles 
ne  sont,  que  fort  rarement,  suivis  à  la  lettre  et  l'on  peut  même 
parfois  croire  à  une  simple  réminiscence.  Cest  iá  ce  que  nous 
allons  constater  dans  les  chapitres,  qui  suivent  et  que  j'ai  divisés 
selon  les  genres  (une  division  quelque  peu  vague,  mais  la  seule 
qui  soit  possible),  afin  que  les  types  caractéristiques  de  la  poésie 
burlesque  se  trouvent  en  plein  jour. 

Mais  c'est  sur  ce  nom  de  poésie  burlesque  qu'il  faut  faire 
[  d'abord  quelques  restrictions.     J'écarte  les  poèmes  burlesques, 

;  que  l'élendue  de  leurs  sujets  et  le  caractère  de  parodie,  en 


1 


72  p.  TOLDO, 

font  un  genre  à  part.  Et  la  parodie  paraît  évidente.  Didon  par- 
lant le  langage  des  halles,  Énée  transformé  en  bon  bourgeois 
„gras  et  fleuri",  les  vers  héroïques  de  Tépopée  du  peuple  romain 
appliqués  à  des  situations  plaisantes  ou  ridicules,  enfin  la  vulgarité 
la  plus  plate,  s'opposant  à  la  grandeur  du  modèle  classique,  voilà 
ce  qui  constitue  le  burlesque  de  ce  genre,  tel  que  nous  le  retrou- 
vons chez  le  Lalli  en  Italie  et  chez  Scarron  en  France  et  qui  con- 
siste dans  la  dégradation  ou  la  caricature  des  héros.  Je  laisse  de 
côté  aussi  les  canti  carnascialesche  bien  que  le  burlesque  y  joue 
parfois  un  certain  rôle,  de  même  que  la  poésie  à  la  burchia,  qui 
eut  en  France  beaucoup  de  succès,  j'écarte  enfin  avec  soin  tout 
ce  qui  ne  rentre  par  directement  dans  ce  sujet,  si  riche,  si  varié 
et  que  Ton  n'a  pas  encore  étudié,  dans  son  ensemble,  d'une  ma- 
nière satisfaisante. 

L'amour  et  les  femmes. 

C'est  à  elles  la  place  d'honneur,  mais  il  faut  le  déclarer  tout 
de  suite,  la  place  que  les  poètes  burlesques  leur  ont  assignée  ne 
mérite  pas  du  tout  ce  titre.  Des  courtisanes,  des  maquerelles,  des 
femmes,  vendant  leurs  baisers  ou  ceux  de  leurs  amies,  avides,  mé- 
chantes, sales  et  souvent  grandes  sorcières,  voilà  ce  qui  se  pré- 
sente d'abord  à  notre  vue.  Mais  ce  sont  surtout  les  vieilles, 
hideuses,  repoussantes,  cachant  leur  laideur  sous  le  fard  ou  l'éta- 
lant avant  cynisme,  celles  qui  sont  en  butte  aux  plaisanteries  fort 
outrées  et  fort  indécentes  de  ces  poètes.  Le  mépris  des  vieilles  est 
sans  doute  issu  de  l'imitation  classique;  on  n'avait  qu'à  ouvrir  les 
œuvres  d'Horace,  d'Ovide  et  de  Martial,  pour  en  trouver  des  modèles 
plus  ou  moins  achevés.  Mais  il  y  a  là  aussi  une  conséquence  du 
mépris  qu'on  avait  pour  la  femme  au  moyen  âge,  mépris  dû  à  des 
préoccupations  religieuses  de  chasteté,  se  mêlant  ensuite,  d'une  ma- 
nière étrange,  aux  souvenirs  épicuriens  du  classicisme.  La  femme, 
étant  pour  les  ims  une  tentation  obsédante  et  diabolique  et  pour  les 
autres  un  simple  instrument  de  plaisir,  ne  pouvait  s'élever  pour  la 
plupart  des  gens  de  cette  époque  à  la  dignité  de  mère  et  de  com- 
pagne fidèle  de  l'homme.  Le  printemps  de  la  vie  passé,  sa  mission 
était  finie  et  l'on  assistait  en  riant  à  sa  dégradation.  Chez  le  Berni 
et  chez  plusieurs  poètes  formés  à  son  école  il  y  a  aussi  une  vive 
réaction  contre  les  pétrarquistes  et  sous  ce  rapport  les  vieilles  re- 
présentent une  parodie  de  la  lyrique  amoureuse,  de  même  que  les 
poèmes  burlesques  nous  offrent,  à  leur  tour,  une  parodie  de  l'épopée 
classique  et  chevaleresque.  Mais  avant  le  Berni,  on  avait  déjà 
chanté  maintes  fois  les  grimaces  de  la  vieillesse.*  Il  suffit  de  rap- 
peller  ce  qu'on  lit  dans  un  recueil  publié  par  M'  Casini,^  les  sonnets 

*  cfr.  l'article  de  Mj^  Clan  „Un  codice  ignoto  di  rime  volgari  appartenuto 
a  B.  Castiglione"  dans  le  Giorn,  Stor,  della  lett,  ital.  XIII  p.  310 — 316.  Voyez 
aussi  un  article  de  Mr  Vittorio  Rossi  dans  le  même  journal  (XXVI  p,  39) 
sur  le  poète  Strazzola. 

*  dans  Ics  „Rime  dei  poeti  bolognesi  del  sec.  XIIP"  dans  la  Scelta  di 
curiosità  letterarie,  disp.  CLXXXV  p.  42, 


POÉSIE  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE   LA  RENAISSANCE.  73 

attribués  à  Cecco  Ângiolieri  et  cités  par  M'  Ciani  et  ceux  de 
Rustico  di  Filippo,  écrivain  de  la  première  moitié  du  XIII®  siècle.^ 
Ce  dernier  est  le  représentant  le  plus  accompli  de  ce  genre, 
dans  la  littérature  italienne  des  premiers  siècles.  On  n'a  qu'à  lire 
ce  sonnet,  où  le  tableau  est  déjà  achevé: 

„Dovnnqne  vai  con  teco  porti  il  ciesso, 

oi  bngieressa  vechia  pnzolente, 

che  qual  umqne  persona  ti  sta  presso, 

si  tnra  il  naso  e  fìigie  jnmantenente. 

Li  denti  le  giengie  tue  menar  gresso, 

che  li  tasena  1'  alito  putente  : 

le  selle  paion  lengue  d'  allcipresso 

jn  ver  lo  tuo  fragor,  tant'  è  repente  : 

Che  par  che  s'  apran  mille  monimenta 

quand'  apri  il  cieffo;  perchè  non  tí  spolppe? 

o  tí  rinchiude  ssl  e'  ôm  non  tí  senta  ? 

Però  che  tuto  '1  monddo  tí  paventa; 

jn  còrppo  credo  filglinti  le  volppe, 

ta  'lezo  n'  escie  fuor,  soza  giomenta  !  " 

Ailleurs  il  parie  de  sa  belle  „la  donna  mia'S  qui  montre  ses 
trésors  consistant  en  „cispa  d'  occhi''  poux,  punaises,  gale  et  autres 
merveilles  de  ce  genre.  Cene  de  la  Chitarra  d' Arezzo  î*  peint,  à 
son  tour,  una  „vegla  nera  vizza  e  rancha'';  Franco  Sacchetti  s'amuse, 
à  ce  sujet,  dans  des  ballades  bien  connues  et  le  Pistoia^  a  un 
sonnet  d'une  beauté  merveilleuse  sur  une  dame  de  quarante-sept 
ans,  qui  n'a  pas  encore  renoncé  à  la  coquetterie: 

„Lei  pare  un  carboncin  mezzo  di  foco; 
O  che  bel  donnellin  creato  in  fretta! 
Che  beUe  carni  purpurine  e  ranee!" 

Bernard  Bellincioni,  le  poète  courtisan  de  Laurent  le  Magni- 
fique, se  moque  d'un  amoureux  d'une  femme  borgne*»  et  il  pré- 
lude par  là  à  une  foule  de  compositions  pareilles,  savoir  l'amant 
d'une  bossue,  l'amant  d'une  négresse  etc.,  qui  eurent  beaucoup 
de  vogue,  dans  les  siècles  suivants.  C'est  en  parlant  de  sa  propre 
maigreur,  que  le  Bellincioni  se  sert  d'une  image,  que  nous  retrou- 
verons ensuite  chez  le  Bemi  et  chez  beaucoup  de  poètes  français: 

„Chi  vuol  far  notomia 

Di  muscoli,  di  nervi  e  poi  del  drente, 

Di  fuor  mi  guardi,  e  resterà  contento." 

On  ne  s'en  rappellera  que  trop  et  l'anatomie  burlesque  nous  pré- 
sentera  des   modèles  afi^eux   et  vivants  d'histologie   et   de  momi- 


^  ibidem  p.  312. 

*^  cfr.  bibl.  stor.  letter,  ital.    Bergamo,  1899,  ^it.  Federici,  p.  30,  33. 

'  cfr.  vol.  CLXXn  de  la  sceUa  di  curiosità  letterarie,  sou.  2. 

*  I  sonetti  del  Pistoia  éd.  Renier,  Torino,   1888,  p.  106. 

5  cfr.  scelta  di  curiosità  lett.  livr.  XXIV  »on.  171«,  34«. 


74  P«  TOLDO, 

fication.  Dans  Ja  istoria  della  Beca'S  attribuée  à  Louis  Puld, 
nous  avons  añaire  à  une  paysanne,  dont  les  appas  ne  sont  gâtés, 
que  par  quelques  petits  défauts: 

,,La  Beca  mia  è  solo  un  po'  piccina, 

E  zoppica  eh'  appena  te  n'  adrestL 

Neil'  occhio  ha  in  lutto  una  tal  magliolina, 

Che  stu  non  guardi,  tu  non  la  vedresti, 

Pelosa  ha  intorno  quella  sua  bocchina. 

Che  proprio  al  barbio  V  assomigliaresti, 

E  come  un  quattrin  vecchio  proprio  è  bianca.*' 

D'autres  invectives  qui  n'ont  pas  toujours  un  caractère  burlesque 
et  plaisant,  sont  lancées  contre  les  vieilles,  ayant  le  tort  de  ne 
vouloir  pas  servir  ces  poètes  dans  leurs  amours,  ou  veillant  sur  la 
vertu  des  jeunes  filles  confiées  à  leur  garde.  Pour  ces  auteurs,  les 
femmes  n'ayant  plus  les  charmes  de  la  jeunesse,  sont  obligées  à 
un  autre  métier;  courtisanes  ou  maquerelles  voilà  leur  destinée.  Et 
les  maquerelles  ne  sont  épargnées  non  plus,  car  ces  poètes  sont 
vraiment  incontentables.  Rappelons  ce  que  le  Politien  écrit  ïn  anum, 
l'Arioste  in  lenam,  le  Molza  in  anum  importunant,  et  la  description 
d'une  vieille  entremetteuse,  due  à  la  plume  du  Burchiello.^ 

C'est  là  le  genre  où  l'Arétin  occupe  le  premier  rang.  Nous 
venons  de  constater  l'existence  de  la  description  burlesque  de  la 
vieille  avant  le  Bemi,  mais  ici,  comme  dans  toute  sorte  de  com- 
position burlesque,  il  faut  bien  lui  donner  la  première  place.    Son 

sonnet  sur  les 

„Chiome  d'  argento  fine,  irte  ed  attorte 

Senz'  arte,  intomo  ad  un  bel  viso  d*  oro" 

devint  bientôt  le  modèle  de  tout  portrait  d'une  femme  laide  et 
vieille  aux  dents  d'ébène  et  aux  „luci  torte"  et  on  lui  emprunta 
aussi,  pour  l'appliquer  aux  beautés  fanées,  ce  qu'il  avait  chanté 
d'un  certain  messere,  qu'il  appelle  „una  lanterna  viva"  un  „carcame'*, 
un  sujet  sur  qui,  comme  Bellincioni,  il  invite  à  étudier  la  „notomia". 
Que  l'on  ajoute  ce  que  le  poète  chante  de  sa  servante: 
„Balia  del  Turco,  e  suocera  del  boia" 

décrite  depuis  les  pieds  jusqu'à  la  tête  et  ressemblée  à  une 
„cosmografia" 

„Pien  d' isolctte  d'  azzurro,  e  di  bianco, 
Commesse  dalla  tigna  di  tarsia." 

Rappelons  aussi  ce  qu'il  dit  de  son  „innamorata",  dont  les  grands 
pieds  avaient  touché  son  cœur. 

Dans  son  mépris  pour  la  vieillesse,  le  poète  italien  s'en  prend 
aussi,  avec  son  manque  de  sentiment  moral  et  filial,  à  sa  mère,  à 
ses  tantes  et  à  ses  oncles: 

„£  dicon,  che  non  voglion  mai  morire, 
La  morte  chiama,  ed  ei  la  lascian  dire." 

1  éd.  de  Londres,  1757,  p.  112,  147. 


POÉSIE  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA   RENAISSANCE.  75 

Le  Manro  dans  ses  „donne  di  montagna'',  que  Teau  n'a  jamais 
connues  et  qui  obligent  TÂrnour  de  courber  la  tête,  ajoute  d'autres 
traits  mais  plus  vulgaires  à  ceux  de  son  maître: 

,^  i  capei  folti,  bosco  da  pidocchi, 

£  gli  denti  smaltati  di  ricotta, 

£  le  poppe,  che  van  fin'  a  i  ginocchi." 

Lo  Strascino  da  Siena  nous  fait  admirer  sa  dama,  décrite  elle 
aussi  dans  les  moindres  détails,  Messer  Àgnolo  Firenzuola  com- 
pose un  capitolo  „sopra  le  bellezze  della  sua  innamorata"  et  il 
commence  des  cheveux,  des  oreilles  et  des  yeux  pour  arriver 
jusqu'où  je  ne  dirai  pas.  Enfin  le  Lasca  a  de  même  que  le 
Bemi,  une  servante,  qui  ferait  perdre  la  patience  à  Jacob,  à  Isaac 
et  à  lob,  lui-même: 

„L*Ancroia  e  TArpalista 

£bber  men  brutta  cera. 

L'  è  lunga,  vecchia,  secca,  grinza  e  nera, 

Ch'  ella  par  la  versiera, 

Anzi  una  furia,  una  strega,  un'  arpia." 

G.  F.  Ferrari,  dans  ses  rimes  burlesques  (réimpression  de  Ve- 
nise, 1570)  et  suivant  les  Paradossi  d'Ortensio  Lando,  aborde  une 
autre  forme  du  même  sujet.  Il  chante  les  louanges  de  la  femme 
laide,  parce  que  la  beauté  de  la  femme  forme  le  désespoir  des 
maris;  en  outre  le  temps  détruit  cette  beauté  trompeuse,  tandis 
que  la  laideur  ne  saurait  empirer.  Que  l'on  ajoute  les  souvenirs 
de  tous  les  malheurs  causés  par  les  belles  femmes,  depuis  Hélène 
jusqu'à  nos  jours,  tandis  que  les  femmes  laides  restent  tranquilles 
à  leur  place  et  se  contentent  de  fort  pcü.^  Ce  sujet  tel  que  le 
Ferrari  Ta  développé  se  trouve  en  rapport  direct  avec  un  autrtî 
bien  plus  connu  encore  de  l'antiquité  classique,  celui  des  malheurs 
de  la  vie  conjugale,  sujet  qui  est,  il  est  vrai,  surtout  satirique, 
mais  que  la  poésie  burlesque  sait  exploiter  à  son  tour.  Lorsque 
le  Bemi,  par  exemple,  dans  son  sonnet,  qui  commence: 

„Cancheri,  e  beccafichi  magri  arrosto" 

nous  fait  rénumération  de  tous  les  malheurs  possibles,  pour  con- 
clure que  le  pire  de  tous  est  celui  „d'aver  moglie"  il  a  évidemment 
l'intention  de  tenir  en  suspens  l'attention  du  lecteur,  jusqu'au  der- 
nier vers,  dans  un  but  tout  à  fait  plaisant  et  la  satire  passe  en 
seconde  ligne.  Il  en  est  de  même  du  Lasca,  qui  dans  un  sonnet, 
dont  le  début  est  moins  plaisant  que  celui  du  Bemi,  mais  doni 
la  méthode  et  le  but  rappellent  de  près  ceux  de  son  prédécesseur, 
résume,  à  son  tour,  tout  ce  qui  peut  rendre  malheureux  un  homme 
pour  conclure  que: 


^  Pour   les  louanges   de  la  vieille  femme   voyez  le   secentista  Murtela, 
qm  se  propose  cependant  an  but  difi'érent;  cfr.  Belloni:  //  Seicento,  p.  66. 


76  p.  TOLDO, 

„Chi  vuol  mutar  costumi,  opere  e  voglie, 
Chi  vuol  d'  ogni  error  suo  far  penitenza, 
E  d*  ogni  ben  privarsi,  tolga  moglie." 

Sous  un  autre  point  de  vue  César  Bentivoglio,  suivant  de  près 
Horace  et  se  moquant  de  ceux,  qui  font  de  la  femme  le  but  de 
tous  leurs  désirs,  sujet  développé  déjà,  entre  autres,  par  Cecco 
Angiolieri,!  conclue  que  le  mieux  qu'il  a  trouvé  c'est  de  se  con- 
tenter de  sa  propre  servante,  très  simple  et  qui  ne  se  fait  pas  trop 
prier,  ainsi  que  les  dames  de  la  cour.  Cette  inspiration  classique 
et  italienne  nous  la  retrouverons  fort  exploitée  par  les  poètes 
français.  Parfois  les  écrivains  de  la  Péninsule  préfèrent  à  celui 
des  femmes  un  autre  amour,  dont  ils  ne  font  aucun  mystère; 
Bemi,  Dolce  et  plusieurs  autres  de  ces  poètes  burlesques  avouent, 
avec  un  cynisme  repoussant,  et  pas  seulement  pour  plaisanter,  leurs 
passions  honteuses;  on  chante  le  ragazzo,  sans  le  moindre  voile, 
lorsqu'on  ne  croit  plus  convenable,  de  faire  un  tour  au  bordello  et 
de  suivre  de  près  l'inspiration  de  Pétrone. 

C'est  par  Tamour  de  la  servante  opposé  à  celui  des  dames, 
que  nous  pouvons  aborder  l'examen  de  la  poésie  burlesque  de  la 
France.  Ronsard  est  là  sur  le  seuil  de  la  Renaissance,  avec  son 
bagage  pétrarquesque,  chantant  la  beauté  de  la  femme,  sur  tous 
les  tons,  mais  on  aurait  tort  de  prendre  trop  au  sérieux  cet  en- 
thousiasme d'emprunt.  En  d'autres  compositions,  en  évident  con- 
traste avec  sa  lyrique  amoureuse,  il  s'en  prend  à  ce  sexe  si  volage, 
qui  ne  sait  apprécier  au  juste  ses  grands  mérites  et  ses  ardents 
soupirs  et  il  arrive  par  là  à  conclure  que  l'amour  le  plus  commode 
est  encore  celui  chanté  par  Horace  et  par  le  Bentivoglio. 

„Mon  Dieu  que  sert  d'aimer  à  la  cour  ses  princesses? 

Jamais  telle  grandeur  n'apporte  que  tristesses, 

Que  noises  que  débats;  il  faut  aller  de  nuit, 

Il  faut  craindre  \m  mari,  toute  chose  leur  nuit  . . . 

Quant  à  moy,  bassement  je  veux  toujours  aimer." 

Et  en  effet,  dans  une  de  ces  odes  (23^),  il  se  déclare  épris  de  sa 

servante,  sans  qu'il  y  ait  dans  cette  sorte  de  passion,  aucune  idée 

élevée  ou  poétique: 

„Si  j'ayme  depuis  naguiere 

Une  belle  chamberiere 

Hé,  qui  m'oseroit  blasmer? 

De  si  bassement  aimer?" 

Il  appelle  à  son  secours,  n'oubliant  pas  les  préceptes  de  son  école, 
une  foule  d'exemples,  tirés  de  la  mythologie  et  il  ajoute: 


^  cfr.  le  sonnet  qui  commence: 

„I'  sono  innamorato,  ma  non  tanto. 
Che  non  men  passi  ben  leggieremente  : 
Di  ciò  mi  lodo,  e  tegnomi  valente. 
Che  all'  Amor  non  son  dato  totto  quanto 


PO¿SIE  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA  RENAISSANCE.  ^^ 

„L'amour  des  riches  princesses 
Est  un  masque  de  tristesses; 
Qui  vent  avoir  ses  esbats 
n  faut  aimer  en  lieu  bas." 

Le  bas  et  la  bassesse  triomphent  donc  chez  lui  et  sa  décla- 
ration ne  sera  pas  perdue  pour  ses  contemporains  et  pour  ses 
imitateurs.  On  n'a  qu'à  ouvrir  le  Cabinet  satirique  pour  y  retrouver 
l'apologie  „du  plaisir  d'une  servante"  due  à  la  plume  du  cadet 
Ângoulevent: 

„Fasse  qui  voudra  l'amour 
A  ces  maistresses  de  cour, 
Quant  a  moi  je  me  contente 
De  caresser  nuict  et  jour 
Le  tèton  de  ma  servante  . . ." 

Qu'il  me  soit  permis  d'interrompre  tout  de  suite  notre  poète, 
qui  pousse  trop  loin  sa  plaisanterie,  pour  passer  à  une  autre  com- 
position, sur  le  même  sujet  du  même  cadet  Angoulevent  ^  et 
qu'on  lit  dans  ses  satires  bastardes  (1615),  pêle-mêle  étrange,  où 
l'on  rencontre  parfois  aussi  de  beaux  vers.  Ici,  par  exemple,  dans 
„l'Amour  des  chambrières*'  après  avoir  loué 

„La  beauté  qui  point  ne  se  farde" 

il  conclue  avec  beaucoup  d'inspiration  poétique: 

„Estant  au  village  nourrie, 
Elle  se  laisse  apprivoiser, 
Et  sans  me  causer  fâcherie. 
Me  fait  près  d'elle  reposer. 
Follastrement  dedans  ma  bouche. 
Depuis  le  soir  jusques  au  matin. 
Je  me  rends  maistre  de  sa  couche. 
De  ses  flancs  et  de  son  tetin. 
Ore  dessoubs  le  verd  boccage, 
Ore  dans  un  pré  fleurissant, 
Au  son  du  rossignol  sauvage, 
La  belle  me  va  chérissant." 

Maynard,  un  contemporain  d' Angoulevent  (16 13),  déclare  à  son 
tour,  qu'il  se  rend  avec  plaisir  à  la  campagne,  où  il  pourra  jouir 
à  son  gré  des  beautés  champêtres  et  salue  avec  mépris  „les  pom- 
peuses demoiselles"  cachées  sous  le  fard.  Mais  le  cadet  d' Angou- 
levent ne  s'est  pas  borné  à  chanter  l'amour  des  „chambrières".  11 
a  abordé  aussi  le  sujet  de  la  vieille  femme;  une  femme  que  l'âge 
a  rendue  affreuse,  mais  avec  laquelle  il  vit  en  rapports  intimes,  à 
cause  de  ses  richesses,  déclaration  qui  n'est  pas  faite  pour  lui 
captiver  notre  estime  bien  qu'il  l'expose  avec  un  sans-gêne  ad- 
mirable.    Enfin  s'il  se  moque  en  vers  de  cette  maîtresse,   toujours 


^  Nicolas  Joubert  sieur  d'Angoulevent. 


78  p.  TOLDO, 

est-il    qu'il   la  caresse  en  prose,    ce   qu'il   avoue   dès  le  début  de 

la  pièce: 

„Image  de  la  mort,  vieille  sempiternelle, 

Que  vous  sert-il  d*user  tant  de  cmaatez. 

Ma  foy  vous  vous  trompez  de  faire  la  cruelle. 

Car  j'aime  vos  escus  et  non  pas  vos  beautez" 

et  il  conclue  fort  galamment: 

,iUn  bois  vieil  et  trop  sec  n^est  bon  que  pour  brûler*'^ 

Le  cadet  d'Angoulevent,  que  nous  venons  de  citer,  excelle  dans  la 
description  des  vieilles  et  ce  qui  rend  plus  piquants  ces  rédts, 
c'est  qu'il  se  met  en  scène,  lui-même,  à  côté  d'elles.  Ainsi  après 
avoir  présenté  dans  la  Poriraicture  d^Isabeau  une  des  variétés  in- 
finies du  sonnet  du  Berni,  après  avoir  dédié  soixante-neuf  vers  à 
une  autre  vieille  sempiitrnelle^  des  vers,  tous  commençant  par  ce 
mot  de  vieille,  qui  les  inspire,  dans  Vadveniure  de  Polidorty  il  nous 
expose  comment  il  se  trouva  entre  les  bras  d'une  megère  épou- 
vantable, qu'il  avait  crue  tout  d'abord  une  fille  jeune  et  charmante. 
Ce  quiproquo  est  une  source  de  burlesque,  très  exploitée  à  cette 
époque.2  Mais  la  poriraicture  de  la  vieille  commence  en  France 
bien  avant  notre  cadet,  et  en  laissant  de  côté  la  représentation 
de  la  vieille  au  moyen-âge,^  celui  qui  aborde,  le  premier,  d'une 
manière  nette  ce  sujet  c'est  Villon  dans  une  ballade  en  viel  langage 
où  il  chante  que  „toujours  vieil  singe  est  desplaisante".  Clément 
Marot  dans  des  vers  assez  connus,  répète  ces  injures: 

„Veux-tu  vieille  ridée  entendre 
Pourquoy  je  ne  te  puis  aimer? 
Amour,  Tenfant  mol,  jeune  et  tendre, 
Tousjours  le  vieil  sang  trouve  amer  . , ." 


^  Tout  cela  ne  lui  empêcha  point  de  chanter  'sérieusement  ainsi  que 
Murtola  la  belle  vieille,  sujet  développé  ensuite  par  Ménage  {Aeg.  Menagii 
poemata  éd.  de  Paris,  1658). 

'  La  poriraicture  d^Isabeau  s'inspire  évidement  aux  modèles  italiens, 
que  nous  venons  de  citer.     En  voici  le  début  et  la  conclusion:  * 

„Jeune  beauté  qu'en  rougeur  surpasse, 
Le  fond  vermeil  d'une  vineuse  tasse, 
Qui  as  les  dents  plus  belles  qu'un  rasteau 
Et  le  nez  laict  tout  ainsi  qu'un  marteau  . . . 
Hé  donc  pourquoy  ne  pourra-t-elle  plaire 
A  mes  doux  yeux  qui  en  sont  plus  espris, 
Que  tous  les  chats  des  rats  et  des  souris?" 

Voici  encore  le  début  de  la  vielle  sempiternelle: 

y,Vieille  ha  ha,  vieille  ho,  ho. 
Vieille  chouette,  vieil  hibou. 
Vieille  grimasse  de  marotte 
Vieille  gibecière  de  Juif  ..." 

Pas  trop  d'esprit,  ou  le  voit  bien,  dans  ce  débordement  d'injures. 

^  cfr.  G.Paris:  La  litt,  franc,  au  moyen  âge,  Paris  1888,  p.  168  et 
Gorra  dans  sa  préface  à  la  réimpression  du  Fiore  (Voyez  Mazzatinti,  Mss, 
itaL  delle  hibl,  di  Francia,  Vol.  111). 


POÉSIE   BURLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA  RENAISSANCE.  79 

Après  Marot»  c'est  Ronsard  qui  s'en  prend  aux  vieilles  au  moins 
si  c'est  bien  dû  à  sa  plume  la  satire  sur  la  belle  Catin 

„Chancreuse  et  noire  les  dents" 

qu'on  lit  dans  le  cabinet  satyriqtu  (éd.  1859 — 1860},  et  après  Ron- 
sard, ou  peut-être  dans  le  même  temps,  Joachim  du  Bellay,  qui 
dédia  à  ce  sujet  des  vers  dont  l'ispiration  italienne  paraît  évi- 
dente.    Je  n'ai  qu'à  citer  le  sonnet  qui  commence: 

,,0  beaux  cheyenx  d'argent  mignonnement  retors! 

O  Iront  crespe  et  serein:  et  vous  face  dorée! 

O  beaux  yeux  de  coral!   ô  grand  bouche  honorée 

Qui  d'un  large  replis  retrousses  tes  deux  bords", 

pour   que   le   type  du  Bemi   se   présente  à  nos  yeux.     Il  y  avait 

évidemment   en  Du  Bellay,   aussi  bien  que  chez  son  prédécesseur 

italien,   une  réaction   plus   ou   moins   vive  à  la  lyrique  amoureuse 

de   son   époque,   car,    dans   une  autre  composition,    il  s'en  prend 

aux  Petrarquistes,  oubliant,  pour  le  moment  que  c'était  là,  où  son 

maître  Ronsard  avait   fait   cueillette   de  lauriers.     Il  s'y  plaint  de 

ce   qu'en  France  l'amour,   dans   sa  représentation  littéraire,   a  pris 

„Thusque  nature"  et  que  les  poètes  ne  savent  chanter  autre  chose 

que  le  fìn  or,  les  perles  „le  crystal,   le  marbre,  l'yvoirc,  les  fleurs, 

lis,  oeillets  et  roses"  de  celles  qu'ils  supposent  d'aimer,  peinture,  à 

ce  qu'il  ajoute  à  faire  „rougir  la  carte  blanche''.    Pour  moi  déclare- 

t-il  j'aime    un   amour   plus   positif  et  je  me   moque   de   tous   ces 

vains  soupirs.^ 

Je  rappelle  encore  que  dans  le  sonnet  cité.  Du  Bellay  n'oublie 

pas  les  belles  dents  d'ébène,  les  ongles  dorées  et  les  membres  de 

glace;    et    que  Melin    de    Saint  Gelais    se    plut   à  son  tour  à  la 

peinture  des: 

,,Cheveux  d'argent  refrangés  et  retorts, 

Espars  autour  d'un  visage  doré." 

Saint  Gelais  ajoute  l'énumération  des  appas  de  celle  qu'il  aime, 
savoir  : 

„Le  front  refronci  qui  m'as  decoloré 

Te  voyant  butte  et  d'Amour  et  de  Mort" 

les  dents  toujours  d'ébène,  l'oeil  qui  fuit  „à  grand  tort"  le  nez 
de  porphire  et  d'autres  merveilles  de  ce  genre.  Cette  imitation 
directe  devait  continuer  assez  longtemps  et  Desmarets  dans  ses 
Visionnaires  (A.  I  S.  IV)  chantera,  à  une  époque  plus  rapprochée 
de   nous,    le  coral    des  yeux,    l'azur   de  la  bouche,    l'or  du  teint. 


^  Un  autre  écrivain  du  XVI«  siècle,  Nicolas  Le  Digne  composa  un 
„Discours  salyrique  de  ceux,  qui  écrivent  d'amour"  où  il  se  moque  ainsi  que 
son  confrère  de  ceux,  qui  chantent  des  maîtresses  imaginaires: 

,,(Ils)  ont  fort  peu,  ce  me  semble,  ou  n'ont  jamais  aimé, 

Mais  se  fantasians  une  dame  en  idée 

Sur  un  sujet  en  l'air  leur  amour  est  guidée, 

Qui  n'estant  rien  de  soy  qu'imagination 

Ne  peut  monstrer  le  vray  de  leur  affection.'* 


8o  p.  TOLDO, 

l'argent  des  cheveux  et  Tébène  des  dents  de  la  jeune  beauté  qu'un 
de  ses  personnages  adore.  Mais  entre  Du  Bellay  et  Desmarets  il 
y  a  une  foule  d'autres  compositions  inspirées  à  la  même  pensée 
et  dont  nous  allons  bientôt  faire  la  connaissance. 

D'après  Martial  (X  livre,  épigr.  75®),  Du  Bellay  se  moque  aussi 
d'une  „vieille  afifectée"  dont  il  n'a  pas  toutefois  l'air  de  repousser 
l'amour.  Ailleurs  il  fait  conter  à  une  vieille  courtisane  les  aven- 
tures de  sa  vie,  les  arts  de  sa  toilette,  ses  charmes  passés  et  ses 
repentirs  inutiles.  Un  jour,  du  temps  de  Pâques  elle  éprouve  toute 
l'horreur  de  sa  condition,  se  jette  au  pied  d'un  autel,  prie  le  bon 
Dieu  de  lui  pardonner  tout  son  passé,  vend  ses  biens,  les  donne 
à  l'église  et  se  fait  religieuse,  mais,  peu  de  temps  après,  l'amour 
de  sa  vie  libre  renaît  dans  son  âme,  et  ayant  quitté  le  convent 
roule  de  vice  en  vice,  de  corruption  en  corruption.  Pour  surcroît 
de  malheur  elle  s'éprend  d'un  amour  passionné  pour  un  jeune 
homme,  et  Du  Bellay  lui  met  dans  la  bouche  les  expressions  les 
plus  tendres  les  plus  vives  de  ce  sentiment,  qui  la  soulève  à 
une  idéalité,  dont  sa  vie  de  débauches  paraissait  avoir  dû  tarir  la 
source  pour  toujours.  On  voit  la  malheureuse  rôdant  autour  de 
la  maison  de  celui  qu'elle  aime,  en  proie  à  la  jalousie,  qui  l'aveugle; 
on  voit  cette  main  qu'elle  voudrait  saisir,  pour  se  sauver  de  l'abîme, 
la  repousser  durement  et  cette  âme  qui  n'a  éprouvé  qu'un  seul 
amour,  dans  un  corps  souillé  par  mille  hontes,  se  replie  sur  elle- 
même  et  la  vie  hideuse  recommence,  pour  aboutir  à  la  honte  extrême. 
La  voilà  fouettée  par  le  bourreau,  dans  les  rues  de  Rome,  la  voilà 
en  proie  à  cette  maladie  affreuse,  dont  Vénus  punit  ses  adorateurs 
et  la  jeunesse  qui  s'en  va,  fait  le  désert  autour  d'elle.  Cette  cour- 
tisane, dont  nous  parle  le  poète  français  avec  son  esprit  supérieur, 
est  bien  celle,  qui  paraît  dans  la  vie  et  dans  la  littérature  de  la 
Péninsule.  Je  ne  rappelle  pas  même  en  passant,  les  courti^nes 
célèbres  de  l'Italie,  poètes  elles-mêmes  et  dont  des  écrivains 
illustres  ont  chanté  les  charmes;  je  remarque  seulement  que  Du 
Bellay  représente  son  héroïne  à  cheval,  splendidement  ornée,  la 
fait  chanter,  jouer  de  divers  instruments  et  lui  fait  dire 

,,Et  ne  se  fast  nul  autre  peu  vanter 

De  sçavoir  mieulx  le  Pétrarque  chanter." 

La  vieille  courtisane  de  Du  Bellay,  se  détachant  des  compositions 
plates  des  poètes  de  son  temps,  et  où  la  dégradation  de  la  femme 
n'offre  aucun  élément  de  burlesque,  nous  a  quelque  peu  éloignés, 
de  notre  sujet,  mais  il  fallait  en  faire  la  connaissance  pour  faire 
saisir  la  différence  des  genres  chez  le  même  poète  et  sur  le  même 
thème.  Jacques  Tahurean  avec  sa  vieille  maquerille,  contre  laquelle 
il  lance  les  injures  les  plus  vulgaires  et  Jean  de  la  Jessée  avec 
plusieurs  compositions  dans  ce  goût,  vont  nous  remettre  en  route. 
Ce  dernier  dans  La  bigotte  nous  peint  une  „infame  maquerelle"  qui 
lui  a  enlevé  celle  qu'il  aime: 


POéSIB  BQRLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA  RENAISSANCE.  8l 

„On  peat  voir  son  hydeos  visage 
Pins  de£fait  qa'nne  vieille  image. 
Noires  ses  dentz,  puant  son  nez  ..." 

et  je  fais  g^âce  aux  lecteurs  de  ce  qui  s'ensuit  Le  vérisme  le 
plus  outré  de  nos  jours,  se  trouve  souvent  dépassé  par  ces  poètes. 
Antoine  de  Baîf  chante  par  exemple  une  „vieille  carcasse  saupou- 
drée** et  une  autre  „que  le  vieil  âge  a  minée  et  pourrie"  et  dont 
il  repousse  les  tendres  sentiments.  Dans  ses  „nouveaux  satires  et 
exercices  gaillards",  Angot  TÉpéronnière  s'en  prend  à  son  tour  à 
une  certaine  Jacqueline  qu'il  appelle  l'image  de  la  mort  et  qu'il 
gratifie  d*une  foule  de  titres  savoir  „vieil  goufiire  infame,  usurière 
execrable"  etc.  Il  y  a,  dans  cette  composition,  un  certain  mouve- 
ment lyrique,  lorsque  le  poète  nous  peint  cette  malheureuse,  qui, 
avant  de  mourir,  adresse  ses  adieux  aux  biens  qu'elle  doit  quitter 
pour  toujours: 

„Chères  vaches  à  lait  que  j'ay  si  bien  nourries! 
Vous  moutons  bien-aimés!  mes  brebis  plus  chéries! 
Petits  cochons  niquets,  qui  grondiez  après  moy, 
Lors  qu'à  votre  besoin  je  vous  portois  de  quoy, 
Poulies,  poullets,  poussins,  vous  mes  autres  volailles 
Que  ma  main  nourrissoit  et  de  grains  et  de  pailles  ... 
Terrines,  pots  à  beurre,  et  vous  pots  pleins  de  miel, 
Lard,  sidre,  blé,  laniaiz,  vous  mes  chères  cotelles  ... 
Adieu  meubles,  adieu,  dont  le  soud  me  blesse, 
Puis  qu'en  laissant  le  monde,  il  faut  que  je  vous  laisse." 

Les  vieilles  hideuses,  repoussantes,  à  l'haleine  infecte,  pullulent 
dans  les  œuvres  de  ce  poète  aussi  bien  que  dans  celles  de  Claude 
de  Pontoux,  son  prédécesseur  (Lyon,  1579)  et  de  Pierre  Le  Loyer 
maître,  dans  ce  genre  (Paris,  1579). 

Qaude  de  Pontoux  avait  décrit  le  malheur  qui  lui  était  arrivé, 
se  laissant  surprendre  par  une  vieille  femme,  dont  il  n'avait  pas 
connu  l'âge  fort  respectable,  à  cause  du  fard,  qui  la  rendait  „plus 
vermeille  qu'une  rose".*  Pierre  Le  Loyer,  l'auteur  de  la  Nephélo^ 
cocugie^  où  il  s'inspira  à  Aristophane,  nous  peint,  avec  beaucoup 
de  verve,  une  dame  de  son  époque  fort  peu  jolie  et  encore  moins 
respectable,  dans  un  sonnet  qui  commence: 

„D'une  audace  superbe  aller  guydant  ses  pas, 
Monstrant  dessus  le  front  sa  perruque  retorte** 

et  où  il  l'accuse  de  s'abandonner  à  toute  sorte  de  voluptés.  Il 
célébra  aussi,  en  deux  odes  distinctes  et  contraires,  V amour  des 
vieilles.  Dans  la  première,  il  déclare  qu'il  n'y  a  rien  de  plus  hon- 
teux et  de  plus  repoussant,  que  de  s'abandonner  entre  les  bras 
d'une  vieille  femme;  dans  la  seconde  il  exalte  ce  qu'il  vient  de 
blâmer,   toujours  avec  la  même  convinction  et  c'est  le  cas  de  voir 


'  Ce  sujet  lui  fit  répandre  des  torrents  de  larmes  et  d'injures  en  français 
et  même  en  italien,  dans  un  sonnet  d'ailleurs  fort  faible. 

Zdtsdir.  £  rom.  Pbfl.  XXV.  6 


82  p.  TOLDO, 

après  un  not  de  mots  grossers  contre  les  cheveux  que  l'âge  a 
blanchis,  ce  que  ce  poète,  d'un  mérite  assez  distingué,  sait  dire 
en  leur  honneur.  Le  Loyer  commence  par  apaiser  la  colère  des 
„bonnes  vieilles'*,  que  sa  muse  vient  d'offenser  et  ensuite  il  s'aide 
de  souvenirs  mythologiques.  De  là  il  passe  à  la  description  de 
ce  qui  constitue  le  charme  de  cet  âge: 

,,La  vieille  à  la  pomme  ressemble 

Qui  est  douce  et  salubre  ensemble 

Quand  plus  est  ridée  sa  pean, 

Estant  pour  un  metz  delectable, 

Plutost  mise  dessus  la  table 

Que  ne  seroyt  un  fruict  noaveau." 

Personne  ne  saurait  mieux  que  notre  bonne  vieille  s'entendre  aux 
plaisirs  de  Vénus,  dont  elle  a  fait  si  souvent  les  épreuves: 

„Qui  avec  elle  se  marie 
N'est  point  espris  de  jalouzie, 
Et  le  nom  de  Cocu  ne  craint." 

Elle  a  soin  du  menage,  aime  celui  qui  la  rend  heureuse,  épargne 
son  argent,  se  contente  en  tout  et  partout  de  bien  peu  de  chose; 
enfin  c'est  un  trésor  qu'on  a  tous  les  torts  de  mépriser.*  C'est  là 
le  sujet  du  Ferrari,  mais  développé  d'une  manière  fort  différente. 

Qu'il  me  soit  permis,  puisque  mon  sujet  paraît  l'exiger,  de 
donner  un  coup  d'oeil  aussi  à  Véloge  de  la  laideur,  tel  que  nous 
le  retrouvons,  dans  la  littérature  burlesque  en  prose.  „La  laideur 
et  déformité  du  visage"  inspire  une  des  fantaisies  de  Bruscambille 
(Paris,  1612)  et  c'est  toujours  la  même  méthode,  c'est-à-dire  l'ex- 
position des  maux  que  la  beauté  a  causés,  pour  en  tirer  une  con- 
clusion favorable  à  ce  qui  lui  est  opposé. 

„C'est  grand  pitié  que  d'estre  beau  et  parfaict  de  tous  ses 
membres;  car  on  dément  ces  anciens  proverbes,  qui  contiennent 
vérité  par  ces  mots:  Non  omnia  possumus  omnes.  Et  encores: 
Nullus  ubique  potest  felici  ludere  dextra,  aut  nihil  est  ex  omni 
parte  beatum.  11  n'y  a  rien  de  parfait  de  tout  poinct.  Tel  aura 
le  visage  beau  faict,  qui  aura  le  corps  mal  faîct,  les  jambes  droictes, 
et  les  cuisses  esbauchees  .  .  .  bien  heureux  sont  ceux  qui  sont 
imperfectionnez  en  toutes  les  parties  de  leurs  corps.  Car  il  n'y 
a  rien  que  la  beauté  qui  nous  soit  dommageable,  et  qui  engendre 
plus  de  dissenlions,  querelles,  meurtres  et  violances.  La  laideur 
est  ferme  rempart  de  chasteté;  la  laideur  conserve  les  femmes  en 
leurs  pudicitez  et  les  filles  en  leurs  virginitez",  et  ici  l'auteur  appelle 
à  son  secours   tous   les  souvenirs  des  légendes  anciennes,   Hélène 


^  Toujours,  dans  le  même  goût,  après  avoir  combattu  dans  une  ode 
plusieurs  sortes  d^amour,  dans  Vode  au  contraire.  Le  Loyer  loue  ce  qu'il 
vient  de  blâmer,  savoir  Tamour  de  la  „paillarde",  de  „la  pucelle",  des  filles 
„de  bas  âge",  des  servantes,  et  surtout  des  veuves.  C'est  à  ce  dernier  sujet 
que  Pierre  Le  Brach  venait  de  s'inspirer,  vers  la  même  époque  (Bordeaux, 
1576),  dans  son  amour  des  vefves. 


POESIE  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA   RENAISSANCE.  83 

et  Paris,  qui  causent  la  mine  de  Troie  et  il  exalte  la  laideur  de 
Socrate,  accompagnée  par  la  vertu. 

Il  7  a  évidemment  dans  cette  apologie  des  souvenirs  directs  des 
Paradoxes  du  Lando,  dont  nous  ferons  sous  peu  la  connaissance. 
11  en  est  de  même  du  „biâme  de  la  beauté"  d'un  contemporain 
de  Bruscambille,  Bertrand  Harduin  de  Saint  Jacques,  mieux  connu 
sous  le  nom  comique  de  Guillot  Gorgeu,  débitant  lui  aussi  des 
prologues  facétieux  sur  le  théâtre,  pour  amuser  le  public  et  lui 
faire  prendre  en  patience  le  retard  de  la  représentation.  ^  Parmi 
ces  prologues,  on  trouve  „son  blâme  de  la  beauté",  où  Gorgeu 
ajoute  de  nouvelles  raisons  à  celles  de  son  camarade;  il  fait,  par 
exemple,  Téloge  de  la  bosse,  parce  que  c'est  là  la  forme  de  la 
terre,  il  trouve  que  la  laideur  indique  le  mérite  parce  que  les 
animaux  les  moins  beaux  sont  aussi  les  plus  utiles  et  d'après 
Ferrari  il  déclare  que  la  laideur  en  vieillissant  augmente  son  prix, 
tandis  que  le  temps  détruit  toute  beauté.^  D'ailleurs  est-ce  parmi 
les  belles  qu'on  pourra  retrouver  la  vertu?  Ne  sied -elle  pas 
nparmy  les  halliers,  parmy  les  buissons"? 

Revenons  maintenaint  sur  nos  pas,  car  Régnier  est  là  en 
pleine  Renaissance,  étalant  sa  galerie  de  femmes  affreuses,  où 
quelques  types  nouveaux  vont  se  présenter  à  nos  regards.  D'après 
Òvide,^  il  avait  déclaré,  dans  sa  septième  satire,  qu'il  ne  repoussait 
l'amour  d'aucune  femme,  tout  en  gardant  une  antipathie  extrême, 
de  même  que  ses  devanciers,  pour  les  rides  de  la  vieillesse.  Il 
en  a  donc  aux  vieilles,  mais  là  où  il  excelle  le  plus  c'est  dans  la 
représentation  des  maquerelles  hypocrites.  Tout  le  monde  connaît 
sa  Macette,  qui  n'ayant  eu,  dans  sa  jeunesse 

„Autre  ciel  pour  objet,  que  le  ciel  de  son  liet" 

s'est,  dans  son  âge  avancé,  tournée  à  la  dévotion: 

„Son  oeil  tout  pénitent  ne  pleure  qu'eau  beniste.'' 


^  cfir.  Recueil  des  pièces  du  temps  ou  divertissement  curieux  etc.,   La 
Haye  1685. 

^  Un  anonyme   en  1731  (éd.  de  Paris)   dédia  à  une   certaine  demoiselle 
Honesta,   V Eloge  de  la  méchante  femme,    composition   conçue   toujours   dans 
le  même  goût.    „On  entend,    dit-il,    ordinairement  par  méchante  femme,   une 
femme   emportée   et  d*un  aspect  acariâtre,    un  dragon  de  vertu,    une  honnête 
diablesse  qui  gronde  et  tempête  depuis  le  matin  jusqu'au  soir  qui  bat  tous  les 
jours   ses   domestiques   et  ses  enfans,    qui  querelle  à  tout  moment  ses  voisins, 
qai  tient  la  bride  courte  à  son  mari,    qui  ne  lui  passe  rien,    qui  le  prêche  à 
table,    qui  le  damne  au  lit,   qui  même  dans  l'occasion  lui  jette  un  chandelier 
à  la  lète  ..."     Eh  bien!    une  femme  pareille  loin  d'être  un  malheur  forme  la 
benediction   de   l'homme   qui  l'a   eue  en  partage  et  qui  doit  partant  remercier 
b  providence   de   ce  cadeau  si  prédeux.     C'est  elle  en  eif-t  qui  guérit  les  dé- 
fauts de  son  mari  le  rendant  humble,   et  patient   par  ses  réprimandes,    libéral 
par   ses   demandes,    chaste   le  faisant   fuir   du   lit   et  sobre,    lui  empêchant  de 
manger  et  de  boire.    Dans  le  Cabinet  satirique  on  lit  „la  louange  de  la  bosse 
en  faveur   d'une   malstresse";    c'est  là  un  sujet   que  nous  connaissons  déjà  et 
Von  chante  en  France,   de  même  qu'en  Italie,  ces  louanges  ironiques  des  dé- 
fauts physiques  des  femmes. 

^  L'élégie  du  il«  livre  des  Amours, 

6* 


Ses  arts  la  rapprochent  de  la  Célestine  espagnole,  mais  elle  garde 
aussi  une  physionomie  bien  italienne,  celle  des  héroïnes  de  l'Arétin 
et  de  la  comédie  de  la  Péninsule,  en  laissant  de  côté  ce  qu'Ovide 
avait  déjà  chanté  à  ce  propos. t  Dans  sa  onzième  satire,  Régnier 
nous  mène  dans  une  maison  suspecte,  où  il  rencontre  trois  mé- 
gères, maquerelles  de  la  pire  espèce  et  réduites  dans  un  tel  état 
de  maigreur  que  Michel-Ange,  lui-même,  selon  la  déclaration  de 
l'auteur,  ne  saurait  composer  un  corps  entier  en  réunissant  tous 
leurs  membres.  L'une  de  ces  vieilles  rappelle  de  prés  le  portrait 
du  Bemi: 

„(Elle)  rrssembloit  transparente  une  lanterne  vive" 
et  la  description  du  cabinet  de  toilette  est  en  rapport  direct  avec 
le  caractère  de  ces  sorcières.  On  attribue  à  Régnier  une  autre 
poésie,  adressée  encore  à  Macette  et  ici  Macette  étale  sous  les 
yeux  du  lecteur  ses  cheveux  ressemblant  „à  des  mèches  d'arque- 
buse" et  sa  voix  aussi  douce  que  „les  coides  d'un  rebec".  Ailleurs, 
en  s'adressant  à  une  autre  pécheresse,  dont  l'âge  a  détruit  tous 
les  charmes,  Régnier  ajoute: 

„De  moy  lu  n'auras  pux  ny  tresve 
Que  je  ne  l'aye  vene  en  Gresve  ..." 
La  vieille  est  pour  lui  de  la  souche  de  Tartufe  et  apparentée  as 
roi  des  ténèbres, 

La  description  minutieuse  du  corps  de  la  vieille  forme  une 
des  inspirations  les  plus  communes  de  notre  poète  et  de  ses 
camarades.  Les  contemporains  de  Régnier  raifolent  de  ce  genre. 
Voici  tout  d'abord  Sigognes,  dans  Le  cabine!  tatirique  avec  sea 
pièces,  portant  pour  titre;  la  vieille  ridée,  la  vieille  dlcripitie,  la  por- 
traidure  d'une  vieille  etc.,  et  c'est  toujours  le  même  type,  décharnj 
et  momifié: 

„Elle  a  beaucoup  de  l'air  d'une  antique  Maialtc, 

Son  teint  csl  délicat,  comme  un  ñeil  brodequin, 

Son  coips  est  embonpoint  autant  qu'un  mannequin, 

El  chemine  aussi  gay,  comme  un  líívre  qui  trotte  . , . 

Bref,  c'est  un  mannouset  habillé  d'un  rabat, 

Un  balay  cKOurt£  d'une  vieille  sorciire 

Car  qui  ta  monteroit  ¡loit  droict  au  labat." 
En  parlant  d'une  „respirante  momie"  et  de  son  „cuir  transparent' 
Sigognes  se  propose  d'en  faire  „l'anatomie",  et  il  commence  par 
sa  pnmcUe  „louche  et  liserne",  sans  épaigner  aucun  détail  de 
ses  horreurs.  On  reste  étonné  d'ailleurs  lorsqu'on  apprend  qu'il 
a  pu,  de  même  que  la  cadet  Angoulevent,  devenir  la  dupe  de 
cette  mégère  et  céder  à  des  appas  si  ßnes.  Cost  que  les  jeunes 
femmes  demandent  et  que  les  vieilles  donnent. 

Ailleurs,  Sigognes  écrit  «¡nlre  »ne  dame  sale,  eonire  une  damt 
maigre 

„Etqaeletle  de  peaux  et  d'oi" 

>  livre  Xm  dei  Amouri. 


I 

I 
1 


VOÈSa  BURLESQUE  FRANÇAISE  DB  LA   RENAISSANCE.  85 

et  se  plaît  à  la  description  d'une  certaine  PérreUe  tnaquertlUy  véri- 
table sordère,  qa'il  suit  dans  les  cimetières  et  dans  les  caveaux. 
La  scène  cesse  d'être  burlesque  pour  dévenir  tout-à-fait  lugubre: 

»Couvent  poar  exercer  Tart  de  ton  sorcelage, 

Ta  TAS  changée  en  loaye  au  carrefour  d'un  village, 

CmeUe  dévorant  les  petits  et  les  grands, 

Du  tout  inexorable  aux  pleurs  et  à  la  plainte, 

Pois  la  panse  remplie  et  ta  mâchoire  teinte 

Tu  desponilles  ton  charme  et  ta  forme  reprens. 

Ou  bien  des  trespasses  ouvrant  les  sépultures, 

Tu  te  formes  un  corps  de  leurs  vaines  figures  . . ." 

Void,  toujours  dans  le  Cabinet  satirique,  le  sieur  Maynard  avec  ses 
pièces  contre  une  vieille  ridée  et  contre  une  vieille  courtisane  (voyez 
édition  de  ses  œuvres,  16 13) 

„Ton  lict,  Margot,  a  perdu  ses  chalans; 
Et  tu  n'es  plus  qu'un  misérable  reste 
Du  premier  siècle  et  des  premiers  galans" 

voici  encore  une  pièce  anonyme  contre  une  vieille  âécrépitie,  où  il  y 
a,  de  môme  que  dans  celle  du  cadet  Angoulevent,  soixante -sept 
vers,  commençant  par  le  mot  vieille,  voici  la  description  de  Macette 
»plus  claire  qu'une  lanterne",  les  malheurs  de  Perrette  devenue: 

„Maigre,  laide,  pauvre  et  nue 
N'ayant  ny  cheveu,  ny  dent" 

voici  enfin  le  hordeau  de  Louisen  qui: 

„A  plus  exercé  de  mestiers 
Que  l'Arétin  n'a  de  postures, 
Que  l'Espagne  n'a  de  doublons. 
Que  l'AfFrique  n'a  de  sablons. 
Et  que  le  diable  d'impostures." 

Tous  ces  collaborateurs  du  Cabinet ,  Motin,  Sigognes,  Maynard, 
^rthelot  etc.  (éd.  1859 — 1860),  dédient  à  Tenvi  leurs  vers  à  ce 
sujet  et  leur  exemple  est  suivi  par  le  sieur  d'Estemod,  qui,  dans 
son  Espadon  satyrique,  nous  présente  plusieurs  variétés  de  la  même 
inspiration.  Je  rappelle,  en  passant,  Le  paranymphe  de  la  vieille 
V^  fait  un  bon  office  et  dont  les  arts  magiques  ont  une  telle 
puissance,  que: 

„Si  dessus  un  troupeau  de  chèvres 
Quelques  mots  sortent  de  ses  lèvres, 
En  humeur  sont  tous  les  bouquins." 

II  s'en  prend  aussi  à  une  vieille  fille  du  Languedoc,  avec  laquelle  le 
poète  déclare  avoir  fait  pénitence  de  tous  ses  péchés  et  dont  il 
nous  décrit  la  laideur,  et  les  compositions  de  ce  genre  s'ensuivent 
dans  son  œuvre,  V ambition  d'une  fille  exempte  de  tout  mérite,  la  belle 
Magdelaine,  Phipocrisie  d* une  femme  qui  feignoit  destre  devote  et  fui 
trouvée  p..,,,    Vode  satirique  d*un  amoureux  à  sa  maistresse,    le  di' 


V0ret   du    mariagt    etc     Dans    celte    dernière    pièce   od  esitend 
dialogue  fort  peu  aimable  entre  un  mari  et  sa  femine,  et  le  mari 
en  U  quittant,  dte  deux  vers  italiens  qae  je  n'ose  reproduire.    L 
caractère  de  ce  débat  peat  se  comprendre  par  les  vers  snivants: 
(la  femme)  (le  mari) 

„Uaia  vous  avez  de  ms  jennesse  Rooger  les  os  ji  oe  m'advienDe, 

Mane*  la  (hair,  k  qu'en  dtlitsse  Madame,  si  ions  esles  chicane. 

Ronger  les  os  il  tous  convient."  Ne  cioyez  pas  qne  je  sois  cbien."  ' 

Desportes,  lui  aussi  (Cobinel  satirique),  s'adiesse  plus  tard  á  un 
vieille  pour  lui  rappeler  son  beau  temps  passé  et  la  misère,  qui 
l'attend: 

„Qn'est  devenu  ce  premier  ige, 
Où  (Util  le»  fleurs  de  ton  visage?" 
Hors  de  ces  porlraicluns,  mais  toujours  dans  un  bnt  burlesque,  ce» 
gais  confrères  du  Cahintt  nons  font  assister  à  des  scènes  erotique« 
et  ans  combolt  entre  des  courtisanes  plus  ou  moins  fauées.  Tels 
sont  „le  combat  d'Ursine  et  de  Perreltc  aux  Auguslins"  composé 
par  Sigognes,  „La  réponse  de  Motin",  „Le  combat  de  deux  courti- 
sanes" dû  à  la  plume  d'un  anonyme  et  il  va  sans  dire  que  ces 
luttes  commencent  par  des  flols  d'injures  et  finissent,  le  plus  sou- 
vent, à  coups  de  poing. 

Avec  De  La  Croix  {Paris,  162g),  nous  sommes  déjà  en  plein 
XVII'  siècle,  mais  l'inspiration  demeure  toujours  la  même.  Nous 
avons  affaire  à  un  disciple  très  fidèle  de  Régnier,  qui  nous  offre 
une  poriraiciure  d'une  vieille  femme,  copie  assez  plate  de  ses  de- 
vanciers.' Cette  vieille  est  vierge  de  corps,  ayant  été  répoussée 
de  tout  le  monde,  mais  son  âme  est  un  abîme  de  corruption. 
Ses  dehors  sont  ceux  de  Macettc,  sa  maison  celle  des  trois  mégères 
de  Régnier.'  Les  articles  de  sa  toilette  nous  sont  aussi  bien 
connus.     II  y  a  là: 

„De  toutes  soties  d'eaus.  ponr  cmpescher  les  tides 
Ponr  netloier  la  face  et  Icindie  les  cheveus, 
Poor  donner  quelquefois  un  breuvage  amauieus, 
Pour  endurcir  le  sein,  el  l'empêcher  de  croistrc. 
Pour  composer  un  fard,  qui  ne  puisse  paroistie, 
Pour  Taire  choir  le  poil,  pour  le  Tnire  tenir", 

et  la  description  continue  longtemps  et  l'on  comprend,   d'après 
que  nous  venons  de  voir,  que  ce  n'est  pas  pour  elle  que  la  vieille' 


■  Tout  cela  rappelle  les  déb 
»  Je  .appelle  „le  teint  d'une 

triptiun   de   son  front,   de  son  nez 

dans  le  goflt  da  Bern  i. 

'  Dans  cette  chambre,  on  vc 

Sans  rideaux  el  sans 
et 

„Un  C5cabeïu  tout  s 
(qui)  Achevoit  1  Ud 

aïs  Qombrcui  et  tris  anciens  sur  li 
noire  teinture"  r..ancicnne  Idole- 
,,   de  ses  yeux,    de  sa  bouche  etc 

lit: 

„un  lict  sans  couverture, 
draps,  confit  en  pourriture" 

tul  pris  de  la  cheminée 
»  pieds  SI  dure  destinée." 

POÉSIE    BCRl.ESQUE    FRANÇATSE    DU    I.A    RENAISSANCE, 


87 


ircitre    travaille  à  sa  chimie.     Ce  sont    là  les  mislères    de  la  toi- 
des  jeunes  femmes,    qui  ont  le  malheur  de  lui  piéter  oreille. 
Jne  troisième  description    Mt    celle    de  la  bibliothèque   de  la 
voit    les    œuvres    de    Saint    François    à    côté    de 


m^re. 
l'Amadis 


„Un  livre  d'oraisons  pour  le  soir  et  le  matin, 
Avoit  choisi  S3  place  avecque  l'Aretin. 
Le  triste  de  Bande!,  et  le  second  d'AsIrie. 
Retenaient  eolie  aa  deus  la  Legende  dorée. 
Le  Marchand  coaverty,  RabeUis,  Tabarin, 
Ua  recueil  d»  sermons  de  Garasse  et  Giierïn, 
Les  fidèles  amouts  de  la  bergere  Aminle, 
Les  devoiis  du  cbrestien  en  la  sepmaine  saincte, 
L'Aiioste,  Marot.  te  Romani  des  Romans  ■  .  ■" 

¡test  toujours,  on  le  voit,  la  souche  de  Tartufe. 

Dans  les  meslanges  hertïquts  et  burlesques  du  chevalier  de  l'Her- 
oite,  on  lit,  à  la  même  époque,   d'autres  stances  sur  la  vieilU  laidi: 

„Vieille  carcasse  décharnée 

Qui  n'as  rien  d'humain  que  la  vojx  . . . 

Ton  corps  a  plus  vescu  que  le  ciel  ne  vivra; 

Et  lors  qoe  Noé  s'enyïra. 

C'est  ta  main  qui  versoit  ì  boire." 

Cest  là  le  commencement,  mais  on  ne  saurait  suivre  l'autetir  dans 
l'anatomie  qu'il  fait  des  horreurs  de  ce  pauvre  corps. 

Il  faut  faire  une  place  à  part  à  Brébeuf,  qui  nous  laissa  cent 
cinquante  épigrammes  contre  une  femme  fardée,  où  il  y  a  des 
souvenirs  de  Catulle  et  de  Maniai,  mais  où  il  y  a  aussi  une  cer- 
taine originalité,  au  moins  dans  l'étendue  qu'il  donne  à  son  sujet. 
La    belle    qu'il    chante   emprunte    ses    appas    de    tous    les  pays  de 

^irEorope: 

^K  „Rome  a  fait  les  gaods  qu'elle  porle  . .  . 

^B  Londres  son  habit  de  campagne, 

^V  Le  Gange  s  vu  naître  ses  dents 

^V  Kl  son  lEïnl  brillant  vient  de  l'Espagne." 

BtTn  jour  Alizon  en  sortant  à  la  hâte,  oublie  sur  la  toilette  „ses 
~  ¿ands,  ses  dents  et  son  visage";  une  certaine  Iris  a  vingt  ans  le 
jour  et  cinquante  la  nuit;  le  fard  se  charge  de  tout  transformer  et 
de  tromper  les  amants,  mais  le  poète  se  charge  à  son  tour  d'ar- 
racher ce  masque  et  d'en  représenter  la  laideur  repoussante.  Et 
le  défílé  des  vieilles  continue. 

Dans  le  Parnasse  des  poUes  salyriques  par  Théophile  (1625), 
on  lit  le  testament  d'une  courtisane  et  une  foule  de  pièces  diri- 
gées coutre  des  vieilles  ou  des  courtisanes  avides.  Théophile 
se  détache  de  ses  prédécesseurs  en  ce  qu'il  chante  une  vieille 
grasse  et  trapue,  mais  le  tableau  n'est  pas  plus  joli  que  celui  de 
la  maigreur   la  plus  désespérante.     Et  Théophile,    sans  oublier  pas 


88  p.  TOLDO, 

pourtant  les  dents  d'ébène,  se  plaît  à  décrire  les  couches  de  la 
graisse,  retombant  les  unes  sur  les  autres: 

,,Le  menton  qui  pend  sons  un  autre 
Dessus  le  sein  flac  yous  descend, 
Ce  sein  sur  le  ventre  vous  pend, 
Et  dessus  les  genoux  le  ventre." 

Théophile  ne  fit  pas  école.  Maître  Adam,  le  menuisier  de  Nevers, 
dans  son  VilUhrequin  et  dans  ses  Chevilles,  revient  à  la  représen- 
tation d'un  „fantosme  d'ossemens'*  et  le  sieur  Auvray  nous  offire 
ensuite  une  autre  carcasse  d'os,  qui  a  tçutefois  assez  d'attraits, 
pour  qu'il  n'en  dédaigne  pas  l'amour.  C'est  que  le  sieur  Auvray 
appartient  lui  aussi  au  groupe  de  ces  poètes,  qui  sont  la  dupe  du 
fard  de  ces  femmes  rusées,  si  ce  n'est  l'intérêt  qui  lui  fait  prendre 
son  cœur  à  deux  mains.  Ses  idées  deviennent,  entre  le  bras  de 
cette  belle,  on  ne  pourrait  plus  lugubres: 

„Dès  la  premiere  nuict  de  nos  embrassements 
J'imaginay  sa  chambre  estre  un  grand  cimetière. 
Son  corps  maigre  sembloit  im  monceau  d'ossements 
Son  linceul  un  suaire  et  sa  couche  une  bière!** 

Les  paroles  qu'il  adresse  à  cette  amoureuse  séculaire,  dans  la  nuit 
qu'ils  passent  ensemble,  sont  toutes,  dans  le  même  goût  II  assure 
que  sa  mère  dut  la  mettre  au  monde  en  disant  son  chapelet,  car 
son  corps  „n'est  que  de  patemostres"  et  il  déclare  reconnaître  sa 
beauté  „au  cliquetis  des  os'',  sur  lesquels  un  barbier  pourrait 
étudier  „l'anatomie". 

Il  paraît  que  le  poète  était  persécuté  par  les  vieilles.  Il  s'en 
prend  à  une  autre,  qui  médit  de  lui,  auprès  de  celle  qu'il  aime 
et  il  en  décrit  une  troisième,  qui  a  le  malheur  de  s'éprendre  de 
lui,  et  dont  il  ne  manque  pas  de  faire  la  portraicture\ 

,,Un  oeil  de  chahuan,  des  cheveux  serpentins, 

Une  trongne  rustique  à  prendre  des  coppies, 

Un  nez  qui  au  mois  d'aoust  distille  les  roupies, 

Un  riz  sardonien  à  charmer  les  lutins. 

Une  bouche  en  triangle  ou  comme  à  ces  mastins 

Hors  œuvre  ou  (l'on)  voit  pousser  de  longues  dents  pourries, 

Une  lèvre  chancreuse  à  baiser  les  Furies, 

Un  iront  piastre  de  fard,  un  boisseau  de  tetins, 

Sont  tes  rares  beautés  execrable  Thessale  . .  .** 

Ailleurs  il  écrit  des  jambes  contre  une  médisante 
„Rouge  menade  à  la  vineuse  trongue" 

et  contre  une  foule  de  courtisanes  et  de  maquerelles,  ce  qui  ne 
donne  pas  une  idée  favorable  des  mœurs  de  notre  poète  et  du 
milieu  où  il  vivait 

Mais  j'ai  hâte  d'en  finir  avec  cette  peinture  si  écœurante  de 
la  femme.    Je  laisse  de  côté  partant  d'autres  descriptions  pareilles 


I 


I 


POÉSIE   BURLESQUE    FRANÇAISE   DR    IJí    RKNAISSANCB.  8g 

et  j'arrive  â  /a  vinile  dame  campagnarde,  de  celui  qu'on  appelle  le 
prince  des  poètes  burlesques  de  la  France.  Ici  toutefois  le  genre 
paraît  déjà  trop  épuisé,  pour  que  Scarron  puisse  y  trouver  des 
in^piiations  nouvelles.  Nous  sommes  toujours  à  la  présence  d'un 
membre  de  cette  nombreuse  famille,  ridée,  grise,  maigre  et  puante 
et  il  en  est  de  même  d'une  autre  vieille,  que  le  poÈle  nous  pré- 
sente dans  un  de  ses  sonnets,  aux  „dents  noires  comme  de  l'ébène", 
appelée  pour  !a  rime  Hélène,  mais  qu'on  pourrait  appeler  Macette 
ou  Perette,  et  sur  qui  on  peut  étudier  cette  „anatomie"  mise  à  la 
mode  par  le  Bemi.  Ce  mépris  pour  celles,  qui  s'approchent  dn 
couchant  de  la  vie  est  bien  peu  noble  et  généreux .  il  faut  en 
convenir  et  il  Taut  reconnaître  en  m<'me  temps  que  l'art,  s'amusant 
à  la  représentation  de  la  grimace  et  de  la  laideur,  porte  en  lui- 
même  les  germes  de  sa  décadence.  Cette  sorte  de  muse  burlesque, 
peu  d'années  après  sa  naissance,  était  aussi  hideuse  et  décrépite, 
que  les  vieilles  qu'elle  peignait  et  le  tableau  des  vices  de  l'époque, 
des  courtisanes  et  des  maquerelles,  était  lui  aussi  vicieux  et  cor- 
rupteur, ne  laissant  presque  jamais  paraître,  sous  la  plaisanterie, 
et  sous  les  apostrophes,  la  noble  indignation  qui  naît  au  cœur  de 
l'homme  vertueux.  Tous  ces  écrivains  nous  promi-nent  dans  les 
iùurdeaux  et  dans  les  compagnies  les  plus  honteuses  et  lorsqu'on 
n'a  pas  devant  soi  les  rides  de  la  vieillesse,  on  est  sAr  de  voir 
toujours  celles  bien  plus  repoussantes  de  la  débauche. 

A  cette    description    des   femmes    se  rattachent  d'autres  com- 
positions   contre    l'amour,    les    plaisanteries    sur    les    mésaventures 
conjugales,    et    les    éloges   du  maquerellage.     Voici,    par  exemple, 
Amadts   Jamyn,    chantant   Vlneonslance.     Comme   s'écrie-t-il    toutes 
les  choses  naturelles  varient,  les  saisons,  les  plantes  et  tout  ce  qui 
a  ¿té  créé,  il  n'y  rien  d'étonnant  si  nos  goats  varient  de  mi'me: 
„Hil  comment  noslie  amour  seroit  elle  immortelle 
Quacd  mtsme  en  Jupiter  amitj¿  n'est  pas  telle, 
Qui  ne  monstre  en  ses  faits  rien  que  rauiatìon?" 
Et  le  po¿te   conclut  en  invoquant  ces  lois  de  nature,   qui  servent 
si  à  propos  à  la  plaisanterie  de  nos  poètes: 

„Qui  ne  veut  point  Taillir  doibt  suivre  la  nature. 
On  ne  paist  toujours  d'une  mesme  pasture  ; 
Rien  ne  donne  plaisir  tant  que  li  nouveauté." 
Mais  le  fort  de  notre  poète  c'est  plutôt  le  contre.    Aussi  écril-it  contre 
la  Rigueur    et    contre    VAmour,    dont    les    titres  rappellent  d'autres 
compositions  italiennes  sur  les  mêmes  sujets  que  nous  verrons  bien- 
tôt, mais  tout  se  borne  au  titre  et  à  quelques  rencontres  dues  pro- 
bablement à  l'identicité  du  thème.    Sa  pièce  contre  la  Rigtteur  n'est 
que  l'éloge  du  contraire  c'est-à-dire  l'apologie  de  la  douceur,  récom- 
tuandée  surtout  aux  dames;  celle  contre  VAmour  n'est  à  tout  prendre 
qu'une  élégie,  où  le  poète,  après  avoir  fait  l'éloge  de  l'inconstance, 
se  plaint    de  celte  de  sa  belle.     Selon  lui  l'amour  est  la  cause  de 
les  malheurs  de  l'humanité:    la  raison,   à  son  approche,   est 


90  p.  TOLDO, 

forcée  de  déménager  et  personne  ne  saurait  se  fier  à  ce  Pruthée 
changeant.  De  lui  naissent  la  jalousie,  la  haine,  et  il  résume 
toutes  les  misères  de  la  vie: 

»«Ensemble  fuir  et  pnrsuivre, 
Ensemble  en  un  mourir  et  vivre, 
Ensemble  espoir  et  desespoir, 
Ensemble  crainte  et  assurance. 
Ensemble  joye  et  doleance, 
Ensemble  tenir  et  n'avoir  . . ." 

Uéloge  des  Cornes  (c'est  là  le  titre  choisi  par  nos  poètes)  se 
prête  davantage  à  la  plaisanterie  et  se  trouve  répété  par  maint 
poète.  Le  Lando  avait  déjà  célébré  la  femme  infidèle  lorsque 
Remy  Belleau  entreprit  de  passer  en  revue  tous  les  exemples 
mythologiques,  pour  démontrer  que  les  Sganarelles  de  son  temps 
ont  beaucoup  de  tort  lorsqu'ils  se  plaignent  de  cet  ornement  de 
leur  front     Jupiter  ne  s'est-il  pas  transformé  en  taureau? 

„Et  la  Deesse  qui  respand 
Et  verse  aux  hommes  la  richesse 
D'une  tant  prodigue  largesse, 
Tient-elle  pas  entre  ses  dois 
La  riche  corne  d'Achelois?" 

£t  dans  cette  galerie  très  riche  de  maris  malheureux  nous  voyons 
passer  aussi  sous  nos  yeux,  le  capricorne  et  le  taureau  célestes, 
les  faunes  et  les  satyres  au  front  armé  de  bois,  le  bouc  honneur 
de  la  tragédie,  les  cornes  des  armées: 

„L'Itale  en  desrobe  son  nom, 
La  mer  Aegee  son  surnom, 
Et  son  nom  la  pecune  sainte 
Des  animaux  qui  ont  emprainte 
La  corne  sur  leur  front  chenu  . . . 
Les  bouts  sont  encornez  des  arcs 
Les  bouts  sont  encornez  des  dars, 
La  lanterne  en  est  encornée. 
Le  patemostre  en  est  tournee  . . ." 

On  voit  que  tout  l'esprit  du  poète  consiste  dans  une  éniimération 
minutieuse  et  ennuyeuse. 

Jean  Passerat,  à  peu  près  vers  à  la  même  époque,  avait  chanté 
la  Corne  d*abondance,  où  il  s'agit  toujours  du  même  sujet  développé 
toutefois  avec  plus  d'érudition  mythologique  et  se  prêtant  bien 
entendu  à  l'équivoque.  Outre  les  exemples  que  nous  venons  de 
voir,  l'auteur  nous  présente  Bacchus  changé  en  bouc,  le  dieu  Apis 
des  Egyptiens,  la  corne  d'Isis  et  de  Diane  et  Neptune  se  transfor- 
mant en  animal  cornu  pour  ravir  Proserpine.  Ulysse,  si  l'on  veut 
ajouter  fois  à  Passerat,  assiégeait  Troie,  pour  venger  le  dés- 
honneur d'un  de  ses  amis: 


POÉSIB   BURLESQUE    FRANÇAISE    DE    LA    RENAISSANCE. 


[  Quant  i 


„Pendant  que  des  mugucti  la 
Eotrctenoit  sans  luy  sa  bonne  Penelope." 
lari  d'Hélène,  il  devait  âtre  bien  aise  de  son  état  si 
„dedi 


Feit  dedans  mille  nefs  ton«  la  Grece  eoirer." 
Et  il  continue  cette  sorte  de  travestissement  de  l'ijistoire  ancienne, 
que  la  lectnre  d'une  foule  de  badinages  italiens  de  ce  genre, 
pouvait  lui  suggérer,  mais  où  toutefois  il  n'y  a  rien  qni  soit  imité 
à  la  lettre  et  où  Ton  trouve  en  revanche,  indépendamment  de  la 
I  frivolité  du  snjet,  beaucoup  de  verve  et  d'esprit.  Pour  toute  con- 
I  dusion.  Passerai  nous  assure  que: 

„Par  comes  on  acquiert  et  credit  et  richesses, 
Accolades,  bons  jours  et  tres  bumbles  caresses", 
I  et  c'est  là  souvent  la  meilleure  des  méthodes  pour  parvenir  à   la 
I  Hortnne. 

Comme  Ì!    a  présenté    cette    sorte    de   capitolo    sous    la    forme 
I   d'nne  vision,  il  conclue  plaisamment: 

„L'Aurore  se  Icvotl,  lors  que  je  suis  venu 
A  la  trop  courte  fin  de  mon  songe  cornu. 
Pat  la  porte  de  corne:  cl  qui  ne  le  veut  croire 
Il  prent  l'autre  chemin  de  la  porle  d'ivoire." 
Dana  les  Muitt  françoiseï  ralliéei  (Paris,  1599,  par  Despinelle),    m\ 
anonjTiie  revient  sur  ce  même  sujet,   en  employant  à  peu  près  les 
mêmes    argumentations    de    ses   prédécesseurs.      Dans    cette    „con- 
solation pour  les  cocus",   il  n'oublie    pas    les    rayons   lumineux   du 
front    de    Moïse    et    il    donne    un    caractère    nouveau    et    gai   à  sa 
I  pièce  en  feignant  d'adresser  ses  vers  à  un  de  ses  amia: 
„Vous  iouvieoi-il  pas,  mon  Compere 
Lors  qu'esliei  en  si  grand' colete?" 
\  VOUS  aviez  tort,  ajoute-t-ii,  de  vous  plaindre  des  équipées  de  votre 
et   quand  même  tout  le  monde   se  moquerait   de  vous,    la 
'  corne  de  l'abondance  saurait  vous  dédommager  des  autres: 
Btef,  Competi 


Not 


s  les 


Au  Tute  poumons  faire  la  guerre." 
Vers  ta  même  époque,  Passerat  revienl  A  la  charge  {Miiscs  Gail- 
lardts,  Paris,  2"°*  éd.,  1609)  et  son  exemple  est  suivi  par  d'autres 
poètes,  en  plein  XVU' siècle.  Dans  un  autre  recueil,  le  Cabinel 
xaiyrique  (éd.  de  Paris,  1859 — 1860),  Motin  aborde  un  sujet  non 
moins  vulgaire.  Son  „hymne  au  maquerellage"  est  un  vrai  fatras 
mythologique  et  ennuyeux. 

Jupiter  aurait  été,   au  dire  de  Motin,    l'inventeur  de  ce  „sage 

mestier"  et  Junon  donna    elle  aussi  des  preuves  de  son  penchant, 

pour    ce    genre    d'affaires.     El    les    exemples   mythologiques  ne  se 

f  .bornent    pas    là.      Us    sont    suivis    par    ceux    des    médecins,    qui 


92  p.  TOLDO, 

ont  ennobli   ce  métier,   devant   employer  „en  leurs  receptes"  tout 

ce  qu'il  faut: 

„Pour  eschauffer,  pour  concevoir, 

Pour  estressir,  pour  faire  avoir 

Le  teint  plus  beau,  les  dens  plus  nettes  . . ." 

Les  avocats,  les  prêtres,  les  magistrats,  les  musiciens,  enfin  tout  le 
monde,  y  joue  un  rôle  plus  au  moins  important: 

„Parfumeurs,  perruqueurs,  orfèvres, 

Faiseurs  de  miroirs,  emailleurs, 

Gantiers,  barbiers,  brodeurs,  tailleurs. 

Tous  artisans  qui  par  leurs  œuvres 

Servent  aux  délices  humaines, 

A  l'Amour  consacrent  leurs  peines." 

Le  ciel  lui-même,  couvrant  à  la  nuit  de  son  ombre  et  de  son 
mystère  les  couples  amoureux,  paraît  aussi  se  plaire  à  ce  rôle, 
mais  ceux  qui  l'emportent  sur  tous,  ce  sont  les  courtisans: 

„Qui  sans  foy,  sans  ames  et  sans  honte, 
Du  macquerellage  font  gloire 
Comme  les  Allemans  de  boire." 

Dans  cette  conclusion  on  pourrait  retrouver  une  intention  de  sa- 
lire, mais  que  Ton  ne  prenne  pas  trop  au  sérieux  cette  apostrophe 
plus  ou  moins  violente  aux  courtisans  „sans  âme  et  sans  honte". 
Les  poètes  de  l'époque,  vivant  à  la  cour,  tiraient  bien  souvent  de 
ce  genre  de  services  plus  de  gain  que  de  leurs  vers  et  dans  cette 
longue  enumeration,  Motin  a  eu  tort  de  les  oublier. 

Un  de  ses  amis,  par  exemple,  le  sieur  de  Sigognes,  accusé 
de  servir  aux  amours  de  son  maître  n'essaye  pas  même  sa  défense, 
et  il  se  borne  à  accuser  ses  accusateurs  des  vices  les  plus  honteux: 

„Pourceau  le  plus  cher  d'Epicure, 
Qui  contre  les  loix  de  nature 
Tournez  vos  pages  à  l*envers  ... 
Vous  dites  que  j'ai  fait  la  poule. 
Et  des  dames  fendu  la  foule. 
De  mon  maistre  le  messager  . . . 
Si  s^ay  faxet  d* amour  le  message. 
Je  n'ai  point  violé  Tusage 
Ny  la  coustume  de  la  cour  ..."  * 

La  déclaration  est,  on  ne  pourrait  plus,  claire,  et  rappelons,  pour 
en  finir,  la  „louange  satirique  en  Thonneur  du  maquerellage"  due 
à  la  plume  d'Angoulevent  et  renfermant  Tapologie  des  bâtards: 

„Adiousté  qu'on  engendre  aux  larcins  de  Cipris, 
Des  enfans  mille  fois  mieux  nez  et  mieux  appris 
Qu'on  ne  fait  soubs  himen,  pour  autant  qu'on  espreuve 
Cent  fois  plus  de  plaisir  en  une  chose  neuve." 


1  On  trouve  dans  le  même  reçneil  une  autre  „louange  du  ms^querellage". 


POÉSIE   BURLESQUE   FRANÇAISE   DE   LA   RENAISSANCE.  93 

Vieilles,  courtisanes,  entremetteuses,  femmes  infidèles  et  effron- 
tées ce  sont  là  les  sources  auxquelles  puisent  les  burlesques  et 
auxquelles  puisent  aussi,  froidement  et  sans  conviction,  les  poètes 
satiriques  de  l'époque.  Souvent  le  même  poète  compose  dans  les 
deux  genres  et  lorsqu'il  ne  s'inspire  pas  directement  à  son  temps, 
il  répète  à  l'ennui,  comme  un  pur  exercice  de  rhétorique,  ce  que 
Juvénal  avait  dit  de  Messaline  et  de  ses  contemporaines.  Aussi 
la  satire  et  le  burlesque  paraissent-ils  parfois  se  compléter  entre 
eux,  surtout  lorsqu'il  est  question  d'amour  et  de  mariage  et  mal- 
heureusement les  deux  genres  se  ressemblent  aussi  dans  la  pauvreté 
et  dans  la  monotonie  de  l'inspiration. 

A  suivre. 

P.  Toldo. 


lieber  das  altfiranzösische  Gedicht  von  der  Zerstörung 
Jerusalems  (La  Yeigance  nostre  seigneur). 

(Schlufs;   s.  Ztscbr.  XXIV  l6l  ff.) 

111.  ABSCHNITT. 

Die  Quellen. 

Seinem  Inhalte  nach  zerfallt  das  Gedicht  in  drei  Teile.  Der 
erste  (Strophe  i — 34)  behandelt  die  Heilung  Vespasians,  der  mitt- 
lere (Haupt-)  Teil  die  Belagerung  und  Zerstörung  Jerusalems 
(Str.  35 — 102),  der  letzte  die  Bestrafung  und  den  Tod  des  Pilatus 
(Str.  103 — 107).  Es  ist  nun  die  Frage,  ob  der  Verfasser  diese 
Stücke  schon  in  einer  einzigen  Quelle  vereinigt  vorgefunden  hat, 
oder  ob  er  selbst  verschiedene  Vorlagen  kombiniert  hat  V^enn 
er  von  einer  Quelle  spricht,  so  thut  er  dies  doch  nur  so  allgemein, 
dafs  man  daraus  nicht  entscheiden  kann,  ob  diese  ihm  nur  für 
den  betreffenden  Teil,  oder  für  das  ganze  Gedicht  vorgelegen  hat. 
So  lautet  z.  B.  K.  T.  I  V.  12: 

Quarante  anz  en  apres,       ce  trovons  nos  lisant; 

V.  34—35: 

Ens  en  Costantinoble       devant  Sainte  Sofìe 
Poés  trover  Tescrit,       que  que  nus  vos  en  die.* 

In  Str.  96  heifst  es: 

[La  chançon  .  .  .] 

Ele  n'est  pas  de  fable       ne  faite  de  folie, 

A  ins  est  traite  d'estoire       de  grant  anciserie; 

und  in  der  letzten  Laisse  (K.  T.  11  75): 

Ce  conte  l'cscripture,       dont  la  raisons  est  voire. 


*  Einer  nachträglichen  Auskunft,  die  ich  einem  türkischen  Freunde  ver- 
danke, entnehme  ich,  dafs  die  Hagia  Sofía  in  Konstantinopel  wirklich  eine 
Bibliothek  mit  Handschriften  besitzt;  diese  enthält  aber  nur  persische,  ara- 
bische und  türkische  Werke,  indem  die  sonstigen  Handschriften,  wie  z,  B.  die 
griechischen,  in  die  Privatbibliothek  des  Sultans  überführt  worden  sind  and 
sich  jetzt  im  Palast  Top-Kapou  befínden.  Man  könnte  nun  daran  denken, 
dafs  mit  obigem  escrtt  vielleicht  irgend  eine  Handschrift  des  Josephas  gemeint 
wäre,  die  der  Dichter,  der  ja,  wie  schon  Ztschr.  XXIV  165/6  bemerkt,  wohl 
Beziehungen  zum  Orient  gehabt  hat,  etwa  in  Konstantinopel  benutzt  haben 
könnte.  Eine  Bestätigung  ilir  diese  vage  Vermutung,  welche  dann  die  ebenda 
S.  163  versuchte  Erklärung  umstofsen  würde,  dürfte  kaum  za  erhoffen  sein; 
wenigstens  habe  ich  von  dem  Bibliothekar  jener  Palastbibliothek  keine  Aus- 
kunft über  eine  derartige  Handschrift  bekommen  können. 


AFRZ.  GEDICHT  VON  DER  ZERSTÖRUNG  JERUSALEMS.      95 

Wie  nun  spater  gezeigt  werden  wird,  nennt  das  Gedicht  an  ver- 
schiedenen Stellen  den  Geschichtsschreiber  Josephus  als  Quelle, 
und  gehen  in  der  That  die  Angaben  des  mittleren  Teiles  auf 
diesen  zurück.  Zu  der  Annahme,  dafs  eine  Kombination  der  drei 
Teile  etwa  unter  dem  Namen  des  Josephus  gegangen  sei,  liegt 
kein  weiterer  Anhaltspunkt  vor.  Folglich  mufs  das  Gedicht  noch 
andere  Vorlagen  benutzt  haben.  Die  oben  gegebenen  Zitate  würden 
dann  entweder  verschiedenen  Texten  gelten,  oder  man  müfste  auch 
sie  auf  den  mittleren  Teil,  und  damit  auf  Josephus  beziehen.  Dem 
Zusammenhange  nach  würde  dies  ganz  gut  möglich  sein,  imd  wenn 
er  dann  auch  so  im  Allgemeinen,  und  scheinbar  in  Hinsicht  auf 
das  ganze  Gedicht,  als  Quelle  genannt  würde,  so  wäre  dabei  doch 
zu  berücksichtigen,  dafs  das  Mittelstûck  gerade  der  gröfste  und 
wichtigste  Teil  der  Venjance  ist 

P.  Meyer  scheint  in  dem  schon  öfter  genannten  Bulletin  anzu- 
nehmen, der  Dichter  hätte  seinen  Stoff  schon  in  einer  lateinischen 
Vorlage  vereinigt  gefunden.  Er  forderte  diese  mit  Rücksicht  auf 
die  verwandten,  besonders  altfranzösischen  Prosatexte,  doch  ist  das 
wohl  nicht  nötig,  da  diese  Fassungen  teils  auf  dem  Gedicht  selbst 
beruhen  (vgl.  den  IV.  Abschnitt),  teils  zu  sehr  davon  abweichen, 
um  die  Annahme  einer  gemeinsamen  Vorlage  gerechtfertigt  er- 
scheinen zu  lassen.  Dazu  ist,  wie  Meyer  selbst  sagt,  von  einer 
solchen  nicht  das  Mindeste  bekannt. 

Man  mufs  also  für  den  ersten  und  letzten  Teil  besondere 
Vorlagen  ansetzen,  oder  vielmehr  wohl  nur  eine.  Denn  die  in 
diesen  Stücken  etithaltenen  Legenden  von  der  Veronika  und  von 
Pilatus  kommen  schon  seit  etwa  dem  7.  Jahrhundert  verbunden 
vor,  wie  Schönbach  im  Anzeiger  f.  d.  A.  II  165  annimmt  Was  nun 
die  als  benutzt  in  Betracht  kommende  Fassung  dieser  Legende 
betrifft,  so  scheint  Schönbach  nach  dem  Stammbaum  auf  S.  170 
die  in  Rede  stehenden  Teile  des  Gedichtes  von  der  Cura  sanitatis 
Tiberii  ableiten  zu  wollen.  Da  aber  dieser  Text  verschiedene  Er- 
weiterungen enthält,  die  das  Gedicht  nicht  hat,  und  dieses  sich 
keiner  der  bekannten  Formen  der  Sage  näher  anschliefst,  so  möchte 
ich  eher  vermuten,  dafs  die  anzunehmende  Vorlage  ohne  Vermi tte- 
lung  einer  der  erhaltenen  Versionen  auf  die  ursprüngliche 
Fassung  zurückgeht,  wie  sie  Schönbach  a.  a.  O.  S.  1 65  für  die  ver- 
bundene Veronika-  und  Pilatussage  aufstellt:  ,>Der  Kaiser  in  Rom 
ist  krank.  Er  hört  von  dem  grofsen  Arzte  Christus  in  Jerusalem. 
Er  sendet  um  ihn  einen  Boten  an  den  Landpfleger  Pilatus.  Dieser 
berichtet  vom  Tode  Christi.  Es  gelangt  zur  Kenntnis  der  Boten, 
dafs  in  Jerusalem  Frau  Veronika  sich  aufhalte,  welche  ein  Bildnis 
Christi  auf  einem  Tuche  (den  Repräsentanten  des  nicht  mehr 
lebenden)  besitze,  dem  Heilkraft  inne  wohne.  Sie  veranlassen,  dafs 
Veronika  mit  der  Reliquie  nach  Rom  fahrt.  Der  Kaiser  wird  ge- 
heilt Pilatus,  den  man  zur  Verantwortung  nach  Rom  gebracht 
hat,  wird  hingerichtet" 

Zu  diesem  Kern  sind  dann  im  Gedicht,  oder  vielleicht  schon 


WALTHER   SUCHIEK, 


wesentlichen  folgende  Episoden 


96 


zum  Teil    in    dessen  Vorlago,    : 
hinzugefügt 

Der  Aufanthalt  Gais  im  Hause  Jakobs.  Nach  Heíiuel,  Ueber 
die  französischen  Gralromanc,  Wien  1891,  S.  106  ist  dieser  Jakob 
wohl  der  Bruder  Oiristi,  Jacobus  minor,  der  „als  Bischof  von 
Jerusalem  seiner  Frömmigkeit,  Gerechtigkeit  und  Gute  wegen  einen 
grofsen  Ruf  erwarb  und  auch  von  den  Juden  verfolgt  wurde". 

Verschiedene  Angaben  des  Gedichtes  erklären  sich  darauS) 
dafs  der  Verfasser  unter  Einflufs  der  Geschichte  die  Ereignisse 
40  Jahre  nach  Christi  Tod  vor  sich  gehen  läfst.  Daher  ist  Vespa- 
sian der  kranke  Kaiser,  während  es  in  den  älteren  Fassungen 
Tiberius  ist.  In  eben  diesen  ist  auch  der  Tod  Christi  noch  nicht 
in  Rom  bekannt,  im  Gegensatz  zu  unserer  Venjance,  wo  der  Sene- 
schal mit  dem  Auflrag  eine  von  jenem  hinterlassene  Sache,  und 
nicht  ¡Im  seibat,  zu  holen  nach  Jerusalem  gehl.  In  den  verwandten 
Berichten  wird  Pilatus  wegen  der  Kreuzigung  Christi  bestraft,  im 
Gedicht  aber  ¡st  davon  gar  nicht  die  Rede,  vielmehr  wird  den 
Juden  allein  die  Schuld  daran  zugeschoben.  Wenn  nun  Vespasian 
dem  Pilatus  einen  Tribut  auferlegen  läfst,  den  dieser  aber  ver- 
weigert, so  ist  wohl  e¡ne  derartige  Erzählung  aus  dem  Bestreben 
des  Dichters  zu  erklären,  dem  Landpfleger  eine  Schuld  gegen. 
den  Kaiser  aufzubürden,  d¡e  seine  schliefsliche  Bestrafung  rech^ 
fertigte. 

Die  Krönung  des  Titus. 

Die  Episode  des  Kiemens  in  Rom.     Hierfür   liegt  wohl 
Legende  zu  Grunde,  die  an  Kiemens  L,  Romanus,  einen  der  sc 
apostolischen  Väter  angeknüpft  hat.    Er  ist  nach  altkirchücher  An- 
sicht ein  Schüler  des  Petrus  und  von  diesem  als  Bischof 
eingesetzt    worden    (vgl.  Langen ,    Die    Kiemen  sromane,    ihre   E[ 
stehung  und  ihre  Tendenzen,  Gotha 

D¡e  Versiegelung  des  Tuches  durch  Kiemens  im  Altar  des 
heiligen  Simeon.  „Das  älteste  Zeugms  für  d¡e  Anwesenhe¡t  der 
Reliquie  in  Rom  fällt  in  das  Jahr  705,  in  welchem  Jahre  Papst 
Johann  VII.  in  der  Peterskirche  vor  der  Kapelle  der  Alaria"  [nach 
Zöckler  in  Herzogs  Realenzyklopädie  für  protestantische  Theologie 
und  Kirche,  2.  Aufl.,  XVI  362  S.  Maria  Maggiore]  „ein  Tabernakel 
zur  Bewahrung  des  Schweifstuches  errichtete"  (Creizenach,  Legenden 
und  Sagen  von  Pilatus,  Paul  und  Braunes  Beiträge  I  g6). 

Das  Schicksal  des  Pilatus  ist  infolge  verschiedener  EinSßsse 
umgestaltet.  Er  wird  nicht  hingerichtet,  sondern  nach  Vienne  in 
Siidfrankreicli  verbannt.  Dasselbe  Geschick  hat  als  geschichtlichea 
Faktum  den  jüdischen  König  Archelaus  getroffen,  und  ist  von 
Flavius  Josephus  in  dem  zweiten  Buche  seines  Werkes  „Ueber  den 
jüd¡schen  Krieg"  (in  der  Ausgabe  von  Naber  Kap.  7  Abs.  3  §ill) 
erwähnt.  Dafs  Pilatus  an  jenem  Orte  ¡n  einem  Brunnen  gefangen 
gehalten  wird,  beruht  wohl  auf  Einflufs  der  Mors  Filati  (Tischen- 
dorf, Evangelia  Apocrypha  S.  458),  die  als  Endschicksal  seiner 
Leiche  die  Versenkung  in   einen    Brunnen   in   den  Alpen  erzählt 


( 


I 

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1. 

Ed«9 
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A 


ATKZ.  GKDICUT   VOH    UER   ZKKSTÖKDNO  JBSUSAUUIS. 


97 


{vgl,  Schônbacb,  A.  f.  d.  A.  II  198  und  Du  M¿ril,  Poésies  populaires 

Idn  moyen  âge,  Paris  1847,  S.  356  Anm,  7). 
Es  wäre  nicht  ausgeschlossen ,  dafs  in  der  aDiunehmenden 
Vortage  auch  schon  in  aller  KürKe,  etwa  ähnlich  wie  in  der  Vin^ 
dicta  Salvatoris  (Tischendorf,  Ev.  Ap.  47  i — 486)  von  der  Zerstörung 
I  Jemsalems  die  Rede  gewesen  ist,  wodurch  dann  der  Dichter  ver- 
anlaTst  worden  wäre,  das  Werk  des  Josephus  heranzuziehen. 

Für  den  mittleren,  die  Belagerung  und  Zerstörung  Jerusalems 
behandelnden  Teil  ist  also  das  Werk  des  Flavius  Josephus  „Ueber 
den  jodischeD  Krieg"  benutzt.  An  verschiedenen  Stellen  wird 
darauf  hingewiesen,  so  heifst  es  in  Str.  Ô0  von  seinem  Verfasser: 

ill  est  mout  sages  den,  ceste  estoire  escrirai 
und  in  der  Schlufslaisse  (K.  T.  II  93): 
II  escitst  cesie  esloíre,  c'om  deol  en  erint  memoire. 
Ich  vermag  nicht  zu  entscheiden,  ob  dem  Dichter  das  Werk  selbst 
vorgelegen  hat,  also  auch  nicht,  ob  er  es  etwa  in  der  lateinischen, 
gewöhnlich  dem  Kufinus  zugeschriebenen  Uehcrsetzung,  oder  viel- 
leicht in  der  freieren,  vielfach  unter  dem  aus  Josephus  entstellten 
Namen  Hegesippus  gehenden  lateinischen  Bearbeitung  vor  sich 
gehabt  bat.  Jedenfalls  ¡st  die  Benutaung  eine  seht  freie.  Nur  die 
Hauptereignisse  des  Feldzugs  und  der  Belagerung  sind  daraus  ent- 
nommen, daneben  noch  eÍQzelne  Episoden,  leb  stelle  alle  diese 
Purilite  im  Folgenden  zusammen,  indem  ich  dabei  auf  die  ent- 
sprechenden Abschnitte  des  griechbchen  Originals  nach  der  Aus- 
gabe von  Samuel  Adrianus  Naber,  Flava  Josephi  Opera  omnia, 
vol.  V  et  VI,  Leipzig  1895/b  verweise.  Die  Anordnung  der  folgenden 
Stellen  ist  die  des  Gedichtes;  aus  den  Verweisungen  läfst  sich  er- 
sehen, dafa  es  die  Thalsachen  verschiedentlich  umgestellt  hat 

Finnabme  von  Acre  ohne  Kampf:  Buch  III  Kap.  2  Abs.  4 
9  30 — 32,  wo  das  Gleiche  von  der  Stadt  Sepphorts  erzählt  wird. 

Die  Eroberung  von  Jafes  durch  Titus  bildet  eine  Kombination 
der  Eroberung  von  Japha  durch  Titus  (Buchili  Kap.  7  Abs.  31) 
nnd  der  von  dem  dabei  gelegenen  Jotopata  durch  Vespasian 
(Bachili  Kap.  7  Abs.  33— 30). 

Die  Gefangennahme  des  Jafel  in  einem  Keller  bei  der  Etobe- 
mng  von  Jafes  und  seine  Begnadigung  :  Buch  III  Kap,  8  (Gefangen- 
nahme des  Josephus  in  einem  Brunnen  bei  der  Eroberung  von 
Jotopata)  und  Buch  IV  Kap.  10  Abs.  7. 

Zweimalige  Aufforderung  Vespasians  an  Pilatus,  sich  zu  er- 
geben, worauf  dieser  ilin  herausfordert:  Buch  V  Kap,  Q  (Titus  er- 
mahnt die  Juden  zur  Ergebung  und  läfst  sie  dann  noch  einmal 
durch  Josephus  dazu  auffordern,  worauf  die  Judi;n  in  Schmähungen 
ausbrechen). 

Tod  des  seit  io  Jahren  Wehe  schreienden  Verrückten:  Buch  VI 
Kap.  5  Abs.  3  g  300— 30Q. 

IEinschliefsung    der  Stadt   durch    einen  Graben,    um    sie   aus- 
XdBGbr.  L  nm.  FlÜL  XXV.  7 


g&  WALTHER  SUCmSR, 

zuhungem:  Buch  V  Kap.  12  Abs.  i,  2  (Einschliefsimg  durch  eine 
Mauer  zu  dem  gleichen  Zweck). 

Ausfall  der  Juden,  bei  dessen  Zurückweisung  sich  Vespasian 
auszeichnet:  BuchV  Kap.  11  Abs.  4 — 6  (Titus  wirft  an  der  Spitze 
seiner  Soldaten  die  ausgefallenen  Juden  zurück). 

Der  auf  Seiten  der  Juden  am  Ausfall  beteiligte  Joseph  wird 
dabei  verwundet:  BuchV  Kap.  13  Abs.  3  (Josephus,  der  vor  der 
Stadt  die  Juden  zum  Frieden  ermahnt,  wird  durch  einen  Stein- 
wurf verletzt). 

Hungersnot  in  der  Stadt:  BuchV  Kap.  12  Abs.  3. 

Vor  Hunger  essen  die  Juden  Leder:  Buch  VI  Kap.  3  Abs.  3. 

Pilatus  gestattet  seinen  Leuten  sich  Nahrung  mit  Gewalt  zu 
verschaffen.  Marie  ifst,  nachdem  sie  durch  einen  Engel  im  Namen 
Gottes  dazu  aufgefordert  worden  ist,  ihr  verhungertes  Kind.  Pilatus, 
der  nach  dem  Gebratenen  forschen  läfst,  erfahrt  durch  seine  ent- 
setzten Boten  den  Sachverhalt:  Buch  VI  Kap.  3  Abs.  4  (Es  fehlt 
hier  die  Person  des  Pilatus,  die  Aufforderung  durch  den  Engel 
und  der  Name  der  Mutter;  diese  tötet  auch  selbst  ihr  Kind). 

Vespasian  schlägt  eine  Bitte  der  Juden  um  freien  Abzug  ab: 
Buch  VI  Kap.  6  Abs.  3  (hier  Titus  an  Stelle  Vespasians). 

Essen  des  Goldes.  Diese  Episode  ist  hervorgerufen  durch 
Buch  V  Kap.  13  Abs.  4  (Die  syrischen  Truppen  des  Titus  bemerken, 
wie  ein  Jude  aus  seinen  Exkrementen  Gold  holt,  und  schneiden 
daher  2000  Juden  auf). 

lieber  das  Schicksal  der  gefangenen  Juden  ist  Buch  VI  Kap.  9 
Abs.  2  nur  gesagt,  dafs  sie  teils  getötet,  teils  als  Sklaven  verkauft, 
teils  zum  Triumph  aufbewahrt,  teils  nach  Aegypten  zur  Arbeit  ver- 
schickt werden. 

An  Erweiterungen  und  Aenderungen,  die  z.  T.  auf  andere 
Quellen  zurückzuführen  sind,  weist  der  mittlere  Teil  des  Gedichtes 
folgende  auf. 

Die  Ueberleitung  von  dem  ersten  Teil  zum  folgenden  bildet 
in  der  35.  Laisse  die  Prophezeiung  Christi  über  Jerusalem  (frei 
nach  Lukas  19,  V.  43  und  44). 

Abfahrt  der  Römer  von  Rom,  resp.  Barlet  :  bei  Josephus  bricht 
Vespasian  von  Antiochia  aus  gegen  Galiläa  auf  (Buch  III  Kap.  2 
Abs.  4  §  29).     (Vgl.  noch  Ztschr.  XXIV  165/6). 

WasserbeschaffiiDg.  In  Bezug  auf  diese  Episode  sagt  Paulin 
Paris  in  der  Histoire  littéraire:  „Peut-être  cette  imagination  vint- 
elle  aux  pèlerins  à  la  vue  des  ruines  de  quelque  aqueduc  qui 
traversait  la  vallée  de  Josaphat,  et  fournissait  anciennement  d'eau 
filtrée  la  ville  de  Jérusalem".  In  der  That  findet  oder  fand  sich 
im  Josaphatthale  ein  „Teich  der  Leitung"  (Siloahteich),  in  den  der 
Siloahkanal  von  dem  oberen  Gilion  (Marienquelle)  her  Wasser  zu- 
führte. Da  dieser  Kanal  auf  einer  Karte  in  Meyers  Konversations- 
lexikon 5.  Aun.  IX  545  als  „Tunnel"  bezeichnet  ist,  war  er  viel- 
leicht unterirdisch. 


ATItZ.  GEDICHT   VON   DBS  ZSRSTÖItCNQ  JKR1JSALEM5. 


99 


I 


Die  Enählnng  von  der  Cefa nge use tzung  und  wunderbaren 
Befreinng  Josephs  beruht,  wie  schon  in  der  Histoire  littéraire  ge- 
sagt ist,  auf  Stellen  der  Acta  Filati,  in  der  Ausgabe  in  Tischen- 
dorfs Evangelia  Apocrypha  auf  Kap.  12  §  i  und  Kap.  15  §  6  der 
Fassung  A  {S.  îiofï.,  in  ß,  S.  287  ff.,  Kap.  12  §1  und  Kap  15  g  5), 
wo  das  Schicksal  Josephs  von  Arimathia  behandelt  ist. 

Das  Gelöbnis  des  Vespasian  bei  dem  Ausfall  der  Juden,  er 
wolle  Christ  werden,  wenn  ihm  Gott  den  Sieg  verleihe,  erinnert 
an  das  ähnliche  Verhalten  Chlodwigs  in  der  Schlacht  gegen  die 
Alamannen  vom  Jahre  49Ó.  Vielleicht  war  dem  Verfasser  unseres 
Gedichtes  dieses  Ereignis  bekannt 

Die  Angabe,  dafs  bei  der  Verfolgung  der  Juden  nach  ihrem 
Ausfall  die  Sonne  gewartet  habe,  geht  zurück  auf  eine  Stelle  im 
Buch  Josua  10,  V.  12  — 13. 

Ueber  die  Herkunft  des  langen  Gesprächs  zwischen  Jakob  und 
Joseph  vermag  ich  nichts  zu  sagen.  Es  wäre  nicht  ausgeschlossen, 
dafs  es  der  Dichter  erfunden  hätte. 

Für  den  Selbstmord  des  Archelaus  fehlt  mir  eine  Quelle. 
Er  ñndet  sich  auch  in  der  Vindicta  Salvatoris  (bei  Tischendorf 
S.471 — 486,  g  12),  doch  weicht  diese  sowohl  ¡n  der  Angabe  der 
näheren  Umstände  der  That  wie  auch  im  übrigen  stark  von 
unserem  Gedichte  ab,  sodafs  ich  auf  diese  Ue  berein  Stimmung  hin 
nicht  ohne  weiteres  eine  Benutzung  der  Vindicta  durch  die  Ven- 
jance  annehmen  möchte.  Uebrigens  findet  sich  in  §  17  der  ersteren 
die  gleichfalls  im  Gedicht  vorhandene,  auch  anderwärts  vielfach 
begegnende  Angabe  des  Preises  von  einem  Denar  für  je  30  ver- 
kaufte Jaden. 

Die  Ergebung  der  Juden,  die  ja  unter  Pilatus'  Führung  dem 
Kaiser  vor  die  Stadt  entgegen  zi  ehe  11 .  sieht  im  Gegensatz  zu  dem 
Bericht  bei  Josephüs  (Buch  VI  Kap.  8  Abs.  4,  5},  wonach  die  Stadt, 
oder  vielmehr  nach  der  allmählichen  Eroberung  aller  übrigen  Stadt- 
teile die  Oberstadt  von  den  Römern  erstürmt  wurde. 

Ebenso  widerspricht  die  im  Gedicht  erzählte  Verschonung  des 
Tempels  {neben  der  des  heiligen  Grabes  und  des  Turmes  Davids) 
der  Mitteilung  in  Bach  VI  Kap.  4  Abs.  5  — 8  von  dem  Abbrennen 
des  Tempels.  Allerdings  war  es  gegen  die  Absicht  des  Titus  ge- 
schehen, der  auch  vergeblich  Löschversuche  machen  liefs.  Nach 
Buch  VI  Kap.  9  Abs.  i  blieben  aber  drei  Turme,  darunter  nach 
Schfirer,  Geschichte  des  jüdischen  Volkes  Bd,  1,  Leipzig  1890, 
S.  533  Anm.  122  der  später  sogenannte  Davidsturm,  bei  der  Zer- 
slômng  stehen. 

Die  Nachricht  von  der  Aussetzung  der  verschonten  Juden 
durch  Vespasian  in  drei  Schiffen  geht  zurück  auf  eine  alte  jüdische 
Sage,  welche  die  Entstehung  eines  gewissen  Bufsgeheles  erklären 
will  und  aus  den  Rechtsbescheiden  der  Gaonen  stammen  soll.  Als 
Landungsorte  nennt  sie  Lyon,  Arles  und  Bordeaux  (vgl.  Zun z,  Lite- 
raturgeichichte  der  synagogalen  Poesie,  Berlin  1865,  S.  17}.  Woher 
der  Verfasser  der  Venjance  sie  keimen  mag,  bleibt  ungewifs. 


7* 


ÍÓO 


SUCalER, 


Auch  die  scbliersliche  Taufe  der  Römer  scheiol  Eigentümlich- 
keit unseres  Gedichtes  zu  sein. 

üeber  das  Perso  neu  Verhältnis  betreffende  Verschiedenheiten  in 
Gedicht  und  Vorlage  ist  Folgendes  zu  sagen.  Während  im  Josephus 
Vespasian  nur  den  Anfang  des  Krieges  leitet,  später  aber  dem 
Titus  den  Oberbefehl  übergiebt,  führt  im  Gedicht  der  Kaiser  den 
Feldzug  durch,  Titus  tritt  fast  ganz  zurück.  Die  historische  Person 
des  Josephus  auf  Seiten  der  Römer  vertritt  im  Anfang  Jafel,  bis 
dann  Jakob  nach  seiner  Flucht  aus  der  Stadt  diesen  Platz  ein- 
nimmt. Nach  der  Zerstörung  der  Stadt  tritt  auch  er  in  den  Hinter- 
grund vor  Joseph.  Während  ihres  Aufenthaltes  in  der  Stadt  sind 
Jakob  und  Joseph  wenig  hervorgetreten.  {Vgl.  Heinzel,  Ueber  die 
französischen  Gralromane  S.  lob.) 

Schwer  ist  zu  entscheiden,  ob  man  auch  für  die  beiden  Führer 
der  Juden,  Pilatus  und  Archelaus,  nach  Entsprechungen  aufserhalb 
des  Gedichtes  suchen  soll.  Mit  den  beiden  historischen  Tyrannen 
Jerusalems  während  der  Zeit  der  Delagtning.  Johannes  von  Gis- 
chala  und  Simon  Bar-Giora  {vgl.  Schüter,  Geschichte  des  jüdischen 
Volkes  I  525)  wird  man  sie  wegen  des  Fehlens  übereinstimmender 
Handlungen  und  Schicksale  nicht  identitizieren  dürfen.  In  jedem 
Fail  ist  naiürhch  das  Auttreten  des  Pilatus  leichler  zu  verstehen 
als  das  des  Archelaus.  Sollte  vielleicht  der  im  Neuen  Testament 
verschieden  neben  Pilatus  erwähnte  Herodes  {Agrippa  1.)  mit  He- 
rodes  dem  Grofsen  verwechselt  worden,  und  mit  Rücksicht  auf  die 
seit  Christi  Tod  verflossenen  40  Jahre  dessen  Sohn  Archelaus  an 
diese  Stelle  gesetzt  sein?  Sein  Selbstmord  bliebe  allerdings  auch 
dann  noch  unerklärt,  und  ebenfalls  würde  noch  die  ganze  Parallele 
mit  der  Vindicta  Salvatori  s  des  Aufschlusses  bedürfen. 


IV.  ABSCHNITT. 
Die  FrosaBuflÖBung. 
Unter  den  verschiedenen  altfranzösischen  Prosaschriften,  die 
ähnliche  Stoffe  wie  das  Gedicht  behandeln,  ñndet  sich  auch  eine 
Prosaaullösung  des  letzteren,  ^lir  sind  die  folgenden  Handschriften 
davon  bekannt',  sämtlich  aus  dem  15,  Jahrhundert,  nur  13)  aus 
dem  vierzehnten. 

*-  Um  Irrlum  zu  vermeidED,  fahre  ich  an,  dala  du  unter  alinlicheD  Titeln 
in  deo  Handschriflen  B.  N.  fr.  969,  1Z44S<  ^5S49-  ^5553'  Ars.  S366  cDthallene 
Werk  ein  andeies  ist,  wenn  auch  verwandten  Inhalts.  Die  wenieen  mir  davon 
vorliegenden  Xtitproben  lassen  ca  möglich  erscheinen,  da(s  diese  Prosa  mit 
einem  in  der  sogen.  Bible  en  fran^ois  des  Roger  d'ArgenCeuil  enthallenen 
Stück  ideotiich  ist.  Näheres  über  das  Veibältnis  der  beiden  SlScke  lu  ùq- 
ander  vermag  ich  nicht  intugeben.  Ueber  Rogers  Werk  vgl,  Paul  Meyer, 
Notices  et  Extraits  XXXUI  l"  partie  5.71-75,  der  davon  die  drei  Hand. 
Schriften  B.  N.  f.  Moreau  1715  —  1719,  fr.  1850  und  Bibl.  roy.  de  Belg. 
angiebt.  —  Niebla  mit  der  ProsaaullÖsung  lu  thnn  haben  auch  die  ähnlich 
betitelten  ätückc,   wie  sie  io  den  Hantlscbtiftcn  B.  N.  fr.  iSl,  187,  41J,  1555 


I 

I 


•  I 

J 


I 


AFRZ    GEDICHT   VON   DKK   ZRRSTÖRrNG   JRRUSALFMS.  lOI 

i)  Bibl,  Nat.  fr.  979  12)  Bib!,  de  Carpentras  464 

2)  Bibl.  Nat.  fr.  980— 981  13)  Bibf.  de  Grenoble  50 

3)  Bibl.  Nat.  fr.  1370  14)  Bibl.  de  Salins   12 

4)  Bibl.  Nal.  fr.  2273  15)  Bibl.  de  Valenciennes  541 

5)  Bibl.  Nat.  fr.  17061  10)  Bibl.  in  Bern  A  260 

6)  Bib!.  Nat.  fr.  24438  17)  Bibl  Naz.  di  Torino  L  IV  10 

7)  Bibl.Nat.n.a.fr.  I357{un-  18)  Valik.  Bibl.  Reg.  1728 

vollständig)  19)  BHl  Mus.  Add.  32090 

8)  BibL  de  l'Ars.  2114  20)  Bibl.    des    Sir    Tb.  Phillipps 
q)  Bibl.  de  Lyon  8Ò4  Cheltenham  3657 

10)  Bibl.  de  Lyon  918  2i)  Handschrift  im  Besitz  meines 

11)  Bibl.  de  Lyon   1235  Vaters  Hermann  Suchier 
Bei    drei    weiteren    Handschriften,    einer    aus    Besançon    (vgl. 

G,  Paris  et  L.  Pannier,  La  Vie  de  S.  Alexis,  Paris  1872,  S.  336), 
einer  seiner  Zeit  im  Besitz  Panniers  befindlichen  {vgl.  ebenda 
S- 339)  und  einer  aus  Oxford,  Douce  337  (vgl.  Stengel  Mitteilungen 
S.  24)  habe  ich  nicht  feststellen  können,  ob  das  darin  enthaltene 
Stñcit  wirklich  die  in  Rede  stehende  Prosafassung  isL 

In  Provenza  li  seh  er  Fassung  steht  der  Roman  in  der  Hand- 
schrift B,  N.  fr.  25415,  vom  Jahre  1373  (Beschreibung  durch  P.  Meyer 
B.  im  angeführten  Bulietir:  S.  50  ff.  Der  Text  ist  gedruckt  von 
Chabancau  in  der  Revue  des  langues  romanes  XXXU  581  —  608, 
XXÎCIII  31—46,  600  —  609). 

Eine  katalanische  Version  ist  gedruckt  von  Prospero  de  Bo- 
famll  in  der  Colleccion  de  documentos  inéditos  del  archivo  general 
de  Aragon  XIII  1  —  52  (vgl.  auch  O.  Denk,  Einführung  in  die  Ge- 
schichte der  altkatalanischen  Litteratur,  München  1893,  S.  149 — 152). 
Sie  ¡sl  nach  einer  Annahme  P.  Meyers  im  Bulletin  wohl  eine  Ueber- 
setzaog  des  provenzalischen  Textes.  Der  Druck  beruht  auf  der 
Handschrift  155  des  Klosters  RipoU.  Nach  Morel-Fatios  Angabe 
in  Gröbere  Grundrifs  der  romanischen  Philologie  IIb  88  enthält 
auch  die  Handschrift  B.  N.  £sp.  509  die  katalanische  Fassung. 

Eine  englische  Version  soll  nach  Stengel  a.  a.  O.  S.  24  in  der 
Handschrill  Oxford  Laud  662  enthalten  sein. 

Später  ist  der  französische  Roman  öfter  gedruckt  worden, 
meist  unter  dem  Titel;  Desiruction  de  Jirusakm.  Brunet,  Manuel 
du  libraire  II  col.  654 — 656  zitiert  neun  verschiedene  Drucke.  Ein 
Exemplar  der  zweiten  von  den  drei  ersten  Ausgaben  ohne  Jahres- 
und Ortsangabe  ist  auch  erwähnt  und  beschrieben  in  Picots  Cala- 
logue  des  livres  composant  la  bibliothèque  de  feu  M.  le  Baron 
James  de  Rothschild  II  179,  Von  der  an  fünfter  Stelle  genannten, 
von  Denis  Meslier  14QI  in  Paris  gedruckten  Ausgabe  befindet  sich 
ein  Exemplar  auf  der  Bibliothèque  de  l'Arsenal,  Histoire  no.  1869, 

neh  flitdeD.  —  Dais  dÍE  folgenden  zi  Handschnfteii  den  gleichen  Text  eol- 
haltej),  achliefse  icb  aas  dem  ibnen  gemeinsamen  Anfang:  Aprts  guáranle 
am  ¡tte  ykttuerUt  fut  mis  en  croix  en  Jhfrtualtm  u.  s.  w, 


I02  WALTHER  SUCHISR, 

£ÌQ  Exemplar  der  sechsten  dort  angeführten  Ausgabe  befindet  sich 
in  der  jetzt  dem  Institut  de  France  gehörigen  Bibliothek  des  Her- 
zogs von  Anmale  in  Chantilly,  fol.,  signiert  C  IIL  Einen  weiteren 
Druck  habe  ich  in  Bernard  Quaritch's  Catalogue:  Monuments  of 
printing,  comprising  books  produced  by  the  earliest  presses  in  Ger- 
many, the  Netherlands,  Italy,  France,  Spain,  and  England  fix>m 
1455  to  1500,  London  1897,  S.  214  gefunden:  La  desiruciton  de 
iherusalem  u.  s.  w.,  gedruckt  in  Lyon  1 504  von  Jaques  Amollet 

Eine  kastilianische  Uebersetzung  ist  nach  der  Angabe  Morel- 
Fatios  in  Gröbers  Grundrifs  IIb  S.  88  in  Sevilla  1498  gedruckt 
worden.  Vgl.  dazu  Sachs,  Beitrage  S.  71.  Der  in  Gröbers  Grund- 
rifs IIb  88  erwähnte  und  S.  214  besprochene  portugiesische  Druck 
vom  Jahre  149Ö,  Lissabon,  scheint  den  ursprünglichen  Prosatext 
mit  Momenten  aus  einem  Gralroman  vermischt  zu  haben. 

In  einer  niederländischen  Fassung  liegt  mir  unsere  Prosa  als 
Volksbuch  vor:  De  Historie  van  de  Deerlyke  Desiruciie  en  Ondergang 
der  Stad  Jerusalem  Door  den  Keyser  Vespasiaan^  Amsterdam,  Hendrä 
Rynders,  ohne  Jahreszahl.  Der  von  van  den  Bergh,  De  Neder- 
landsche  Volksromans,  Amsterdam  1837,  S.  65  —  69  behandelte 
Druck  scheint  eine  andere  Ausgabe  desselben  Textes  zu  sein. 

Um  das  Verhältnis  der  Prosa  zum  Gedicht  festzustellen,  habe 
ich  für  erstere  die  provenzalische  Fassung  als  die  zugänglichste  zu 
Grunde  gelegt  Ob  diese  oder  der  altfranzösische  Text  ursprüng- 
licher ist,  das  zu  entscheiden  würde  eine  genaue  Untersuchung 
der  beiden  erfordern,  was  hier  nicht  meine  Aufgabe  sein  kann. 
Doch  habe  ich  durch  Vergleichung  mit  der  Handschrift  meines 
Vaters  die  wesentliche  Identität  des  provenzalischen  und  altfran- 
zösischen Textes  festgestellt. 

Die  Abhängigkeit  der  Prosa  von  der  Venjance  erhellt  daraus, 
dafs  sie  bis  auf  einige  später  zu  erwähnende  Ausnahmen  sich 
genau  dem  Gedichte  anschliefst.  Der  in  der  ursprünglichen  Gestalt 
vorhandene  Schlufs  läfst  erkennen,  dafs  als  Quelle  nur  eine  Hand- 
schrift des  Grundtextes  oder  der  ersten  Bearbeitung  in  Betracht 
kommen  kann.  Sehr  auffällig  ist  eine  Uebereinstimmung  mit  der 
Handschrift  A  des  Gedichtes.  Es  findet  sich  nämlich  in  der  Prosa 
(Rev.  d.  1.  r.  XXII  597)  ein  Hinweis  des  Archelaus  auf  den  den 
Römern  drohenden  Wassermangel,  wofür  sich  einzig  in  der  nur 
in  A  enthaltenen  Laisse  venir  (nach  der  41.  Strophe  eingeschoben) 
eine  Parallele  findet  (vgl.  Ztschr.  XXIV  S.  189/90). 

Die  wesentlichsten  Eigentümlichkeiten  der  Prosa  sind  die 
folgenden: 

Klemens  wird  gleich  im  Anfang  als  in  Rom  befindlich  er- 
wähnt, und  die  Kenntnis  Gais  vom  Propheten,  die  im  Gedicht 
nicht  näher  motiviert  war,  wird  bestimmt  auf  die  Wirksamkeit  des 
Klemens  zurückgeführt  (Rev.  XXXII  583). 

Die  den  Tod  des  Verruckten  behandelnde  Episode  ist  ver- 
schoben  und   in   die   Schilderung   des   Ausfalls   eingefugt  worden 


AFRZ.  OSDICHT  VON  DER  ZERSTÖRUNG   JERUSALEMS.  IO3 

(Rev.  XXXII  607) y  doch  entspricht  auch  diese  Stellung,  ebenso 
wenig  wie  die  im  Gedichte,  der  Anordnung  bei  Josephus. 

Das  in  der  Venjance  die  Strophen  68 — 71  umfassende  Ge- 
spräch zwischen  Jakob  und  Joseph  fehlt 

Die  Königin  von  Afrika  ifst  ihr  Kind  erst,  nachdem  vorher 
das  ihrer  Gefährtin  von  dieser  und  Marie  gegessen  worden  ist 
(Rev.  XXXm  34). 

Als  die  Stellen,  wo  die  ausgesetzten  Juden  landen,  werden 
Narbonne,  Bordeaux  und  England  angegeben  (Rev.  XXXIII  42). 
Hiermit  stinmit  die  Prosa  besser  zu  der  auf  S.  99  angeführten 
Grundlage  dieser  Sage,  als  das  Gedicht 

Die  in  den  zwei  Laissen  loi  und  102  erzählte  Taufe  Josephs 
fehlt  der  Prosa. 

Als  Quelle  wird  Jafel  (im  Gedicht  Joseph)  genannt,  der  per 
cosselh  de  Jacob  e  dt  Joseph  geschrieben  habe  (Rev.  XXXIII  46). 

Ich  möchte  noch  erwähnen,  dafs  die  behandelte  Prosaauflösung 
auch  zu  einer  Art  Bilderbuch  umgestaltet  worden  ist  Mermet, 
La  Vie  de  Thomme,  poeme  de  1509,  etc.,  Vienne  1838,  giebt 
einen  Neudruck  des  folgenden  livre  d'heures:  Heures  à  lusaige  de 
Romnu  tout  au  long  sans  riens  requerir^  avec  les  figures  de  la  vie  de 
¡homme:  et  la  destruction  de  hierusalem,  gedruckt  1509  in  Paris  von 
Gillet  Hardoujn.  Dies  Buch  enthält  also  in  seinem  zweiten  Teile 
einen  kurzen  Auszug  aus  dem  Prosaroman,  und  zwar  bildet  jeder 
der  43  kurzen  Paragraphen,  die  den  Text  ausmachen,  die  Erläu- 
terung zu  einer  jedesmaligen  darunterstehenden  Vignette.  Daher 
beginnen  fast  alle  Paragraphen  mit  Comment  .  .  .,  z.  B.  lautet  der 
zweite  in  der  von  Mermet  modernisierten  Orthographie: 

Comment  TEmpereur  devint  Afesel  et  manda  son  conseil,  lequel  ordonna 
qa'il  envoyât  en  Jérusalem  pour  trouver  aucunes  choses  qui  ont  touché  au 
saint  prophète  Jésus-Christ,  et  demander  le  tribut  à  Pilate.  Gay,  son  séné- 
chal, en  fut  messager. 

Das  dazu  gehörige  Bild  stellt  dann  Vespasian  in  seinem  Bett,  von 
seiner  Dienerschaft*  umgeben,  vor.  Näheres  s.  in  der  Einleitung 
zu  Mermets  Buch.  Bei  der  Kürze  des  Textes  sind  natürlich  viele 
Episoden  fortgelassen,  doch  ist  zuweilen  auch  einmal  eine  hinzu- 
gefügt Gleichwohl  zeigt  die  Anordnung  des  Ganzen  und  die  Be- 
wahrung verschiedener  Einzelheiten,  dafs  der  Prosaroman  direkt 
oder  indirekt  die  Quelle  sein  mufs. 

Zum  Schlufs  habe  ich  noch  an  verschiedene  Gelehrte  meinen 
Dank  zu  richten.  Herr  Prof.  Trautmann  in  Bonn  hatte  mir  eine 
vollständige  Abschrift  der  londoner  Handschrift  zur  Verfügung  ge- 
stellt^ Fräulein  Pellechet  in  Paris  verdanke  ich  Auskunft  über  einige 
Drucke  des  altfranzösischen  Prosaromans,  der  Vermittlung  des  Herrn 


^  Ich  übersetze  Mermets  Ausdruck  , serviteurs',    der  aber,    da   im  Text 
ja  von  , conseil*  die  Rede  ist,  nicht  recht  zu  passen  scheint. 


I04  WALTHER   SüCHIBR, 

Prof.  Kautzsch  in  Halle  Angaben  über  die  Episode  von  der  / 
Setzung  der  Juden,  Herrn  Prof.  Gröber  in  Strafsburg  den  Hirn 
auf  die  Vatikanische  Handschrift   des  Prosaromans,    Herrn  Ol 
Prior    in    London    Mitteilungen    über    die    Handschrift    3657 
Cheltenham. 

Anhang  zum  kritischen  Text 
L  G.    (Zu  K.  T.  1  Str.  i.) 

Signour  or  mentendes      nel  deues  contredire 

q  onques  ot  chanter      oeste  chancon  ou  lire 

On  len  doit  ascouter      uolentíers  le  matire 

Car  cest  coument  juis      furent  mis  a  martire 

Par  lempereur  de  ronme       qai  leur  moustra  son  ire 

n  et  titus  ses  fis      et  cil  de  son  empire 

Pour  uengier  dameldieu      qui  se  laisa  despire 

Pour  coi  esmeut  chou      a  sauoir  le  desire 

Pour  cou  que  lempereres      cant  vous  en  uoel  descrire 

Estoit  adone  malades      ne  pooit  trouer  mire 

Que  li  peust  aidier      si  sen  tint  bien  de  rire 

H  maus  molt  langoussoit      toute  jor  a  tire 

Che  mal  11  a  fait  diex      quii  uoloit  quii  se  mire 

Auant  ou  uironique      dont  en  cor  nertespire 

lempereres  de  romme      qui  li  mais  fist  defrire 

Son  cors  et  son  baudrier      come  li  feus  la  cire 

Ot  un  urai  senescal      qui  damour  uraie  entire 

Amoit  lempereor      et  pour  samour  souspire 

Maint  jor  et  mainte  nuit      pour  luj  ses  cauiax  tire 

Pour  cou  que  cascun  jor      ce  li  sambloit  empire 

Au  senescal  sanloit      par  nuit  quii  aloit  gire 

Dedens  jhil'm      la  uit  de  nostre  sire 

Sa  fourme  et  la  portoit      sen  garisoit  son  sire 

Diex  a  cuj  on  offri       or  et  echeus  et  mire 

Sana  lempereour      ensi  com  mores  dire 

Dont  joie  ot  lenpereres      et  pour  cou  desconfire 

les  faus  juis  mauuais      nule  gen  ne  sont  pire 

n.  B.    (Zu  K.  T.  I  Str.  i.) 

Signor  piaist  nous  oir      une  bonne  canchón 
toute  est  de  uraie  estoire      si  com  dist  la  leçon 
ni  a  mot  de  mencoigne      ne  de  controuison 
ja  mais  nores  parler      de  plus  tres  urai  sermon 
au  tans  dauid      et  au  tans  salemon 
furent  juif  em  pris      et  de  molt  grant  renon 
ki  or  sont  en  seruage      et  en  cbaitiuison 
pour  le  fil  diu  kil  prisent      par  nuit  en  trahison 
pour  chou  le  deseruirent      li  encriesme  felon 
car  vilment  le  trahirent      asses  plus  cun  larron 


AFRZ.  GEDICHT  VON  DER  ZERSTÖRUNG  JERUSALEMS.     IO5 

ja  mais  ne  sera  ion      nen  aient  retracon 
apríes  U  escopirent      el  vis  et  el  menton 
pais  le  misent  en  crois      par  molt  male  raison 
tytus  lala  vengier      ke  défit  le  set  on 
cil  mist  eus  en  la  terre      a  feu  et  a  carbon 
onques  ne  daigna  prendre      auoir  ne  raencon 
ensi  com  vous  ores      es  vers  de  la  canchón 

HL  G.    (Zu  K.  T.  I  Str.  i.) 

Tout  chil  et  toutes  celles      aient  beneicon 

Qui  uorront  asconter      de  moi  ceste  chancon 

Ou  il  na  mot  de  faus      ne  de  controuuison 

Toute  est  de  uraie  estore      il  ni  a  se  uoir  non 

Et  pour  chou  en  doit  on      bien  entendre  le  ton 

De  celui  qui  le  dist      et  en  fait  mention 

Plus  doit  plaire  a  oir      ne  face  de  charlon 

Qui  espaingne  conquist      ensi  que  bien  set  on 

Par  ses  bons  cheualiers      dont  il  auoit  ñiisson 

Rolant  et  oliuier      et  ogier  le  baron 

Et  turpin  lacheuesque      et  le  c5  namlon 

Plus  furent  de  ualeur      que  dire  ne  puet  on 

Chil  qui  sont  ore  endroit      ne  nalent  un  bouton 

De  lor  panche  encrassier      a  chescuns  henguison 

Solas  de  dames  chier      en  ont  labandon 

Or  larai  diaus  ester      car  auenir  noit  on 

Que  par  les  defallis      maintes  fois  a  noion 

Et  pour  chou  que  je  sui      de  chou  en  soupecbon 

Canoie  ne  uous  aie      de  ma  prologuison 

Vous  dirai  chou  dont  mest      sans  nule  arestison 

Au  tans  le  roi  dauid       et  au  tans  psallemo 

Furent  juis  em  pris      molt  les  honneroit  on 

Or  sont  il  en  seruage      et  en  chaitiuison 

Car  il  le  deseruirent      11  encrieme  felon 

Pour  le  fil  dieu  qui  prisent      par  nuit  en  traison 

Molt  vilment  len  menèrent      a  guise  de  laron 

Ja  mais  ne  sera  eure      nen  aient  retracon 

De  chou  quii  lescopirent      el  uis  et  u  menton 

Puis  le  mirent  en  crois      il  firent  mesprison 

Titus  lala  uengier      cores  en  la  chancon 

Et  mist  jaus  et  lor  terre      en  fu  et  en  carbon 

Onques  nen  daigna  prendre      auoir  ne  raecon 

Ains  les  fis  trestous  metre       a  grant  destruction 

IV.  Ä    (Zu  K.  T.I21.) 

toute  est  de  vraie  estoire      nient  de  mencoignerie 
de  la  mentación       et  de  la  pphesie 
en  deuine  escriture       le  demostre  yzaies 
moyses  li  prophètes      helyas  geremies 


I06  WALTHER   SUCHIER, 

cil  joagleour  en  cantent  mais  il  Den  senent  mie 
vos  lais  hom  les  muet  primes  qui  lestore  ot  oie 
vns  clers  connut  lestoire      ki  molt  la  enmieudrie 

V.  G.    (Zu  K.T.  I  21.) 

Il  nest  nus  qui  en  doiue      faire  sa  moquerie 

Qui  conques  le  feroit      ce  seroit  musardie 

Il  naroit  mie  en  luj       gaires  de  courtoisie 

Il  me  sanio      une  grans  asnerie 

De  disconter  a  œus       qui  m  prestent  oie 

Diaus  larai  je  nai  cure      dantre  leur  ruserie 

A  cens  dirai  ma  rime      qui  heent  uilonnie 

Qui  nont  cure  dorguel      ne  mainnent  gloutenie 

Mais  plus  chier  a  oir      ont  ceste  prophesie 

Con  trueue  en  escriture       si  le  dist  ysaye 

Moyses  li  prophètes      eliot  et  elye 

Chis  jougleor  le  chantent      nen  dient  la  moitié 

Un  lais  homs  les  mut  primes      la  matere  a  laisie 

Ne  le  sot  ordener      or  la  apropriie 

Un  clés  qui  pas  ne  voet      lestore  soit  perie 

VI.  B.    (Zu  K.  T.  I  36.) 

Signor  or  faites  pais      si  me  laissies  parler 
canchón  qui  de  diu  est      doit  on  bien  escouter 
en  un  saint  euuangile      lai  oi  raconter 
li  hom  ki  bien  velt  diu      seruir  et  honerer 
de  lui  et  de  ses  oeures      ot  volentiers  parler 

VIL   G.    (Zu  K.  T.  I  36.) 

Signour  qui  set  bien  dire       il  le  doit  demoustrer 
iiij.  mos  vous  dirai      ne  font  a  oublier 
li  primiers  est  que  drois      doit  tort  arier  bouter 
li  secuns  com  ne  doit      le  poure  houme  gaber 
Pour  lamiste  dou  rice       ce  vous  uoel  enorter 
li  tiers  que  nus  ne  doit      mais  auoir  goulouser 
Si  comme  de  lautruj       ne  tolir  ne  reuber 
Pour  acroistre  le  sien      la  ne  doit  nus  viser 
li  quars  est  que  tout  dis      deuons  dieu  reclamer 
En  la  sainte  ewangille      ai  oi  recorder 
li  homs  qui  en  son  euer      voet  dameldieu  amer 
De  luj  et  de  ses  oeures      ot  uolentiers  parler 
Ne  puet  ens  en  sa  fin      maise  uoie  trouuer 

Vin.  H.    (Zu  K.  T.  I  39.) 

Mais  puis  le  volt  Jhesus      par  son  digne  commant 
Atourner  a  no  loy       par  vng  malage  grant 
Ainsy  que  vous  orez      recorder  ou  romant 


AFRZ.  OSDICHT  YON   DEK   ZERSTÖRUNG  JBRUSALBlfS.  IO7 

Sdgneon  or  faittes  paix      poor  dico  le  droitorier 
Cbelai  Vaspasien      dont  vous  mœz  plaidier 
Fot  empereur  de  Rome      se  lent  a  gonuemer 
Moult  Ione  temps  fot  payent      mais  dieu  le  volt  amer 

IX.  H.    (Zu  K  T.  I  40.) 

Mais  anchois  le  connint      moolt  grant  paine  endurer 

Par  vne  maladye      que  vous  mores  nommer 

Le  Uepre  lappellent      sergant  et  baceller 

Ce  est  meselerie      an  iustement  parler 

Ainsi  volt  Jhesucrist      qui  tous  nof  volt  sauner 

X.  H.    (Zu  K  T.  I  50.) 

Nest  nuls  hoins  qui  ia  mais      sánete  vous  puist  donner 
Non  pourquant  ie  me  suis      pris  a  pourpenser 
Je  ne  scay  senuers  moy      vous  en  vauries  yrer 
Mais  ie  le  vous  diray      se  voilez  escoutter 

XI.  F.    (Zu  K.T.I51.) 

Qui  descendit  du  del      et  se  uint  ombraer 
En  la  uirge  marie      ainsi  loi  nommer 
Et  puis  nesqui  de  li      a  un  ior  de  noer 
Vne  estolle  aparut      en  oriant  sor  mer 
.iij.  rois  qui  Io  conurent      lalarent  nisiter 
Offerande  aportarent      cest  por  lui  presanter 
On  flun  iordain  se  ñt      baptisier  et  lauer 
Et  puis  après  .zzz.  anz      laissa  son  cors  pener 
A  ce  felons  iuef      qui  ne  voudrent  amer 
Mais  ce  ñt  il  por  nos      que  il  nos  not  saluer 
Et  des  poinnes  denfer      nos  uot  toz  racheter 
Je  sai  que  il  est  uoirs      se  lo  volez  amer 
Il  nos  guerra  trestot      se  vos  fera  sauner 
Car  iai  par  nul  auoir      que  vos  saichoiz  doner 
Ne  vos  uarez  garir      ne  de  mal  repasser 
Se  cil  ne  vos  gant      don  vos  moez  parler 

Xn.   G.    (Zu  K.  T.  I  57.) 

Ains  nus  bons  ne  senti      je  croi  plus  tres  crual 
Not  cure  desgarder      a  celuj  point  nul  bal 
Ne  destrument  oír      cains  pourpensast  juual 
Qui  soit  toute  musique       fix  fu  u  nies  noal 
lempereres  de  roume      qui  not  euer  liberal 

XIIL  G.    (Zu  K.  T.  I  68.) 

De  ma  court  te  ferai      tout  maistre  principal 
Plus  te  ferai  signour      cains  ne  fust  perceval 
Qui  ot  de  proimete       descange  le  greal 
Nies  ert  al  roi  peskeur      sa  terre  tint  roial 


I08  WALTHER   SüCHIBR, 

Apres  cou  quii  fust  mon      par  son  frere  agloaal 
Manda  le  roy  arta      li  rois  de  son  ostai 
I  mena  les  plus  près      feste  i  ot  fait  ioial 
Cou  disoit  lenpereres      qui  al  uis  dun  portal 
Kstoit  estans  tous  drois      de  iai  fist  apoial 
Sor  son  col  son  brac  destre      encor  disoit  tout  al 

XIV.  G.    (Zu  K.  T.  I  77.) 
Nensoingne  ne  dois  querré      que  errant  sans  detrier 
Ne  voises  mon  confort      v  que  soit  enoerkier 

Car  on  doit  tenir  lomme      pour  fol  et  pour  lanier 
Ki  faut  son  bon  signour      sil  a  de  lui  mestier 

XV.  G.    (Zu  K.  T.  I  80.) 
Ne  se  ie  gis  souuins      souffrir  le  redreder 
Dame  ne  damoisele      naimme  nient  desuoier 
Nés  vne  ce  voi  iou      nen  vuet  a  moi  plaidier 
Mais  lues  que  mont  veu       sen  retraient  arrier 

Quant  cou  font  molt  feroient      durement  grant  dangier 
Se  iou  vne  en  voloie      acoler  v  baisier 
Nés  li  plus  de  mes  hommes      selonc  le  mien  cuidier 
Se  eis  mais  me  tient  longes      me  lairoient  effraier 
Droit  aront  bien  ce  puis      pour  verte  tesmoignier 

XVL  Ä    (Zu  K.  T.  n  Str.  105.) 
Car  la  coustume  estoit      en  ce  temps  ce  sachies 
Que  nuls  homs  ne  moroit      mais  il  estoit  iugies 
En  la  fosse  en  Vianne      estoit  mis  et  muchies 
Ensi  le  tenoit  on      a  Romme  et  ens  es  fies 
Et  lempereur  si  est      volentiers  ottriies 
Par  trente  cheualiers      y  fu  tost  enuoyes 
De  karkans  et  de  fiers      fu  il  Ires  bien  lyes 
La  ne  veoit  clarté      de  nului  nest  aidies 

XVU.   (Zu  K.  T.  n  74.)    F. 
Or  prions  tuit  a  deu      qui  tot  forma  le  mont 
De  la  dolor  denfer      et  des  poinnes  qui  sont 
Nos  deffende  trestoz      et  la  ioie  nos  dont 
Que  il  done  a  ces      qui  son  seruise  font 
Deuant  lui  en  lau  ciel      ou  toz  ior  permaindront 
Ensamble  toz  les  anges      don  ie  mais  nan  istront 

K. 

Or  prion  tuiz  a  deu      si  corne  il  fist  le  mont 

De  la  dolor  denfer.       des  peines  ou  il  sont 

Nos  defende  trestoz.      et  la  ioie  nos  doint 

Quii  a  done  a  ciaus      qui  son  seruise  font 

Deuant  lui  enz  el  del      a  toz  iors  permaindront 

En  la  compaignie  as  angels      dont  ia  mais  nen  istront 


AVRZ.  GSDICHT  VON  DER  ZERSTÖRUNG  JERUSALEMS.  lOQ 

XVm.  F.    (Zu  K  T.  n  Str.  107.) 

Li  romanz  iant  ici      quest  de  la  uangison 
que  nostre  sires  prist       de  maint  iaes  felon 
Vaspasiens  de  rome      et  tytns  ]i  baron 
A  rome  remestrent     en  la  lor  region 
De  ibesu  lo  propbe      lo  romant  dit  anons 
Or  H  deprions  toit      qai  nos  face  pardon 
£t  nos  mate  a  sa  destre      en  laute  region 
Ou  pab  et  gloire  ai      et  babitacion 

Walther  Suchier. 


Nacbtrâge  und  Bericbtigungen  zum  ersten  Teil 

(Ztscbr.  XXIV  161  ff.). 

S.  166  Z.  5  V.  u.  ist  nacbzutragen  eine  neue  Bescbreibnng  der  Handscbríft 
Bibl.  Nat.  fr.  20039  in:  Henri  Oinont,  Bibliothèque  Nationale,  Catalogue  géné- 
ral des  manuscrits  français,  Ancien  Saint-Grermain  français  t  UT,  Paru  1900, 
S.  467—468. 

S.  174  in  den  Lesarten  zu  K.  T.  I  78  tilge:  G  pius. 

S.  191  Z.  13  lies  320  statt  310. 

Zu  S.  193  Z.  26  vgL  noch  die  kritische  Ausgabe  der  Cura  sanitatis  Ti- 
berii  in:  £.  von  Dobschütz,  Christusbilder,  Untersuchungen  zur  christlichen 
Legende,  Leipzig  1899,  2.  Hälfte,  Beilagen,  S.  163** — 189**. 

Auf  S.  195  hatte  die  Drudcerei  meine  Korrekturen  der  Verweisungen: 
S.  188  statt  S.  28  auf  Z.  6,  und:  S.  193  sUtt  S.33  auf  Z.  14  v.  u.,  nicht  aus- 
geführt. 


VERMISCHTES. 


I.   Zur  Textkritik. 

Zur  Karlsreise.^ 

V.  II 8.  Hs.:  karl*  t  entrât  ben  out  al  queor  g^ni  tote.  Der 
Herausgeber  setzt  Et  Charles  i  entrât;  Suchier  schlug  vor  Cm» 
Char/es  t  entrât.  Allein  das  fehlende  Wort  scheint  mir  eher  Qtiani 
zu  sein;  dieses  konnte  vom  Kopisten  vor  karl*  leicht  vergessen 
werden,  zumal  wenn  es  nicht  wie  gewöhnlich  Quant  oder  Q^nif 
sondern  etwa  wie  V.  i6  Kaunt  geschrieben  war. 

V.  164.  Hs.:  E  le  chef  saint  lazare  uuf  frai  aporter.  Der 
Herausgeber  schreibt  mit  geringer  Aenderung  Et  le  chief  saint  La- 
zare vos  ferai  aporter.  Dies  ist  sicherlich  nicht  die  ursprüngliche 
Lesart,  denn  der  Name  Lazarus  liegt  hier  in  einer  Form  vor,  die 
zwar  ins  Neufranzösische  Eingang  gefunden  hat  (sie  ist  mit  Ver- 
letzung des  Accents  zu  Stande  gekommen  wie  Aste,  Arabie,  Italie, 
origine,  hostie,  altfr.  Aise,  Arabe,  Itaile,  auch  Itaire,  orine,  oiste), 
aber  für  ein  altfr.  Denkmal  nicht  angenommen  werden  darf.  Hier 
lautet  der  Nominativ  Ladres  Rendus  de  Moiliens  I  S.  50,  II,  155, 
der  c.  obi.  Lasdre  Atre  perill.  S.  168,  Ladre  Amis  et  A.  2879,  öfter 
Lazaron"^  Roland  2385,  G.  de  Viane  2403,  Gui  de  Bourgogne  S.  30, 
121,  Renaus  de  Montauban  277,  10,  dritte  Redaktion  der  Alexius- 
sage  S.  299,  Rendus  de  Moiliens  II,  156,  G.  de  Coincy  176  V.  612, 
Chanson  des  Saxons  II,  ^2.'^  Eine  altere  Form  von  Ladre  ist 
Lazere  in  einer  pikardischen  Urkunde,  die  Neumann,  Zur  Laut- 
und  Flexionslehre  des  Altfr.  S.  105  anführt,  Lazre  ebd.,  Leben  des 


^  hrsg.  von  E.  Koschwilz.    3.  Auflage.     Leipzig  1895. 

'  Mit  Flexions-J  begegnet  Latarons  als  Nominativ  im  Rendus  de  Moiliens 
II,  157,  158;  auch  das  unveränderte  Lazarus  kommt  vor  (:  ^esus),  z.B.  in 
der  Vie  de  Madeleine  des  Guill.  le  Clerc  (Herrigs  Archiv  64,  87). 

'  Die  Form  Ladre  (als  Eigenname  ;  als  Adjektiv  hat  sich  ladre  bis  zum 
heutigen  Tage  erhalten)  ist  noch  im  15.  Jahrhundert  üblich:  Ladre  fron  fr  er  e 
point  ne  lieve,  Jubinal,  Mystères  inédits  du  quinzième  siècle  II,  150,  Ladre, 
vien  hors!  ebd.  154,  Ladre,  car  nous  conpte  la  peine  jy enfer  ebd.  170. 
Andrerseits  läfst  sich  beobachten,  dais  Arnoul  Greban  in  seinem  grofsen 
Mystère  de  la  Passion  (p.  p.  Gaston  Paris  et  Graston  Raynaud,  Paris  1878) 
diese  Form  nicht  mehr  anwendet;  er  gebraucht  vielmehr  für  beide  Casus  nur 
die  Form  Lazaron;  so  I4027  (:  obligeron),  vgl.  Lazaron,  vien  hörst  15072, 
Lazaron  15592  (:  savon),    16109  (:  resurrection),   20052  {:  demonstraaon). 


HUGO   ANDRESBN,  ZUR  KARLSRBISE.  Ill 

heíL  Thomas  hrsg.  von  L  Bekker  S.  28.  Allein  bei  Einsetzung  der- 
selben wäre  der  Vers  noch  um  eine  Silbe  zu  kurz,  während  Le 
chief  Saint  Lazaran  der  Silbenzahl  genügen  würde. 

V.  196.  Hs.:  Ore  ueit  li  paiarchef  deuf  i  fait  uertut.  Text: 
Or  veii  li  patriarches  Deus  i  fait  grans  vertuz.  Näher  liegt  es  an- 
zunehmen, dafs  nach  patriarchef  der  Schreiber  ein  que  ausgelassen 
hat;  also  vermutlich:   Or  veit  li  patriarches  que  Deus  i  fait  vertut. 

V.  231.  Hs.:  Si  fift  il  puf  car  ben  en  gardât  fa  fei.  Der 
Herausgeber  setzt  Si  fist  il  puis  encore,  bien  en  guardai  sa  feit.  Das 
Wörtchen  car  zu  unterdrücken  und  andrerseits  das  steife  encore 
einzufügen  empfiehlt  sich  nicht  Statt  car  hat  wahrscheinlich  carl* 
in  der  ursprünglichen  Ueberlieferung  gestanden  =  Carlemaigìies, 
wie  365  und  400,  und  es  wird  zu  lesen  sein:  Si  fist  puis  Charle^ 
maignes,  bien  en  guardai  sa  fa'. 

V.  238.  Hs.:  Cu  il  lut  entendía  fi  orent  le  queref  ml*t  leez\ 
Text:  Com  il  Pont  entendut,  liez  ont  les  caer  s  assez.  Eine  so  starke 
Áenderung  der  überlieferten  Lesart  geht  nicht  wohl  an.  Die  Besse- 
rung mufs  sich  zunächst  auf  das  in  der  Assonanz  stehende  Wort 
beschränken  und  von  der  Frage  ausgehen,  ob  leez  nicht  aus  einem 
andern  ähnlichen  Worte  entstellt  sein  kann.  Dies  Wort  scheint 
mir  levez  zu  sein,  und  der  Vers  könnte  gelautet  haben:  Com  il 
Vont  entendut  s* orent  les  coers  lev(z.  Vgl.  Auberi  (Toblers  Mitteilungen) 
60,  2g\  Li  portiers  Voit,  H  euer  s  li  est  leves, 

^,"^22,  Hs.:  Si  fenz  garde  remaint  io  creivi  q  ele  foil  pdue. 
Text  :  Se  senz  guarde  remaint,  criem  quiete  seit  perdue.  Diese  Emen- 
dation wird  deshalb  abzuweisen  sein,  weil  das  jo  im  Nachsatze  vor 
criem  kaum  fehlen  darf.  Andrerseits  ist  aber  das  Pronomen  ele 
nach  altfr.  Sprachgebrauch  entbehrlich,  daher  zu  lesen:  Se  senz 
guarde  remaint  jo  criem  que  seit  perdue, 

V.  381.  Wegen  brasme  s.  Ztschr.  XXII,  84  Anm. 

V.  384.  Hs.:  MVt  fut  gref  H  oragef  7  hiduf  7  coftif  Sollte 
vielleicht  in  coftif,  mit  dem  nichts  zu  machen  ist,  restis  „unbändig** 
stecken?  r  und  e  in  reftif  brauchten  nur  schlecht  geschrieben  zu 
sein,  um  die  Verderbnis  hervorzurufen. 

V.  430.  In  dem  Namen  der  Fee  Mafeuz  sieht  Suchier  das  altfr. 
Mahelz  oder  Maheuz  =  Mathildis,  Dasselbe  hatte  schon  E.  du 
Méril  (Études  sur  quelques  points  d'archéologie  et  d'histoire  litté- 
raire S.  398)  gethan  und  zugleich  die  beachtenswerte  Ansicht  auf- 
gestellt, dafs  hier  eine  freilich  unklare  Reminiscenz  an  die  Königin 
Mathilde,  die  Gemahlin  Wilhelms  des  Eroberers,  vorliege,  die  ja 
der  Tradition  nach  bei  Herstellung  der  berühmten  Stickerei  von 
Bayeux  in  hervorragender  Weise  beteiligt  war.  Haben  wir  die 
Sache  in  der  That  so  aufzufassen,  so  ist  statt  des  handschriftlichen 
Li  cuiâturef  fud  bonf  q  Mafeuz  uuerat  vielleicht  zu  lesen  Li  cover- 
tors  fut  bons  que  Maheuz  aovrat, 

V.  508.  Hs.:  Veez  cele  grant  pelote  une  greirC  ne  ui  meif.  Der 
Herausgeber  fafst  (in  der  dritten  Auflage  wenigstens,  in  den  beiden 
vorhergehenden  nicht)    die   erste  Hälfte  des  Verses   als  Frage  auf 


113  V&KMISCUTEs.      II.  ZUM  WORTGESCUICUTS. 

und  unletdrückt  grant  vor  pelote.  Ersteres  ist  nicht  notwendig', 
Letiteres,  schon  wegen  graignor,  kaum  statthaft:  grant  kann 
nicht  gut  entbehrt  werden.  Wohl  aber  ist  es  erlaubt  zu  lesen  Ves 
cele  grant  pelote,  one  graignor  ne  vi  mais.  Vgl.  V.  qj  sowie  Zlschr, 
^i35'>  wo  gst^eigt  ist,  dafs  die  Schreibung  vet  für  vee:  häußg 
bejjegnet. 

V.675.  Hs.:  Def  ga  q;  er  sair  de/i/tef  g'nt /oUe  fud.  Der 
Herausgeber  verbessert  diesen  um  eine  Silbe  zu  kurzen  Vers  da- 
durch, dafs  er  nach  dem  Vorschlag  von  Suchier  (Zlschr.  IV,  4 1 2) 
grande  für  grani  setzt:  Des  gas  gu'erseir  desistes  grande  folie  /ut. 
Diese  Besserung  kann  man  sich  gefallen  lassen,  da  die  Fonn  gronde 
V.  78S  durch  die  Assonanz  gesichert  ist  Trotzdem  möchte  ich 
glauben,  dafs  Iresgrant  folie  zu  lesen  ist,  denn  grade  tres  kann 
vom  Kopisten  vergessen  worden  sein  wegen  der  Aehnlichkeit  mit 
der  letzten  Silbe  von  defifttf,  besonders  wenn  er  es  etwa  wie  V.  57 
in  der  Abkürzung  Cf  vor  sich  hatte. 

V,  73z.  Hs.:  E  vmt  al  palatf  u  earlem  seail.  Der  Herausgeber 
liest  //  en  vini  al  palais  la  eu  Chartes  seeit.  Eine  einfachere  Kmen- 
dation  der  ersten  Hälfte  des  Verses  giebt  V.  747  an  die  Hand 
{Vrai  errant),  nämlich  Errant  vitU  al  palais;  für  die  zweite  Hälfte 
empfiehlt  sich  die  Emendation  Foerslers:  u  Charles  se  seeit.  Der 
ganze  Vers  würde  demnach  lauten:  Errant  vini  al  palais  ou  Ciarla 
se  seeit.  ,, 

Hugo  Ani 


( 


II.  Znr  WortgeBcbicfate. 

:,    Zu  Rudows  Rumänischen  Wörtern 

Ztschr.  Bd.  XIX  und  XXU. 
arfin  weifser  Baumwollenstoff  (XXII,  p.  222) 
stimmt  lautlich  genau  zu  russ.  aréin  ^^=  Elle.  Die  Bedeutung, 
welche  das  zu  letzterem  gehörige  Adjektiv  arsinnyi  {arèinnyt  Iowar 
^  Ellenware)  sowie  das  Derivatum  arsinnic  {=  EUenw  aren  handler) 
haben,  leitet  auch  begrifflich  unschwer  zu  der  Bedeutung  des  rum, 
Wortes  hinüber,  sei  es  dafs  dieses  zunächst  Kllenware  überhaupt 
oder  von  vornherein  eine  häufig  gebrauchte  besondere  Sorte  von 
Ellenwaren  bezeichnet  bat. 

eorban.  daneben  curbam  Opfer  (XIX,  p,  422). 
Hebräisch  qorban,  ein  in  Levit.  und  Num.  nicht  selten  wieder- 
kehrender Ausdruck,  bedeutet  gleichfalls  Opfer  und  zwar  ganz  im 
allgemeinen  sowohl  das  blutige  wie  das  unbluiige,  eigentlich  Dar- 
bringung. Freilich  denkt  man  bei  einer  Entlehnung  aus  dem  Se- 
mitischen zunächst  an  ein  arabisches  Etymon.  Ein  solches  wird 
nun  allerdings  bei  Gesenius,  Hand-Wtbuch  für  das  A.  Test,  unter 
¡orban  nicht  gegeben;  dagegen  wird  bei  dem  zu  Grunde  liegenden 


I 


o.  DE  GIIBGORIO,   AMT.  SIC  (a   LA)   URTA.  1 13 

Stamm  qarahh  eine  Entsprechung  aus  dem  Arab,  aufgeführt,  und 
so  darf  man  das  mm.  Wort  vielleicht  doch  als  ein  Lehnwort  aus 
dieser  Sprache  betrachten.    Jedenfalls  ist  sein  semitischer  Ursprung 

^^^^-  G.  Pfeiffer. 


2.   Ant  sie  (a  Id)  Urta. 

La  voce  b'rta  del  modo  avverbiale  dato  nel  titolo,  e  anche 
in  quello  di  alliria,  si  rinviene  nel  codice  delle  Consuetudini  di 
Messina,  di  cui  abbiam  dato  notizia  in  Zischr,/,  rom.  PhiloL  XXIV  42 1. 
Noi  r  abbiamo  già  citata  occasionalmente  [fbid,  421,  423)  e  dichia- 
rata importante,  senza  indicarne  T  etimo,  che  soltanto  ora  riusdamo 
a  scoprire  con  sicurezza.  Dal  contesto  si  vede  che  la  vendita 
degli  animali  a  la  Urta  equivalga  a  vendita  di  animali  "in  piedi", 
"vivi",  o,  come  si  direbbe  oggi  in  sicil.,  **a//'  aggritta*\  Questa 
voce  non  ha  però  da  fare  con  Urta,  che  invece,  secondo  il  nostro 
parere,  fondato  sulle  ragioni  fonetiche  e  semantiche,  si  connette 
coir  it.  air  erta  (per  es.  nella  frase:  sentinella  cdP  ertal  Achtung, 
Posten!),  sost  erta,  col  fr.  alerte^  collo  sp.  alerto.  Il  significato  più 
genuino  di  queste  voci  è  quello  che  rimane  al  sostant  it.  erta^ 
luogo  per  il  quale  si  va  air  insù,  o  luogo  ripido,  "eretto",  che 
appunto  ha  rivelato  V  etimo  *er(c)tus.  Part.  P.  P.  di  *ergo  = 
erigo  (Cfr.  Körting  N.  2833).  —  Che  V  iniziale  /  non  appartenga 
alla  radice  della  voce,  ma  solo  rappresenti  1' articolo  concrezionato, 
come  nel  sic.  (/0)  léddtra,  {la)  lapa,  it  ellera,  ape,  lo  mostrano  anche 
i  riflessi  del  francese,  che  accanto  a  alerte,  ant  alairte  e  alerte 
(spagn.  port  alerta)  ha  à  I*  air  te,  à  Verthe,  che  da  La  Cume  (Diet. 
hist,  de  Panc.fr^  e  da  Littré  (Diet,  de  la  lang./r)  si  sono  appunto 
attribuiti  all'  it  all*  erta. 

La  tonica  i,  rispecchiante  e  chiuso  del  lat.  volg.,  è  regola- 
rissima  per  r  epoca  a  cui  risale  il  codice  (Cfr.  De  Gregorio,  Saggio 
di  Fonetica  siciliana  §  17),  e  più  genuina  del  moderno^  ài  alt  erta, 
che  proviene  dall'  italiano. 

Giacomo  De  Gregorio. 


Phfl.  XXV.  8 


BESPRECHUNGEN. 


Pio  Bc^na,  Le  fonti  dell'Orlando  Furioso;  ricerche  e  studi;  seconda 
ediàone  corretta  e  accresciuta.  In  Firenze,  G.  C.  Sansoni,  Editore,  1900; 
pp.  XI V- 631. 

Ripresentando  dopo  un  quarto  di  secolo  questo  libro  cosi  universal- 
mente noto  e  tenuto  in  pregio,  l' A.  mostra  come  dall'  idea  di  **  una  semplice 
ristampa  con  un  certo  numero  di  aggiunte"  sia  passato  al  più  largo  pro- 
posito "di  una  revisione  accurata  ...  dal  principio  alla  fine".  Ma  è  pur  da 
notare,  che  se  rivedendo  1'  opera  sua  ha  potuto  giovarsi  e  di  nuove  ricerche 
proprie  e  di  nuove  pubblicazioni,  ben  raramente  gli  occorre  di  modificare  i 
risultati  a  cui  venne  si  gran  tempo  addietro;  questo  ci  prova  come  anche 
potendo  sembrare  qua  e  là  suscettibili  di  qualche  ringiovanimento  o  accresci- 
mento, le  Fonti  dell' O.  F,  avevano  sfidato  con  la  lor  fibra  robusta  i  danni 
deU'  età. 

Non  molto  di  nuovo  è  nell'  Introduzione,  dove  oggi  come  allora  l' A. 
può  lamentare  la  mancanza  di  uno  studio  complessivo  rigorosamente  cri- 
tico sul  ciclo  brettone,  intomo  al  quale  "tanta  è  ancora  1'  oscurità  die  le 
più  antiche  tracce  della  presenza  della  materia  di  Brettagna  nel  mondo  ro- 
manzo paiono  fino  a  qui  scorgersi  in  Italia,  ossia  in  un  paese  che  non  pre- 
sume sicuramente  di  contestare  alla  Francia  la  priorità".  Di  molte  giunte, 
specialmente  bibliografiche,  s'  arricchisce  la  notizia  dei  romanzi  francesi  ed 
italiani  che  servirono  all'Ariosto  e  che  egli  poteva  in  buona  parte  trovare, 
come  mostrarono  indagini  recenti,  nella  libreria  estense  o  in  quella  dei  Gon- 
zaga di  Mantova.  Ma  più  interessa  veder  opportunamente  confermati  quegli 
apprezzamenti  generali  sul  poema,  che  il  Canello  ebbe  a  combattere  viva- 
mente da  queste  pagine.  "Per  l'Ariosto  l'arte  stessa  diventa  fine",  è  il 
parere  del  Rajna,  come  fu  già  del  de  Sanctis,  del  Gaspary,  del  Carducci:  se- 
condo il  quale  "la  finalità  del  poema  romanzesco  è  in  sé  stesso",  mentre  il 
nostro  rimpianto  romanista  cercava  di  scorgervi  alti  intendimenti  civili. 

Non  è  possìbile,  nel  breve  spazio  che  ci  è  concesso,  notare  tutte  le 
giunte  e  le  modificazioni  che  occorrono  quasi  ad  ogni  pagina;  basti  far  cenno 
di  alcune  novità  introdotte  intomo  a  qualche  episodio  più  rilevante.  Ad 
illustrare,  p.  es.,  "1'  aspra  legge  di  Scorzia"  da  cui  è  minacciata  Ginevra 
l'A.  può  giovarsi  ora  di  un  romanzo  spagnuolo  del  quale  non  aveva  potuto 
conoscere  innanzi  che  la  versione  italiana:  la  Historia  de  Grisel  e  Mirabelia, 
di  Juan  de  Flores.  £  quella  novella  degli  Hecatommitì  (Intr,  nov.  IX)  che 
parrebbe  ispirata  dall'  episodio  ariostesco  di  Ariodante  e  Ginevra,  deriva  pur 
essa  direttamente  da  un  romanzo  spagnuolo  a  cui  l'Ariosto  attinse^   TiranU 


PIO   HAJHA,  LB  FONTI  DBLL^  ORLANDO  FURIOSO.  1 1 S 

^  Bianco;    un  romanzo  che  Isabella  d'  Este  leggeva  nel  1500  e  che  Niccolò 
da  Correggio  cominciò  a  tradurre  molto  prima  che  Lelio  Manfredi  pubblicasse 
la  traduàone  sua  il  1538.  —   Facendo   un   salto  a'  soggiorni  di  delizia  come 
quello  d' Aldna,   è  notevole  1'  osservazione,  che  non  in  Italia  ha  cominciato  a 
trasformarsi  fl  carattere  originariamente   nordico  di  quelle  descrizioni  (dir.  gli 
kaus  pins   del   Roman  de  la  Rose    che    divengono   gli    altissimi  pini  della 
Tesei¿U),   ma  già  nella  Francia  medesima;    dove  singolarmente  meridionale,  o 
addirittura  orientale,  è  una  descrizione  di  Renaut  de  Beaujeu  nel  Bel  Desconeu. 
E  poiché  ho  citato  il  Boccaccio,  ricorderò  che  nell'  episodio  di  Astolfo  tras- 
mutato  in    mirto   il  Rajna   osserva   un    rapporto   col  Filocolo  il  quale  influì 
anche,    almeno  in   parte,   sulla  metamorfosi  cui  sono  condannati  da  Aldna  i 
propri  amanti.     A  proposito  di  Alcina  troviamo  anche  qualche  nuova  notizia 
bibliografica  sull'  interpretazione  allegorica  del  poema  ;  allegorie  affini  a  quella 
del  famoso  episodio  avevano  adoperate  poco  innanzi  nei  loro  poemi  Girolamo 
Benivieni  e  Ottaviano  Fregoso.     D'  altra  parte,  nuova  messe  di  riscontri  e  di 
fonti  illustra  le  muraglie  luminose  di  Logistilla.     L'  apparizione    di   Melissa, 
con  mutate  spoglie,  a  Ruggiero,  per  strapparlo  alla  voluttuosa  chiaviti!,  deriva 
—  com'  era  già  noto   dalla  prima  edizione  —  dall'  apparizione  di  Mercurio 
odi'  Eneide  e   da   un'  altra   del  A&imbriano  ;    se   io  mettessi   accanto  a  questi 
due  antenati   im   episodio   della  Teseide,   sarebbe  soltanto  perchè  il  nome  del 
Boccacdo  ricorre  spesso  altre  volte  nelle  pagine  del  Rajna.    È  notevole  che 
se  Melissa  si   trasforma  come   ha  fatto  già  Malagigi  nel  Mimbriano,    si  tras- 
fonna  anche  l' ignoto  dio  che  apparisce  a  Teseo  ;  il  quale 

Nel  dolce  tempo  che  il  dd  fa  belle 
Le  valli  e'  monti  d'  erbette  e  di  fiori  (Tes.  II,  3) 

sene  sta  "in  im  Giardin  pensando  a  suo  diletto",  come  Ruggiero  starà  solo 
a  godersi  **. . .  il  mattin  fresco  e  sereno  Lungo  un  bel  rio"  (Ori.  Fur.VìIf  53). 
Fra  le  pagine  più  arricchite  e  rinnovate  sono  quelle  intomo  alla  novella 
di  Giocondo  ed  Astolfo,^  grazie  ad  indagini  recenti  sul  libro  delle  Mille  e 
»na  notte  ed  a  nuovi  riscontri  orientali;  è  ricordata  ima  novella  del  Sercampi 
(n.84,  ed.  Renier  1889),  che  viene  a  mettersi  accanto  all'  ariostesca,  senza 
(sser  legata  a  questa  da  alcun  rapporto  diretto,  bensì  derivando  entrambe  da 
no  progenitore  comune. 

Sulle  considerazioni  generali  che  chiudono  il  volume,  il  Rajna  non  in- 
dngia  più  che  non  abbia  fatto  nella  prima  edizione,  e  questa  misura  non  parrà 
eccessiva  o  chi  pensi  come  l'indagine,  fatta  a  questo  modo,  non  solo  contiene 
tutti  gli  elementi  pel  giudizio  estetico,  ma  dice  per  sé  stessa  più  di  qualunque 
apprezzamento  generale.  Accompagnano  il  volume  due  nuovi  indici;  V  uno 
^gne  passo  per  passo  il  poema,  rimandando  alle  pagine  corrispondenti;  l'altro 
i  un  elenco  delle  fonti  e  dei  riscontri  che  giova  anche  come  quadro  comples- 
sivo a  mostrare  i  vari  aÌHuenti,  le  fonti  maggiori,  i  più  modesti  rivoli  che 
versano  le  loro  acque  nella  riviera  ariostesca.  Cosi  ora,  più  che  mai,  il  Car- 
ducci potrebbe  ripetere  un  giudizio  dato  già  sulla  prima  edizione,  alcuni  anni 
or  sono:  "un  libro  ove  nulla,  credo,  si  desidera". 

^  A  proposito  di  Astolfo  e  del  suo  viaggio  lunare,  piace  veder  accettato 
dal  Rajna  1'  acuto  parallelo  che  B.  Zumbini  fece  fra  1'  episodio  arìostesco  e  la 
Stultiiiae  laus  di  Erasmo  da  Rotterdam. 

Paolo  Savj- Lopez. 

8* 


BESPRECHUNGEN.      G.  WEIGAND, 


G.  Aleiicl,   Tei 


1  lit 


ï  popors 


Budapes 


'8«. 


Verfasser,  Privatdozent  für  Rumänisch  an  der  Budspealer  Univecsitit, 
bietet  uns  S.  i — 270  eine  Reihe  von  Liedern  aller  Att  mit  Ausnahme  der 
lyrischen  Galtimg  nebat  einigen  Prosaleilen.  die  er  auf  Ferien  wan  der  ungen 
in  cineiD  Zeiuauiae  von  15  Jahren  unter  den  ungailacdischeri  Rumäneo  ge- 
simmelt  hat.  Sieht  maii  gEQauei  zu,  50  fiadet  man,  dafi  dem  Umfange  nach 
die  Produkte  aus  Straja  im  Banal  beinahe  die  Hälfte  des  gesamten  Matetialt 
bilden,  daan  ist  das  Atader  Koniìiat  duicb  meiiiete  Gemeinden  veitreten, 
aarserdem  noch  einige  wenige  Gemeinden  in  Bihor  und  sonst  lerstieut,  eint 
besondere  Mannigfaltigkeit  darf  man  bI^q  nicht  erwarten.  Die  angewandte 
Transskription  ist  50  unkonsequent  wie  uut  möglich,  angeblicli  hat  der  Ver- 
fasser sich  nach  Miklosich  gerichtet,  aber  davon  merkt  maa  gar  nichts.  Die 
Palatalen  weiden  z.  B.  wiedergegeben  durch  f.  iT,  F  (in  der  Vorrede  S.  Xm 
steht  infolge  eines  Druckfehler»  /),  ñ  (warum  nicht  ri),  's  (warum  nicht  i, 
beide  sind  doch  ektypiscbe  Zeichen),  :  ^  /,  gt  ^i  gi  (£  muís  also  i  und  Ì 
vertreten,  denn  es  kommt  doch  auch  in  den  besuchten  Gemeinden  :  vor: /jZr, 
jufân  etc.);  «bedeutet  langes  offenes  1  ¡e),  vertritt  aber  auch  den  schweben- 
den Diphthong  eà  {(),  also  schreibt  er  grSte  (ür  grmêà  und  daneben  in  dem- 
selben Stücke  grSial  Seite  95  n.  97  steht  „iestä  =.  ist"  aus  Straja,  an  andern 
Stellen,  i.  B.  S.  0,  aus  demselben  Orte  iesl"!'.  Derartige  Ungenauigkeìten  und 
Fehler  ünden  sich  genug  in  dem  Buche,  was  auch  nicht  lu  verwundern  ist, 
denn  S.  193  giebt  Veif.  an,  er  habe  Stenographie  beim  Niederschieiben  be- 
nutzt. Wie  dabei  eine  phonetische  Genauigkeit  eiziett  werden  soll,  vermag 
ich  nicht  einzusehet).  Sandhi-Erschdnungen  sind  gänilicb  vern^icbläuigt  Da 
er  das  tumänische  Publikum  besonders  im  Auge  hat,  wäre  wohl  die  phone- 
tische Umschrift  überhaupt  öberflässig  gewesen,  umsomelii  als  das  meiste  au 
dem  Banater  Dialekt  stammt,  eine  einheitliche  Bezeichnung  durch  die  gewöhn- 
liche Otthogiaphie  recht  gut  möglich  war,  wenn  in  dei  Voriede  auf  die  Be- 
aonderheilen  der  Aussprache  hingewiesen  worden  wäre.  Elwas  anderes  ist 
et,  wenn  man  sehr  verschiedenartiüe  Dialekte  behandeln  will,  da  mnfs  man 
mit  der  gewöhnlichen  Oilhngr^phie  gründlich  blechen,  sonst  müfsic  man  mit 
demselben  Zeichen  mehii-re  Laute  bcreicbnen,  was  unbedingt  vermieden 
werden  mala.  Mit  der  willkürlichen  Kompromifsorthographie  hat  A.  weder 
dem  Fachmanne,  noch  dem  Publikum  einen  Gefallen  geihan.  Hätte  der  Ver- 
fasser sich  in  der  phonetischen  Litteratur  mehr  umgesehen,  würde  er  gefanden 
haben,  dafs  weder  Miklonch,  noch  ich  eine  eigne  Schreibweise  erfunden  haben, 
die  von  uns  angewandten  Zeichen  sind  dieselben,  und  zwar  die  fast  allgeinein 
üblichen.  Den  Untergestell  ten  Kreis  zur  Bezeichnung  der  gedeckten  Kehllaute 
haben  Diez,  Miklosicb,  G.Meyer  und  andere  vor  mir  angewandt,  ich  habe 
nur  mehr  derartige  Laute  kennen  gelernt,  als  die  genannten,  daher  auch  das 
Zeichen  oiter  anwenden  müssen.  S.  274 — 194  bringt  Alexicl  eine  Reihe  von 
Bemerkungen  m  den  mitgeteilten  Liedern,  deien  Werl  darin  besieht,  dajs  der 
mit  der  magyarischen  und  serbischen  Sprache  vertraute  Vcilasser  die  betreffende 
Litteratur  zum  Vergleiche  heranzieht;  in  der  vergleichenden  Folklorislik  1¡^ 
überhaupt  die  Starke  des  Verfassers  In  einem  zweiten  Baude  wird  A.  das 
lyrische  Material  behandeln,  ein  dritter  soll  die  Grammatik  und  das  etymo- 
logische Wörterbuch    enthalten.     Hoffentlich   UUst   der   letxte  Band   nicht   10 


I 


I 


A 


CALBXICr,   TfiXllS  DINT   LITERATURA   POPORANA   ROBaNA.       II7 

lange  auf  sich  warten,  denn  der  Leser  vermifst  gar  oft  die  Erklärung  dia- 
lektischer Wörter,  ein  wenn  auch  nur  kurzes  Glossar  wäre  gewifs  schon  beim 
ersten  Bande  am  Platze  gewesen.  Was  mir  am  wenigsten  an  dem  Buche  ge- 
fallen hat,  ist  die  Sprache  des  Verfassers,  die  in  der  Vorrede  und  in  den  Be- 
merkungen am  Schlüsse  zum  Vorschein  kommt.  Nicht  nur  Grermanismen  und 
stilistische  Fehler,  sondern  grobe  grammatische  Fehler  sind  so  häufig,  dafs 
man  manchmal  bezweifeln  mufs,  ob  der  Verfasser  ein  Rumäne  ist.  In  der 
Widmung  cartea  aceast  ist  Druckfehler,  ebenso  S.  X  Schwerr  statt  Schnorr, 
aber  ebenda  Zeile  5  von  unten  numai  streiniítñfit,  S.  XI  8  v.  u.  tntü  statt 
fntüU  oder  ce/e  dtnitíu,  S.  XIII  2  v.  u.  aceste  statt  acestea,  S.  1 27  auutä 
áintr'tán  (äran  (magy.  -/o/),  p.  278  doaue  variante  a  resptnditului  suhiect, 
ebenda  Zeile  6  Interesant  ft  observa,    S.  279  Z.  23  {irul  doilea  etc.  etc.  sind 

(or  einen  Rumänen  unverzeihliche  Schnitzer. 

G.  Wbioand. 


Aníbal  Boheverria  y  Beyes,   Voces  usadas  en  Chile.    Santiago,   Im- 
prenta Elzeveriana,  1900.    XXII,  246  p.    8<^. 

La  historia  del  estudio  de  nuestros  dialectos  es  tan  reducida,  que  pocas 
lineas  bastan  para  resumirla.  Borao  empezó  á  dar  vida  al  movimento  dia- 
lectal con  su  obra  sobre  el  aragonés,  de  mucha  utilidad  por  cierto.  Wolff 
consagróse  á  investigar  el  andaluz,  en  el  que  aun  queda  gran  terreno  por 
labrar;  Sbarbi  y  Rodríguez  Marin  han  seguido  sus  huellas.  Munthe,  en  el 
corto  tiempo  que  visitó  la  parte  oeste  de  Asturias,  hacia  Cangas  de  Tineo, 
recogió  datos  preciosos,  y  los  recopiló  en  un  trabajo  que  dio  á  luz  en  sueco. 
Simonet,  no  creo  debe  ser  excluido  de  esta  lista  somera;  en  su  glosario  hay 
formas  dialécticas  muy  interesantes.  Jovellanos  despertó  en  su  país  la  afición 
al  estudio  del  asturiano.  Caveda  le  ha  seguido  en  él,  con  su  colección  de 
poesías.  Vigil,  con  su  obra  magna  de  antiguos  textos  y  documentos.  Rato 
de  Arguelles  publicó  una  obra  importante,  calificada  de  algún  tanto  de- 
fectuosa. Acevedo,  su  crítico,  ha  escrito  mucho  en  periódicos,  sobre  el  astu- 
ñano  también,  y  es  quizá  el  que  mejor  sabe  el  bable.  Araujo  dio  á  conocer, 
en  forma  galana,  ima  serie  de  vocablos  salmantinos,  en  la  revista  de  Victor. 
Menéndez  Pidal  ha  escrito  un  trabajo  sobre  el  Dialecto  de  Lena  (Asturias). 
Yo  he  recogido  voces  santanderinas  y  vizcaínas  en  una  obrita,  que  no  cita  el 
Sr.  Echeverría,  aunque  otras  tres  mías  han  merecido  acogida  en  la  respetable 
lista  de  bibliografía,  que  ocupa  20  páginas.  No  menciona  tampoco  el  notable 
Vocabulario  dialectológico  del  concejo  de  Colunga  (provincia  de  Oviedo)  por 
Braulio  Vigón. 

En  la  península,  casi  nadie  se  ocupa  de  estas  labores,  teniendo  infinitos 
ílcinentDs  vivos  que  examinar,  los  cuales  nos  llevan  al  conocimiento  del  len- 
guaje antiguo.  No  tenemos  un  grupo  de  filólogos  entusiastas  como  en  Chile, 
Dadón  que  da  á  España  quince  y  raya  en  punto  á  romanismo.  A  un  español 
aficionado  al  estudio  de  los  dialectos,  tiene  que  procurar  verdadero  placer 
<lir  con  una  obra  tan  pacienzudamente  acabada  como  la  que  es  objeto  de 
estas  lineas.  En  la  imposibilidad  completa  de  ocuparme  del  libro  entero,  que 
cuenta  246  páginas,  me  limitaré  á  lo  más  esencial  é  importante,  el  vocabulario, 


1 18  BESPRECHUNGEN.     P.  DE  UÜQlCkf 

en  el  cual  empiezo  por  echar  de  menos  un  estadio  etimològico,  qne  falta  en 
todo  el  texto.  Por  ejemplo:  achicharrar  y  achucharrar,  de  achuchar,  dar 
achuchones  (voz  nueva  en  el  diccionarío  académico);  achunchado,  atontado; 
aro,  igual  á  ¡halo!;  arrollar,  arrullar,  de  rolla,  niñera;  la  idea  de  barreno, 
figurada,  se  relaciona  con  la  francesa  scie,  sierra;  batea,  artesa,  es  on  femenino 
de  bateo,  pronunciado  asi  en  francés  antiguamente,  por  el  actual  bateau. 

Del  castellano  antiguo  :  abajar,  acetar,  agora^  a^yuntar,  amatiste,  aojar, 
asecho,  aumentación. 

Palabras  y  acepciones  castellanas:  acaparador,  acaparar,  accidentado, 
tomar  acta,  afeitarse,  agredir,  ajenjo,  ametralladora,  ounodorrado,  amolar, 
andar,  anilina,  animalada,  antiescorbútico  (admitida),  año  escolar,  armònium, 
arnero  {harnero,  harinero),  arnés  (harnés,  dd  francés  harnais),  arrempujar, 
arrope,  asafétida,  ascensor,  asistente,  atencuar,  atracón  (hartazgo),  barbaridad 
(gran  número). 

No  por  dejar  de  haber  admitido  la  Academia,  son  dialécticas  las  voces 
siguientes:  acreencia,  alambrar,  alcaldear,  alemaniàarse,  anestesiar,  anticonS' 
titucional,  antidiluviano,  antifebril,  antinatural,  cmtipirina,  antirevotuciO" 
nario,  antisifilitico,  automóvil,  avalancha,  bacteria. 

Como  en  todas  las  repúblicas  hispanoamericanas,  hay  en  Chile  muchos 
galicismos:  absurdidad,  adresse,  alienado,  amateur,  argot,  arrière  pensée, 
attaché,  au  revoir,  bacará,  baignoire.  Bale,  ballet,  banal,  banalidad, 

Anglicanismos:  ail  right,  association  football,  at  home,  baòy,  back, 
ball,  bar, 

Italianismos  :  bambino, 

Alemanismos:  apollinaris, 

Dialectismos  usados  también  en  Vizcaya:  almohadilla  por  acerico,  ama 
seca,  apa,  arismética. 

Los  vocablos  no  admitidos  por  la  Academia  (ó  mal  explicados  por  ella, 
por  ejeïnplo,  avenida,  azafate),  debió  haber  colocado  el  autor  en  capítulo 
aparte,  por  no  ser  verdaderos  dialecüsmos  v.  gr.  los  que  he  enumerado  en  el 
tercer  grupo;  los  extranjerismos,  merecían  también  capítulo  aparte;  las  voces 
y  acepciones  castellanas  están  de  más.  Esta  confusión  es  peligrosa  para  un 
filólogo  extranjero,  quien  tomará  por  chilenismo  lo  que  es  castellano  puro,  ó 
vez  admitida,  aunque  forastera.  Además,  en  pimto  á  la  ortografía,  lo  mejor 
habría  sido,  aparte  del  texto  de  explicación,  seguir  la  académica  para  no 
aumentar  el  enredo,  escribiendo,  v.  gr.  ¡halo!,  ¡haro!  Conforme  con  el  autor 
en  mencionar  los  vocablos  indecorosos,  cuya  malicia  tanto  más  pierde  cuanto 
más  gane  la  explicación  etimológica.  Me  extraña  no  dte,  v.  gr.  cojonudo,  que 
pndo  ver  en  dos  obras  mías,  donde  notó,  v.  gr.  acacharse,  ajiaco  (admitido 
ahora),  alienado,  andada,  anexionar,  apesar.  En  punto  á  erratas,  he  visto 
una  en  la  pág.  127,  en  aperos. 

Examinado  en  conjunto,  es  el  trabajo  excelente,  y  por  él  doy  la  enhora- 
buena á  mi  paisano,  de  apellido  al  menos. 

P.  DE  Mugica. 


BCHSVBRRÍA  T  RSTES,  YOCBS  USADAS  EN  CHILE.       I IQ 

Bieeionario  de  la  Iiengoa  Gutellana  por  la  real  Academia  Española. 
13.&  ed.     Madrid  1899.    22  pesetas. 

En  estos  30  afios,  la  lengua  ha  ganado  considerablemente  en  vocablos 
modernos,  y  el  romanismo  ha  adelantado  de  un  modo  portentoso.  Pero  si 
alguien  quiere  conocer  el  noWsimo  lenguaje,  no  acuda  al  tal  léxico.  Si  el 
diccionario  académico  debe  ser  reflejo  fìel  de  la  manera  de  pensar  y  hablar 
de  mi  pais,  hay  que  confesar  que  el  últimamente  aparecido  es  muy  mal  espejo 
para  esas  reflexiones.  Quien  posea  la  anterior  edición,  que  no  adquiera  la 
actual,  tan  rematadamente  mala  como  aquella. 

En  la  Academia  hay  varios  académicos  á  la  moderna,  pero  como  si  no 
existiesen;  ni  ellos  mismos  se  ocupan  del  vocabulario.  En  primer  lugar,  Galdós 
es  un  modernista,  aunque  parezca  extrafio,  estando  en  el  "club  de  los  inú- 
tiles". De  haberse  admitido  sus  modernismos  corrientes,  hoy  el  léxico  tendría 
unas  cuantas  páginas  más.  Pereda  moderniza  la  lengua  con  antiquismos 
pasados  por  dialectismos.  Valera,  de  la  colección  de  momias  del  diccionario, 
moderniza  también.    El  P.  Fita,  etimologista  eterno,  vive  en  el  limbo. 

Para  un  alemán,  deben  ser  interesantes  estas  etimologías:  alfarda, 
ant.  al.  Farfjan,  tinte;  aliso,  al.  Else,  ant.  alto  al.  Eliaa\  atrever,  aL  an- 
streben; banco,  ant.  alto  t¡\,  Bank\  banda,  godo  Bandi',  brindar,  al,  bringen; 
cleda,  al.  Kleid;  china,  gót  Stein;  desligar,  got.  sliutàan;  eperlano,  al.  Spier- 
ling;  esbardo,  al.  Bar;  escanciar,  aL  schenken;  escaramuaa,  ant.  alto  al.  sker- 
man,  combatir;  esquivar,  ant.  alto  al.  skiuhan;  estaca,  al.  Stach;  fideos,  al. 
Fäden;  fino,  al.  fein;  fornecer,  gót.  Fruma;  frac,  al.  Frack;  fraguar,  godo 
vurkjan,  trabajar;  garvín,  al.  Hcuir  y  binden;  gerifalte,  al.  Geierfalk,  de 
Geier  y  FcUk;  goldre,  al.  Holfter,  vaina;  grija,  al.  Gries;  grímpola,  al, 
Nimpel;  guaita,  ant.  al.  wathan,  asechanza;  guardar,  ant.  alto  al.  warten; 
guarentigio,  al.  warant;  guarir,  gót  warjan,  proteger;  guiar,  germ,  väan; 
hincha,  al.  Feindschaft;  huta,  ant  alto  aL  Hutta;  lastre,  al.  Last;  muceta, 
aL  Mütie,  del  ant  verbo  muotan,  adornar;  mueca,  al.  Maulchen;  otear,  gót 
waht,  vigilar  {so  wat!);  pietà,  al.  Fetten,  pasando  por  el  latin;  pifiar,  al. 
pfeifen;  ralea,  aL  Reihe;  randa,  al.  Rand;  ropa,  ant.  alto  aL  roubón,  de 
rauban;    rufián,  aL  ruf  er,  de  rufen,     ¡Qué  sapiencia! 

Faltan  miles  de  vocablos  y  de  acepciones,  además  de  los  miles  que 
consigné  en  mi  crítica  del  diccionario  anterior.     Solo  hablaré  de  dos  ó  tres. 

Ignoro  si  Sagasta  es  ó  no  autoridad  en  la  Academia;  pero  á  veces 
maneja  bien  la  lengua,  v.  gr.  al  decir:   "podría  yo  hablar  con  más  despacio"* 

Un  vocablo  excelente  no  está  aún  admitido:  "siete  afios  de  diferencia- 
ción ha  tenido  el  Sr.  Silvela  con  el  Sr.  Cánovas  del  Castillo".  Ni  esta 
acepción:  "los  pobres  de  espíritu  censuran  á  Cánovas  porque  no  ha  dimitido 
al  duque  de  Tetuán". 

Embrollo  es  abrojo,  maraña,  enredo,  confusión,  embuste»  Con  sobrada 
verdad  dice  un  crítico  de  mi  "Maraña  del  Diccionario",  ocupándose  de  la 
que  han  armado  los  inmortales  en  su  mamotreto  lexicográfico:  "el  diccionario 
de  la  Academia  es  tm  embuste  inventado  para  enredar  ó  descomponer  el 
negocio  del  idioma",  del  cual  negocio  hablo  en  otra  revista  alemana.  Em- 
buste  era  antes  del  griego.  Y  maraña  también  del  griego,  látigo,  correa,  lo 
que  se  necesita   para  destruir  la  maraña  del  diccionario,   y  empleó  el  crítico 


I20  BESPRECHUNGEN.     P.  HE  ML 

Valbuena,  el  único  que  ha  conseguido  se  corríjft  >1go.  Ahora  ímbusle  a 
impostura  y  mufiiÄn  miscelánea.  Aquí  de  Cernâtes:  "yo  sabía  toda  s 
marafla  y  tmòusle". 

Ed  punto  á  gramálíca,  sabido  es  que  la  Academia  la  conoce  ma],  vac 
läiantemente,    y   Bferrindosc   lo   más   posible  i   las   anlignaUas 


par  de  ejemplos 
nbsolulo;  es  solo  feme- 
La,  suste  aateponersc  i 
falta  aHadir  "de  perso 
Que  maguer  equivalga 
"maguer  jae"  (aunqut 
^  Alejandro);  mejor  stri» 

segurar  que  hoy 


hacci   Ï1SO   del   dcsairollo   de  la   lengua.     Solo 

Dice  que  fin  es  de  ambos  género»,  y  no  es  cierto  en 

nino   en   la   [rase   "la  ;Íh   del  mundo",   ntida  m&f.    " 

nombres  propios  de  persona  de  este  mismo  genero"; 

del    pueblo,    del    teatro    y  de  la   aableía   madrileña". 

prcdsamenlc  i  aunque  [aun  que]  no  es  cierto,  v.  gr. 

que\)  "era  blanco,  negru  se  va  tornando"  (Poema  di 

poner    como    equivalente    no    obstante.     En  maravedií 

à  no  el  primero  de  los  tres  plurales:  maravedís:  yo 

en   dia   es   el   único   empleado.     Remanir  es  plaucba;    el  participio 

del  Poema  del  Cid,    les   llevó  ä  los   usias  á  ese  infinitivo,    que   es 

del  Poema  de  Alejandro.     Primera  espada,  escribían  untes,  no  primer,  como 

se  dice  y  escribe  siempre;  ahora  ponen  primer,  6  primera  espada. 

Tocante  al  lenguaje  usado  en  las  deüaiciones,  es  ao  levoltijo  de  varias 
épocas,  habiendo  en  ellas  vocablos  cuyo  significado  actual  es  ya  distinto  dt 
todo  punto.  Arromaditarse  ei  "eenlraer  romadizo",  uto  es,  resfriarse. 
Lastimarse,  "dolerse  del  mal  de  Dno",  es  decir,  condolerse. 

Otra  pUga,  combatida  rarísima  vez.  El  diccionario  sigue  remitiendo  del 
vocablo  moderno  al  uutiguo.  v.  gr.  de  anticipo  á  anticipación,  de  empalaga  i 
empalagamienLo,  de  hendidura  i  hendedura,  de  sallar  á  sachar. 

Eo  la  ortografía,  do  me  quiero  meter  á  Tonda.  Tengo  una  lista  larga 
de  voces  sin  h  que  la  llevan  en  la  eliuiologia  académica,  y  á  la  inversa. 
Solo  entresacaremos:  abilmosco,  acá  (át  hac\).  acerico  {áe  facies'.),  aciche  (de 
asciai),  afice,  aína,  airón  (de  heigere\),  alabarda,  alacena,  alache  (y  alece, 
alecke),  alajú,  alamar,  alara,  albergue,  alentar,  aleto,  almete,  aloque,  aUo, 
ambleo,  anafe,  anguarina,  ansa,  anseático,  aña,  añacea,  aquel  (de  hic\  ille), 
etc.  Lo  mismo  digo  de  la  ¿  y  la  v:  abano,  abigarrado,  abigarrar,  abogada, 
aiûgadar,  abogar,  etc.  Cita  hibernal,  hibtrniso,  hibitrnal,  hibiernar,  ser  la 
estación  de  invierno,  hibierno;  peto  no  hinbierna  ò  himbìerna.  Este  es  Ú 
inconveniente  que  tiene  meterse  en  lios  eliniolúgicos  respecto  1  la  escrítur« 
pedantesca;  y  eso,  etimologixando  mal. 

La  Academia  debiera  haber  adoptado  eate  tema,  de  Fray  Gerundio; 
"Huye  cuBDlo  pudieres  de  voces  vulgares  y  comunes,  aunque  sean  propias." 
Solamente   en   la  A,   se  deja   en   el  tintero  lo  menos  2tx>  vocablos  novlsimot 


Erratas  do  anotadas:  pág.  lo6  echas  por  echar  (en  aterrar),  pá£.  l]8 
citaredo  por  citarero  ifi  acaso  error),  p.  3»)  clanga  (ó  enor),  pág,  335  des 
segundo  artículo  conlarcc.  por  contract.,  pág.  J49  ft.  ausenl  por  auvent, 
pig.  599  lai.  levile  pox  fr.,  pig,  gì  6  siluriano  por  siluriano,  piig.  996  unir 
(del  unire),  fatta  latin.  Dicen  que  es  errala  prismSlica  por  piramidal;  eso 
se  llama  error.  Y  espirar  por  expitar;  la  errata  no  elisie  tampoco,  sino 
el  errar.  Y  que  donde  dice  ambajes  debe  leerse  ambages;  jcómo  ha  de 
corregirle?!   ese  es  un  tercer  error.  P.  OK  MuaiCA. 


DICCIONARIO  DB   LA   SENGUA  CASTELLANA.  121 

GionìAle  Storioo  della  Iietteratora  Italiana.  Anno  XVIII,  VoL  XXXVI, 
fase.  I — 2. 

G.  Bertoni,    Studi  e  ricerche  sui  trovatori  minori  di  Genova,    Wir 
erhalten  hier  die  erste  Ausbeute  des  bekannten  glücklichen  Fundes  Bertoni's. 
Nenn  neue  Gedichte,  wovon  acht  Tenzonen  sind,  bilden  zusammen  mit  einem 
Sinrentes  von  Luquet  Gatelus  (n<^  X),    das,  wenn  auch   nur  teilweise  leserlich 
und  unter  anderem  Namen  von  r  überliefert,  schon  publiciert  war,  die  Unter- 
lage  für  eine  erneute,    mit  Sorgfalt  vorgenommene  und  hier  und  da  noch  ein 
unbekanntes   Datum  beibringende  Untersuchung  über   die  Lebensverhältnisse 
der   kleineren   genuesischen  Trobadors,   nämlich   von   Percival  Doria,   Jacme 
Gril,  Luca  Grimaldi,  Scot,  Simon  Doria,  Luquet  Gatelus;  nebenbei  wird  auch 
L.  Cigala  behandelt  (S.  15 — 18).    Etwas  mehr  Vorsicht  wäre  stellenweise  ganz 
erwünscht  gewesen:   wenn   es  auch  gut  möglich  ist,    dafs  der  Guilhem,   mit 
welchem  L.  Cigala  eine  Tenzone  wechselt,  Guilhem  de  Montanhagol  gewesen 
(S.  17),  so  verbietet  es  doch  die  philologische  Methode,  ein  \de  Montanhagol'\ 
in  der  Ueberschrift  hinzuzufügen  (S.  35);    die  sonst  nicht  gestützte  Angabe 
Crescimbeni's  von   der  Verwandtschaft  zwischen   Simon   und  Percival  Doria 
inufste,    wenn  überhaupt,   mit  Vorbehalt  wiedergegeben  werden   (S.  14);    die 
vorhandenen  Anhaltspunkte  genügen  nicht,  um  zu  sagen,  dafs  Lantranc  Cigala 
con  tutta  probabilità  ein  Bruder  des  Nicola  Cigala  war  (S.  16);    ein  Beweis 
dafür,    dais   Sordel  an   der  Schlacht  bei  Benevent  teil  genommen  habe,   wird 
durch    das   Sirventes    des   Gatelus    nicht    geliefert  (S.  55);    ist   es  so    sicher, 
dafs    der   letztere   Trobador   mit   dem   Herrn  von   Lesbos  und  Aenos  (nicht 
TCtno)  identisch  sei  (S.  21)?   Die  S.  14  stehende  Anm.  2  gehört  an  den  Schlufs 
des   Abschnittes   über  P.  Doria,    denn    erst   hier   drückt  B.   klar  seine   Mei- 
nung aus,   nämlich  dafs  zwei  Percival  Doria  gedichtet  haben,    von  denen  der 
erste  Ghibelline   und   auch  italienischer  Dichter,   der  zweite  Weife  (für  diesen 
ist  nur  Nostradamus  Zeuge)  gewesen  sei.    Dafs  der  Vater  von  Luca  Grimaldi 
Hugo   hiefs  und   dafs  Luca  1257  Podestà  von  Florenz   war,    hatte   ich  schon 
Zs.  f.  rom.  Phil.  IX,  406  nachgetragen  (S.  12).     Den  Simon  Doria,  welchen  B. 
zum  Jahre  131 1  nachweist  —  es  ist  keine  Urkimdenstelle  —  kann  ich  nicht 
als  mit  dem  Trobador  identisch  ansehen,  der  schon  1253  urkundlich  erscheint 
—  sein  Vater  war  damals  tot  —  und  der  mit  L.  Cigala  tenzoniert  ;  es  erscheint 
mir  daher  auch  recht  fraglich,   ob  der  Albert,  mit  welchem  Simon  eine  Ten- 
zone wechselt,    wie  B.  vermutet,    ein  Alberto  Scotto  sein  kann,    welcher  erst 
131 8  starb,  und  ob  nicht  doch  Albert  de  Sestaron  in  Betracht  kommt,  um  so 
mehr  als  die  Worte  in  der  Tenzone  Vemperador  non  evei  Frederic  (Seibach 
S.  106)   nur   auf  Friedrich  II.    als   einen  Lebenden   gehen  können.^    Ist  1266, 
welches  Jahr  S.  16  als  letztes  Datum  für  L.  Cigala  angeführt  wird,  nicht  etwa 
ein  Druckfehler?     Das   Sirventes,   welches  r  überliefert  (n^*  i  bei  Rajna)   und 
das  nach  Rajna  1267  oder  1268  fallt,   fìndet  keine  Erwähnung.     Wenn  S.  17 
vom   Sirventes    des   Gatelus    gesagt    wird,    dafs    es    gegen    1272   entstanden 
sei,   so  steht   das   in   einigem  Widerspruch  zu  dem  S.  55  Bemerkten,    wo  es 


^  Die  von  mir  einmal  angezogene  Stelle,  auf  welche  mich  B.  verweist, 
darf  m.  E.  nicht  in  Parallele  gestellt  werden ,  denn  hier  werden  von  P.  Vidal 
mehrere  tote  Herrscher  genannt;  sie  trägt  einen  generellen  Charakter:  ,ich 
will  nicht  ein  solcher  Mann  sein,  wie  Ludwig,  Manuel,  Friedrich  es  waren*. 


122  BESPRECHUNGEN.     O.  SCHULTZ-GORA,  B.  WDSSB, 

heifst  cade  tra  il  1 26 1  e  il  1273  (1261  muís  hier  Druckfehler  sein  fur  1267 
oder  1268),  wobei  ich  übrigens  1273,  weil  Sordel  vorkommt,  fur  ein  reichlich 
spätes  Datum  halte.  B.  wundert  sich,  dafs  man  immer  n*Ad<meUa  schreibt 
und  nicht  na  Donella,  allein  seine  Meinung,  dafs  der  Name  ein  Deminutiv 
von  donna  sei,  ist  unannehmbar;  wenn  Donella  allein  begegnet,  so  dürfte  es 
erst  die  aphäresierte  Form  von  Adonella  seia,  das  mir  zu  einem  aus  dem  Ger- 
manischen stammenden  Adone  zu  gehören  scheint  (ein  Madonella,  das  B.  noch 
zur  Stütze  anfuhrt,  hat  wieder  einen  anderen  Ursprung).  Das  Sirventes  von 
Duran  Sartre  de  Carpentras,  das  S.  18  Anm.  aus  dem  Cod.  Campori  ange- 
führt  und  dem  in  MC  erhaltenen ,  MG.  105  stehenden  Gedichte  gleichgestellt 
wird,  kann,  wie  die  mitgeteilten  Verse  lehren,  nicht  mit  letzterem  identisch 
sein,  ganz  abgesehen  davon,  das  ja  hier  Wilhelm  von  Baux  gerade  angegriffen 
wird  (s.  Zs.  f.  rom.  Phil.  IX,  126  Anm.);  es  wird  vielmehr  dasjenige  Gedicht 
sein,  auf  welches  Duran  MG.  105  Str.  4  selbst  hinweist  und  das  bis  jetzt  noch 
nicht  bekannt  war.  Ponzio  Amato  von  Cremona,  der  nach  Restori  identisch 
sein  soll  mit  dem  porc  armât  in  dem  bekannten  Sirventes  des  G.  de  la  Tor, 
gehört  nicht  in  eine  Linie  mit  Taurel  und  Alberico  von  Romano  (S.  21  Anm.). 
Ueber  einen  Namen  Pama  sollte  man  erst  dann  reden,  wenn  man  das  vorauf- 
gehende Colega  klargestellt  hat;  der  Verweis  auf  die  Annalen  des  Giustiniani 
genügt  nicht  (S.  23  Anm.);  übrigens  ist  die  Ausgabe  des  Nostradamus,  welche 
B.  citiert,  noch  immer  nicht  erschienen.  —  B.  hat  zu  seinem  Artikel  einen 
Nachtrag  geliefert  unter  Communicazioni  ed  appunti  (Giom.  stör.  XXXVI, 
459 — 4^0*  Was  hier  noch  von  Biographischem  beigebracht  ist  kann  idi 
nicht  als  glücklich  ansehen.  Mit  der  Stelle  im  Sirventes  des  Aimeric  de  Pe- 
gulhan,  wo  ein  Persaval  erwähnt  wird,  ist  nichts  anzufangen;  ich  habe  schon 
längst  in  dieser  Zeitschrift  VII,  205  gesagt,  dafs  an  Perceval  Doria  nicht  zu 
denken  sei.  Auch  in  einem  zweiten  Punkte  hätte  B.  besser  gethan,  Torraca 
nicht  zu  folgen;  zwar  hat  er  gewifs  Unrecht  gehabt  S.  16  Anm.  4  zu  sagen, 
dafs  in  der  treva  Beatrix  von  der  Provence  genannt  werde,  und  wenn  er  mit 
Bezug  darauf  im  Nachtrage  S.  460  auf  meine  Anmerkung  in  der  Ausgabe  der 
Briefe  Rambauts  (ital.  Uebers.)  S.  170  Anm.  2  verweist,  so  hat  er  diese  nicht 
genau  gelesen  oder  sie  mifsverstanden ,  allein  wenn  Torraca,  der  sich  neuer- 
dings mit  der  treva  besonders  beschäftigt  hat,  einfach  den  Text  ändert,  für 
moiller  ein  sor  einsetzt  und  darauf  seine  Datierung  gründet,  so  wird  sich 
schwerlich  irgend  ein  Philologe  mit  solchem  Verfahren  einverstanden  erklären. 
Das  S.  490  Anm.  bezüglich  Gr.  10,  35  Bemerkte  setzt  voraus  einmal,  dafs 
Guillem  Raimon  nicht  mit  Raimon  Guillem  identisch  sei  (Zs.  VII,  231),  und 
ferner,  dafs  Aimeric  identisch  sei  mit  Aimeric  de  Pegulhan,  was  noch  nicht 
ausgemacht  ist;  fur  das  gegen  Zingarelli  Gesagte  sei  auf  die  metrische  Be- 
merkung bei  Appel,  Prov.  Inedita  S.  227  verwiesen. 

Was  die  Texte  betrifft,  so  hat  es  B.  an  Mühe  nicht  fehlen  lassen;  dafs 
er  schwieriger  Stellen  Herr  geworden  wäre,  war  nicht  zu  verlangen,  aber 
einige  Fragezeichen  mehr  vermifst  man  in  den  Anmerkungen,  namentlich  zu 
dem  letzten  Gedichte;  so  ist  mir  z.  B.  von  I.  5 — 6,  X,  6,  ii — 12,  16,  31  der 
Sinn  dunkel.  Chabaneau  hat  im  Nachtrage  schon  eine  Anzahl  Besserungen 
gegeben  ;  hier  nur  noch  ein  paar  Bemerkimgen  :  schreibe  en  fur  e^n  VHI,  8 
(Komma  nach  sia)^  ia  mais  getrennt  II,  20,  ser  (=  , dient*)  für  ^er  IX,  30, 
s.  Appel,  Chrestöm.  S.  XXI;  ves  que  Vili,  69  ist  doch  wohl  umzustellen  und 


QIORNALB  STORICO  VOL.  XXXVI.  I2¡ 

dann  amátr  wiTeriuidert  za  lassen;  IX,  50  scheint  mir  far  non  stehen  zu 
müssen  mon;  im  verallgemeinernden  Concessivsatz  X,  29  wird  da  Conjanctiv 
▼erlangt.  An  ein  vü  «^  viva  glaube  ich  nicht  (Aam.  zu  I,  7);  es  dürfte  =s 
vidi  sein.  Die  in  Anm.  za  Vü,  5  gemachte  Annahme  ist  unnötig;  de  Lollis, 
auf  den  B.  sich  beruft,  hat  die  betreffende  Stelle  syntaktisch  nicht  richtig  auf- 
geiaist,  da  ein  Pronomen  daselbst  nicht  zu  stehen  braucht 

O.  Schultz  -  Gora. 

P.  Savj -Lopez,  SuUe  fonti  della  „Teseide",  Verf.  zieht  einige  Stellen 
aus  dem  Roman  de  Thebes  und  dem  Roman  de  la  Rose  an,  die  Boccaccio 
benutzt  haben  kann,  um  daraus  zu  schliefsen,  dafs  der  Dichter  kein  Epos  in 
klassischem  Stile  habe  schreiben  wollen,  sondern  nur  etwas  Aehnliches,  aber 
Feineres,  als  etwa  der  Roman  de  Thebes.  Dem  widerspricht  entschieden 
Teseide  Xu,  84,  wo  Boccaccio  zu  seinem  Buche  sagt: 

„Ma  tu,  mio  libro,  a  lor  [alle  Muse]  primo  cantare 
Di  Marte  fai  gli  affanni  sostenuti, 
Nel  volgar  lazio  mai  più  non  vedutL" 

Er  wollte  also  thatsächlich  ein  Kunstgedicht  in  klassischem  Stile  schreiben. 
Ob  er  seine  Absicht  wirklich  erreicht  hat,  ist  freilich  eine  andere  Frage  und 
mufs  verneint  werden:  die  Teseide  blieb  ein  romantisch -ritterliches  Gedicht, 
dem  der  klassische  Mantel  nur  lose  umgehängt  ist. 

G.  Rua,  Di  nuovo  intomo  alle  „Filippiche"  attribuite  ad  A,  Tassoni. 
Rua  weist  Perronis  geschickten  Angriff  (Gsli  XXXV  S.  34  ff.)  auf  seine  An- 
sicht über  die  Entstehung  der  ersten  beiden  Tassoni  zugeschriebenen  Fiäp^ 
piche  (Gsli  XXXn  S.  281  ff.)  auf  allen  Linien  siegreich  ab  und  bringt  sogar 
noch  Manches  zur  Verstärkung  seiner  eignen  Stellung  bei.  Einstweilen  bleibt 
es  also  bei  seiner  durchaus  einleuchtenden  Darstellung  der  Verhältnisse  (vgl. 
Ztschr.  XXTH  S.  345). 

VARIETÀ: 

G.  Fraccaroli,  [Ancora  suU*  ordinamento  morale  della  „Divina  Com- 
media".  Anknüpfend  an  einige  Aufsätze  im  zweiten  Bande  von  Moores 
„Studies  in  Dante'*  setzt  F.  nochmals  mit  grofser  Klarheit  seine  bekannte, 
ansprechende  Auffassung  auseinander,  dafs  die  Ordnung  des  Höllenreiches 
und  des  Fegefeuers  von  einander  unabhängig  ist,  da  dort  die  Thaten,  hier 
die  Gesinnungen  bestraft  werden.  Das  gemeinsame  moralische  Princip  der 
Einteilung  in  Hölle  und  Fegefeuer  ist  Purg.  XVII  zu  finden:  die  sündigen 
Gesinnungen  sowohl  wie  die  sündigen  Thaten  entspringen  den  drei  Arten  der 
verkehrten  Liebe;  während  sich  erstere  aber  mit  den  sieben  Hauptsünden 
decken,  muíste  für  letztere  eine  andre  Einteilung  gefunden  werden  und  wurde 
des  Aristoteles  Ethik  entnommen. 

£.  Carrara,  C/n  peccato  del  Boccaccio,  Carrara  will  auch  in  der  Liebes- 
geschichte von  Affrico  und  Mensola  einen  autobiographischen  Kern  finden 
und  erblickt  daria  das  Bekenntnis  Boccaccios,  in  seiner  Jugend  eine  Nonne 
verfuhrt  zu  haben.  Die  Selbstbeschuldigung  des  Dichters  in  der  15.  Ekloge, 
dais  er  Gott  einstmals  eine  Färse  geraubt  habe,  bestätigt  ihm  dies.  Die  Er- 
klärung hat  entschieden  etwas  Bestechendes.  Schon  Zumbini  in  seinem  be- 
kannten Aufsatze  (Abdruck  in  der  Biblioteca  Critica  della  Letteratura  Italiana 
N.  14  S.  18  ff.)   kam  der  Gredanke,   dafs  Boccaccio  hier  eine  wirkliche  That- 


124  BESPRECHUNG HN.      W.  MEYER-LÜBKE,   G.G., 

sacbe  behandelt  haben  konnte.  Dafs  übrigens,  was  C.  S.  l!6  für  aasgeicUotscD 
hält,  der  Diana  Keuschheit  versprochen  wurde,  uod  dafs  ein  Bredien  dieset 
Gelübdes  Todesstrafe  nach  sich  log,  tagt  Zatnbini  in  demselben  audi  von 
C.  angcEogenen  AafsilEe  ii.  14. 

RASSEGNA  BIBLIOGRAFICA; 

il  primo  centenaria  di  Giuseppe  Parini  (Bcttana,  eingehende  Besprechuiq; 
von  24  im  Jahre  1899  erschienenen,  Psrini  betriffeniicu  Schriften). —  Mooie, 
Studies  in  Dante,  second  series:  MisceUaneaus  essays  (Renier,  besonders  eìd- 
g^ehende  Besprechung  dis  Aufsalzes  über  die  Echtheit  der  Quacslio  de  aqua 
et  terra.  Er  hält  die  ächrifC  nach  wie  vor  (üi  eine  FSlschung,  tmd  ich  gebe 
ihm  völlig  recht).  —  Carducci  e  Ferrari.  Le  rimi  di  Francesco  Petrarca 
di  su  gli  originali  (Sicardi,  mit  einer  ganiCO  Rtihe  guter  Bcsscrullgs-  Und 
Erklärnngsvorschläge},  —  Lacombe,  Introduction  à  l'histoire  liUérairt 
(Gentile,  Ablehnung  der  Grundanschauungen  der  Schrift). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO: 

Alessio,  Storia  di  San  Bernardino  da  Siena  e  del  suo  tempo.  Bona- 
ventura, La  poesia  neo-latina  in  llaiia  dal  secolo  XIV  ai  presente.  Saggi» 
e  versioni  poetiche.  Grilli,  Gli  epigrammi  iditUci  „Lusus  pastorales"  ^ 
Mire' Antonio  Flaminio.  Passerini,  Raccolta  dì  rarità  storiche  e  letterarìtt 
Pastor,  Geschichte  der  Papste  seù  dem  Ausgang  des  Mittelalters.  111,  Band. 
III  u,  ly,  vielfach  timgearbeilete  u.  veriesiertr  Auflage.  Cipollini,  Scelta 
di  poesie  e  prose  di  Carlo  Maria  Maggi  nel  secondo  centenario  della  «M 
morte.  Gallelli,  Un  poeta  romantica;  Carlo  Tedaldi  Fores.  Mantovani, 
lì  poeta  soldato.  Ippolito  Nievo,  iSjl  —  iSäl.  Con  memorie,  poesie  e  ¡ettert 
inedite.  Torraca,  Biblioteca  critica  della  letteratura  italiana.  Dìsp.  32 — jj. 
Salvo-Cozio,  l codici Cappiiiiiani della  biblioteca  Vaticani!  descritti.  CtOC^ 
Di  alcuni  principX  di  limassi  e  stilistica  psicologiche  del  Gröber. 

ANNUNZI  ANALITICI,    PUBBLICAZIONI  NUZIALI. 

CRONACA: 

Periodici,  kurze  Mitteilungen,  neu  erschien  en  e  Bücher. 

Berthold  Wibsb. 


BomaiÜA.     No.  114,  Avril  1900. 

A.  Thomas,  Etymologies  franfaises.  l.  affier  von  aplificare; 
aiger  'lianf  rosten'  dasselbe  wie  das  Zs.  XV  344  besprochene  naisie 
Thomas  aof  nasiare  in löckge führt ,  ohne  dafs  dieses  Sutatral  erklärt  oder« 
Einwendungen  gegen  die  Sllere  Deutung  gegeben  würden  :  ],  dial.  1 
ans  '*kamellum';  4.  bigtion  'trampe'  aus  bennione  (});  5.  engl,  butler. 
afr.  boulern;  b.  engl,  buitres  dasselbe;  7.  cagouäle  lu  cochlea,  *coculea; 
8.  ehaintre  lus  cancere;  9.  ptov.  chancera  ' Brautausstattung',  lim.  tianse 
ebenfiUli  cancer;  10.  chaneiire  aus  'conceria;  11.  clin,  ein  Marin  e  aus  druck 
aus  hoU.  'kliakwerk';  11.  coumire  'Art  Schwämme'  aus  *columelia;  13.  dial, 
fr.  ertuson  'Holiwurm'  =  artisan;  14.  raorv.  esnoillie  'Sonnenstrahl',  ge- 
wisaennafsen  essoleülie,*exioticlata;  I3.  U.esteinc  Marineausdruck,  entsprechend 
englisch  itudding-sail;  l&.  afr.  estrene  'Tau'  vgl.  isl.  strenge,  engl,  string; 
17.  oli.  eitriehier  'die  Segel  glreichen'  ebenfaUs  gennaniacheD  Ursprungs;  i&.  afr,. 


I 


I 


A 


ROMANIA    NO.  1 14. 


125 


■FcDStctband*  ^genabeUa  von  genu;  19.  oprov.  gineusclo  'Wolf»- 
'  'iaelâmteula;  ao,  »St.  gieruote,  anch  irnote,  anoTd.  *jÖrdhn«l  "Erii- 
rali'i  31.  tb.  gtotttrtnit  wie  iul.  giiottomia  niclit,  wie  ich  meinte  (ttal. 
Gr.  p.  190),  dutch  UmatelluBg  eatstanden,  sondern  *gÍHtturriiii  wie  fitciturnuj 
toraDsMIMlld ;  12.  air.  jaree  'Ludid',  im  KaicilingeiUteiD  gtrmia  unbe- 
Herlcunft  \^gremia  'Sdio^kind'?];  3j.  dial.  b. /arçon  'Stachel'  m 
farder,  nfr.  gercer;  14.  ly.  jouclie  ' Joe hri etneo'  'juxlula;  15.  npr. 
tucio  '  Wolfsniikb  '  *l¡ulMícla  mit  einem  Sullix  -Hic-,  das  in  labrusca,  asi- 
t  und  dM  Thomas  noch  anderweitig  nachweist;  26.  engl,  lavn 
inwand*  von  Laon,  eîce  Erklärung,  die  auch  bei  Klugc-Luli  zu  ñnden 
Hi  37.  mOTV.  iBualettrt  'Slnck  zum  Gaiben  binden'  'relorlature;  2S.  iuim- 
1  *IimÌHÌone  Q);  19.  martute  wohl  *amariislra  ncbtn  amarutca  {vgl.  ital. 
■9lte  neben  lArusea);  jo,  motion  'Zehnten':  modialiatte ;  3t.  ptoi.  Jiergam 
■  'fergamen;  ¡2.  afr. /ííre  aot  pyrelhra;  3J.  inorv,  guUräme 
(elhacten'  * cretitanluiH;  34.  rétnovìad*  aus  ital.  remolata  lu  remeh 
..  ly.  f-Difo  'itreifen':  raiilare;  36,  ruiicun  Lehnwort  ans  ital.  ra- 
seineiseits  aus  span,  rabicane  ' Weifsschanz'  slammt;  37.  rulline 
■Rückitetn':  38.  dial,  laliuroiíe  -Dreifub  fut  ein  Waschtís'  «=  ielle 
'*i  39-  ifrran  aus  span,  leron;  4a  ligutlle  aus  ¡lai.  seghetta;  41.  aft. 
hier  *iub/ascaTe;  41.  añr.  i0n^L>/r  '  Hebel,  Schlüsselbein'  von  cieonMa; 
r.  iordtnt  'Uebereahn',  von  Godefroy  fnlscìl  übersetzt;  44.  seuchet.  Post- 
la  seuekever  ;  4;.  jaiin^o» 'Art  Muschel' von  janrf/»;  46.  jOH/r< 'Nolii- 
,  Postverbal  za  ¡outrer  (*sDbstraie);  47.  aft.  lacre,  Ausdruck  der  Get- 
in  boll,  dater,  nbd.  decker,  engl,  dicker,  bedenklich  wegen  dea  Vokals, 
da  das  holl.  a  jung  ist;  48.  taranche  von  dem  seit  dcnv  VI.  Jahrb.  belegten 
larinca,  das  wohl  gallischen  Ursprungs  ist;  49.  tenais,  bei  Colgtave  'the  slip 
on  tenax;  60.  lie  'Spìndelfutteral'  zu  liuhan;  51.  lirelaire  Um- 
talning  von  triteirt  aus  tractcrîa;  t,l.  tirt-vtiUe  'Seil  an  der  äufseccn 
I  Schiffes',  umgestaltet  ans  älterem  tire,  vieiiìe;  53.  titre  'Auf- 
mgsplatz  Sài  die  Jagdhunde',  sir.  ¡ristre  von  an.  treysta.  doch  ist  die 
bdcrgabc  von  ey  durch  í  mit  schwer  verständlich;  $4.  tréteau  zu  tristegtm, 
mischt  mit  transirum,  translellum;  55.  travili  enlbäU  nicht  trei  =  Irais, 
ltdern  Iris;  56.  tringle,  ili.  tingle  aus  holl.  tengel;  57.  troniire  ans  span, 
;  j8.  lympre  aus  deutsch.  'Tümpel';  5g,  velanède,  vjlanl,  auch  luA 
/an»  ^dilavi,  ßalavlSi.  W.  MRyBK-LvBKE. 

G.  Paris,  Air  Huon  de  Bordeaux.  Erläuterungen  lu  einigen  Stellen 
n  der  Revne  germanique  vom  Jahre  lS6t  eradiienencn  Aursatzes  über 
otd„  der  in  durchgesehener  Form  in  G.  Paris'  neuem  Buche  „Poèmes 
I  Ifgendes  du  m.  i."  (1900)  wiederholt  wurde.  Insbesondere  nimmt  G.  P. 
I  der  Zwischenzeit  veröffentlichten  Arbeiten  übet  das  Epos 
1  die  Obetonsage  von  Longnon  u.  a.  Er  ball  daran  fest,  dafs  Auberon 
r  deutsche  Aibeiich  identisch  sind,  die  Ktzählungen  von  ihnen  im  ttz. 
md  im  deutschen  Ortnit  denselben  deutscheu  Ursprung  haben,  und  ist, 
R-Anichlufs  an  P.  Rajna,  der  Ansicht,  dafs  in  der  Quelle  des  Huon  Aubcron 
t  Vater  war.  wie  Eiberich  der  Ortnits.  äie  entstand,  wolur  Hugo  v.  Toul 
len  Anhalt  gewährt,  im  balb  wallonischen,  halb  germanischen  Hetinegau, 
Q  OerlÜchkeilen  im  MA.  den  Namen  Aubcron  trugen,  die  Hauptstadt  des 
i   fränkisdieii   Königs   (Tournai)   liegt   und   die   Gestalt   dea   heidnischen 


k 


126 


BESPRECHUNGEN.      W.  MeVBR  -  LÜBKE,    Q.  G, 


Lictilgottcs  Alberíc   mit   einem   (ränkischen  Helden  Hugo  in  VerbindoDg  g 
bracht   werden  konnte,    de<«eti   Gleichnamigkeit  mit   dem  Sohne  S^jnins  v 
Bordeam  (ca.  845)  die  Verschmelzung   eines  frânkiscîiBn  Auberoti-Hugo-Ge- " 
dichlg   mit   der  Geschichte   ron  dem  Fürsten  m  Order  Huon  von  BordesQX  und 
dem   Mörder   des   Sohnes   Karls   des  Kahlen,    Auboain,    heibeiiufähren  ver- 
mochte.    Der  artesische  Vetfasset  des  lïuon  von  Bordeaux  bättP  so  den  Stoff  _ 
aus  der  nächsten  Nähe  geschöpl^     Die  Lokahsierung  der  Auberonsage  Í! 
der  That  geeignet,  die  Berührungen  zwischen  Huon  von  Bordeaux  und  Orto! 
und   das  Forlleben   eines   germanischen  Lichtgottes   im  christlichen   frz.  Epa 
verslSndlich  lu  machen,  wenn  der  Gang  der  Dinge  bis  zum  Huon  von  Bordean* 
Epos  sich  aacb  nicht  Schritt  für  Schritt  verfolgen  läTät. 

G.  Doncieux.  La  charisen  du  roi  Rtnaad,  ses  dérivées  romanes.  1 
parenté  celtique  et  scandinave.  Sehr  interexianler  Versuch  einer  Rekonatruktîc 
der  Vorlage  der  (60)  romanischen  Fassungen  der  berühmten  Rcnaodballad 
nach  den  von  G.  Paris  früher  entwickelten  GrnndsStzen  ausgeführt,  n 
gäbe  Vers  fur  Vers  der  die  Rekonstruktion  stallenden  Texte  in  der  WetHf 
des  Variantenapparsts  bei  kritischen  Ausgaben.  Es  ergehen  sich  21  vierzeilige 
Strophen  aabb  mit  Neigung  zur  Cäsur  nach  der  4.  Silbe  „wie  in  der  Passion" 
und  männlichen  Reimen  „wie  im  Leodegar".  Eine  historisthe  Anspielnng, 
der  Gebrauch  des  entendre  ■\- \ti{.  und  des  vor  dem  16.  Jh.  nicht  belegten 
Wortes  racommoder  beslimmen  D.  das  Lied  in  die  erste  Hälfte  des 
andere  Gründe  es  nach  der  Grenze  zwischen  bretagniseher  und  frz.  SpracM 
in  der  Bretagne  zu  verlegen.  Folgen  noch,  in  tri.  Wiedergabe,  die  Teilfe«! 
Stellungen  der  armorikanischen ,  der  bask.,  Venetian.,  kalalan.,  span.  Fassung, 
worunter  der  arm.  ¡Tuen  als  die  Vorlage  des  frz.  Gedichtes  sich  beransslell^ 
die  selbst  aber  aus  dem  in  ganz  Skandinavien  populären  Volkslied  vom  Ritter 
Olaf,  oder  vom  Elfcnschlag,  (bei  Grundtvig  eie)  Hofs,  handschriftlich  schoD 
ijjo  dSnisch  überliefert.  Logischer  als  in  diesem  ergreifenden  düstern  Li 
ist  die  Sage  (schon  bei  Gervasius  von  Tilbury)  von  der  Feenrache  an  dem  a 
trünnigen  Geliebten  vor  seiner  Hochzeit  im  deutschen  Ritter  von  SCaulenbe 
um  14B0  dargelegt.  Stärker  verbreitete  ach  die  mystische,  aus  derselb« 
VolksanscbanuDg  selbständig  erwachsene  skandinavische  Formulierung. 

MELANGES.     H.  Suchier,    Quelguet  passagíi    du   Fragment   a 
Haye,  bespricht  im  Anschlufs  an  seine  neue  Rezension  des  Haager  Fragment 
in  seiner  Ausgabe   der  Narbonnais  einige   von  Havel  anders  gefafsle  Stellen 
mit   denen   sieh   derselbe   io   seiner  Ausgabe   de»   Querolus  (1880)   bescbälUgl 
hatte.     Dazu   einige   Bcrichttgui^en   und   Nachträge   zur  Einleitung   der  N 
tonnais. 

A.Thomas,  La  mention  de  Waland  le  forgeron  dans  la  chroni 
d'Âdémar  de  Chabannes,  stellt  fest,  dafs  der  Strich  im  d  des  Namens  Vum 
¡and  in  der  Hs.  des  Ademar  nicht  als  er  aufzafasscD,  der  Namt  also  nick 
Walander  (so  noch  Jìrìciek,  Deutsche  Heldensage),  sondern  vielmehr  îVaÎandui 
zu  lesen  und  dafs  das  an  derselben  Stelle  erwähnte,  von  W.  gescbmiedeU 
Schwert  Cerio  als  Name  des  Schwertes  Ogiers  Caurtain  in  den  allfrz.  Ep«B 
aufzufassen  ist.  G.  G. 

G.  Paris,   Guel-aßens.    Wird  zutreffend  als  à  agtat  à  aptns  gedeutet. 

Ch.  Joret,    Des    suffixes    normands    ii)co{íj   et  (l|io(')-     Bringt  mit  di 
genannten  SafRxen   gebildete  Wörter  und   sieht  in  -M  das  üblidie  Snftu, 


EOMAmA  Na  114.  127 

£  imd  h  dneii  Shnfichen  Konsonanten ,  wie  das  /  m  ákrüer  «.s. v.;  nîdtt 
¿ans  fibeneogend.  W.  Mim-LÛHZ. 

COMPTES  RENDUS.  Mohl,  Introduetwn  à  la  ckranoU^  du  iaHn 
tnUgairei  Ders.,  Romdnskd  âv^jice  Lad  (Roqocs);  Snchier,  Autasrzm  tmd 
NicoUU,  4.  Aufl.  (G.  P.);  Butler,  Legenda  aurea  (P.  iL);  Gay,  Etsai  tur 
la  vie  et  Us  œuvres  litt,  du  trouvère  Adán  de  le  Hale  (Jeanroj);  Gnerlîn 
de  Gner,  Essai  de  dialectologie  normande  (J.  G.). 

PERIODIQUES.  Reme  des  langues  romanes  4«  ter.  X  No.  6  —  5e  sér. 
n  3 — 4  (P.  M.).  —  Zeitschrift  fur  rom.  Philologie  XXIV,  i  (G.  P.).  —  Ute- 
rmtorblatt  f.  germ,  und  roman.  Philologie  XX  (E.  M.).  —  Studi  glotu^ogid  ita- 
liani I  (Roques). 

CHRONIQUE.  litterarische  Nachrichten.  —  Knrxe  Bcspredtngcs 
neuer  Bücher.  G.  G. 


JlrohiY  fur  das  Stadium  der  neoereo  Sprmchen  und  Llttatmtiireo. 

Bd.  XCIX  (1897,  2.  Halbjahr). 

ABHANDLUNGEN.     Johannes    Bolte,    Die    Wochentage    in    der 

.f^oesie,   III,  (Schlnis),    S.  9—24.  —  Die  altfransös.  Uederhs.  der  ßodleiana^ 

.^Douce  308,  diplomatisch  abgedruckt  von  Georg  Steffens.    3.  FortseCzong 

Cmit  einem  Faksimile  der  Hs.),   S.  77 — 100;    4.  Fortsetzung.   Schlufr,  S.  339 — 

388.  —  Alfred  Schulze,  lieber  einige  HäfsmitUl  frausôs.  BAliograpkie, 

^>.  ICI — 120.  —  A.  G.  Krüger,  Eine  angeblicke  isiänditcke  Bearbeäung  der 

^Sckwtmenriitersage,  S  241 — 252.  —   A.L.  Stiefel,  Die  Nachahmung  sfa- 

-Rutscher  Komödien  in  England  unter  den  ersten  Stuarts,  S.  271 — 310  ^•^^^«Hff 

^ch  an  den  Aufsatz  in  den  Roman.  Forsch.  V,  193 — 220  an).  —   Hermann 

^!)  e  1  s  n  e  r ,  Aenderungen  von  Lafontaines  Hand  an  seinen  'Amours  de  Psyché 

^t  de  Cupidon\    S.  389— 394.  —    Richard  M.  He jer.    Die    Technik  der 

Concourt s,  S.  39$ — 416. 

KLEINE  MITTEILUNGEN.     Johannes  Bolte,  Hiobs  Weib,  S.418 

422.  —    G.  Schleich,    Ueber   die    Quelle   von   Ljrdgates    Gedickt   'The 

d^horle  and  the  Bird\   S.  425—435. 

BEURTEILUNGEN.     191—205    Berliner  Beüräge  zur  gerwtan.  und 

vornan.  Philol.  veröff,  v.  Ebering.     Roman.  Abth.  II:  Hermann  Springer,  Das 

4iUfrorüen%aL  Klagelied   mû  Berücksichtigung  der  verwandten   UUeraturen 

etc.  1895.     ^J^'  Philipp  SÚDOon,  Jacques  d  Amiens.  1895.    IV.  Moritz  Werner, 

Kleine  Beiträge  zur  Würdigung  Alfred  de  Mussets  {.Poésies  nouvelles).  1896. 

V.  Albert  Maaís,  Allerlei  provensalischer  Volksglaube  nach  F.  Australs  'Mü 

rHo*  tusammengestelU  (Alfred  Risop;   schätzenswerte  Beitrage  und  Paral- 

lelen  des  Rezensenten,    besonders  zu  Nr.  V).  —    205  f.  Carl  Voreu^h,   Das 

Merowingerepos  und  die  fränkische  Heldensage.  [Philologische  Studien.    Feu- 

gäbe  far  Eduard    Sicvcrs.     Halle,   Niemcyer,  1 896]  (O.  S  c  h  u  1 1  z  -  G  o  r  a/.  — 

206  —  208   Friedrich  Kraus,    Ueber  Girhert  de  Montr euil  und  seine   Werke. 

Diss.  Würzburg  1896  (Adolf  Tobler). —  223—225    Un  Ustameni  littéraire 

at  J.J.  Rousseau,  p.p.  O.  Schultz -Gora.    Halle  1897.    46S.  S^iEogènc 

bitter;   Rez.  hält  das  Testament  nach  wie  Tor   für  unecht).  —    228  Nicola 

Zingarelli,  La  personalità  storica  di  Folchetto  di  Marsiglia  nella  '  Commedia  ' 


1 28  BBSPRSCEDNOEM. 

di  Danti.  Napoli  1897  [Extr.  dal  wl.  XIX  d. 
logia,   lettere  e  belle  arti].   40  S.   4»  (Ade 
Hecker,   Die  ilalitnisclu  Umgangssprache 
mit   Âussprackekiiftn   dargestellt.     Br^imschwi 
jlîS.   8"  {Adolf  Tobler).  —    456- 
Crémine.    Diss.  Basel  1896.    368.   und   cine   Karle   ( 
459  f.  Die  ntupTirvetaalischen  SprichlcÔrter  der  jüngere 
kandschrifl . . .  A^^.  f.  Alfred  Pillet.  Berlin,  Ebcrinfi,  1897. 
Tobler:  tüchtige  Arbeit).  —  460—461  Ural  Ludwig  S 

Anglais  et  les  Frangaù  (1725),  Agg.  v.  Olio  von  Greyeri.  Bern,  St^L  ,- 
Co.,  1897-  XXI,  Î99  S.  8»  (Adolf  Toblei).  —  478  —  481  O.  GI5de.  dt^M 
/raaiSs.  /nierpuntlionsUAre.  Marburg.  Elwert,  IB97-  XII,  47  S,  (George 
Carel).  —  4B1  f.  Ed.  Schwan,  Grammatik  áts  Allframös.,  yAvfi.  neu  be- 
arbeitet V.  Dielrich  Behrens.  Tkeil  I:  Die  Lautlehre.  Leipzig,  Keisland. 
120 S.  (A.  Kisop).  —  482  f.  Franco  Ridella,  Una  sventura  postuma  di  Gia- 
como Leopardi.  Torino,  Clansen,  1897.  XIX,  juS.  8«  (Brano  Schnabel>. 
W.  Cloétta. 


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Pompen  Fabra,  Coníribució  a  la  gramática  de  la  llengita  catalana. 
Barcelona  189S.  Tipografìa  L'Avenf.  8*.  112  S.  Darslellung  von  Orlho- 
f>raphie,  Laat  und  Form  der  gegenwärtigen  calalaniscben  (ostcatal.)  Schríñ- 
iprache  mit  Rücluicfatnahme  »uf  Altcatalaiiísch  und  Lgteiniich,  die  gute 
Dienite  dem  Leser  neucaCalanischer  Texte  eu  leisten  geeignet  iit,  nod  1896 
auf  den  Joes  Qoralg  in  Barcelona  durch  einen  Preis  ausgezeichnet  wurde.  An- 
gestrebt wird  durch  das  Buch  lagleich  die  Herbeiführung  einer  einheitlichen 
caUlanischen  Rechtschreibung. 

A.  Vidal  et  A.  Jeanroy,  Comptes  consulaires  d" AM,  I3S9— 1360. 
(Bibliothèque  míridion.  I"  ser.  torn.  5),  Toulouie  1900,  Privat.  8°.  CI,  370  S. 
Die  Rechnungen  det  Siadiverwaltnng  von  Albi  in  den  beiden  Jahren,  von 
v.  geschichllicb  beleuchtet  und  erläulerl,  von  J.  \a  Kürze  grammatisch  iDa- 
lysicrt,  gleich  wertvoll  als  liuliurgeschichtliche,  wie  als  mundartliche  Sprach- 
denkmäler. 

Jul.  Poewe,  Spracht  und  Versbuntt  der  Mystires  inid.  du  XV,  s. 
(abgedi.  V.  A.Jubiual,  Paris  1S37).  Diss.  Halle.  8*.  95  S.  Sprache,  Vers 
und  Reim  erlahren  in  den  Mystères  noch  eine  swiespiltige  Behandlung.  Alte, 
neue  und  mundartliche  Sprachform,  reicher  und  nnvollliommener  Reim  wird 
noch  zugelassen.  Der  beabsichtigte  Vers  ist  in  der  Hs.  oft  nicht  richtig  ge> 
schrieben,  konnte  aber  leicht  aaf  die  richtige  Norm  gebracht  werden.  Eine 
Vergleicbung  der  Hi.  ei^b  viele  Flñcbtigkeiten  in  J.'s  Ausgabe. 

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Neuer  Verlag  von  Max  Niemeyer  in  Halle  a.  S. 


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Âdan  de  le  Hale  le  Boehu  d'Aras  herausgegeben  von  Rudolf 
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Bd.  IV:  Der  Karreuritter  (Lancelot)  und  das  Wilhelmsleben 
(Guillaume  d'Angleterre).  8».  1899.  Mk.  20,—.  Ausgabe 
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4".     1900.    Mk.  3,—. 

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französischen  Heldensagen  und  Heldendichtungen.  I.  Die 
Komposition  des  Huon  de  Bordeaux  nebst  kritischen  Be- 
merkungen über  BegriflFe  und  Bedeutung  der  Sagen.  8". 
1900.    Mk.  10 —. 


Druck  von  EhrharJt  Karras.  Halle  a.  S. 


Ausgegeben  den  4.  März  1901.         ,      -  .  , 


s 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


EOMMISCHE  PELOLO&IE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  6U8TÁT  OBÖBEB, 

PROFESSOR   AN   D^R    UNIVERSITÄT  STRASSBURO   1.  E. 


Î4»' 


1901. 


XXV.  BAND.     2.  HEFT. 


HALLE 

MAX    NIEMEYER. 

77/78  GR.  STEINSTRASSE. 
1901. 

Die  Zeitschrift  erscheint  in  Bänden  (von  6  Heften)  zu  25  Mark 


INHALT. 

Carolina  Michaelis  de  Vasconcellos,  Randglossen  zum  altportugie- 
sischen Liederbuch  (i8.  4.  00) i 

J.  Zeidler,  Der  Prosaroman  YsaJ^e  Ic  Triste  (23.  12.  00) i 

P.  Toldo,    Études  sur  la  poésie  burlesque  française   de  la  Renaissance 

(19.  2.  00) 2 

A.  Pellegrini,  Il  Piccinino  (4.  6.  99) 2 

H.  SCHUCHARDT,  Franz,  caillou  ]  coclaca,  —  Über  Laut-  und  Bedeutungs- 
wandel (IO.  II.  00.,  29.   12.  00.,  24.  2.  Ol) 2 

W.  Sucrier,  Nachtrag  zu  Zeitschr.  XXV  94 — 109 2 


Manuskripte   für    die  Zeitschrift    sind    an   den  Herf 
Strafsburg  i.  Eis., 

Universitätsplatz  8 

zu  senden.  An  die  Verlagsbuchhandlung  Max  Niemeyer 
sind  alle  Honorar  und  Sonderabzüge  angehenden  Anfir 
Wünsche  zu  richten. 


Bandglossen  zun  altportagiesischen  Liederbach. 

Einleitung.     II.  Ein  Mantel-Lied.     HI.  Vom  Mittagessen  hispanischer 
Monarchen.    IV.  Pgnna-veira.    V.  Ein  Seemann  mocht'  ich  werden.     VI.  <7i- 
neies  —  Non  ven  al  Maio.     VII.  Eine  Jerusalempilgerin   und  andre  Kreuz- 
fahrer.   VIII.  Tell' Affonso  de  Meneses.     IX.  Wolf- Dietrich.    X.  Das  Zwie- 
spaltslied des  Bonifazio  Calvo.    XI.  Im  Nordosten  der  Halbinsel.    XII.  Romanze 
von  Don  Fernando,   XIII.  Don  Arrigo,    XIV.  Guarvaya,    XV.  Vasco  Martins 
de   Hesende,     XVI.  Der  Sang  von  der  Wachtel.     XVn.  Grafen -Enkelinnen. 
XVBI.  Grüne  Augen.    ^SIX,.  Oh  pino  pino  !  pino  florido  !    XX.  Zebrareiter. 
XZKJ.  Frauen-  und  Madchenlieder  —  Cantos  de  Udino,     XXII.  Serranühas, 
XJXm.  En  un  tiempo  coliflores,     XXIV.  Cantigas  de  viläo,    XXV.  Flicken- 
lieder.    XXVI.  Provenzalisches  und  Altfranzösisches.    XXVII.  Sel  dissi  mai, 
X!X.Vin.  Mazos  e  Maias,     XXIX.  Tristan  und  Isolde  und  andre  bretonische 
Stoffe.    XXX.  Livros  de  Linhagem,    XXXI.  Die  Apokryphen  der  altportu- 
giesischen Litteratur.    XXXII.  Langzeil  •  Gedichte  und  allerlei  Metrisches. 

EINLEITUNG. 

Mit  der  Veröffentlichung  meiner  Beiträge  zur  kulturhistorischen 
îïnd  sprachlichen  Ausdeutung  der  gallizisch- portugiesischen  Lieder- 
l>ûcher  fahre  ich  gerade  jetzt  fort,*  um  den  Cancioneiro  da  Ajuda, 
zu  dem  die  Stofimassen  allzu  sehr  angewachsen  sind,  zu  entlasten; 
^'eichzeitig  aber,  um  gewisse  im  Einleitungsbande  dazu  enthaltene 
£fïesen  durch  eingehende  Erörterung  von  darauf  bezüglichen 
^inzelnheiten  heller  zu  beleuchten. 

Abgeschlossen  ¡st  freilich  kaum  eine  dieser  Randglossen.  Dazu 
'^àtte  ich  die  Geschichtsquellen  viel  genauer  durchforschen  ff/.ssen, 
^Is  es  mir  während  der  textkritischen  und  litteraturgeschic^tlichen 
Studien  zum  Liederbuche  mit  den  mir  in  der  eignen  ^'erkstatt 
^ud  in  nächster  Nähe  zu  Gebote  stehenden  Hülfsmitteln  möglich 
^3J".     Nur  als  Materialiensammlungen  wolle  man  sie  betrachten. 

Regen   dieselben   gerade   durch   ihre   Unfertigkeit   in  Spanien 

^der  wo  sonst   man   über   die  notwendigen  Urkunden-  und  Chro- 

uikensammlungen  verfügt   zu  Widerspruch  und  Ergänzung  an,    so 

^st    die  Zeit   und  Mühe,    die   ich   an   den   spröden  Stoff  gewendet 

uabe,  keine  verlorene  gewesen. 

^  Der  Anfang  {Randglosse  I:  Der  Ammenstreit)  erschien  1896  in  Zeit- 
Schrift  XX,  145  ff.  —  Weiteres,  über  die  32  oben  genannten  Stoffe  hinaus, 
wd  nachfolgen. 

Z<itichr.t  rookPhiL  XXV.  9 


130  CAROLINA  MICHAELIS  DB  VASCONCELLOS, 

Dafs  ich  dem  Leser  die  erläuterten  Texte  der  Regel  nach 
vorführe,  so  wie  ich  sie  nach  langem  Umgang  damit,  leider  aber 
ohne  CV  und  CB  vor  Augen  zu  haben,  zu  restaurieren  vermag, 
wird  man  billigen,  da  ja  eine  brauchbare  kritische  Ausgabe  des 
Gesamt -Liederbuches  noch  nicht  vorliegt  Desgleichen  dafs  ich 
selbst  einiges  Garstige  nicht  umgehe,  wenn  es  zur  Feststellung  der 
Wahrheit  beiträgt 

Ich  beginne  mit  Liedern  Âlfons'  X.  oder  auf  ihn  bezüglichen, 
weil  er  als  König,  als  Gelehrter,  als  Mensch  und  als  Dichter  an- 
gleich tieferes  Interesse  verdient  als  alle  übrigen  Troubadours  zu- 
sammen. 

Cesare  de  Lollis,  der  sich  mit  den  profanen  Gedichten  des 
Kastilianers  in  erspriefslicher  Weise  beschäftigt  hat,  und  Ernesto 
Monaci,  dem  wir  die  erste  Erschliefsung  der  Liederbücher  ver- 
danken, seien  diese  Blätter  gewidmet  —  aus  Dankbarkeit  für  ihre 
Leistungen,  aber  auch  mit  der  ausgesprochenen  Absicht,  sie  zur 
Veröffentlichung  der  ganz  unentbehrlichen  Lesarten  aus  dem  Can- 
cioneiro  Colocci-Brancuti  und  damit  zur  indirekten  Bestätigung 
oder  Verurteilung  meiner  Restaurations-  und  Interpretationsversuche 
zu  bewegen. 

U.    £in  Mantel-Lied. 

So  aufserordentlich  sorgfaltig  Cesare  de  Lollis  seine  Unter- 
suchung über  die  uns  leider  in  beklagenswert  schlechtem  Zustande 
erhaltenen  weltlichen  Gedichte  des  gelehrten  Alfons  von  Kastilien 
auch  geführt  hat,^  so  werden  dieselben  doch  noch  für  lange  Zeit 
Anlafs  zu  Erörterungen  und  Berichtigungen  hergeben.  Auch  zu  Nach- 
trägen, da  keineswegs  alles  Nötige  von  dem  italienischen  Gelehrten 
in  Betracht  gezogen  worden  ist  Abgesehen  von  den  zahlreichen 
Liedern,  in  denen  ein  Rey^  ohne  Angabe  seines  Namens  und  seines 
Reiches,  vorkommt,^  sowie  von  den  seltneren,  wo  etwas  bestimmter 
ein  König  Alfons,  ein  König  von  Kastilien,  ein  König  von  Leon 
und  Kastilien  erwähnt  wird,  scheint  mir  besonders  erwägenswert, 
wer  jener  Rey  oder  Senhor  —  Rey  don  Affonso  —  gewesen  sein 
mag,  der  in  einigen  unbeachtet  gelassenen  Tenzonen  als  Dichter 
auftritt 


^  Cantigas  de  Amor  e  ¿Le  Maldizer  de  Alfonso  el  Sabio,  Rè  di  Castigìia 
in  Stud,  FU.  Rom.  vol.  I  31—66  (1887). 

s  CV  37.  45.  157.  834.  347.  419.  420.  422.  424.  458.  466.  606. 
50e.  5ie.  520.  534.  553.  572.  578.  587.  609.  613.  68L  632.  638.  684. 
638.  639.  707.  708.  752.  755.  756.  758.  759.  863.  854.  886.  910. 
915.  921.  932.  947.  953.  962.  963.  1015.  1024.  1032. 1036. 1087. 1088. 
1043.  1053.  1054.  1082.  1084.  1103.  1131.  1143.  1157.  1172.  1175.  1184. 
U86.  1189.  U93.  1202.  ~  CB  104.  464.  466.  476.  1606.  1612.  1614. 
1516.  1518.  1520.  1521.  1524.  1525.  153L  1632.  1638.  1660.  —  Ohne 
Scheidung  solcher ,  in  denen  von  Königen  von  Portugal  (Sancho  II.,  Al- 
fons ni.,  D.  Denis,  Alfons  IV.),  Kastilien  und  Leon  (Ferdinand  m.,  Al- 
fons X.,  Sancho  IV.,  Alfons  XI.)  oder  Aragon  (Jaime  I.)  die  Rede  ist. 


RANDGLOSSEN  ZUM   ALTPORT.  LIBDEltBUCH.  I3Í 

Drei  einschlägige  Stücke  (CB  886,  CV  U68,  CB  867)  habe 
ich  bis  jetzt  untersucht  und  spreche  sie,  nach  eingehender  Ueber- 
legungy  Alfons  X.  zu.  Das,  welches  wir  als  Mantellied  bezeich- 
nen dürfen  y  ist  überschrieben: 

Vaasco  Gil  fez  esta  cantiga^  d^escamV^  e  de  maldizer. 

Es  lautet:  ,  , 

(I.) 

Rei  don  Alfonso,  se  Deus  vus  pardon, 
d'  etto  vus  venho  [ora]  preguntar 
[e  peco]  qne  panhedes  de  mi  dar 
tal  recado  qne  seja  con  razon: 
5     ¿Qnen  dà  sea  manto,  qne  Ih'  o  guard'  alguen, 
e  Ih'  o  non  dà  tal  qual  o  den,  por  én 
que  manda  [én]  o  Livro  de  Leoni 

tfDon  Vaasco,  eu  fui  ja  clerizón 
e  degredaes  soia  estudar: 
IO    enas  escolas  n  soia  entrar 
dos  maestres  aprendi  tal  liçon: 
que  manto  d'  outren  non  filhe  per  ren  ; 
mais  se  o  m'  eu  melhoro,  faço  ben 
e  non  sOo  por  aquesto  ladrón." 

15  Rei  don  Alfonso,  ladrón  por  atal 

en  nulha  terra  nunca  chamar  vi; 

nen  vos,  senhor,  non  o  oístes  a  mi, 

ca  se  o  dissesse,  diria  mal. 

Ante  tenho-[o]  por  trageitador 
20    —  ¡se  Deus  mi  valha!  nunca  vi  melhor  — 

qnen  assi  toma  pena  de  cendal. 

„Z>0fi  Vaasco,  dizer-vus  quer'  eu  al 
d'  aqueste  preito  que  eu  aprendi: 
oi  dizer  que  tragdtou  assi 
25    ja  üa  vez  un  rei  de  Portugal: 
e  p>or  se  meter  por  mais  sabedor 
ouv(e)  un  dia  de  trageitar  sabor  . .  . 
fez-se  cavaleiro  do  Espita!."  /Q3  X612  =  886.) 

Lesarten,  die  ich  berichtigt  habe:  i  cätiga  —  2  edescarnhe  —  Z.  3 
venho  preguntar  quer  ora  punhade  —  7  Solche  pleonastische  Wiederholung 
von  ¿n  ist  nichts  Seltnes;  doch  könnte  man  auch  lesen:  que  manäa{n)  eno 
tíuro  de  Leon?  —  8  derhon  —  ^  E  degreda  —  i^  o  m*  eu  mit  ethischem 
Dativ?  oder  o  meuì  Mir  scheint  die  erste  Deutung  einen  passenderen  Sinn 
zu  enthalten  —  17  vistes  würde  besser  ins  Versmafs  passen  —  22  ^rea  al  — 
2^  fei  —  Die  üblichen  Schlufskadenzen ,  in  denen  das  Facit  gezogen  zu 
werden  pflegt,  fehlen. 

Don  Vasco  Gil  hat  in  den  Händen  eines  Königs  Alfons  seinen 
Mantel  belassen.  Wie  er  sagt,  zur  Aufbewahrung.  Nehmen  wir 
an,  da  man  einem  König  doch  nicht  so  ohne  weiteres  seinen  Um- 
hang zum  Aufheben  ûbergiebt,  dafs  er  sein  Eigentum  dem  Herrscher 
zum  leiblichen  Schutze  ausgeliefert  hat,  im  Feldlager,  auf  der  Jagd, 

9* 


»32 


CAROUNA    MICBAKLIS    DE   VASCONCELLOS, 


bei  Unwetter  oder  aber  zum  moralischen  Schutte  bei  irgend  eineitt 
nächtlichen  Abenteuer.  —  Daraus  ersieht  man,  dah  er  zu  dea 
Vertrauensmännern  des  Monarchen  gehörte  {PrivaJos  oder  VaÜdos). 
Ein  solcher  aber  wufste  auch,  wie  willkommen  dem  musenfreund- 
licben  Monarchen  eine  lustige  gereimte  Behandlung  jedweden  Vor- 
kommnisses zu  sem  pflegte.  Darum  wirft  der  Höfling  scherzend, 
ais  er  das  Kleidungsstück  in  veränderter  Gestalt,  anscheinend  neu 
hergerichtet,  zurück  erhält,  die  Frage  auf:  „Wenn  lüner  Knem  den 
Mantel  borgt  und  erhält  ihn  nicht  so  zurück,  wie  er  ihn  her- 
gegeben hat,  mit  welcher  Strafe  belegt  ihn  dann  das  leonesische 
Buch?"  —  „Zwar  habe  ich  in  Scholarentracht  dereinst  Decretalicn 
studiert  und  von  den  Magistern  gelernt,  man  solle  Niemand  seines 
Mantels  berauben.  Dafs  aber  ein  Dieb  sei,  wer  ihn  verbessert, 
das  habe  ich  nicht  gelernt."  —  So  ungefähr  lautet  des  Königs 
Antwort.  Das  Wort  Dieb  weist  der  Vertraute  des  Herrschers 
natürlich  zurück.  Vielmehr  nenne  er  den  einen  Tausendkünst- 
ler, der  es  verstehe,  Zindel  in  Pelzwerk  zu  verwandeln.  Als  histo- 
risches Beispiel  ähnlicher  Taschen  Spielerei  wird  datin  noch  auf 
einen  König  von  Portugal  hingewiesen,  der  einst,  aus  Schlauheit, 
den  Hospitaliter-Mantel  angelegt  habe.  — 

Dunklen  Stoffs  genug  für  den  Kommentator.  Zu  viel  sogar 
für  einen,  der,  den  Quellen  nahe  und  doch  so  fern,  über  so  dürf- 
tige historische  Hülfsmittel  verfügt  wie  ich.  Eine  Ueberzeugung 
drängt  sich  freilich  sofort  auf.  Ein  König  Alfons,  zu  dem  von 
Gesetz  und  Rechtspflege  gesprochen  wird,  und  der  selbst  auf  seine 
kirchenrechtlichen  Studien  Bezug  nimmt,  kann  kein  andrer  sein 
als  der  gelehrte  Schöpfer  des  encyklopädischen  SeUnario,  des 
Fuem  Real  mit  den  IVuet'as  Ltyes,  des  Espejo  de  lodos  ¡os  derechos, 
sowie  der  berühmten  Süle  Partidas  —  der  eifrige  Förderer  der 
Universität  Salamanca,  und  zu  gleicher  Zeit  der  fruchtbarste  Poet 
seiner  Tage. 

Trotzdem  mufs  der  Nachweis  erbracht  werden.  Das  livro  dt 
Leon,  der  portugiesische  Koni g-ffpj^/ïii/i'/ir,  cendal  váa  pena,  maestres 
wie  degredats  geben  aufserdem  noch  zu  suchen.  Ob  auch  zu 
finden? 

Zunächst,  was  wissen  wir  über  den  in  so  vertrauten  Beziebungea 
zu  König  Alfons  stehenden  D.Vasco  Gil,  der  sich  in  dieser  Ten- 
zone rechtsbeflissen  zeigt,  und  vom  Partner  an  eine  portugiesische 
rechtskräftige  /a{aiiha  erinnert  wird?  Der  König  giebt  ihm  den 
¿Jon-Titel.  '  Und  da  die  Tenzone  zwar  eine  scherzhaft  spöttelnde, 
aber  doch  mafs-  und  formvoll  ist,  müssen  wir  die  darin  enthal- 
tenen Angaben  für  whkliche,  nicht  aber,  wie  in  einigen  schmähenden 
Streitgedichten,  in  denen  Spielleute  wie  Pero  da  Ponte  und  Lo u- 
renço    gehänselt   werden,    für    Persiflage    halten.'     Jener    Hinweis 

II  IdiJm  fi^t  derselbe. 


I 


I 


RANDGLOSSEN   ZUM    ALTPORT.  LIEDERBUCH. 


133 


sowohl  wie  der  Name  Vaasco  deutet  auf  einen  vornehmen  Portu- 
giesen. Nur  von  einem  solchen  berichten  aber  die  Adelsbücher 
der  Troubadour-Epoche,  und  nur  ein  solcher  tritt  als  Dichter  in 
den  Cancioneiros  auf.  Er  gehört  zu  einer  jener  kleinen  Dynastien 
aas  der  Nordprovinz  [Entrt  Doiro  e  Minho),  die  in  den  ersten 
Jahrhunderten  den  Regenten  ihr  Herrscheramt  sb-eitig  machten. 
I  Sein  Vater  ist  der  alte,  zu  Pombeiro  begrabene  Landgraf  Gil 
I  Vas^tus  dt  Savtrosa,  der  von  1200  bis  gegen  1240  am  portugie- 
sischen Hofe  unter  drei  Königen  eine  der  vornehmsten  Rollen  ge- 
spielt hat,'  zulelït  als  einer  der  wenigen  treuen  Berater  und  Kriegs- 
genossen Sancho's  11,2  £in  Halbbruder  somit  des  Recken  D,  Marlim 
Gil.  des  vietgehafslen  Vertrauten  jenes  Monarchen,  als  dessen 
KAmpe  er  im  J.  1245  die  Schlacht  bei  Porto  gegen  die  Partei 
der  Bischöfe  und  des  Grafen  von  Boulogne  leitete  und  gewann. 
Während  dieser  D,  Martim  Gil  aus  der  ersten  Ehe  des  alten  Egi- 
áitíi  IV/amoder  Valasquiz  mit  D.  Maria  Ayres  de  Fornellos  stammt' 
—  und  somit  den,  ihrer  ersten  Jugendliebe  zu  Sancho  1.  entsprosse- 
nen Königssobn  D.  Martini  Sanches  seinen  Halbbruder  nannte*  — , 
ging  Vasco  Gil  aus  der  zweiten,  bzw.  dritten  Ehe  mit  D.  Sancha 
Gonvalves  d'  Orvaneia^  hervor,  die  man  um  1210  wird  ansetzen 
dürfen  (spätestens).  Durch  noch  eine  Ehe  mit  einer  Giroa.  sowie 
durch  eine  seiner  zahlreichen  leiblichen  Schwestern  —  D.  Teresa 
Gi! ,  die  in  der  Königsburg  zu  Leon  längere  Zeit  als  Favoritin 
Alfons'  IX.  thronte,  während  eine  der  Bas  tard  löchler  dieses  Paares 
später  im  Palast  Alfons'  X.  glänzte,  und  eine  andre  im  Nordosten 
der  Halbinsel  im  Stamroschlofs  der  Herren  von  Cameros  regierte"  — 

>  Mon.  Lus.  XV  e.  4;  XVI  e.  >!.  —  Hercnlano,  Hai.  Port.  Il  358.  388. 
495.  4g6.  —  In  den  Jahren  tljj  — 1140  war  Gil  Vasque«  ädtlhalter  von 
Sonsa  {ttnens  Sausam,  s.  Mia.  Lui.  tV,  Escríl.  XIV);  [I40  gehörte  er  noch 
tn  den  LehendeD.  —  Seinen  Namen  liest  man  unter  lahJreichen  der  in  den 
P.  M.  U.i  Leges  351—630  mitgeteillen  Urkunden,  nämlich  unter  fast  allen 
von  Alfons  II.  bcGtätigten  OrUrechien. 

*  Wählend  der  Mindeijähriglieit  dea  Monarchen  war  er  ein  gewslt- 
ihiliger  LSndetusurpator  gewesen.  —  S.  Here.  II  joo — 506  and  Nova  Maäa 
I  \  17s  und  n  {  187. 

*  Dies  Biiadnî»  mus  vor  1200  geschlossen  worden  sein. 

<  D.  Martim  äancbes  verliels  Faringal  1211,  beim  Ableben  seines  Vaters, 
um  «ich  dem  Hasse  des  Thronerben  lu  entliehen.  Am  leonesischen  Hofe 
kam  er  natârlich  ca  hohen  Ehren,  und  ward  mit  drei  oder  vier  Grafschafien 
belehnt:  IZT9  verwaltete  ei  LJmia  und  Sarria  (lUsco,  Hist.  Leon.  Ap.  6 
|i.403):  1122  Limia,  Toronho  und  Monlenegro  (¿i/.&i^r.  XLI  Ap.  29  P- 3S7). 
Dlis  er  auch  Tiastimar  regierte  und  freihcTrlich  einem  (¡»Hiziscben  Adligen 
SbenDlwottele,  wird  Jm  Gnfenbuch  (P.  M,  H.:  Serif  I.  igS.  194)  behaaptet, 
nod  von  den  meisten  spateren  Geschichtsschreibern  wiederholt,  i.  B.  von 
Doaite  Nunes  de  LeSo  in  seiner  Genealogia  (Schott,  Hisp.  Itlustr.  II  1257). 
Vtm  »einen  Kriegsthaten  und  dem  ritterlichen  i'inii,  den  er  an  den  Tag  legte, 
wenn  er  gegen  Portugal  211  Felde  ziehen  murste,  berichtet  der  Graf  von 
Barcellot  (Script.  1.  c).  —  Lucas  von  Tuy  gedenkt  de«  Sieges  bei  Tejada 
(Schott  IV  1 14),  der  in  die  letzten  glorreichen  Tage  Alfoni'  IX.  fallt.  Vgl. 
anch  Bsp.  Sagr.  XXX VT  App.  p.  142. 

>  Orbaiulia  in  lai.  Dokun 


L 


Vgl.  Randglosie  XI  und  CA  Kap.  VI  I 


r.58. 


3 


134  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELIX>Sy 

waren  die  damals  üblichen  Verbindungen  mit  den  ausländisdien 
Dynasten  und  Vasallen  hergestellt^  —  An  der  Seite  des  Vaters 
und  des  älteren  Bruders  erscheint  Vasco  Gil  am  portugiesischen 
Hofe.2  Als  Valascus  Egidii  unterzeichnet  er  1238  einen  Ausgleîdi 
zwischen  dem  König  und  dem  Bischof  von  Porto,  D.  Pedro  Sal- 
vador.3  Dafs  er  im  Bürgerkrieg  die  Schicksale  des  Bruders  teilte, 
für  seinen  rechtmäfsigen  Herrn  das  Schwert  zog,^  bei  dessen  Sturze 
ihn  nach  Kastilien  begleitete,  ebendort,  während  Sancho  als  hülsen- 
der Mönch  den  kurzen  Rest  seines  Lebens  zu  Toledo  verbrachte, 
in  der  Nähe  des  kastilischen  Thronerben  am  ruhmreichen  andalu- 
sischen  Feldzug  mitwirkte,  ist  mehr  als  eine  blofse  Vermutung. 
Vasco  zählt  nämlich  zu  den  300  AdUgen,  unter  welche  Alfons  X. 
nach  seinem  Regierungsantritt  die  1248  eroberte  Stadt  Sevilla  ver- 
teilte.^ An  Macht  und  Ansehn  hat  er  jedoch  dem  Martim  Gil 
den  Rang  nicht  abgelaufen.  Während  jener  in  Elastilien  verschie- 
dene Schenkungsurkunden  unterzeichnet  —  z.  B.  25.  Mai  1 254  die 
Urkunde,  durch  welche  die  Ortschaften  Cabra  und  Santisteban  an 


^  Script,  176.  197.  293.  Die  daselbst  verzeichneten  genealogischen  An- 
gaben sind  nicht  frei  von  Widersprachen.  Das  zur  Kenntnis  der  Tronbidoiir- 
Epoche  Wesentlichste  ist  folgendes. 

Aus  der  ersten  Ehe  des  Alten  von  Soverosa  mit  der  verlassenen  Greliebten 
des  Königs  gingen  Martim  Gil  und  Teresa  Gil  hervor.  Das  Uifro  Velho  (153) 
nennt  noch  einen  FemSo  Gil,  den  das  Ldvro  do  Conde  als  Sohn  zweiter  Ehe 
bezeichet  Martim  Gil  vermählte  sich  in  Leon  mit  einer  Castro,  aus  dem  Ge- 
schlecht der  Pertigueiros  de  Santiago,  Von  ihnen  stammt  der  erste  Herr  von 
Albuquerque  ab.  —  Teresa  Gil,  die  mit  dem  Bruder  121 1  nach  Leon  aber- 
siedelte, schenkte  dem  unverwüstlichen  Alfons  IX.  vier  oder  fünf  Kinder: 
darunter  Martim  Affonso,  der  einer  portug.  Sousa  die  Hand  reichte  und  Maria 
Affonso,  mit  welcher,  als  junger  Wittwe  des  Alvaro  Femándes  de  Lara  „o  que 
jaz  em  Fiteiro"  (cf.  Rod.  Toi.  IX  e.  9),  Alfons  X.  Beziehungen  anknüpfte,  denen 
das  Königskind  Bringueira  entstammt  (vgl.  Randglosse  X). 

Zu  den  Kindern  aus  zweiter  Ehe  mit  Sancha  Gonçalves  d*  Orvaneia  — 
im  Uvro  Velho  {Script,  176)  kommt  sie  erst  in  dritter  Reihe  —  gehört  aafser 
unserm  Vasco  eine  D.  Guiomar,  und  ein  Manrique  (im  Livro  Velho  Anriçue), 
von  dem  weiter  unten  die  Rede  sein  wird  (  Anm.  5). 

Die  dritte  bzw.  zweite  Gemahlin,  die  Spanierin  Maria  Gonçalves  Giron, 
brachte  der  Familie  einen  Zuwachs  von  weiteren  fünf  Kindern,  von  denen 
nur  eines,  D.  Dordia  (d.  i.  Dordea  =  Dorothea),  fur  onsere  Untersuchungen 
in  Betracht  kommt. 

Mit  ihr  und  der  Halbschwester  Guiomar  beschäftigt  sich  Jo3o  de  Gui- 
1ha de  im  37.  Liede  des  CV,  das  ich  am  Schlüsse  mitteile. 

»  Here.  II  358  und  496. 

'  Diss,  Chron.  IV  2  App.  No.  3. 

*  In  einem  Kampfe  unweit  Leiria's,  über  den  nichts  Näheres  bekannt 
ist,  geriet  er  1245  oder  1248  in  Gefangenschaft. —  Here.  II  412  Ajun.  2:  414 
und  425. 

*  Mon.  Lus.  XV  e.  4  nennt  in  der  Liste  der  portug.  Sevilla  -  Streiter, 
gleich  nach  dem  Infanten  D.  Pedro,  unsern  D.  Vasco  Gril  und  seine  Bruder 
Manrique  und  Joäo.  —  In  der  Urkunde,  wie  D.  Pablo  de  Espinosa  sie  in  der 
Segunda  Parte  de  la  Historia  y  Grandeza  de  la  Gran  Ciudad  de  Sevilla 
druckt  (1630),  steht  der  Infant  unter  den  Fürsten  (f.  i),  die  drei  Brüder  Gil 
aber  gleich  zu  Anfang  der  portug.  Ritter,  unter  welche  Gelmus  verteilt  wurde 
(f.  7V).  Zu  den  Granden,  welche  1250  das  Fuero  de  Sevilla  unterzeichneten, 
gehört  er  nicht. 


Ri^NDGLOSSBN  ZUM  ÂLTPORT.  UBDERBUCH.  I35 

Ubeda  fielen,  in  Gemeinschaft  mit  zwei  andern  portugiesischen 
Sevilla-Kämpfern^  — ,  kann  ich  wenigstens  Vasco's  Namen  unter 
solchen  Schriftstücken  nicht  nachweisen.  Und  ebenso  wenig  in 
der  Heimat,  wohin  beide  zurückgekehrt  zu  sein  scheinen,  nachdem 
des  Grafen  von  Boulogne  Thronrecht  mehr  als  durch  päpstlichen 
Machtspruch  durch  Sancho's  Tod  unumstöfslich,  und  weitere  Oppo- 
sition gegenstandslos  geworden,  momentane  Eintracht  Portugals  mit 
Kastilien  aber  durdi  Alfons'  III.  Ehebund  mit  einer  Tochter  ÂI- 
fons'  X.  hergestellt  war. 

Martim  Gil  finden  wir  seit  1255  in  der  Nähe  Alfons'  UL^ 
Von  Vasco  wissen  wir  nur,  dafs  er  sich  in  Portugal  mit  einer 
Tochter  des  D.  Fernand'  Eannes  (mit  dem  Zunamen  Che  ira)  aus 
dem  Geschlecht  derer  de  Riba  de  Vizela  e  de  Cambra,  ge- 
nannt D.  Froilhe  Femandes,  vermählt  hat^  Kaum  später  als  1 255, 
da  einer  seiner  Söhne,  als  er  1277  in  dem  von  neuem  entfachten 
Bürgerkriege  im  Kampfe  bei  Gouvea  fiel,^  bereits  ein  Töchterchen 
besáis,  D.  Guiomar  Gil  II.,  mit  welcher  sich  gegen  Ende  des  Jahr- 
hunderts ein  Joäo  Rodrigues  de  Briteiros  vermählte,  der  in  einer 
späteren  Randglosse  wieder  auftauchen  wird.^ 

Der  Zeitabschnitt,  in  dem  also  der  historische  D.  Vasco  Gil 
mit  König  Alfons  in  Kastilien  zu  dichten  Gelegenheit  gehabt  hätte, 
umfafst  die  Zeit  von  1247  bis  etwa  55.  Da  der  Fürst  jedoch  als 
König  angeredet  wird,  verkürzt  sich  die  Frist,  in  der  die  Tenzone 
entstanden  sein  muTs,  auf  die  ersten  vier  Regierungsjahre.  An 
Alfons  IX.  zu  denken,  dessen  Beziehungen  zu  den  Soverosas  laut 
S.  134  Anm.  I  ebenso  intime  waren  wie  die  Alfons'  X.,  ist  somit 
nicht  zulässig,  trotzdem  die  Bezugnahme  auf  das  Livro  de  Leon 
dazu  zwang,  ihn  zuerst  nicht  aus  den  Augen  zu  lassen. 

^  Nobl,  And,  II  c.  I .  Vgl.  ebenda  c.  9  die  Schenkungsurkunde  über  die 
an  Baeza  abgetretene  Torre  de  Gil  de  Olit.  Freilich  kann  es  sich  hier,  und 
in  allen  einschlägigen  Fällen,  auch  um  einen  andern  gleichnamigen  portug. 
Magnaten  handeln,  den  Sohn  des  Gil  Martins  de  Riba  de  Vizela.  Um  so 
mehr  als  in  der  letztgenannten  Urkunde  dieser  unmittelbar  vor  D.  Martim  Gil 
imterzeichnet. 

»  Here,  n  412.  —  P.  M.  H.:  Le^^âs  665.  683. 

»  Scrij^.  153.  176.  199.  295.  —  Cheira  wird  im  Spottlied  CV  1080 
erwähnt 

*  Nova  Malia  I  §  183;  Il  §  149.  198  u.  54.  —  Ueber  den  Bürgerkrieg 
gegen  Ende  der  Regierung  Alfons  III.  s.  Here.  Ill  150.  —  Mon,  Lus.  XV  c.4 
und  Script,  4:  Era  MCCCXV  feria  V<»  comissum  fuit  bellum  inter  Pet  rum 
stephani  de  thaauare  et  fernandum  alfonsi  de  Caambria  in  quo  belìo  ex  parte 
fernandi  alfonsi  (seines  leiblichen  Vetters)  nobilis  quidam  nomine  donus 
Egidius  ucdasci  solus  inter iit  et  nullus  alius  {Chron.  Conimbr.). 

^  Gil  Vasques  II.  war  mit  Aldonça  Annes  da  Maia  vermählt  (cf.  Nova 
Malta  I  §  235),  deren  Reize  Alfons  III.  bestrickt  haben  sollen.  —  Ein  andrer 
Sohn  des  Dichters,  D.  Martim  Vasques,  fìel  1286  bei  Alfaiates  an  der 
Seite  des  rebellischen  Alvaro  Nunes  de  Lara.  Script,  295  und  Mon.  Lus. 
XVI  c  5 1  (wo  übrigens  sein  Name  nicht  erwähnt  ist).  —  Eine  seiner  Töchter, 
Sancha  Vasques,  heiratete  Femam  Femandes  de  Lima  e  BaiSo,  mit  dem  Bei- 
namen Päo'Centeio  =  Roggenbrod.  Beider  Sohn,  D.  Joäo  Femandes  de 
Lima  —  des  Vasco  Enkel  also  —  vermählte  sich  mit  einer  Tochter  des 
Troubadours  D.  JoSo  d'Aboim. 


136  CAROLINA   MICHAELIS    DE   VASCONCELLOE, 

Die  fragende  Erwähnung  dieses  GeseUbnches,  gleichviel  ob 
das  Fuero  Juzgo  oder  das  Fuero  de  Leon  gemeint  ist,  in  die  Zeit 
1252 — 55  zu  verlegen,  geht  auch  darum  sehr  wohl  an,  weil  sich 
der  König  gerade  damais  aufs  eifrigste  seiner  grofsartigeD  gesetz- 
geberischen ThätigVeit  widmete.  Noch  vor  1253  wurde  das  íuíro 
Real  nebst  den  Ä'uevat  Leyes  sowie  der  Espejo  de  todos  ¡os  derechos 
redigiert  (d.  h.  ehe  Alfons  den  Titel  de  Algarve  angenommen  hatte), 
worauf  von  1256 — 63  an  dem  umfassenden,  aXs  Stete  Partidas  inai' 
bekannten  Libro  de  ¡as  Leyes  gearbeitet  wurde. 

Noch  eioen  Zug  aus  dem  Leben  des  Vasco  Gii  vermag  ich 
imzufuhren,  der  dafür  spricht,  dafs  wir  ihn  mit  dem  rechtskundigen 
Poeten  identifizieren  dürfen,  der  König  Alfons  anredet.  Ursprüng- 
lich war  derselbe  nämlich  zum  Geistlichen  bestimmt  gewesen.  Wie 
das  Grafenbuch  angiebt,  halte  er  die  ersten  Weihen  bis  zum  Sub- 
Diaconus  empfangen:  fay  d'  epistola;  vertauschte  dann  jedoch  das 
lange  Gewand  os  longos  pannos  mit  dem  Ritterharnisch.  Gleichwie 
der  König  abet  hätte  er  dementsprechend  sagen  können; 
cu  hii  ja  clerizón 
e  degrcdaïs  soia  cstudar, 

denn  ein  Adliger  wie  er  hatte  Anwartschaft  auf  die  höchsten  Prä- 
lateowürden,  und  mufsle  regelrechte  Studien  absolviert  haben.* 

Anscheinend  könnte  man  zweic:rlei  unter  dem  Livra  de  Leon 
verstehen.  Das  Livro  Juzgo  imd  das  Fuero  de  Leon?-  Das  wesl- 
gotische  Gesetzbuch  blieb  bekanntlich  in  Leon  Jalirhunderte  lang 
rechtskräftig,  selbst  noch  nach  der  endgültigen  Vereinigung  von 
Löwe  und  Turm  unter  Ferdinand  111,,  ja  selbst  noch  nachdem 
Alfons  X.  seine  reformatorische  Thätigkeit  entfaltet  hatte,  in  dem  1 
idealen  Bestreben,  den  allmählich  den  Mauren  entrissenen  Pro- 
vinzen und  ihren  mit  Sonderrechten  verschiedenster  Art  privile- 
gierten Städten  und  Städtchen  ein  einheitliches  nationales  Recht 
zu  geben,  aus  römischen  Gesetzen,  Westgoten-Sitte,  Kirchen- 
satzungen und  dem  in  den  Foraes  und  im  Fuere  viejo  nieder- 
gelegten   traditionellen   Brauch    kunstvoll    in    einander    gearbeitet^ 

'  Aus  den  Scheoliunecii,  welche  Gil  Vasques  der  Alte  und  sein  Sohn  den  j 
Hospitalitem  und  speiiell  dem  ICIoslet  Pombeiro  zuwies,  darr  man  nicht  fot- 
gem,  dafs  der  Dichter  dem  Orden  zugehotle.  Zum  Teil  waten  dicselbrn 
nichts  als  Herausgabe  von  konlgl.  Sesitzlümetn,  welche  währrod  der  Minder- 
jährigkeit Sancbo's  U.  usurpiert  worden  wnren.  Das  gilt  i.  B.  von  der  Viltà 
de  Sesmires  e  toda  a  terra  de  yalles.  Der  Monarch  halte  dieielhen  seinem 
Kapellan  geschenkt;  dessen  Sohne  wurden  sie  vom  Herrn  von  So 
rissen,  der  sie,  als  es  zum  Sterben  kam,  den  l^Iospìtalìtern  vermachle.  Nova 
Malta  I  \  1E3  and  275;  11  9S.   149.  [87. 

'  Oder  noch  ein  drittes?   Ist  das  Liber  Legis  oder  Judicium  Legion       .    ^ 
das  in  §  1%  der  Cortes  de  Leon  v.  J.  118S  erwähnt  wird,  nur  dn  andrer  Name 
für   das  Fuero  Ju»goì     Oder   ist    darunter    eine    Sammlung    zu    verstehen,   in 
welche  die  bonos  mores,  façanhas,  d.  h.  Rechtssprüche,    eingetragen  wurden, 
die  iür  ipätae  Falle  als  Vorbild  dienen  sollten? 

■  Auch  was  der  Grnrskaniler  Kastiliens  in  seiner  Chronik  Peters  des 
Grausamen  zum  Juhre  1351   (c.  19)  berichtet,  verdient  Beachtung.    Der  Schi ult- 


e 

1 

I 
I 
I 


RANDGLOSSEN   ZUM    ALTPOKT.  UEDERBL'CH.  I37 

I  Bilan  erinnere  sich  ferner,  dais  das  Libcr  Judimm  audi  über  Leon 
bínaos  Galligkeit  erlangte;  dafs  noch  Ferdinand  III.  es  für  Car- 
mona  nnd  Cordova  in  die  Vulgürsprache  umsetzen  Iters,*  sowie  dafs 
es  etwas  später  auch  auf  Murcia  ausgedehnt  ward;  und  drittens 
dafs  im  gallizischen  Santiago  de  Compostella  und  allen  ihm  unter- 
stellten Orten  wenigstens  Appellation  an  das  Libro  gestattet  war.^ 

Seine  Gültigkeit  war  freilich  eine  stark  beschränkte.  Beschrankt 
eben  durch  das  aus  dem  Gewohnheitsrecht  hervorgegangene,  fur 
das  Volk  bestimmte  lÄvro  de  I^on,  welches  Alfons  V,  —  el  dt  los 
bumot  futrot  —  auf  der  lozo  nach  Leon  berufenen  Prälaten-  und 
Magnaten  Versammlung  redigieren  und  bestätigen  liefs.  Mit  seinen 
49  bedeutsamen,  wellliche  wie  geistliche  Bedurfnisse  gleichmäfsig 
berücksichtigenden  Dekreten  ward  es  rasch  mehr  denn  ein  blofser 
Freibrief  fur  die  Stadi,  ein  das  Fuero  Juzgo  z.  T,  vervollständi- 
gendes, z.  T.  ersetzendes  Corpus  juris  für  das  ganze  sich  dehnende 
ond  entwickelnde  Königreich*  und,  wie  der  ältere  Kodex,  hinaus 
über  die  eigentlichen  Grenzen  des  Landes,'  und  blieb  ea  bis  ans 
Ende  des   13.  Jhs.  nnd  noch  ins    14.  hinein  (bis  etwa   1356), 

Ich  meine  —  mit  dem  Vorbehalt,  der  sich  aus  S.  t  j6  Anm.  2 
ergiebt  — ,  dafs  die  Troubadours  dies  letztere  im  Sinne  hatten,^ 
nicht  aber  den  ja  auch  in  Portugal  herrschenden  Goten-Kodex 
alleÍTL  Zwar  wird  derselbe  in  den  alten  Handschriften  und  von 
den  Benutzern  bald  Libtr,  bald  Foi^um  genannt.  Der  Zusatz  de 
Leon  kann  jedoch  von  Rechts  wegen  nur  den  jüngeren  Kodex, 
und  zwar  vornehmlich  Kanon  20 — 48,  charakterisieren.  Dafs  man 
auch  diesen  unterschiedslos  bald  Über,  bald  Foro  genannt  hat, 
beweisen  zum  Ueberflufs  unsere  Cantigas. 

taxx  taotet:  E  llama-se,  en  Tolède,  Caíteílano  todo  aquel  que  ts  de  tierra 
dtl  stñario  dtl  Rey  de  Caitilla  do  non  se  j'uiga  for  el  Libro  jfutgo.  Deb- 
Elcichen  in  der  ahcn  Chronik  Atraas'  X.  (c,  9)  die  auf  des  Gelehrten  Ge- 
fclies^piegel  beiügliehe  .Stelle;  mandó  facer  el  fuera  dt  las  ¡eyii,  en  que 
aiummà  muy  brevemente  muchas  leyes  de  los  derechos.  E  dia  lo  por  ley  e 
per  fuero  a  ¡a  ciudad  de  Bürget  e  a  otras  cidades  1  villas  del  regno  de 
Castilla,  ca  en  el  regno  de  Leon  avian  el  Fuero  yuzgo  que  los  Godos 
avieron  fecho  en  Toledo. 

I  '  Schlfci,  Cesehiehie  Spaniens  II 412 — 41S;  Amador  de  loa  Rios  11410; 

I     Baist,   Gnindrifs  {  24. 

»  An  welches  Libro  die  Richter  von  Santiago  de  Compostella  appellierea 
■latlten,  ob  au  das  Fuero  de  Lean,  oder  an  das  Fuero  yutgo,  ist  noch  heale 
eine  Streitfrnge.  —  Zu  Esp.  Sagr.  XXXV  c,  V(niit  Anhang)  s.  Lopes  Fer- 
teifo,  Fueros  Municipales  de  Sanliage,   1895.  —  Cf.   Rev.  crii.  I  131. 

»  Rod.  Toi.  (+  1147)  sagt  von  ihm:  leges  gothicas  reparaiiit  et  alias  ad- 
didit  guit  in  regno  Legionis  etiam  hedie  BÖservantur  (V  I9.     Cf.  VI  9  u.  13). 

—  LnC.T0d.fl9:  Dedil  ei  bones  foros  el  mares  quoi  debet  habere  tarn  civitas 
quam  toíum  legionense  rignum  a  flumine  Pisuerga  usque  ad  extremam 
GaUaeciae  partem  in  perpttuum. 

'  Aguirrc.  Concilia  Bisp.  IV  386.  —    Marin«.   Ensayo   Hist.  Grit.  156. 

—  E,p.  Sagr.  XXXV  c.  V  u,  Ap.  lï  u.  16.  —  Aschbach,  Spanien  und  Per- 
tugi unter  Almeraviden  und  Almohadea  8.363.  —  Schäfer,  Gesch.  Span. 
n  414-  —  P-  M.  H.:  Leges  I  135. 

*  Die  leoDcsischen  Richter,  an  welche  appelliert  werden  durfte,  hiefsen 
Jueces  del  LOiro  y  del  Fuero. 


138  CAROLINA  MICHAELIS  DB  VASCOMCBLLOS, 

Der  Bezeichnung  livro  de  Leon  bedient  sich,  aufser  D.Vasco 
Gil,  noch  ein  gallizisch- portugiesischer  Dichter,  wie  ich  zeigen 
werde.  1  Vom  foro  de  Lean  sprechen  mehrere.^  Alle  natûrlidi 
ohne  des  Gesetzes  Inhalt  und  Wortlaut  genau  im  Kopfe  zu  haben; 
vielmehr  mit  dichterischer  Freiheit  in  Fällen,  wo  sie  ebenso  gut 
kurzweg  das  Gesetzbuch,  das  Gesetz  hätten  sagen  können  — 
eine  Verallgemeinerung,  die  bis  1255  begreiflich  ist^  — ,  und  länger, 
da,  wie  gesagt,  das  grofse  philosophierende  Hauptwerk  Alfons*  des 
Gelehrten  niemals  Anwendung  fand,  selbst  in  Kastilien  nicht 

Wo  ein  gallizischer  segrel  —  Affons*  £annes  do  Cotom, 
dessen  Hauptthätigkeit  sich  am  Hofe  Ferdinands  III.  und  Alfons'  X. 
abspielt  —  in  einem  burlesken  Schmutzlied  ausdrücklich  versichert 

pero  juro -vus  que  non  sd 

ben  este  foro  de  Leon, 

ca  pouc'  á  que  aqui  cheguei  * 

meint  er  nichts  als  „ich  kenne  die  Landessitte  hier  in  Leon 
nicht",  gerade  so  wie  ein  andrer  Dichter  einmal  a  for  de  Casiella 
im  Sinne  von  „nach  kastilischer  Art"  verwendet* 

Wo  hingegen  Ayras  Peres  Vuitorom,  der  eifrigste  Ver- 
teidiger Sancho's  II.,  der  mit  Vasco  Gil  sicher  bekannt  war,  von 
einem  zu  Unrecht  freigesprochenen  Verräter  handelt,  der  wegen 
aleiv^  e  iraiçon  nach  leonesischem  Gesetz  Todesstrafe  verdient  hätte,* 
und  auch  wo  der  Admiral  Pay  Gomes  Charinho  von  gewissen 
Vorrechten  redet,'^  ist  die  obige  Auslegung  nicht  statthaft 

Und  erst  recht  nicht,  wo  ein  andrer  Gallizier,  der  mittelalter- 
lich rüde  aber  lustige  Schelm  Joäo  Ayres  de  Santiago,  in  einem 
unsaubren  Spottliede  auf  das  Livro  de  Leon  verweist  Er  stellt  sich 
darin  liebeskrank;  klagt  die  Schöne,  die  an  seinem  Tode  Schuld 
ist,  des  Mordes  an  ;  und  verlangt  in  zweideutiger  Weise  Anwendung 
einer  die  Volksphantasie  naturgemäfs  erregenden,  grausigen  KriminaU 
bestimmung,  nach  welcher  der  Todschläger  im  Grabe  lebendig 
unter  seinem  Opfer  zu  liegen  kam:  sepeliaiur  vitms  ei  inier fectus 
super  eum  projiaaiur.^ 

Diese  Bestimmung  findet  sich  jedoch  keineswegs  in  dem  Texte, 
auf  den  der  Spötter  sich  beruft,  sondern,  auf  hispanischem  Ge- 
biete, in  den  Ortsrechten  von  Cuenca,  Sepulveda,  Baena,  Plasencia, 
und,   auf  portugiesischem,  ausschliefslich  im  forai  des  fränkischen 


*  Joäo  Ayres  de  Santiago.  CV  1076. 

«  Ayras  Peres  Vuiturom  OV  1096.  —  Affons' Eannes  do  Co- 
tom OVmS.  —  Pay  Gomes  Charinho  CV  1158. 

'  Nach  diesem  Datum  wurde  àd^s  fuero  real  verschiedenen  kastilischen 
Städten  verliehen  und  der  Espejo  oft  zu  Rate  gezogen. 

*  OV  1113.  —  Darin  handelt  es  sich  in  gröbster  Weise  um  das  Wort: 
Und  sie  soll  vom  Manne  gebären. 

»  CV  1028. 

"  CV  1096.  —  S.  am  Ende  dieser  Studie  den  Liederanhang  (3). 

7  CV  1158.  —  Es  bildet  den  Gegenstand  von  Randglosse  IIX. 

8  OV  1076.  —  S.  Uederanhang  (4). 


RANDOLOSSKN  ZUM   ALTPORT.  LISDERBUCH.  I39 

Ortes  Lourinhan  und  in  Marmelar.^  Im  Fuero  de  Leon  §  24  wird  hin- 
gegen, wie  schon  im  Westgotenrecht,  Mord  durch  eine  Geldsunmie 
gesühnt:  100 — 500  Solidos,  oder  die  Hälfte  der  fahrenden  Habe 
des  Missethäters;  und  auch  das  nur,  falls  derselbe  innerhalb  neun 
Tagen  ergriffen  werden  konnte. 

Eine  Bestimmung  über  den  Manteldieb  enthält  übrigens  das 
Fuero  de  Leon  ebenso  wenig  wie  das  Fuero  Juzgo,  Ich  würde 
eine  solche  eher  in  den  Aufiseichnungen  vermuten,  welche  die 
Grundlage  des  Fuero  viejo  bilden.^  Wem'gstens  findet  sich  die 
entsprechende  Verfugung  auf  portug.  Boden  in  einem  Âdelserlafs 
Alfons'  IIL  Siabelectmenio  em  como  as  casas  dos  filhos  d*  algo  devem 
ser  guardadas,     Sie  lautet: 

Item:  qaemqiier  que  filhar  capa  on  cerarne  ou  pele  ou  alguma  vesti- 
dura ou  cobertura,  peyte-a  en  dobro,  ataa  IX  dias.  E  se  o  nom  peytar 
fique  eno  consentimento  (sic!  —  statt  cousimento  :=  remaneat  in  causimento) 
do  meyrinho  e  peyte  a  mim  por  cada  huum,  dous  mará  vedis.* 

Den  Doppelwert  hat  der  königliche  Mantelempfanger  unsrer 
Tenzone  genau  genonunen  wohl  nicht  gezahlt  Jedenfalls  aber 
einen  höheren:  schweres  Pelzwerk  (pena)^^  an  Stelle  von  leichtem 
Seiden -Zindel  {cendal) fi  der  nur  für  bestimmte  Kleidungsstücke, 
wie  Frauenblusen  oder  -rocke,  den  Modeforderungen  entsprach,^  als 


1  Leges  448  u.  489.  —  Here.  IV  86.  461;  I  403. 

'  Ueber  das  traditionelle  Gewohnheitsrecht  des  kastilischen  Adels  siehe 
Lafuente  I  382. 

•  Leges  191,  —  Cf.  ib.  190:  Decretum  Domini  Regis,  Quicumque  acce* 
ferie  alicui  capam  zuramen  pellem  aut  aliquam  uestem  aut  aliquod  coope- 
rimentum  pectet  ipsum  in  duplo  usque  cui  nouent  dies,  et  si  iliud  non  pecta- 
uerit  remaneat  in  causimento  de  meirino  et  pectet  mihi  pro  unoquoque  II 
morabäinos.  —  Cf.  Äfon.  Lus,  XV  e.  13. 

•  Ueber  pennas  s.  Leges  192  — 196.  —  Vgl.  Randglosse  IV  u.  XIV. 

^  Wären  diese  Randglossen  speziell  für  Portugal  bestimmt,  so  mufste  ich 
aber  cendal,  tendal,  sindal  Längeres  und  Breiteres  mitteilen,  da  ein  so  gründ- 
licher Kenner  des  Mittelalters  wie  Gama  Barros  I  534  bekennt,  er  wisse  nicht 
was  das  im  Elucidario  fehlende  Wort  bedeute.  Da  ich  dem  Ausland  jedoch 
nichts  wesentlich  Neues  über  Stoff,  Farbe,  Wert  und  Verwendimg  zu  bieten 
habe,  verweise  ich  die  hiesigen  Forscher  auf  Fr.  Michel's  Recherches  sur  les 
Etojfes  de  soie  (Paris  1852)  und  P.  Meyer's  Anmerkungen  zum  Flamenca- 
Roman  ;  Du  Gange  s.  v.  cendalus,  sendadus,  —  Was  Portugal  betrifft,  so  sei 
nur  bemerkt,  dafs  cendal  auffallenderweise  in  der  Preistabelle  vom  J.  1253 
nicht  vorkommt,  wohl  aber  in  der  Kleiderordnung  Alfons'  IV.  Im  Lieder- 
buch begegnen  wir  ihm  in  CV  847  und  948  (in  Braga's  Ausgabe  auch  noch 
in  No.  1031);  bei  Alfons  X.  in  CM  282,  14.  —  Als  Futterstoff  steht  es 
meist  gegensätzlich  der  penna,  d.  h.  dem  Pelzfutter  gegenüber.  Wo  es  sich 
um  Wertangabe  handelt,  neben  Sammet  und  Purpur  oder  Scharlachtuch. 

•  CV  948:  £  pesa-m'  én  e  é  mi  mal 

que  Ih'  escamiron  seu  brial 

que  era  nov'  e  de  cendal. 
Im  unmittelbar  folgenden  Spottlied  wird  dasselbe  Kleidungsstück  als  brial  de 
Sevilha  bezeichnet  Aus  den  voranstehenden  (945 — 947)  haben  wir  erfahren, 
dafs  es  zur  Weihnachtszeit  einer  schönen  Infançda  geschenkt  worden  war. 
Wieder  ein  andres  Gredicht  (CV  796)  klärt  darüber  auf,  was  für  ein  Oberkleid 
der  Frauen -¿r¿a/  gewesen  sein  mufs. 


140  CAROLINA    MICHAELIS    DE   VASCONCELLOS, 

Schmuck  des  Mantels  eines  Rùo-hûmfm  aber  dem  Monarchen  miß- 
fallen, wenn  nicht  gar  gegen  einen  Paragraphen  der  Kldderord- 
nang  veratofsen  raochle.  Ich  sage  ais  Schmuck  (guarniçSo),  und 
stelle  mir  vor,  es  handle  sich  um  eine  Einrassung  —  wie  sie  die 
hochinteressante  Prdstabelle  Alfons'  UI,  vom  J.  1253  unter  cum  penna 
oder  scotada  cum  pernia  versteht.^ 

An  einen  Mantel  para  graph  en  wie  den  obigen  aber  dachten 
Alfons  X.  und  Vasco  Gil,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach.  Das  por- 
tugiesische Dekret  war  bald  nach  den  Corles  de  Gui  maraes  (1250) 
erlassen  worden.-  Den  entsprechenden  und  gewifs  vorbildlichen 
hispanischen  Text  vermag  ich  nicht  anzuführen,  zweifle  aber  nicht 
an  seinem  Vorhandensein  schon  vor  den  Cortes  de  Valiadolid  vom 
J.  1258.  Auch  eine  Art  Kleiderordnung  mufs  an  beiden  Höfen 
damals  erlassen  worden  sein,  mit  Ein  Eel  bestimmun  gen  ahnlich  den 
von  Alfons  IV.  verfügten. >  Das  schliefsc  ich  aus  einem  Spotl- 
liede  des  CV,  worin  einem  filzigen  Infan(on  von  demselben  alfon* 
sinischen  Troubadour,  der  sich  mit  den  Schwestern  unsres  Vasco 
Gil  beschäftigt  hat,*  vorgeworfen  wird,  er  übertrete  des  Königs 
Gebot  —  0  degredo  del  rey;  denn  dieser  habe  verfügt,  der  Mantel 
des  Iiifançon  solle  alle  zwei  Jahre  erneuert  werden,  er  aber  trage 
den  seinen  nun  schon  im  dritten  oder  vierten  Jahre. ■'^ 

Das  Studium  der  Dckretalien,  auf  das  König  Alfons  sich 
in  seiner  Entgegnung  bezieht,  könnte  man  mit  einiger  Wahrschein- 
lichkeit ¡n  die  Epoche  der  Vorarbeiten  zur  Gesetzes -Reform  ver- 
legen, in  der  die  Tenzone  entstanden  ist,  um  so  mehr  als  schon 
Ferdinand  111.  dieselbe  geplant  und  zu  ihr  angeregt  hatte.  Der 
Wortlaut  zwingt  jedoch,  an  vergangene  Zeiten,  also  an  des  Ge- 
lehrten Mocedades,  zu  denken.  Zwar  wurde  Salamanca  erst 
1254  (durch  die  Bullen  Papst  Alexander's  IV.  vom  25.  Mai,  13.  JuH 
und  I.  Oktober)  erweitert  und  den  drei  europäischen  Esludos  Gt- 
ntralei  —  Paris,  Oxford,  Bologna  —  gleichgestellt,  nachdem  Alfons 

'  Für  „Fuller"  wurde  forre,  für  „geiütterl"  áehraáo  gesagt,  Leges  I96. 
Von  der  gamaeha,  dem  tabardo  und  maulo  cum  penna  und  sine  penna  ist 
daselbst  mehrfach,  die  Rede.  Und  in  der  tmgedtucktcn  Verordnung  von  1340 
Imdet  sich  sogac  com  penna  ou  com  cendal  mit  Be^ug  auf  tabardo,  manto 
oder  pannos  (¡m  Sinne  von  „Aniug")  Duliende  von  Malen,  wo  auseinaDder- 
gesetit  iai,  welches  Tuch,  welcher  Schnitt  und  welcher  Bes^kti  dem  KSoig  uod 
der  Königs familie,  dem  Rico-homem.  dem  Cavalleiro,  Escudeiro  und  CidadSo 
erlaubt  war.  und  wie  oft  er  sich  beim  Schneider  neu  einkleiden  durfte.  Siehe 
Gama  Barros  I  533  —  536. 

»  Die  Haupldekrete  Alfons'  III.  über  seinen  eignen  Hautbalt  und  den 
seiner  Untetihanen  fallen  in  die  Zeit  von   1250— 1161  {Leget  igt  — 110), 

*  Es  wird  darin  unter  vielem  andetu  festgestellt,  der  Magnat  dürfe  sich 
jSbrIich  drei  Ancüge  com  penna  eu  cam  cendal,  der  Ritler  ihrer  xwei,  der 
Escudeiro  sich  jährlich  einen  neuen  Anzug  lem  penna  nem  cendal  lalegcn. 
—  In  der  ungleich  einfacheren  und  sparsameren  Zeit  Alfons'  III.  muíste,  dem 
AüKhein  nach,  ein  Anzug  selbst  dem  Rico-homem  und  Infanion  ganze  iirei 

*  Jolo  de  Guilhade.  CV  37. 

>  CVU03.     S.  den  Liederanhang  (5),     Vgl.  CVU09, 


I 


I 


K&MDGLOS5EK   ZUM    ALTPORT.  LISDERBÜCH.  I4I 

tvfci  Jahre  juvor  (g.  November  1252}  die  Staiuton  angefertigt  hatte, 
kraft  deren  er  vier  Lehrstühle  für  Juristerei  stiftete  und  reichlich 
dotierte.^  Doch  war  kanonisches  Recht  ebenda  schon  früher  in 
der  1 220  von  Alfons  IX.  errichteten  und  1 239  von  Ferdinand  III. 
erweiteiten  Theologie -Schule  von  ausländischen  Doctoren  gelesen 
worden.^  Und  nidit  minder  in  der  bereits  1209  zu  Falencia  unter 
minder  glücklichen  Auspicien  gegründeten  kastilischen  Akademie.^ 

Die  Selbslaussage  des  Königs  in  unsrer  Canzone  — '  brauchbat 
als  Beweis  dafür  dafs  er  Ihatsachlich  eine  Hochschule  besucht 
hat  —  zeigt  nicht,  ob  das  in  Leon  oder  Kastilìen  geschehen  ist; 
doch  hört  man  in  seinen  eignen  Liedern  und  in  denen  der  Zeit- 
genossen sowie  in  Prosawerken  des  1 3.  jhs.  immer  nur  von  acholas 
and  tieholarts  dt  Salamanca.^  Nie  aber  von  den  isiholat  de  Paienda, 
die  durch  das  rasche  Aufblühen  der  jüngeren  Schwester  bald  in 
den  Schatten  gestellt  wurden. 

Ob  des  Königs  Maestres  die  gleichen  gewesen  sind,  die  er 
später  zur  Ausarbeitung  seiner  Ideen  heranzog?  Mestre  Koldan? 
Jacome  RuiE?  Mestre  Mattin? 

Dafs  er  als  Student  das  Gewand  des  Klerikers  getragen  hat, 
darf  man  als  selbstverständlich  gern  glauben.  Qerizon  —  übrigens 
eine  hispanische,  keine  gal  lizisch- portugiesisch  e  Bildung^  —  benennt 
heute  den  Chorknaben  {monaaüo),  während  die  Scheideform  cUri- 
t«nU  allgemeiner  auf  denjenigen  angewendet  wird,  der,  ohne  ordi- 
nierter Priester  zu  sein,  in  geistücher  Tracht  einhergeht;  im  tadeln- 
den Sinne  auch  auf  den  Kleriker,  der  im  Aeufsem  und  im  Be- 
tragen den  Anforderungen  guter  Sitte  nicht  nachkommt.    Im  Portu- 


I 


'  Mando  e  tengo  for  bun  que  haya  un  maestro  en  Leyes  e  yo  le  ai 
quinientos  maraVtJís  Je  ¡a/aria  for  ei  año:  e  que  haya  un  Bachiller  Le- 
gista. Otrosí  mando  que  haya  un  Maestro  en  Decretos  e  yo  le  d¿  Ireieientot 
maravedís  cada  año.  Otrosí  mando  que  haya  das  Maestros  en  Decretales  e 
ye  que  les  di  quinientos  maravedí:  cada  año,  Ordeaanças  Reales  X  5t,  r 
io  den  Adieiotui  zur  Partida  II  31,  t — 1 1,  wo  Aaifübriicbcs  ñber  die  Esludios 
Generales  iteht. 

■  Vidal,  Memoria  Hist,  sobre  la  Universidad  de  Salamanca  I8Û9.  — 
Unga,  ffisl.  Univ.  1 76.  —  Lue.  Tud.  (m  Sdion  IV 1 13)  sagt:  Hic  [=  Adefansus 
Sex  L*gionti\  salutari  Consilio  evocatiit  magislros  peritisstmos  in  sacris 
Êtrifhiris  &•  constiiisü  sckolas  fieri  Salmantia. 

■  Luc.  Tnd.  {Scholt  IV  109)  Eo  tempore  (vor  der  Schlacht  bei  Lna  Navas) 
Hex  Adeftnsus  evocavi!  magistros  theologicos  et  aliarum  artium 
¡iberitlium  &•  Palintiie  ¡cholas  institua  procurante  reverendissimo  &•  nobi- 
ksiimo  viro  Telli'one  eiusdem  civitatis  episcopo.  Quia  ut  aniiquilas  re/eri, 
temper  ibi  viguit  scholaslica  sapientia,  viguit  &•  militia.  —  Rod.  Toi.  Vili 
í.  J4  ...  sapientes  a  Gallis  et  Italia  convocavit  ut  safientia  disciplina  a 
regna  suo  nunquam  abesset  et  magistros  omnium  facultalum  Palentia 
umgregavit  quibus  et  magno  stipendio  est  largùus:  ut  omni  Studium  cupienti 
quasi  manna  aliquando  in  os  infiueret  sapientia  cuiusiibet  faculialis.  Et 
licet  hoc  fuit  Studium  interruptum,  tarnen  per  Dei  gratiam  adhuc  durât 
(SchoW  H  uB).    \g\.  Risco  3BJ. 

'  CM  29L  Vgl.  Script.  185.  —  CV  410.  USI.  UB?  ist  von  einem  escolar 
die  Rede. 

*  Anch   dadoTch   ist   der   Reí   Don   Alionso    aU   KaitUier   gekena< 


142  CAROLINA    MICHAELIS   DB    VASCONCELLOS, 

gtesischen  diente  das  etilsprechende  cìttigon  vor«'Ìegend  sur  Be- 
iienDung  des  Scholaren,  dessen  longoi  pannos  geistlichen  Zuschnitt 
gehabt  haben  und  noch  heute  bewahren.' 

Nicht  dem  straffälligen  Manteldieb,  dem  geschickten  Gaukler 
will  der  Vasall  seinen  König  gleichstellen.  Das  für  denselben  vor- 
geschlagene Wort  tragtilador,  das  nicht  zu  den  verpönten  Schmäh- 
worten,  sondern  dem  usuellen  Volkswörterscfaatze  angehört,'  war 
und  ist  noch  heute,  neben  rsirugeiianle,  die  übliche  Bezeichnung 
für  den  Jongleur,  Taschenspieler  und  Nekromanten.^ 

Welcher  unter  den  vier  Königen  von  Portugal,  die  vor  1255 
zu  den  Toten  gehörten,  mag  dem  König  Alfons  als  Typus  des 
Muster-Gauklers  und  Mantel  tau  Sehers  vorgeschwebt  haben?  Die 
Antwort:  natürlich  der,  welcher  den  weifsen  Mantel  mit  dem  roten 
Kreuz  der  Hospttaliter  getragen  hat,  scheint  einfach;  und  ist  es 
doch  nicht,  bei  unsrer  erstaunlichen  Unkenntnis  über  da^  Leben 
der  altportugiesischen  Dynasten  und   ihr  Verhältnis  zu  den  Rjtter- 

Sancho  n.  (t  1248),  an  den  man  zu  allererst  denkt,  weil  eB 
der  einzige  ist,  von  dem  die  Geschichte  meldet,  er  habe  im  Leben 
wie  im  Tode  jenes  geistliche  Gewand  getragen,  dem  er  den  Zu- 
namen Capello  dankt,  ¡st  ausgeschlossen.  Alfons,  der  ihn  von  An- 
gesicht zu  Angesicht  gesehen,  ihn  von  Portugal  nach  Kastilien  ge- 
leitet und  das  Schwert  für  ihn  gezogen  halte,*  konnte  wenige 
Jahre  später  unmöglich  vergessen  haben,  in  weicher  ungewöhnlichen 
Tracht  der  im  Kriege  so  tapfre,  im  Frieden  lässige  Monarch  ein- 
herging.    Um   so  weniger   als   sein   Grabmonument,  das   ihn   als 


I 


*  In  fi-äi-eUrigon  (CV  lâOl)  hat  es  böse  Nebenbedeutung. 

*  Mit  Rectit  wird  im  Glossar  lu  den  Mariculiedem  des  Königs  das  proT. 
traigüar  Irasgicl  trasgilamens  neben  trasgeüo  CH  77  gestellt  (wniu  noch 
tragüader  käme);  mit  ITorecht  aber  wird  behauptet,  die  gal liziscbe  Farm  lei 
Lehngut.   Das  ¡st  sie  ebenso  wenig  wie  das  kastiliiche  trasechador  (Alex.  i8iï), 

'  Vgl.  OrdenafBts  Ag.  III  15.  18,  wo  vom  tragfitadvr  gehandelt  wird. 
Trageitoi  sind  alle  Gaukeleien  —  bei  Soropila  (16.  Jb.);  sabe  mais  tregeitos  qat 
Mm  cigano  — ,  aber  auch  spottende  GeberJen.  Im  allen  Gemeiad erecht  der  Sladt 
Evora  (iij.  Jh.)  findet  sich  i.  B.  ¡0  einet  kuriosen  Verordnung  äl>er  bo«e  Weiber- 
rungen (§  1 13  Renda  das  bravas)  die  Bestimmung;  t  mandarom  qus  nem  per 
trtgtytos  nem  per  remoquts  nem  fer  cantigas  se  nam  d^estem  [Dx.  Ebaf. 
I  150)  und  (Lb.  l8q);  E  fortm  urdtitou  e  mandou  que  dagui eitdianle  qualqver 
mallur  que  em  praça  ou  em  rua  . . .  deestar  per  pallavra  au  trtjeito  ou 
per  almara  (f  )  nu  em  remoque  . , .  pague  par  a  primeira  vet  50  rs.  ;  e  p«r 
a  segunda  seja  presa  e  da  cadia,  jaaendo  Ai  tres  dial,  fague  loo  rs.;  e  per 
a  terceira  ivi  seja  rrtfreada  e  degradada  pubricamente  com  0  frto  nH  btta 
fora  da  cidade  e  seos  termos,  atoa  merce  del  Rey.  —  Hente  ist  die  Wcndui^ 
Iregeilar  esgares  [^  Fraticn  schneiden,  Faicn  machen)  recht  beliebt. 

*  Die  portug.  Chroniken  belichten  nur,  Alfons  habe  ihn  geleitel:  E  des 
alii  emvÌDu  Rey  dorn  Sancho  polio  if  ante  dorn  ofomsa  filha  del  Rty  dorn  fer- 
nando de  castella,  e  de  leam,  e  el  foy  com  el  com  muy  gram  cauaUaria  t 
leuou  ho  consigo  pera  caltela  {Script.  Jt),  Andre  Schriftstücke  beweisen,  daA 
e*  1248  zum  Kampf  gekommen  ist.  Die  Cron.  Gen,  kann  ich  nicht  lu  Rate  | 
ziehen.     Das  ganze  Kap.  7  in  der  spanischen  Cron.  Alf.  ist  unbrauchbar. 


I 


RANDGLOSSEN  ZUM   ALTPORT.  LIEDERBUCH.  I43 

Franziskaner  mit  Kutte,  Kapuze,  Strick  und  Sandalen  zeigt,  in 
Toledo  vor  den  Augen  beider  Dichter  stand.  <  Unmöglich  konnte 
er  audi  von  Sancho  mit  aprendi  und  oi  dizer  berichten.  Und  ge- 
rade einem  der  treuesten  Vasallen  des  verleumdeten  Entthronten 
gegenüber,  dessen  Schicksal  den  König  so  ergriffen  hat,  dafs  er 
noch  im  Alter,  verlassen  nicht  nur  von  seinen  Vasallen,  sondern 
von  dm  eignen  Kindern,  ausrief: 

Nunca  assi  foy  vendudo 
rei  don  Sanch'  en  Portugal.* 

£s  muís  sich  um  einen  vor  Lebzeiten  oder  in  der  ersten 
Kindheit  Alfons'  X.  verstorbenen  handehi: 

Nicht  um  Alfons  IL  (f  1223),  den  harten  Bedränger  des 
Klerus,  der  sich  den  Hospitalitem  durchaus  nicht  geneigt  zeigte 
und  ihren  Uebergriffen  auf  dem  Gesetzeswege  entgegentrat' 

£s  bleiben  somit  nur  Sancho  L  (f  121 1)  und  Affonso  L  Hen- 
riques  übrig  (fu  85).  Beide,  besonders  aber  der  jüngere,  räumten 
dem  Orden  grouse  Freiheiten  ein  und  beschenkten  ihn  mit  Län- 
dereien und  Geldmitteln.^  Von  keinem  aber  wissen  wir,  dafs  er 
ihm  beitrat  Von  keinem  auch,  dais  er  dadurch  irgendwelche  Vor- 
tefle  hätte  erringen  können. 

Die  Frage  bleibt  also  ungelöst 

Die  unbestimmte  Form,  wie  der  tenzonierende  Monarch  seine 
Anspielungen    auf   eine   ihm    gerüchtweise    zu  Ohren  gekommene 


^  André  de  Resende  erzählt  in  seinem  Briefe  Ad  Barth,  Kebedum 
(p.  215),  er  habe  den  Entthronten  zu  Toledo  in  schemata  monachi  ex  divi 
Francìsci  in  quod  propensus  fuerat  institutum  gesehen.  —  Auch  der  Name 
Capello,  der  nicht  erst  im  14.  Jh.  im  Grafenbuch  auftaucht  {Script,  255),  son- 
dern schon  im  13.  ñblich  war  (ib.  21  u.  22  und  Cr<m,Alf,  c.  7;  cf.  Here. 
II  328)  und  von  den  Zeitgenossen,  wahrscheinlich  im  Heerlager  des  »»Grafen", 
wie  Alfons  III.  damals  hiefs  (CV  1088  u.  1080),  geprägt  worden  ist,  spricht 
deutlich  genug.  {Capeludos  und  Capuchos  =  Kapuziner  oder  Kapuzer  nannte 
das  Volk  später  die  Junger  des  Heiligen  von  Assisi).  —  Frei  Manuel  de 
Elsperança  in  seiner  Cronica  Serafica  I  4  e.  36,  S  3  und  D.  José  Barbosa  im 
Catalogo  das  Rainhas  p.  147  legen  den  Sachverhalt  verständig  dar.  —  Das 
Bestreben  des  unzuverlässigen  Nicolau  de  S.  Maria  nicht  nur  Sancho  II.,  son- 
dern auch  Sancho  I.  und  Affonso  Henriques  dem  Augustiner -Orden  einzu- 
reihen, hat  keine  historische  Grundlage  {thron,  dos  Conegos  Re gr antes) ^  ward 
aber  trotzdem  von  anderen  geteilt,  z.  B.  Anaceph,  99  ;  Aschbach  11. 

>  CM  285. 

»  Leges  170.  555,  718. 

*  Von  Affonso  Henriques  heilst  es  in  der  Chron,  Breve',  E  este  Rey 
dorn  affonso  começou  a  hör  dem  de  santiago  e  deu  a  o  esprital  de  Jerusalem 
oiteenta  mil  marauidis  em  our  o  pera  comprar  herdade  de  tanta  renda  per  que 
dessem  aos  enfermos  da  enffermaria  senJios  paäes  quentes  e  senhos  uasos  de 
uinho  porque  metessem  cada  dia  em  ora^om  este  Rey  dorn  affonso.  —  Im 
Grafenbuch,  wo  sic  mit  sachlichen  Varianten  und  natürlich  auch  in  veränderter 
Orthographie  erscheint  {Script,  255),  wird  noch  hinzugefügt:  e  deu  gramdes 
Uberdades  aa  dita  ordern  do  Espilai  no  priorado  de  Portugal,  Ueber  das 
Xhatsächliche  erhält  man  Auskunft  in  Gama  Barros'  trefflicher  Hist,  da  Ad' 
mmistracäo  I  367  ff.  —  Sancho  I.  schenkte  den  Hospitalitem  die  Feste  Belver 
(ib.  und  Mon,  Lus,  IX  e.  li).  —  Vgl.  Nova  Malta, 


144  CAROLINA   UICHAELI5    DE   VASCONCELXOS, 

Mantel-Anekdote  vorbringt,    berechtigt  jedoch   au    folgraider   Vei>l 
mutimg.     Sie   kann    den    einzigen    Fürsten  aus   dem    burgundísch-  ^ 
portugiesischen  Königshause,  der  thatsächlich  dem  Orden  angehört 
hat,    betreffen:    den    im   Jahre  1207  verstorbenen  XX.  Grorsmeister 
D.  AftonsQ    de    Portugal,    einen    Bastardsohn    des    ersten    und 
Halbbruder  des  zweiten  Königs.' 

Was  Wunder,  wenn  mehr  als  ein  halbes  Jahrhundert  nach  den 
Ereignissen  (1194  war  er  Meister  geworden)  die  Sage  sich  des 
abenteu erheben  cavalhiro  do  Espilai  aus  königlichem  Geblüle  be- 
mächtigte und  die  heute  unbekannten  Gründe  zu  seinem  Kinirilt  in 
den  Orden  als  Gaukelei  oder  gelungenen  Schelmenstreich  ge- 
deutet hätte,  ihn  obenein  noch  mit  seinem  gleichnamigen  Vater 
(D.  Aßbnso  1.)  verwechselnd? 

Der  Gedanke,  der  Mantel,  mit  dem  Alfons  X.  die  Dienste  des 
D.  Vasco  Gil  belohnt  hat,  sei  der  einem  Commmdador  do  Haspilal 
zukommende  gewesen,  liegt  nahe.^  Aber  pafst  dazu,  dafs  Pelewerk 
{pena)  an  demselben  zn  sehen  war? 

Im  Liederbuch  findet  sich  noch  eine  Tenzone  von  bitterböser 
Art,  in  der  ein  D.  Vaasco  mit  einem  unbekannten  Spielmann 
Pero  Martliz  die  Entartung  des  Ordens  geifselt.*  Auf  die  Frage, 
wer  Meister  {commendador)  in  der  Knauserei,  in  Lüge,  in  Unzucht 
und  in  der  Verleumdung  sui,  wird  zuerst  entgegnet,  der  Mal- 
dizenles  seien  an  die  tausend;  dann  aber  werden  die  hervorragend- 
sten in  den  übrigen  drei  Lastern  namhaft  gemacht.  Darunter 
ein  Don  Roy  Gil,  Ein  Prior  dieses  Namens  regierte  den  Orden 
von  123J  — 1244,  bestätigt  von  Sancho  II.'  1238  finden  wir 
D.  Vasco  Gil  in  dieses  Königs  nächster  Umgebung.  Kein  andrer 
D.  Vasco  tritt  als  Dichter  in  den  Liederbüchern  auf.  Die  Ten- 
zone ward  unter  den  Liedern  des  D.  JoSo  Scares  Coelho  auf- 
bewahrt,  der,  wie  unser  Poet,  sowohl  am  portugiesischen  als  auch 

'  Hisl.  Gin.  I  61.  —  Id  der  St.  Johanniskircbe  lu  Santsrem  (S.  Jolo  de  1 
AlpoiSo)  Isnitete  seine  Grabschtìft: 

In  ara  MCCXKXV  KaUnJji  Mariii  obiü  Frater 
Alphonstti  Magister  HospitaUt  BierusalaH. 
Quisquís  adts  qui  morte  cada  ferltge  plora 
Sum  quod  tris,  fueram  quod  es,  pro  me  precer  ora. 
Seit  1S4S  wird  der  Grabstein  im  Klastcrbor  von  S,  FrtuiciEco  aulbcwahrt.  - 
Andere  haben  gelesen:  Era  MCCXLK  X  A'ol.  MartÜ. 

»  CV1132. 

'  CV  1020. 

■  Figuetreilo,  Nova  Malla  I  256  u.  295 — 301:  11  §  15.  —  Die  Scbenkung  I 
von  Palmella,  Alcacer,  Cezîmbra  an  den  RitleTOcdea  von  Santiago  und  die 
von  Anoncheç  nn  Sanct»  Cnii  de  Coimbra  unleneiehnen  {i^iS  >""í  "3^) 
unter  andern  Rodericus  Prior  Hospüalis,  D.  Egid.  Velase!  lenrns  Sau- 
sam und  D.  Marl.  Egidii  Uneiis  Rlpam  Mimi,  d.h.  der  Vater  und  der 
Brader  des  Dichters.  —  Here.  II  495.  496.  —  Der  in  der  Temone  gteichfalli 
gegchmähte  Roy  Martina  könate  der  so  genaante  Commendador  de  Tavara 
lein,  der  noch  1251  in  der  Kühe  AI  fon;' lit.  auftritt  {Legis  190),  doch  be- 
sonders uDier  dem  Vorgänger  vod  sich  reden  laachte.  S.  Figueiredo,  JVona 
Malta,  Lish.  1800,  I  5  190. 


RANDGLOSSEN   ZUM  ALTPORT.  USDERBUCH.  I45 

am  kastiUschen  Hofe,  und  zwar  scheinbar  in  engen  Beziehungen 
za  den  hier  wie  dort  regierenden  Königen  nachgewiesen  ist  £s 
ist  also  sehr  wohl  möglich,  dafs  D.Vasco  Gil  Verfasser  der  Ten- 
zone ist  Doch  nur  möglich.  Und  stände  es  fest,  so  wäre  auch 
damit  weder  erwiesen,  dafs  der  Mantel,  der  den  Gegenstand 
dieser  Glosse  bildet,  zum  Ornat  eines  Hospitaliter-Komthurs  ge- 
hört hat,  noch  dafs  D.Vasco  Gil  wirklich  jemals  ein  soldier  ge- 
wesen ist 

Ans  den  übrigen  Versen  des  Vasco  Gil  ergiebt  sich  nichts 
über  sein  Leben  und  Wirken.  Weitere  Spottlieder  fehlen.  Seine 
Liebeslieder  aber  (CA  144 — 156)  sowie  das  einzige  erhaltene 
Mädchenlied  (CV  266)  unterscheiden  sich  durch  keinerlei  Sonder- 
zuge  von  denen  seiner  Zeitgenossen.  Ob  sie  in  Portugal  unter 
Sandio  IL,  oder  am  Hofe  des  Gelehrten,  oder  nach  der  Heimkehr 
entstanden  sind,  als  der  Dichter  um  D.  Froilhe  Femandes  warb, 
mofs  dahingestellt  bleiben.t 

Liederanhang. 

(2.)  OV87. 

JoSo  de  Gailhade. 

Deas!  como  se  foron  perder  e  matar 
muí  bSas  donzelas,  quaes  vos  direi: 
foi  Dordia  (7Íl[es]  e  foi  Graiomar 
que  prenderon  ordin!     Mais,  se  foss'  eu  rei, 
5     eu  as  mandaría  por  én  [a]  queimar 
'porque  foron  mund'  e  prez  desemparar! 

Non  metedes  mentes  en  quai  perdiçon 
fezeron  no  mund'  e  se  foron  perder? 
Com'  outras  arlotas  viven  na  raçon, 
IO    por  muito  de  ben  que  poderon  fazer. 

Mais  eu  por  alguen  ja  mort'  ei  de  prender 
que  non  vej'  e  moiro  por  alguen  veer. 

Outra  bOa  dona  que  pelo  rein'(o)  á 
de  bon  prez  e  rica  e  de  bon  parecer, 
15     se  mi -a  Deus  amostra,  gran  ben  mi  farà, 
ca  nunca  prazer  verei  sen  a  veer. 
¿Que  farei,  coitado?  moiro  per  alguen 
(que  non  vej'  e  moiro  por  veer  alguen) 
[(jue  ja  non  me  pode  fazer  nenhun  hen\, 

CV.  2  uiui  —  hoas  —  3  Oordia  gii.  Das  Patronymicum  hat  sich  nicht 
eingebürgert.  Um  die  fehlende  Silbe  zu  gewinnen,  wende  ich  die  Form  an, 
die  dem  lat.  Egidii  der  Urkunden  genau  entsprechen  würde.  —  7  pdicö  — 
%  feion  —  9  ar  Ilotas  —  racon  —  10  podom  foM  —  13  ouc  doä  —  Bey  no  — 

*  Danach  mufe  präcisiert  werden  was  in  Gröbers  Grundr.  üb  S.  109  und 
bei  Lang,  CD,  p.  XXVHI  und  XXXV  über  Vasco  Gil  ausgesagt  wird. 

Zdttchr.  t  rom.  PhiL  XXV.  10 


14^  CAROLINA  MÌCHASUS  Ì>£  VASCONCEIIX)^, 

i8  Die  reimlose  Zeile  ist  Wiederholnng  von  12.  Ein  offenbares  Sdireîber- 
versehen,  das  hoffentlich  durch  Einsicht  des  GB  zu  berichtigen  sein  wird  — 
besser  als  durch  meine  Konjektur. 

Mit  dem  naiv -häretischen  Inhalt  vergleiche  man  (CB  1628) 
die  Klagen  des  Grafen  Gil  Peres  bei  einem  ähnlichen  Anlafs.  Aos 
olhos  de  muttos  nao  tinham  talvez  grande  sabor  de  her  eticas  as  palavras 
do  trovador  J.  de  G.  quando  a/firmava  que  se  fosse  rei^  mandava 
queimàr  as  donzellas  Ordia  Gii  e  Guiomar  porque  se  foram  perder 
e  matar  em  religiäo  —  so  schliefst  Gama  Barros  seine  Darlegung 
der  Kloster -Entartung  im  14.  Jh.  und  der  Weherufe  des  Frei  Al- 
varo Paes.  —  Daför  dafs  auch  im  13.,  zur  Zeit  Guilhade's  und  des 
Vasco  Gil,  die  Sittenlosigkeit  der  Mönchs-  und  Ritterorden  Anlafs 
zu  Klagen  gab,  enthalten  die  Liederbücher  und  die  Adelsbûcher 
Beweismaterial  die  Masse. 

(3.)  CV1096. 

Ayras  Peres  Vuiturom. 

Joan  Nicolas  soube  guarecer 
de  mort'  un  om'  assi  per  sa  razón 
que  foi  julgad'  a  foro  de  Leon 
que  non  devia  de  mort*  estorcer. 
5     e  socorren -s'  assi  con  esta  lei 
„que. non  deve  justiça  fazer  rei 
en  ome  que  na  mSo  [non]  colher*." 

E  pois  el  viu  que  devi*  a  prender 
mort'  aquel  om'  assi,  disse -Ih'  enton: 
IO     „ponho  que  fez  aleiv'  e  traizon 
e  cousa  ja  per  que  dev'  a  morrer." 
Dizede  vos,  se  a  terra  leixar' 
que  me  non  achen  î  a  justiçar, 
¿se  poden  en  mi  justiça  fazer? 

I    Johan  incholas   —     4   demo  castorçer  —     5   e/a  correu  Jsajsy  — 
6  rustica  —    14  rusticar  —    14  poder  a, 

(4.)  cvi07e. 

JoSo   Ayras   de  Santiago. 

Ay,  Justiça,  mal  fazedes  que  non 
queredes  ora  dereito  fìlhar 
de  Mor  da  Cana  porque  foi  matar 
Joan  Ayras,  ca  fez  mui  sen  razón. 
5     Mais  se  dereito  queredes  fazer, 
eia  so  el  devedes  a  meter, 
ca  o  manda  o  livro  de  Leon, 

Ca  ihi  quería  gran  ben  e  des  i 
nunca  ihi  chamava  se  non  „senhor"' 
10    e  quando  Ih'  el  quería  mui  milhor, 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPOllT.  LÍSDBRBUCtí.  147 

foi  O  eia  logo  matar  ali. 

Mais,  Jostiça,  pois  tan  gran  torto  fez, 

metede-a  ja  so  el  Oa  vez, 

ca  o  mandan,  e  dereit'  é  assi. 
15  £  quando  mais  Joan  Ayras  cuidon 

qne  onvesse  de  Mor  da  Cana  ben, 

foi  o  da  logo  matar  por  ¿n 

tanto  qne  el  en  sen  poder  entrón. 

Mais,  Jnstiça,  pois  qne  assi  ¿  ja 
20    metan -a  so  el,  et  padecer -á 

a  qne  o  a  mni  gran  torto  matou. 

£  qnen-nos  ambos  vir*  jazer  dirá: 

„beeito  sej(a)  aquel  que  o  julgou". 

3  In  Zeile  16  steht  caiia.  Braga  nennt  die  Heldin  dementsprechend  Cava; 
doch  wird  Cana  das  Richtigere  sein,  da  es  ein  gallizischer  Orts-  und  Familien- 
name ist,  der  auch  sonst  noch  im  Liederbuch  vorkommt  —  8  ^ra  —  9  s^nof 
—  10  ^ra  —  13  soiU  —  14  ffiû  manda  d  d*  eyte  asjy  —  17  mara  — 
20  mef  ana  (das  wäre  meterán  »na,  wodurch  die  Zeile  um  eine  Silbe  zu  lang 
wird)  —    21  tro  —    23  beeyto 

Wie  man  sieht,  stellt  sich  Joäo  Â3rres  als  sterbend  vor  Liebe 
hin,  klagt  Mor  da  Cana  des  Mordes  an,  und  verlangt  vom  Richter 
Anwendung  des  Gesetzes,  auf  das  ich  im  Texte  Bezug  nahm.  — 
Wäre  im  Uede  irgend  ein  Hinweis  auf  Krieg  und  Kriegsrecht,  so 
könnte  man  an  die  Gesetzbestimmung  im  Elsptjo  dt  todos  los  derechos 
denken  (III  8,  4;  Opus.  Leg,  I  123),  durch  welche  für  Unruhstifter 
im  Feldlager  angeordnet  wird:  Et  qtd  matare  a  otro,  métanle  so  el 
muerto, 

(5.)  OVU08. 
Jo3o  de  Guilhade. 

Par  Dens,  infanzón,  queredes  perder 
a  terra,  pois  non  temedes  el  rei; 
ca  ja  britades  sen  degred',  e  sei 
que  Ih'  o  faremos  mui  cedo  saber; 
5     ca  YUS  mandaron  a  capa,  de  pran, 
trager  <^[tf]j  anos,  e  provar  vus  an 
que  vo'-la  virón  tres  anos  trager. 

E  provar- vus -á  das  carnes  quenquer 
que  duas  carnes  vus  mandan  comer 
10    e  non  queredes  vos  d'  Qa  cozer; 
e  no  degredo  non  á  ja  mester 
nen  ja  da  capa  non  ei  a  falar, 
ca  ben  tres  anos  a  vimos  andar 
no  vosso  col'  e  de  vossa  molher. 
15  E  farà  el  rei  córte  este  mes 

e  mandaran -vus,  infanzón,  chamar 
e  vos  querredes  a  capa  levar 
e  provar -an -vus,  pero  que  vus  pes, 

IO* 


14^  CAROLINA  MICHAELIS  DB  VASCOMCBLLOS» 

da  vossa  capá  e  (do)  vosso  gardacos 
20    en  cas  del  rei  vus  provaremos  nos 
que  an  tres  anos  e  passa  por  tres. 

I  Par  den  —  3  birtades  —  6.  7.  13  au9  —  14  deuefsa  —  16  emädam 
uos  —   20  emas  —   21  trano  —  ^. 

Die  Anspielung  auf  die  zwei  Fleischgerichte,  die  auf  des  Ritters 
Tische  aufgetragen  werden  durften,  'betrifft  die  Verordnung  vom 
II.  April  1258  §  14  {Leges  209).    Cf.  RandgL  IH 

(6.)   CVlfifiO. 

Pero  Martîiz,  ora  por  caridade 

vos  que  vus  tëedes  por  sabedor 

dizede-mi  ¿quen  è  comendador 

eno  Spital  ora  da  escassidade? 
5     ou  na  franqueza?  ou  quen  no  forniz? 

ou  quen  en  quanto  mal  se  faz  e  diz? 

Se  o  sabedes,  dizede  verdade. 

„Pois,  don  Vaasâ,  un  pouco  m'  ascoitade: 

Os  que  mal  fazen  e  dizen  son  mil; 
10    eno  forniz  ¿  [mestre]  don  Roy  Gil; 

e  Roy  Martiiz  é  [o]  na  falsidade; 

e  (e)na  (e)scasseza  é-o  seu  prior. 

Non  vus  pod'  om'  esto  partir  melhor; 

se  mais  quiserdes,  por  mais  perguntade." 
15  Pero  Marítiz,  mui  ben  respondestes, 

pero  sabia -m' eu  esto  per  mi, 

ca  todos  tres  eran  senhores  i, 

das  comendas  comendadores  estes; 

e  partistes  -  mi  -  o  tan  ben  que  m'  é  mal. 
20    Mais  ar  quer'  ora  de  vos  saber  al: 

que  (mi)  digades  de  quen  o  aprendestes. 
„Vos,  don  Vaasâ,  ora  me  cometestes 

d'  outros  preitos.    Des  i  ar  dig'  assi  : 

non  mi  deu  algo,  pero  Ih'  o  pedi, 
25     o  priol;  e  f..i  e  vos  f.. estes 

con  Roy  Gil(es);  e  meus  preitos  talhei 

con  frei  Rodrigu'  e  mentiu-m'os;  e  sei 

per  aquest'  a  sa  fazenda  d'  aqüestes." 
Pero  MartìtM,  respondestes  tan  ben 
30    en  tod'  esto  que  fuistes  i  con  sen 

de  trobador;  e  cuid'  eu  que  leestes. 

Vos,  don  Vaasco,  tod'  esso  m'  é  ben  (?) 

ei  sis'  e  sei  trobar  e  leo  ben; 

¡mais  que  tardi  que  mi -o  vos  entendestes! 

I  martuz.    Die  Dichtenden  sprachen  den  Namen  bald  zweisilbig  (l.  ii. 
29),   bald  dreisilbig.   —    2  teedes  —    5  Aus  der  Antwort  in  Z.  il  entnehme 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  I49 

ich,  dafs  hier  falsna  stehen  inulte.  —  6  fm  —  9  mal  —  10  Man  könnte 
aadi  Rodrigo  statt  Roy  setsen  —  1 1  fuftüz  —  11  p*ol  —  14  quisedes  — 
15  respondedes  —  16  min  —  19  epar  ustos  mho  —  26  roygcd  —  27  men* 
ttumuAff  —  yò  foysUs  —  31^  troh.  —  32  Der  Reim  ist  nicht  in  Ordnung. 
Die  Findas  sind  ñberhanpt  nicht  regelrecht  gebaat 


m. 

Vom  Mittagbrod  hispanischer  Könige. 

Die  zweite  Tenzone,  als  deren  bis  heute  unerkannten  Mit- 
arbeiter ich  Alfons  X.  betrachte,  geht  von  einem  hochstehenden 
Beamten  aus,  der  seinen  Herrn  ohne  nähere  Bezeichnung  mit 
Smhor  anredet« 

Dieser  Beamte,  der  zu  fragen  anhebt,  ist  ein  gallizischer 
Edeknann,  von  dessen  Thaten  die  Chroniken  Alfons'  X.,  seines 
Nachfolgers  und  seines  Enkels,  mancherlei  zu  berichten  wissen.  ^  Da 
ich  sein  Leben  sdion  anderwärts  mit  möglichster  Genauigkeit  er- 
zählt habe,^  sei  hier  nur  das  Wesentlichste  erwähnt  Der  1295 
durch  die  Gewaltthat  eines  politischen  Gegners  aus  dem  Weg 
geräumte  Pay  Gomes  Charinho  hat  im  J.  1284  unter  Sancho  IV., 
und  vielleicht  auch  schon  unter  dem  Vorgänger,  als  Flottenadmiral 
Dienste  geleistet  Laut  Angabe  eines  seiner  Lieder'  war  er  bei 
der  Belagerung  von  Jaen  (1246)  mit  thätig.  Nach  Aussage  seiner 
Grabschrift  hat  er  an  der  Einnahme  von  Sevilla  (1248)  hervor- 
ragenden Anteil  gehabt  Er  ist  Verfasser  des  höfisch  mafsvollen, 
doch  charakteristischen  politischen  Sirventes,  in  welchem  ein  König 
von  Kastilien  und  Leon  in  Tadel  und  Lob  mit  dem  Ozean  ver- 
glichen wird,  unter  Anerkennung  seiner  grofsartigen  Freigebigkeit 
sowie  seines  hohen  Sinnes,  aber  auch  unter  Betonung  seines  Wankel- 
muts und  Jähzorns.^  Damit  kann  nur  der  gelehrte  hispanische 
Dichterköm'g  gemeint  sein. 

Und  da  keiner  von  seinen  Söhnen  Poet  war,  in  Z.  9  aber 
das  Wort  rey  fallt,  aus  dem  Munde  des  Antwortenden  und  mit 
deutlicher  Bezugnahme  auf  ihn  selbst,^  scheint  mir  die  Urheber- 
schaft gesichert 

Doch  hören  wir  das  nicht  ohne  weiteres  klare  Gedicht. 

(7.) 
Üa  pregunta  vas  quero  fazer, 
Senhor,  que  mi  devedes  a  solver  (?), 
¿Por  qué  vZesUs  jantares  corner 
que  orne  nunca  de  vosso  logar 


*  Cr  on,  Alf,  e.  76.  —  Cr  on,  Sancho  e.  7.  —  Cron,  Fern,  ci. 
>  In  der  Einleitung  zum  CA  Kap.  VI  Biogr.  xxvn. 

3  CV429. 
«  CA  866. 

*  Sonst  hätte  man  in  dem  Senhor  den  Kronforderer  und  Infanten 
D.  Juan  suchen  dürfen,  in  dessen  Diensten  Charinho  stand  und  von  dem 
sein  Tod  gerächt  wurde. 


150  CAROLINA  MICHAELIS  D£  VASCONCSLLOBy 

5    comea?    Esto  como  pode  seer? 
ca  vej'  ende  os  erdeiros  qneizar. 

f,P[a]ay  Gomes,  qutt*  en  yus  responder 
por  vos  íazer  a  verdade  saber: 
¡ouv'-aqui  reys  [e]  de  mayor  poder 
10    en  oonqaerer  e  terras  gnaanhar, 

mais  non  quen  onvesse  mayor  prazer 
de  comer,  quando  Ihi  dan  bon  jantar!« 

Senhor,  por  esto  non  digu'  en  de  non 
de  ben  jantardes,  ca  é  gran  razon; 
15    mai' -Ins  erdeiros /^r*  an  de  Leon: 
gtierreian  vosco,  porque  an  pavor 
d'  aver  sob(re)  (l)o  seu  con  vosc(o)  entençon 
e  ze  Ibis  parar  outr'  anno  peyor. 

itP\a\iiy  Gomes,  assi  Deus  mi  perdón, 
20    muy  gran  temp'  á  que  non  foi  en  Carrion, 
nen  mi  deron  meu  jantar  en  Monçon; 
e  por  esto  non  sOo  pecador 
de  comer  ben,  pois  [que]  mi -o  dan  en  don, 
ca  de  muy  bon  jantar  ei  gran  sabor." 

(CV 1158  =  Ind.  1624.) 

Ohne  erklärende  Prosaüberschrift,  wie  fast  alle  aus  Kastilien  stammenden, 
der  präalfonsinischen  oder  alfonsinischen  Zeit  angehorigen  Texte.  —  Ich  habe 
mehrfach  nachbessern  müssen.  Im  diplomatischen  Abdruck  des  CV  steht  in 
Z.  I  hüa  —  2  afazer  —  der  Schreiber  hat  also  irrtümlich  das  Reimwort  aus 
Z.  I  wiederholt  —  3  noiestes  —  5  esto  que  pode  seer,  so  dafs  eine  Silbe 
fehlt  —  7  (u.  19)  Pae,  so  dafs  abermals  die  Zeile  zu  kurz  gerät  Die  gute 
alte  Form  Paay  fìndet  sich  im  Index  vor  No.  145  ;  in  der  Ueberschrift  zu 
CB  144  (=  116)  und  sonst  öfters  —  8  preuf>  —  ^  cd  q^rer  e  en  tiras  q*  — 
15  fcñ:^  —  16  quartan  —  Etwa  querianì  Dann  mûfste  man  die  unwahrschein- 
liche Lesart  annehmen:  mai* -lus  erdeiros  foro  de  Leon  \  querian  vosco  — 
18  out* no  —  20  ¿m  tëra  —  21  foi,  als  I.  Sg.  statt  des  später  allein  üblichen 
ßii,  wie  dutzendfach  in  den  mitgeteilten  Texten.  —  carrhou  für  carrhon,  die 
alte  Schreibart  von  Carrion  —   22  e  p*  esto  nd  söo  p,  —  24  bdo,  vgl.  V  4. 

Die  Dichter  spielen  mit  dem  Worte  jantar.  Dasselbe  bedeutet 
bekanntlich  aufser  dem  gewöhnlichen  Mittagsessen  auch  die  Ab- 
gabe, welche  auf  der  Halbinsel  in  Friedenszeiten  (einmal  jährlich, 
oder  mehrfach,  anfangs  in  Naturalien)  für  den  Unterhalt  der  Könige 
von  den  Gemeinden  und  Klöstern  gezahlt  wurde,  wo  jene  gerade 
mit  grofsem  oder  kleinem  Gefolge  rasteten, ^   später  aber  in  So/dos 


*  Die  übliche  Erklärung  lautet:  certa  imposicäo  de  mantimento  para  a 
casa  e  pessoa  del  rey  quando  hia  fazer  justiça  pelo  rey  no;  oder:  para  jantar 
dos  Reys  quando  väo  pellas  terras  fazer  justiça  {Elucid.  s.  v.).  —  Ueber  die 
yantares  in  Spanien  vgl.  Schäfer,  Gesch.  Span,  Il  ^"j I,  514;  in  Portugal  Her- 
culano  IV  402 — 408;  Gama  Barros  I  342 — 349;  Schäfer,  Ge  seh,  Port.  I  274  u. 
I  166;  s.  auch  Elucid,  s.  v.  jantar  —  colheila  —  censo  —  parada  —  ser- 
vico  —  comedura  —  comeduria\  —  J.  P.  Ribeiro,  Diss,  Chron,  IV  2  p.  124; 
Refi,  Hist.  I  58,  —  Mon,  Lus,  XVI  e.  27  (mit  Bezug  auf  die  erste  Reise  des 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  151 

und  Maravedis,  Einesteils  wird  scherzend  auf  die  gesegnete,  kurz 
vor  Abfiissmig  der  Tenzone  wieder  einmal  bewährte  Efslast  des 
Königs  hingewiesen  ;i  andrenteils  auf  unberechtigte  Einforderung 
der  y^if/ar- Abgabe.  Bevorberechtete,  die  unerlaubterweise  zur 
Leistung  herbeigezogen  worden  waren,  hatten  dieselbe  teils  erfüllt, 
als  grofsmûtige  Geber  {en  don),  teils  sie  abgewiesen:  in  beiden 
Fällen  aber  gemurrt  und  Beschwerde  gefuhrt. 

Genannt  werden  Carrion  und  Monzón.  Da  es  sich  offenbar 
um  nahe  beisammen  gelegene  Plätze  handelt,  die  nach  einander 
vom  reisenden  Rechtspfleger  besucht  wurden,  denke  ich  an  Carrion 
de  los  Condes  und  das  in  derselben  Gegend  gelegene  Monzón  de 
Campos^  früher  gemeinhin  Monzón  de  Palenda  genannt^ 

EUer  mufs  ich  eine  Parenthese  machen.  Mit  meiner  Bemer- 
kung über  Monzón  stehe  ich  in  Widerspruch  zu  C  de  Lollis.^  Die 
Klage  oder  Anklage  des  dichtenden  Königs 

non  mi  der  on  meu  janiar  en  Monçon 

erinnerte  den  belesenen  EUspanisten  offenbar  an  eine  hübsche  Stelle 
aus  den  angeblichen  Memoiren  En -Jaime's  des  Eroberers,  worin 
derselbe,  die  Verarmung  des  Reiches  schildernd,  unter  anderm  sagt: 
t  no  hauiem  a  j  dia  quant  nos  entrant  en  Montfo  que  menjar,  si  era 
la  terra  destroyda  e  enpenyoradaA  Darum  vermutet  er,  mit  der  in 
unserer  Tenzone  genannten  Ortschaft  sei  die  aragonesische  Festung 
gemeint,  aus  welcher  der  künftige  Eroberer  von  Valencia  noch  im 
Knabenalter  entfloh  (12 10).  Und  dieser  Einfall  verleitete  ihn 
weiterhin  dazu,  aàBjantar  zum  bovage  umzuwandeln,^  einer  seit  121 1 
(und  noch  121 7)  in  Aragon  von  jedem  Ochsengespann  und  später 
auch  vom  Kleinvieh  erhobenen  Steuer.^^  Als  ob  nicht  auch  in 
Aragon  das  jantar  Sitte  gewesen  wäre.''  Als  ob  Jaime  mit  Carrion 
zu  thun  gehabt  hätte!    Als  ob  Charinho  an  seinem  Hofe  erschienen 


Königs  D.  Denis  durch  sein  Land ,  1 279).  Dazu  Nova  Malta  passim  ;  Esp, 
Sagr.  passim  (z.  B.  XXI  65.  66.  82).  —  In  Spanien  sagte  man  übrigens  la 
yantar,  wie  n.  a.,aas  den  weiter  unten  mitgeteilten  Texten  erhellt. 

^  Einen  andern  Hinweis  auf  seine  Eislust  findet  der  Leser  in  einem 
Scherzliede  Alfons' X.  gegen  einen  Geistlichen,  dessen  Passions-Predigten  ihm 
zu  lang  dankten  (CV  78).  Er  spricht  darin  von  gutem  Salm  und  Ourenser 
Wein.    Es  beginnt: 

ConC  eu  em  dia  de  pascoa  quería  ben  comer, 
assi  queria  bon  son  Ugeiro  de  diter, 
pera  meestre  Joan! 

*  Rod,  Tot.  Vn  e.  2. 

>  Stud.  Fil.  Rom.  I  37  Anm.    Vgl.  meine  Einwendungen  in  RandgL  XL 

*  En  Jacme  c.  ii. 

*  Anche  Payo  Gomes  Charrinho  (sic)  al  ».  il 58  che  è  una  cantiga 
d*  escarnho  probabilmente  occasionata  dalV  imposta  straordinaria  del  bovaggio 
(12 17)  ricorda  questa  specie  di  reclusione  di  Giacomo  I  alludendo  più  speci- 
ficamente alla  miseria  che  circondò  il  povero  re  nel  recinto  di  Montón, 

*  Schäfer,  Gesch,  Span,  IH  290.  —  Schmidt,  Gesch,  Arag,  171  u.  450.  — 
Fueros  de  Aragon  p.  104. 

'  Nur    führte    er   im   Osten    den   Namen  cena.     Vgl.  Schäfer  1.  c.  und 
Schmidt  L  c. 


152 


CAROLINA    MICHAELIS   DE   VASCONCELLOS, 


wäre!  Als  ob  der  aragonesische  Monarch  gedichtet  hätte!  —  noch 
daEU  gallizisch- portugiesisch  —  und  zwar  in  seinei  bedrangten 
Jugendzeit!  —  Da  der  Zusammenhang,  in  dem  ich  meine  Auf- 
fassung darlege,  zur  Genüge  zeigt,  dafs  es  sich  um  Alfons  X.  und 
um  Monzón  de  Falencia  handelt,'  darf  ich  die  Paienthese 
schon  hier  schliefsen. 

Dafs  und  wann  der  König  von  Kaslillen  und  Leon  die  be- 
treffende Strecke  seines  Reiches  rech  Isprechend  durchzog,  und 
ob  er  dabei  Monzón  und  Carrion  betreten  hat.  kann  ich  freilich 
nicht  dokumentarisch  nachweisen.  Doch  ist  es  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  geschehen,  als  er  die,  nach  isjährigen  Erfahrungea 
mit  dem  Esfiejo  de  los  derechos,  drohende  Rebellion  der  mit  der 
neuen  Gesetzgebung  gleichmäfsig  unzufriedenen  leonesbcben  und 
kastilischen  Granden  und  Ritter,  die  bereits  nach  Helfershelfern  in 
Navarra  und  Granada  Umschau  hielten,  zu  beschwichtigen  ver- 
suchte.^ Von  Lerma  und  Burgos,  wo  er  längere  Zeit,  zwbchen 
1270  und  1271,  verweilte,  wird  er  auch  den  Ritt  über  den  Pisuerga 
von  Falencia  nach  Monzón  und  Carrion  und  weiter  bis  zum  Ksla 
in  das  Herz  des  Zwillings -Kronreiches  hinein  unternommen  haben, 
ob  auch  die  Chronik  über  diese  Einzelnheiten  und  über  den  Kampf 
um  die  jaiiiarei  schweigt.^  Gebucht  sind  nur  die  Hauptanklagen, 
wie  sie  1 274  auf  den  Cortes  zu  Burgos  und  dann  zu  Almagro  for- 
muliert wurden  —  in  dem  Satze  gipfelnd,  König  Alfons  achte  die 
alten  Freiheiten  nicht:  gue  desaforaba  a  Castilla  t  Leon.  Privilegien, 
die  von  der  uns  beschäftigenden  Abgabe,  befreiten,  waren  relativ 
selten,  und  konnte  die  Verletzung  derselben  nur  von  einer  Mino- 
rität empfunden  werden.  Denn  das  jatilar  (ein  alles  Stückchen 
Civiiliste)  gehörte  von  Alters  her  zu  den  vier  Dingen,  deren  die 
Landesherren  in  Kastilien  sich  nicht  entäufserten:  justicia  {Gerichts- 
barkeit) —  fonsadera  (Landesverteidigung)  —  moneda  (Münze)  — 
yaniar  (Dynastenverpflegung)  *  —  oder  doch  nur  ganz  ausnahms- 
weise. Wie  grofsen  Wert  sie  darauf  legten,  geht  daraus  hervor, 
dafs  selbst  bei  Schenkungen  von  Schlössern,  Burgen  und  Villen  an 
Königs-Frauen  und  -Kinder  sie  sich  der  janlares  nicht  zu  ent- 
äufsem  pflegten.^ 

1  Id  CV  937  isi  thatsächlich  die  Cicca-Sudi  gemcinl.   Vyl.  Randgl.  XL 
'  Cronica  c.  20 — 58.  —  Im  Résumé  bei  Lafuente  I  426.  —  Eine  andere 

Reise  durch  sein  Reich,   besooders  (¡urdí  Leon,   behufs  RechlspRege  unter* 

Dihm  er  im  J.  1277  {Cron.  c.  6g). 

•  Die  strvieioi  bilden  nebst  den  dineros  einen  wesentlichen  Teil  der 
Anklage.  Das  yantar  trug  in  Portugnl  bisweilen  diesen  Namen;  doch  handelt 
es  sich  in  (leu  span.  Texten,  wie  aus  Cron.  Alf.  X  c  lì.  21.  25  und  Cron. 
Fern.  IV  c.  IO  eibellt,  um  Kriegsdienst  und  Kiiegsabgaben. 

*  Bsias  guairo  cosas  son  naturales  del  ¡eñorio  del  Rey  que  non  devt 
dar  a  ningún  home  nin  ¡as  partir  de  si  gue  pertenescen  a  et  par  raion  del 
señorío  natural:  justicia  moneda  fonsadera  t  sus  yantares.  Aus  den  Orde- 
namientos der  Corlea  von  Náicra  (iljS)  ging  dieser  Satz  in  das  traditionelle 
Gewohnheitsrecht  von  Kastilien  über  und  blieb  bis  1356  gültig.  —  Furro 
Viejo  1  I,—  Cf,  Here.  IV  401;  Gama  Barros  I  81;  Schäfer,  Gesch.  Span.  1 166, 

»  Im  Friedens ïerlray  von  izo6   bedingt   sieb   dir   Konig   von  KisliUcn 


I 


J 


RANDGLOSSEN   ZUM    ALTPORT.  LIEDERBUCH.  I53 

Um  solche  Aosnahmen  leonesischen  Ursprungs,  die  der  König 

lit  geachtet  hatte,  mufs  es  sich  bei  Charinho  natürlich  handeln. 

Von  einer  Stadt,  der  solche  MiJsachtung  widerfuhr  und  die  sich 
dagegen  aussprach  —  ehe  die  gemeinsame  Erhebung  der  Ge- 
schädigten stattfand  —  und  der  auch  Alfons  auadrücküch  versprach, 
nach  dem  Rechten  zu  sehen,  sobald  er  sie  auf  seiner  Reise  be- 
träte, bat  sich  wenigstens  Nachricht  erbalten.  Und  zwar  handelt 
es  sich  gerade  um  die  Hauptstadt  des  alten  Reiches:    Leon. 

O  Irosi  se  querelUioD  los  peisooeros  del  concejo  que  el  obispo  les 
tomaba  la  yantar  dt!  rey  ...  e  desían  que  el  concejo  debLí  haver  esta 
yantar  .  ,  ,  por  donación  de  loi  t<ycs  b  amosltaton  pieiillejos  delrey 
O.  Alfonso  de  Leon  &  del  Rey  D.  Fernando   sabre   esta   rason  ...  en  que 

tjaua  escTÍplo  que  eslos  Reyes  daban  ai  concejo  geaeralnienle  quanto  de- 
lecho bavian  en  la  alfós  de  Leon  ...  e  quando  el  Rey  vcoiese  a  la  tierra 
que  el  obiipo  lie  diese  yaniir.' 

Der   von    Sevilla    aus   im  J.  126Ó    und   1269    vom   König    er- 
gehende Bescheid  lautet,  man  solle  warten: 


faila   qae   el  Rey   veniese   tn   la   ijetta  e  esloi 
b  verdad   del   fecbo   &   que   el  Rey   fana   y  e 


s  que  el  concejo  le  diría 
o   seflor  lo   que  por  bien 


y  Dafs  die  leonesischen  Freiheiten  nicht  aufgehoben  wurden, 
brauche  ich  hier  nicht  zu  wiederholen.  Noch  1293,  ais  die  Ge- 
meinden sieb  verbrüderten  zur  Wahrung  ihrer  H  o  heilsrechte,  und 
dem  König  seine  vier  Nalurrechte  nicht  vorzuenthalten  schwuren, 
nkten  sie  dieselben  mit  Bezug  auf  die  comestiones  ein. 
Yailar  all  du  la  solían  baver  los  reys  de  fuero  una  vez  en  el  afla 
quando  vcnirren  al  logii.  s^si  como  la  daban  al  tey  D.  Alfonso  de  Leon  el 
'CDció  la  balalla  de  Merida  &  a  so  fijo  el  Rey  D.  Femando; 
□ioguQO  si  non  al  merino  mayor  una  vei  en  el  aBo  en  aquellos 
logares  du  la  deben  dar  de  derecho,  guardando  loa  previllegios  tt  las  cartas 
qoc  los  concejos  han  en  esta  raion." 


^  bnei 


von  leinera  leonesischen  Vetter  ans,  daft  derselbe  von  den  ihm  überlnssenen 
Schlössern  keineilei  Dienstleistung  lu  verlangen  habe  aufser  Atm  j'antar  :  lina 
j»r  coma  en  ellos  una  vegada  coda  año  [Esp,  Sngr.  XXXVI  Ap.  p.  IJ4). — 
AU  Allons  IX.  im  J.  1209.  wie  ich  ¡m  CA  Kap.  VI,  Biogr.  XXXVII  eriShlt 
habe,  Ardon,  Rneda  und  Villarpando  an  seine  Gemahlin  abtrat,  verzichtete 
n  nidit  anf  sein  JoR/sr-Recht  noch  auf  die  Meneda-Xhgaht:  ixeiple  quad 
ritinto  In  ifsii  villis  comeslionim  moderalam  ei  tnenin  monetam  sicut 
in  alia  regno  mea  {Eif.  Sagr.  XXXVI  Ap.  p.  147).  —  Alfons  X.  verfuhr 
tbenio,  als  er  128J  der  Königin  von  Ponugal,  seiner  Tochter  BeaHii,  die 
Sädle  Serpa,  Moura,  Noudar  und  MourSo  zusprach  (Afrn.  Lus.  XVI  c.  27). 

'  Eip.  Sage.  XXXV  Ap.  SU  p.  434  —  eine  über  allleonesischc  Rechts- 
{¡tbräucbc  ergiebig  unterweisende  Urkunde. 

•  Ib.  144- 


MiJ,  año  Je   I39J. 


154  CAROLINA  MICHAELIS  DB  VASCONCBLLOS, 

Ob  Carrion  leonesisches  Recht  hatte,  habe  ich  nicht  feststellen 
können.  £s  ist  wahrscheinlich.  Wie  schwankend  die  Ostgrenze 
lange  Zeit  blieb,  dafs  das  fuero  de  Leon  bis  zum  Pisuerga  Gültig- 
keit hatte, ^  und  dais  die  Supplement-Gesetze  der  Königin  Urraca 
(1109)  Carrion  mitbetrafen,  sind  wichtige  Einzelnheiten. 

Damit  ist  erklärt,  wie  in  der  Jantar-Tenzone  vom  foro  de  Leon 
—  in  dem  schon  in  Randglosse  II  berührten,  weiteren  Sinne  — 
die  Rede  sein  durfte. 

Die  zweimalige  Erwähnung  von  erdeiros  als  solchen,  die  durch 
des  Königs  Ansprüche  oder  durch  seine  neue  Gesetzgebung  be- 
einträchtigt waren,  könnte  verleiten  an  Unterkunft  i^pousadd)  in  ein^ 
der  grofsen  Kloster -Herbergen  zu  denken,  wie  sie  gewöhnlich 
nebst  dem  König  nur  den  Stiftern  und  ihren  Nachkommen  —  den 
padroeiros,  erdeiros  oder  naturaes  —  zukam.^  Natürlich  veranlafste 
die  Verpflichtung  zu  derlei  jantares  sowohl  ungesetzliche  Forde- 
rungen, als  auch  Klagen,  Streitigkeiten  und  Mifsbräuche  ver- 
schiedenster Art  Alle  möglichen  Bastarde  und  Agnaten  verlangten 
ihr  jantar.  Die  Berechtigten  stellten  sich  häufiger  ein,  als  es  sich 
gebührte;  brachten  Gesellschaft  mit,  sogar  weibliche;  dazu  grofsen 
Dienertrofs  mit  Pferden,  Falken,  Hunden,  und  verlangten  auserlesene 
Speisen.  Es  gab  Klöster  —  in  Portugal,  das  ich  jetzt  mit  in  Be- 
tracht ziehe  —  die  jährlich  für  mehr  als  300  Diners  zu  sorgen 
hatten.  Darauf  bezügliche  Verordnungen  Alfons'  III.  vom  J.  1 26 1  ' 
stellen  unter  anderm  fest,  dafs  in  sämtlichen  Cisterzienser- Abteien 
Portugals  der  König  allein  und  sonst  niemand  in  seiner  Eigenschaft 
als  padroeiro  und  herdeiro  zu  bewirten  sei*  Auch  in  diesem  Falle 
werden  andre  mir  unzugängliche  hispanische  und  aragonesische 
Parallelstücke  als  Vorbilder  gedient  haben. 

Originell  und  individuell  scheint  mir  hingegen  die  kernige 
Verfügung  einer  biderben  Klostergründerin  aus  der  Provinz  Entre- 
Doiro^e^Minho,  die  an  solch  frevlem  Gebahren  Anstofs  nahm.  In 
ihrem  Testament  bestimmt  (1268)  D.  Chamoa  Gomes  i^»  „Verlangt 
Eine  oder  Einer  meiner  Sippe  als  Erbberechtigter  Unterkunft  in 
diesem  Kloster  —  im  reizenden  fruchtbaren  Entr-ambo^-los  rios  — , 
so  gebe  man  ihm  einen  Spaten  in  die  Hand,  ihr  aber  Wolle  nebst 


^  Luc,  Tud.  in  Schott  IV  89  :  Dedit  ei  bonos  foros  et  mores  quos  debet 
habere  tarn  civitas  quam  totum  legionense  regnum  a  flumine  Pisuerga  usque 
ad  extretnam   Gallœciœ  partem  in  Perpetuum, 

*  Ueber  erdeiros  unterrichtet  Gama  Barros  1 342 — 9  ;  Here.  Ill  93  ;  Elucid, 
s.  V.  casamento  —  defensor  —  igreja  —  natural  —  herdeiro,  —  Schäfer, 
Gesch.  Port,  I  166.  —  Ein  Unterschied  zwischen  naturaes  und  erdeiros  be- 
steht nicht,  trotz  gegenteiliger  Behauptung. 

'  P.  M.  H.:  Leges  198 — 210. 

*  Item  manda  nosso  senhor  ElRey  que  os  fnosteiros  de  Çistel  do  seu 
rreino  seiam  enparados  e  nenhuum  nom  pouse  en  eles  come  ptidrom  nem 
herdeiro,  e  nenhuum  nom  seta  padrom  desses  mosteiros  nem  herdeiro  senom 
ElRey  (Leges  209). 

^  Chamoa  <^  Flammula  (Llambra  Lambra), 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LUDSRBUCH.  I55 

Rocken  und  Spindel;  dazu  ein  Stück  Brod,  und  Wasser  so  viel  sie 
trinkoi  wollen.'*^ 

Doch  zurück  zn  den  Dekreten  Alfons'  m.  Sie  enthielten  u.  a. 
genaue  Angaben  über  das  Menu,  aus  dem  das  obligate  Kloster- 
Jantar  der  Erdeiros  zu  bestehen  habe;  und  femer  über  diejenigen 
Speisen,  welche  Ricos 'homes  und  In/ançdes  ihren  Rittern,  ELnappen 
und  Mannen  zu  bieten  verpflichtet  wareu.^  Nimmt  man  dazu,  was 
über  des  Königs  eigenen  Tisch  bemerkt  wird,  so  sehen  die  portu- 
giesischen Mafsnahmen  wie  ein  Nachklang  derer  aus,  die  im  Nach- 
barlande 1258  von  den  Cortes  zu  Valladolid  ergingen.  Einsicht 
in  die  bezüglichen  Teiite  notgedrungen  für  später  aufsparend,  sei 
nur  verzeichnet  was  ein  Vulgarisator  dazu  bemerkt,  weil  es  der 
Eislust  des  Monarchen  zur  Folie  dienen  kann: 

£n  las  [cortes]  de  Valladolid  se  llegó  a  poner  tasa  a  los  gastos  de  la 
casa  real,  se  asignó  para  comer  al  rey  y  a  la  reina  150  maravedis  diarios 
y  se  previno  qne  mandase  a  los  qne  se  sentaban  a  su  mesa  que  comiesen 
mas  mesnradamiente  y  qne  no  ficiesen  tanta  costa  como  facian.' 

Die  Jantar-Abgabe  wurde  natürlich  sehr  verschieden  berechnet^ 
Alfons  IX.  giebt  in  dem  Friedenspakt  von  1206  den  von  den  ab- 
getretenen Schlössern  zu  leistenden  Betrag  genau  an  —  Valderas 
z.  B.  zahlte  60  Maravedis.^  Beim  Regierungsantritt  Ferdinands  IV. 
(1295)  erkannten  ihm  die  kastilischen  und  leonesischen  Gemeinden 
je  30  Maravedis  jährlich  ixxfi  Dem  rebellischen  Thronforderer  und 
Infanten  D.Juan,  zu  dessen  Partei  unser  Charinho  gehörte,  wurden 
noch  in  demselben  Jahre  die  Einwohner  von  Falencia  abtrünnig, 
weil  er  5000 — 6000  Maravedis  von  ihnen  verlangte.'  —  Die  Un- 
kosten in  den  portug.  Klöstern  wurden  für  jeden  Adligen  nur  auf 
2 — IG  Maravedis  geschätzt^  —  Wenn  der  Merino  im  Namen  des 
Königs  als  Rechtspfleger  reiste,   hatte  er  in  Ciudad  Rodrigo,   und 


1  J.  P.  Ribciro,  Refi.  Hist.  I  57. 

*  S.  unten. 

'  Lafuente  I  467.  —  D.  Jaime  hatte  for  seine  Staaten  schon  1234  zu 
Tarragona  Verordnimgen  über  den  gleichen  Gegenstand  erlassen. 

*  Im  portug.  Staatsarchiv  soll  es  ein  Buch  mit  Preisbestimmungen  für 
die  von  den  verschiedenen  Städten,  Orden  und  Klöstern  zu  liefernden  Königs- 
Jantares  geben. 

»  Esp.  Sagr,  XXXVI  Ap.  147. 

•  Esp.  Sagr.  XXXVI  Ap.  162. 

'  Cr  on.  Fern.  c.  i:  en  las  cortes  de  Valladolid  fuera  ordenado  por  todos 
los  de  la  tierra  que  non  diesen  al  Rey  por  su  yantar  en  cada  villa  mas  de 
30  maravedis  de  la  buena  moneda  que  era  estonces  (que  corría  cada  maravedí 
\%0  maravedis)  e  que  el  infante  don  yuan  tomaba  agora  por  yantar  en  cada 
villa  cinco  o  seis  mili  maravedis  e  que  asi  lo  avia  fecho  en  cada  lugar  do 
fuera  e  que  bien  cuidaba  que  asi  lo  faria  e  lo  demandarla  agora  en  Falencia 
cuando  y  llegase.  —  Cí,  Benavides,  Memorias  de  D.  Fernando  IV,  II  p.  3  u.  7, 
wo  auíser  der  Carta  de  hermandad  de  los  concejos  de  Leon  y  Galicia  die 
Carta  de  Herrn,  de  los  C.  de  Castilla  abgedruckt  ist. 

•  Leges  209. 


156  CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCONCELLOS, 

hatten   die   mitbeschäiligten  Alcalden  (im  J.  1209)  je  eine  Henne 
oder  ein  halbes  Zicklein  und  dazu  Brot  und  Wein  zn  fordern.^ 

Da  es  nicht  meine  Absicht  ist,  einen  kulturhistorischen  Au^tx 
abzurunden,  sondern  nur  die  zum  Verständnis  unserer  Tenzone 
nötigen  Aufklärungen  zu  bieten,  breche  ich  hiermit  ab. 

An  Spottgedichten  2l\xì  janiares  im  gewöhnlichen  Sinne  —  wenn 
auch  das  Juridische  mit  hineinklingt,  da  es  sich  um  offizielle 
Leistungen  des  pendOo  e  caldtira  führenden  Nobile  handelt  —  giebt 
es  ein  reichliches  Dutzend.^  Knauserige  Ricos^homes  und  Infan^a^ 
welche  ihren  Mannen  und  gelegentlich  auch  den  gastierenden  Trou- 
badours und  Spielleuten  schlechte  Herberge  und  ein  karges  Mittags- 
mahl vorsetzten,  besonders  an  Fasttagen  (die  sich  im  ganzen  auch 
damals  keiner  übermäfsigen  Beliebtheit  erfreut  zu  haben  scheinen); 
—  oder  die  gar  einen  solchen  wandernden  Cercalmon,  wenn 
er  zur  Essenszeit  an  den  Thorweg  klopfte,  mit  Hunden  hetzen 
liersen,^  werden  weidlich  durchgehechelt  Einmal  sehen  wir  in  ent- 
gegengesetzter Art  die  undankbaren  Gäste  selbst  aufs  Korn  ge- 
nommen,^ denen  keine  Gastfreundschaft  gut  genug  ist,  u|id  die 
sich,  wenn  überhaupt,  so  nur  der  Mutter  Gottes  und  Sanct- Julian, 
dem  Schutzpatron  der  Hospitaliter,  verpflichtet  glauben,  wenn  es 
ihnen  auf  Reisen  in  unwirtsamen  Länderstrichen  wohl  ergeht.  Eine 
Anspielung  auf  ein  portug.  Dekret  über  das  Jantar  der  Rkos^homes^ 
in  der  Satire  des  lustigen  Gui l hade,  die  ich  als  Anhang  zur 
vorigen  Glosse  mitteilte,  kennt  der  Leser  bereits.  Als  solche  fasse 
ich  wenigstens  die  Drohung  auf: 

£  provar- vus -á  das  carnes  quenquer 
que  duas  cames  vus  mandan  comer 
e  non  queredes  vos  d'  Oa  cozer.^ 

1st  nun  der  Paragraph  selbst  auch  nicht  erhalten,  so  kann  man 
schliefsen,  wie  ungefähr  er  gelautet  haben  mufs,  wenn  man  in  der 
königl.  Palast- Ordnung  liest: 

Enna  cozinha  delRey  nom  adubem  senom  de  dnas  cames  e  a  huma 
seja  de  duas  guisas  . . .  Em  no  dia  do  pescado  para  o  jantar  d6  tres 
pescados,  ou  dé  dous;  e  huum  pescado  seja  adubado  de  duas  guisas.' 


^  Léges  890. 

>  CV  1001.  1002.  1027.  1029.  1046.  1047.  1084.  1108.  1168.  1166. 
1167.  1168.  1170.  1171.  1177. 

'  CV  004  von  Ruy  Queimado;  und  ib.  1002  von  Gonçal' Eannes 
do  Vinhal. 

*  CV  1001. 

»  CV  1108. 

'  Leges  199  §  14.  Natürlich  betraf  die  Verordnnng  nicht  des  Königs 
eigene  Tafel.  —  In  §  16  heifst  es  Em  na  coùnha  dElRey  de  seu  corpo  adubem 
para  seu  corpo  como  el  mandar,  —  Von  einer  Mahlzeit  Alfons'  III.  erfahren 
wir,  dafs  es  an  Brot,  Wein,  Kapaun,  mariniertem  Lendenbraten  and  jungem 
Zicklein  nicht  gefehlt  hatte  (CV  1084). 


■  RANDGLOSBRK   ZUM    ALTPORT.  UBDERHDCH. 

Und  dem  entsprechend  ¡n  den  Erlassen  über  die  Klöster: 
que  non  cotnhani  no  dia  da  carne  se  nom  daas  cames,  e  buma  earn«  scia 
idubada  de  duas  guisas;  e  em  aquel  dia  qac  as  comeiem  nom  comhain 
pescado  ....  E  tcm[elh]auilniei)te  no  dia  do  pescado  comham  de  tres 
pescados  oo  de  dous,  e  haum  seia  adubado  de  duas  guìsasi  e  com  esles 
pescados  combam  truytas  e  bogas  ou  solho,  irte  (etc.).' 

Auch  auf  dem  Gebiete  der  Jantar-Satyre  scheint  übrigens  der 
kastítische  Reí-Trovador  —  oder  sagen  wir  lieber  ein  peninsularet 
Rei-Ttovador,  da  es  noch  aoentschieden  ist,  ob  Alfons  X.  oder 
sein  Grofsvater,  der  Leonese,  Verfasser  der  Liedergmppe  CB  456 
— 466  ¡st  —  seinen  Hoüingen  und  Söldnern  mit  tonangebendem 
Beispie)  vorangegangen  zu  sein.  Wie  et  lachend  in  gewandten 
Reimen  einem  seiner  Magnaten  nachsagt,  derselbe  habe  ais  einzigen 
kalÍDaríscben  Genufs    einen  geliochten  halben  Hammelschwanz  auf- 

Direi.vus  d"  ud  ricome 
com'  aprendí  que  come! 
Mandou  coïer  o  vU  orne 

assi  com' o  cavaleiro! 
das  liann  der  Leser,  falls  es  ihn  interessiert,  in  Randglosu  I  nach- 
schlagen.^   Statt  das  Lied  ku  wiederholen,  biete  ich  ihm  die  übrigen 
Speiselieder. 

Freilich,  selbst  die  königlichen  spöttischen  Gel egenheits verse 
waren  unter  der  südlichen  Sonne  nichts  Neues.  Einer  der  schmäh- 
sñchtígsten  und  brutalsten  Troubadours  prove nzalischer  Zunge,  der 
Held  zahlreicher  Skandal-  und  Schurken-Anekdoten,'  der  mehr  als 
abenteuerliche  Katalane  Guilhem  von  Bergadan  oder  Bergue- 
dan,  der  gegen  Ende  des  iz.  Jhs.  am  Hofe  Alfons'  VIII.  wie  auch 
im  Palast  zu  Leon  Gastrollen  gegeben,  hatte  einst  ein  ähnliches  Thema 
angeschlagen.*  Ob  er  ein  Heft  mit  Schmäh  1  ¡edera  eigner  und 
fremder  Komposition  zurôckliefs  (untermischt  mit  den  erotischen 
Gedichten  des  Grafen  Wilhelm  von  Poilou),  ähnlich  demjenigen, 
welches  Alfons  X.  in  den  Hunden  des  Dechanten  von  Cadiz  wufste?^ 
Ob  aus  diesen  der  gelehrte  Beschützer  aller  realistischen  Lieder- 
dichter den  Anstofs  zu  seinen  unflätigen  Cantigas  dt  iscarnh'  e 
maldiur  empfangen  haben  mag?  Jedenfalls  steht  der  provenzalische 
Verfasser  der  Schmähreime  auf  einen  filzigen  Edelmann,'  was  Sinnes- 

'  Ugts  199  §  IS.  -   In  CV  1027.  103©.  Uee  hören  wir  von  truytas. 
piteados,  ptixetas,  salmon,  Unguado,  f antea. 
'  Zisehr.  XX  165. 

•  Eine  der  Cento  novtUt  antiche  beschàltigt  sich  bekanntlich  mit  ihm. 

•  S.  übet  ihn  Mili,  Trovadores  284—322;  Bartsch  im  Jahrbuch  VI 
J31 — 188  u.  VHI  116.  —  Seine  Lieder  veröffentlichte  A.  v.  Keller  schon  1849. 

'  cvas. 

•  Mül  p.  317  No.  19.  —  Keller  No.  li.  —  E»  beginnt; 
Eu  non  cuidaba  chantar, 

quai  casan  non  avia, 

mas  Atnautz  del  Vigiar 


158  CAROUNA  MICHAELIS  DK  VASCONCBLLOS| 

art,  Lebensführung,  volksmäfsige  Sprache,  die  metrische  Gesta 
seiner  Lieder,  1  das  Schmähen  von  Personen,  rniverfrorene 
nutzmig  niedriger  Worte,  sowie  dunkle  Anspielungen  auf  hein 
Gebräuche  und  Unsitten  betrifit,^  den  gallizisch-portugiesi 
Dichtem  so  nahe  wie  wenige  andre  Troubadours. 
Doch  das  gehört  in  ein  andres  Kapitel. 

Liederanhang. 

(8.)   CVIOOL 

Gonçal'  Eannes   do  Vinhal. 

Kn  gran  coita  andamos  con  el  rey 
per  esta  cerra  u  con  el  andamos, 
se  non  fosse  que  qnis  Deas  qne  achamos 
infançOes  —  quaes  vus  en  direy  — 
5    que  entran  nosqn'  en  dOas  cada  dia 
e  jantan  e  cëan  a  gran  perfia 
e  barlhan  córte  cada  u  chegamos. 

Taes,  par  Deus,  infançOes  non  sey 
e  todos  nos  d' eles  maravilhamos  ; 
10    e  pero  os  infançOes  chamamos, 
vedes,  amigos,  tanto  vos  direy: 
en  per  infançOes  non  os  terna, 
mais  son-z',  a  graça  de  sancta  María 
e  san  JuySo  con  que  albergamos. 

15  £  sempre  por  sa  vida  rogarey, 

e  dereit*  é  que  todo'- lo  façamos, 
pois  d'  eles  todos  tant'  amor  filhamos 
en  sa  terra  —  quanto  vos  eu  direy: 
qualquer  d'  eles  nos  fez  quanto  devia, 

20    mais  tant'  é  grande  a  nossa  folia 

que  nulhas  graças  Ihis  ende  non  damos. 

I  andaramo  —   5  ddas  —   6  ceam  —    8  baruas  tn/antífes  caes, 
bedeutet  es  vielleicht:  Nao  conheço  Infançdes  que  sejam  taes  barvas  d. 
sejam  homens  tao  honrados}  —  9  etod9  «9  —  IO.  il.  amicus  —  15  -^ 
des  —   16  fazamo  —    17  câtamor  —    18  tira  —  20  qnda 


m'  en  a  mes  en  la  via 
c'  audi  1'  autrìer  clamar 
de  mon  sogre  ab  la  corona 
qu'  el  no  'I  det  a  1'  ora  nona 
del  peis,  e  iê  1'  amaguar! 

1  Bei  ihm  findet  sich  z.  B.  Bezugnahme  auf  den  hispanischen  G 
an  Vogelschau,   der  im  gallizisch •  portugiesischen  Liederbuch  einen  so 
Raum  einnimmt. 

>  Alfons'  X.  hurtiges  Knegslied  O  genete  Pois  remete  O  al/ara 
redor  (CV74),  wonach  das  Leonoreta-lAtd  des  Lobeira  gemodelt  is 
sein  metrisches  Vorbild  im  24.  Liede  des  Guilhem  von  Bergadan:  Un  tr\ 
Preste  ¡aire   Vol  que  chan  pus  suy  chantaire.   Vgl.  Randgl,  VI. 


RANDOLOSSBN  ZUM   ALTPORT.  UEDSRBUCH.  I59 

(9.)  cviooa. 

Von  demselben. 

Non  levava  on  dinheiro(?) 
ogan'  a  oùvi-a  passar 
per  Campos,  e  quix  poasar 
en  casa  d'  on  cavaleiro 
5    qne  se  ten  por  infançon, 
e  soltou-mi-un  can  enton 
e  morden -mi- o  seendeiro. 

Por  meu  mal  enton  senlheiro 
oùvì  ali  a  chegar 
IO    —  que  non  chegassM  —  a  logar 
u  atal  fais  [cava]leiro, 
ca  el  se  fosse  çaton(?) 
non  fora  ao  vergalhon 
roso(?)  do  meu  seendeiro. 

15  Non  vistes  peyor  parado 

albergue  do  que  achey 

enton  quand'  a  el  dhieguey  ; 

nen  vistes  mab  estirado 

ome  ca  fuy  d'  un  mastin, 
20    e  fez -mi  tal  o  rocin 

que  semelhava  lobado. 

Non  fuy  eu  ben  acordado, 
poi'- lo  da  porta  catey 
dentro:  porque  o  chamey, 
25     pos -mi -o  gran  can  enriçado 
que  nunc'  a  [morder]  fez  fin 
ata  que  [el]  fez  en  min 
quai  fez  no  rodn  lobado. 

I  mn  dulheyro  —  2  ogane  hu  o  ut  pafsar  —  9  ouualy  a  eh.  —  Il  fais 
Uyro  —  12  çatô.  Vielleicht  santoni  —  \1  eU  —  25  enrricado.  Zu  enrizar 
=  „l'.etzen"  von  *irritiare  statt  irritare}  (cf.  astur,  enridar)  vgl.  Fuero  Juzgo 
Vni  4.  19.  —  28  lobado  ,,vom  Wolf  in  Angst  versetzt". 


(IO.)   CV10Î7. 

Roy  Paes  de  Ribela. 

Veend'  un  rioome  cen  truitas 
én  compra  duas  por  multas  . . 
e  coz'  end'  a  da. 
Por  quanto  zi  quer,  apenas 
compra  én  dnas  pequeñas  . . 
e  coz'  end'  a  fia  ! 


1 6o         CAROLINA  MICHAEUS  DB  VASCONCBLLOS, 

Venden  cen  truitai  vivas 
e  compra  én  duas  cativas 
e  coz'  end'  a  Qa! 

I    Ven  hü  r,  dastruytas  —    2  que  —   4  ébtnas  —    7  cruytas 

(II.)  CV1028. 

JoSo   Servando. 

Comeron  infançOes  |  en  outro  dia 

apartados  na  feira  |  de  sancta  Maria, 

e  deron-lhi  linguados  |  por  melhoria 

que  nunca  vi  tan  bOos  |  desque  naci. 

5  Eu  con  os  apartados  |  fui  enton  i 

apartado  da  vida,  |  e  non  comi. 

Direi -vus  como  foron  |  i  apartados: 
deron-lhis  das  fanegas  |  e  dos  pescados 
atanto  per  que  foron  |  muy  lazerados, 
10    que  des  quando  foi  nado,  |  nunca  chus  vi. 
Eu  con  os  apartados  |  fui  enton  i 
apartado  da  vida,  |  e  non  comi. 

Apartaron -se  d'eles  |  por  comer  ben, 
melhor  que  comerían  |  en  almazen, 
15     e  pois  quando  ao  erger,  |  non  podian  én, 
tirar  mui  ben  as  |  pemas  arcassy  (?) 

Eu  con  os  apartados  |  fui  enton  i 
apartado  da  vida  |  e  non  comi 

I  infançdes  —    3  por  nu  Ihoria  —    4  pontos  —    6  dautda  — 
d*  ajudaí    Oder  da  vilai    Ich   verstehe   den  Gedanken  nicht.  —    8 
e  dos  pajeados.     Ob  wir   de%  fanegas  e  dous  pescados  zu   setzen  hab« 
l\  cd  uos   —  entahy  —    15  OJ  erger  —    x^j  eu  com  co  arar  tados 

(12.)  CV1046. 

Roy   Paes   de  Ribela. 

Preguntad'  un  ricome 
mui  rico  que  mal  come, 
porqué  o  faz? 
Kl  de  fam'  e  de  sede 
5     mata  orne;  ben  (o)  sabede, 
porqué  o  faz. 
Mal  com'  e  faz  nemiga! 
Dizede-lhi  que  diga 
porqué  o  faz. 

(13.)   CV1047. 

Roy  Paes   de   Ribela. 

Un  ricomaz,  un  rícomac 
que  de  maos  jantares  íbaI 


RAMDOLOSSBN  ZUM  ALTPORt.  LIBDERBUCH.  l6t 

Qaanta  came  manda  a  cozer, 
quand'  orne  vay  pola  veer, 
5    se  8*  ante  muito  non  erger, 
sol  non  pode  veer  u  jaz! 

Un  ricomaz,  un  rioomaz 

que  de  maoA  jantares  faz! 
Quen  vee  qnal  cozinha  ten 
10    de  came,  se  s'  i  non  deten, 
non  poderá  estimar  ben 
se  x'  est  carne,  se  [é]  pescaz! 

Un  rìcomaz,  un  rìcomaz 

que  de  maos  jantares  faz! 

5  merger 

(14.)  CV 1084. 
Ayras  Peres  Vuiturom. 

Don  (E)stevan,  eu  eyri  comi 

en  cas  del  rey  —  nunca  vistes  melhor  — 

e  cantarci  vo'-lo  jantar  aqui 

c'  acha  orne  de  falar  i  sabor: 
5     non  virón  nunca  ja  outro  tal  pan 

os  vossos  olhos,  nen  ar  veeran 

outro  tal  vinho  qual  eu  i  bevL 

Nen  vistes  nunca,  se  Deus  mi  perdón 

melhor  jantar,  e  contar  vo'-lo  d: 
10    á  dez  anos  que  non  vistes  capon 

qual  eu  i  ouve,  non  vistes,  ben  sei 

melhor  cabrito,  nen  vistes  atal 

lombo  de  vinh'  e  d'alhos  e  de  sal 

qual  i  a  mi  deu  un  de  criazón. 
15  Nen  vistes  nunca  nulh'  ome  comer 

com  eu  comi,  nen  vistes  tal  jantar, 

nen  vistes  mais  vicos'  ome  seer 

do  que  eu  sevi  en  nenhun  logar, 

ca  a  min  non  minguava  nulha  ren, 
20    e  mais  viços'  ome  de  comer  ben 

non  vistes,  nen  avedes  de  veer. 

I  estauam  —  4  caxa  —  6  uosfus  —  ']  a  qual  —  9  ^  cötaruo^{Ji)ey  — 
9  Ihi  nam  i  deu  hi  hü  de  criazón  —  20  uy  io  some 

Der  Spott  gilt  der  Kurzsichtigkeit  des  D.  £stevam,   und  nicht 
•*ïi  Essen  an  Königs  Tisch. 

(15.)  cvuea. 

Pero   da  Ponte. 

Un  dia  foi  cavalgar 
de  Burgos  contra  Carrion 
Z«taehr.i  roiBLPhfl.  XXV.  II 


102  CAROLINA  lÜCHASLtS  DI  VASOONCKLLOS, 

e  saiu-m'  a  convidar 
no  caminh'  un  infançon, 
5        e  tanto  me  convìdou 
que  oùvi  logo  a  jantar 
con  el,  mal  que  mi  peson. 
U  m'  en  de  Burgos  parti 
log*  a  Deus  m'  encomendei, 
IO    e  log*  a  el  prong*  assi 
que  un  infançon  achei, 
e  tanto  me  convidou 
que  oüvi-a  jantar  logu'  i. 
com  el,  mal  que  mi  pesou. 
15  £  se  eu  de  corazón 

roguei  Deus,  baratei  ben, 
ca  en  pouca  de  sazon 
àque-m'  un  infanzón  ven, 
e  tanto  me  convidou 
20        que  oüvi-a  jantar  enton 

con  el,  mal  que  mi  pesou. 
£  nunca  (ja)  assi  comerei 
com'  enton  con  el  comi, 
mais  u  eu  con  el  topei 
25     quisera-m'  ir  e  el  i 

atanto  me  convidou 

que  sen  men  grado  jantei 

con  el,  mal  que  mi  pesou. 

3  me  conuydal  —   7  concie  —    il  infançon 


(16.)  cvuee. 

Noutro  dia  en  Carrion 
queria[n]  im  salmon  vender, 
e  chegou  i  un  infanzón; 
e  tanto  que  o  foy  veer, 
5     crecen  •  Ihi  d*  el  tal  corazón 
que  diss'  a  un  seu  om'  enton  : 
„Peix  ora  quer  oj'  eu  comer, 

Ca  muìt'  á  ja  que  non  comi 
salmon  que  sempre  desejei; 

IO    mais  pois  que  o  ach'  or(a)  aqui 
ja  custa  non  recearei 
que  oj'  eu  non  cômia,  de  pran, 
ben  da  peixota  e  do  pan, 
ca  rouit'  á  que  ben  non  cêei. 

15  Ca  pois  aqui  salmon  achei, 

querrei  oj'  eu  mui  ben  c¿ar, 
ca  non  sei  u  mi-o  acharei 


RAKDGLOÔSÊN  ZUM  ALtPORT.  LÎSDÈRBUCH.  lój 

des  que  me  for  d'  este  logar; 

e  do  salmon  qae  ora  vi, 
20    ante  qne  x'  o  leven  d'  ali, 

vay-m'  fia  peizota  comprar. 
Non  qner*  en  casta  recear, 

pob  salmon  fre8c(o)  acho  siqner(?), 

mais  qner(o)  ir  ben  d'el  assfiar 
25    e  enviar  a  mia  molher 

—  que  morre  por  el  ontrossi  — 

da  balea  qne  vej'  aqni, 

e  depois  quite  quen  poder! 

I  cairhon  fur  carrhon.  Das  Versmaís  verlangt:  En  outro  dia  — 
comha  —  14  ceei  —  l6  eear  —  20  beuë  —  21  müha  —  eopr*  — 
sinfur  —    25  /''  —    28  quitar  debdas  s=  Schulden  bezahlen. 

Als  Lachsverkaufer  haben   wir   den  gallizischen  Dichter  nicht 
betrachten.     Daher  die  Konjektur  querían  in  Z.  2. 


(17.)  ovue?. 

D'  un  tal  ricome  vus  quero  contar 

que  noutro  dia  a  Segovia  chegou 

de  como  foi  a  vila  a  refeçar, 

pois  o  ricome  na  vila  entrón; 
5     ca  o  manjar  que  antes  davan  i 

por  dez  sóidos  ou  por  maravedí, 

logu'  esse  dia  cinc  soldes  tomou. 
Ricome  foi  que  vus  Deus  enviou 

que  vus  non  quis  assi  desamparar, 
IO     que  vus  a  vila  assi  refezou 

poi'- lo  ricome  veo  no  logar; 

ca  nunca  eu  tan  gran  miragre  vi 

polo  azougue  refeçar  assi 

mentr*  o  ricome  mandava  comprar. 
15  £  a  Deus  devemos  graças  a  dar 

d'  este  ricome  que  vus  presentou, 

de  mais  en  ano  que  era  tan  car* 

com'  este  foi  que  ogaño  passou; 

ca  pois  este  ricom'  entrou  aqui, 
20    nunca  maa  careza  entrou  i 

mentr'  o  rícome  na  corte  morou. 

7  cine  soldo  eor  ñob  —  cinco  wurde  die  Zeile  um  eine  Silbe   zu  lang 

^*^eii.     Die    übliche   alte    Form   war   cinque.     Vgl.   duc   —     10  ^«9   — 

^^•iougme  —    14  mandara  —  opr*  —    1$  Ca  des  —  17/5  caro  im  Reim 


Offenbar  ein  herber  Spott  auf  einen  Machthaber,   der  für  die 
^^sen,  auf  deren  Ankauf  er  ein  Recht  hatte,  zu  wenig  bezahlte. 


II' 


tÒ4  CAkOLlNA  MICHABUS  DB  VASCONCStXOS» 

(i8.)  CV1168. 

Quen  a  sesta  quiser  dormir 

conselhá-lo-ei  a  raxon: 

tanto  que  jante,  pense  d' ir 

á  cozinha  do  infanzón. 
5    E  tal  cozinha  Ih'  achara, 

que  tan  fria  casa  non  á 

na  oste  de  quantas  i  son! 
Ainda  vus  eu  mais  direi: 

eu  que  im  dia  i  dormi 
IO    tan  bOa  sesta  non  levei 

des  aquel  dia  'n  que  naci 

como  dormir  en  tal  logar 

u  nunca  Deus  quis  mosca  dar! 

É  a  mais  fría  ren  que  vi! 
15  £  vedes  que  ben  se  guisou 

de  frìa  cozinha  teer 

o  infanzón,  ca  non  mandou 

des  ogan'  i  fog'  acender. 

E  se  vinho  gSar  d'  alguen, 
20    ali  Ih'  o  esfrìaran  ben 

se  o  frío  quiser  bever! 

4  conunhado   —     IO /esta    —     14  ^na   —     16  tetr    —     19 
20  effriarà 

Satire  auf  die  kalte  Küche  eines  geizigen  Junkers. 


(19.)  CVU70. 

Sueir'  Eanes,  este  trobador, 
foi  por  jantar  a  cas  d'  im  infançon 
e  jantou  mal,  mais  el  vingou  s'  enton 
que  ar  ajan  os  outros  d'  el  pavor, 
5     e  non  quis  el  a  vendita  tardar: 
entanto  que  se  partiu  do  jantar, 
trobou-lhi  mal,  nunca  vistes  peior! 

Eno  mundo  non  sei  eu  trobador 
de  que  s'  ome  mais  devess'  a  temer 

IO    de  x'  el  mui  maas  tres  cobras  fazer, 
ou  quatro,  a  quen  Ihi  maa  barva  for. 
Ca  desque  vo'-lh'  el  cae  na  razón, 
maas  tres  cobras  ou  quatr'  e  o  son 
de  as  fazer  muit'  é  el  sabedor! 

15  E  por  esto  non  sei  no  mundo  tal 

ome  que  Ih'  a  el  devess'  a  dizer 
de  non,  por  Ihi  dar  mui  ben  seu  aver, 
c'a  Sueir'  Eanes  nunca  Ihi  fai 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  165 

razon,  des  que  el  despagado  vay, 
20    en  qae  Ihì  trob'  atan  mal  e  tan  lay 
por  qne  o  outro  sempre  Ihi  qaer  maL 

4  aia  mos  —  9  deuajse  —  16  äeua/sadüer  —  18  stitrtarus  —  désquè 

Satire  auf  ein  Mittagsessen,  mehr  aber  noch  anf  die  schlechten 
Verse  des  Sueir»  Eannes.    VgL  CV  1U7.  U70.  U84. 


(30.)  OVU7L 

Quand'  en  d'  Olide  sai 

preguntd  por  Ayvar 

e  disse -mi  log*  assi 

aquel  que  foy  preguntar: 
5     „senhor,  vos  creed'  a  mi, 

que  o  sei  mui  ben  contar: 
Eu  vus  conto  quant'  á 
d'  aqui  a  cas  don  Xemeno< 
un  dia  mui  grand^  ai.. 
10  e  un  jantar  mui  pequeño. 

Disse -mi  u  (me)  d'  el  parti: 

„quero -TUS  ben  conselhar; 

a  jomada  que  d'  aqui 

▼us  oy  queredes  filhar, 
15     seri  grande,  pois  des  i 

eras  non  é  ren  o  jantar: 
por  en  TUS  conto  quant'  i 
d'  aqui  a  cas  don  Xemeno: 
un  dia  mui  grand'  ai.. 
20  e  un  jantar  mui  pequeño. 


I  dolide  —    7  Wohl  quanto  dì 

Wie  ich  die  navarresischen  Ortschaften  0///^,  A}Tar  nnd  Don 
Xemeno  in  Zusammenhang  mit  einander  bringe,  habe  ich  im  CA 
Kap.  VI  in  der  Biogr.  XXXV  des  Pero  da  Ponte  mitgeteilt  Hier 
genügt  es  zn  verzeichnen,  dafs  Don  Xemeno  de  Ayvar  zu  den 
Navarresen  gehörte,  die  mit  König  Sancho  am  Siege  von  Tolosa 
12 12  teilnahmen. 

(21.)  CVUT7. 

£n  alm9eda  vi  estar 
a  un  ricom'  e  diss'  assi  : 
„quen  quer  un  rioome  comprar?** 
E  nunca  i  comprador  vi 
5     que  o  quisesse,  nen  en  don, 
ca  dizian  todos  que  non 
darian  un  soldo  por  si 


1 66  CAROUNA  HICHAKUS  DB  VASCONCELLOS, 

E  d' este  rìcome  qnenqner 

▼us  pod'  a  verdade  dixer. 
10    Pois  non  après  nenhnn  mester, 

¿qnen  querrá  i  o  sea  perder? 

ca  el  non  faz  nenhon  lavor 

de  qne  nolh'  om'  aja  sabor, 

nen  sab'  adnbar  de  comer. 
15  Eu  foron  polo  vender 

preguntaron -no  en  gran  sen: 

„¿ricom,  que  sabedes  fazer?*' 

e  o  ricome  disse:  ^^ren! 

non  amo  custa  nen  misson, 
20    mais  compro  múi  de  coraçon 

erdade,  se  mi -a  vend' alguen." 
E  pois  el  diss'  esta  razón  V 

non  oüvi  molher  nen  baron 

que  por  el  dar  quisesse  ren! 

2  ouin  —  12  ccU  tf/—  17  ricome  —  Vielleicht:  ricome,  que  sab 

(22.)   CB  1508. 

JoSo  de  Guilhade. 

Vi  eu  estar  noutro  dia 
infançOes  con  un  rìcome 
posfaçando  de  quen  mal  come, 
e  dix'  eu  que  os  ouvia: 
5  Cada  casa  favas  lavan! 

Posfaçavan  d'  un  escasso, 
foy-os  eu  ascuitando; 
eles  foron  posfaçando 
e  dixi-m'  eu  pass'  e  passo: 
IO  Cada  casa  favas  lavan! 

Posfaçavan  d'  encolheito 
e  de  vil  e  de  spantoso 
e  en  sa  terra  lixoso, 
e  dix'  eu  enton  dereito: 

Cada  casa  favas  lavan! 

3  u.  8  posfaçâdo.    Das  Metrum  zwingt  uns  pos/açand*  a  quen 
zu  lesen  und  in  Z.  7  ^  eu  os  foy  ascutíando  zu  vermuten  —    9  pas 
—  II  posfacaucL  —    13  tira  —   I4  dizeu 

Das  Sprichwort  bedeutet  so  viel  wie:  ca  e  là  más  f adi 
und  soll  besagen,  dafs  es  im  Hause  der  Maldtzenies,  was  d 
betrifft,  nicht  besser  bestellt  war  als  anderwärts.  Viellei 
in  /(Was  auch  noch  ein  direkter  Hinweis  auf  spärliche  Kc 
Tage  Saubohnen?  —    Ob  man  meu  passo  e  passo  noch 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  UEDERBUCH.  IÖ7 

Rrn/stsein  der  substantivischen  Natur  von  passo  gesagt  hat?  Sonst 
¿ommt  im  Liederbuch  an  ähnlichen  Formen  nur  pauqu*  e  pouco  und 
nan^  i  manso  vor. 

(23.)   CB  1562  (=  425). 
Nun  es« 

Un  infançon  mi-á  convidado 
que  seja  seu  jantar  loado 
par  mi;  mais  (eu)  non -no  ei  guisado 
e  direi -vus  por  que  mi  aven: 
5     ca  ja  des  antan'  ei  jurado 
que  nunca  diga  de  mal  ben. 

Diss*  el:  „poi' -lo  jantar  foi  dado, 
load'  este  jantar  onrado.** 
Dix'  eu:  „farla -o  de  grado; 
IO    mais  jurei  antan'  en  Jaén 
na  oste  quando  ñiy  cruzado 
que  nunca  diga  de  mal  ben! 

CB  I  Hun  Infancon  mha  cdutdado  —  2  doado  —  8  onirado  —  IO  Die 
>liclie  alte  Form  ist  Geen, 

Ob  Ayras  Nunes  der  Verfasser  ist? 


IV.    Penn  a  V  eira. 

Das  dritte  Streitgedicht,   mit   dem   ich  mich  beschäftigt  habe, 
\autet: 

(24.) 
üa  pregunta  queir*  a  el  rey  fazer 
que  se  sol  ben  e  aposto  vistir: 
¿porqué  foi  el  pena  veira  trager? 
Veer -Ih'- an  bon  pan'  e  queremos  riir, 
5     —  eu  e  Gonçalo  Martliz,  qne  6 
ome  muit*  aposto,  per  boa  fé  — 
e  ar  queré'-lo-emos  én  cousir. 

„Garda  Perez,  vos  ben  cousecer 
podedes:  nunca,  de  pran,  foi  falir 
IO    en  querer  eu  pena  veira  trager 

velha  en  córte,  nen-na  sol  cobrir(?); 
pero  de  tanto  ben  a  salvarci: 
nunca  me  d*  eia  en  córte  paguei, 
mais  estas  guerras  nos  fazen  bulir." 
15  Senhor,  mui  ben  me  vus  fostes  salvar 

de  pena  veira  que  trager -vus  vi; 
e  pois  de  vos  a  queredes  deitar, 
se  me  creverdes,  faredes  assi: 


X68  CAROLINA  HICHABUS  DB  VASOONCBLLOS» 

Mandade  logu'  est,  e  non  aja  i  al! 
20    deitade-a  logu'  en  un  mnradal, 

ca  peyor  pena  nunca  d'  esta  vL 
yyGarcia  Perez,  non  sabedes  dar 

bon  conselho  —  per  quanto  vus  oí  — 

pois  que  me  vos  conselhades  deitar 
25     en  tal  logar  esta  pena;  s'  assi 

o  fezesse,  faria  mui[to]  mal; 

e  muito  tenh'  ora  que  me  mais  val 

o  dà' -la  en  a  un  coteif'  aqui.        /Q3  4^5  -^  867.) 

I  Hua  preguntar  ^r  —  3  peqna  —  4  Ich  lasse  ifeer  und  riir  stehen. 
Es  bleibt  dem  Leser  überlassen,  welche  von  beiden  Formen  er  kontrahieien 
will  —  5  goncalo  ntrij%  —  9  falquir  —  10  en  querer  en  —  14  ofías  — 
20  Dota  loguen  huñ  —  21  peyior  —  24  con  f  o/hades  —  25  Eutal  logar  esta 
pe^na  caffi  —  26  offezeffe  faria  mui  mal  —  27  ^  muj  m^  ual  —  28  Endata 

£in  König,  der  sich  schmuck  und  gut  zu  kleiden  pflegt,  hat 
ein  minderwertiges,  mit  Buntwerk  besetztes  oder  gefuttertes  Gewand 
getragen,  wird  darob  lachend  angegriffen,  entschuldigt  sich  damit, 
nicht  bei  Hofe,  sondern  im  Kriege  habe  er  den  alten  schlechten 
Pelz  angelegt,  hört,  obwohl  der  Angreifer  seine  Verteidigung  gelten 
läfst,  die  Aufforderung,  denselben  sofort  auf  den  Kehrichthaufen 
an  der  nächsten  Mauer  zu  werfen,  erklärt  das  für  einen  schlechten 
Ratschlag  und  zieht  vor,  das  abgetragene  Stück  einem  seiner 
Troupiers  zu  schenken. 

Textkritisch  bietet  diese  vierte  Königstenzone  keine  sonder- 
lichen Schwierigkeiten.  Nur  das  Reimwort  von  Z.  9,  an  das  ich 
rühren  mufste,  bleibt  fraglich,  und  unverstandlich  der  Schlafs 
von  Z.  ii.i  Daran,  dafs  wir  in  Z.  3  und  25  pena  zu  lesen  haben, 
ist  nicht  zu  zweifeln,  da  pequeña  weder  in  den  Zehnsilbner  pafst, 
noch  die  zwei  Adjektive  ohne  Substantiv  einen  Sinn  geben,  vcira 
als   Hauptwort   aber    im  Portugiesischen    nicht    nachzuweisen    ist^ 

^  Ob  Cubrir  alg,  c,  gleichwie  cobrir'se  de  alg,  c.  bedeuten  kann:  „sich 
einer  Sache  als  Decke  bedienen,  sich  mit  einer  Sache  bedecken"?  Dann 
hätten  wir  zu  verstehen:  „ich  habe  nimmer  den  Fehler  begangen,  Bunt- 
werk bei  Hofe  als  Kleid  zu  tragen ,  und  nicht  einmal,  solches  als  Decke  oder 
Hülle  zu  gebrauchen",  nunca  fui  fahr  en  trager  pena  veira  na  córte,  nen 
sol  (=  nem  tampouco)  en  {n)a  cdrirF  —  In  einem  Spottgedicht  Alfons'  X. 
(CV  66),  das  sich  um  einen  diebischen  Pilger  dreht,  tritt  cobrir  dreimal  als 
Reimwort  auf  —  möglicherweise  gleichfalls  mit  Bezug  auf  Pelzwerk  (gris). 
Doch  ist  die  Bedeutung  von  Gris  nicht  sicher.  Vielleicht  ist  Gris  oder 
Agris  der  Name  des  Bestohlenen: 

dagris  furtaran  que  por  ¿n 
non  Ihi  leixaran  que  possa  cobrir, 
und 

e  sol  non  cataln]  como  gris  non  ten 
[/a]  nunca  cousa  de  que  se  cobrir, 

Oder  bedeutet  Z.  ii:    „und  nicht  einmal   Buntwerk   zu  bedecken  —  d.h.  es 
versteckt  und  bedeckt  als  ünterfutter  zu  verwerten"? 

'  Ueber  die  Entwicklung  von  varius  und  variare  im  Portug.  spreche 
ich  in  Randgl.  XVI,  aus  Anlafs  der  Olhos  verdes,  wie  schon  gesagt  ward. 


RAKDGLOSSEN  ZUM    ALTPORT.  LIEDERBUCH.  tÓQ 


^uhd  pata  vtira   steht  ja  nnveifalscht  in  Z.  io  und  i6,   uns   den 

FWeg  weisend. 

Sachlich  staunt  man  im  ersten  Augenblick  darüber,  dars  diese 
Pelisoite,  die  man  gewohnt  ¡st  in  Schilderungen  und  Verordnungen 
als  kostbaren  Lusuastoff  in  einem  Atem  mit  Zindel,  Brocat,  Schar- 
lach. Sammet  genannt  eu  sehen,'  von  einem  Troubadour  so  ver- 
ächtlich behandelt  wird,  als  sei  sie  nicht  gut  genug  für  seinen 
Herrscher.  Man  mufs  sich  erst  darauf  besinnen,  dais  wir  am 
glaiuenden,  mit  des  Orients  Kostbarkeiten  prunkenden  Hofe  eines 
peninsularen  Fürsten  weilen,  und  dafs  auch  der  Teilnehmer  an 
niuerer  Scherz-Tenzone  kein  auf  Lohnung  durch  buntes  Tuch  be- 
dachter Spielmann  oder  Berufsdichter,  sondern  ein  fumehmer  Herr 
sein  mufs  —  wie  aus  dem  Gegenstand  und  der  besonnenen  Rede- 
weise, mehr  aber  noch  aus  der  Fassung  der  königlichen  Entgeg- 
nung hervorgeht  Drittens  und  hauptsächlich  dreht  sich  der  Disput 
om    einen   alten   verbrauchten  Pelz,    nicht  um  pma  vara  an  sich, 

^uoiQ  wir  auch  in  der  Angriflsstrophe  die  betreifende  Angabe  ver- 

HiBsen. 

^^  Darüber  dafs  im  Süden  im  13- Jh.  und  heute  wiederum  nicht 
blofs  zur  Winterzeit,  sondern  selbst  für  Sommertrachten  Pelzwerk 
aufserordentlich  gesucht  war^  —  man  unterschied  SaisonpeliT  ptnna 
de  tastm  und  penna  de  veräo:^  was  sich  von  dem  alten  Brauch  im 
nationalen  Hirtenleben  erhalten  hat  {çamarro,  cafìts  nebst  çarrSo 
oder  zurrSo)',  welche  heimischen  und  welche  ausländischen  Sorten 
hier  Verwendung  fanden;*  wie  für  die  zarteren  kostbareren  Gattungen 
die  aus  der  Provence  übernommene  Bezeichnung  ptnna  mit  ihrer 
hübschen  bildlichen  Gleichstellung  des  Hermelin,  Nörz,  Zobel, 
Bunt-  und  Grauwerk  mit  Taubenflaum  und  £iderdunen  benutxt 
Ward.*  für  die  daheim  gewonnenen  Felle  aber  pellis;'^  was  die 
Preistabelleo  und  Kleiderordnungen  uns  über  das  (bewerbe  der 
Schneider  and  Kürschner'  verraten,  darüber  Uefse  sich  unter  Ein- 


'  BeleestellcD  bei  Du  Caage,  Godefroy. 

*  Im  Elucidane  findet  sich  Dtchts  Brauchbaieg.    S.  alfatuhe  und  anitia. 

*  P.M.a:  legi,  191. 

*  legti  igi  — 196  eirahrcD  wir  von  der  Haut  des  Hiruhksibes  [aenh, 
Beaportni!-  'w*o.  «om  Ul.  hinneus),  de»  DarohUschcs  (gamilo),  Lamnics  {cor- 
•Jario).  Kjtlbe«  (/¿nroail,  Zickleins  {fabräu),  die  wir  nicht  als  Peliwerk  zu 
ticttaclittn  gcwohat  lind;  dftno  von  Kslie  {gato  de  iaia).  Wildkatze  Igalo 
mumti).  Fochs  {gtäpitui),  Frettchen  {/uina  und  lourSo),  Olter  {lunlria). 
3Jvder  {marterenia),  Gineta  {genetai  und  einem  mir  unbekannten  hibtrno.  in 
Jnn  ich  lubrtaa,  eioeo  jungeo  Wolf,  vermute;  femer  von  vtslidos  de  catl/io. 
Alle  diese  als  fellis.  —  Die  mtten  daamarligen  fimnai  ilammcn  von  Her- 
milin  (armmiton),  Ottet  {iuntria),  Haselmaus  [dt  HHonibui)  und  Hase.  — 
Antierdem  wird  ein  Unterschied  gemacht  iwischen  fettna  blanca,  purada. 
i'tT¡a,   mûerada  (dies  leute  Worl  kommt  CV  1154  vor). 

*  Auch   im  Altspaniscben    h»ben    wir    nalürlich   /tHa   und  peRj   vera, 
^.  1,  B.  /i/o  7.  640.  1151.  1378. 

*  Heute  ist  ptU/  das  einzige  Wort;   span.  pelUJa. 
1  Ftlùeiro  CV  827. 


I7â  CAROLINA    ïnCHAELIS   DE   VASCONCKLLOS, 

beziehnng   aller    Stellen    aus    den  Liederbüchern    ein 
Modebericht  zusammenstellen. 

Für  unseren  Zweck  genügt  es,  zweierlei  zu  fixiere 

1.  Penna  veira,  d.  h.  die  zwiefarbigen  Felle'  ei 
kleinen  und  darum  kostbaren,  dem  Hermelin  und  Nörz  venvandtenl 
osteuropäischen  Nagetierchens  —  es  sei  mustela  ¡ulriola^  oder  nicht  — , 
so  geschätzt  sie  auch  waren,  zählten  nicht  zu  den  pannos  reats, 
à.  h.  sie  blieben  so  wenig  wie  Grauwerk,  Zobel  und  selbst  Her- 
melin für  Konige  und  Fürsten  durch  ein  Sondergesetz  reserviert, 
sondern  wurden  als  Futter  und  Verbrämung  von  Mänteln  tmd 
Kapuzen  aller  Art  ohne  andre  Beschränkung  als  der  vom  Geld- 
beutel des  Käufers  gesteckten  in  den  Handel  gegeben.  Das  Lieder- 
buch selbst  liefert  Beweise  dafür. 

Der  alfonsinische  Spielmann  Pedr'  Amigo  de  Sevilha  1 
klagt  sich  einma!,  er  sei  bei  der  Verteilung  von  panes  und  ^ 
Vitras  zu  kurz  gekommen  {CV  680). 

Estévam   da  Guarda,    der  spottlustigc  Kanzler   des  Königs 
Denis,  verhöhnt  einen  zum  Edelmann  beforderten  Bauern,  der,  um 
seine    Glatze    zu    verdecken,    sich    eine    ungeheure,    mit  pena 
ausgestattete    Kopfbekleidung    {caparon)    zugelegt   hatte    (CV  027).J 
Uebrigens  wird  der  Flaumpelz  hier  ausdrücklich  nobre  genannt.' 

Derselbe    Dichter    erzählt    ein    andermal    vom    Verkaufe    ge-1 
brauchter  pannos  und  pennas  veiras  durch  einen  Makler  {CV  804). 

2.  Benutzt  aber  wurden  die  pennas  varias  auch  von  Königen, 
wie  unsre  Tenzone  zeigt.  Diesmal  fiel  es  freilich  dem  dichtenden 
Alfons  nicht  ein,  sich,  wie  in  dem  Gedankenaustausch  mit  Vasco 
Gil,  mit  dem  Beispiel  eines  andern  Herrschers  zu  decken.  Sonst 
hätte  er  abermals  auf  einen  König  von  Portugal  hinweisen  können: 
Sancho  I.,  der  in  seinem  Testament  seine  einlas,  esearlatat  mid  , 
penas  varías  seiner  Tochter  D.  Sancha  vermacht.* 


Lieder- 
tia  bo^ 

m 

\ 


Bei   muradal  an    den    berühmten  Pafs    der  Sierra  Morena 
denken,  der  so  manches  Kriegsheer   gesehen  hat,   liegt  dt 


rena   n^| 
lorcbatatH 

Ire  Tien  V 


>  Die  Uebersetznng  „bunt"  ist  die  besle,  wo  es  sich  um  andre  1 
■Is  é»a  pelílicfenid«  Mäuschen  handelt  (Hund,  Siate,  Skorpion},  oder  gar  n 
Menschenhaar.  —  Die  dne  der  Fatben  war  weiis,  die  andre  kaum  immer 
di«  gleiche,  bald  rötlich,  bald  gtau,  bald  schwan.  —  Uniutreficnd  sind  jcden- 
falli  die  ErklaTaugen  der  hi  .spanisch  en  Berichterstati  er:  (SsDcbez-Jsner:  vera 
^  muy  blattca;  Cueto:  blanca  o  baya;  Braga:  alvo  ah'eiro).  Sie  slammen 
alie  aus  einer  Stelle  im  Werke  des  Erxptiesters,  wo  man  liest:  El  axtHui 
de  fuera  mas  negro  et  cue  caldera  \  Es  de  dentro  muy  blanco  mas  que  ía 
fennavera  (Str.  7).  —  tn  Su.  640  bedeutet  der  Sau:  La  penna  tiene  blanto 
et  prieto,  fero  todos  son  conejos  „es  giebl  weirse,  aber  auch  dunkle  Ka- 
nin chen". 

'  Londrasinka   als  BMeichnUDg    ei 
eine  kleine  Oller-Art  und  hat  nichts  mit 

»  Man  vergleiche  noch  CV  BBO. 

•  Mon.  Luí.  IV.    Eicrü.  lU  :6o. 


jch  natürlich  anf.^l 


r 


RANDGLOSSEN  ZDV   ALTPORT.  UEDERBÜCH.  171 

kern  Gnind  vor.    Man  lasse  dem  Wort  seine  ursprürgliche  appel- 
lative Bedeutung. 

So  abgetragen,  ¡n  des  Dichters  übertreibendet  Redeweise  ter 
den  Mullhaufen  reif,  war  das  Stück,  dafs  es  nur  einem  gemeinen 
Soldaten  überantwortet  werden  konnte.  Wenigstens  glaube  ich, 
wie  ich  schon  früher  dargelhan,'  dafs  wir  einen  peon  unter  eoUift 
zo  verstehen  haben.  Diesen  Namen  versuche  ich  jetzt  —  da  ein 
SniEx  'Hfe  -f/i  nicht  vorkommt'  —  aus  dem  Arabischen  herzu- 
leiten, wo  kalti/  ein  langes  Schwert  bedeutet  {latus  enii's;  /errum 
ingtim  et  latum).  Mit  dem  maurischen  Ausstattungsstück,  dem  der 
(oUift  besagten  Falles  die  Benennung  verdankte,''  ging  dieselbe 
vermutlich  wieder  verioren.  Sie  kommt  nur  bei  Alfons  X.  vor*  und 
einigen  seiner  Getreuen,'  wenn  wir  ein  iiagwürdiges  Spottgedicht 
aufsei  acht  lassen  oder  zu  des  Köm'gs  Hab  und  Gut  rechnen,  das 
derselben  Gedichtgnippe  angehört  wie  unser  /Vwa-wira-Lied. 

Damit  sind  wir  zur  Hauptfrage  gekommen,  ttm  derentwillen 
ich  dasselbe  aus  seinem  Zusammenbang  gelöst  und  neben  die  zwei 
Streitgedichte  geslelll  habe,  die  Alfons  X,  zugesprochen  werden 
müssen;  wer  nämlich  ist  der  König,  dem  jene  Gedichtgruppie  an- 
gehört? ^  Alfons  X.?  oder  Alfons  IX.?  Hat  nur  der  ital.  Kopist 
in  der  Ueberschrifl  El  Rcy  don  afftmso  [<Ä  CasttUa  ê\  dt  Uon  die 
eingeklammerten  Worte  ausgcla.ssen?^  Es  scheint  wenig  glaublich, 
da  gerade  die  dichtenden  Konige  sowohl  den  Kardinal  Bemt>o  als 
Angelo  Colocci  besonders  interessiert  haben.  Steckt  also  ein  Fehler 
im  Automamen,  so  wird  er  aus  der  Vorlage  stammen,  von  der 
Hfir  nichts  wissen,  als  dafs  sie  sich  anscheinend  in  einem  argen 
Zustand  befand.     So   lange   die  Urheberschaft   des   Weisen  nicht 


^m  Hci 


'  Randgl.  I  Z.  158.  168.  169  sowie  S.  71—72.  —  Tritt  der  eeleiß  meist 
*]i  Fafisoildat  und  wie  ein  GemcÍDeT  auf,  10  idieiiit  Alfons  X.  die  Gattung 
doch  einiDil  (UV  74}  in  ^tuizer-KIeidnng  voTzufuhrea  (mit  arminhosì  und 
erftladoíT).  Ein  aad^msl  tragen  aie  ein  Wams  ans  Katlun  (perponlo  dt 
oJgedm)  nod  Hosen  aus  ZwiUieh  {caifas  de  branquita)  (CV  63).  LangbSrtig 
nnd  «e  aneh.  Oder  ist  orfrlados  etwa  eine  kastilische  Form  von  horri- 
füatatÍ 

■  Tabtft  =  „Tachtcl"  wciis  ich  nicht  lu  erUären.  —  Die  Schreibart 
t»ili/<  kommt  nur  eiamil  voi  (CB  464).  Vermutlich  hat  durch  Verschreiben 
das  i  KÌntn  Plalr  gewechselt. 

*  Solche  Ueberliagung  eines  Sachnamens  auf  die  Person,  der  sie  als 
Chiracleristicum  dient,  kommt  oft  genug  vor.  Ich  erinnere  nur  an  jaqui.  den 
jickenliagenden  Soldateu,  nnd  guita,  Tresse,  das  Spoltwoit  far  den  modernen 
ponog.  Poliieiioldalen.  —  Ein  Versuch,  coieife  wie  golfim  (Cran.  Alf.  c  75 
p.  59)  aus  der  Scb  ach  terminologie  heriuholen,  ist  mir  mifslnngen. 

•  CV  es.  74.  CH  32  a.  1»4. 

•  Rui  Queimado  CV  804;  Coelbo  CV 1034. 
<  /nd.  466—466. 

*  Uomiltetbar  folgen,  wie  der  Leser  wei&,  eine  fromme  und  mehrere 
ptofane  Dichtongen  AlfoDs'  X.  (467 — 496),  denen  die  Uebeischrift  El  Rey  don 
afftnii)  de  Catlela  e  dt  Lioit  vorangeht.  —  Wiederholung  von  Namen  als 
nebcricbrif)  ist  aber  sehr  hanfìg.  —  Auch  Alfons  XL  ist  aasdrücklich  als 
Hcirichei  beider  Rdchc  beieicbcet  (607). 


172 


CAROLINA 


DE   VASCONCELLOS, 


mit  hinreichender  Klarheit  nachgewiesen  ist,  wird  man  immer  wieder 
versuchen  müssen,  im  Rey  de  Leon  den  Grofsvater,  Alfons  IX^ 
zu  erkennen.'  Gelungen  ist  mir  bis  jetzt  weder  das  eine  noch 
das  andre.  Der  Majordomus  D.  Rodrigo  (CB  464),  Milta  Fer- 
nandes  aus  der  Familie  der  Pertigueiros  de  Santiago  (480)  und 
die  Anwesenheit  des  Königs  in  Guarda  (456)  bringen  vielleicht 
die  Lösung  des  Rätsels.^ 

Mancherlei  scheint  auf"  Alfons  X.  hinzuweisen.  In  einem  der 
Gedichte  ist  von  andalusíschen  Städten  in  einer  Weise  die  Rede, 
als  gehörten  sie  zum  Reiche  des  Dichtenden.''  So  aber  konnte 
der  Leonese  unmöglich  von  Sevilla,  Lebrija  und  Alcalá'  reden. 
Das  gilt  auch  von  dem  auf  die  Olivenwälder  von  Eìxarafe  und 
die  alearías  hinweisenden  Spottlied.^ 

Was  unsre  Tenzone  betrifft,  so  ist  ihre  Aehnlichkeit  mit  den 
beiden  bereits  besprochenen  recht  grofs,  sachlich  wie  fonnell;*  von 
allen  übrigen  Streitgedichten  weicht  sie  hingegen  ab,  was  Gegen- 
stand und  Einkleidung  betriflï.  Dazu  kommt,  dafs  von  Krieg  die 
Rede  ist.  Was  wir  sonst  an  Kriegsliedern ^  besitzen,  stammt  aber 
aus  den  andalusischen  Feldzögen  Ferdinands  IIL  und  seines  Sohnes 
Alfons  und  ist  entweder  Wurk  des  letzteren''  oder  das  seiner 
Grofsen.  Wie  ich  in  den  nachfolgenden  Glossen  zeige,  möchte 
ich  dieselben  in  den  Aufstand  der  sechziger  Jahre  \erlegen  —  in 
eine  Zeit  also,  in  welcher  Alfons  X.  noch,  heiter  und  siegesfrob 
sowohl  als  Gesetzgeber  und  Eroberer,  als  auch  als  Vater  und  Re- 
gent, zum  Dichten  aufgelegt  sein  mochte. 

'  Nimmt  man  Heikunfl  der  betreiTenden  Lisd«  aus  dem  BCsitie  eines 
penÌD9u1aren  SnmmleTS  an,  so  isl  ¡sl  die  Beidchnucg  de  Leen  für  Alfons  X. 
in  hohem  Grade  unwahrscheinlich.  Und  Eclbsl  ge^etit,  sie  slammlen  aus  pn>- 
venialischem  Gebiet,  bliebe  sie  befiemdend.  Fremde  Troubadous  haben  ihn 
dann  und  wann  schlichlweg  Rey  de  Leon  geoattnl,  doch  nur  wo  das  Metrum 
solche  Verkôizoag  der  Titulatur  eiheischte,  wie  z.  B.  in  der  Tornada  des  poly- 
glotten Sirventts-Descordo  (Ratidgl.  VIIIJ,  oder  auch  V  reyi  cuy  it  Ues  (Gaìraat 
Riquier  bei  Mila  217!.  lieblicher  ist  jedoch:  reys  deis  Caílellds  —  R^i 
Caiteìldt  —  Teys  de  Castela  N'Anfos  —  reys  N'An/os  Casteldi  cui  Leoi  <J 
—  Rei  de  Leen  git'es  senhars  de  Caslelas  —  el  bot  rey  de  Castela  ffAnfot 
que  rey  es  de  Lea  und  ähnliches  mehr. 

'  Geographische  Namen  allein  können  den  Ausschlag  nicht  geben.  Dock 
sei  bemerkt,  dsfg  ein  Va!  de  Canas  [CB  464)  zam  Gebiet  von  PalencU  ge- 
hört uud  dafs   Campos  (Lb.)  auch  von  Alfons  X.  erwnhol  wird  (CV  65). 

•  CB  466.     S.  darüber  CA  Kap.  VI,  Biogr.  XIV. 

•  Aleali  Ui  Real,  oder  de  Benr.aide. 
»  CB  462.    Vgl.  1.  B.  Cron.  Gen.  p.  39g  (bei  -Schimnacher  I  p.  ^ti) :  ca 

en  ei  su  Axaraf  hauia  bien  iste  dia  cien  mü  alearías. 

"  Alie   drei   bestehen   aus   2x2  Strophen   in  Zehnsilbnerai    und   allei 
dreien   fehlen  die  üblichen  Schlafskadenzen ,   in  denen  der  Sie);er  wie  der  Be- 
siegte  das   Facit   zu   ziehen   pfl^.   —    Was   die   Zeilenzahl   betrifft,    stimmt 
CB  357   nut   zu  CB  386;    in   der   Rrimbindnng  {ababccb   lu   1 
nicht  genau, 

■"  Kriegslieder  mir  in  dem  Sinne,  dais  sie  sich  »nf  Kriegsieit  und  Kri^o- 
beliehen. 

■  S.  Rartdgl.  V  und  VI, 


I 


I 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  UBDSRBUCH.  173 

Gut  wäre  es,  wenn  wir  wüfsten,  wer  der  Garcia  Perez  ist, 
der  sich  in  so  ^miliarer  Weise  an  seinen  Gebieter  wendet  —  ob 
auch  mit  etwas  mehr  Znrûckhaltmig  als  Charinho  und  Vasco  Gil. 
£r  redet  den  König  zu  Anfang  nicht  direkt  an,  sondern  überläfst 
es  ihm,  ob  er  in  eigner  Person  antworten  oder  einen  Dritten  damit 
beauftragen  will,  seine  Entgegnung  in  Reime  zu  bringen.^  Als 
solchen  Dritten  schlägt  er  aber  —  wenn  ich  ihn  recht  verstehe  — 
einen  seiner  Genossen  vor:  Gonçalo  Martins,  als  einen,  der 
nicht  übel  gewillt  schien,  sich  am  Pelzscherze  zu  beteiligen.  Einen 
Garda  Perez,  der  zu  dem  Leonesen  in  engeren  Beziehungen  ge- 
standen hätte,  kenne  ich  nicht  Hingegen  einen,  der  zu  Alfons'  X. 
Vasallen  gehörte:  jenen  Schwager  des  Dichters  und  Admirals 
Charinho,  der  1282  als  Meirinho  Gallizien  verwaltete,  während 
seine  Frau  die  Veste  Zamora  den  Umtrieben  der  aufrührerischen 
Infanten  gegenüber  nicht  zu  verteidigen  vermochte.^  Woher  jedoch 
die  Sicherheit  nehmen,  dafs  er  und  der  Dichter  ein  und  dieselbe 
Person  sind? 

Auch  von  Gonçalo  Martins  vermag  ich  nichts  auszusagen.' 
Ich  weifs  nur,  dads  in  dem  im  Liederbuch  CB  unmittelbar  fol- 
genden Gedicht  ein  D.  Gonçalo  angeredet  wird>  Und  zwar  wird 
er  auch  dort  vom  König  vorteilhaft  geschildert  als  aposto  t  frt' 
ntoso  cavcdetro  . , ,  de  iodos  comas  comprido  . , ,  e  aposf  e  ben  talhado. 
Gleichzeitig  wird  auf  sein  Talent  angespielt,  mit  ungeheurem 
Schwerte  sogar  Feder-  und  Pelzwerk  {pena)  zu  durchschneiden.^ 
Femer  auf  seine  Anwesenheit  in  Andalusien  —  lauter  Einzeln- 
heiten, die  uns  zu  statten  kämen,  wenn  das  Gedicht  als  ganzes 
nicht  gar  so  dunkel  wäre. 

Unter  den  Dichtem  kommt  Garcia  Perez  sonst  nicht  wieder 
vor;  Gonçalo  Martins  überhaupt  nicht.  Dafs  es  jedoch  einen 
Poeten  dieses  Namens  gegeben  hat,  lehrt  eine  portugiesische  Ur- 
kunde.^ Er  führte  sogar  den  Ehrentitel  trohador  de  Santarem, 
Seine  Tochter  Maria  Perez  stand  in  intimen  Beziehungen  zu  dem 
vornehmen  Troubadour  JoÄo  Velho  de  Pedragaes,  der  1280 — 82 
als  Gesandter  des  Königs  von  Portugal  am  aragonesischen  Hofe 
weilte,  um  die  Heirat  mit  der  jungen  D.  Isabel  zu  pactieren.*^ 
Ueber  die  Schicksale  des  Trohador  de  Santarem  und  seinen  etwaigen 


^  Portugiesische  Beispiele  solcher  Meinungsaufsening  sind  nicht  bekannt. 
Nar  die  provenzalischen  Fälle,  in  denen  N^At  de  Mons  und  Guiraut  Riqxiier 
im  Namen  AI  fon  s'  X.  das  Wort  ergriffen  haben. 

'  Cron,  Alf,  c.  76;  Randgl.  I  22  und  45. 

'  In  den  Adelsbüchern  kommen  zu  viele  gleichen  Namens  vor,  als  dafs 
sich  Yerläfsliches  hätte  auskundschaften  lassen. 

*  CB  466  Don  Gonçalo,  pois  queredes  ir  ä*  açui  para  Sevilha, 

^  Schade  dafs  jenes  grofse  Schwert  nicht  als  coteife  bezeichnet  wird! 

*  Vgl.  Revista  Lusitana  V  136. 

*  Aires  de  Sa,  Frey  Gonçalo  Velho,  Lisb.  1898  p.  57.  123  und  47.  — 
£b  Enkel  des  Paares  wurde  1295  legitimiert;  ein  Sohn  kam  später  an  die 
Reihe  (1300). 


} 


174      CAROUKA  MICHABUS  DB  VASCOMCBLLOSy  &AMDQI.06SBM. 

Aufenthalt  in  der  Nähe  Alfons'  X.  wissen  wir  nichts.  Dafs  aV>^ 
der  von  König  Alfons  verlachte  schmocke  Ritter  D.  Concaio  sic^ 
auch  als  Dichter  im  satirischen  Fache  hervorthat,  darf  man  viel- 
leicht aus  der  Behauptung  schliefsen: 

a  qnenqiier  qne  cometestes 
sempre  mal  o  escamistes.^ 


^  Cometer  wie  escarnir  beâehen  sich  im  Liederbudi  der  Regd  a^^ 
auf  spottende  Dichter. 

Carolina  Michablis  db  Vascomcellos. 


Der  ProBaroman  Ysaje  le  Triste. 

EINLEITUNG. 

Der  Roman  „Ysaye  le  Triste"  ist  uns,  soweit  bekannt  ist,  ¡n 
jwei  Handscliriftea  überliefert.  Die  eine  befindet  sich  auf  der 
Herzoglich  Gothaischen  Bibliothek  in  Gotha  als  No.  688,  die 
andere  auf  der  GrofsherzogÜch  Hessisclien  Bibliothek  in  Darmstadt 
als  No.  25^4.  Erstere  sei  hier  kurz  mit  G,  letztere  mit  D  be- 
KeichneL 

G  besteht  aus  einem  491  Blätter  enthaltenden,  mit  schönen 
kräftigen  Farbenbildem  gezierten  Bande,  dessen  Deckel  mit  grünem 
Sammet  überzogen  ist.  Die  Schrift  ¡st  ungleich  und  an  vielen 
Stellen  stark  verblafst.  Der  Inhalt  ist  durch  Herausreifsen  einzelner 
Blätter  unvollständig  überliefert.  So  fehlen  die  g§  i — 3,  die  Hälfte 
von  §  20,  die  §§  108^1 1 1,  die  zweite  Hälfte  von  g  457.  die  ersite 
Hälfte  von  §  458  und  §  582.  Aufserdem  fehlen  die  Zusätze  zu 
den  §§  17,  loz  und  216.  Die  §§  4,  9,  13  sind  mit  roten  Ueber- 
schriften  versehen,  die  Anfänge  der  anderen  §g  werden  nur  durch 
rote  oder  blaue  Anfangsbuchstaben  gekennzeichnet.  Die  Ueber- 
schrift  zu  g  4  lautet:  Communi  Viiiä  !a  Royne  accoutha  a  lontree 
dun  boys  de  fsaye  le  Trisk  loqtul  fut  baptist  ci  nourry  dun  armütt, 
zu  I  9:  Commani  fets  vtnoienl  de  nuyt  ou  dorme  ¡enfant  et  luy  bau' 
imeni  norriture  sublilUment  dont  ¡ermitle  fui  moult  effraye  et  umer- 
vetlle,  au  §  13;  Commant  lermitle  arriva  au  piid  de  la  verte  forest 
ou  il  trouva  lune  des  dames  et  toit  luy  monstra  le  lieu  ou  H  demeuroit. 
Aufserdem  befindet  sich  auf  dem  ersten  Blatt  ein  Wappen,  das 
bei  Jacobs  und  Ukert  „Beiträge  zur  älteren  Lttleiatur  oder  Merk- 
würdigkeiten der  Herzoglich  ôfi^entlicbrn  Bibliothek  za  Gotha", 
Band  IIJ,  i ,  näher  beschrieben  ist 

D  umfaTst  361  Blätter,  ist  in  Leder  gebunden  und  mit  einem 
Wappen  verseben,  das  die  Farben  hiau  und  gelb  enthält  AI» 
Schreiber  nennt  sich  Sire  Amoury  de  Noyelle  adone  a  Douay.  Mai 
1449.  Die  Schrift  ist  gleichmäfaig,  der  Teit  vollständig.  An 
Illustrationen  sind  nur  vier  schlechte  Federzeichnungen  vorhanden. 

Neben  diesen  Handschriften  sind  noch  zwei  Drucke  zu  er- 
wähnen,  die  1522  in  Paria  bei  Galliot  du  Pré  und  bei  Bonfoni 
und  Philippe  le  Noir  erschienen  sind,  lieber  diese  DrodK  hab«o 
gdiandelt  John  Dunlop  in  der  „History  of  Gction"  1810,  deuUcfa 
von  Liebrecbt  1842  und  die  Heraasgeber  der  „Histoire  dea  I 


ì 


176  ZBIDLER, 

1776,  Mai.  Aufserdem  finden  sich  kleiaere  Noluen  hierüber  bei 
Grasse  „Die  grofsea  Sagenkreise  des  Mittelalters-',  bei  Schmidt  in 
den  „Wieoer  Jahrbüchern"  1825  Teil  XXIX  und  bçi  Rosenkranz 
im  „Handbuch  der  allgemeinen  Geschichte  der  Litteratur".  Die 
soeben  erwähnten  Drucke  werden  hier  aufser  Acht  gelassen,  da 
sie  den  Handscliriften  gegenüber  nur  eine  Verkürzung  und  Ab- 
änderung des  Inhalts  bedeuten. 

Ueber  den  Inhalt  der  Handschriften  ist  meines  Wissens  nnr 
einmal  gehandelt  worden  und  zwar  durch  die  Herausgeber  der 
oben  erwähnten  „Beiträge  u.  s.  w.",  durch  Jacobs  und  Ukert.  Die 
Autoren  haben  ihren  Betrachlungen  nur  die  Hs.  G  zu  Grande  ge- 
legt, da  ihnen  D  noch  nicht  bekannt  "ar.  Sie  beschreiben  die 
Handschrift  sehr  genau,  geben  den  Inhalt  ziemlich  ausführb'ch, 
wenn  auch  mit  einigen  Fehlem  {¡a  fontaine  au  Jacant  statt  Jayant, 
Agrenam  statt  Agravain,  Ganius  statt  Gaunes,  De  Fräs  le  Maloä 
statt  Desraes  U  Maloii)  bis  g  36  an  und  drucken  dann  die  Erleb- 
nisse Marcs  und  Troncs  im  Feengarten  (§§514  —  516}  und  ein 
Rondeau  diplomatisch  ab.  Im  übrigen  haben  sie  sehr  geringe 
Mühe  auf  „diesen  weitscliweiftigen  Roman"  verwandt,  sonst  dürñeo 
sie  nicht  am  Ende  ihrer  Abhandlung  schreiben:  „Von  dem,  was 
dann  weiter  folgt,  haben  wir  uns  vergebens  bemüht,  aus  der  fast 
ganz  unleserlichen  und  noch  überdies  halb  verblaTsten  Schrift  einen 
zusammenhängenden  Sinn  zu  entziffern.  Nur  die  vier  Endzeilen 
der  letzten  Seite  glauben  wir  so  lesen  zu  müssen:  en  memoire  kt 
fais  u.  s.  w."  Bei  sorgfältigem  Durchlesen  des  Romans  wäre  es 
ihnen  auch  nicht  möglich  gewesen,  das  Wort  chresUat,  das  sidi 
hundertfach  in  der  Abkürzung  xxfrnt  findet,  für  die  Zahl  XXVII 
zu  halten.  . 

Der  Roman  „Ysaye  le  Triste"  gehört  dem  Cyklus  der  Arthii>  I 
romane  an.  Anknüpfend  an  die  glorreiche  Zeit,  da  König  Arthur 
in  Carduel  (Wales)  seinen  Hof  hielt,  da  die  Ritter  der  Tafelrunde 
auszogen,  den  heiligen  Graal  zu  suchen  und  Abenteuer  zu  be- 
stehen, führt  uns  der  Verfasser  des  „Ysaye  le  Triste"  die  Thalen 
der  Nachkommen  dieser  Helden  vor  Augen.  Noch  leben  bei  Be- 
ginn des  Romana  der  greise  König  Arthur  von  Logres,  die  tapferen 
Recken  der  Tafelrunde  Tristan,  Lancelot,  Hector  des  mares,  Lucan 
le  bontillier,  Bohort  de  Gaunes,  Blaienor  und  Blioberís  de  Gaunes, 
Perceval,  Brandalis,  Lambeguet,  Gaheriet;  femer  Mordred,  Pala- 
mede le  mecogneu,  Marc  von  Cornouailles  nebst  Gattin  Yseut  und 
deren  Kammerfrau  Bongyen  (Nachahmung  von  Brangien,  die  mit 
Gouvernail  das  Königreich  Leonois  beherrscht).  Aber  auch  der 
Toten:  Meliadus,  Merlin  wird  gedacht.  Die  Königreiche  imd  be- 
rühmten Oerttichkeiten  werden  vorteilhaft  in  den  Roman  hinein- 
geflochten,  so  die  Königreiche  Logres,  Leonois,  Cornouailles,  Nor- 
galles,  Orcanie,  die  Hafenstadt  Ixuvrezep,  die  Stadt  Sarras  (aus 
dem  Grand  Saint  Graal),  die  Joyeuse  Garde,  der  langjährige  Auf- 
enthaltsort Vseuts  und  die  letzte  Ruhestätte  Lancelots  du  tac 
Schliefslich  bleiben  nicht  unerwähnt  die  Wälder:    le  Morois,  Dai- 


J 


DBR    PKOSAROUAN    ÏSAYE   LE   TRISTE.  177 

.  uuites  und  Gaste  FoiesL  AuTser  diesen,  durch  die  Aithurromane 
verbürgten  Namen  erwähnt  der  Verfasser  noch  Herbe  !e  renomme, 
der  voD  Tristan  zum  Ritler  geschlagen  wird,  den  Riesen  Pincenart 
le  juif,  der  von  Tristan  getötet  wird,  Hector  d'Orcanie,  der  die 
Rolle  des  Brehus  als  Verfolger  des  chevreuil  übernommen  hat,  den 
König  Marsiadus  von  Norgalles,  liohorl  le  picquart.  Herrn  von 
Gais,  Marc  le  roux,  einen  gewissen  Macon  le  brun  de  Cornotiailles 
und  Craventor  de  l'outrageux  passage.  Schliefslich  führt  er  noch 
einen  König  Yrion  ein,  der  zur  Zeit  Arthurs  über  Biamir  und 
Mitadii  herrscht. 

Ans  dieser,  durch  die  Arthurromanc  verbürgten  und  nicht  ver- 
bürgten Generation  schafft  der  Verfasser  ein  neues  Geschlecht. 
Ysage  le  Triste  ist  der  Sohn  Tristans  und  Yseuts,  Brandor  der 
des  Brandelis,  le  besgue  de  la  halte  roche  der  des  Lambeguet, 
Menet  le  mecogneu  der  des  Palamede,  Festion  le  blond  und  Gera- 
fil  le  blond  sind  die  Söhne  Gaheriets,  der  sot  sage  ist  der  Sohn 
BlaicnoTS,  Oriant  le  grieu  der  Hectors  von  Orcanie,  Harpan  du 
gue  parfond  der  Herbes  le  renomme,  Hergault  (Hergo)  der  Bohorls 
le  picquart,  Miriol  der  Pincenarts.  Die  Söhne  Maçons  le  brun 
sind  le  brun  de  l'engarde,  Macon  i'oconge  {?)  und  le  vacquîer  de 
l'escUire,  die  Neffen  Craventors  sind  Argus  und  Octes.  Anknüpfend 
an  die  Oertlichbeiten  nennt  der  Verfasser  folgende  Personen:  la 
douleareuse  und  le  desorreillé  de  la  Joyeuse  Garde,  und  die  dame 
du  chastel  de  Belle  Garde  mit  ihren  sieben  Söhnen,  von  denen 
rier    später    eine    Rolle    spielen:     Atrides,    Fidiger,    Dispront    und 

Dieses  zweite  Geschlecht  zeugt  dann  ein  drittes,  so  dafs  wir 
auch  die  Heldenthaten  der  Enkel  Tristans,  Maçons  und  so  weiter 
im  Romane  dargestellt  ñnden. 

Diese  Nachkommen  aus  der  Zeit  Arthurs  mit  ihren,  nach  dem 
Master  der  Arthurtomane  verwirrt  dargestellten  Abenteuern  ver- 
leiben dem  „Vsaye  le  Triste"  das  Gepräge  eines  Romans  der 
Tafelrunde,  und  es  vermögen  daran  nicht  die  anderen  gewichtigen 
Bestandteile  des  Romans,  die  den  verschiedenartigsten  Litleratur- 
^ttuDgen  entnommen  sind,  zu  rütteln. 

Hiermit  ist  die  Frage  berührt,  welchen  Vorlagen  die  aufser- 
halb  der  Arthursage  stehenden  Personen  und  Ereignisse  des  Romaus 
entnommen  sind.  Nun,  die  folgenden  Auslübrungen  werden  darauf 
Antwort  geben. 

Als  wichtigste  Vorlage  unseres  Romans  kommen  aufser  der 
Anhorsage  die  Chansons  de  geste  in  Betracht.  Die  Tötung  des 
Neffen  Yrions  {§  295),  die  Scene,  in  weicher  Vsaye  den  Pförtner 
gegen  einen  Pfeiler  wirft,  dafs  diesem  die  Augen  aus  dem  Kopfe 
fliegen  (g  165)  und  die  Ermordung  des  I'förtners  (§  4Q3)  sind  Züge, 
die  den  Chansons  de  geste  entlehnt  sind.  Die  Erzählung  von  den 
vergifteten  Birnen  (g  47Ò)  ¡st  eine  Nachahmung  derjenigen  von  den 
^«gifteten  Aepfeln  in  Parise  la  Duchesce,  die  Tötung  der  Köche 
(Î  106)  eine  Nachahmung  aus  der  Chaimon  „Aliscans".    Der  Name 

LiHMlif.  t  lem.  Pba.  XXV.                                                      la 
k a 


„s 


ZEIDLER, 


Oriant  stammt  aus  dem  „SchwaneDríttei",    Ysoré  von  SpaDÌen 
„Anseïs  de  Caithage".     Diejenige  Chanson  aber,  welche  dem  Ver*' 
fasser    des  „Vsaye  le  Triste"   den    reichsten  Stoff  geliefert  hat, 
die  Chanson  „Huon  de  Boideaus". 

Dem  Einflüsse  dieses  Werkes  mufs  man  es  zuschreiben,  dafs 
stall  der  in  den  Arlhurro manen  üblichen  Einfalle  der  Sachsen  die 
der  Sarazenen  getreten  sind.  Um  seine  Quelle  dem  Leser  nicht 
zu  verraten,  giebt  der  Verfasser  den  Sarazenenführern  ganz  unbe* 
kannte  oder  mehr  allgemeine  Namen,  so:  der  Admiral  von  Persien, 
der  rote  Löwe  von  Nubien,  der  Tartar  von  Cartaire,  der  König 
der  fremden  Wüsten,  der  König  der  eisernen  Brücke,  die  vierzehn 
Riesen  von  den  bitteten  Gewässern,  die  Konige  von  Mekka,  Afrika, 
Creta,  Carthago,  Ungarn  und  andere.  Nur  in  dem  Namen  Ori- 
monde  ist  eine  direkte  Entlehnung  aus  „Huon"  zu  erkennen.  Ori- 
monde  ist  die  Esclarmonde  aus  „Huon  de  Bordeaux".  Im  „Ysaye" 
wie  im  „Huon"  ist  die  Vertreterin  der  beiden  Namen  eine  Tochter 
des  persischen  Admirals,  in  beiden  Erzählungen  wird  sie  von 
leidenschaftlicher  Liebe  zu  einem  vernehmen,  christlichen  Billei 
ergriffen.  Ihre  Liehe  wird  von  diesem  verschmäht  und  erst  er- 
widert, nachdem  sie  Christin  geworden  ¡st.  Für  die  Abweison^ 
die  sie  zuerst  erfährt,  rächt  sie  sich,  indem  sie  Huon  ins  GeßDj 
werfen  und  Marc  hinterlistig  überfallen  läfst 

Als  ein  weiterer  und  wichtigerer  Einflufs,  den  der  „Huon 
Bordeaux"  auf  den  Verfasser  des  „Ysaye"  ausgeübt  hat,  bt  día 
Einführung  der  Feeen  und  besonders  des  Elfenkönigs  Oberon  an- 
zusehen. Vom  Anfang  bis  zum  Ende  des  Romans  begegnet  uns 
dieser  Zwerg  unter  dem  Namen  Tronc  {lat.  truncus),  wahrschein- 
lich wegen  seines  kleinen  und  verkrüppelten  Wuchses  so  genannt, 
ohne  dafs  wir  in  ihm  den  verkappten  Oberon  vermuten.  Hochstena 
könnte  man  durch  gwei  Andeutungen,  die  sich  in  den  §§  516  und 
560  finden,  zu  der  Ansicht  kommen,  dafs  in  der  Person  Troncs 
der  alte  Oberon  verborgen  sei.  Diese  Andeutungen  sind  enthalten 
in  einer  Mitteilung  der  Fee  Oriande  an  Marc,  dafs  Tronc  dei 
Sohn  Julius  Caesars  und  der  Fee  Morgue  sei,  nnd  in  der  Aeufse- 
rung  Troncs  Marc  gegenüber,  dafs  er  in  Monmur  geboren  sein 
soll.  Erst  am  Schlüsse  unseres  Romans  bekommen  wir  volle  Klar- 
heit darüber,  dafs  wir  in  dem  schlauen  Pagen  Ysajes  den  Elfen- 
könig Oberon  vor  uns  gehabt  haben. 

Als  dritter,  nicht  gerade  wesentiiclier  Einflufs  des  „Huon"  ist 
der  zu  erwähnen,  den  die  drei  Personen  im  „Huon",  der  römische 
Kaiser  Neron,  die  Fee  Murgalle  und  der  Riese  Orgueil  mît 
zwei  kupfernen  Rittern  auf  den  Verfasser  des  „Vsaye"  ausgei 
und  ihn  zu  den  wunderlichen  Geschichten  in  den  §§  560 — I 
574  —  78,  554—55  veranlafst  haben. 

Eine  weitere  Vorlage  für  unseren  Roman  dürfte  in  der  Chante*' 
fable  „Aucassin  und  Nicolette"  zu  erblicken  sein.  Es  handelt  sich 
hierbei  um  die  Person  der  Nichte  des  Königs  Yrion,  Maitbe, 
welche   genau   wie  Nicolette  die  Frauenkleidung  mit  der  Männer- 


nn^ 
idfl 


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1 


DSR  PR06AROMAN  YSAYB  LB  TRISTE.  1 79 

tiddong  vertauscht  (der  Zug,  dafs  sie  ihr  Gesicht  mit  Kräutern 
dunkel  färbt,  um  besser  als  Mann  zu  erscheinen,  fehlt  zwar),  dann 
eine  Haxfe  zur  Hand  nimmt  und  als  Spielmann  das  Land  durch- 
streift und  den  Gehren  des  Meeres  trotzt,  nur  um  ihren  Geliebten 
wiederzufinden. 

Von  Romanen  aus  anderen  Sagenkreisen  haben  der  „Eracles" 
des  Gautier  d'Arras,  der  „Florimont"  und  der  „Eneas"  die  Namen 
Fárides  (-us),  £dor  (persisch  =  Blume)  und  die  Scene  mit  dem 
PfeUschufs  (§  422)  dem  Verfasser  des  „Ysaye*'  geliefert 

Es  erübrigt  nun  noch,  einen  Blick  auf  die  in  den  Hand- 
schrijften  enthaltenen  Gedichte  zu  lenken.  Wie  schon  Jacobs  und 
Ukert  erwähnen,  finden  sich  in  den  Hss.  mehrere  Gedichte,  die 
man  mit  dem  Namen  „lay*'  bezeichnen  kann.  Es  sind  dies  die  lays 
accordants,  deren  viele  sich  schon  im  Prosa -Tristan  finden  und 
auf  welche  nicht  weiter  eingegangen  zu  werden  braucht 

Wichtig   aber  ist,  festzustellen,   was   in   den   von  Jacobs  und 

Ukert  erwähnten  17,  resp.  15  Blätter  füllenden  „lays"  enthalten  ist 

Das   erstere  Gedicht   ist   eine  Nachahmung    des    allbeliebten 

Rosenromans  von  Guillaume  de  Lorris  und  dessen  Fortsetzer  Jehan 

de  MeuDg.     Das  Versmafs,  die  paarweise  gereimten  Achtsilber,  ist 

vollständig  gewahrt,  desgleichen  auch  die  Allegorie,  wenngleich  im 

„Ysaye"  einige  neue  Gestalten  aufh'eten  (vgl.  §  363).     Eine  Probe 

ans  dem  „Ysaye"  sei  hier  gegeben. 

Au  corps  m'entra  sans  fendre  pel; 
trop  m'en  deal,  mais  point  n'en  appel. 
Beaa  parlers,  ly  gens,  ly  gentienz, 
je  croy  qu'il  n'en  est  plus  de  tieulz, 
estoit  droittement  par  del*efl 
et  tenoit  sa  main  a  son  les 
en  disant:  Dame,  vos  amis 
en  cest  propre  lieu  a  mis 
moy  pour  monstrer  a  vo  corps  bel, 
qui  n'est  point  de  taint  de  corbel, 
que  nient  ceux  sont  en  paradix 
qu'aiment  et  qu'amerent  jadis. 
Depuis  bien  garde  m'en  donnay, 
mes  tantost  tout  ly  pardonnay. 

Schliefslich  ist  noch  zu  erwähnen,  dafs  sich  der  Verfasser  des 
»Yaaye"  durch  die  Schilderung  des  vergter  im  Rosenroman  veran- 
lagt gefühlt  haben  mufs,  ebenfalls  einen  solchen  vergter  (§§  514 — 16) 
20  beschreiben,  was  ihm  dann  auch  gut  gelungen  ist. 

Das  auf  den  15  Blättern  enthaltene  Gedicht  ist  eine  wenig 
getreue  Nachahmung  der  „Vœux  du  paon".  Während  das  eigent- 
liche Versmafs  der  „Vœux  du  paon",  der  Alexandriner,  durch  den 
?*ö2en  Roman  des  J.  de  Longuyon  hindurchgeht,  sind  in  unserer 
E^rstelluDg  nur  die  ersten  zwölf  Verse  in  dieser  Versform  ge- 
schrieben.   Die  übrigen  Verse   sind  völlig  ungleich,   und  hin  und 

12* 


i8o 

wieder  taucht  eia  rondeau  auf.  Auch  der  ehrwürdige  Pfau 
nicht  mehr  vorhanden,  sondern  durch  eine  Rohrdomniel  eiseti^ 
und  die  sogenannten  „neuf  preux"  (Christen,  Heiden.  Juden)  kehren 
wieder  ia  Liebespaaren  und  deren  Dienerinnen:  Marc,  Hergault, 
Henry  de  Lyon  —  Orimonde,  Sardine,  Englentine  —  Alyor,  Es- 
clade,  Parianne. 

Es  bleibt  nun  noch  übrig,  die  Frage  nach  dem  Autor  und 
der  Abfassungszeit  des  Romans  zu  beantworten,  Ueber  den  Ver- 
fasser wird  im  „Ysaye"  nichts  erwähnt,  Es  heifst  immer  in  den 
Handschriften:  or  disi  ¡t  conit,  wer  aber  diesen  conte  verfafst  hat, 
wird  nicht  verraten.  Aus  den  in  den  Hss.  enthaltenen  Wappen 
habe  ich  auch  nichts  Belangreiches  für  die  Person  des  Verfassers 
ermitteln  können  und  mufs  so  die  Frage  über  den  .\utor  unbe- 
antwortet lassen.  Hinsichtlich  der  Abfassungszeit  glaube  ich  ein^. 
genauere  Zeit  als  Dunlop  und  Grasse  feststellen  zu  können.  Dium 
lop  versetzt  den  Roman  in  das  Ende  des  XIV.  oder  den  Aniang, 
des  XV.  Jahrhunderts,  Grasse  in  das  XV.  Jahrhundert.  Ich  glaube, 
der  Roman  gehört  noch  dem  XIV.  Jahrhundert  an.  Das  XV.  dürfte 
vi/s  (lat.  vetas,  vgl,  Viesroche  §417}  nicht  mehr  gebraucht  haben,  und 
für  das  Vorhandensein  der  Rotruenge  (g  558}  noch  im  XV.  Jahr? 
hundert  müfste  erst  der  Beweis  gebracht  werden, 


Inhalt 


[t.    Tristan  von  Leonois    ist   der  Neffe  des  Königs  Marc 
Cornouailles,  Yseut  die  Gemahlin  Marcs. 

z.  Marc  vetläTst  eines  Tages  Tintagel  und  begiebt  sich  nacb 
einem  elf  Meilen  von  Tintagel  gelegenen  Schlofs.  Die  Abwesen- 
heit des  Königs  benutzt  Yseut,  um  Tristan  herbeizurufen,  Tristan 
bleibt  eine  Nacht  bei  ihr.     Bald  darauf  wird  Yseut  schwanger. 

3.  Als  die  Zeit  der  Entbindung  herannaht,  vorläfsl  die  Königin 
mit  ihrer  Kammerfrau  Bongj'en  ihr  Schlofs  und  begiebt  sich  iu 
den  benachbarten  Wald,  le  Morois  genannt,  {Marc  wohnt  Eur  Zeit 
bei  l'estrange  passage  einem  Tournier  bei,)]  ' 

4.  Yseut  und  Bongyen  lassen  sich  an  der  fontaine  au  jayant 
nieder.  Da  erscheint  Lucan  le  boutillier,  der  auf  Befragen  der 
Damen  erklärt,  er  wolle  Marc  bestrafen,  weil  dieser  Tristan  auf 
verräterische  Weise  tödlich  verwundet  habe.  Yseut  sinkt  bei  dieser 
Nachricht  ohnmächtig  zu  Boden. 

5.  Lucan  le  boutillier  reitet  davon.  Als  Yseut  wieder  zum 
Bewufstsein  kommt,  schreit  sie  laut  auf  und  schenkt  um  die  neunte 
Stunde  einem  Knaben  das  Leben.  Der  Knabe  hält  in  seiner 
linken  Hand  ein  Schwert  aus  Fleisch  und  But.  Yseut  läfat  einen 
in  der  Nähe  wohnenden  Einsiedler  herbeiholen  nnd  beichtet  diesem 
alle  ihre  Sünden,  die  sie  in  einem  dreifsig  Blätter  starken  Buche 
aufgezeichnet  hat 


\ 

lacbfl 


'  £]  fehlt  in  G. 


[er  starken  tinche  h 


DBR   PROSAROMAN   TSATE   LE  TRISTE.  l8l 

6.  Der  Einsiedler  macht  zunächst  Yseut  heftige  Vorwürfe, 
giebt  ihr  aber  mit  dem  Zeichen  des  Kreuzes  Absolution,  da  er 
ans  dem  Buche  ersieht,  dafs  nur  der  Zaubertrank  die  Schuld  an 
allem  habe. 

7.  Der  Einsiedler  will  nun  den  Knaben  taufen.  Er  will  ihm 
den  Namen  Justice  geben,  da  der  Knabe  ein  Schwert  mit  auf  die 
Welt  gebracht  habe.  Yseut  aber  bittet  ihn,  dem  Knaben  einen 
Namen  zu  geben,  der  sowohl  an  sie  als  an  Tristan  erinnere.  Da 
giebt  der  Einsiedler  dem  Knaben  den  Namen  Ysaye  le  triste  und 
tauft  ihn  mit  dem  Wasser  der  Quelle.  —  Nach  fünfzehn  Tagen 
mft  Tristan  die  Geliebte  an  sein  Sterbebett.  Sie  eilt  zu  ihm,  und 
als  sie  ihn  bereits  tot  vorfindet,  bricht  sie  tot  an  seiner  Seite 
nieder. 

8.  Lancelot  hört  von  dem  Verrat  Marcs  und  fallt  mit  6000 
Mann  in  Q)mouaiIIes  ein.  In  seiner  Begleitung  befinden  sich 
Bohort  de  Gaunes,  Hector  des  Mares,  Perceval  de  Gaunes,  Gaheriet 
und  andere. 

9.  Eines  Nachts  vernimmt  der  Einsiedler,  unter  dessen  Obhut 
sich  nun  Ysaye  le  triste  befindet,  einen  schönen  Gesang  und  sieht, 
wie  vier  weifs  gekleidete  Feeen  in  sein  Haus  eintreten,  das  Kind 
nehmen,  es  baden  und  ihm  Nahrung  geben.  Der  Einsiedler  will 
seine  Cousine,  die  die  Amme  Ysayes  ist,  wecken;  die  schläft  jedoch 
zu  fest.  Da  nun  die  Feeen  alle  Abende  wieder  erscheinen  und 
immer  dieselben  Handlungen  mit  dem  Kinde  vollziehen,  fafst  der 
Einsiedler  endlich  Mut,  die  Damen  anzureden. 

10.  Er  fragt  sie  und  erfahrt  von  ihnen,  dafs  sie  den  Knaben 
ernährten,  weil  die  Amme  dazu  nicht  imstande  sei. 

11.  Die  eine  der  Feeen   erzählt  ihm  femer,    wie  Tristan  und 

Yseut    ums  Leben    gekommen    sind.     Sie    wisse    das    von  Merlin, 

dessen  Seele  im  Walde  Damantes  in  Grofs-Britannien  sich  befinde, 

wo  sie   unter  einem   schönen   Baume   auf  Befehl    der  Dame    vom 

See  eingeschlossen  sei. 

12.  Merlin  habe  ihnen  dort  von  den  gröfsten  Rittern  der 
Welt  erzählt  und  Tristan  als  den  hervorragendsten  geschildert. 
Dieser  habe  mit  Yseut  einen  Sohn  gezeugt,  der  sich  bei  Sarban 
befinde.  Hier  erschrickt  der  Einsiedler,  als  er  seinen  Namen  hört. 
Schiiefslich  sagt  ihm  die  Fee  noch,  dafs  sie  den  Knaben  mit  der 
Milch  der  Ciarisse,  der  Gemahlin  des  Königs  Caradoc,  ernährten. 

13.  Eine   zweite   Fee   befiehlt   ihm,    die  Amme   im    Stich   zu 

lassen  und   mit  dem  Kinde   sich  nach  einem  Kreuze  zu  begeben, 

^  sich   am  Ende   des  Waldes   befinde.     Der  schlafenden  Amme 

^^kt  sie  einen  goldenen  Ring  an  den  Finger.    Dieser  Ring  vault 

*^  trésor.     Hierauf  nehmen  sie  den  Einsiedler  Sarban  nebst  Ysaye 

^^  Und  verschwinden  bei  dem  Geschrei  eines  Hahnes  in  der  Nähe 

einer  Einsiedelei.     Der  Einsiedler   findet  das  Kreuz    und  sieht  am 

^eeresufer  ein  Schiff,  das  für  vier  Tage  Lebensmittel  enthält.    Am 

^^ü2e  läfst  er  sich  nieder,  wie  die  Fee  es  ihm  befohlen  hatte. 

1 4.  Die  Amme,  welche  in  der  Einsiedelei  allein  zurückgeblieben 


l82  ZeiDLER, 

¡St,  bemerkt  2u  ihrem  Entsetnen,  dafs  Vsaye  verschwunden  ist  Sie 
sucht  ihn,  UDd  als  sie  ihn  nicht  findet,  setzt  sie  sich  weinend  aaf 
die  Schwelle  der  Hauathür.  Hier  bemerkt  sie  den  Ring  und  siebt 
in  dem  Steine  desselben  das  Bild  Ysages.  Ein  vorbeireitender 
Ritter  erkundigt  sich  nach  ihrem  Schmerze  und  erfahrt  von  ihr, 
was  sich  zugetragen  hat.  Sie  bittel  den  Ritter,  Sarban  zu  verfolgen 
Tind  ihr  das  Kind  zurückzubringen. 

15.  Der  Ritter,  Namens  Agravain,  macht  sich  auf  and  fìndet 
Sarban  mil  dem  Kinde  am  Fufse  des  Kreuzes.  Er  verlangt  da> 
Kind,  Sarban  aber  weigert  sich,  es  auszuliefern.  Da  bindet  Agra- 
vain sein  Pferd  an  einen  Baum  und  versetzt  Sarban  mit  emem 
Baumzweig  einen  wuchtigen  Hieb,  ^'saye  stöfst  hierbei  t 
artigen  Schrei  aus,  dafs  das  Rofs  des  Ritteis  sich  losreifst  and 
Agravain  so  gezwungen  ¡st,  Sarban  zu  verlassen  und  das  Pferd 
wieder  einzufangen. 

16.  Sarban  nimmt  den  Zweig  in  der  Hofhnng,  dafs  Ysaye 
ihn  später  einmal  damit  rächen  werde.  Da  beginnt  das  Meer  i 
steigen,  der  Einsiedler  mufs  das  Schiff  besteigen  und  wird  drei 
Tage  und  drei  Nächte  auf  dem  Meere  herumgetrieben. 

17.  Am  Morgen  des  vierten  Tages  kommt  er  an  einen  Felsen, 
Dort  trifft  er  eine  der  Feeen  wieder,  die  ihm  befiehlt,  in  den 
Wald  zu  gehen.  Im  Walde  begegnet  er  den  vier  Feeen  insgesamt, 
wie  sie  sich  in  einer  Quelle  die  Hände  waschen.  Er  redet  sie  an, 
erhält  aber  keine  Antwort  Er  geht  weiter  und  trifft  einen  Zwerg, 
¡a  plus  ¡aide  creature  du  monde.  Von  diesem  wird  er  in  ein  Haus 
geführt,  das  die  Feeen  erbaut  hatten.  Nun  verlangt  der  Zwerg 
das  Kind,  Sarban  giebt  es  ihm  aber  nicht  £s  entspinnt  sich  ein 
Streit,  der  erst  durch  die  Feen  geschlicitet  wird.  Diese  erklären  j 
nun  auch  Sarban,  dafs  er,  Ysaye  und  der  Zwerg  künftig  zusamme 
leben  müfsten.  [In  diesem  Hause  bleiben  die  drei  so  lange,  I 
Ysaye  3  '/î  Jahr  alt  ist]  ' 

18.  Eines  Tages  meldet  ein  Ritter  dem  König  Arthur  in  ( 
Carduel  (Galles),  ein  Kind  sei  geboren,  welches  ihn  (den  Ritter)  \ 
später  einmal  töten  werde.     Dies  habe  ihm  eine  weise  Frau  gesagt  J 

19.  Das  Kind,  das  jetzt  erst  ein  Jahr  alt  s  ' 
Tristans  von  Leonois.  Auch  werde  noch  sein  Bruder,  Cravenlor  i 
de  l'outrageux  passage,  von  dem  Sohne  Tristans  gelötet  werden.  I 
Der  Ritler  heifst  Nabel  de  l'outrageux  passage.  Als  der  König  1 
den  Ritter  angehört  hat,  sagt  er,  er  glaube  nichts  von  all  dem,  \ 
denn  Tristan  habe  keinen  Sohn  gehabt. 

20.  [Eines  Morgens  begeben  sich  der  Zwerg,  Namens  Tronc,  J 
und  Ysaye  in  den  Wald  und  begegnen  einem  Ritter  in  Begleitung  J 
zweier  Damen.  Der  Ritter  spottet  über  Troncs  Häfslichkeit  und  1 
fragt,  wer  der  hübsche  Knabe  sei.  Da  sagt  Tronc,  das  werde  erJ 
noch  erfahren.]  Ï     Ueber  diese  Antwort  erzürnt,    ergreift  der  Ritter  I 


DER  PROSAROBfAN  TS  ATE   LE  TRISTE.  183 

den  Zwerg  nnd  zerdrückt  ihn  fafst  Da  holt  Ysaye  den  Baum- 
zweig Agravains  (§  16)  herbei  und  schlägt  den  Ritter  derart  damit 
aaf  den  Kopf,  dafs  diesem  das  Blut  vom  Kopfe  strömt.  Gefragt, 
weshalb  er  das  gethan  habe,  erwidert  er  dem  Ritter:  pour  ce  que 
lu  faiufis  crier  mon  ver  let 

21.  Der  Ritter  freut  sich  über  Ysaye,  umarmt  ihn  und  reitet 
davon.  Von  einem  anderen  Ritter,  Mordrec,  erfahrt  Tronc  den 
Namen  des  vorigen.  Es  war  Agravain.  Als  Mordrec  davongehen 
will,  sagt  ihm  Tronc,  der  nie  lügende  Merlin  habe  ihm  erzählt, 
Mordrec  werde  seinen  Vater  umbringen,  und  der  beste  Ritter 
werde  so  durch  den  schlechtesten  ums  Leben  kommen.  Wütend 
will  sich  nun  Mordrec  auf  Tronc  stürzen,  dieser  aber  flüchtet  in 
den  dichtesten  Teil  des  Waldes,  wohin  der  Ritter  ihm  nicht  zu 
folgen  vermag. 

22.  £in  halbes  Jahr  nachher  begeben  sich  Sarban,  Tronc  und 
Ysaye  in  den  Wald  Damantes,  um  das  Grab  Merlins  aufzusuchen. 
Sie  suchen,  aber  finden  es  nicht.  Da  hören  sie  auf  einmal  Merlin 
aus  dem  Grabe  heraus  stöhnen.  Sie  gehen  zu  ihm  und  finden, 
dafs  sein  Grab  vollständig  bewachsen  ist.  Tronc  fragt  Merlin,  was 
ihm  fehle,  worauf  Merlin  antwortet,  er  möchte  etwas  über  Arthur, 
den  er  erzogen  habe  und  der  jetzt  tot  sei,  erfahren. 

23.  Merlin  fragt  Ysaye,  wer  er,  seine  Eltern,  Grofs-  und  Ur- 
grofseltern  seien.  Ysaye,  der  die  Frage  nicht  versteht,  lacht  darüber 
and  sagt:  „Gesegnet  seist  du,  mein  Freund,  und  verflucht  seien 
meine  Feinde,  denn  ich  hasse  sie." 

24.  Hierauf  fragt  Merlin  Ysage,  was  er  gern  sein  möchte. 
„Ein  Adler."  Ob  er  aber  lieber  laboureur  oder  chevalier  werden 
möchte.  ^^Chevalier.'^  Da  sagt  ihm  Merlin,  er  werde  einmal  von 
Lancelot  du  lac  zum  Ritter  geschlagen  werden. 

25.  Als  Ysaye  fünfzehn  Jahre  alt  ist,  eröflnet  er  dem  Ein- 
siedler den  Wunsch,  sich  von  Lancelot  zum  Ritter  schlagen  zu 
lassen.  Sarban  und  Tronc  reden  ihm  ab,  geben  aber  doch  seinen 
Bitten  nach  und  machen  sich  auf  den  Weg.  Sie  durchschreiten 
die  verde  forest,  den  Wald  Darnantes,  eine  prairie  und  gelangen 
schliefslich  in  die  gaste  forest.  Beim  Eintritt  in  diesen  Wald  er- 
klärt Tronc  seinen  Begleitern,  dafs  infolge  eines  Brudermordes, 
den  Dimustra  an  Dedalus  le  vis  (beide  Söhne  des  Königs  Sehen 
von  Grofs-Brilannien)  verübte,  der  Wald  als  gaste  forest  bezeichnet 
werde.  Sie  treffen  ein  Häuschen  an,  aus  welchem  eine  Stimme 
ihnen  zuruft,  sie  möchten  für  Lancelot,  der  hier  begraben  sei,  ein 
Gebet  verrichten.  Sie  gehen  zum  Grabe,  heben  einen  grofsen 
Stein  ab  und  erblicken  ein  Skelett  in  einem  bleiernen  Kasten. 
Die  Nacht  verbringen  sie  in  der  Kapelle.  Am  folgenden  Morgen, 
nach  der  Messe,  erfüllt  der  Einsiedler  Ysayes  Bitte,  indem  er  Ysaye 
mit  dem  rechten  Arme  Lancelots  den  Ritterschlag  erteilt.  Diese 
Cérémonie  begleitet  er  mit  einer  Rede,  worin  er  Ysaye  ritterliche 
Pflichten  mitteilt 

26.  Nach  dieser  Feierlichkeit  erscheinen  die  vier  Feeen  wieder 


iS^  ZEICILER, 

und  überreichen  Ysaye  ein  Pferd,  ein  Schwert,  einen  Schild  und 
einen  Helm.  Trane,  Ysaye  und  der  Einsiedler  kehren  hierauf  in 
ihre  Klause  îurûck. 

27.  Das  Pferd  Vsayes  erhall  die  gröfsten  Freiheiten.  Es  läuft 
den  ganzen  Tag  im  Walde  ht-nira,  kehrt  aber  des  Abends  pünkt- 
lich zurück.  Eines  Tages  befinden  sich  die  drei  Gefährten  an 
dem  puits  de  l'aventure  und  vernehmen  ein  lautes  Geschrei.  Sie 
gehen  dem  Geschrei  nach  und  treffen  einen  vaitt,  der  îiinea  unter 
Thränen  berichtet,  dafs  sein  Herr,  Herbe  le  renomme,  von  einem 
Pferde  getötet  sei,  als  er  ihm  habe  den  Sattel  umschnallen  vfolieu. 
Sein  Herr  sein  ein  berühmter  Ritter  gewesen,  der  von  Tristan  zum 
Ritter  geschlagen  sei.  Ysaye  verspricht  nun  dem  Knappen,  dera 
Sohne  Herbes,  eine  Entschädigung  zu  teil  werden  zu  lassen. 

28.  Eines  Tages  bittet  Vsaye  den  Einsiedler,  ihn  das  Fechten. 
zu  lehren.  Sie  fechten  zuerst  mit  Schwertern,  dann  mit  Baum- 
zweigen.    In  beiden  Fechtarten  zeigt  sich  Vsaye  überlegen. 

zg.  Ysaye,  der  zum  Manne  herangereift  ist,  reitet  eines  Tages 
mit  Tronc  in  den  Wald.  Hier  wird  er  von  einem  Ritter,  Harpan 
du  gue  parfond,  angehalten  und  gefragt,  wo  der  Ritter  wohne, 
dessen  Pferd  seinen  Valer  getötet  habe.  Ysaye  giebt  sich  als  dei«, 
betreffenden  Ritter  zu  erkennen  und  bietet  H  arpan  Sühne  an- 
Dieser  schlagt  sie  aus  und  es  kommt  zum  Kampf, 

30.  Harpan  wird  getötet.  Vsaye  und  Tronc  kehren  in  ihr« 
Klause  zurück  und  finden  den  Einsiedler  tot  vor.  Harpan  hatt^ 
ihm  den  Kopf  abgeschnitten.  Sie  begraben  den  Einsiedler  in  det" 
Kapelle  und  verlassen  ihren  langjährigen  Aufenthaltsort.  Ste  kommeik. 
vor  ein  schönes  Schlofs  und  klopfen  an.  Eine  Dame  antwortet 
ihnen,  sie  werde  keinem  Ritter  Eintritt  in  ihr  Schlofs  gewähren^ 
aufser  demjenigen,  der  sie  an  einem  Ritler  rächen  werde. 

31.  Dieser  letztere  Ritter,  Namens  Desrayes  le  maloit,  habt= 
den  Leichnam  Lancelots  aus  diesem  Schlosse  geraubt  und  in  dies 
gaste  forest  geschleppt.  Der  Ritter  sei  dann  in  der  folgenden  Nachts 
wiedergekommen  und  habe  ihre  Eltern  getötet,  die  Knechte  und. 
Mägde  verstümmelt.  Sie  selbst  habe  ein  Ohr  dabei  verloren^ 
Dieses  Schlofs  heifsc  die  Joyeuse  Garde  und  sie  la  douloureuse  de 
la  Joyeuse  Garde.  Desraes  wohne  auf  dem  chastel  redoute  am 
Ende  des  Waldes. 

32.  Ysaye  verspricht  der  Dame,  sie  an  dem  Ritter  rächen  en 
wollen,  und  begiebt  sich  zu  diesem  Zwecke  mit  Tronc  nach  dem 
chastel  redoute.  Durch  einen  Knappen  läfst  er  Desraes  zum  Kampfe 
herausfordern. 

33.  Nach  einiger  Zeit  erscheint  der  Ritter  mit  seinen  fiünf 
Söhnen  auf  dem  Plan. 

34.  Ysaye  überwindet  alle  sechs  Ritter  und  läfst  sie  lebend 
auf  einem  Wagen  nach  der  Joyeuse  Garde  fahren.  Die  Namen 
der  Ritter  sind:  Desraes,  Vester,  Duon,  Thom,  Perlus  le  roux  de 
la  verle  montagne  und  Bruneil. 

35.  Auf  Wunsch  der  douloureuse  de  la  J.  G.  schneidet  Ysaye 


DER   FRCKAROUAN    YSAYE    LE  TRISTE.  l8g 

Rittern  die  Fäuste  und  Füfse  ab  und  läTst  ihnen  so  Tut  ihre 
msamkeit  Gerechtigkeit  widerfahren.  Die  Nacht  verbringt  Ysaye 
Schlosse,  Tronc  ivacht  über  die  Waffen,  und  das  Pferd  Ysayes 
frei  herum. 

36.  Am  anderen  Morgen  sieht  Vgaye,  wie  die  douloureuse 
eine  andere  Dame  die  Heraen  der  sechs  Ritler  essen.  Auf 
Ysayes  Frage,  weshalb  sie  das  ihälen,  erklären  sie,  sie  thätcn  es. 
um  sich  besser  an  ihren  Feinden  zu  rächen.  Hierauf  tritt  der 
achuehnjährige  Bruder  der  douloureuse  ein  und  dankt  Vsaye.  Er 
ein  Ohr  —  das  andere  hatte  ihm  Desraes  abge- 
litten  —  und  heifst  daher  le  desoreille  de  la  Joyeuse  Garde, 
'e  schlägt  ihn  ara  folgenden  Morgen  zum  Ritter. 

Die  Erzählung  wendet  sich  zur  Amme  Ysayes. 
38.    Die  Amme,    Bise,    begicbt    sich    nach  Tinlagel    zu  einem 
ildscbmied,  um  sich  nach  dem  Wette  des  Ringes  zu  erkundigen. 
erfährt  von  dem  Goldschmied,  dafs  der  Ring  einen  Irtsor  wert 
Neugierig,   woher  der  Ring  stammt,   hiiiei  er  Bise,  ihm  dies 
sagen,  und  erfährt  so  die  Geschichte  von  der  Entführung  Ysayes 
:ch  Sarban.     Er  will  den  Ring  kaufen,    da  aber  Bise  nicht  ein- 
igt,   bittet    er  sie,    in    einem    halben  Jahre    wieder    zu    kommen, 
begiebt  sich  hierauf  nach  Loisemont  zu  ihrem  Vater  Clabant, 
■ibaul/.     Dieser    lafst    sich    die  Geschichte  Ysayes  ruhig  er- 
ilen  und  sagt  ihr  dann,  Saiban  habe  den  Knaben  zu  ihrer  Tante 
Igen,  woselbst  er  sehr  gut  gepflegt  werde. 
9,    Ysaye    und   Tronc    begegnen   auf  ihrem    Marsche    einem 
der  ihnen  erzählt,    dafs  man   seit  dem  Tode  Arthurs  seines 
s    nicht   mehr   sicher   sei,    da   Jeder    Ritter  jetzt    si^lber  den 
Herrscher  spielen  wolle.    Auf  ihrem  Wege  worden  sie  das  Schlofs 
Menets  Ic  mecogneu,  des  Sohnes  Palamedes  Ic  mecogneu,  anlreflen. 
Dieser  Ritter  sei  sehr  grausam   und    lasse    von  seiner  fouslumt  nur 
ah,  wenn  ihn  jemand  besiege.    Ysaye  beschliefst,  den  Kampf  gegen 
Menet  anfznnehmen.    Er  reitet  nach  dem  Schlosse  und  läfst  durch 
eine  Zwergin,  die  unter  eiuera  Baume  sitzt,  den  Ritter  herausrufen. 
Diese  bediente  sich  hierbei  eines  Klingelzuges,  der  von  dem  Baume 
aus   nach    dem  Schlosse    führte.     Der  Ritter   erscheint    sofort.     Es 
kommt    xum  blutigen  Kampfe,   in  welchem  Menet  vom  Pferde  ge- 
worfen   wird    und   mit    gebrochenem  Arm  ¡n  sein  Schlofs  getragen 
werden  mnfs. 

40.  Tronc  benachrichtigt  nun  den  Pförtner  von  dem  Unglück 
des  Schlofsherm.  (Das  Pferd  Menets  schenkt  er  einem  vorbei- 
gehenden Armen.)  Dieser  läfst  nun  Menet  auf  einer  Bahre  ins 
Schlofs  tragen.  Menet  selbst  lädt  Ysaye  ein,  in  dem  Schlosse, 
»elches  ihm  jeUtt  gehöre,  zu  übernachten.  Ysaye  folgt  der  Ein- 
ladung. Tronc  aber,  der  sich  auch  mit  ins  Schlofs  begeben  will, 
»ird  die  Thür  vor  der  Nase  geschlossen. 

41.  Im  Schlosse  angekommen,  wundert  sich  Ysaye,  dafs  Tronc 
nicht  bei  ihm  ist.  Er  bittet  deshalb  den  Pföriner,  Tronc  zu  suchen. 
[>iescr  fürchtet  sich  vor  Tronc,  und  so  mufs  ein  anderer  den  Zwerg 


I 


1 86  ZeiDLER, 

suchen.     Tronc  wird  bald  darauf  vor  seinen  Herrn  gefuhrt.    AllA 
Bewohner   des   Schlosses    sind    über   Troncs    H âfsl ichkeil    enUetiti'^ 

und  Menet  fragt  Vsaye,  Tronc  mache  ihm  tvobl  mehr  Schande  als 
Ehre,     i'saye    aber  ninami  Tronc  in  Schulz.     Vsaye  wird  i 
Menet    nach    seinem  Namen   gefragt,    worauf  Ysaye  ihm  ausweicht 
und    ihn    bittet,    er  möge  ihm  am  folgenden  Tage  die  vier  Wege,  . 
die  vom  Schlosse  abfuhren,  erklären. 

42.  Menet  klärt  Vsaye  sofort  darüber  auf.  Die  vier  Weg 
seien  der  rote,  schwarEe,  grüne,  weifse.  Der  rote  Weg  sei  < 
Weg  der  Schlacht  oder  des  Blutes,  Diesen  haUe  Paumart  le  \ 
meil  mit  sechzig  Rittern  besetzt.  Jeder  Ritter,  der  an  sein 
Schlosse  vorbeikomme,  müsse  mit  ihm  fechten.  Wird  er  besiegt,'! 
so  ist  er  Paumarts  Gefangener,  siegt  er  aber,  so  darf  er  auf  Pao-  I 
marts  Seh  lofs  jede  andere  couslumt  einführen.  I 
Weg,  so  fahrt  Menet  fort,  sei  der  des  Todes.  Er  führe  nach  dem 
chastel  de  l'eogarde,  welches  sieb  im  Besitze  eines  Sohnes  des 
Macon  le  brun  de  Cornouailles  befinde.  Dieser  habe  die  üble 
Gewohnheit,  Ritter  sowohl  wie  Damen  gefangen  zu  nehmen.  Die 
Ritter  werfe  er  in  den  Kerker,  die  Damen  aber  gebrauche  er. 
Sollte  sich  eine  Dame  sträuben,  so  würde  sie  ebenfalls  einge- 
kerkert, oftmals  sogar  verbrannt. 

43.  Vsaye  ist  über  diese  Grausamkeit  erregt  Ueber  deal 
grünen  Weg  erfährt  Vsaye  von  Menet,  er  führe  nach  einer  grünes  1 
Wiese.  Dort  hielten  sich  zwölf  Feeen  auf,  die  jeden  Wanderet  1 
fortschleppten,  und  man  wisse  nicht,  was  aus  diesem  werde.  Det  ] 
weifse  Weg  sei  vollständig  ungefährlich. 

44.  Auf  Vsayes  Frage,  woher  diese  couslumes  stammen,  erzählt. 
Menet:    Drei   |ahre    nach    dem  Tode  Arthurs    veranstalten   Rai 
le  prince  de  Galles   und   der   roi  des  cent  chevaliers   ein  TumìcK 
Nach  dem  Feste  kehrten  alle  Ritler  heim,  zwanzig  jedoch  bliebe 
bei  Ramant.    Als  sie  eines  Mittags  bei  der  Tafel  safsen,  trat  dessen 
Schwester  mit  einem  limosi»  auf  silberner  Platte  herein    und  sagte, 
derjenige    von    den  Rittern,    der   den  besten  Plan  habe,    solle  den 
limosin    bekommen,   demjenigen    aber,    der    die  kühnste  Thal  voll- 
bringe,  wolle    sie    ihre  Liebe    schenken.     Da  gelobt  Marc  le  rooij 
er  wolle  dem  König  Bohort  le  pícquart,  le  sire  de  Guis,  die  Krön« 
entreifsen.    Die  übrigen  Ritter  an  der  Tafel  waren  Vettern  Bobortt^ 
und  versprachen  ihm,  ihn  in  diesem  Kampfe  zu  unterstützen.    Ali 
es  aber  nachher  zum  Kampf  kam,  übten  die  Vettern  Verrat.     Bo- 
hort  wurde    besiegt     Marc    schlug    ihm    den  Kopf  ab,    verwüstete 
das  Land    und    baute    in    der  Nähe    sein  Schlofs  Qermoustier  aufl  _ 
Als  der  Sohn  Maçons  le  brun  von  diesem  Verrat  der  Vettern  hörtq 
beschlofs   er,    nicht    mehr    die   Pflichten    eines   Ritlers    erfüllen    1 
wollen.     Auch  Paumart  beschlofs  dasselbe. 

45.  Am    folgenden   Morgen    schlagen  Vsaye    und  Tronc    ■ 
roten  Weg  ein.     Sie   sehen    vier  Häuser    am  Wege  liegen, 
sind    sie    bis    hierher  gelangt,    als  vierzig  Reiter  auf  sie  losstüi 
und  von  Vsaye  Waffen  und  Pferd  verlangen, 


DBR  PROSAROMAN  Y5ATE  LE  TRISTE.  1 87 

46.  Ysaje  weigert  sich.  Die  Ritter  stürzen  auf  ihn  los,  müssen 
sich  aber  vor  den  wuchtigen  Hieben  Ysayes  wieder  zurückziehen. 

47.  Als  Paumart  seine  Leute  fliehen  sieht,  rüstet  er  sich  selbst 
und  stürzt  auf  Ysaye  los,  wird  aber  von  Ysaye  aus  dem  Sattel 
geworfen. 

48.  In  dem  darauf  folgenden  Schwerterkampf  ergeht  es  Pau- 
mart nicht  besser.  Er  wird  besiegt  und  erklärt  Ysaye,  er  könne 
mit  ihm  und  seinem  Schlosse  machen,  was  ihm  beliebe.  Ysaye 
mid  Tronc  gehen  nun  zunächst  mit  Paumart  ins  Schlofs. 

49.  Hier  bittet  Ysaye  Paumart,  er  möchte  seine  Hand  in  die 
seines  Knappen  legen.  Paumart  weigert  sich  zuerst,  da  er  Tronc 
fär  einen  Teufel  hält,  bald  aber  thut  er  es  auf  Zureden  Ysayes. 

50.  Nun  sagt  ihm  Ysaye,  er  solle  für  die  doulce  dame  ein 
Kloster  bauen  und  siebzehn  Mönche  hineinsetzen.  Dann  würde 
Christus  ihm  seine  bösen  Thaten  verzeihen.  (Die  Zahl  17  wählt 
Ysaye  zum  Andenken  an  1 7  tote  Ritter,  von  denen  1 2  durch  Pau- 
mart, 5  durch  Ysaye  getötet  sind.) 

51.  Paumart  dankt  Ysaye  und  läfst  das  Kloster  bauen.  „Es 
fuhrt  noch  heute  den  Namen  chastel  de  Taumosne.*'  Nun  reiten 
Tronc  und  Ysaye  weiter  und  konmien  zu  einem  Schlosse,  vor 
welchem  vier  scheinbar  schlafende  larrons  liegen,  die  unter  dem 
Rufe:  vassaux  a  la  belle  dame  vous  estes  prins  entfliehen.  Ysaye 
tritt  in  den  Schlofshof  ein.  Dort  hört  und  sieht  er  niemand.  Kaum 
aber  hat  er  sein  Pferd  in  den  Stall  gebracht,  als  mehrere  Ritter 
über  ihn  herfallen  und  ihn  gefangen  nehmen.  Tronc  wird  vor 
den  Schlofsherm  geführt.  Dieser  wundert  sich  über  Tioncs  Häfs- 
lichkeit,  findet  ihn  aber  sehr  spafshaft  und  nennt  ihm  auch  seinen 
Namen:  le  brun  de  Vengarde,  Den  Namen  Ysayes  aber  erfahrt  er 
von  Tronc  nicht  Im  Laufe  des  Gesprächs  erhält  Tronc  auch  die 
Erlaubnis,  in  Begleitung  des  Kerkermeisters  seinen  Herrn  besuchen 
zu  dürfen.  Beide  begeben  sich  zu  Ysaye.  Kaum  hat  aber  der 
Kerkermeister  die  Thûr  geöffnet,  als  ihn  Ysaye  schon  ergreift  und 
ihm  den  Kopf  abschlägt. 

52.  Tronc  bittet  nun  Ysaye,  ihm  in  kurzer  Zeit  in  den  Saal 
zu  folgen.  Tronc  geht  in  den  Saal  und  läfst  alle  Ritter  herein- 
treten. Kaum  aber  sind  sie  hier  versammelt,  so  erscheint  Ysaye 
bis  an  die  Zähne  bewaflhet 

53.  Ysaye  hält  nun  vor  den  Rittern  eine  Rede,  in  welcher 
er  sie  auffordert,  von  ihren  Gräuelthaten  abzulassen  und  lieber  ein 
Gott  wohlgefälliges  Leben  zu  führen.     Le  Brun  spottet  darüber. 

54.  Ysaye  wird  wütend  und  erschlägt  alle  34  im  Saal  be- 
findlichen Ritter.     Tronc  steckt  das  Schlofs  in  Brand. 

55.  Ysaye  kehrt  hierauf  in  das  chastel  de  Taumosne  zurück, 
freut  sich  über  Paumert  und  die  siebzehn  Mönche  und  drückt 
dann  noch  den  Wunsch  aus,  die  douloureuse  de  la  Joyeuse  Garde 

^ind  Menet   le   mecogneu   mögen    in  Zukunft   hier   ihren  Wohnsitz 

^ufsdilagen. 

56.  Während  Ysage   mit   den  Mönchen  redet,   erscheint  eine 


1 88 


Dame  zi\  Pferde  und  fragt  nach  Ysaj-e.  Sie  ist  von  der  Witwe 
eines  reichen  Ritters,  die  sieben  Kinder  bat,  abgeschiclit  worden, 
um  Ysage  zu  bitten,  sie  gegen  die  Belästigungen  eines  Ritteis, 
Craventor  de  l'outrageiix  passage,  der  sie  wegen  ¡hre^  Reichtums 
und  ihrer  Schönheit  begehre,  zu  schützen.  Die  Dame  wohnt  aaf 
dem  chastel  de  belle  garde.  Ysaye  fragt,  woher  die  Dame  ihn 
kenne.  Da  antwortet  die  Dame,  man  kenne  sein  Schwert  Justice, 
seinen  Zwerg,  sein  Pferd  und  nenne  ihn  uberai)  den  ekevaliir  A 
grace.     Ysaye  verspricht  zu  helfen. 

57.  Die  Amme  Bise  pflegt  Drianl,  das  Kind  ihres  Onkels, 
sehr  gut,  weil  sie  es  fur  Vsaye  liält.  Eines  Tages  erblickt  sie  in 
dem  Steine  des  Ringes  nicht  mehr  das  Bild  eines  Knat>en,  sondern 
das  eines  Ritters.  Da  erinnert  sie  sich  zufallig  der  Mahnung  des 
Goldschmiedes,  sie  möchte  in  einem  '  Jahre  wiederkommen.  Sofort 
bricht  sie  mit  Driant  auf,  und  sie  erfahren  von  dem  Goldschmiede, 
dafs  der  Knabe  zum  Ritter  herangereift  sei,  er  trage  einen  tscu 
blanc  a  l'tspee  vermeille.  Diesen  solle  sie  aufsuchen.  Bise  und 
Driant  machen  sich  nun  auf  den  Weg  und  erkundigen  sich  überall, 
ob  jemand  den  Riller  mit  dera  weifseo  Scbüd  gesehen  habe. 

58.  Die  Dame  (§  56),  Ysaye  und  Tronc- brechen  vom  chastel 
de  l'aumosne  auf  und  kehren  am  Abend  bei  einem yö/-«/it'r',  Gartus 
de  la  forest  aux  lyons,  ein.  Daselbst  werden  sie  gut  bewirtet 
Während  des  Essens  erzählt  ihnen  der  Wirt,  dafs  bei  ihm  noch 
zwei  Ritter  übernachteten.  Diese  wollten  am  nächsten  Tage  nach 
dem  chastel  de  l'aumosne  aufbrechen,  um  den  Tod  ihres  Bruders 
2U  rächen.  Diese  Ritter  hiefsen  Macon  l'oconge  (?)  und  le  vacquier 
de  l'esclaire  und  seien  Brüder  des  brun  de  l'engarde.  ^'saye  bittet 
nun  den  Wirt,  die  Ritter  am  folgenden  Morgen  nicht  fortEuIassen, 
da  er  ihnen  noch  etwas  zu  sagen  habe.  Hierauf  gehen  alle  lu 
Bett.  Am  folgenden  Morgen  sind  die  beiden  Brüder  schon  rar 
Abreise  fertig,  als  der  Wirt  sie  darauf  aufmerksam  macht,  dafs  im 
Erdgeschofs  ein  Ritter  logiere,  der  sie  zu  sprechen  wünsche.  So- 
fort vermuten  sie  in  diesem  Rilter  den  Mörder  ihres  Bruders.  Sie 
klopfen  an  die  Thfir  und  als  ihnen  nicht  geöfhiet  wird 
sie  die  Thür  ein.  Da  aber  tritt  ihnen  Ysaye,  der  vollständig  ge- 
wappnet ist,  entgegen. 

59.  Die    Brüder   fragen    nun    Ysaye,    ob    er    etwas   von 
Mörder    ihres  Bruders  wisse.     Ruhig    erklärt  ihnen  Ysaye,    dafs  er 
ihn    getötet    habe.     Nun    stürzen    sich    die  Brüder   wie  wahnsinnig 
auf  Ysaye,  werden  aber  schon  nach  kurzem  Kampfe  gelötet. 

60.  Als  die  Wirtsleute  und  die  Dame  die  Leichen  sehen,  dnd 
sie  entsetzt.  Vsage  aber  beruhigt  sie,  indem  er  sie  über  den  Vor- 
gang aufklärt.  Hierauf  reiten  Ysaye,  Tronc  und  die  Dame  weiter 
bis  zum  Abend.  Da  sie  kein  Wirtshaus  finden,  wohl  aber  in  einem 
Gehölz  ein  Feuer  erblicken,  schicken  sie  Tronc  ab,  um  zu  seheUf 
was  das  Feuer  bedeute. 


1 


schlagen 
idig  ge-^l 

on    detail 


'§J' 


Q  halben  Jabre, 


J 


DER   PROSAROMAN    YSAYE    LE   TRISTE. 


^K        61.    TroDC  sieht,    wie  vier  Scliurken  ein  gewaltiges  Feuer  an- 
^^ezûndet  haben,  und  ruft  Ysaye  herbei.     Bei  dessen  Ankunft  ent- 
fliehen   sie.     Nnn    reiten    die    drei  Gefährten   weiter,    bis   sie   nach 
Cannes    kommen.      Dort    zeigt    ihnen     eine    gnte    alte    Frau    ein 
V.irtshaus. 

62.  Sie  blopfen  an  die  Tbür  des  Hauses.  Ein  Mädchen 
Öffoet,  erschrickt  aber  beim  Anblick  Troncs  und  rult  den  Wirt, 
Dieser  sieht  Tronc  auch  und  erklärt,  ihnen  kein  Nachtquartier 
geben  sn  können.  Da  Ysaye  sieht,  dafs  er  Troncs  wegen  kein 
Ußlerkommen  finden  kann,  so  setzt  er  Tronc  hinler  sich  aufs 
Pferd  und  verdeckt  ihn  mit  seinem  Schild.  Dann  reitet  er  nach 
einem  anderen  Gasthaus  und  erhalt  ohne  weiteres  Quartier. 

6j.  Während  Tronc  auf  dem  Pferde  bleibt,  begeben  sich 
Vsaye  und  die  Dame  in  das  Speisezimmer.  Der  Wirt  safs  mit 
seiner  Frau  und  seinen  beiden  Kindern  (ta  und  11  Jahre  all)  be- 
reits an  úiix  Tafel.  Als  Ysaye  und  die  Dame  sicli  niedergelassen 
haben,  verbietet  die  Mutler  den  Kindern,  das  Beste  vom  Tbche 
zn  nehmen.  Da  befiehlt  ihnen  der  Vater,  der  der  Meinung  ist, 
dafs  er  die  Kinder  ernähre,  die  Mutter  zu  prügeln.  Dies  führen 
die  Kinder  solorl  aus.  Ysaye,  hierüber  erzürnt,  halt  dem  Vater 
eine  Rede  über  Kindererziehung.  Da  aber  der  Vater  nicht  ver- 
stehen will,  so  bricht  Ysaye  mit  den  Worten  ab:  car  l'av<ngle  n'a 
que  faire  de  chandeUi  et  le  sours  n'a  que  faire  de  sermon.  Der  Wirt 
heifst  Damas  de  Cannes.  Nach  dieser  aufregenden  Scene  gehen 
alle  su  Bett.  Am  folgenden  Morgen  brechen  die  drei  Reisenden 
auf  und  treffen  unterwegs  einen  varici,  der  ihnen  folgendes  erzählt: 
In  dem  ilause  des  Damas  hätten  sich  um  Mitternacht  die  Kinder 
geschlagen  und  wären  dabei  aus  dem  Fenster  gestürzt.  Der  Vater 
sei  aufgestanden  und  habe  seine  Ftau  getötet,  da  diese  die  Kinder 
nicht  genügend  bewacht  habe.  Ihn  selbst  aber  hätte  man  ins  Ge- 
fängnis geworfen  und  werde  ihn  nun  hängen. 

64.  Nachdem  sie  den  vaUl  verla.'isen  haben,  kotmnen  sie  nach 
einem  Schlofs,  aus  welchem  ein  Ritter,  Bisart  1e  navarois,  heraus- 
tritt und  Ysaye  zum  Zweikampf  herausfordert  Bisart  wird  besiegt. 
Beim  Abschied  bittet  er  Ysaye,  er  möge  seinen  Sohn,  Duma  le 
motdreur,  zum  Ritter  schlagen.    Ysaye  will  diesen  Wunsch  erfüllen. 

65.  Allmablicb  nahem  sich  die  drei  Gefährten  dem  chastcl 
de  la  belle  garde.  Sie  kommen  an  einen  Flufs,  auf  dessen  jen- 
seitigem Ufer  sich  das  Seh  lofs  beñndeL  Ysaye  und  die  Dame 
besteigen  einen  kleinen  Kahn,  während  Tronc  auf  dem  Rücken 
des  Pferdes  Y'sayes  über  den  Flufs  gelangt. 

66.  Die  Besitzerin  des  Schlosses  begrüfst  vom  Fenster  aus 
die  Ankommenden,  steigt  dann  die  Treppe  herunter  und  Öfihet 
die  Thür.  Ysaye  wird  nun  von  allen  wegen  seiner  Schönheit  be- 
vninderl,  aber  auch  Tronc  wegen  seiner  Häfslichkeit  angestaunt. 
Erregle  nun  Tronc  schon  bei  den  Menschen  Anstofs  wegen  seiner 
hälslichen  Figur,    so  war  dies  noch  vielmehr  bei  den  Hunden  des 


190  ZBIDLER, 

Schlosses  der  Fall.     Diese  hätten  ihn  sicher  totgebissen,   wenn  er 
sich  nicht  auf  den  Rücken  des  Pferdes  geschwangen  hätte. 

67.  Die  Dame  des  Schlosses  und  Ysaye  beraten  nun,  was  sie 
gegen  Craventor  thun  sollen.  Ysaye  sagt  ihr,  er  wolle  gegoi  alle 
Mannen  Craventors  kämpfen.  In  dieser  Absicht  beschliefst  er, 
Tronc  mit  einer  Herausforderung  an  den  feindlichen  Ritter  abzu- 
schicken. 

68.  Die  Dame  wundert  sich,  dafs  Ysaje  sich  Troncs  in  so 
wichtigen  Angelegen  bediene.  Da  entgegnet  Ysaye:  ß'orce  vauU 
plus  sans  sens,  mats  sens  est  bon  sans  force;  car  je  le  vous  prouœray, 
Marsiadus,  der  König  von  Norgalles,  war  in  einen  Krieg  mit  Ysayes 
Grofsvater,  Meliadus  von  Leonois,  verwickelt  Der  letztere  hatte 
nur  halb  so  viel  Truppen  als  Marsiadus. 

69.  Trotzdem  siegte  Meliadus  durch  die  Schlauheit  eines 
Krüppels,  dem  zwei  Glieder  fehlten  und  der  fünf  Jahre  hindurch 
krank  gewesen  war. 

70.  TroDC  begiebt  sich  nach  dem  Schlosse  Craventors  und 
bittet  dort  um  Einlafs.  Da  Craventor  gerade  schläft,  mufs  Tronc 
warten,  bis  Craventor  ihn  vorläfst. 

71.  Vor  Craventor  geführt,  erklärt  Tronc,  er  komme  im  Auf- 
trage der  Dame  von  Belle  Garde  und  eines  tapferen  Ritters,  der 
es  sich  zur  Aufgabe  gemacht  habe,  alle  Bedrängten  zu  schützen, 
und  fordere  ihn  auf,  von  seinen  Liebesanträgen  abzulassen,  da  die 
Dame  sich  doch  nicht,  besonders  nicht  mit  ihm,  verheiraten  werde. 

72.  Craventor  erwidert,  er  werde  die  Dame  nie  in  Ruhe 
lassen  und  lieber  mit  dem  Ritter  kämpfen.  Sollte  der  Ritter  be- 
siegt werden,  so  verlange  er  folgende  Geiseln:  die  Dame,  die 
sieben  Kinder,  Marcadigeil  (Bruder  der  Dame),  Duridron  (Onkel 
d.  D.),  Dromedia  (Schwester  d.  D.),  Alise  (Kammerfirau),  Tradition 
(Vater  d.  D.).  Sollte  er  besiegt  werden,  so  werde  er  eine  gleiche 
Anzahl  von  Geiseln  stellen. 

73.  Tronc  überbringt  Ysaye  die  Antwort  Craventors  und  teilt 
dann  diesem  die  Namen  der  Geiseln  mit,  die  die  Dame  verlange. 
Es  sind  dies:  Nabel  (Bruder  des  Cr.),  Vidira  de  Castrange,  Ariste 
de  Fluyr,  Heipas  le  bleu  (Onkel  des  Cr.)  und  drei  cousins  germains» 

74.  Craventor  ist  bei  dieser  Nachricht  sehr  betrübt,  da  diese 
Geiseln  seine  besten  Ritter  sind.  Dann  sagt  er  Tronc,  dafs  er  am 
nächsten  Tage  zum  Kampfe  bereit  sei. 

75.  Nach  dieser  Unterredung  führt  Craventor  seine  Geiseln 
nach  dem  Schlosse  de  Belle  Garde,  und  sonderbarer  Weise  ftagt 
ihn  nun  die  Dame,  was  er  mit  ihren  Geiseln  zu  thun  gedenke, 
worauf  Craventor  erwidert,  er  werde  sie  und  ihre  Kinder  ver- 
brennen, die  anderen  Geiseln  hängen  lassen. 

76.  Am  folgenden  Morgen  rüstet  sich  Ysäye  zum  Kampfe. 
Als  ihn  ein  Ritter  Craventors  erblickt,  wendet  sich  dieser  an  Tronc 
mit  der  Frage,  ob  jener  der  chevalier  cheiif  sei,  der  gegen  seinen 
Herrn  kämpfen  wolle.  Tronc  weist  ihn  ob  dieser  Beleidigung  zu- 
recht und  sagt  ihm,   dafs  sein  Herr  der  berühmte  Ritter  Ysaye  le 


DBR  PROSAROMAN  YSAYB   LB  TRISTE.  IQ  I 

Triste,  der  Sohn  Tristans,  sei.  Da  bricht  der  Ritter  in  Thränen 
aus  und  sagt,  jetzt  sehe  er,  dafs  es  für  Craventor  keine  Rettung 
mehr  gäbe. 

77.  Der  Kampf  beginnt,  und  Ysaye  siegt 

78.  Craventor  und  seine  Geiseln  werden  vor  die  Dame  des 
Schlosses  geführt  Diese  läfst  sofort  ein  grofses  Fest  feiern  und 
dorma  a  Ysaye  san  corps  et  ses  biens  a  sa  volonte, 

7  g.  Im  Schlosse  wendet  sich  Ysaye  an  den  Ritter,  dem  Tronc 
den  Namen  Ysayes  mitgeteilt  hatte  —  es  war  Senecques  le  bleu  — 
und  bittet  ihn,  Stillschweigen  über  seinen  Namen  und  seine  Person 
zu  beobachten.     Senecques  verspricht  dies. 

80.  Nichts  desto  weniger  geht  Senecques  in  der  Nacht  zu 
Craventor,  teilt  diesem  den  Namen  Ysayes  mit  und  erbietet  sich, 
im  Verein  mit  Craventor  Ysaye  im  Bette  zu  ermorden.  Craventor 
ist  mit  diesem  Plane  einverstanden,  und  beide  schleichen  nach 
Ysayes  Schlafzimmer.  Senecques  klopft  an  und  bittet  Tronc  zu 
ôfihen,  da  er  seinem  Herrn  die  traurige  Botschaft  zu  übermitteln 
habe,  dafs  Craventor  gestorben  seL  Tronc  entgegnet  ihm,  sein 
Herr  schlafe  jetzt,  er  möge  spater  wiederkommen. 

81.  Craventor  und  Senecques  entfernen  sich.  Tronc  weckt 
seinen  Herrn  und  bittet  ihn  sich  hinter  die  Thûr  zu  stellen. 
Darauf  kommen  Craventor  und  Senecques  wieder,  Tronc  öf!het, 
sie  finden  das  Bett  leer  vor.  Tronc  erklärt  ihnen  nun,  sein  Herr 
sei  in  jenem  Zimmer,  dessen  Thûr  sie  geöffnet  sähen.  Sofort  be- 
geben sie  sich  dorthin.  Tronc  eilt  ihnen  nach  und  schliefst  sie  ein. 

82.  Ysaye  tritt  nun  aus  seinem  Versteck  hervor,  läfst  die 
Thär  des  anderen  Zimmers  önhen  und  schlägt  den  Verrätern  das 
Haupt  ab. 

83.  Ysaye  schlägt  nun  noch  den  übrigen  Geiseln  Craventors 
die  Köpfe  ab  und  läfst  sie  von  Tronc  in  einen  Sack  werfen. 

84.  Tronc  schleppt  diesen  Sack  nach  dem  Schlosse  Craventors 
und  überreicht  ihn  den  dort  versammelten  Rittern.  Dann  entfernt 
er  sich  schleunigst.  Ysaye  will  nun  vom  chastel  de  Belle  Garde 
aufbrechen.  Da  fragt  ihn  die  Dame,  wie  sie  ihm  danken  könne. 
Ysaye  befiehlt  ihr,  für  die  Toten  eine  Messe  lesen  zu  lassen. 
Aufserdem  solle  sie  vier  von  ihren  Söhnen  zu  Rittern,  drei  zu 
Geistlichen  heranbilden  lassen.  Auch  solle  sie  wieder  einen  Gatten 
nehmen,  der  sie  gegen  die  Angriffe  der  Freunde  Craventors 
schützen  könne. 

85.  Während  Ysaye  mit  der  Dame  redet,  erscheint  ein  Knappe 
und  bittet  Ysaye,  er  möge  sein  Versprechen  einlösen  und  ihn  zum 
Ritter  schlagen.  Er  heifse  Duma  le  Mordreur  und  sei  der  Sohn 
Bisarts  le  Navarois.  Um  Ysaye  ein  Zeichen  seiner  Tapferkeit  zu 
geben,  brüstet  er  sich  damit,  dafs  er  bereits  zwölf  Menschen  aus 
geringfügigem  Grunde  getötet  habe.  Ysaye  rät  ihm,  erst  die  Ge- 
sinnung zu  ändern  und  zu  seinem  Vater  zurückzukehren.  Doch 
bleibt  Duma  noch  eine  Nacht  hier.  Als  er  am  folgenden  Morgen 
Ysayes  Frage,  ob  er  sich  eines  besseren  besonnen  habe,   mit  nein 


beantwortet,    befiehlt  ihm  Ysaye,    sein  Haupt   xa    beugen.     Anstatt 
des  Ritterschlages  versetzt  ihm  Vsaye  den  Todesstreich. 


Frau  mit  einem  jungen 
einem  Ritter,  der  ihr  Sohn 
.  im  Morois  in  Cornouaillet 


Kurze    Zeit    hierauf    tritt 
Manne    ein    und    erkundigt    sich    nach 
sei    und    der   ihr    vor   neunzehn  Jahrei 
geraubt  sei.     Es  ist  Bise  mit  Driant. 

87.  Sie  erzählt  ferner,  wie  Sarban  aus  Loisemont  und  sie  dea 
Knaben  erzogen  hätten,  wie  der  Knabe  geraubt  sei,  und  erzähh 
auch  die  Geschichte  mit  dem  Ringe.  Da  fragt  Ysaye,  wie  der 
Kuabe  geheifsen  habe,  worauf  sie  erwidert:  Ysaye  le  Triste. 

88.  Ais  Bise  ausgesprochen  hat,  erscheint  eine  Fee,  giebl 
Ysaye  einen  neuen  Schild,  nimmt  der  Amme  den  Ring  von  dem 
Finger  und  verschwindet  wieder.  Erstaunt  fragt  Ysaye  Tronc,  was 
das  bedeute.  Da  erzählt  ihm  Tronc,  die  Fee  sei  dieselbe,  welche 
der  Amme  den  Ring  an  den  Finger  gesteckt  habe.  Sie  habe  ihn 
wieder  zurückgeholt,  weil  die  Amme  den  wiedergefunden  bab^ 
den  sie  gesuclit  habe.  Ysaye  küist  nun  seine  Amme  und  begrüEt 
auch  seinen  /rere  de  layt.  Bise  wird  von  der  Dame  des  Schlösset 
reichlich  mit  Kleidern  bescbeul^t. 

89.  Ysaye  vertraut  nun  seine  Amme  dem  Schutze  der  Dama 
an.  Driant  àufsert  den  Wunsch,  zum  Ritter  geschlagen  zu  werden. 
Ysaye  weist  ihn  darauf  hin,  dafs  er  erst  Heldenlhaten  vollbriogcil^ 
müsse,  ist  aber  bereit,  ihm  das  WafTenhandwerk  beizubringen- 

go.  Ysaye,  Driant  und  Tronc  nehmen  hietauf  Abschied,  Unter- 
wegs treiïen  sie  einen  valil,  der  einen  Wagen  mit  Lebensmitteln. 
mit  sich  führt.  Ysaye  fragt  ihn,  wohin  er  wolle.  „Zum  chrvoltef 
sot  sage  du  chaste!  mal  assis"  ist  die  Antwort  des  vahi.  Neugierige 
wiîshalb  dieser  Ritter  den  wunderbaren  Namen  sot  sage  führe,  bittrt 
Ysaye  den  Knappen,  ihm  diesen  Ritter  £u  schildern. 

91.  Der  tia/et  erzählt  hierauf:  In  diesem  Lande  lebte  ein 
Ritter  Blaienor,  ein  Bruder  des  Blioberis  de  Gaunes.  Blaienor 
mit  der  Tochter  des  Königs  von  Norgalles  verheiratet  und  zeugte- 
mit  dieser  einen  Sohn.  Letzterer  wurde  der  gelehrteste  Mann 
dieses  Landes,  so  dafs  viele  Leute  Rat  Lei  ihm  holten.  Einea. 
Tages  erschien  auch  ein  Fräulein  bei  ihm,  Claire  la  plus  belle  mit 
Namen.  Zu  dieser  fafsle  der  c/erc,  wie  er  genannt  wurde,  eine 
unaussprechliche  Liebes» eiguii g  und  bat  um  ¡lire  Hand.  Sie 
nicht  abgeneigt,  doch  zog  sie  es  vor,  zuerst  ihre  sechs  Brüder 
Rat  zu  fragen, 

ga.  Die  Brüder  wünschten  ihr  aber  eher  den  Tod  als  dieatt' 
Heirat  Als  der  clere  davon  Kunde  erhielt,  wurde  er  vor  Zorn 
wahnsinnig.  Von  da  ab  nannten  ihn  die  Leute  den  so¡  sagt,  Vod 
dem  Unglücke  dieses  Königssohnes  erfuhren  Bohort  de  Gaunea 
und  Hector  des  Mares  und  eilten  herbei,  um  die  sechs  Brüder 
zu  strafen.  Sie  tüteten  die  Brüder,  und  nun  stand  dem  sof  sagt 
kein  Hindernis  mehr  im  Wege,  Ciaire  zu  heiraten.  Der  sot  sagt 
wurde  wieder  gesund,  gab  sich  aber  von  nun  an  dem  Ritletband- 
werke   hin.    Jedoch   habe   er  eine   eigentümliche   Fechtweise.    £] 


DBR  PROSÁROMAN  TSAYB  LB  TRISTE.  1 93 

fechte  nar  mit  Baumzweigen.  Denjenigen,  den  er  besiegt,  nimmt 
er  mit  aaf  sein  Schlofs  mal  assis  (wegen  der  Niedermetzlung  der 
9ech9  Brüder  Claires  so  genannt)  und  beschäftige  ihn  dort,  den- 
jenigen aber,  der  ihn  besiegt,  schlage  er  zum  Ritter.  Ysaye  fafst 
nun  sofort  den  Plan,  Driant  in  diesem  Kampfe  zu  erproben.  Ysaye, 
Driant  und  Tronc  reiten  nun  nach  dem  Schlosse.  Da  begegnen 
ihnen  drei  Ritter,  die  ihnen  erzählen,  dafs  der  sot  sage  früher 
die  Angewohnheit  gehabt  habe,  die  Besiegten  zu  seinen  Dienern 
zn  machen. 

93.  Jetzt  befolge  er  einen  Rat  Claires,  alle  schönen  Frauen 
im  Umkreise  von  einer  Meile  um  sein  Schlofs  einfangen  zu  lassen, 
um  sie  dann  zu  verbannen.  Diesen  Rat  hatte  Ciaire  dem  sot  sage 
aas  dem  Grunde  gegeben,  weil  sie  es  nicht  dulden  wollte,  Frauen 
von  ihrer  Schönheit  in  ihrer  Nähe  zu  haben. 

94.  Die  Ritter  verabschieden  sich,  und  Ysaye  erfahrt  von  dem 
valetf  der  noch  bei  ihm  ist,  die  Namen  der  drei  Ritter.  Der  erste 
sei  Brandor,  der  Sohn  des  Brandalis,  eines  Ritters  der  Tafelrunde. 
Der  zweite  sei  der  Sohn  Lambeguets,  der  Palamedes  le  mecogneu 
besiegt  habe,  als  dieser  die  Königin  Yseut  vom  Hofe  Marcs  ent- 
fuhren wollte.  Man  nenne  ihn  le  besge  de  la  haulte  roche.  Der 
dritte  sei  Festion  le  blond,  der  Sohn  Gaheriets.  Als  Ysaye  dies 
vernommen  hat,  schickt  er  Tronc  zum  sot  sage  und  läfst  ihn  zum 
Kampfe  herausfordern.  Tronc  trifft  den  sot  sage  mit  Ciaire  an. 
Qaire  erschrickt  bei  Troncs  Erscheinen.  Der  sot  sage  nimmt  die 
Forderung  Ysayes  an.     Unterdessen  lehrt  Ysaye  Driant  fechten. 

95.  Bald  darauf  fìndet  der  Kampf  statt.  Der  sot  sage  und 
Driant  sind  mit  Baumzweigen  bewaffnet.  Driant  erhält  zwei  wuchtige 
Hiebe  auf  den  Helm,  so  dafs  er  den  Kampf  aufgeben  will. 

96.  Da  Driant  sich  sehr  feige  benimmt,  fragt  ihn  der  sot  sage^ 
woher  er  stamme,  worauf  Driant  erwidert:  aus  Loisemont  bei  Tin- 
tagel  in  Comouailles.  Darauf  fragt  der  sot  sage,  ob  nicht  sein 
Begleiter  (Ysaye)  vielleicht  den  Kampf  gegen  ihn  aufnehmen  wolle, 
wenn  er  zu  feige  sei.  Da  antwortet  Driant,  dafs  sein  Begleiter 
dies  sehr  gern  thun,  er  aber  lieber  15  Tage  barfufs  gehen  würde. 

97.  Ysaye  schneidet  zunächst  für  sich  einen  Zweig  ab  von 
4^2  Fufs  Länge  und  einer  Dicke  von  3  Fäusten.  Dann  tritt  er  in 
den  Kampf  ein.  Der  Kampf  ist  für  Ysaye  schwer,  doch  gelingt 
es  ihm  bald,  dem  sot  sage  einen  Hieb  zu  versetzen,  dafs  dieser 
ohnmächtig  vom  Pferde  stürzt  und   12  Zähne  verliert. 

98.  Als  der  Besiegte  wieder  zur  Besinnung  kommt,  lobt  er 
Ysayes  Stärke.  Ysaye  will  aber  davon  nichts  wissen  und  schreibt 
Seinen  Sieg  der  Unterstützung  des  père  glouteux  zu. 

99.  Nun  befiehlt  Ysaye  dem  sot  sage  folgendes.  Er  solle  ihm 
huldigen,  seine  Geliebte  solle  verbannt  werden,  an  dem  Todestage 
<ier  sechs  Brüder  (le  lendemain  de  la  Trinité)  solle  er  für  alle,  die 
<iurch  seine  follie  umgekommen  sind,  beten  und  beten  lassen,  und 
^ias  Schlofs  solle  fortan  den  Namen  chastel  revertiz  führen.  Den 
gefangenen  Rittern  schenkt  er  die  Freiheit. 

ZdtKfar.  £  xon.  Phfl.  XXV.  13 


194 

loo.  Ara  folgenden  Tage  bricht  Ysaye  mit  Driant  Und  Tronc 
auf,  ohne  dem  sot  sage  seinen  Namen 

lOi.  Auf  ihrem  Wege  kommc-n  sie  nach  Louvrezep,  einem 
Meereshafen.  Dort  wird  Tronc  von  einem  vaiti  angeredet.  Dieser 
wünscht  Troncs  Herrn  zu  sprechen,  von  dem  man  sage,  er  habe 
Paumatt  besiegt  und  das  rote  Schlofs  eingenommen.  Tronc  ruft 
Ysaye  herbei. 

102.  Als  Vsaye  herankommt,  überreicht  ihm  der  vnUt  eines 
Brief,  welchen  Marthe,  la  nièce  au  roy  Yrion  do  Blamîr,  ihm  send& 
Ysaye  làTst  den  Brief  von  Tronc  vorlesen,  [äj/  ¡a  filk  Hmlin  Itm- 
pereur  de  Greise  qui  est  frères  Yrion^  ' 

103.  In  diesem  Briefe  teilt  Marthe  Ysaye  mit,  dafs  sie  ihn 
unsterblich  liebe,  obwohl  sie  ihn  noch  nie  gesehen  habe,  Sie 
tränme  von  ihm,  sie  mache  chansons  seinetwegen,  sie  sei  liebe»- 
krank.  Er  möge  kommen  und  sie  von  ihrer  Krankheit  heilen.  Vod 
ihm  hänge  es  ac,  ob  sie  am  Leben  bleibe  oder  sterbe.  Am 
Schlüsse  bittet  sie,  Ysaye  möge  ihr  durch  den  ra/i/ Nachiicht  zuteil 
werden  lassen. 

104.  Nachdem  Ysaye  den  Inhalt  vernommen  hat,  seufzt  er 
lief  und  bittet  den  valel,  einstweilen  bei  ihm  zu  bleiben.  Dann 
werde  er  ihm  Antwort  geben.  Darauf  begeben  sich  die  vier  Ge- 
fährten zu  einem  reichen  Bürger,  um  dort  zu  logieren.  Bei  diesem 
erkundigt  sich  Ysaye,  auf  welchem  Wege  er  nach  Sollenoys  ge- 
langen könne.  Darauf  erwidert  ihm  der  Bürger,  er  müsse  einen 
halben  Tag  lang  über  das  Meer  fahren,  dann  komme  er  zu  einer 
Burg,  die  von  gins  ¿armes  belagert  würde.  Auf  Vsajes  Frage, 
was  dort  vorgefallen  sei,  erzählt  der  Bürger  folgendes: 

105.  £ine  Anzahl  junger  Leute  seiner  Stadt  hätten  in  der 
Maizeit  einmal  sich  den  Scherz  erlaubt,  ein  der  Burg  gehöriges 
Schiff  zu  kapern.  Dies  war  ihnen  aber  nicht  gelungen,  wohl  aber 
hallen  sie  es  sich  gefallen  lassen  müssen,  dafs  25  ihrer  Leute  ge- 
fangen und  gehängt  wurden.  Am  Schlüsse  seiner  Erzählung  bittet 
er  Ysaye,  er  möge  seinen  Landsleuten  helfen,  die  Burg  einzu- 
nehmen. 

106.  \'saye  entgegnet  ihm  iiierauf,  er  könne  nur  die  Partei 
der  Burgleute  ergreifen,  da  diese  im  Rechte  seien.  Nun  wendet 
sich  Ysaye  an  Tronc  und  beauftragt  ihn,  einen  Brief  an  Marthe 
zu  verfassen.  Diesen  Brief  übergeben  sie  dem  valet.  Am  folgenden 
Tage  besteigen  sie  ein  SchilT  und  fahren  nach  der  Burg. 

107.  Nachdem  sie  ans  Land  gestiegen  sind,  entlassen  sie  dea 
vatel.  Da  dieser  aber  für  seine  Herrin  noch  ein  Geschenk  wünscht) 
geben  sie  ihm  auf  Troncs  ßat  Driant  mit.  Driant  und  der  vald 
entfernen  sich.  Tronc  aber  begiebt  sich  in  das  Ilauptzelt  der  Be- 
lagerer und  verlaugt  den  Führer  zu  sprechen. 

[108.    Bald    erscheint    auch  Ysaye    und    läfst    sich 
Führer    die  Ursache   des  Kiieges   darstellen.     Da   diese  Erzählung 

■  [j  ZuihU  von  D. 


I 
I 


I 


DER  PROSAROMAN  TSAY£   LH  TRISTE.  I95 

genaa  den  Thatsachen,  die  ihm  der  Bürger  mitgeteilt  hat,  ent- 
spricht, sagt  er,  die  Belagerten  seien  im  Recht,  und  er  werde  ihnen 
helfen.  Tronc  und  Ysaye  verlassen  unbehelligt  das  Hauptzelt  und 
hieben  sich  nach  der  Burg,  woselbst  ihnen,  allerdings  erst  nach 
Ablegung  der  Wa£fen,  Eintritt  gewährt  wird. 

109.  Ysage  bemerkt  lauter  abgemagerte  Leute  und  erfahrt 
von  diesen,  dafs  bereits  alle  Lebensmittel,  ja  sogar  alle  Elatzen, 
Hunde,  Pferde  und  busies  aufgegessen  seien.  Ysaye  weint,  als  er 
dies  hört,  und  bittet  Gott,  den  Armen  zu  helfen. 

I  IG.  Femer  erfahrt  er,  dafs  bereits  Kinder  geschlachtet,  ge- 
kocht und  gegessen  seien. 

111.  Ysaye,  der  ermüdet  ist,  legt  sich  zur  Ruhe,  während 
Tronc  das  Pferd  bewacht,  damit  es  nicht  auch  noch  aufgezehrt 
werde.  Um  Mittemacht  weckt  Tronc  seinen  Herrn,  da  er  bemerkt 
bat,  wie  die  Belagerer  am  Gestade  Lebensmittel  aus  den  Schiffen 
holten.  Sie  verlassen  beide  die  Stadt]  ^  Ysaye  legt  sich  in  einen 
Hinterhalt,  wahrend  Tronc  den  Befehl  erhält,  aufzupassen  en  quel 
point  ceulx  de  Post  estoient, 

112.  Kaum  hatte  sich  Ysaye  in  den  Hinterhalt  gelegt,  als 
Tronc  die  Nachricht  bringt,  die  Feinde  seien  eingeschlafen  und 
nur  50  Mann  hielten  Wache;  ferner  kämen  vom  Gestade  her  sechs 
Wagen  mit  Lebensmitteln,  die  nur  durch  20  Mann  geschützt  seien. 
Ysaye  sprengt  sofort  aus  seinem  Versteck  hervor  und  stürzt  sich 
auf  die  Bedeckung  der  Fouragewagen.  Er  tötet  zunächst  den 
Führer,  dann  stürzt  er  sich  auf  die  andern.  Sein  Pferd  ist  ihm 
im  Kampfe  behûlflich  dadurch,  dafs  es  furchtbare  Fufstritte  austeilt. 

113.  Während  Ysaye  gegen  die  Bedeckung  kämpft,  geht  Tronc 
zu  den  Trofsknechten  und  erzählt  ihnen,  es  seien  100  vor  Hunger 
wahnsinnig  gewordene  Männer  aus  der  Burg  entflohen,  die  nun 
alles,  was  ihnen  entgegentritt,  niederhauen.  Jener  Ritter,  der  gegen 
ihre  Bedeckung  kämpfe,  sei  auch  einer  von  den  Wahnsinnigen. 
Schleunigst  verlassen  nun  die  Trofsknechte  die  chareiiest  Tronc 
aber  holt  Leute  aus  der  Burg  herbei,  die  die  Wagen  in  die 
Stadt  ziehen. 

114.  Nachdem  Ysaye  die  Bedeckung  niedergemetzelt  hat,  eilt 
er  nach  der  Burg.  Schon  aber  folgen  ihm  neue  Feinde.  Vor  der 
Burg  entspinnt  sich  nun  ein  mörderischer  Kampf. 

1 1 5.  Tronc,  der  in  der  Burg  ist,  erinnert  sich,  dafs  sein  Herr 
derjenige  ist,  der  draufsen  gegen  eine  Uebermacht  von  Feinden 
kämpft  Er  bittet  die  Fallthür  herunter  zu  lassen,  damit  sein  Herr 
eintreten  könne,  dann  aber  die  Thûr  schleunigst  wieder  zu  heben. 

116.  Die  Einwohner  der  Burg  erfüllen  seinen  Wunsch.  Ysaye 
weicht  nach  der  Fallbrücke  zurück.  Als  Ysaye  gerettet  ist,  wird 
die  Thür  gehoben.  Dabei  fallen  8  von  den  nachdringenden 
Feinden   in    den   Graben,    16  aber   werden    gefangen    genommen. 


^  []  fehlt  in  G. 

13' 


IQÖ  ZElDLBRy 

Nach   dieser  Anstrengung   lassen  sich  die  Bewohner  der  Burg  die 
erbeuteten  Lebensmittel  gut  schmecken. 

117.  Ysaye  hält  während  der  Nacht  am  Thore  Wache.  Am 
nächsten  Morgen  sieht  er  zwei  Ritter  kommen,  die  ihn  aufTordem, 
die  Gefangenen  herauszugeben.  Sollte  er  dies  nicht  thun,  so 
würden  sie  die  Burg  angreifen.  Ysaye  läfst  sich  durch  diese 
Drohung  nicht  einschüchtern,  sondern  erwidert  ihnen,  falls  ihre 
Führer  bis  zum  nächsten  Tage  nicht  Frieden  geschlossen  haben 
sollten,  würde  er  allen  Gefangenen  die  Köpfe  abschlagen.  Et  avant 
ce  je  suis  prest  de  moy  mustrer  corps  a  corps  contre  les  plus  hardis. 

118.  Um  ihnen  auch  ein  Beispiel  seiner  Kraft  zu  geben,  geht 
er  zum  Thor  hinaus  und  schlägt  dem  einen  der  beiden  einen  Arm 
ab.     Entsetzt  fliehen  die  Boten  davon. 

119.  Bei  ihrem  maistre  angekommen,  erzählen  sie,  dafs  der 
Ritter,  den  Gott  den  Feinden  geschickt  habe,  kein  Mensch,  sondern 
eine  Art  fouldre  de  tempête  sei.  £r  sei  in  der  Nacht  ganz  allein 
aus  der  Burg  gezogen,  habe  45  Mann  der  ihrigen  getötet  und  ihnen 
6  Wagen  mit  Lebensmitteln  abgenommen.  Aufserdem  habe  er  noch 
viele  Gefangene  in  der  Burg. 

120.  Dann  zählen  sie  die  Bedingungen  auf,  die  Ysaye  ihnen 
gestellt  habe.  Da  treten  zwei  Boten  ein,  die  über  das  Meer  ge- 
kommen waren,  um  dem  souverain  de  ceuLx  lesquelz  estoient  dos  einen 
Brief  zu  übermitteln. 

121.  Sie  sagen  dem  baii/y  von  Louvresep,  sie  seien  gekommen, 
um  den  berühmten  Ritter  zu  suchen,  der  Paumart  u.  s.  w.  besiegt 
habe.  Sie  hätten  den  Auftrag,  ihm  die  Krone  des  Königreiches 
Logres  anzubieten.  Sie  erkundigen  sich,  ob  er  vielleicht  unter 
ihnen  sei. 

122.  Als  der  bailty  dies  vernimmt,  beschliefst  er,  sich  Ysaye 
zu  untewerfen.  Sofort  treten  500  Mann  barfûfsig  und  barhäuptig 
den  Weg  zur  Burg  an. 

123.  Sie  fallen  vor  Ysaye  nieder  und  bitten  um  Verzeihung 
für  ihre  oulirages,  Ysaye  erwidert  ihnen,  er  sei  gamicht  derjenige, 
den  sie  suchten.     Er  sei  ein  pauvre  chevalier. 

124.  Die  Bürger  entgegnen  ihm  darauf,  sie  wüfsten  wohl, 
wen  sie  vor  sich  haben,  und  bitten  nun  um  Freigabe  der  Ge- 
fangenen, sie  wollten  dagegen  auch  die  gestellten  Bedingungen 
eingehen. 

125.  Ysaye  giebt  nun  die  Gefangenen  frei,  die  Städter  ziehen 
ab.  Er  bleibt  noch  acht  Tage  in  der  Burg,  um  seine  Wunden 
verheilen  zu  lassen.     Dann  bricht  er  mit  Tronc  auf. 

126.  Driant  und  der  valet  der  Marthe  kommen  an  dem  Schlosse 
Vadans  de  Dran  gor  vorbei,  dessen  Besitzer  die  Gewohnheit  hatte, 
jeden  bewaffneten  Mann  anzufallen. 

127.  Als  Driant  den  Ritter  auf  sich  zukommen  sieht,  wirft  er 
vor  Angst  die  Waffen  fort. 

128.  Vadan  läfst  nun  Driant  unbehelligt  durch  sein  Gebiet 
ziehen.    Nach  vier  Tagen  erreichen  Driant  und  der  valet  das  König- 


DER  PR0SAR01£AN  TS  ATE  LE  TRISTE.  197 

reich  Miradir.  Der  valet  verschafift  nun  zunächst  dem  Dnant  ein 
gutes  Logis  bei  einem  reichen  Bürger,  welcher  mit  Marthe  gut  be- 
freundet ist  Dann  begiebt  er  sich  zu  Marthe,  erzählt  ihr,  wie  er 
Ysaye  gefunden  hat,  giebt  ihr  den  Brief  und  erzählt  ihr,  dafs  Ysaye 
seinen  Bruder  Driant  vorausgeschickt  habe. 

129.  Hierauf  schildert  er  Ysaye  näher. 

130.  Als  Marthe  den  Brief  gelesen  hat,  fallt  sie  in  Ohnmacht 
Als  sie  wieder  zu  sieht  kommt,  ruft  sie  laut:  Tres  doulx  amy,  venez, 
venez^  vous  perderez  votre  amye, 

131.  Sie  steckt  den  Brief  in  ihren  Busen  und  begiebt  sich 
zu  Driant  Sie  umarmt  und  kûfst  ihn  heftig.  Dann  bittet  sie  ihn, 
fortan  im  Schlosse  zu  wohnen.  Mais  bien  saichez  que  oncques  ne 
fust  telle  feste  que  Y  Hon  luy  feist  quant  il  fut  venu  a  la  court, 

132.  Nach  einiger  Zeit  erscheint  Yrìon  in  Marthes  Kammer 
und  findet  sie,  wie  sie  ein  Schnflstûck  abfafst.  Sie  ist  so  sehr  in 
ihre  Arbeit  vertieft,  dafs  sie  ihren  Onkel  garnicht  bemerkt,  dann 
aber  jäh  erschrickt,  als  er  ihr  das  Schriftstück  fortnimmt  Yrion 
liest  es  durch  und  lacht  darüber. 

133.  Das  Schriftstück  ist  eine  chanson  ^  in  welcher  Marthe 
Ysaye  als  die  Blume  der  Ritterschaft  verherrlicht 

134.  Der  Köm'g  liest  die  chanson  zwei-  bis  dreimal  durch  und 
erkundigt  sich  dann  bei  Marthe,  wer  der  Ritter  sei,  den  sie  liebe. 
Da  antwortet  sie  ihm,  sie  kenne  ihn  selbst  noch  nicht,  und  bittet 
ihren  Onkel,  ein  Turnier  zu  veranstalten.  Dann  würde  er  ihn 
schon  sehen.  Yrion  verspricht  ihr,  das  Turnier  bald  zu  ver- 
anstalten. 

135.  Yrion  teilt  nun  seine  Absicht  Driant  mit  Da  sagt  ihm 
Driant,  es  gäbe  keinen  tüchtigeren  Ritter  als  Ysaye.  £r  selbst 
habe  einmal  gesehen,  wie  Ysaye  dem  sot  sage  einen  so  gewaltigen 
llieb  versetzte,  dafs  dieser  ohnmächtig  zusammenbrach.  Nun  ist 
Yrion  aufs  höchste  gespannt,  wie  dieser  Ritter  wohl  aussehen  mag. 
Er  schickt  sofort  Herolde  ab  und  läfst  als  besten  Preis  im  Tournier 
ein  Pferd  und  40  besaus  émargent  aussetzen. 

136.  Ysaye  kommen  zum  Schlosse  des  Va{u)dan  de  Drangor, 
villette  sur  la  mer»  Ysaye  wird  von  Vadan  angegriáfen,  siegt  jedoch. 
Ysaye  erkundigt  sich  nun  nach  dem  Namen  des  Gegners.  Dieser 
nennt  seinen  Namen  und  erzählt  Ysaye,  dafs  er  ein  Kind  bei  sich 
habe,  das  man  Vorphelin  de  Guis  nenne.  Dieses  Kind  habe  er 
gegen  einen  Ritter  zu  schützen,  der  auf  dem  zwei  Meilen  ent- 
fernten Schlosse  Clermoustier  wohne  und  dem  Kinde  nach  dem 
Leben  trachte. 

137.  Ysaye  erkundigt  sich  nun,  woher  dieses  Kind  stamme. 
Da  erzählt  ihm  Vadan,  das  Kind  sei  der  Sohn  Bohorts  le  piquart, 
sire  de  Guis,  und  führt  nun  dieselbe  Geschichte  an,  die  wir  schon 
aus  §  44  kennen.  £r  habe  nach  dem  Tode  Bohorts  das  Kind  zu 
sich  genommen.  Ysaye  verspricht  ihm  nun,  den  Tod  Bohorts  an 
^iarc  le  roux  zu  rächen. 

138.  Ysaye,   Tronc    und  Vadan   betreten    das   Schlofs.     Der 


iq8  ZEIDL8R, 

Knabe  üflriel  iliiien.  Ysaye  kufst  ihn.  Am  folgenden  Morgen  c 
kündigt  er  sich  bei  dem  Knaben  nach  dessen  Alter  nnd  erfäbit  j 
von  ihn),  dafs  er  15  Jahr  alt  ist.  Im  Verlaufe  des  Geapräches 
bittet  der  Knabe  Ysaye,  seinen  Vater  an  Marc  le  roux  zu  rächen. 
Ysaye  befiehlt  nun  Vadan,  sich  sofort  mit  seinen  40  Rittern  za 
rüsten  und  in  einen  Hinterhalt  zu  legen.  Auch  der  Knabe  solle 
sich  rüsten. 

139.  Ysaye  trad  Tronc  reiten  nun  nach  Clermouslier. 

140.  Tronc  will  sich  zu  Marc  le  roux  begeben,  wird  . 
von  dessen  Ritlern  angehalten  und  gefragt,  wer  ihn  sende, 
antwortet  ihnen  Tronc:  It  maistrc  dis  chasUeux.  car  il  Us  ehasiù 
d'une  verge  quii  porle  a  ìa  resun  de  espee.  Die  Ritter  sagen  ihm, 
solch  thörichtes  Geschwätz  hätten  sie  seit  Arthurs  Tode  noch  i 
gehört,  er  möge  seinen  Herrn  selbst  kommen  lassen. 

141.  Ysaye   erscheint   und    fordert  sämtliche  Ritter  auf, 
ÏU  bewaffnen    und   in    einem   grofsen  Saal  lu  saramen  zu  treten ,   wo« 
selbst  er  ihnen  dann  seine  Mission  mitteilen  werde. 

142.  Sobald  die  Ritter  versammelt  sind,  erklärt  ihnen  Yss 
(lafs  er  gekommen  sei,  den  Tod  Bohorts  le  pica«  zu  rächen.  Da 
verhöhnt  Marc  Ysaye,  indem  er  ihn  einen  guesterez  (lat.  castratila)' 
nennt  Wütend  hierüber  zieht  Ysaye  sein  Schwert  und  haut  aW 
die  Ritter  ein.  Die  Mannen  Marcs  hören  die  wuchtigen  Hiebe  na 
Saale  und  eilen  ihrem  Heim  zu  Hilfe. 

143.  Tronc  verläfst  das  Schlofs,  um  Hilfe  zu  holen.  Er  ( 
verfolgt,  rettet  sich  aber  dadurch,  dafs  er  in  einen  in  der  Nähe 
des  Schlosses  iliefsenden  Flufs  springt  Vorher  jedoch  war  es  ihm 
noch  gelungen,  das  Haus  eines  Bürgers  in  Brand  za  stecken. 

144.  Beim  Anblick  des  Feuers  geraten  die  Bürger  sov 
als  auch  die  Mannen  Marcs  in  Bestürzung.  Diese  Bestürzung  be- 
nutzt der  hartbedrängte  Ysayt;,  um  zu  entfliehen.  Da  aber  triffi 
Vadan  mit  seinen  40  Rittern  ein,  besiegt  die  Ritter  und  nimmt  di 
reichsten  Bürger  gefangen.  Am  folgenden  Morgen  lüfst  Vsaye,  a 
dessen  Seite  sich  das  enfant  de  Guis  befindet,  die  gefangenen 
Bürger,  40  an  der  Zahl,  vor  sich  treten. 

145/6.  Auf  einem  Stuhle  stehend,  hält  nun  Tronc  eine  ge» 
waltige  Rede  darüber,  dafs  Gott  mit  seinem  Herrn  und  Vadaa 
gewesen  sei  und  die  Feinde  wegen  ihrer  Grausamkeit  vernichtet 
habe.     Sein  Herr  verlange  Sühne. 

147,  Die  Bürger   ziehen    sich    zu    einer  Beratung  zurück  ur« 
beschliefsen  auf  Anraten   des  Siasaries,  jede  Forderung  der  Í 
zu  erfüllen. 

148,  Nach  der  Beratung  teilen  sie  Ysaye  ihren  Entsctiluíl 
mit  Da  befiehlt  ihnen  Tronc,  sie  sollen  das  enfant  le  Guis,  He* 
gault  le  blond,  als  König  von  Qermoustier  anerkennen. 

149,  Ysaye  schlägt  nun  Hergault   zum  Ritter.     Hergault  \ 
anstaltet    ein  Fest     Während  dieses  Festes  werden  nun  noch  Sia« 
saries  und  Josue,  ein  Sohn  des  Garlus  de  la  forest  aus  lyons,  von 
Ysaye  zu  Rittern  geschlagen. 


DER  PROSAROMAN  YSAYE  LS  TRISTE.  IQQ 

150.  Auf  den  Wunsch  Marthes  hin  begeben  sich  der  valet 
und  Dnant  nach  der  Hauptstrafse  von  Miradir,  um  von  einem 
dort  befindlichen  Zelte  aus  die  Ankunft  Ysayes  zu  erwarten.  Auf 
dem  Wege  nach  dem  Zelte  zeigt  Driant  wieder  seine  grofse  Feig- 
heit, so  dafs  der  valei  zu  ihm  sagt:  Si  vous  fussiez  un  autre  Je 
deisse  que  vous  feussiez  ou  erragies  ou  couari  on  que  vous  eussiez  la 
vene  bestournee, 

151.  Nachdem  sie  eine  Zeitlang  im  Zelte  verweilt  haben, 
kommt  ein  Trupp  Reiter  vorbei.  Nach  wiederholten  Aufforderungen 
seitens  des  valet  begiebt  sich  Driant  zu  dem  Führer  des  Trupps 
und  erfahrt  von  diesem,  dafs  in  kurzer  Zeit  ihm  ein  Ritter  folgen 
werde,  der  sehr  berühmt  sei  und  einen  escu  blanc  a  lespee  vermeille 
trage.  Da  sagt  ihm  Driant,  dafs  dieser  Ritter  sein  Bruder  sei,  und 
bittet  den  Ritter,  er  möchte  seinem  Bruder  mitteilen,  dafs  er  (Driant) 
wieder  nach  Comouailles  gehen  werde  pour  ce  que  je  scay  bien  que 
su  me  trouvoit  que  mener  me  vouldroit  au  iournoy, 

152.  Der  Ritter  lacht  über  die  Feigheit  Dnants,  bittet  ihn 
aber,  seinem  Bruder  einen  Grufs  vom  Ritter  Hergault  zu  über- 
mitteln. Dann  erzählt  er  (Hergault),  wie  er  seine  Güter  durch 
Ysaye  wiedererlangt  habe.  Dieses  hört  auch  der  valet  und  macht 
sich  eiligst  auf,  Marthe  diese  Nachricht  zu  überbringen.  Driant 
aber  ferit  cheval  des  espérons  par  telle  maniere  quii  fut  un  au  avant 
que  Ysaye  le  vist. 

153.  In  kurzer  Zeit  sind  die  Ritter  des  ganzen  Königreiches 
zum  Turnier  eingetroffen.  Marthe,  die  noch  immer  nichts  von 
Ysaje  hört,  läfst  in  allen  Zelten  nach  dem  Ritter  mit  dem  eseu 
hlanc  a  lespee  vermeille  fragen.  Da  ihr  Bote  ihr  aber  mitteilt,  dafs 
Ysaye  noch  nicht  da  sei,  fallt  sie  in  Ohnmacht. 

154.  In  diesem  Zustande  findet  sie  Yrion.  Als  sie  wieder  zu 
sich  kommt,  erklärt  sie  auf  ihres  Onkels  Frage,  was  ihr  fehle,  sie 
wolle  nichts  wieder  essen,  bevor  sie  nicht  ihren  Geliebten  gesehen 
habe.  Sie  wolle  lieber  sterben,  als  den  Zustand,  in  dem  sie  sich 
jetzt  befinde,  länger  ertragen. 

155.  Yrion  sucht  Marthe  zu  beruhigen.  Da  ihm  das  aber 
nicht  gelingt,  geht  er  zu  seinem  Ratgeber  Henry  und  erzählt  diesem 
von  Marthes  Kummer.  Da  rät  Henry,  der  König  solle  alle  Ritter 
aus  den  Zelten  treten  lassen.  Dann  würde  er  sehen,  welcher  von 
den  Rittern  einen  solchen  Schild  trage. 

156.  Von  Marthes  Kummer  und  dem  Anlasse  dazu  erfahren 
bald  alle  Ritter,  aber  niemand  hat  den  Ritter  mit  dem  escu  blanc 
ö  lespee  vermeille  gesehen.  Nur  einen  Ritter  mit  einem  escu  blanc 
(aber  ohne  rotes  Schwert)  hatte  man  bemerkt. 

157.  Yrion  folgt  nun  dem  Rate  Henrys  und  läfst  sämtliche 
Äitter  an  seinem  Palaste  vorüberreiten.  Marthe  und  er  betrachten 
^on  den  Fenstern  aus  die  Ritter.     Da  bemerken  sie  einen,  dessen 

^child  genau  wie  derjenige  Ysayes  aussieht.    Es  hatte  nämlich  der 
^  §  156  erwähnte  Ritter  Paumart  d'Arbise,  de  la  marche  de  Logres, 


200  ZBIDLBR, 

sire    de    Perrorentín,    auf    seinen    escu   blanc    ein    rotes   Sdiwert 
malen  lassen. 

158.  Marthe  ist  sehr  erfreut  bei  dem  Anblicke  des  Ritters, 
da  sie  ihn  für  Ysaye  hält  Sie  holt  ein  rotseidenes  Herz  und  giebt 
es  ihrer  Kammerfrau  mit  der  Bestimmung,  es  dem  Ritter  zu  über- 
reichen und  ihm  zu  sagen,  er  möchte  in  der  Nacht  zu  ihr  kommen. 

159.  Yrion  veranstaltet  ein  grofses  disner^  an  welchem  400  ducs^ 
conies,  chevaliers  und  eine  grofse  Anzahl  Damen  teilnehmen.  Mau 
saichez  que  Marthe  fui  la  plus  belle  et  la  plus  joyeuse  de  toutes. 

160.  Während  des  £ssens  tritt  ein  Zwerg,  ohne  Hut  und 
ohne  Schuhe,  wohl  aber  mit  einem  grofsen  Stock  versehen,  in  den 
Saal  und  verlangt  Marthe  zu  sprechen.  Der  Portier  fuhrt  ihn  zu 
Marthe.  Ueber  seine  HäfsHchkeit  staunen  alle  Festteilnehmer,  car 
trop  estoit  hideux, 

161.  Der  Zwerg  ûbergiebt  Marthe  einen  Brief  Ysayes.  Marthe 
eikennt  sofort  in  dem  Zwerge  den  Pagen  Ysayes.  Sie  befiehlt  nun 
einem  valet.  Tronc  in  ein  besonderes  Zinmier  zu  fuhren  und  ihn 
dort  gut  zu  bewirten. 

162.  Nach  dem  Essen  geht  Marthe  in  ihr  Zimmer  und  liest 
den  Brief. 

163.  Hierin  teilt  Ysaye  ihr  mit,  dafs  er  am  Abend  als  armer 
Ritter,  ohne  Wafifen  und  zu  Fufs,  in  Miradir  eintreffen  werde. 

164.  Als  Marthe  den  Brief  gelesen  hat,  singt  sie  vor  Freude 
und  umarmt  Tronc.  Da  erscheint  der  Ritter  Paumart,  der  seinen 
Schild  geändert  hatte  (§  157).  Seine  Fälschung  wird  von  Tronc 
sofort  aufgedeckt,  denn  Tronc  weifs,  dafs  der  Vater  Paumarts, 
Patrides  du  chastel  noir,  und  sein  Grofsvater,  Hector  le  bleu,  nur 
einen  escu  blanc  getragen  haben.  £r  sagt  dem  Paumart:  Et  si 
vous  fustes  fils  de  bonne  mere  si  portez  ses  armes  demain  au  toumoy . 
certes  vous  noseries.  Ueber  diese  Abfertigung  ist  der  Ritter  wütend, 
aber  Marthe  verabschiedet  ihn  mit  folgenden  Worten:  Allez  vous 
en  et  pensez  en  vous  purger  de  ceste  besoigne  .  car  sil  est  ainsi  mort 
avez  desservie.  Beschämt  zieht  der  Ritter  von  dannen.  Aber  auch 
Tronc  verla  ist  Marthe,  um  Ysaye  herbeizuholen.  Er  findet  seinen 
Herrn  noch  an  derselben  Stelle  schlafend,  an  welcher  er  ihn  ver- 
lassen hat. 

165.  Tronc  weckt  Ysage.  Ysage  geht  nun  zu  Fufs  nach 
Blamir  (Miradir),  während  Tronc  zu  Pferde  folgt.  Er  findet  den 
Palast  Yrions  verschlossen  und  ruft  den  Pförtner.  Dieser  aber  will 
Ysaye  wegen  dessen  schlechter  Kleidung  nicht  einlassen  und  schimpft 
ihn  rihault  escrimelle.  Wütend  hierüber  ergreift  Ysaye  den  Portier, 
dreht  ihn  mehrmals  im  Kreise  herum  und  wirft  ihn  dann  mit 
solcher  Wucht  gegen  einen  Pfeiler,  dafs  ihm  Augen  und  Hirn  aus 
dem  Kopfe  fliegen.  Als  das  Yrion  erfahrt,  läfst  er  Ysaye  vor  sich 
kommen  und  fragt  ihn  nach  seinem  Namen.  Ysaye  aber  entgegnet 
ihm  barsch,  er  sei  nur  gekommen,  um  an  dem  Turnier  teUzunehmen. 
Seinen  Namen  aber  werde  er  nicht  nennen. 

1 66.  Marthe  kommt  hinzu.    Sie  vermutet  in  dem  ribault  ihren 


DSR  PROSAROMAN  TSAYE  LB  TRISTB.  20I 

Geliebten  und  bittet  den  König  um  Gnade  för  ihn.    Der  König 
gewahrt  Ysaje  Gnade. 

167.  Marthe  läfst  nun  Ysaye  in  ihr  Zimmer  kommen  und 
fragt  ihn  nach  seinem  Namen.  Je  suis  U  votre  Ysaye.  Als  sie 
dieses  hört,  käist  sie  Ysaye,  und  beide  vergiefsen  Thränen  der 
Freude.  Hier  tritt  ein  escuyer  ein  mit  der  Meldung,  der  König 
bitte  Marthe  und  Ysaye,  sich  zum  Turnier  zu  begeben.  Alle  Ritter 
seien  schon  zum  Kampfe  bereit 

168.  £s  seien  aufser  den  ihrigen  etwa  800  Ritter  aus  Lothringen, 
Brabant,  Burgund,  Deutschland,  Gales  und  der  Lombardei  erschienen. 

169.  Marthe,  die  zunächst  ein  Waffenstûck  Ysayes  sehen  will, 
schickt  eine  ihrer  Dienerinnen  zum  König  mit  der  Bitte,  das  Turnier 
erst  am  folgenden  Tage  stattfinden  zu  lassen.  Darauf  solle  sie  zu 
den  einzelnen  Zelten  gehen  und  fragen,  ob  ein  Ritter  zu  einem 
Lanzenkampf  bereit  sei.  Die  Dienerin  führt  den  Befehl  Marthes 
aus  und  meldet  dann,  dafs  ein  Ritter  Yreult  de  Tisle  estrange  zum 
Kampfe  bereit  sei. 

170.  Yreult  erscheint  bald  darauf  und  fordert  Ysaye  mit  den 
Worten:  Je  vous  deffii. 

171.  In  dem  darauf  folgenden  Zweikampfe  siegt  Ysaye.  £r 
wirft  Yreult  vom  Pferde  und  beendet  damit  den  Kampf.  Er  ver- 
läfst  den  Kampfplatz  und  wird  von  allen  Leuten  ob  seiner  That 
angestatmt 

172.  Yreult  wird  in  sein  Zelt  getragen.  Von  seinen  Leuten 
gefragt,  qui  mouvoit  a  fin  telle  jouste^  schildert  Yreult  den  Kampf 
und  sagt,  er  sähe  seine  Niederlage  nicht  als  eine  Schmach,  sondern 
als  eine  Ehre  an. 

173.  Ysaye  und  Tronc  werden  von  einem  Bürger  eingeladen, 
bei  ihm  zu  logieren.  Dieser  hat  von  dem  Zweikampfe  bereits  ge- 
hört, weifs  aber  nicht,  dafs  sein  Gast  der  Sieger  ist  Erst  von 
seinem  Nachbar  wird  er  darauf  aufmerksam  gemacht. 

174.  Vom  Turnier  zurückgekehrt,  erkundigt  sich  Marthe  bei 
ihrer  Kammerfrau,  welchen  Weg  der  Sieger  eingeschlagen  habe. 
Da  diese  ihre  Frage  nicht  beantworten  kann,  weint  Marthe  heftig, 

»  indem  sie  dabei  ausruft:  amy  puisque  je  tay  perdu  je  veul  estre  perdu, 

175.  Während  Marthe  sich  in  Klagen  ergeht,  erscheint  der 
hourgeoist  bei  welchem  Ysaye  und  Tronc  wohnen,  und  meldet  ihr, 
dafs  in  seinem  Hause  ein  Ritter  logiere,  der  in  dem  Zweikampfe 
gesiegt  habe. 

176.  Marthe  dankt  dem  Bürger  und  sagt  ihm,   sie  werde  in 
der  Nacht  vor  seinem  Hause  erscheinen.     Als  der  Bürger  sie  ver- 
lassen   hat,    läfst   sie   ihren  pallefroy   satteln   und   begiebt  sich  zu 
Vsaye.     Tronc  öfihet   die  Hausthür  und   führt   Marthe   zu  Ysaye. 
Ysaye  entschuldigt  sich,   Marthe  verlassen  zu  haben.     Die  entfernt 
gelegene  Wohnung  habe  er  nur  deshalb  bezogen,  damit  ihre  Freund- 
^haft  nicht  entdeckt  werde.    Marthe  verzeiht  Ysaye  und  sagt:  Je 
^  vous  pardonne^  mais  je  vous  prie,  faites  estaindre  celle  torche, 

177.  Dann  legen  sie  sich  zu  Bett,    Das  Resultat  ihrer  Liebe 


ist,  wie  wir  später  sehen  werden,  ein  Knabe,  Marc  l'essilliet. 
folgenden  Morgen  begeben  sich  Ysaye,  als  Ritter  gekleidet, 
Marthe,  als  Knappe  verkleidet,  nach  dem  Palaste  Yrions.  Trane 
folgt  später.  Kaum  sind  sie  hier  angekommen,  so  erscheint  Ytion 
und  bittet  Marthe,  sich  zum  Turnier  zu  begeben. 

178.  Ysaj-e  begiebt  sich  zum  Kampfplatz   und  trifft  mit  Her- 

179.  Das  Turnier  beginnt.    Marthe  schaut  von  einem  tstkafauli 
ans    dem  Kampfe  zu.     Als    sie  Ysaye    und  Hergault    erblickt, 
sie  vor  Freude  aus:  Rtg-irdtz,  comment  ìh  feront. 

180.  Ysaje   vollführt  Hei  dent  baten ,    Hergault   kämpft  an 
ner  Seite. 

181.  Ysaye  besiegt  Dizon  mit  seinen  drei  Knappen.  Er  ver- 
setzt ihnen  solche  Hiebe,  dafs  sie  nicht  wufsten,  ob  es  Tag  oder 
Nacht  war. 

i8z.  ßizon  wird  mit  entblöfstem  Haupte  durch  Tronc  zu. 
Marthe  geführt.  Diese  harte  Strafe  traf  ihn,  weiter,  trotzdem  dais 
er  besiegt  war,  Ysaye  noch  einmal  hinterlistig  überfallen  hatte. 

183.  Hierauf  kämpft  Ysaye  mit  Samuel  l'AIIemant  und  Daccas 
le  Proven  chois. 

184.  Ysaye  besiegt  beide  und  erregt  dadurch  grofse  Be— ^ 
wundening. 

185.  Alles  weicht  vor  ihm  zurück.  Tabart  von  Coulogne^ 
der  Widerstand  zu  leisten  versucht,  erhält  von  Ysaye  einen  der- 
artigen Hieb,  dafs  ihm  die  Augen  aus  dem  Kopfe  fliegen. 

186.  Während  des  Turniers  pflegte  Ysaye  die  Pferde  der  be- 
siegten Ritler  Marthe  zuzuführen.  Am  Abend  des  Turniws  zahl*¿ 
Marthe  28  solcher  Trophäen. 

187.  Nach  dem  Turnier  begeben  sich  die  Rit  1er  in  ihre  Zeiten' 
Die  ToU-n,   12  an  der  Zahl,  werden  begraben. 

188.  Ysaye  und  Tronc  begeben  sich  zu  Marthe,  die  sie  herí' 
lieh  empfangt. 

189.  Sie    giebt   ihnen    reichlich   zu  essen,    verläfsl  daoo  i 
Ysaye,  da  der  König  nach  ihr  verlangt  hat. 

1ÇO.  Nachdem  Ysaye  gegessen  hat,  legt  er  sich  in  MarlhcV 
Bett  Tronc  begiebt  sich  in  ein  benachbartes  Zimmer.  Kurze  Zeit: 
hierauf  erscheint  Marthe  und  legt  sich  zu  Ysaye. 

191.  Während  der  ganzen  Nacht  hören  Vsaye  und  Martha 
Tronc  im  Nebenzimmer  heftig  weinen.  Als  Marthe  sich  am  fol- 
genden Morgen  nach  seinem  Schmerze  erkundigen  will,  Dimmt 
Tronc  seinen  Herrn  zu  sich  und  erzählt  ihm  folgendes: 

IQ2,  Die  Feeen,  die  ihm  die  Ueberwachung  Ysayes  anver-- 
traut  hallen,  hätten  ihm  auch  befohlen,  darauf  zu  achten,  dafs 
Ysaye  sich  mit  keinem  Weibe  einlasse.  Diesen  Befehl  habe 
ungeachtet  gelassen,  und  deshalb  hätten  ihn  die  I'eeen  in  der  v 
hergehenden  Nacht  mit  Stöcken  gezüchtigt.     Daher  /(/  doeut. 

193.    Als  Ysaye  dies  vernimmt,  beschliefst  er  das  Land  inner- 


YÍATH    LE   TRISTE. 


203 


»lb    dreier  Tage    zu  verlassen.     Diesen  Entachlufii  teilt  er  Marthe 
die  aber  nicht  recht  daran  glauben  will. 

ig4.  Ysaye  begiebt  sich  hierauf  zur  Messe,  woselbst  er  von 
Etiten  Rittern  bewundert  wird.  Nach  der  Messe  fragt  Yrion  Vsayc 
\  Bach  dessen  Namen,     Ysaye  aber  weicht  ihm  aus. 

195.  Ysaye  begiebt  sich  zum  disner.  Als  er  den  Saal  belrill, 
^.trstatiDt  alles  über  seine  Schönheit 

iq6.  Wahrend  des  Essens  bringt  Tronc  eine  Schüssel  in  den 

I  Sul  and   reicht  sie  Herganlt.     Dieser  bietet  sie  seiner  Nachbarin, 

I  òei  iamt    de  Fragoirt,    an,    die    diese    aber    mit   der    Bemerkung 

I  nriickweist,    sie   könne    die  Speise  nicht   essen,    die  der  häfsliche 

I  Page  gebracht    habe.     Kurze  Zeit  hierauf   erscheint  Tronc   wieder 

it  einem  hairon  in  der  blofsen  Hand  und  überreicht  diesen  Ysaye. 

Er  img  den  hairon  in  der  blofsen  Hand,  weil  ihm  der  Koch  keine 

Schüssel   hatte    geben    wollen.     Als  nun  der  Koch  gar  sieht,    dafs 

Ttonc  den  hairon    dem  besten  Ritter,    Ysaye,    in  dieser  Art  über- 

r*ichl,   steigert    sich    seine  Wut   aufs    höchste,    und    er  beschliefsi. 

Tronc  ins  Feuer  zu  werfen. 

197.  Als  Tronc  in  der  Küche  erscheint,  will  ihn  der  Koch 
wjreifen.  Tronc  aber  entschlüpft,  nimmt  einen  Kessel  mit  sie- 
dendem Wasser  und  wirft  ihn  dem  Koch  an  den  Kopf.  Der  Koch 
lienlt  laut  und  läuft  hinter  Tronc  her,  der  inzwischen  aber  schon 
^i  Ysaye  SchuU  gefunden  hat.  Als  Yrion  diesen  Zwischenfall 
fffihrt,  lacht  er  herzlich. 

igS.  Nicht  lange  Zeit  hierauf  erscheinen  zwei  Damen,  die 
lleriogin  von  Caradan  und  die  Tochter  des  Herzogs  von  Ostrisse, 
u|)d  überreichen  Ysaye  den  Preis  des  Turniers;  ein  Pferd,  das  mil 
í'ilber  beschlagen  ist  und  einen  Elfenheinsattel  trägt. 

1159.  Ysaye  dankt  für  die  Ehre,  die  ¡hm  zu  teil  wird,  sagl 
^^<^x,  der  Preis  gebühre  seinem  Heim,  Hergault,  der  alle  die 
»nchligen  Hiebe  ausgeteilt  habe. 

ZOO.    Erst    auf  Hei^nlts  Bitten    nimmt  Ysaye    den  Preis    an, 
"ffnerkt  aber  dabei:  et  nt  fuge  pas,  ehe  fu  dieux. 
I  201,    Hierauf  erhebt   sich  Yrion,    lobt  Ysaye  und  führt  seine 

^eldcnthaten  aus  früherer  Zeit  an.     Darauf  wird  noch  ein  zweiler 
US  an  Samuel  l'Allemant  verteilt. 

202.    Nach  dem  Essen  tritt  eine  schwarz  gekleidete  Dame  ein 
»d  iiberreicht  Ysaye  ein  Brief,  der  von  dem  gaiant  du  hault  hurt 
Aex  forest  noire  (Grofa- Britannien)  herrührt 

;.    In  diesem  Briefe    fordert  der  Riese  Ysaye  höhnisch  auf, 
■öiöge  KU  ihm  kommen  und  versuchen,    die  coutumes,    welche  er 
'*8fiùhrt  habe,  abzuschaffen. 

.    Ysaye  fragt  nun  die  Dame  nach  ihrem  Namen  und  er- 
n    ihr,    dafs    sie    Ciaire,    die   verbannte    C;emahlin    des    sol 
W<  sei. 

105.  Ysaye  giebt  ihr  den  Bescheid,  er  werde  ihr  bald  eine 
^'worl  an  den  Riesen  mitgeben, 

106.  Yrion    fragt  Marthe,    ob    sie   sich    näher  mit  Ysaye  ein- 


204  ZEIDLBR» 

gelassen  und  ob  Ysaye  ihr  ein  Versprechen  gegeben  habe.  Den 
ersten  Teil  der  Frage  bejaht  Marthe,  aber  hinsichtlich  des  zweiten 
Teils  bittet  sie  ihren  Onkel,  persönlich  mit  Ysaye  Rfickspradie  xn 
nehmen.  Yrion  thut  dies,  und  Ysaye  verspridit  ihm,  alle  seine 
Wünsche  zu  erfüllen,  sobald  er  seine  Reise  vollendet  haben  werde. 

207.  Tronc  schreibt  im  Auftrage  Ysayes  einen  Brief  an  den 
Riesen  und  ûbergiebt  ihn  der  Ciaire. 

208.  Ysaye  nimmt  am  folgenden  Tage  Abschied  von  Marthe, 
da  er,  wie  er  sagt,  eine  secrete  besotgru  auszufuhren  habe.  Sie  bittet 
ihn,  bald  zurückzukehren.  Dann  bricht  Ysaye  mit  Tronc  und  Her- 
gault  auf. 

209.  Untenvegs  treffen  sie  einen  Ritter  mit  ausgerenkter 
Schulter,  Namens  Orient  li  grieux,  Sohn  Hectors  von  Orcanie  und 
Vetter  des  Königs  von  Orcanie.  Dieser  war  aus  Arragonne  ge- 
kommen und  war  soeben  von  einem  wilden  Pferde  zu  Boden  ge- 
worfen worden.  Tronc  setzt  ihn  nun  auf  Ysayes  Pferd.  Nach 
einem  langen  Marsche  erreichen  sie  Qermoustier.  Hier  erfahrt 
Hergault  von  seinem  fermier  folgendes: 

210.  Während  Hergaults  Abwesenheit  sei  der  Onkel  Marcs  le 
roux  in  das  Gebiet  Hergaults  eingefallen  und  habe  in  15  Tagen 
50  Leute  getötet  £rst  durch  einen  Ritter,  der  einen  vergoldeten 
Schild  mit  einem  halben  Löwen  getragen  habe,  sei  der  Onkel 
Marcs  besiegt  worden. 

211.  Sofort  wird  Onant  als  der  Besieger  des  Feindes  erkannt 
und  sehr  geehrt  Die  Leute  aus  der  Stadt  begrûfsten  ihn:  benoisU 
soii  celle  qui  te  porta  et  henoist  soies  tu, 

212.  Hergault  begleitet  Ysaye,  Tronc  und  Oriant  bis  zur 
„Burg",  woselbst  man  vor  Ysaye  Kleider  ausbreitete,  über  welche 
er  gezwungen  war  zu  gehen.  Hier  nimmt  Ysaye  Abschied  von 
Hergault 

213.  Ciaire,  welche  über  das  Meer  gefahren  ist  und  sich  jetzt 
in  Logres  befindet,  trifft  auf  ihrem  Wege  zu  dem  Riesen  einen 
Ritter  Ostentins  li  navarois,  bei  welchem  sie  übernachtet  Sie  er- 
zählt diesem,  dafs  sie  von  Ysaye  komme,  welcher  in  den  nächsten 
Tagen  nach  dem  chasiel  du  hault  hurt  kommen  werde.  Da  sagt 
ihr  Ostentin,  dafs  er  ebenfalls 'Ysaye  suche,  um  an  ihm  den  Tod 
seines  Bruders  Dumas  le  mordreur  zu  rächen. 

214.  Ciaire   bittet   nun   Ostentin,    den  Brief  Ysayes  zu    dem 
Riesen  zu  tragen,  da  sie  sich  vor  der  maulvaise  coustume  fürchte. 

215.  Am   folgenden   Morgen    begiebt  sich  Ostentin   zu   denm 
Riesen,  Namens  Miriol,  und  giebt  ihm  den  Brief. 

2 1 6.  Hierin  schreibt  Ysaye,  dafs  er  gedenke,  ihn  (Miriol)  miC^ 
Gottes  Hilfe  zu  besiegen.  [Et  jay  pendu  mon  seel  escript  a  Blamir^ 
Ian    Vß  et  XIIII  (614)  estamps  de  Grasce  et  ou  mois  de  may,]^ 

217.  Als  Miriol  den  Brief  gelesen  hat,  lacht  er  höhnisch. 

218.  Ysaye,    Oriant    und  Tronc    fahren    zu   Schiff  nach    dec^r 


»  []  Zusatz  in  D. 


DER  PROSAROMAN   YSATE  LR  TRISTE.  205 

Ai^agne.  Dort  erblicken  sie  einen  grofsen  Wald.  Ysaye  erfahrt 
anf  sein  Beilagen  von  den  Schiñsleuten,  dais  in  diesem  Walde 
der  stärkste  Ritter  hanse.  Ysaye  läfst  hierauf  ans  Land  fahren»  er 
und  Oriant  steigen  aus,  während  Tronc  zurückbleibt,  um  die  See- 
leute am  Weiterfahren  zu  hindern.  Ysaye  und  Oriant  reiten  in 
den  Wald  hinein  und  legen  sich  ermüdet  unter  einen  Baum.  Kaum 
haben  sie  sich  gelegt,  so  werden  sie  durch  grofsen  Lärm  geweckt 
nnd  Ysaye  sieht,  wie  ein  berittener  Mann  ein  chevreul  verfolgt 
nnd  tötet 

219.  Ysaye  und  Oriant  reiten  nun  diesem  merkwürdigen  Ritter 
die  ganze  Nacht  hindurch  nach.  '  Da  sie  ihn  aber  nicht  erreichen 
können,  legen  sie  sich  unter  eine  Tanne.  Da  aber  kommt  der 
Reiter  wieder  und  verfolgt  einen  Wolf,  der  ein  anderes  Tier  in 
seinem  Maule  hat 

220.  Sie  reiten  ihm  wieder  nach,  verirren  sich  aber  in  der 
Dunkelheit  Am  hellen  Morgen  kommen  sie  an  einen  Felsen. 
Hier  finden  sie  zu  essen  und  zu  trinken.  An  einem  Baume  er- 
blicken sie  20  Schilde,  darunter  einen,  der  auf  goldenem  Grunde 
mit  einem  halben  Löwen  bemalt  war.  Diesen  Schild  erkennt  Oriant 
als  denjenigen  seines  Vaters  und  glaubt,  dafs  sein  Vater  von  dem 
hier  wohnenden  Ritter  getötet  seL 

221.  Während  sich  Ysaye  und  Oriant  in  Betrachtungen  er- 
gehen, kommt  Tronc  herbeigelaufen  mit  dem  Rufe  helas.  Ihm 
folgte  der  chevalier  de  la  forest.  Dieser  stürzt  sich  zunächst  auf 
Oriant  und  schlägt  diesen  mit  einem  Hiebe  nieder.  Schwerer  wird 
¡hm  der  Kampf  mit  Ysaye.  Beide  Recken  teilen  gewaltige  Hiebe 
aus,  bis  sie  eine  halbe  Stunde  lang  bewufstlos  liegen  bleiben. 

222.  Der  Kampf  entbrennt  von  neuem,  schliefslich  aber  müssen 
sie  wegen  allzugrofser  Erschöpfung  vom  Elampfe  ablassen. 

223.  Tronc  holt  Moos  und  Blätter  und  heilt  die  Wunden 
Ysayes  in  zwei  Tagen  mit  Wein.  Nach  dem  Kampfe  giebt  sich 
der  chevalier  de  la  forest  zu  erkennen.  Er  heifst  Hector  d'Orcanie. 
Er  habe,  so  erzählt  er,  mit  seiner  ersten  Frau  einen  Sohn  gezeugt 
Dieser  sei  aber  zwei  Jahre  nach  der  Verheiratung  mit  der  zweiten 
Frau  ausgewandert  Er  habe  sich  darauf  aufgemacht,  seinen  Sohn 
wieder  zu  finden. 

224.  Ein  Jahr  lang  sei  er  gewandert,  dann  sei  er  in  diesen 
Wald  gekommen  und  habe  mit  einem  Einsiedler  lange  Jahre  zu- 
sammengelebt    Jetzt  sei  der  Einsiedler  aber  gestorben. 

225.  Hier  fällt  Oriant  seinem  Vater  um  den  Hals  und  erzählt 

ihm  dann,   wie  es  ihm  ergangen  ist.     Seine  Stiefmutter  habe  ihn 

töten  wollen,  man  habe  ihn  dann  aber  an  Kaufleute  von  Argesille 

verkauft.     Von  hier   sei   er   zum  Könige  von  helle  marine  geflohen, 

^'  Von  da   wieder  aufgebrochen   und  habe  seine  Stiefmutter,   die 

*^P  wieder  verheiratet  habe,  wiedergesehen.     Da  dankt  der  Vater 

'^ts  Gott,    küfst   seinen  Sohn   und   fallt   ihm  infolge  des  Blut- 
''^'íístes  tot  in  die  Arme. 

226.   Ysaye  und   Oriant  beschliefsen   nun,   Hector  in   einem 


206  ZEU)L£K, 

Kloster  zu  begraben,  uDd  schicken  Tronc  behufs  uäberei  ErlnuM 
digung  ab.  Tronc  wiid  von  einem  Ritter  nadi  einem  Kloster  ge- 
wiesen. Dann  meldet  er  das  Resultat  seiner  Erkundigung  se' 
Herrn.  Sie  legen  nun  den  Leichnam  auf  ein  Pferd  und  i 
nach  dem  Kloster.  Auf  dem  Wege  hierhin  wirft  Ysaye,  der  sehr 
geschwächt  ist,  den  Ritter,  dem  Tronc  begegnet  war  und  der  \ssfh 
herausforderte,  vom  Pferde. 

227.  Im  Kloster  angekommen,  lassen  sie  vigiles 
Am  folgenden  Morgen ,  nach  der  Messe,  begraben  sie  Hedoc 
Tronc  mufs  nun  sämtliche  Schilde,  die  Hector  besessen  hat,  im 
Kloster  aufhängen.  Zu  seinem  grofsen  Erstaunen  gewahrt  Ysaye 
unter  den  Mönchen  seinen  frire  de  lait  Dn'ant,  welcher  vor  Schao 
gar  nicht  zu  sprechen  wagt. 

228.  Ysaye  erráhrt  von  ihm,  dafs  seine  Mutter  Bise  auf  d 
chastel  dt  belle  garde  wohne    und    die    Frau    eines    reichen    Ritten 
geworden  sei.     Dieu  en  soil  loe,  sagt  Ysaye. 

229.  Ysaye,  Oriant  und  Tronc  verlassen  das  Kloster,  reiten 
an  einem  Schlofs  vorbei  und  gelangen  in  einen  Wald-  Hier  stoCsea 
sie  auf  einen  Trupp  Reiter.  Den  Führer  desselben,  den  Koni;. 
Estiahier  de  Sorlyon,  läfst  Y'saye  durch  Tronc  zu  einem  Lanieop 
kämpfe  herausfordern. 

230.  Estrahier  nimmt  die  Herausforderung  an. 

231.  Ysaye  besiegt  nun  11  Ritter.  Unter  diesen  befinden  si<¿ 
Estrahier,  Ysas  le  roux.  Cadra,  der  Bruder  Estrabiers,  Vrinan^ 
Moraint,  sire  du  blanc  isle. 

232.  Ysayt  besiegt  Eduarl,  fils  au  conte  de  Noithantonna 
(Northhampton).  Oriant  besit^gt  Romart  du  rouge  isle,  Alixaudre 
le  sage,  Blanchandin  des  angles.  Die  besiegten  Riller  begehen 
sich  nun  ku  Fufs  (die  Pferde  hatte  ihnen  Tronc  abgenommen). 
nach  dem  Kloster,  in  welchem  sich  Driant  befindet,  und  erfahrtS' 
hier,  dafs  am  vorhergehenden  Tage  zwei  Ritter  und  ein  Zwaq 
einen  Toten  in  dem  Kloster  begraben  hätten. 

233.  Bald  darauf  erblicken  Romart  und  Moiaint  ihre  Schildl 
an   der  Wand   und    erkennen    sofort    in    dem    toten   Ritter   HecUM 
d'Orcanie.     Sie   beschiiefsen   nun,   Ysaye  und  Oriant  sofort  1 
zureiten. 

234.  In  kurzer  Zeit  erreichen  sie  Ysaye,  Oriant  und  Tronq 
und  Estrahier  erkundigt  sich  bei  Oriant,  ob  er  der  Sohn  Hectoi 
sei.  Auf  Orianis  Frage,  weshalb  er  dieses  zu  wissen  wünsche,  et 
klärt  ihm  Estrahier,  er  habe  ihn  schon  drei  Monate  lang  gesudi 
um  ibm  die  Krone  von  Orcanie  anzubieten. 

235.  Ysaye  und  Tronc  verabschieden  sich  von  Oriant  uo 
Estrahier.  Estrahier  krönt  hierauf  Oriant  und  erkundigt  sich  b 
ihm,  wer  der  tapfere  Ritter  gewesen  sei.  Oriant  zählt  nun  Yeaya 
Thaien  auf,  wodurch  Estraliier  vollständig  über  den  BegleiteC 
O  riants  unterrichtet  ist. 

236.  Ysaye  und  Tronc  gelangen  nach  Sarras  und  ü berna*  hteo 
hier.   Wäbreod  des  Abendessens  fragt  dec  Wirt,  bei  welchem  Ysa^ 


BER  PROSAKOMAN  TSAY£  LE  TRISTE.  207 

ñberoachtet,  ob  sie  vielleicht  von  einem  Ritter  gehört  hatten,  der 
gi^en  den  Riesen  Miriol,  den  Sohn  Pinœnarts  le  juif,  kämpfen 
wolle.  Ysaye  erwidert  ihm,  dieser  Ritter  werde  in  zwei  Tagen 
ankommen. 

237.  Am  folgenden  Morgen  reitet  Ysaye  weiter.  Als  er  an 
den  Fluís,  der  bei  Sarras  vorbelfliefst,  gelangt,  bittet  er  einen 
Schiffer,  das  Pferd,  auf  welchem  sein  Page  sitze,  zum  König  Yrion 
za  bringen  und  der  Nichte  des  Königs  einen  Grafs  von  dem  Ritter 
za  abermitteln,  der  den  Si^  im  Turnier  zwischen  Miradir  und 
Blamir  davongetragen  habe.  Hierauf  reitet  er  weiter  und  erblickt 
ein  Schlofs,  das  auf  einem  Felsen  liegt  und  von  Wasser  umflossen 
ist.  Am  Rande  des  Wassers  sieht  er  die  Leichen  zweier  Frauen. 
£r  erschrickt  darüber  und  weifs  nicht,  was  er  denken  soll. 

238.  Von  einem  valet  erfährt  er,  dafs  der  in  dem  Schlosse 
wohnende  Riese  die  Frauen  getötet  habe.  Dieses  wäre  seine  cou' 
turne.     Der  Riese  besitze  die  Kraft  von  zehn  Männern. 

239.  Der  valet  erzählt  weiter.  Als  einmal  der  König  Estrahier 
mit  dem  duc  de  Bretagne  habe  Krieg  führen  wollen,  habe  es  ihm 
an  Geld  gefehlt  Da  habe  ihm  der  Riese  3000  Stück  esterlings 
geliehen.  Hierfür  habe  er  das  Schlofs  von  Estrahier  erhalten.  Die 
coustume  habe  er  von  seinem  Vater,  dem  Juden  Pincenart,  dem 
Tristan  von  Leonois  den  Garaus  gemacht  habe.  Kaum  hat  der 
Knappe  dies  erzählt,  da  erscheint  der  Riese  und  ruft  Ysaye  zu: 
Défendez  vous,  varlet. 

240.  £s  kommt  zum  Kampf.    Der  Riese  unterliegt,  und  Ysaye 

schneidet   ihm   den  Kopf  ab.     Den  Kopf  trägt  Ysaye   nach   dem 

Schlosse   und   befiehlt   den  Leuten,    denselben   im   ganzen  Lande 

herumzutragen   und   den  Frauen   mitzuteilen,    dafs   sie  jetzt  ruhig 

das  Land  passieren  könnten.     Ysaye  und  Tronc  reiten  weiter  und 

gelangen   nach   einem   Schlosse,    welches   den  Brüdern  Argus  und 

Octes   gehörte.     Diese   waren  Söhne   der  Venisse,    einer   Schweser 

Craventors    de   l'outrageux   passage.     Von  dem  Siege  Ysayes  über 

Miroul   hat  Venisse  bereits   gehört    und   ist   deshalb   sehr   erfreut, 

einen  solchen  tapferen  Ritter  beherbergen  zu  können. 

241.  Nachdem    Ysaye    seine  Waffen    abgelegt    hat,    entblöfst 
einer  der  Brüder  Ysayes  Schild,   der   in  Zeug   eingehüllt  ist,   und 
erkennt   sofort   in    Ysaye   den   Mörder   ihres   Onkels.     Diese   Ent- 
deckung teilt  er  seiner  Mutter  mit    Während  die  Brüder  die  Ab- 
sicht haben,    Ysaye   zu   ermorden,    rät   die  Mutter,    Ysaye   in  der 
■Nacht  gefangen   zu   nehmen   und  dann  in  den  Kerker  zu  werfen, 
^d    Schild    Ysayes    aber    als    Siegeszeichen    über    der    Thür    des 
^'blosses  aufzuhängen. 

242.  Diesen  Vorschlag  nehmen  die  Brüder  an.    Sie  überfallen 
^^Ä>e  und  kerkern  ihn  sowohl  als  Tronc  ein. 

243.  Ysaye  kann  sich  nicht  erklären,  wie  es  möglich  gewesen 
*^^     ihn  einzukerkern. 

244.  Als  Marthe  eines  Tages  mit  ihrem  Onkel  zusammen  ist, 
ilur  unwohl.    Ihr  Oheim  verläfst  sie  und  befiehlt  ihr,  sich  zu 


^o8  ZEIDLBR, 

Bett  zu  legen.  In  Gegenwart  ihrer  Damen  beklagt  sie  sich  nnn 
darüber,  dafs  Ysaye  schon  8^/2  Monate  von  ihr  fort  sei  Dann 
fällt  sie  in  Ohnmacht 

245.  Yrion  sitzt  in  seinem  Zimmer.  Da  verdunkelt  sidi  die 
Sonne  und  eine  Stimme  ruft  zwei-  bis  dreimal  ganz  laut:  LtnfaU 
est  ne  qui  ja  tiara  peur.  Yrion  erschrickt  und  fragt  seine  Weisen, 
was  dieser  Ruf  zu  bedeuten  habe. 

246.  Da  tritt  ein  Fräulein  in  sein  Zimmer  und  sagt  ihm: 
Sire  Roy,  voire  niepce  Marthe  est  accouchée  dun  enfant. 

247.  Yríon  geht  in  Marthes  Kammer  und  als  er  von  einem 
Fräulein  hört,  dafs  der  Knabe  von  dem  Ritter  ctu  blanc  escu  a  lepee 
vermeille  stammt,  ist  er  im  höchsten  Grade  erfreut 

248.  Da  erscheint  der  Schififer  aus  Sarras  (§  237)  und  über- 
reicht Yrion  das  Pferd.  Der  König  ist  sehr  erfreut  und  schenkt 
dem  Schiffer  vier  besans  d*or  und  ein  Pferd. 

249.  Hierauf  tritt  ein  Ritter  Yrions,  Namens  Marc,  ein  und 
bittet  um  die  Ehre,  den  Knaben  erziehen  zu  dürfen.  Diese  Bitte 
wird  ihm  gewährt.     Nach  ihm  wird  der  Knabe  Marc  genannt 

250.  Ysaye  klagt  Tronc  sein  Leid  im  Kerker.  Tronc  aber 
tröstet  ihn  und  hofft,  noch  Mittel  und  Wege  zu  ihrer  Befreiung 
zu  fìnden. 

251.  Ein  Diener  bringt  ihnen  Wasser  und  Brot  und  ver- 
höhnt sie. 

252.  Argus  erscheint  nun  an  der  Kerkerthûr  und  fordert 
Ysaye  auf,  gegen  die  beiden  Brüder  zu  kämpfen.  Würde  er  siegen, 
so  sollte  ihm  die  Freiheit  zu  teil  werden,  im  andern  Falle  der 
Tod.  Ysaye  fleht  nun  Gott  um  Hilfe  an.  Er  tritt  in  den  Saal, 
und  da  er  sehr  geschwächt  ¡st,  bittet  er  um  Speise  und  Trank, 
erhält  aber  nichts. 

253.  Ysaye  verläfst  den  Saal  und  besteigt  sein  Pferd.  Er 
bittet  Tronc,  hinter  ihm  aufs  Pferd  zu  steigen  und  ihn  während 
des  Kampfes  zu  halten. 

254.  Ein  Ritter  kommt  herbei  und  fragt  Ysaye,  ob  er  krank 
sei.  Ysaye  erzählt  ihm  nun,  wie  er  gefangen  genommen  und  wie 
er  behandelt  worden  ist 

255.  Wütend  eilt  der  Ritter   in  den  Saal,   wirft  den  Brüdern, 
ihre  Feigheit  vor   und   erbietet   sich,    für  Ysaye   zu   kämpfen.     Ec 
zieht  sein  Schwert  und  schlägt  Argus  zu  Boden. 

256.  Octes  stürzt  nun  auf  den  fremden  Ritter.  Auch  Argu^ 
rafft  sich  wieder  auf,  erhält  aber  einen  Hieb  in  die  Brust  bis  au  "3 
die  Leber.  Der  fremde  Ritter  schlägt  dann  Octes  den  Kopf  ab^- 
Als  die  Mutter  ihre  beiden  Söhne  tot  liegen  sieht,  heult  sie  laut:^: 
Der  Ritter  aber  packt  sie  bei  den  Haaren  und  bedroht  sie  mi  -- 
dem  Tode.  Hierauf  verkündet  der  Ritter  seinen  Erfolg  Ysaye  un^^ 
giebt  sich  diesem  als  Yreult  de  l'isle  estrange  zu  erkennen  (§  169*^ 

257.  Ysaye,  Yreult  und  Tronc  begeben  sich  in  das  Schloff 
Auf  Ysayes  Frage,  was  er  mit  Venisse,  dem  Kerkermeister  u.  s.i^^ 
thun  solle,  erwidert  Tronc,  man  solle  sie  einkerkern. 


DER  PROSâKOMAN  YSAYE  LE  TRISTE.  20g 

258.  Dieser  Vorschlag  findet  Beifall  und  wird  von  Yreult  aus- 
geführt    Dann  wird  Ysaye  gepflegt 

259.  Vier  Wochen  nach  dieser  Áfifaire  erscheint  Ciaire,  die 
veibannte  Gattin  des  soi  sage.  Vor  Ysaye  geführt,  bereut  sie  alle 
ihre  Thaten  und  bittet  diesen,  ihr  zu  gestatten,  zum  so/  sage  zurûck- 
k^iren  zu  dürfen.  Ysaye  erlaubt  ihr  dies  und  giebt  ihr  einen 
Brief  mit  Ciaire  kehrt  nun  zu  ihrem  Gatten  zurück,  der  sich 
sehr  über  Ysayes  Brief  freut 

260.  Marthe  beklagt  sich  über  Ysayes  Fembleiben.  Sie  weint 
und  sdireibt  einen  lay. 

Lied  2.      Je  vueil  faire  un  joly  lay 
poor  lamour  de  mon  amy 
•    ••••...•• 
Lyray  querant  si  jay  tant  vye. 

261.  Marthe  liest  ihr  Gedicht  laut  vor.  Dann  nimmt  sie  ihren 
Sohn,  küfst  ihn,  sagt  ihm,  sie  müsse  ihn  jetzt  verlassen  und  nennt 
ihn  [Marc]  essilüL  Darauf  rüstet  sie  sich  zur  Reise  und  verläfst 
in  später  Stunde  den  Palast  Yrions.  Sie  reitet  zu  einem  Bürger 
und  erhält  Einlafs. 

262.  Auf  die  Frage  der  bourgeoise,  weshalb  sie  in  so  später 
Stunde  konmie,  antwortet  sie,  sie  habe  mit  ihrem  Onkel  einen 
Streit  gehabt 

263.  Die  Flucht  Marthes  wird  sofort  bemerkt,  und  es  werden 
Reiter  zu  ihrer  Verfolgung  ausgeschickt. 

264.  Eines   Tages   verlassen   Ysaye   und  Yreult   ihren   neuen 

Wohnsitz,  um  in  den  Wald  zu  reiten.    Tronc  wird  zur  Bewachung 

des  Schlosses  zurückgelassen.     Kaum  haben  sich  Ysaye  und  Yreult 

entfernt,    als   zwei  Ritter   vor   dem  Schlosse   erscheinen   und  nach 

Argus   und   Octes   verlangen.     Die    beiden   Ritter    heifsen    Ardant 

d'Acre   und  Perceval  le  noir.     Tronc   sagt   ihnen,    er   öffne  ihnen 

nicht,    sie   möchten   vielmehr   den   beiden  Rittern  nachreiten,    die 

soeben  das  Schlofs  verlassen  hätten. 

265.  Sie  reiten  nun  Ysaye  und  Yreult  nach  und  fordern  sie 
zum  E^ampfe  heraus.  Ysaye  tötet  Perceval,  Yreult  kämpft  g^g^xi 
Ardant 

26Ò.  Der  Kampf  zwischen  Yreult  und  Ardant  bleibt  unent- 
schieden. Auf  Ysayes  Vorschlag  hin  geben  sie  den  Kampf  auf. 
Yreult  ist  ganz  erschöpft  und  mufs  zwei  Jahre  warten,  um  seine 
•Bünden  zu  heilen. 

267.    Nach  geraumer  Zeit  verläfst  Marthe  das  Haus  des  Bür- 

S^Ts  in  der  Kleidung  eines  escuyer.    Bei  Blamir  begegnet  sie  einem 

"^^ter,  der  sich  mit  ihr  in  ein  Gespräch  einläfsL    Auf  seine  Fragen 

^'"^lart  sie   ihm,    dafs   sie   nach  Clermoustier  zum  Ritter  Hergault 

^olle,  den  sie  aus  dem  Turnier  zwischen  Miradir  und  Blamir  kenne. 

"^^     sagt  ihr   der  Ritter,    diesem  Turnier   habe   auch  ein  tüchtiger 

-er  beigewohnt,   der  einen  silbernen  Schild  mit  rotem  Schwerte 

igen  habe. 

^«tacbr.  L  rom.  PhiL  XXV^  I4 


2  IO  ZEIDLBR, 

268.  Als  der  Riiter  ihren  Geliebten  erwähnt,  weint  Marthe, 
und  als  er  nach  dem  Grunde  ihres  Weinens  fragt,  sagt  sie,  ihres 
toten  Vaters  wegen.  Dann  fragt  der  Ritter  sie  nadi  ihrem  Stande. 
Jongleur^  war  Marthes  Antwort  So  reiten  sie  bis  Qermoustier. 
Der  Ritter  Ostentin  de  lisle,  ein  guter  Freund  Hergaults,  findet 
diesen  bei  Tisch.  Auf  Hergos  Frage,  ob  er  allein  gekommen  sei, 
sagt  er,  er  sei  in  Begleitung  eines  ménestrel  gekommen«  Dieser 
(Marthe)  wird  geholt  und  spielt  so  schön  auf  seiner  Harfe,  dafs 
alle  Ritter  und  Damen  im  Saale  vergessen  zu  speisen.  Das  Lied, 
welches  Marthe  dazu  singt,  handelt  von  einem  Mädchen,  das  ihren 
Geliebten  Ysaye  le  tristre  sucht 

269.  Hergo  fragt  nun,  wer  das  schöne  Gedicht  verfafst  habe, 
worauf  Marthe  ihm  erwidert:  Marthe,  die  Nichte  des  Königs  Ynon, 
auf  ihren  Freund  Ysaye  le  triste.  Hergo  bittet  nun  den  menatrdt 
bei  ihm  zu  bleiben.  Er  aber  erwidert,  sein  Weg  führe  zum  König 
Estrahier  von  Sorlion,  der  nach  ihm  verlangt  habe.  Reich  be- 
schenkt verläfst  der  ménestrel  am  folgenden  Morgen  Qermoustier 
und  kommt  zur  „Burg'^  Hier  bleibt  er  drei  Monate,  dann  fährt 
er  auf  einem  Schiff  nach  Sorlion.  Als  der  Schifi^ierr  Geld  von 
ihm  verlangt,  nimt  er  seine  Harfe  und  singt: 

Lied  3.      Je  sui  en  mer  pour  querré 
Celly  que  voel  amer. 

270.  Solchen  schönen  Gesang  haben  die  Schifier  noch  nie 
gehört.  Das  Schiff  fahrt  ab.  Unterwegs  erhebt  sich  ein  Stnrm, 
der  ménestrel  wird  ohnmächtig.  Die  Schiffer  beschliefsen,  ihn  za 
plündern  und  ins  Meer  zu  werfen.  Sie  entkleiden  ihn  und  ent- 
decken, dafs  sie  es  mit  einer  Frau  zu  thun  haben.  Als  Marthe 
sieht,  dafs  sie  erkannt  ist,  stöfst  sie  mit  dem  Kopf  gegen  die 
Schiffswand,  so  dafs  ihr  das  Blut  aus  der  Nase  strömt  Die 
Schiffer  geben  ihr  nun  die  Kleider  zurück.  Auf  die  Frage  des 
Schiffsherrn,  weshalb  sie  die  Kleider  gewechselt  habe,  erklärt  sie, 
sie  werde  es  ihm  später  erzählen.  Unterdessen  ist  das  Schiff  in 
la  haulte  Bretagne  angekommen. 

271.  Nun  erzählt  Marthe  auf  Verlangen  des  Schifiisherm,  sie 
heifse  Betris  und  habe  früher  einmal  eine  gefahrliche  Krankheit 
gehabt.  Infolge  dieser  Krankheit  sei  sie  gezwungen  worden,  Manns- 
kleider zu  tragen. 

272.  Der  Schiffsherr  ist  sehr  ärgerlich  und  sagt  Marthe,  wenn. 
er  gewufst  hätte,  dafs  sie  eine  solche  Krankheit  besessen  hätte,  s(^ 
hätte  er  sie  nicht  aufs  Schiff  genommen.     Marthe  verläfst  nun  das 
Schiff  samt   ihrem  Pferde    und   reitet   singend   in   den  Wald.    Si^ 
freut  sich,  dafs  sie  entschlüpft  ist 

Lied  4.    Refrain  :    II  ne  men  cault  de  meschief. 

273.  Als  sie  ihre  chanson  beendet  hat,  erscheint  ein  Ritter 
und  lädt  sie,  die  immer  noch  als  ménestrel  verkleidet  ist,  ein,  bei 
ihm   zu    bleiben,   um  ihn  und  seine  dame  zu  unterhalten.     Martlie 


DER  PROS\ROMAN  TS\T£  L£  TRISTE.  211 

villigt   ein.     Sie  kommen  en  la  tenti,  wo  sich  die  schönste  Dame 
ier  Welt  befindet    Ihr  singt  Marthe  eine  Chansonette  vor: 

Lied  5.     Jayme  che  que  doy  amer. 

274.    Die  Dame   findet  Gefallen   an  dem  ménestrel  und  bittet 
Im»    drei  Wochen  bei  ihr  zu  bleiben.    Nach  acht  Tagen  gesteht 
lie   ihm   ihre  Liebe.     Der  ménestrel  Marthe    geht    darauf   ein:    ta 
ffolomie  soi't  la  myenne,  und  erzählt  der  Dame,  er  stamme  aus  Blamir. 
Sein  Vater   sei  Kaufinann   in  Clermont  in  Barcaire.     Er  habe  drei 
Brüder,   die  über  33  Jahre  alt  seien.     £r  selbst  sei  30  Jahre  alt 
Das  glaubt  aber  die  Dame  Sänne  nicht,   weil  der  ménestrel  keinen 
Bart  hat    Infolge  dieser  Luge  wird  der  ménestrel  entlassen.    Marthe 
idtet  nun   weiter.     Am   Ende   des  Waldes   angekommen,   erblickt 
sie  ein  Schlofs.    Sie  zieht  nun  ihr  Frauenkleid  an  und  reitet  nach 
dem  Schlofs.    Dort  erblickt  sie  einen  Ritter,  es  ist  Ysaye,  und  ruft 
ihm  zu.     Ysaye,    der   sie  nicht   bemerkt,    geht  vom   Fenster   fort 
Tronc  fragt  Ysaye,  ob  er  öffiien  soll,  eine  j'ongleresse  begehre  Ein- 
tritt   Ysaye  erlaubt  dies.     Tronc   führt   sie  zu  Yreult,   der  noch 
immer  krank  ist     Sie  erhebt  ihre  Harfe  und  singt  einen  lay. 

Lied  6. 

In  diesem   klagt   sie   über   ihren  treulosen  Geliebten,   der  sie  ge- 
schändet und  verlassen  habe,     /e  suis  riche  femme  a  pooir. 

275.  Ysaye  ist  über  den  lay  erstaunt  Auf  seine  Frage,  von 
wem  das  Lied  stamme,  antwortet  Marthe,  sie  habe  es  von  der 
Nichte  Yrions  gehört,  die  jetzt  ausgezogen  sei,  um  ihren  Geliebten 
n  sachen.  Marthe  erkennt  Ysaye  nicht,  wohl  aber  Tronc  und 
fragt  diesen,  warum  er  nicht  mehr  bei  seinem  Herrn  sei.  Tronc 
antwortet,  sein  Herr  sei  in  St  Jacques  en  Galisse  gewesen  und  sei 
jetzt  zum  König  Estrahier  von  Sorlion  aufgebrochen.  Tronc  belügt 
Marthe,  da  er  sie  erkannt  hat,  denn  er  hat  Grund  zur  Lüge  et 
to  le  scavez  selong  chi  que  le  livre  le  devise  chy  devant,   (§  iQi). 

276.  Tronc  erzählt  ihr  weiter,  er  sei  seinem  Herrn  nicht  ge- 
folgt, weil  er  einen  kranken  Ritter  zu  pflegen  habe.  Dann  bittet 
er  Marthe,  sie  möge  zum  König  von  Sorlion  gehen.  Dort  werde 
sie  gut  aufgenommen,  da  sie  mit  ihrer  Harfe  die  Tochter  des 
Königs,  die  dieser  wegen  ihrer  Schönheit  gefangen  halte,  er- 
freuen könne. 

277.  Tronc  giebt  Marthe  zu  essen.  Als  sie  sich  schlafen  ge- 
^^gt  hat,  fragt  Ysaye  Tronc,  wer  diese  jongleresse  sei.  Die  Tochter 
^es  Schneiders  des  Königs  Yrion.  Ysaye  beauftragt  nun  Tronc, 
^  zu  sagen,  sie  möchte  ihm  sofort  Nachricht  bringen,  wenn  sie 
etwas  von  Marthe  erfahre.  Am  folgenden  Morgen  bricht  Marthe 
*^  und  erreicht  in  der  Nacht  das  Schlofs  Ardants  d'Acre,  erhält 
^  keinen  Eintritt 

278.  Sie  reitet  noch  mehrere  Tage   hindurch,   bis    sie   nach 

^ïlion  gelangt     Hier  erhält  sie  von  Estrahier  die  Erlaubnis,   ihre 

neuen  lays   und    chansons    vortragen    zu    dürfen.     Während    des 

*^ns  singt  sie:  Ein  Mädchen  sucht  ihren  Geliebten. 

Lied  7.     Refrain:  Mais  certes  je  ne  poorroye. 

14* 


2 1  a  ZEXDLEB, 

279.  Der  König  fragt  sie  nach  dem  Veifasser  des  Gedicbte& 
Marthe,  die  Nichte  des  Königs  Yrion,  habe  den  lay  gedichtet  am 
ihres  Geliebten  Ysaye  le  triste  willen.  Marthe  erkundigt  sich  nun 
beim  König,  ob  Ysaje,  den  sie  zu  sprechen  wünsche,  nicht  bei 
ihm  weile.  Als  Estrahiei  ihre  Frage  verneint,  bittet  sie  ihn,  sie 
so  lange  Zeit  in  Sorlion  zu  beuirten ,  bis  er  ankomme.  Estrahier 
gestattet  ihr  dies  gern,  bittet  Marthe  aber,  seiner  Tochter  Gesell- 
schaft zu  leisten.  Von  vier  Rittern  und  der  Schwester  des  Königs, 
der  Königin  von  Schottland,  begleitet,  wird  Marthe  in  den  Turm 
geführt. 

280.  Die  Königin  stellt  nun  ihrer  Nichte  Yvoire  Marthe  alt 
die  schönste  Sängerin  der  Welt  vor.  Yvoire  bedankt  sich.  Die 
Königin  verläTst  hierauf  die  Zelle.  Marthe  giebt  sich  Y'voire  gegen- 
über ala  Chrestienne  aus.     Marthe  singt: 

LicJ  8.      Jay  par  mainies  Ibis  chauLe 
plus  «¡sc  que  je  ne  soye. 
2S1 — 5.    Marthe  und  Y'voire  klagen  einander  ihr  Leid.    Beide 
lieben   unglücklich,   und  Marthe   sagt:  piui  aime  on /qtI,  pitu  est 

286.  Alle,  die  aufserhalb  des  Kerkers  die  Worte  Maithcs 
hören,  sind  über  ihre  Klugheit  erstaunt. 

287.  Als  Ardanl  d'Acre  noch  krank  zu  Bett  liegt,  erscheint 
sein  cousin  germain  Elias  und  läfst  sich  den  Kampf  Ardants  und 
Percevais  mit  Vsaye  und  Yrcult  erzählen.  Darauf  entfernt  er  ach, 
ohne  ein  Wort  zu  sagen. 

288.  Er  holt  eine  Anzahl  Armbrust-  und  Bogenschützen  her- 
bei und  zieht  gegen  Ysayes  Schlofs,  das  sich  inzwischen  um  drei 
Insassen  vermehrt  hat,  denn  Ysaye  hatte  drei  ribaulli  aufgenommen. 

289.  Ysa)e,  Tronc  und  die  drei  rihaulls  verteidigen  das 
Schlofs.  Wegen  ihrer  Tapferkeit  schlägt  Ysave  die  drei  rtbauUs 
zu  Rittern. 

2go,  Nun  machen  die  ribauUs  einen  Ausfall.  Sie  driiigeD 
siegreich  vor,  bis  schliefslich  der  eine  von  ihnen  getötet  tmd  ein 
zweiter  schwer  verwundet  wird.  Da  eilt  Ysaye  ihnen  zu  Hilfe  und 
schlägt  die  Feinde  zurück.    Nur  mit  grofser  Mühe  entllieht  Elias. 

2QI.  Elias  eilt  zu  Ardant  und  teilt  diesem  den  Vertauf  des 
Kampfes  mit.  Da  erklärt  ihm  Ardant,  an  sdncT  Niederlage  sei 
nur  der  Z^-erg  ^'saycs  Schuld.  Dieser  trage  auch  die  Schuld  an. 
Percevais  Tode,  da  er  ihm  geraten  habe,  gegen  Ysaye  zn  kämpfcn- 

2Q2.  Am  folgenden  Morgen  macht  sich  Elias  wieder  auf  din 
Weg  nach  dem  Schlosse  Ysayes,  dieses  Mal  aber  als  armer  Maniv 
gekleidet.  Kurz  vor  dem  Schlosse  bindet  er  sein  Pferd  an  eioei» 
Baum  und  geht  nach  dem  Schlosse.  Hier  wirft  er  sich  zur  Erde 
und  fängt  an,  laut  zu  klagen.  Tronc  geht  zu  ihm  und  fragt  ibn* 
was  ihm  fehle.  Da  sagt  ihm  Elias,  seine  Frau  liege  in  der  Nâl>« 
und  gebäre  gerade  ein  Kind,  Tronc  möge  mitkommen  und  ^* 
holen.     Tronc    geht    nun    mit  Elias.     Sobald    sie  aber  aufser  Sic^*^ 


DER    PROSAROMAN    YSAYE   IE   TRISTE. 

t  Schlosses  sind,  nimmt  Elias  den  Zwerg  unter  den  Arm,  be- 
igl  sein  Pferd  and  reitet  zn  ArdanL 

293.  Vsaye  bemerkt  bald  das  Fehlen  Troncs. 

294.  Zwei  Tage  lang  klagt  er  über  seinen  Pagen,  Dann  ver- 
it    er    sein  Schlofs    der  Obhut    des  immer  noch  kranken  Yrcult 

id  der  2wei  nlaalis  an  und  macht  sich  aaf,  Tronc  zu  suchen. 

295.  Marc  wächst  auf.  Er  wird  ein  übermütiger  Junge.  In 
r  Köche  zerbricht  er  die  Töpfe  und  schüttet  die  Speisen  aus. 
len  Neffen  des  Königs  wirft  er  in  einen  Brunnen.  Um  ihn  an 
iteren  Ausschreitungen  zu  hindern,  läfst  ihn  Yrion  in  einem 
um  einsperren. 

296.  Dieses  hilft  aber  nichts.  Denn  als  ihn  Vrion  einmal 
lachen  will,  wirft  er  ihm  einen  Topf  mit  Wasser  auf  den  Kopf. 

wird  nun  in  ein  Zimmer  gebracht,  das  nach  der  Strafse  ge- 
Sn  ¡st  Hier  aber  wirft  er  seine  Kleider  auf  die  Strafse,  so  dafs 
in  ihn  oft  ganz  nackt  antriffL  Nun  wird  Marc  in  einen  anderen 
irm  gebracht,  wo  er   14  Jahre  bleibt 

297.  Ein  Jahr  ist  es  her,  seitdem  Ysaye  sein  Schlofs  verlassen 
it    In   vollständig   heruntergekommenem    und    blöd  sinnigem    Zu- 

Uande  an  einem  Brunnen  in  der  ¡ande  verle  sít^.end,  hndet  ihn  ein 
liner  Baiut  le  breton.  Dieser  fragt  Ysaye,  ob  er  wisse,  wie  dio 
li  Ritter  hiefsen,  die  soeben  vorbeigezogen  seien,  worauf  Ysaye 
tnidert,   der  Ritter    solle   ihm   lieber  ein  Stück  Brot  geben.     Ein 

:Ud«iei  Ritter,  Condely  d'Arbise,  erscheint  und  lûmpft  mit  Barut. 
Badi  dem  Kampfe  erfahrt  Barut  von  Condely  die  Namen  der 
Ktben  erwähnten  sedis  Ritter:  Hergault,  le  desorreillé  de  la  Joy. 
Garde,  Menet  le  mecogneu,  Paiunart  le  vermeil,  le  sot  sage,  Titus 
de  l'ombre  {cousin  germain  a  Hergo). 

298.  Barut  erfährt  weiter,  dafs  diese  sechs  Ritter  von  Yrion 
«Mgeschiclrt  .seien,  um  Ysaye  le  triste  lu  suchen,  und  dafs  sie  in 
Bäciitet  Woche  nach  Blamir  zurückkehren  würden,  um  über  ihren 
&foIg  zu  berichten. 

299.  Eines  Tages  vernehmen  die  ribaulls  aus  den  Kerkern 
äw  Schlosses  Klagen.  Schnell  erkundigen  sie  sich  bei  Yreult  und 
■fiibreti,  dafs  diese  Leute  Ysaye  haben  meuchlings  ermorden  wollen. 
Da  öffnen  die  ribaulli  die  Kerkerthüren  und  schlagen  den  Ge- 
'  igenen  die  Köpfe  ab. 

yxy,  Estrahier  veranstaltet  ein  grofses  Fest  und  lädt  viele 
nJttei  dazu  ein.  Unter  diesen  befindet  sich  auch  Barut.  Barut 
^ebi  sich  in  Begleitung  Ysayes  nach  SorlioTi.  Am  ersten  Abend 
™w  Reise  kehren  sie  bei  Yreuit  ein. 

301.  Vreult  erzählt  nun  Barut,  wie  Ysaye  und  er  in  den 
"•sili  dee  Sdilosses  gekommen  sind.  Da  Ysaye  während  des  Ge- 
Ì^àches  sich  komisch  gebärdet,  fragt  Yreult  Barut,  was  (ür  einen 
ïlarren  ei  mit  sich  führe,  und  lacht  über  Ysaye. 

joz,    Ysaye  verbringt  die  Nacht  auf  dem  Hofe. 

JOj.  Ysayes  Pferd  erkennt  seinen  Herrn  wieder.  Es  wiehert 
•"i  versucht  die  Thür  des  Stalles  aufiubrechen.     Als  ein  Stall- 


214  ZBIDLER,  DER  PROSAROMAN  TSAYE  LE  TRISTE. 

knecht  {ribauli)   am   folgenden   Morgen  die  Thûr  öffnet,   ergreift 
das  Pferd  die  Flucht 

304.  Der  rihault  will  nun  das  Pferd  wieder  einfangen,  kehrt 
aber  unverrichteter  Sache  wieder  zurück.  Er  verhehlt  die  Flucht 
des  Pferdes  einen  Monat  hindurch  dem  Yreult,  dann  aber  erzählt 
er  ihm  davon,  worüber  Yreult  sehr  ärgerlich  ist. 

305.  Barut  und  Ysaye  kommen  in  Sorlion  an,  woselbst  Ysaje 
wegen  seiner  zerlumpten  Kleidung  von  den  Kindern  geneckt  wird. 
Am  Hofe  Estrahiers  finden  Turniere  statt  Am  dritten  Tage  nach 
der  Ankunft  Baruts  findet  eine  quintaine  statt.  Dem  Sieger  wird 
ein  Pferd  als  Preis  versprochen.  Kein  Ritter  bringt  das  Waffen- 
kunststûck  fertig.  Da  bittet  Ysaye  seinen  Herrn  Barut,  sich  an 
dem  Wettbewerb  beteiligen  zu  dürfen.  Ysaye  erhält  die  Erlaubnis 
und  ûbertrint  alle  Ritter.  Da  fragt  ihn  der  König  nach  seinem 
Namen.  Jehan  neime  man  ihn,  sagt  Ysaye.  Obwohl  der  König 
ihn  für  soi  hält,  gestattet  er  ihm  doch,  an  der  Tafel  teilzunehmen. 
Hier  wird  er  der  Yvoire  und  Marthe  vorgestellt  Marthe  erkennt 
ihn  aber  nicht. 

306.  Eines  Tages  findet  der  Küchenmeister  Ysaye  schlafend 
in  der  Küche.  Wütend  hierüber  verbrennt  er  Ysaye  den  Bart 
Ysaye  aber  ergreift  ihn  und  wirft  ihn  samt  drei  anderen  Ködien 
ins  Feuer.  Als  der  König  von  dieser  That  Ysayes  hört,  ist  er  zu- 
nächst sehr  erregt.  Nachdem  er  aber  den  Sachverhalt  gehört  hat, 
lobt  er  Ysaye.  Seit  dieser  Aifaire  wagte  es  niemand,  Ysaye  irgend 
welches  Leid  zuzufügen. 

307.  Hergaul t  kehrt  mit  seinen  Genossen  nach  Blamir  zurück 
und  erstattet  dem  König  Yrion  Bericht  über  seine  erfolglose  Reise. 
Vor  Gram  wird  nun  Yrion  17  Jahre  lang  krank. 

308.  Yrion  ist  alt  und  schwach.  Er  läfst  Marc  zu  sich  kommen. 
Ein  Ritler,  der  Marc  holen  soll,  giebt  diesem  gute  Ratschläge: 
Amy,  il  faui  que  soyez  dauire  condiiion  que  vous  navez  este  ei  que 
vous  soyez  humble f  de  bonnqyre,  paiieni  aux  pauvres,  cruel  aux  ennemys^ 
honnorez  ceulx  qui  soni  a  honnorer,  amez  vos  amy  s,  allez  volontiers  a 
leglise  u.  s.  w. 

309.  Marc  erscheint  vor  Yrion.  Vous  me  demandez,  que  vous 
fauli  il? 

310.  Yrion  übergiebt   ihm   nun   die  Verwaltung   des  König— 
reiches.    Marc  verspricht  ihm,  ein  tüchtiger  Mann  zu  werden.  Di^ 
erste  That  ist   nun,    ein  Turnier  zu   veranstalten.     Er  schickt 
diesem  Zwecke  sechs  Boten  aus,  welche  in  Armuse,  Murtoire,  Dox-- 
malie,   Sorlion,   Bretaigne  und  Allemaigne   die  Ritter  zum  Turnip 
einladen. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Zeiolek. 


Stades  sor  la  poésie  burlesque  française  de  la  Benaissanoe. 

(Saite.) 

Attaques  personnelles. 

Sí  la  poésie  burlesque  en  veut  surtout  aux  femmes,  elle 
n'épargne  pas  pour  cela  les  hommes.  Je  ne  parle  pas  ici  des 
pièces  composées  contre  le  sexe  fort,  appartenant  en  propre  à  la 
satire;  nous  retrouvons  là  une  sorte  de  réaction  ou  de  vengeance 
des  femmes  ou  de  ceux  qui  en  entreprirent  la  défense.^    La  poésie 


^  Cette  sorte  de  réaction  commence  an  XYI«  siècle.  Mademoiselle  de 
Romieu  (París,  15CI1)  composa  son  „brief  discours  sur  l'excellence  de  la 
femme",  se  proposant  de  démontrer  comment  elle  „surpasse  celle  de  l'homme". 
Elle  a  recours  pour  sa  thèse  à  la  Bible,  à  la  yierge  Camille,  à  Sémiramis  et 
aux  Amazones  même  et  n'oublie  pas  non  plus  „de  Phriné  le  courage  notable". 
Les  femmes  l'ont  emporté  sur  les  hommes  en  toutes  les  époques,  mais  c'est 
surtout  en  Italie,  ou  elles  briUent  d'une  vive  lumière: 

„Si  l'Itale  vouloit  les  siennes  estaler 
Si  brave  ne  seroit  qui  s'osast  esgaler." 

Au  commencement  du  XVII^  siècle,  Isaac  de  Ryer,  si  cette  pièce  appar- 
tient bien  à  lui  (cfr.  Le  temps  perdu  et  les  gayetés,  Paris,  1624),  composa  une 
Risponse  aux  espines  du  mariage  (probablement  celles  de  Jean  Philippe  Vario, 
Paris,  1604),  ou  il  se  demande  ce  que  l'homme  déviendrait,  sans  le  mariage. 
C'est  la  femme,    qui   donne  la  naissance  à  l'homme  et  c'est  par  le  mariage 
que  celui-ci  devient  „subtil  et  caut".    Le  mariage  a  aussi  le  mérite  de  dompter 
les  caractères  les  plus  fìers  et  rien  ne  saurait  égaler  le  bonheur  de  celui   qui 
possède  une  fenmie  de  bien.    Si  parfois  il  arrive  que  la  femme  enfreint  les  lois 
de  la  fidélité,  c'est  que  le  mari  manque,  le  premier,  à  ses  devoirs.    M^ne  Lie- 
bault,  répondant   à  ce   qu'il  parait   aux   stances   de  Desportes,    envisage    la 
question  sous  un  autre  point  de  vue.     Elle  combat  le  mariage,  la  source  dit- 
^e  de  toutes   les   misères   de   la    femme,    ce   qui  ne   devait  pas  trop  natter 
Pamour-propre  de  son  mari. 

Enfin  Regnard,  dans  sa  poésie  sur  le  mariage,  entreprit  la  défense  de 
^e  institution ,  se  tenant  dans  un  juste  milieu  sans  outrer  les  louanges  du 
^20  sexe  et  donnant  aux  maris  ces  conseils  remplis  de  bon  sens: 

„Pour  être  heureux  époux,  soyez  toujours  amant; 

Que  bien  plus  que  le  sacrement. 

L'amour  à  jamais  vous  unisse; 

Et  pour  faire  durer  le  plaisir  entre  vous, 

Que  ce  soit  l'amant  qui  jouisse 

De  tout  ce  qu'on  doit  à  l'époux." 

^  tard,  dans  les  pièces  de  Gacon  (œuvres,  Cologne,  1696),  on  trouve  une 
r*  íwí/r^  les  maris,  oîi  l'auteur  prétend  s'opposer  à  son  adversaire,  Boileau, 
*  Ce  qu'il  écrivit  contre  le  beau  sexe. 


326  ,  P.  TOLDO, 

burlesque  s'en  prend  plutôt  à  certains  hommes,  qai  se  trouvent 
dans  des  conditions  parti culières,  aux  pédants,  aux  couitisan^^ 
aux  ivrognes,  aux  bouffons,  et  aux  poètes  eux-mêmes.  De 
foule    d'épigrammes    enjouées,    de  descriptions  plaisantes   et  d'éph' 

taphes  souvent  très  cyniques. 

'  Je  laisse  de  côté  U  poésie  pèdantesqn«,  formant  un  genre  i  pari,  ot 
I'lnspiralion  ilalicnne  me  parali  évidente.  Pour  ce  qui  tit  des  conitisaii«,  M 
composa  contre  eux  de  véritables  salircB,  où  l'iinitalian  iCalienDe  n'y  a  ptöqoi 
rien  ä  voii  bien  qu'on  ait  combattu  cette  «Dgeance,  dans  la  Péninsule,  avK 
beaucoup  d'acb  atoe  ment.  On  peut  voir,  eotre  autres  cboses,  ce  qa'tn  iS 
Fandolfo  Collenuccio,  dans  son  Specchio  d'  Esopo,  le  Canunelll,  dam  sesTtii, 
i'AlélÎR.  dans  «iL  Cortigiana  et  le  Caporali  dans  sa  Certe.  Je  rappelle,  a 
panant,  l'ode  de  Ronsard  (lËe  du  IIT  livre),  les  sonnets  de  Joachim  da  B«II(f 
adressés  à  Ronsard,  Ii  Eixet,  ì  Belleau  et  ì.  toui  ses  imis  vivant  Ì  la  am, 
la  description  de  ce  gentilhomme,  qui 

fait  de  l'amourcuï,  mais  c'est  comme  je  croy 

Pour  couvrir  le  soupçon  de  quelque  pins  grand  vice", 
aussi  bien  que  les  Regrets,  où  Du  Bellay  combat  ces  vieox  singes  „conila 
faisant  les  Roiï".  N'oublions  pas  non  plus  son  poUt  courtisan,  le  eourlâslt 
retiré  de  Jean  de  la  Taille,  les  satires  de  Vauquelin  de  la  Fresnaje,  AeA 
l'imitalioD  ilalienne  a  élt  ètudiie  par  M>' Joseph  Vianey,  (cfr.  Revue  deiUai"' 
vcrsilés  du  midi,  1895  p.  386  — 400}  et  toutes  les  pièces  dirigées  co  '  "' 
mignons,  depuis  VisU  des  Hermaphrodilei,  due  à  la  plume  d'ArtUS 
bLcui  d'Embry,  jasqu'an  recueil  general  du  Cabinet  du  roy  de  Franct  í,Íi.  liîlW 
renfermant  Us  indignités  de  ¡a  C-eur,  les  bljsOHS  de  la  Court,  les  conlrt- 
veritet  de  la  Cour,  pièce  dirigée  contre  le  maréchal  d'Ancre,  le  caleckiime 
des  courtisans  etc.  Jean  de  la  Jeaséc  (Œuvres,  Anvers,  15S])  dédia  lui  tud. 
plusieurs  compositions  en  vers  ì  ce  sajet,  Îmiiant  de  piès  t>u  Bella;r  A 
Agrippa  d'Aubigné,  dans  ses  Tragiques,  aussi  bien  que  dans  les  ' 
du  taren  de  Faeniste,  fait  sentir  aux  courtisans  ses  griffes  de  lion. 

Au  commencement  du  XVII<:  siècle,  ce  genre  de  satire  paraît  acqaéril 
tine  force  nouvelle.  On  n'a  qu'i  ouvrir  le  Cabinet  satirique  pour  roi 
que  Sigognea,  Benhelot  et  les  antres  ont  écrit  là-dessus.  Rappelons 
les  satires  du  sieur  Annibal  de  l'Orlile  contre  les  cours  de  l'Europe. 
cadet  Angoulevenl,  s'en  prend,  ^  son  tour,  Ì.  un  courtisan,  qui  luì  a 
l'amour  de  Margot  et  Dolorens,  toujours  à  la  même  époque,  assaille  les  pcält 
tyrans,  vivant  à  la  campagne,  dont  lea  libéralités  „sont  des  coups  de  basloD*. 
Les  mignons  de  la  Cour  qui  font  „Irañc  de  la  cajolerie"  ne  sont  pas  moiu 
en  butte  Ì  son  ressentiment.  Personne  ne  saurait  faire  sa  fortune  an  Lourr^ 
sans  suivre  toute  sorte  de  vices  et  il  en  exclue; 

„Qui  n'est  poudré,  musqué,  qui  a'esl  pront  au  devis 

Qui  i  gauche  ou  à  droite  ne  donne  des  advis, 

Qui  n'aide  à  lost  mourir  à  la  France  mourante; 

Qui  ne  sçait  comme  ou  met  im  pucelage  en  vente." 

Théophile  Viaud ,    dans  sa  requeste  au  roi,   se  moque  des  genlilhommes, 

lui  lournircnl  le  dos,  au  moment  oii  il  lombn  en  disgrace  de  son  prince. 

Plusieurs    de    ces    pièces    parurent,    pour    des  raisons    très  faciles  â  1 

prendre,   sous  le  voile  de   l'iinonyme.     Telle  est,   par  exemple,   celle  poi 

la  titre  du  Corbeau  de  la  ¡Jour,   aa  corbeau   se   parant  des  plumes  arrac 

au   peuple,    le  Tableau   des  ambitieux   de   la  Cour,    tracé   „du  pincesu  di 

vérité   par   maislre  Guillaume   A  son   retour   de  l'autre  monde",    ce  qni  se 

arrivé  en  lâll.     Le  Parnasse  dis  paites  salyriques   renferme  aussi   plusie 

pièces  toudinnt  ce  sujet,  au  nombre  desquelles  il  faut  faire  une  place  ä  part 

visions  d'Ariitarçue.  d'ime  violence  extrême,  aux  visions  de  la  Cour  en  si 

de  celles  d'Aristargue   et  ä  VAmbitian  d'un   courtisan.     On    peut   consn 

amai   Vesfadon  satirique  du   sienr   d'Esternod,   le  „discours  des  abm  de 


POÉSIE  BURLESQUE   FRANÇAISE  DE   LA    RENAISSANCE.  21J 

Pour  les  épîtaphes  burlesques  en  Italie,  je  n*ai  qu'à  renvoyer 
le  lecteur  à  celle  du  Machiavel  sur  la  mort  de  Pierre  Soderin,  et 
avant  lui  aux  sonnets  du  Pistoia  ^  et  à  ceux  de  la  plupart  de  ses 
contemporains.  Le  Lasca  nous  fait  voir  les  muses  pleurant  en 
grec,  en  latin  et  en  vulgaire,  la  mort  de  Ser  Fruosino  ,,il  fior 
d*  ogni  pedante**:  il  se  moque  entre  autres  de  Giovanbattista  Celli, 
qui,  de  son  vivant: 

„Fu  tenuta  filosofo  morale, 
Da  quei  che  fanno  i  beccafichi  lessi, 

d'Mfonso  de'  Pazzi: 

„il  quale 
Vivendo  non  fu  uomo,  né  animale, 
Or  morto  non  si  sa  quel  eh'  ei  si  sia", 

de  Tasso  menuisier,  du  Certaldo,  d*un  certain  messer  Fantini,  de 
Yisino  Mereiaio,  qui 

„Malo  per  burla  e  mori  da  dovero" 

et  de  beaucoup  d'autres.  Dans  la  seconde  moitié  du  seizième 
siècle,  Curzio  da  Marígnolle'  paraît  se  distinguer  dans  ce  genre 
et  tout  le  monde  rappelle  Tépitaphe  suivante,  qu'il  dédia  à  Raf- 
faello Navesi: 

„Il  re  degli  spioni  e  marioli 

Qui  giace  morto,  che  per  testamento 

Lasciò  di  far  la  spia  a'  soi  figliuoli." 

£n  France  les  testaments  et  les  épîtaphes  burlesques  sont  à  Tordre 
du  jour.  Nous  avons  tout  d*abord  ceux  de  Marot,  ensuite  Pierre 
le  Loyer  Angevin  se  moque  de  la  mort  d'un  certain  Janicot,  et 
Motin,  Sigognes  et  toute  la  joyeuse  bande  des  contemporains  de 
Régnier  composent  à  Tenvi  une  foule  de  plaisanteries  de  ce  genre. 
Je  cite  au    hasard   le  tesiameni  d'un  vérole  dû   à  la  plume  de  Si- 


France"  du  sieur  Auvray  et  ses  „visions  de  Polidor  en  la  dté  de  Nisance" 
(cfr.  Le  banquet  des  Muses,  Rouen,  1623).  Enfin *Courval  Sonnet,  dans  son 
Gentilhomme  (cfr.  Les  exercices  de  ce  temps),  s'en  prend  à  ceux  qui  à  la  cour 
ont  appris  à  „flatter,  mentir,  dissimuler",  n'ayant  pour  toute  science  que  l'art  de 

„Guérir  la  gale  à  quelque  chien  courant" 

l^c  du  Ryer   dans  son  Temps  perdu,  chanta,  les  louanges  et  les  maux  de 

»  coQr,  se  proposant  de  démontrer  ce  que  l'on  y  trouve  de  bon  et  de  mauvais, 

îî^s  sa  conclusion  est  toutefois  pessimiste.   Il  faut  s'arrêter  à  ce  point,  c'est-à- 

"'^^  à  la  fin  de  la  Fronde,   pour  retrouver,   dans  ce  genre  de  satire,   quelque 

Cuose   de  vraiment  original,    correspondant  aux  sentiments  de  l'époque.     On 

^tQi<i|-2  ensuite   encore   des  plaintes  plus  ou  moins  vives  contre  la  cour,    ne 

^^cbaDt  pas  assez   priser  les  beaux  esprits,    mais  ce  seront  des  épancbements 

^^   écrivains   médiocres   rongés   par   l'envie,   auxquels   il  est  interdit  de  con> 

j^Pler   de    près   la   majesté    de   Louis  XIV«   et    la   splendeur    de    sa    cour. 

.  °*i^re,  Boileau,  Racine,    tous  les  esprits  distingués  du  XVII«  siècle,    savent 

V*^rniais  que  c'est  au  Louvre    qu'ils  recevront  le  prix  dû  à  leur  génie  et  les 

Î'^quis  ridicules   devront   courber  leur  tète,   devant  le  plus  grand  poète  co- 

°"9Ue  de  la  France. 

*  éd.  Renier,  79,  83,  84,  85,  etc. 

'  Djsp.  CLXitl  de  la  Scelta  4i  curiosità  letteraria. 


2  1 8  p.  TOLDO, 

gognes,  la  poésie  sur  le  trespas  d*une  des  pUu  fameuses  macçuerelUs 
de  la  court  où  Motín  peut  donner  libre  essor  à  sa  licence  de  lan- 
gage et  le  testament  d'une  jeune  courtisane  d'un  auteur  anonjrme, 
se  trouvant  au  milieu  d'autres  compositions  semblables.  Ensuite 
dans  le  Cabinet  satirique  (éd.  Gaud- Paris,  1859 — 60),  on  voit  pa- 
raître Vêpitaphe  de  Caboche  excellent  portefaix  insérée  dans  les  satires 
bastardes  du  Cadet  Angoulevent  (Paris,  16 15),  suivie  par  d'autres 
poésies  sur  ce  thème  lugubre;  rappelons  enfin  le  tomheau  d*Angou- 
latent  du  sieur  Auvray,  renfermant  des  inspirations  tirées  de  Rabe- 
lais et  où  il  est  question  d'un  maquerenx  de  la  pire  espèce.  Le 
tombeau  de  Marion,  du  même  auteur,  commence: 

,,Cy  gist  pleine  d'infectíon, 
La  maquerelle  Manon." 

L*épitaphe  cynique,  où  Ton  rit  aux  éclats  sur  un  tombeau  encore 
béant,  n'a  rien  qui  puisse  nous  intéresser.  Il  suffit  d'en  constater 
l'existence. 

Enfin,  pour  exciter  les  rires,  les  contemporains  de  Régnier 
et  ses  imitateurs,  nous  présentent  une  foule  de  combats  burlesques. 
Outre  celui  bien  connu  de  Bergerac  contre  un  singe,  je  rappelle 
le  Combat  de  Régnier  et  de  Berthelot,  par  un  anonyme,  ceux 
des  courtisans,  des  Ursine  et  des  Perrette,  dont  nous  venons  de 
parler  et  le  grand  et  périlleux  combat  de  quatre  courtisans  dû  à  la 
plume  d'un  anonyme,  qui  fait  descendre  du  ciel  le  dieu  Mars, 
pour  séparer  ces  „gentils  hermaphrodites".  Parfois  ces  combats 
ne  sont  que  des  allégories  très  froides.  Telle  est,  par  exemple, 
celle  que  l'on  composa  en  prose,  au  commencement  du  XVIP  siècle, 
sur  „le  grand  et  fameux  combat  sur  la  place  de  la  poitrine,  avec 
le  general  Rhuma,  le  colonel  Brouillard,  le  capitaine  Vent  Coulis, 
le  comte  de  Catharre  et  le  marquis  de  Fluxion". 

Dans  ces  luttes  plus  ou  moins  plaisantes,  les  poètes,  les 
ivrognes,  les  courtisans  et  les  femmes  perdues  s'injurient,  en  em- 
pruntant le  langage  des  halles,  viennent  aux  mains,  se  battent, 
s'égratignent  et  la  vulgarité  triomphe,  traînant  les  Muses  dans 
la  boue. 

On  s'amusait  aussi  en  Italie  à  d'autres  plaisanteries  d'un  goût 
plus  ou  moins  douteux.  Les  poètes  étalaient,  avec  une  gaieté  évi- 
demment simulée,  leur  mauvais  équipage,  ou  tournaient  en  ridicule 
celui  de  leurs  confrères  ou  adversaires.  Fort  souvent  l'exposition 
de  ces  misères  avait  pour  but  d'émouvoir  le  cœur  de  leurs  Mécènes, 
à  la  sourde  oreille,  car  les  poètes  en  général  et  surtout  les  bur- 
lesques, tâchent,  à  cette  époque,  soit  en  Italie  soit  en  France  (peut- 
être  aussi  dans  tous  les  pays  du  monde),  de  tirer  tout  le  profit 
possible  de  leur  muse  et  vivent  dans  les  cours  des  princes,  dans 
un  état  de  domesticité,  plus  ou  moins  mortifiante.  En  laissant  de 
côté  les  personnages  illustres,  tels  que  l'Arioste,  obligés  de  ronger 
le  frein  et  de  servir,  là  où  leur  esprit  aurait  dû  les  faire  dominer, 
et  pour  nous  tenir  seulement  aux  poètes  burlesques,  rappelons  le 


POiSIB  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE   LA   RENAISSANCE.  2ig 

BdlÎDcioni«  Matteo  Franco,  Luigi  Paid,  Antonio  Cammelli  attachés 
i  Lndovic  le  More,  ä  Lamrent  le  Magnifique,  à  la  maison  d'Esté 
etc.  et  laissant  percer,  dans  leurs  vers,  le  dépit  et  la  rancune  contre 
ringratitude  de  leurs  seigneurs  et  contre  les  orgueilleux  courtisans, 
les  regardant  du  haut  de  leur  grandeur.  Et  tous  ces  poètes 
n'oublient  pas  de  nous  exposer  aussi  leurs  petites  misères.  Tantôt 
ils  se  plaignent  de  ne  recevoir  pas  les  présents  promis  depuis 
longtemps,  tantôt  de  devoir  courir  de  ville  en  ville,  employés  à 
des  charges,  qu'ils  croient  fort  au-dessous  de  leurs  mérites  et  plus 
souvent  encore  ils  font  voir  leurs  haillons  et  le  manteau  tombant  en 
pièces.  C'est  surtout  le  manteau,  la  partie  principale  et  la  plus 
voyante  de  leur  habillement,  qui  les  intéresse  au  plus  haut  degré. 
Je  rappelle,  entre  autres,  ces  vers  célèbres  du  Burchiello: 

,Jo  porto  indosso  nn  cosi  stran  mantello, 

Che  mai  Barbier  v*  aifilerìa  rasoio 

E  servirebbe  per  iscotitoio 

Si  eh'  io  sto  involto  come  nn  fegatello/' 

Et  le  poète  continue  en  nous  faisant  voir: 

„Le  calze,  e  '1  gonnellino,  e  '1  giubberello 
(qui)  han  più  bachi  eh'  un  vaglio,  o  colatoio/* 

Une  plainte  sur  le  m^me  sujet  se  trouve  répétée  dans  les  vers  du 
Bellindoni^,  du  Bramante,  du  Pistoia  2,  du  Strazzola'  etc.  et  ces 
plaintes  se  rapportent  aussi  à  d'autres  parties  de  leur  habillement, 
aux  bas  troués  et  aux  hauts-de-chausse  en  désordre.  Ces  poètes 
courtisans  se  plaignent  aussi  de  leurs  chevaux  ridicules,^  qualifiés 
du  titre  de  „vecchie  rozze". 

Les  poètes  burlesques  de  la  France  n'oublient  pas  non  plus 
de  chanter  les  manteaux  troués  et  toutes  les  misères  de  leur  vie, 
mais  c'est  plutôt  la  misère  des  courtisans,  cachée  sous  Tapparence 
de  la  splendeur,  qu'ils  livrent  au  ridicule.  On  n'a  qu'à  ouvrir  le 
Cabine/  satiriqiu.  On  y  voit  la  „Satire  sur  le  manteau  d'un  cour- 
tisan'*, manteau  qui  a  changé  de  forme  et  de  couleur,  qui  vit  la 
prison  et  la  faim  et  qui  peut  conter  les  aventures  héroïques  de 
son  maître  et  surtout  „les  coups  de  bastón"  qu'il 

„A  reçus  et  non  pas  donnez/' 

Ce  pauvre  manteau  est  dans  un  état  pitoyable,  mais: 

„Une  chose  le  reconforte, 
C'est  qne  jamais  on  ne  le  porte 
Aux  batailles  ny  aux  dangers.** 

I^  même  Sigognes   nous   fait  la   description   du  „pourpoint^*  d'un 
autre  courtisan,  pourpoint  rongé  par  toute  sorte  d'insectes: 


>  Éditon  citée  p.  XIII. 

'  cfr.  édition  des  œuvres  du  Cammelli  par  Cappelli  et  Ferrari,  Livorno, 
1884  p.  lOS  sqq. 

•  cfr.  art.  de  V.  Rossi:  Giom.  Stor.  della  Ictt.  ital.  XXVI  p.  35. 

*  éd.  du  Cammelli  citée  p.  xiS  sqq. 


zzo  F.  TOLDO, 

„Pièces  sor  pieces  on  y  boulte 

Tant  de  fois  qu'on  peut  estre  en  doulte 

S'il  reste  rien  da  vieux  pourpoint. 

Ainsi  la  nef  Pésasicnoc, 

Bien  que  chnngèe  à  l'ancienne, 

A  la  forme,  qai  ne  meurt  pas." 

Et  ici  eocore  le  pourpoint  donne  occasion  à  l'auteur  de  s 
de  la  lâcheté  „la  couarde  froidure"  du  courtisan: 

„Si  tu  aïois  outre  ta  bave. 
Pourpoint  quelque  chose  de  biave 
Pour  t'appeler  au  lieu  d'honneur, 
On  lairroit  arrière  les  larmes, 
Mais  ton  caquet  ce  sont  les  armes, 
Ne  plus  ne  moins  qu'a  ton  seigneur." 


Des 


vers,    on    le 


qui    pour    la  forme  de  i 


;  que  pour  le 


sens  sont  encore  plus  mesquins,  que  les  pièces  d'habilleraent,  dont 
il  est  question.  Et  la  satire  burlesque  des  habits  continue. 
lit  ensuite  et  toujours  dans  le  même  recueil,  une  ode 
par  le  sieur  de  Bouteroue  „sur  le  haut  de  chausse  d'un  couriisan", 
où  il  fait  menlion  du  „manteau  vieil"  célòbró  par  son  confrère. 
Ce  haut  de  chausse  appartenant  à  un  petit  hobereau  de  Beausse, 
élait  jadis  une  couverture  destinée  à  couvrir  les  ânes  et  les  mulets, 
et  il  faut  reconnaître,  ajoute  le  poète,  qu'en  passant  sur  le  corps 
du  couriisan,  il  n'a  pas  changé  de  deslinée.  Au  travers  de 
toutes  les  transformations  possibles,  tantôt  jupe,  tantôt  manteau,  le 
drap  est  arrivé  á  n'en  pouvoir  plus  et  il  attend  désormais  un  repos 
honorable  : 

„Haut  de  chausse,  vieil  et  nuUadc 

Alangé  de  gr¡iisse  el  de  pelade. 

Donner  un  conseil  je  (e  veui. 

Tu  es  pelé  comme  Ion  maistre, 

Comme  luy  pour  ne  point  paroi  site 

Porle  une  coifle  de  cheveu».- 

;  pourrait  être  plus  fade.     Après  les  manteaux, 
es    hauts    de    chausse,    on   a    la  „Satire   sur  le 


d'un  anonyme,  celle  „sur 
par  le  sieur  de  la  Ronce, 
e  sur  l'espée  d'un  courtisan" 
3ur  „l'inventaire  d'un  cour- 


Et  la  conclusioi 

les    pourpoints    ■ 

chapeau  d'un  courtisan"  duc  à  la  pli 

les  bas   de   soye    d'un  autre  courtisan" 

qui  est  aussi  l'auteur  d'une  autre  „satyi 

et  le  sieur  Berthelot    compose   A  son   I 

tisan"  arrêté  pour  des  dettes  criardes. 

Que  l'on  ajoute  ce  que  le  cadet  d' An gou lèvent  dans  ses 
Safins  baslartlfs  (Paris,  1615)  chante  de  „la  metamorphose  d'une 
robbe  et  Juppé  de  satin  blanc",  devenue  „toute  barbue  à  longs 
eiels". 

On  se  moquait  aussi  des  défauts  personnels.  On  chanta  eu 
Italie   et  en  France   des   pauvres   sires,   tnuisformés  «n  sqnHet 


I 


POÉSIE  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE   LA   RENAISSANCE.  221 

des  bossus,  des  estropiés  et  pis  encore. <  Mais  la  partie  du 
corpsy  qui  l'emporte  dans  ce  genre  de  plaisanteries,  c'est  le  nez, 
que  les  poètes  d'Italie  célébrèrent  depuis  les  débuts  de  leur  litté- 
rature jusqu'au  Guadagnoli,  en  plein  XIX^  siècle.  Le  Dolce  chante, 
par  exemple,  les  mérites  de  cet  ornement  de  notre  fìgure  et  le 
Bwchiello  (éd.  citée,  p.  122)  en  décrit  un 

„di  buona  razza,  e  ben  oompiato 
Spugnoso  e  rosso  assai  più  eh'  un  rubino, 
E  '1  mosto,  che  va  giù  nel'  pellidno 
A  tutte  r  altre  vene  dà  tributo." 

£n  France,  que  je  sache,  le  premier  qui  s'en  occupe  c'est  Godard, 
suvi  au  siècle  suivant  par  le  sieur  Âuvray  (Rouen,  1623).  Ce  nez, 
dont  parle   Auvray,    peut    servh:  à  toute    chose,    savoir   en   hiver 

d'écran,   en    été    de  parasol   et   à   d'autres   usages   plus    intimes. 

Naturellement    les    louanges    du    nez    permettent    des    équivoques 

licencieuses   et  la  description  des   narines   et  d'autres  détails   est 

on  ne  pourrait  plus  dégoûtante. 

L'occasion  de  cette  plaisanterie  est  due  à  l'amour  d'une  jeune 
^le  pour  un  homme  doué  d'un  nez  formidable  et  recèle  peut- 
être  une  vengeance: 

„n  n'est  pas  toujours  veritable 
Que  chacun  ayme  son  semblable. 
Puis  qu'on  void  d'un  contraire  sort 
La  plus  camarde  de  la  rue 
Estre  amoureuse  devenue 
D'un  grand  nez  à  double  ressort.^' 

Parmi  les  compositions  poétiques  sur  le  nez,  je  rappelle  celle  due 

^  la  plume   de  Jacques  Gorlier   „escuyer   de   la  Grand  Court"  et 

auteur  du  Juvénal  François  (Paris,   1624).     Dans  cet  ouvrage  mêlé 

^^  prose  et  de  vers,  Gorlier  nous  conte  comment  il  avait  un  ami 

intime  „dont  l'humeur  me  revenoit  fort",   s'amusant  à  tenir  bonne 

^ble   et  à  y  convier  un  „bouffon"  âgé  de  soixante  ans,   très  ridi- 

cuJe,    grand  buveur  et  par  conséquent  doué  d'un  nez  gros,  bossu 

^*  rouge.     Cet  excellent   ami   du  poète   à   la   fin  du  dîner,   après 

avoir  enivré  le  bonhonmie,  s'amusait  à   lui  jouer   le   tour  le  plus 

P'^'sant   du  monde   (au  dire  de  Gorlier),    c'est-à-dire  il  „se  jettoit 

^^'^    caste  trongue   enluminée   et   la  pinçoit  avec  tant  de  violence, 

^^'^    le  sang    en   découloit  dans  un  verre  copieux  qu'il  tenoit  à  la 

^aitxci  çg   q^j   faisait   „pâmer   de   rire"  toute  la  société.     Le  sieur 

^^^lier,  inspiré  par  cette  aventure,  composa  une  „fantaisie"  sur  ce 

^^      extraordinaire   et   cette    fantasie  n'est  qu'une  sorte  de  capitolo ^ 

^^*     lui  permet  d'enfiler  un  grand  nombre  de  vers  de  ce  genre: 

I       ^     *  Pour  ces  horreurs  physiques  je  renvoie  au  Berni,  au  Franco,  au  Bel- 
^^^^^nî  et  pour  la  France   aux  recueils   cités  et  surtout  aux  œuvres  des  con- 
^Î^rains  de  Régnier. 


222  P.  TOLDO, 

„O  nez  plus  ronge  qn'éc&rUte, 
Nez  qui  plus  qu'on  Soleil  édate, 
Nez  de  pourpre  getnlien, 
Nez  fait  d'un  rayon  de  planète, 
Plus  monstrueux  qu'une  comete, 
Et  qu'un  fallot  aérien  • . ." 

et  ce  nez  est  rapproché  des  rubis,  des  marbres  à  couleurs  variées, 
de  l'écorce  des  arbres,   de  la  croûte  du  pain  et  honoré  des  titres 
les   plus  illustres.     Autour   de   ce  nez  le  poète  crée  une  légende. 
Comme  la  vendange  de   la   dernière  année  a  été  fort  peu  satis- 
faisante, les  buveurs  se  rendent  dans  l'Inde  y  visiter  Bacdius,  et  le 
supplier  de  venir  à  leur  secours.     Bacchus  console  ses  fidèles  en 
leur   assurant    qu'ils    trouveront   à  Paris    un    nez    merveilleux,  re- 
celant une  source  intarissable  de  vin.    De  même  que  Pantagruel, 
Panurge,    frère  Jean   et   les   autres  personnages   de  la  légende  de 
Rabelais,    nos  buveurs   se   rendent,   en  pèlerinage,   à  la  recherdie 
de   ce   nez   transformé  en   dive  bcu/eille.    Ils  trouvent  son  malheu- 
reux  possesseur  à  Paris,    devant  Tîle  du  Palais;    s'approchent  de 
lui,    remplis   de  révérence,   en  chantent  les  louanges  et  en  tirent, 
après   beaucoup  de  cérémonies,   une  source  merveilleuse  d'un  vin, 
on  ne  pourrait  plus  exquis.    Rien  de  plus  fade  que  cette  plaisan- 
terie,  malgré  toul  le  fatras  mythologique  et  une  certaine  élégance 
de  forme. 

Aventures  fâcheuses. 

Relativement  aux  moyens  de  transport,  nos  ancêtres  ne  voya- 
geaient pas  moins  que  nous;  l'Italien  de  la  Renaissance  était  sur- 
tout infatigable,  mais  lorsque,  après  les  ennuis  et  les  craintes  d'une 
route  malaisée  et  dangereuse,  ils  arrivaient  au  lieu  de  leur  desti- 
nation, crottés  jusqu'à  la  ceinture,  harassés  de  fatigue  et  de  faim, 
ils  ne  voyaient  pas  paraître  l'entrée  confortable  et  splendide  de 
nos  hôtels  modernes.  Il  fallait  se  contenter,  le  plus  souvent,  d'une 
„osteria",  où  Ton  soupait  mal,  où  l'on  dormait  pis  encore,  si  Ton 
ne  préférait  avoir  recours  à  l'hospitalité  de  quelque  curé,  chiche, 
malpropre,  dont  la  maison  et  les  lits  recelaient  déjà  des  hôtes 
constants  et  fort  peu  agréables. 

Bien  avant  le  Berni,  dans  les  sonnets,  par  exemple,  de  Cene 
de  la  Chitarra  d'Arezzo  (éd.  citée),  on  entend  déjà  de  ces  plaintes 
et  l'on  en  trouve  des  traces  chez  Antoine  Pulci, ^  auquel  on  sert 
pour  souper,  une  vieille  poule,  dépassant  en  résistance  le  cuir. 
Ces  plaintes  se  renouvellent  chez  le  Burchiello,^  chantant  le  mau- 
vais gite  et  la  mauvaise  table  et  chez  Bernard  Bellincioni,^  qui  adresse 
là-dessus  une  épi  tre  en  vers  à  son  maître  Laurent  de  Médicis: 


^  cfr.  Raccolla  di  rime  antiche  toscane,  vol.  m  p.  301. 
'  Sonetti  del  Burchiello,  del  Bellindoni  etc.,  éd.  de  Londres,  1757  p.  91. 
115.  116. 

3  éd.  Romagnoli  son.  138.  141.  90. 


POéSIB   BURLESQUE  FRANÇAISE   DE  LA   RENAISSANCE.  223 

»iQnesto,  Signor,  ti  fo  in  nna  osteria, 
Anâ  mi  par  più  presto  ano  spedale; 
£11'  è  la  penitentia  al  naturale 
£  1'  ostiero  è  fratel  de  la  pazia." 

Mais  c'est  là  un  fou,  qui  connaît  fort  bien  ses  intérêts  et  qui  ex- 
ploite, on  ne  pourrait  mieux,  les  malheureux,  qui  tombent  sous 
ses  griffes.  Notre  poète  est  obligé  d'avaler  im  certain  vin  „che  a 
Bon  ne  ber  non  po'  far  maie'';  il  essaye  la  resistance  de  ses  dents 
contre  un   pain,   que  la  moisissure  a  orné  d'une  barbe  vénérable 

et  pour  surcroit  de  malheurs,  il  doit  se  coucher  dans  une  chambre 

ouverte  à  tous  les  vents 

„Che  '1  tetto  mi  par  Argo  da  cent'  occhi/' 

11  arrive,    une   autre   fois,    à  notre   Bellincioni   de   loger  chez   un 
prêtre,  dont  il  peint  la  générosité,  dans  un  vers  très  expressif: 

„La  sua  casa  è  un  mar!  qnando  vi  piove.*' 

Un  camarade  du  Bellincioni,  messer  Matteo  Franco,^  s'adressant 
au  même  Laurent  le  Magnifique,  lui  expose  des  aventures,  qui 
rappellent  de  près  celles  qui  vont  inspirer  sous  peu  la  muse  en- 
jouée du  Bemi.  Notre  Franco,  après  un  malheureux  voyage,  de- 
vient l'hôte  d'un  „Piovano",  qui  le  loge  dans  sa  „pieve  strana,  e 
maledetta''  le  faisant  coucher  au  milieu  de: 

„Palei,  pidocchi,  cimici  e  forfecchie" 

et  excusez  du  peu.  Décidément  les  curés  en  veulent  à  messer 
Franco,  car  un  autre  „piovano",  après  un  dîner  capable  d'ôter 
l'appétit  aux  plus  a&imés,  lui  offre  un  lit  où: 

„v*  eran  dentro  schiere 
Di  certi  cimicion  come  monete, 
£  tutta  notte  attesi  a  far  comete.'* 

Ces  troupes  de  punaises,  seront  transformées  par  le  Berm',  dans 
les  armées  que  Xerxès  envoie  contre  la  Grèce.  Il  n'y  a  qu'une 
suDple  amplification. 

Dans  un  troisième  sonnet,  toujours  adressé  à  Laurent  de 
«ïédicis,  et  toujours  sur  le  même  sujet,  Matteo  Franco  renchérit 
^''  les  détails  d'un  mauvais  souper: 

„Timido  aceto  avemmo,  et  olio  ardito, 
Insalata,  anzi  sciocca,  passa,  e  dura: 
Pan  che  iacea  salnitro  per  le  mura. 
Vin  vecchio,  tondo,  quadro  e  rimbambito.'^ 

^     camarade  Louis  Pulci  a  des  descriptions  pareilles,   celle,   par 

^^ïïiple,  d'un  dîner,  où  un  paysan  transformé,  pour  l'occasion,  en 

^*^^stique,    trébuche  et  renverse  les  plats  ^   sur  les  conviés  et  les 

8^  ^Sonetti   di  Matteo  Franco   e   di  Luigi  Pulci,   éd.  Rossi,  1759  p.  83. 


2 


éd.  citée  p.  142. 


2Z4  ^-  TOLDO, 

descriptions  de  nuits  malheureuses  et  de  dîners  ridicules  se  multi- 
plient sous  la  piume  de  tous  ces  joyeux  confrères.  Voici  le  Pistoia,' 
chantant,  de  même  que  le  Franco: 

„De  1'  insalata  mal  «ondiu  bai  U^so 

E  pan  piloso  più  dor  che  un  sasso: 

Filava  el  vin  per  la  paura  fotte." 

et  qui  est  abh'gé  de  passer  à  son  toar,  une  fort  mauvaise  nuit: 
In  certi  lÎDioletd  di  saccone" 

aussi  propres  que  la  uappe: 

„Una  tovaglia  lavata  col  grasso 

Che  moslrava  la  mensa  pei  le  porte." 

L'Arétin,  tout  en  vivant  dans  un  milieu  plus  splendide  et  ne  par- 
tageant pas  les  misìires  de  ses  confrères  en  Apollon,  dut  cepen- 
dant connaître  les  mauvaises  tables,  comme  il  connaissait,  sans 
doute,  les  mauvaises  compagnies.  Au  moins  ou  est  porté  à  le 
croire,  en  lisant  la  description  qu'il  fait  dans  sa  Cortigiana  (V.  15) 
d'une  certaine  salle  à  manger,  oii  „si  mangia  sopra  una  tovaglia 
di  pin  colori  che  non  ¿  il  grembiale  dei  dipintori".  Dans  les 
vers  du  Strazïola,  nous  entendons  répéter  la  description  d'une  nuit 
passée  au  milieu  de  toute  sorte  d'insectes.^  Ce  sujet  est  toujours 
le  même  avec  plus  ou  moins  de  détails.  Tout  le  monde  connaît 
le  capitolo  célèbre  du  Berni  sur  l'aventure,  qui  lui  était  arrivée  à 
Povigliano,  où  le  curé  du  \'illage  avait  voulu  le  loger,  coûte  que 
coûte,  chez  lui.  Ce  curé  est  une  sorte  de  pédant,  qui  introduit 
le  poète,  dans  sa  maison,  à  travers  les  orties  et  les  épines,  qui 
l'entourenL  Le  dîner  se  compose  d'un  potage  fort  noir  et  d'an 
goût  douteux,  d'un  vin  aigre  et  la  vaisselle  est  en  harmonie  avec 
le  contenu.  Le  verre,  par  e.iemple,  sue  de  honte  el  ne  peut  se 
tenir  debout,  et  le  Ut  n'est  pas  certainement  meilleur.  Ses  draps 
sont  blancs,  comme  le  fond  d'une  marmite: 

„Paieran  cotti  in  broda  di  fagiaolì" 
et  peuplés  des  hôtes  bien  connus,  livrant  une  bataille  formidable 
au  malheureux,  qui  ose  se  coucher.  De  même  que  les  matelots, 
qui  s'échauffent,  en  agitant  leurs  bras,  notre  Bemi  passe  la  nuit, 
dans  un  mouvement  continuel,  se  souffletant  pour  chasser  et  luer 
ses  terribles  ennemis,  caressé  de  temps  en  temps  des  ailes  des 
cha  uves- souris,  volant  librement  dans  cette  chambre^ 

Mattio  Francesi  dédie,  à  son  tour,  un  (apitelo  à  la  Maia  netti, 
où  il  coucha  dans  une  misérable  auberge  après  avoir  soupe  d'une 
couple  d'œufs  sans  sel.  Le  Mauro,  en  faisant  ta  description  de 
son  voyage  à  Rome,  n'oublie  pas  non  plus  les  ennuis  que  son  mU 

>  éd.  Renier  pttC  XX  son.iti:  éd.  Cappelli -Femri  p.  So.  93. 

*  cfr.  l'aiticle  de  Mr  V.  Rossi  dan;  le  GÍotu.  Stör,  della  lell.  il.  XXVT 


POéSŒ    BDIU.ESQDE    FRANÇAISE   DE   LA    RBKAISSANCB. 


225 


mid  cause  et  pins  tard  l'Abati,  dans  son  Fíaggió,  répétera  les  denx 
■ntees  motifs,  le  souper  composé  „di  sposo  gallo"  et  d'une  poule 
l^e  l'âge  a  rendue  vénérable  et  le  lit,  oit  ¡I  attendi  avec  impa- 
ïtieDce,  la  pointe  du  jour 

In  nero  letlo  a  ritrovar  l' iiiirora." 
Il  n'y  a,  A  cette  époque,  qac  messer  Francesco  Coppetta,  qui 
chante  les  louanges  de  „1'  Osteria",  mais  il  ^il  bien  qu'il  soutient 
par  là  un  paradoxe,  non  moins  évident  que  les  /oJi  de  la  fièvre, 
de  la  pestilence  etc.  formant  les  délices  des  autres  poètes  de  son 
temps.  Il  arrive  en  outre  que,  dans  ces  cabarets,  on  rencontre  des 
pédants  et  des  fâcheux,  lorsque  le  fâcheux  ne  vous  rend  pas  visite 
diez  vous,  ou  ¿  l'Eglise.  Cesi  là  une  inspiration  tirée  d'Horace, 
mais  le  fâcheux  italien  se  confond,  le  plus  souvent,  avec  ce  pédant, 
auquel  les  poètes  et  les  prosateurs  de  la  Péninsule  avaient  dédié 
une  littérature  tout  entière. 

Dans  la  poésie  française,  on  rencontre,  à  tout  moment,  les 
sujets  inspirateurs  des  poètes  burlesques  de  l'Italie  et  Régiùer  est  le 
premier,  que  je  sache,  à  s'y  essayer.  Dans  sa  dixième  satire,  il 
itons  expose  comment  sa  mauvaise  étoile  le  ni  tomber  sous  les  griffes 
d'an  fâcheux  et  ce  fâcheux  s'empare  de  lui,  comme  une  araignée 
de  sa  proie,  le  mène  à  sa  maison,  l'oblige  de  partager  son  dîner 
et  Ini  fait  si  bonne  chère,  que  le  malheureux  poète  est  forcé  de 
prendre  la  poudre  d'escampette.  L'inspiration  tirée  du  Bemi  est 
ici  évidente.  Mais  sa  fuite  le  fait  tomber  de  fièvre  en  chaud  mal, 
car,  dans  la  satire  suivante,  on  le  voit  dans  une  chambre  sale, 
sombre  et  remplie  de  toute  sorte  d'ordures. 

Dans  le  Cabinel  safyrique.  que  nous  connaissons  déjà,  les  con- 
temporains de  Régnier,  savoir  Sigognes,  Motin,  Berthelot,  Maynard, 
s'amusent  (ort  souvent  à  des  descriptions  pareilles,  mais  sans 
ancone  originalité.  Voici,  par  exemple,  ce  que  chante,  à  ce  pro- 
pos, le  sieur  de  Sigognes,  réunissant  la  mauvaise  table  et  le 
gîte,  selon  le  type  commun  à  tous  ces  rédts: 
„Entre  la  pace  n  b  panaise 

^^^  Sans  chaire  ny  uns  tabouret 

^^^1  Je  sais  ici  mal  ì  mon  aiie 

^^^^L  Desïus  le  lict  d'un  cabaret 

^^^^^^^^H  Riduil  sans  besoin  de  dielte 

^^^^^^^^^h  A  faire  un  malbeureux  repas 

^^^^^^^^H  De  deux  <Eufs  en  une  omeiclle 

^^^^^^^^^  Et  Dianmoins       e 

^^p}D  Loreu 
^ppédauta,  c 


it  joai  gras  . 


I  Lorens,   d'après  Régnier,   répète  la  descriptioi 


i  repas  de 


Que  dispale 


le  couper  o 


et  dont  la  malpropreté    est   telle    que    les  mets  les  plus  exquis  ne 
p«nn-ent  exciter  l'appétit  de  notre  auteur.    Ailleurs  (voyez  Tricolet, 

tuia.  FhiL  XXV.                                                                     ¡. 
J 


220  P.  TOLDO» 

Variétés  bibliographiques  p.  290)  il  a  le  malheur  de  rencontrer  un 
fâcheux,  dont  il  ne  sait  comment  se  débarasser  et  il  se  trouve  par 
là  dans  une  autre  situation  identique  à  celle  de  Régnier.  Un 
autre  fâcheux  se  présentera  ensuite  à  Angoulevent,  qui  aura  beau- 
coup de  peine  à  se  tirer  d'affaire.  Cet  inconnu  s'approche  de  notre 
cadet,  tandis  que  celui-ci  contemplait  le  spectacle  de  Paris,  à  la 
tombée  de  la  nuit:  il  l'oblige  de  se  rendre  dans  un  fort  vilain 
logis  et  d'admirer,  coûte  que  coûte,  une  collection  vraiment  extra- 
ordinaire, mais  dont  Rabelais  avait  déjà  donné  le  modèle: 

„Pour  le  premier  article  une  aulne  d'arc  en  ciel,  . . . 
Une  dragme  des  fleurs  de  Jeanne  la  pucelle, 
Le  busque  de  Lays,  quatre  plumes  de  Taîsle 
Du  petit  Cupidon" 

et  avec  cela  „les  pleurs"  de  Marc  Antoine  „enchâssées  en  de  l'oi^, 
Torteli  de  Grandgousier,  de  Teau  du  déluge  „pétrifiée",  des  che- 
veux de  Morgante, 

„Un  peu  de  la  sueur  d'Alexandre  le  Grand" 

et  un  commentaire  de  PArétin,  composé  par  un  napolitain. 

Dans  le  Parnasse  des  poèUs  soiyrtques  par  le  sieur  Théophile 
(1625),  on  lit  une  autre  composition  dans  le  même  goût,  les 
Regrets  faits  sur  un  fascheux  logis  et  qui  commencent  par  une 
sorte  de  prière,  répétée  dans  le  cours  de  la  pièce  et  assez  com- 
mune, à  ce  genre  de  compositions: 

„Délivre  moy  seigneiu:  de  ce  triste  séjour 

De  ce  fascheux  logis  ou  j'oi  crier  sans  cesse, 

Les  maistres,  les  valets,  les  hostes  et  l'hostesse  ..." 

Théophile  se  plaît,  en  outre,  à  la  description  de  toutes  les  hor- 
reurs de  cet  hôtel;  il  nous  représente  l'escalier,  où  l'on  trébucht^ 
à  chaque  pas,  le  grenier  qui  lui  sert  de  chambre  à  coucher,  et  ci^ 
il  trouve  „la  troupe  affamée"  des  souris.  Dans  ce  grenier  on  e^  ' 
exposé  au  vent,  à  la  pluie  et  à  la  fumée  et  le  lit  est  en  rappo^ 
direct  avec  la  propreté  de  la  chambre: 

„Délivre  moy  seigneur  de  tous  les  mendians 
Qui  sont  dedans  le  lict,  comme  poux  et  punaises 
Puces  et  autres  gens  taut  galoux  que  galoises." 

Courval- Sonnet    dans   ses  Exercices   de   ce  temps   imite    directeme^^ 
Régnier,  en  exposant  ses  aventures  avec  un  fâcheux: 

„Attentif  à  la  messe  un  jour  à  saint  Eustache 

Un  jeune  cavalier  relevé  de  pannache, 

La  botte  blanche  en  jambe,  et  la  gaulle  en  la  main. 

D'un  curedent  de  roze  entretenant  sa  fain. 

Me  vit  devotieux,  à  genoux  en  prières." 

L'aventure   de  Régnier   se  répète,    dans  ses  moindres  détails, 
fâcheux  tire  de  sa  poche  un  sonnet,  dont  il  menace  le  malheut^^ 
Courval   et  ce  qu'il  y  a  d'assez  original,   c'est   Tétrange   confu^^ 


POiSIB  BURUSQUB  FRANÇAISE  DE  LA   RENAISSANCE.  227 

des  œuvres  et  des  mots  de  cet  importun,  confondant  „camaleón'' 
avec  „pantaleons"  et  chantant: 

„qu'Ovide  en  sa  meteropsicose 
DesmeDt,  Pitagoras  en  sa  Metamorphose/' 

Avec  Sarazin  nous  nous  retrouvons  de  nouveau  dans  un  fort 
mauvais  gîte.  Le  poète  est  logé  „à  une  hôtellerie"  qui  rappelle 
de  près  celle  de  Théophile: 

„Saisi  d'un  déplaisir  extrême, 
En  rêvant  j'attens  le  matin, 
Dans  un  lit  ou  le  sommeil  même 
Pourroit  bien  perdre  son  latin. 
Toute  la  nature  sommeille; 
Mais  non,  j'ai  tort,  je  m'apperçois 
Que  dans  ce  beau  lit  où  je  veille 
Les  puces  veillent  avec  moi  . , ." 

Saint- Amant,  à  son  tour,  dans  son  Mauvais  logement^  nous  décrit, 
avec  beaucoup  de  verve,   comment  il  passa  une  nuit  blanche: 

„Giste  dans  un  chien  de  grabat. 
Sur  un  infame  lict  de  plume, 
Entre  deux  draps  teints  d'apostume 
Où  la  vermine  me  combat  . .  .'* 

Quelques  efforts  qu'il  fasse,  il  ne  peut  fermer  un  oeil  de  toute  la 
nuit;  il  voit  sur  sa  tête  voler  les  chauves-souris,  il  se  croit  entouré 
de  lutins  et  entend  autour  de  lui  des  bruits  étranges.  Les  souris 
courent  librement  dans  sa  chambre,  les  cousins  le  piquent  „d'une 
fureur  extresme"  et  il  doit  soutenir  un  véritable  combat: 

„L'un  sur  ma  main  donne  en  sang -sue; 

L'autre  sur  ma  trogne  se  rue. 

Me  rendant  presque  tout  meseau 

Je  les  poursuy,  je  les  attrape. 

Et  sans  m'épargner  le  museau 

Pour  les  y  tuer  je  me  frape." 

-^si  que  le  Bemi,  dont  l'imitation  est  évidente,  il  compte  les 
*^cures  de  son  martyr,  en  entendant  tous  les  coups  de  la  cloche, 
^chant,  d'éviter  la  vilaine  couverture,  qui  s*oñre  à  ses  baisers  et 
^  tournant  de  tous  les  côtés  „comme  un  oyson  à  la  broche". 

Vers  la  même  époque  ce  Billault,    mieux  connu  sous  le  nom 

^     maître  Adam   menuisier  de  Nevers,    dont   nous   avons   fait   la 

^^Hixaissance  tout  à  l'heure,  décrit,  dans  un  sonnet,  les  horreurs  de 

crhambre,    où   les   draps  „sont  blancs   comme   ébène"   et  où  la 

^^té  le   ronge   de   tous   les   côtés.     La  comparaison    de    Tébène 

*^^^«  comme  on  voit  des  dents  aux  draps  de  lit 

Sarrasin  lui  aussi  avait  eu  le  malheur  de  rencontrer  un  fâcheux 
.     ^'est  étrange   qu'il  le  rencontre,  tout  justement  comme  Courval, 
^*^On  dans  une  église  au  moins  tout  près  d'elle: 

15» 


J= 


u  assez  Urd  et  si 
G  chez  nioy  pour 


Celui  qui  l'airéte  est  un  marquis,  qui  le  force,  nouvelle 
avec  ses  devanciers,  d'écouter  une  composition  en  vers, 
dare  d'avance,  ainsi  qu'Oronte  du  Misanthrope,  on  ne 
plus  channante: 

„Je  l'u  déja  monslrée  &  plndeurs  beiui  eaprits 
Et  Dul,  sans  me  dater,  n'en  parle  avec  mespns." 

Sairasin,  de  même  que  ses  prédécesseurs,  ne  dit  mot  et  profite  de 
la  première  occasion,  pour  se  sauver. 

Mais  le  maître  à  tous,  avant  Molière  dans  la  peinture  des 
fâcheux,  est  sans  doute  Scarron,  qui  dans  sa  satire  adressée  au 
maréchal  d'AIbrel,  nous  offi^  une  foule  de  variétés  de  cette  nom- 
breuse famille,  en  embrassant  les  deux  sexes.  Il  y  a  ¡es  fâcheux, 
qui  jouissent  de  l'estime  publique  et  qu'on  est  forcé  d'écouter  avec 
déférence;  il  y  a  le  fächeus  dont: 

„Tout  ce  qu'il  dit  eil  pointe  d'épigrimmes", 
d'autres,  qui  vous  accablent  de  cérémonies: 

„Je  ïis  un  jour  deui  hommeä  de  la  sorte 

h'eslocader  en  s'offraol  une  porte. 

Sans  qu'aucun  d'cui  eût  jamais  le  dernier, 

El  leur  conflit  fut  d'an  quart  d'heure  entier", 
d'autres  encore,  qui  courtisent  toutes  les  dames  et  qui  se  croient 
irrésistibles,  Íes  „diseurs  de  rien",  cens  qui  font  de  longues  visites, 
ceux  qui  chantt-nt,  ceux  qui  récitent  leurs  vers,  ceux  qui  vous  con- 
tent, à  tout  propos,  de  vieilles  historietles  á  faire  dormir  debout 
et  enfin  les  parasites,  les  mauvais  plaisants,  les  admirateurs  impor- 
tuns et  les  amis  de  tout  le  monde.  C'est  à  cetle  dernière  classe 
qu'apparu  en  t: 

„Le  franc  bourgeois,  qui  fait  l'homme  de  cour. 

Et  quand  il  est  chez  les  jrens  de  la  ville 

Qui  dit  tout  sec,  Turenoe,  Longueville 


1 


(Se  gardant  bien  de  dor 

Le  fâcheux  et  le  repas  eimuyeux 
chose,  car  on  rencontre  aussi: 


r  du  monsieur)  . . ." 
:  forment  souvent  qu'u 


s  les  jours  vous  prie 
n  michant  repis, 
n'y  retourne  pM." 

i  pécheresses,  devenues  béguines,  ont  un 
rang  à  part  et  le  poète  burlesque  précède,  par  là,  le  plus  célèbre 
des  auteurs  comiques  de  ta  France.  Et  ce  n'est  pas  seulement 
dans  cette  composition  que  Scarron  s'en  prend  à  l'engeance  des 
importuns.  Dans  une  épitrc  à  monsieur  d'Elbène,  il  lui  conte 
t  dâ  endurer  les  discours   ennuyeux  d'un  membre  de 


,....  (L')imporlui; 
D'aller  chez  lui  pieni! 
El  le  fait  tel  qu'oi 

Les  précieuses. 


comment  il  ; 


POÉSn  BURLESQUE  FR4NÇAISB  DB  LA  RENAISSANCE.  229 

k  nómbrense  &mflle  des  fâcheux.  Celui,  qui  vient  de  lui  rendre 
visite,  se  déclare  poète  burlesque  et  lié  d'amitié  avec  tous  les 
écrívaíns  en  renom  de  son  époque: 

„Colletet  m'a  iidt  boire  avecque  Furetière. 
J'ai  fumé  quelquefois  avecqne  SaiDt-Amant." 

On  comprend  qu'au  moment  où  Boileau  prenait  la  plume  pour 
traiter  ces  différents  sujets,  ce  genre  était  déjà  vieux  et  n'aurait  su 
présenter  aucune  originalité,  si  ce  n'est  dans  la  forme. 

A  suivre. 

P.  TOLDO. 


n  Fiooimno. 

(Fortsetzung;   s.  Ztschr.  XXIV,  329.) 


V.» 


I. 


Veni  colomba  speciosa  mea 
Che,  al  eterno,  madre  fusti  eletta; 
Refugium  est  qui  confident  in  ea; 
Del  tuo  Alessandro,  madre,   i  preghi 

accepta. 
Regine  et  concubine,  laudante  ea, 
A  te  ricorro  regina  perfetta: 
Aperiens  os  meum  qui  nuntiare. 

2. 
Prego  che  scaldi  il  debole  inteletto 
O  dolce  madre,   non  mi  abbandonare 
Ch*  io  possa  dir  dell'  imperio  perfetto 
Che  Sigismondo  re  fassi  chiamare: 
Re  di  Buemmia  imperadore  è  detto 
Del  populo  Roman  sanza  fallare 
£  come  a  Lucha  fece  arannamento 
Quel    sacro    impero    e    giusto    reggi- 
mento. 

3- 
In    questo    canto    ancor   vo'  che    si 

spande* 
De'  Venetiani  1'  armata  lucente. 
De'  Genovesi  la  sconfìtta  grande 
£  del  guasto  che  a  Lucha  die  il  pos- 
sente' 


E  della  giente  dello  imperadore 
Come  contra  di  lor  mostrar  valore. 


I  Venetiani  si  fenno  un'  armata 
La  qual  mandomo  in  nel  porto  Pisano 
A*  Genovesi  si  fu  poi  dirizzata 
Ardendo  là  rìndrca  monte  e  piano 
E  i  Genovesi  si  fen  radunata 
Per  volerli  cacciar  se  de"  potranno 
£  un'  armata  fenno  in  pochi  die 
Di  dieci  navi  e  quindici  galee, 

5. 
I  Venetian,  siccome  mio  dir  snona, 

Venti  galee  e  molto  bene  in  punto; 

Nessuna  nave*  né  trista  né  buona. 

Ma  una  galeazza^  lor  raggiunto 

Da  i  Fiorentini  fa  con  gente  buona, 

Experta  in   mare  e  poi  '1  valor  con- 
giunto, 

Con  senno  e  con  destrezza,  a  me  m 

pare 

Che  'n  tutto  là  mal  non  può  capitare 

6. 
I  Grenovesi  d'  animo  gentile 
I  Venetiani  andarono  a  trovare 


^  Nel  Ms.  1661    manca  questo  canto  come  pure  parte  del  seguente  61 
air  Ott.  85. 

*  Spande.     Reminiscenza  Dantesca  (Inf.;  26;  3). 
3  //  possente:  il  popolo  Fiorentino. 

*  A,  cioè,  contro. 

'^  De:  forse  sta  per  dessi. 

*  Sott.:  era. 

^  Galeazza:  nave  maggiore  della  galea,  di  forma  lunga  e  piatta. 


n.  PICCININO. 


Id  nel  porto  Pisan,  toiíiulo  a  vile 
TuUa  I'  armali  loro,  e  capitale 
Non  ne  facea  tjurìi»  genie  virile. 
I  VeDelian  col  senno,  che  più  vale 
Che  U  ïUpccbia,  sltelli  sì  serraron 
Addosso  a  Genoveii  si  cacciare. 


Genovesi  erano  in  naove  sette, 
calce  e  cola  n'  eran  diece' 
Cbt  de'  oimici  lot  mai  si  credette 
Che  a  trovar  1'  «ndasscr,  come  fece. 
Quelle  de'  Veoelìani  strette  strette 
Il  vento  in  nelle  vele  Teria  bresce,* 
Sicché  co'  remi  era  lor  forza  andare 
Cht  '1  vesto   dava  all'  uno   M'  altro 

S. 

Parbino  (?)  era  silocco,  e  poco  stante 
E  Marïnaccio  e  poi  un  po'  Provenza 
Un  po'  di  ponentin  tanto  che  avante 

Co'  Venetian  s'  abbocca,  poco  slantc 
Levante  fa  con  tutta  sua  poasenza; 
Be'  Vcnetiali  le  vele  gonliaro 
Quelle  de'  Genovesi  allor  giù  cascato. 

9- 
Nove  galee  de-'  Genovesi  prima 
Co'  Venetian  si  futo  rìlrovaie; 
Or  qai  di  morti  furo  la  rovina: 
Pali  di  ferro  e  le  lance  giltaCe 


E  colle  vele  piene  ne  venia 
La  i;aleazïa  e  suo  armali  campioni  : 
All'ammiraglio'  questa  si  feria 
De'  Gcnnvcsi,  e  non  valse  difesa 
Chi  presa  I'  ebbe  seni'  altra  contesa. 

De'  Genovesi  sei  galee  venían 
Driëto  a  queste  nove,  fermamente; 
Vedendo  il  capitan  menarne  via, 
Ver' Genova  si  vollan  prestamente; 
Le  Dove  luroD  prese,  in  fede  mia. 
Salvo  che  una  che  v'  era  il  possente 
Marian  da  Piombin  che  via  s'  andoe 
E  per  forza  de'  remi  elli  scampo«. 


DeU'i 


Oh  quanti 

Sani  e  feriti  per 


mar  trabuccare.' 


Alle  braccia  li  pigliai 
Ognun  sua  parte  assa 
Come  se  liixKno  orsi 


beo  diiendea 
iwer  lioni, 


e  furo 


E  iiivi  preso  il  magno  capitano 
Di  Spinola  Francesco,  di  valore; 
Chi  fuggite  non  fusser  per  certano 
Quelle  galee  e  che  se  di  buon  cuore 
Ognim  ferito  avesse,  com'  io  spiano, 
Per  certo  i  Venetian!  presi  eran  tutti 
Là  dove  ¡  Genovesi  fur  distrutli.» 

'ì- 
A  Vinegia  lomar  con  gran  vittoria. 
Del  pre^o  capitano  e  d'  altra  giente 
E  della  rotta  grande  fer  memoria 
Davanti  al  duce*  ci  a  tuli' altra  gienle, 
E  imprigionalo  fu,  come  la  Moria 
Dice,  Francesco  Spinola  valente. 

Di  Lucha  e  dell'  imperio  vo'  contare. 

Picciola  Lucha,  ben  ti  puoi  gloriare 
Chi  '1   mondo   tolto   ismosso  hai  per 

11  duca  di  Milan  per  te  aiuiate, 
Senesi  e  Geooveu,  e  poi  il  lovruio 


'.    Se  il  poeta  intende  dir  brtseia  {piccolo  spiro  di  vento  fresco), 
vento  brescia  feria  nelle  vele  quelle  de"  Veneiiaoi  etc 
'  Trabuccare  =  traboccare,  cioè,  precipitare  dalle  barche  nel  mare. 
■  AlV  ammiraglio:  contro  la  nave  ammiraglia. 

'  Costruisci:  Se  quelle  galee  per  certo  non  fossero  ftiggitc,  e  se  ognuno 
avesse  ferito  di  cuore,  i  Veneziani  sarebbero  stati  presi  dove  i  Genovesi 
fiuon  distiutli. 

*  Dtâce,  per  doge.    Era  doge  Francesco  FoicatL 


»3» 


A.  PELLEGROn, 


Impendoi  le  tì«k  ■  govcnurc 
UrnOc  c  mansiiclo  dolce  e  piano 
Con  principi  e  baroa  di  littii  degni. 
sana  aliti  Mgai. 


Fa  ncevnto  con  gtaa  r 

In  Lacha  bella,  nobile  cìUad«: 

L' onoi  eti'  egli  «bbe,  dir  io  noi  polra 

Poichi  invino  non  li 


Di  Umesio  fu  ippanto  >  Irentna  gìoino 
Nel  mille  quattrocento  trmUdae 
Che   in    Lad»    entiò   t'  impcndoi 
■domo.' 
Uh  qiunU  festa  tn  i  Laccheü  tnt 
Vedendo  qaell'  imperio  sì  eìoconiJo 
E  prìncipi  dirìeio  a  due  a  due 
E  poi  baron  marchen  e  cavabeii, 
Donzelle,  comi,  tagua  e  scndierì.* 

l6. 
D'  ogni  belli  idomo  è  sua  persona. 
Excellente,  gentil  viene  e  contante. 
Prude  Ole,  fotte,  siccome  il  dii  snocia. 
Giusto,  cnapûâcente  e  temperante 
Quanto  mai  fuise  imperio  di  cotona, 
Consiglio,  onote  avea  con  riilii  taaI<^ 
Altiero,  ornile,  «obrìo  et  astinente 
E  forte,  in  bello  spirto  e  intelligente; 


Fede,  speranza  aves  con  carìtade. 
Liberale  eia,  il  giaio  in  mia  œdenu, 
E  ben  pareva  degna  maèslade. 


TroTOSsi  allor  Gonfalonier  maggiotc 
Nicolao  bttcgbi  nobii  cittadino, 
E  con  molli  Lacchesì,  sanu  enore, 
Fuor  della  porta  entrarono  in  camino 
Andar'  in  contra  dello  imperadorci 
Con  riverenza  ginocchioni  e  inchino 

E  drente  la  cittì  1'  accompagnato. 


E  feKa  e  allegtessa  e  i  grand'  onori 
Che  fcT  Lacche»*  all' Imperador  cara 
Tulli  vestiti  di  vari  colori. 
Di  lana  e  seta  quando  in  Lucha  entrato! 
Cherìci  e  preti  dcDa  porta  faori 
E  molte  ailiquie  sante  si  portare 
E  cantando  tolta  voce:  „ Clemen tissime 
„Veni  regìe  Buëmie  potentissime." 

10. 
E  riposati  furono  al  palagio, 
A  tutti  suo  baron  fu  dato  stanza 
Chi  ríposare  si  potemo  ad  ^o, 
E  per  la  terra  chi   canta  e  chi  dana 
Pct  amor  dell'  imperio  a  tale  agio. 
Pochi  di  ste,  vi  giuro  in  mia  leinza,' 


'  Sigismondo  re  de'  Romani. 

*  Tolgo  dal  Morelli  {Ricordi  cil.  I  pg.  lOJ):  „Lo  imperadore  venne  ■ 
„Lucca  a  di  ...  di  ...  con  Soo  cavagli  Uogheri.  (Numero  di  cavagli  et  ba- 
„roni  che  venneno  in  Italia  etc.)  Iji  penona  dello 'mpera  dore  con  limila  ca- 
„vagli  — .  Il  Re  di  Polonia  con  iz  m.  cavagli  e  looo  arcierL  II  Sìg.  Pippo 
„da  Fioreuza  (Filippo  Spano  degli  Scolari)  fatto  Capitano  Generale  et  dandogli 
„il  detto  iropeiadore  io  m.  cavagli  — .  Lamoretlo  Torco  in  persona  con 
„Il  miglia  cavagli  — .  Mess.  Marsilio  da  Ferrara,  fallo  per  delto  impendorc 
„Duca  di  Padova,  et  di  Trcvigi,  et  dagli  ti  m.  cavagli  — .  Mess.  Brun 
„dalla  Scala,  fitto  pet  lo  'mperadore  Conte  di  Verona,  con  X  m,  cavagli  — . 
„£1  Doge  de  li  Veneziani  al  suo  setvigio  con  J  m.  cavagli  — .  El  Conte 
„Orano  della  Magna,  con  5  mila  cavagli  — .  Andrea  de  Patma,  btlo  pet 
„lo  'mperadore  Capitano  Generale,  con  XX  m.  fanti  — .  Fagino  Cane,  EitM 
„pei  lo  'mperadore  Vicario,  et  Doge  della  gente,  con  5  m.  cavagli  — .  Cale- 
„lani  siano  armati  a  posta  di  detto  Imperatore,  corpi  di  quaranta  di  G«lie  ~ 
„Sommano  in  tutto  cavagli  94  m.  et  fanti  20  m.  e  corpi  40  galee.  —  Zaib- 
te¿U'  piar,  di  doiuello.     Ragaiti:  iatendì,  servi  gioianìssimi. 

»  Sotl.:  per. 

•  Sott.:  1'  articolo  i. 

'  L'  imperatore  venne  in  Lucca  I'  ultimo  di  Mag^o  e  vi  rimase  t6  {forili 
(Vedi  op.  ÓL  di  A.  FeUegrini}. 


IL  PICCININO. 


233 


Cbè  1  franco  Niccolò  da  Tolentino 
Mandato  fa  dal  comun  Fiorentino 

21. 
A  dare  il  guasto  ai  poveri  Lucchesi;^ 
Ma  poco  goadagnaro,  in  fede  mia: 
Per  la  pianura  si  fdron  distesi 
Siccome  giente  piena  di  resia' 
Ardendo  ed  abbruciando  que'  paesi, 
Segando  il  grano  la  lor  fantaria. 
Egli  era  un  grosso  campo  senza  fallo: 
UoDuni  d'  arme  sei  miglia  a  cavallo, 

22. 
De'  fanti  a  pie  ben  mille  cinquecento. 
Qnando  la  gente  dello  imperadore 
^ntì  tal  cosa,  con  grande  ardimento 
Si  armaron  tutti  con  allegro  cuore: 

Ben  cinquecento  faron,  comMo  sento; 

Malico*  conte  è  *1  lor  conducitore. 

E  in  neir  arme  costui  forte  e  fiero  ; 

Armato  tucto  poi  montò  a  destriero. 

23. 
Í-0  imperador  chiamò  '1  guerrier  va- 
lente: 
»»Io  ti  comando  che  niun  prigione* 
^^nì  di  quella  dispietata  giente, 
»Tagliati  sian  sanza  remissione 
^hì  alla  corona  mia  non  è  ubbidiente/' 
^ispnose  il  conte  Matico  ....  : 
»»oanta  corona,  tale  aflfar  mi  piace 
j»E  di  tal  cosa  non  sarò  fallace.'* 

F  **• 

^ot   della  porta  usci  1  baron  sicuro, 

^^   imperador  a  cavai  fu  montato 

^  alquanti  baron  1' accompagnaro; 

^^   Veder  la  battaglia,  fuor  fu  andato, 


ti 


»» 


E  i  cittadin  assai  su  per  lo  muro" 
Con  balestra  ognuno  e  bene  armato 
Se  bisognasse,  i  cittadin  sovrani; 
Or  ecco  il  conte  Matico  alle  mani. 

Matico  conte  gentile  e  gagliardo 
Alla  battaglia  entrò  sansa  dimoro. 
Né  mica  fé'  come  vile  e  muzardo* 
Che  colla  lancia  abbattè  du' di  loro; 
Poscia  la  spada  trasse  sanza  tardo, 
£  la  sua  giente  per  cotal  tenore 
Ben  seguiva,  ciascun  prode  e  valente. 
Ferendo  sempre  sanza  dir  mai  niente. 

26. 
Il  capitan  veggendo  tal  sembianti 
Di  que'  Todeschi^  il  feroce  assalire, 
Con  ben  mille  cavalli  si  fue  avanti 
Ferendo  con  ismisurato  ardire: 
Tollentin,  sempre  gridar  tutti  quanti, 
E  que'  Tedeschi  ferian  sanza  mire 
Sopra  de'  Florentin,  con  ardimento 
Ferendo  e  dando  lor  mortai  tormento. 

Sanza  fidare  1'  un  1'  altro  di  niente 
Cominciò  tal  battaglia,  com'  io  intendo, 
À  destra  et  a  sinistra  fortemente, 
E  V  una  parte  e  1'  altra  vien  ferendo. 
A  i  Fiorentini  non  valeva  niente, 
S'  eran  feriti,  dire  :  „A  te  m'  arrendo", 
Che  que'  Tedeschi  niente  intendeano 
Sicché  a  mercè  niun  non  ne  prendeano. 

28. 
Que'  Buemi  ferìano  di  buona  voglia 
Con    masse,    dardi,   lance    e    chi  con 

spade 


*  Niccolò  da  Tolentino  arrivò  1*  8  Giugno  del  1431  — .  Di  questo  assalto, 
r  op.  cit.  di  A.  Pellegrini. 

*  Rtsia,  per  eresia. 

*  L'  autore  chiama  sempre  questo  personaggio,  di  cui  si  ha  anche  me- 
^^*^a  in  Pietro  Rossi  (R.  I.  S.;  XX;  42)  e  nel  Cavalcanti  (op.  cit.;  I;  489),  il 
?^^te  Matico   o  Maticho.     Forse   era   quel   conte   Matillo   de  Tollomitz   (dice 

•  ^ongi:  in  una  sua  pubblicaz.  per  nozze  A.  D*  Ancona)  che  apparisce  con 
^.^  signori  del  seguito  di  Sigismondo  nel  diploma  rilasciato  al  Marchese 
^   Ì^dantova,    il  6  Maggio  1432.    Lunig,  C,  D,  voi.  i.  1376. 

*  Sott:  disse. 

^  Sott.:  andarono. 

*  Mutardo  =  musardo:  sta  per  ozioso. 
'  Sott.:  e. 


234 


A.  PELLEGRINI, 


Facendo    a   i   Fiorentín    portar   f^nn 

doglia  ; 
Di  segar  lasciar  le  gente  brade* 
Il  gran  perchè  tremavan  come  foglia. 
Di  loro  scampo  non  vedeano  strade, 
K  que'  Tedeschi  al  ferir  avizzati 
Parean  sopra  di  lor  cani  arrabbiati. 

29. 
La  battaglia  era  grande  e  perigliosa 
Que'  dell'  imperio  e  '1  campo  Fioren- 
tino, 
Niccolò  Tollentin  non  trova  posa 
Veggcndo  la  sua  giente  venir  meno, 
Giente  Tedesca  vede  valorosa 
Che  della  morte  niente  temeno; 
Poi  prestamente  la  lancia  abbassava. 
Sopra  i  Tedeschi  a  ferir  se  n'  andava. 

30. 
Vedendo  ognun  siccome  il  capitano 
Era  entrato  di  fresco  alla  battaglia. 
Ognun  feria  come  guerrier  sovrano 
Sopra    i   Tedeschi    eh'  eran    di    gran 

vaglia; 
A  que'  Tedeschi  il  populo  Lucano^ 
Fu  grand'  ajuto,  se  Cristo  mi  vaglia; 
Con  le  balestre  da  van  gran  tormento 
A  quel  da  Tolentin,  siccome  io  sento. 

31. 

Or  chi  vedesse  quel  gentil  barone 

Malico  conte  alla  battaglia  experto! 

£  nel  star  parea  proprio  un  dragone 

Ardito,  forte  e  di  grandezza  certo, 

Veracemente  pareva  un  lione. 

Col  brando,  e  sempre  lo  teneva  erto, 

Un  valoroso  paladin  feria 

De*  Fiorentini:  il  capo  si  partia, 

32. 

E  morto  cadde  del  cavai  di  botto; 

E  poi  a  quel  feria  un  altro  appresso: 
Ferillo  in  sulla  spalla,  il  baron  dotto, 
D'  un  grieve  colpo  senz*  altro  interesso 
Che  morto  il  giita  a  terra  tutto; 


Un  altro  ferì  poi  e  tanto  in  grosso 
'Quante  arme  avea  indosso  li  divise 
E  del  destrieri  in  terra  morto  il  mise. 

33. 

Ahi  !  quanto  d'arme  ni  1  baron  robusto 

Non  è  'n  nel  mondo  lingua  che  1  con- 
tasse. 
Render  fa  1'  alma  allo  Padre  celate 
Che  con  la  spada  un   suo  colpo  toc- 
casse. 
Volgendosi  aspro,  valoroso  e  destro, 
Certo  pareva  che  vampo  menasse. 
E  la  sua  giente  il^  segue  con  ardire 
E  i  buon  Lucan  ne  fanno  assai  morire. 

34. 
E  quel  da  Tolletin  veggendo  tale 

Fortezza  in   que'  Tedeschi   e  ne'  Lu- 

chani. 
Diceva:  ,Jo  giuro  al  re  celestiale 
„Che  questa  giente  son  peggio  che  cani 
„E  mai  tal  giente  vidi  io  si  bestiale 
Non  curar  lo  morir,  e  chi  alle  mani 
Viene,  nissun  di  lor  può  far  ragione 
„D*  esser  li  morto,  e  non  d'  esser  pri- 
gione, 

3S. 
„Onde  torniamo  addietro."     Si  dicea 

Alla  sua  giente,  e  poi  si  abbandona 

In  ver'  Firenze  quanto  più  potea, 

£  la  sua  giente  drieto  lui  si  sprona. 

E  cosi  bella  giente  si  partea 

E  giurava  alla  madre  corona: 

„In  quel  di  Lucha  mai  non  veroe, 

„Questa  è  la  prima  e  mai  ritorncroe.*  • 

36. 

Drieto  ai  Fiorentini  sperona  forte, 
Matico,  nobil  valoroso  conte: 
Ben  lo  seguia  sua  giente  per  tal  sort,  e 
E  i  buon  Lucchesi  per  vendicar  V  ont^ 
Molti  di  lor  mettendo  a  crudel  mort^ 
Il  sole  andava  già  sotto  del  monte 
Onde  i  fuggenti  via  lassono  gire 
E  'n  verso  la  città  volsen  redire. 


tt 


If 


*  Brade:  viene  dal  provenzale  Braidis  e  vale,  impetuoso,  focoso, 
2  Si  sott,  il  verbo.         ^  Leggi:  che  quante  etc, 
^  //  =  Io.     Si  riferisce  a  Matico. 


IL   PICCININO. 


ajS 


37- 


li  Todeschi  e  coi  popui  Luchano, 
DiTinli  all'  ìmpcTlec  fu  ginocchiato 
El  egli  il  benedisse  con  sua  mano. 
Veilule  avea  le  prove  del  campione, 
In  salla  spaila  a  quel  baron  sovrano 
Dji  della  roano,  disse:  Io  di  proinello 
Per  San  di  vos  che  sa  ud  ben  vallelto. 

j«. 

Riposali  jHÌl  giorni,  a  parlar  prese 
L' imperad  ore  e  disse:  „Io  vorrei 
„Che  voi  mandaste  san  za  più  conlese 
„Per  <)iic)ti  i  qoali  voi  chiamate  giudei, 
„Fate  che  T^¡Dan  qní  a  me  palese 
,Jsti  qui  sani  nisi  giura  Dei." 

Mandato  fu  per  lor  leai'  altro  dire 
E  Tur  davanti  a  lor  fatti  venire. 

39. 
Eisendo  avanli  a  lui  que'  j^udei  liisli, 
Lo  imperador  cniriiaciava  a  parlare: 
„Vm  ii  dicetli  in  passione  Crhriili. 
„Che  »olo  Cesar  ha  sopra  voi  a  Tare, 
„Da  che'  voi  tiele  «otto  i  rniei  conquisli 
„Mille  ducali  fate  dì  portare." 
I   Malico  conte  chiamò  sania  lena' 
KB  dice:  Tanas  ibi  bastalena.' 

r  40. 

Ud  gitel  londo  fe'¡  poi  comandoe 
A  que'  Giudei  che  qui  entro  entrasse. 
Mille  dncali  apportali  vi  Tue 
Prima  che  di  quel  giro  uom  si  giollasse. 
Contetìone'  auai  vi  si  Te'  sue, 
E  iiu  convìnti,  e  mostra  che  pagasse 
Hille  ducati  oltre  più  di  cento 
De'  quali  «1  conte  Teron  donatnentn. 

41. 
„Voi  li  diceste,  dicea  Io  impetìeio, 
passione  del  buon  signor  Yhesù 


'  Saiua  Una;  subito. 
'  Bailalena:  a  tatto  pc 

*  C«ntesiÒne,   forse  SI«  ] 

•  D^  per  devi. 
'  SotL:  era. 

'  Intendi:  conquiatando 


„Nisi  Ceiarem  habemus  Rej^e  Altiero 
„Cezare  sum,  saper  ben  lo  de''  tu, 
„Torlo  niaìuu  vi  faccio  a  dir  lo  vero." 
Ciascun  di  que'  Giudei  umile  fu, 
Lo  im  peri  er  del  servizio  ringraziar  o 
E  poscia  a  lot  magioi 


Poscia  ]'  imperador  lettore  scrisse 
A  Siena  a  tutte  le  lancìe  speciale 
El  al  prefetto  che  per  lui  venisse, 
Che  ai  trovava  a  Siena  in  vciiladc 
Detto  prefeilo,  perchè  '1  papa  misse 
n  campo  alle  sue  terre  onde  levale 
Le  furoD  tutte,  e  Vclralla  la  prima, 
Sutri  e  Civitavecchia  che  è  di  stima. 

«- 
Onde  quel  genliluom  detto  prefetto, 
A  Siena  con  sua  giente  hi  riJuttu 
E  bene  in  punto,  signor  vi  prometto. 
Con  dugenlo  coisier  a  suo  condntlu 

E  dugento  uomini  d' arme  di  lui  sotio 
Che  ciasceduQ  un  paladin  parea; 
Argento,  robbe  e  denar  assai  avea. 


DelU 

i  persona 

sua  gè 

ntile  e  magno 

Ben 

somigliavi 

1  schiatta  reale 

E  di  forteiia 

non  av 

«a  compilo, 

Del  sangue  di 

David 

1  generale; 

Coir 

imperio  . 

;iedell< 

:  ìxt  guadagno 

Tutu 

:  sue  lem 

jperl 

ui  conquistare  ,• 

E  da 

.  Sieni  si 

mosse 

quel  barone 

E  insieme  gir 

con  lui 

i  il  conte  Anton 

45- 
Dalla  Petgala,  dico,  il  baron  forte; 
Da  Napoli  quel  Carletto  garzone 
Con  venti  lance  segui  per  tal  aorte; 
Questo  gentile  e  pregialo  baione 
Avea  sua  gìenle  bene  gagtiärda; 


as* 


Axirhr  v*  tu  im  áhro  campióne 

Chr  âaDr  ....  Aatcmdlo  è  rhiamito, 

>nìaair  òr*  Senes  sempre  sUto. 

40. 
r>.  ve:' Firenze,  pd  pssso  srmre, 
XjMäifs:  Xirrxklc'  da  Tolentino, 
Arr^iUkhriTX-  fcTJ  smra  cercare, 
vTlhf  cTk  ir  nel!'  arme  cpme  nn  paladino, 
V   riuir&pe:  t:  Tenne,  z  ncm  dancàare, 
Konjijonifr  òl  Gnaldn.  ¿iiemcr  fino. 
XirSJear  mwcrosà  a  tal  conTcgno 
C  :C  r.-nnni:  ài  Finrenza  avea  isde^no.' 

\¡;*ura»:'  er*  ianr  s  neî  nnvn  Pisano, 
Or  inmijrlia  caTalb  e  pâù  r'  area 
t^url  M)rbeienr  x  rakv  sovrano. 
.V.  r.-tft'.e  .Vains  ¿a  Pi&a  si  scrirea: 
Cbe  coasc^ccr  pmss  andv  salvo  e 


A  Mì'uud:"  o  dc'Tinq-De  £  piacea, 
C¿c   pies   ^UL  ireste  e  im  aascnn 


Cito 


to. 


Nà!^\^  e  »cu  san:'  essere 


Cs<sìe::e  i   c:>=:e  tal  cosa  per  vera 
CVc  *bbi*  ^zi^iìs-^s  cv>.  comtm  Fioren- 

üno: 
>5*\>.è  ¿Î  trini  le::ert  scriTeva 
AÎ  Co! est«»  ac^bil  paladino. 
Che  LoJotìcc»  chi&aiAi  si  ijcera. 
E  un  idiTo  cbiâsiaio  Arisimico^. 
Ch*  è  da  Trivisi.  il  »  signor  Ardiccione, 
vCb>  *n  quel  di  Lacha  era  ciascun  ba- 

rone^ 

49. 
Che  armati  sian  ciascun  con  sua  bri- 
gata, 
£  quince  fu  dalla  Perula  il  conte. 


Fmri  il  pnifetlD  w...^  ^^  j.  ,    .   ^^^ 
Carìetto  con  le  forze  tanto  praote. 
Della  lance  ipnratr  la  mwnin, 
£  come  i  Fiorbiîb,  sobo  a  lor 
Da  Tolentin  Niccolò  fapitawo, 
Accattalmga  e  Carapd  sovrano. 

SO- 
£raTÌ  ancor  dal  canto  Fiorentino 

Nicolò  da  San  Pietro,  qnel  barane; 

(Del  Dnca  di  láilano  fa  campion  fino) 

Ad  una  rotta  rimase  prigione; 

Dì  qnaresima  fn,  siccome  io  stimo, 

E  d'  esta  rotta  non  ne  fo  mensioae; 

Picdola  fo,  ma  pur  sansa  conteso, 

Niccolò  da  San  Piero  ri  fa  proo. 

SI- 

I  Florentin  di  prìgion  lo  caTaroo 

A  petition  d'nn  Pisano  Gambacorta; 
Con   cento   lance  qnel   guerrier  sol- 
daron; 
Fiero*  battagliator,  et  honor  portL 
Di  contra,  armati,  costor  s'accanqMroa. 
La  dncal  giente  di  dò  si  conforti: 
„Se  voi  venite  noi  li  rinceremo 
„E  senxa  fallo  noi  li  rompiremo 

„Che  Michektto  è  in  gran  diviàoiie 
„Col  coman  di  Fiorenza,  certamente 
„Contra  di  noi  el  non  farà  difenskne, 
„E  questo  mi  ha  promesso  lealmente.** 
A  Lodorico  quel  gentil  barone 
E  signor  Ardiodon  fu  di  presente; 
Con  tutta  la  brigada  entrò  'n  camioo, 
Dirieto  poi  lo  segui  Arismiuo. 

53. 
Chi  di  ver'  Lucha  e  chi  di  Yetwo  Siena 

Tutti  trovarsi  armati  la  brigata, 

E  '1  conte  Antonio  colla  &ocia  strena,' 


*  Nome  proprio.    Vedi,  Finzi  (op.  cit.). 

*  Leon»  perchè  col  comun  etc. 

^  Di  Lodovico  Colonna,  vedi  il  Cavale,  (op.  cit.;  I;  208). 

*  Intend.:   E  a  un  altro  etc.  —   Di  Arismiuo,  vedi  il  Cavale,  (op.  dt.; 
voi.  cit.;  pg.  cit.)  e  il  Finzi  (op.  cit.). 

'  Litend.:  E  al  signor  etc. 

*  Sott.:  fu. 

*  Sirena:  forse  strenua.   Nel  Cavale,  (op.  cit.;  vol.  cit.;  pg.  106):  strema 
e  bellicosi  viri. 


IL  PICCININO. 


237 


2)î  «joel  di  Pisa,  intendi  mia  pensata, 
Cagli  altri  capitani  essendo  a  cena 
Coti  sua  loqnentia   sempre  isbardel- 

laU:^ 
^imm  tatti  armati,  dicea,  'n  sol  mattino, 
„£    assalteremo  il  campo  Fiorentino.** 

54. 
(^xann  consiglia  quivi  il  suo  parere; 

n  prefetto  dicea:  M^gli  ^  buon  detto.** 

£  '1   Colonnese  per  farli  piacere, 

Cli^  quel  consiglio  avea  buon  effetto, 

IHcsea:  „Ordinon    con    senno  e  con 

sapere.** 

E    simflmente  diceva  Carletto: 

Da.  IrÌTis,  Arsimin:  non  furia,  dice, 

„Se  sopra  lor  volete  eser  felice.** 

55. 
£   stretti  a  cerchio  e  tenendosi  a  mano 

Finxiaron  sopradetto  parlamento. 

U  conte  Antonio  da  Pisa,  quel  sovrano, 
In  Hartì  rientrò  la  sera  drento. 
Mettere  in  punto  fé'  ciascun  villano 
^Ua  balestra  e  con  lor  fornimento; 
^  ^orì,  i  capitani  &n  comandato 
^lie  inuanti  giorno  sia  ciascun  armato. 

56. 

^i¿  non  dormia  quel  franco  capitano 
^  Tolenlin  Niccolò,  con  ardire; 
^^^  ne  pensa  il  bue,  una  il  villano.' 
-^Qtta  la  giente  sanza  sofferire' 
'aceva  armare  perchè  sapea  certano 
'^oie  i  nimici  il  vengano  assalire 
.     *P*®  secrete  ha  dal  contrario  canto, 
'cchè  di  loro  affar  sa  tutto  quanto. 

Po-     .  "• 

^^  il  cancellieri  di  subito  appellava; 
_    ^ìchcletto  dicea  che  scrivesse 
^   tutto  r  affar  ú  V  avvisava 


Che  'n  punto  con  su  giente  si  mettesse, 
E  la  mattina,  quando  s*  appicciava 
La  gran  battaglia,  per  ala  fendesse: 
„Se  in  tal  maniera  fai,  âremo  honore 
,,£  agli  avversari  darem  pena  e  dolore, 

s«. 

„So  che  va,  la  volpe  vecchia,  piana.** 
Di  tutto  il  fatto  Micheletto  avisa, 
Onde  il  comanda  a  sua  giente  sovrana 
Che  siano  io  punto  sanz' altra  divisa, 
Armati  e  schierati  in  sulla  piana 
Di  qua  dall'Amo  del  terren  di  Pisa. 
In  sul  mattino  l' un'  e  1'  altra  gente 
Erano  armati  tutti  virilmente. 

59. 
Ben  gloriava  Marte  Dio  sovrano 

Veggendo  tanti  armati  a  tale  armare 

E  tutti  eran  del  populo  Cristiano 

Non  per  Gerusalemme  conquistare 

A  trarla  fuor  delle  mani  del  Soldano, 

Ma  per  la  fede  santa  disertare.* 

L' Inferno  ne  faceva  gran  letitia 

Che  vi  aspettavano  anime  a  divitia. 

60. 
Tutti  li  Dei  con  Marte  furon  tosto 
Accompagnarlo  per  udir  tal  arte, 
Mercurio,  Giove  e  Vener  senza  sosto, 
Minerva  con  Nettuno  e  Fiuto  parte 
Vedendo  il  Ciel  al  suo  voler  disposto. 
Tra  tutti  gli  altri  Dei  godeva  Marte 
Vedendo  tal  battaglia  con  disire. 
E  tanti  siri  si  presso  allo  martire. 

61. 
Lodovico  Colonna,  quel  saputo,* 
Dicea  cosi:  „O  cavalier  sovrani, 
„Per  esser  ciaschedun  di  noi  temuto 
„Schiere  quattro  con  du'  capitani 
„Ognun  sia*  e  fia  più  ritenuto' 


*  IsbaréUllata,  per  grandissima. 

^  '  Altro  antico  e  simile  proverbio  è:   Una  ne  pensa  il  ghiotto  e  un*  altra 

^<^ernaio, 

*  Sofferire,     Nel  senso  di  aspettare. 

*  Disertare:  dal  lat.  éUserere, 

*  Saputo:  dicesi   di  colui   che  presume  di  sapere.     Ma  è  mal  usato  nel 
'^^^^  di  persona  che  sa  il  conto  suo. 

*  Sott:  guida. 

'  £  sarà  più  forte. 


A.  PELLEGSm, 


.JI  ompo  DOHTO  e  natene  tern  ni." 

Colale  »Bat  ■  (siti  ri  piuca, 

Cbe  û  bccacr  le  sdiicrc  ogmm  úíms. 

61. 
Il  conte  Anton  da  Pì%t  lo  fi  prímaío.' 
La  prima   »cbìera   e  1  cotopigua  Cu- 

letto;' 
Qnel  Della  Pergola  p'aiioro  e  gajo 
La  sMODda  gviàb  Ini  e  '1  Ptefctto 
(De' Btmici  non  curano  un  dcDÜo); 
La  lena  tchicn  di  virtù  ricetto 
Lodovico  CoioDna  e  ino  bríganlc' 
La  nia  campagnix,  le  laace  speuate. 

63. 
La  quitta  Kbera  il  SÌg  Ardiccione. 
Con  t(»  lui  da  Tieviti  Aiinoino. 
In  ogni  schicia  v'  avea  mille  barimi 
Cbe  djichedun  pareva  un  paUdioo 
E  io  ogni  ichiera  dngeato  pedoni 
Col  conte  Anton  da  Piia  baron  fino. 
Harligiani,  Palateli,  con  Ini  andoe; 
Di  qoe«ti  mai  verno  V  abbandonoe. 

64. 
Da  Tolentin  Niccolò  cspitaDO 
1^  Mliiere  falte  avrà  che*  dubitava. 
Niccolò  da  San  Piero,  quel  lovtano, 
La  piima,*  e  Accalabriga  il  lecondava* 
Con  I'  altra  ichiera   fu   in  quel  verde 

E  Carapello  la  letH  guidava; 

La  quatta  condncea,   «"  el   dir  non 

Da  Tolentin  quel  Niccolò  ponente. 

Avea  con  aeco  nna  gran  pedonaglia 
Della  qual  non  mi  curo  raccontare. 
Sopra  li  alcioni    schierali  in  biltaglia 
Li  lor  niinici  stavano'  aspellare 
Che  sapeano  tutta  la  lor  assembraglia 


Gridando,  Duca  Daca, 


67. 

E  sopra  Niccolò  con  ■• 
Ch'  Í  da  San  Pietro,  qui 
Feline  forte  i!  baron  d" 
Maniaconioso  e 
(Che  d'  ira  nun  ti  rodeva  d 
„SI  provveduto  liom  Bon  | 
Dice  in  tra  ti;  e  poi  giidai 
„Ferite  %a;  alla  morte.  alU 

68. 


( 


Ben  lo  scgnia  tutta  la  ma  WcaU, 
Ognun  più  ñero  che  lion  e  yafiatle, 
E  la  &ua  lancia    il  buon  conte  abbai- 


Primo  che  scontra  abbaile  di  pi 
La  lancia  in  cento  peni  la  fiaccata. 
Trasse  la  spada  poi  arditamente 
E  lopra  a  Carapello  un  colpo  dava 
Che  in  piana  terra  per  foru  il  mandava. 

69. 
Di  tal  viitii  laMÒ  quel  capo  gir« 
Chi  lall I  poco  a  togli eili  la  vita. 
La  gente  sua  vendendol  ti  (eiirr. 
Il  seguìlavan  come  gente  ardita. 
I  Mastigiini  1  pii,  con  buon  volere, 
A  chi  cadeva  toglievano  la  viu 


I 


'  Prinime:  primo.   Dmle  (Inf.;  V;  1):  Cosi  disci 

*  Int.:  a  guidare  la  prima  schiera  furono  etc, 

*  Brigante:  Soldato  a  piedi.     Soli,:  goidò. 
'  C/u:  delle  quali. 

*  Sott:  guidava. 

■  Int.:  e  Accatabnga  che  lo  secondava  etc. 

*  So«.:  ad. 


L  del  cerchio  p 


I 


IL  PICCININO. 


239 


£  de'  pedoni  faœvan  tal  macello 
Ch*  en  una  scurità  pur  a  vedello. 

70. 
E  Carapello  allor  rímase  preso 
Con  moltrì  altri  baron  per  tal  tinore. 
£  vedendosi  allor  cotanto  offeso 
Da  Tolenlin,  il  gentil  feritore, 
£  per  avere  la  sua  gente  difeso, 
Nella  battaglia  entrò  con  gran  romore 
Con  Cattabriga  e  con  le  sne  masnate 
In  sulla  veste  le  lance  abbassate.^ 

7'. 
Addosso  al  conte  si  mise  a  ferire. 

Sicché  molti  di  lor  ne  scavalcaro. 

Allotta  cominciarono  a  fuggire 

£  1  conte  li  sgridava  a  tal  riparo: 

„Voltate,  non  v'  incresca  il  sofferire.**  * 

Allotta  entrava  in  nello  stormo'  amaro 

Dalla  Pergola  il  conte  grazioso 

E  *1  prefetto  da  Vico  grazioso. 

72. 
-Ahi   quante  prove  fé'  quel  giovinetto 

Ch'  è  d*  Agnolo  dalla  Pergola  figliolo! 
Primo  che  scontra,  fé*  dell*  erba  letto  ; 
^upp^  la  lancia  e  poi  nel  folto  stuolo 
^Itre    si  caccia;    e   quel   gentil   pre- 
fetto, 
^ome  sparvier  in  sulla  quaglia,  duolo  *  ; 
"rinaji  che  landa  rompa  sua  persona 
^1  abbatte  quattro,  come  mio  dir  suona. 


73. 
niente  valeva  lo  ferire, 


Ma 

**^    da  San  Pietro  Nicolò  valente 


I>i 
I>a 
In 


<)iiei  del  Duca  assai  facea  morire  ; 
^   era  via  a  quel  baron  possente 
^^ni  luoco  pel  suo  grand*  ardire, 
^arletto   il   seguía,    s*  el   dir   non 

mente. 
f^*^otta  alla  battaglia  entrò  su  poi 
*-^<lovico  Colonna;  e  tutti  i  suoi 


74. 


Entrar  con  lui,  quelle  lance  spezzate, 
Arismin  dietro  a  lor  con  Ardiccione 
Sopra  ì  nimici  colle  lance  restate; 
Lodovico  Colonna  prò  barone 
La  sua  possanza  mostrò  *n  veritade. 
La  lancia  abbassa  il  valente  campione 
Ad  un;  con  tal  virtù  lo  feri  forte 
Che  M  cacciò  del  destrieri  e  dielli  morte. 

75. 
Quelle  lance  spezzate  ogntm  seconda 

Ferendo  tutte  con  grand*  arroganza. 

n  Colonnese,  cui  gran  forza  abonda, 

Trasse  la  sua  spada  (rotta  la  sua  lanza);^ 

La  prima  schiera  passa  e  la  seconda. 

Dinanzi  ognun  li  fugge  per  dottanza, 

£  quel  da  Tolentin  vede  sua  giente 

Fuggir:  meravigliosi  fortemente 

76. 

£  dimandava  a  suoi:  „Chi  è  costui 
„Che  si  soletto  la  mia  gente  caccia?** 
£  tosto  li  rispondeva  un  de'  sui  : 
„Li    huomini   come    rape    fende    e 

schiaccia  ; 
„Credo  che  il  diavol  sia  e  non  altrui^** 
£  chi  pur  può,  a  suo  scampo  procaccia 
Di  fuggir  quanto  può  per  que'  sentieri. 
E  i  nostri  li  segui  van  volentieri 

77- 
Or  chi  vedesse  Jacopo  valente 

Che  è  di  Siena  e  Boldruin  da  Soragno, 

Polo,  Alibrando,  cavalier  possente, 

£  Pierin  Turco  di  possanza  magno, 

Da  Cimasola,  se*l  mio  dir  non  mente; 

Bartolomeo  e  Piero  suo  conpagno 

Che  de*  Visconti  si  faceva  dire. 

Tutti  ferian  con  valoroso  ardire. 

78. 

Delle  lance  spezzate  eran  costoro 
Abbattendo  i  nimici  e  scavalcando 


*  Sott.:  avendo. 

*  Sofferire:  sopportare.     Cavale,  (op.  cit.;  I;   129). 

*  Stormo:  adunanza  di  uomini  per  combattere,  dice  il  Diz. 

*  Sott:  portava. 

^  Lansa,  per  lancia.    Sott.:  Essendo  stata. 
'  E  non  altrui  =  e  non  altri. 


242 


A.  PBixBORnn, 


E  morto  1'  abbatti  sopra  la  via 
E  sopra  lor  ferìa  con  gran  dispetto: 
A  ogni  luoco  ^li  era  dato  via. 
Assai  sostenne  di  vfto  '  Ì1  prefetto: 
E  '1  conte  Anton  e  'l  Eenlil  Colonnese 
Contra  i  nimici  ster  setnpre  a  difese, 

96. 
Ma  niente  valeva,  la  loi  contesa 
Che  la  lor  gente  tulla  in  fuga  andava. 
E  que'  de'  Fioreatin  aüa  distesa 
La  da  cai  gente  se  m  pi  e  seguitava, 
AI  conte  Anton  di  ciò  forte  li  prese, 
E 'l  Colonnese  a  lui  si  rivoltava: 
Verso  di  Marti  spronar  fortemente 
Veggendo  fuggir  vìa  tutta  la  lor  gente. 

97- 
E  Micbeletto  siegue  li  sconñlti 
Ducbeschi:  uecì'.le  con  grande  iniqui- 

tade; 
E  que'  pedon  di  Marti  ú  perfetti 
Tutti  eran  tnisi  al  tagtio  delie  spade 
Si  cbè  le  dure  voci  degli  afflitti 
Faceano  un  tuono  accesso  di  pictade. 
Combattendo  incakiando  e  scavalcando, 
E  di  molti  prigion  g  i  van  pi  g  I  Un  ilo. 

98. 
Di  Marti  fino  alle  poilc  cacciaro 
La  ducal  gente  con  grievi  martiri'. 
Più  di  trecento  pHgion  si  pigliaro. 
A  sella  vote  V  i  molti  destrieri. 
Quanto  vendesti  lor  tuo  saper  caro, 
O  Micbeletto,  a'  Dncheschi  guerrieri: 
Gran  quantità  dì  morti  e  dì  feriti 
E  di  gagliatiii  gentili  e  ardili, 

99. 
E  riposarsi  in  Marti  quella  sera 
Con  grande  sìÌsddo  la  ducbescbn  genie. 
Ai  Fiotentin  fu  nolo  siccome  era 
Il  campo  rotto  del  duca  po^senle: 
Le  campane  suonaro  alla  primiera. 


cioè,  inver 

'  Martiri. 

Reminisc 

.  Dantesca. 

»  Sott.:  acc 

endono. 

•  A  luce:  ¡1 

•  Fie,  forse 

per,  fia  e 

quindi,  sia. 

'  SU,  forse 

per,  COMC 

(come  dice 

Su  *o  ogni  torre  il  fiioco*  di  presente 
Perchi  Io  vcggan  tutte  lor  castella 
Che  mai  non  ebben  la  miglior  novella. 

100. 
Tu  si  vedevi  '1  fuoco  a  San  JinHano 
Perchi  da  Lucba  bene  si  scorgi*, 
E  simil,  Monte  Chiaro  e  Mon  Sommano, 
Pistnja,  Prato  colla  Scarpirìa, 
Simil  Pescia  col  Borgo  a  Buggiano 
E  Volteira,  per  la  fede  mia. 
Tu  vedevi  fuoco  al  monte  Saminiata. 
Barga,  Valdriana  e  in  ogni  lato. 

Di  tal  cosa  ben  puoi  far  baldoria, 
Firenze,  e  a  Micbeletto  render  gratia 
Cbe  t'  ba  scampaio,   come   dice  mia 

Di  lingraEÍarlo  non  ti  veder  »alia 
Chi  mai  di  te  non  era  più  memoTÌa 
Per  la  vìrtii  che  in  lui  tanto  si  spalla; 
A  luce'  t'  ha  rendala  un  tal  affare 
Ni  con  laudo  di  tuie  operare. 

Tempo  non  era  di  tutta  penitenlia 
O  mal  adetto  Giugno  primo  die: 
O  Diavol  com'  bai   tu  tanta  potenlia 
Che  ab  eterno  ricordo  ne  fie'? 
O  maladetta  stella  e  tua  influenti« 
Che  il  Duca  di  Milano  percoso  ha  sic*, 
E  molte  profetic  tu  hai  mancate 
Cbe  9)  do  vea  disfar  quella  cittade. 

103- 
Anco  ne  viro  in  bella  e  gloriosa 
Speratila  ancor  di  vederti  punita 
De'  tradimenti  e  della  brutta  e 
Che  voi  usasle,  o  falsi  sodomita. 
Le  nove  piaghe  alla  croce  famosa 
Di  cotal  atto  a  cbi  piii  puö  sì  Tnnta, 
Orribil  visio  tua  natura  prende 
O  quauto  per  quest'alto  Dio  l'offende! 


a  il  basso  popolo)  e  quindi,  ctaL. 


I 

I 

I 


r 


IL  PICCININO. 


243 


104. 


La  spada  di  lassù  non  taglia  in  fretta, 

II  tuo  buon  Dante  tcstimon  si  rende. 

Quél  Gesù  Cristo,  gìostitia  perfetta, 

(Jnicuiqne  vera  trìbnendo, 
Secondo  1'  opre  tue,  malvagia  setta, 
Non  si  ritardi  che  per  tempo  essendo 
A  te  non  paja,  e  tu  o  dolce  Iddio 
Provede,  etemo  padre  giusto  e  pio. 


105. 


In  sono  stanco  e  tutto  pien  d' affanno, 
Però  mi  voglio  alquanto  riposare. 
£  voi  vi  poserete  col  buon  anno. 
£  poi  dirò  nell'  altro  mio  cantare 
Come  l' imperio  a  Siena  con  affanno 
Andò,  e  anco  vi  vorrò  narrare 
Del  Piccinin  la  rotta  ismisurata 
Che  in  Voltolina  a  Venetiani  ha  data. 


Finito  quinto  canto. 
(Continua.) 


A.  Pellegrini. 


16* 


Frani  caillou]  lat  cocfaca  (vgl.  Rom.xxix,  43881).  — 
Laut-  and  BeaeDtnogswandel  (vgl  Rom.  xxix,  583  L). 


verdeo   : 


;  nicht  1 


t  aoter  Donner  und  Blitz 
kündigt;  iDÖgen  sie  uns  bei  dem  AafsQchen  von  Woitgieichungen 
noch  90  gebieterisdi  tor  Augen  stdien,  wir  selbst  babeo  sie  erst 
ans  Woft^eicbfmgen  abgexogen,  za  denen  wir  auf  primitive  Weise 
gelaugt  sÊod.  Diese  allgemein  befabrene  Bahn  habe  ich  nicht  ver* 
lassen  ab  ich  Rom.  Etjio.  U,  13  ff.  der  Ait  nod  Meoge  lautlicbef 
tUKi  begrifllicfaer  Überein.s ümmmi gen  eine  unmittelbare  Beweiskraft 
bennals;  imd  w»  mir  „soit  par  pusillanimilé,  soit  par  principe" 
hier  nicht  su  folgen  vermag,  den  bitte  ich  wenigstens  zu  sagen 
«eldie  wesentlich  andere  Beurteilung  des  von  mir  dem  lat.  cochUa 
nnlergeordoeteo  romanischen  Stoffes  überhaupt  möglich  wäre. 
Welche  „wesentlich**  andere;  denn  dafs  im  Einzelnen  genug  sa 
ergânien,  za  tilgen,  ni  bericfactgeo  ist,  das  habe  ich  teils  \aa 
<.-omherein  ingestandeo,  teils  ergibt  es  sieb  ohne  Weiteres  aus  der 
skizzt^nhaflen  Form  die  ich  gewählt  habe.  Ich  will  nun  eine  gani 
kleine  Partie  meiner  Darlegung  —  nämlich  die  auf  welche  A-  Thomas 
mit  dem  Finger  hingewiesen  bat,  in  die  Masterform  umgiefsen, 
mufs  mich  aber  dabei  auf  die  mir  äugen  blick  lieb  zur  Verfügung 
stehenden  Thatsachcn  beschränken ,  obwohl  mir  keineswegs  entgetÄ 
daTs  Manches  noch  gröfserer  Aufklämng  bedürftig  ist. 

Wenn  wir  die  dunkle  oder  siriltige  Herkunft  eines  Wortes  iu 
Licht  seuen  wollen,  so  werden  wir  uns  zunächst  nach  Wôrtetn 
umschauen  die  mit  ihm  in  einem  handgreiflichen  Zusam 
stehen;  an  das  Axiomaliscbe  reichen  wir  hier  freilich  bei  Weitem 
nicht  berat).  Niemand  bezweifelt  dafs  in  caillou  derselbe  Stamm 
enthalten  ist  wie  in  caü,  chail,  'lie,  ohne  dafs  sich  die  UnmÔglÎdi- 
keit  des  Gegenteils  erweisen  liefse.  Ebenso  sicher  erscheint  mir 
dafs  das  norm.  pik.  caytux,  eaHleu  „Miesmuschel"  kein  ander» 
Wort  ist  als  das  franz.  caillou,  alt  und  md!.  auch  cailleu;  nur  sage 
ich  nicht  daTs  ich  diese  Meinung  „pour  ríen  au  monde"  aufgeben 
würde  —  fììr  gute  Gründe  ist  sie  zu  haben.  Solange  solche  nicht 
vorgebracht  worden  sind,  halle  ich  daran  fest  dafs  für  cai/  eine 
Herleitung  nicht  angenommen  werden  darf  die  nicht  auch  fur 
•raillm  und  für  cayeux  pafsL  Endlich  ist  die  dritte  Entsprechung 
im  Auge  zu  behalten,  nämlich  die  zwischen  franz.  caillou,  prov. 
ealhau  und  port  ntlAae  (von  Raynouard,  Dies,  Littré,  Körting  med:- 


1 


FRANZ.  CAILLOU  |  LAT.  COCLACA.  245 

wnrdigerweise  calhäo  geschrieben).  Von  dem  zweiten  Wort  ver- 
matet  Diez,  ohne  triftigen  Grund,  dafs  es  entlehnt  sei,  von  dem 
dntteD  behauptet  er  es,  ohne  Angabe  eines  Grundes. 

Ich  bespreche   zuerst  Meyer -Lübkes  Gleichung  chaüt   caillou  \ 
gall.  *kUjoy  ^kalljov-  j  kymr.  caill  „Hode",  Plur.  ceilliau  (Ztschr.  XIX, 
96  f.).     Über   das  Besondere   dafs   die  Singular-   und   die  Plural- 
form ohne  Unterschied  des  Sinnes  im  Romanischen  fortleben,  geht 
Mejer-Lübke   hinweg.     Auch   das   was   er   über   „Stein"  |  „Hode" 
bemerkt,  hatte   meine  Bedenken   nach   dieser  Seite  hin  nidit  zer- 
streut; jetzt  allerdings  könnte  ich  ihm  zu  Hälfe  kommen,  nachdem 
ich  gefunden   habe    dafs   deutsches  Stein^   dän.  stem  (vgl.  schwed. 
pMgsim),   engl,  s/one,    kymr.  careg,    ir.  doch,    gael.  dach  neben  der 
Bed.  „Stein"  auch  die:  „Hode"  besitzen.    Dieses  doch  gehört,  nach 
Stokes -Bezzenberger,  zusammen  mit  kymr.  caül  zu  *kal  „hart  sein", 
auf  das  Andere  caillou  ohne  Weiteres  zurückgeführt  haben.    £s  fragt 
sich  wohin  kymr.  cell/  und  callcs/r,  cyllestr  (bret.  kaillastr)  „Feuerstein" 
za  stellen  sind,  welche  man  ebenfalls  als  keltische  Verwandte  von 
uaüou  angesprochen  hat.    Es  bleibt  aber  bei  der  von  Meyer  -  Lûbke 
gefundenen  Deutung  der   französischen  Wörter   eine   Schwierigkeit 
ober  die  ich  durchaus  nicht  hinwegzukommen  vermag.     Darf  man 
in  kymr.  ceilliau   ein   gall.  *kalljoV'    sehen?      Allerdings    entspricht 
kymr.  -««  (alt  -0«,   später  -«/)   einem  gall.  *-av'es,   -oif-es  (vgl.  Lu- 
i9Ms),  aber  das  ist  die  Pluralendung  von  »-Stänmien.    Sie  hat  sich 
vie  andere  Pluralendungen  im  Kymrischen  und  im  Brittischen  über- 
haupt weit   über   die  Grenzen   ihres   ursprünglichen  Gebietes  aus- 
gegossen.    Vielfach   hat   sich    daneben   noch  die    oder  eine  ältere 
Endung  erhalten,  z.  B.  (llygad)  llygaid  und  llygadau\  [Ilo)  lloi  und 
^>    [fforch  \  lat  /urca)  ffyrch   und  fforchau,    oder  es  haben   sich 
beide  Endungen  miteinander  verschmolzen,  z.  B.  [doch  \  mlat.  ciocca) 
cfych  und  clychau;  [sani  \  lat  sanctus)  saint  und  seintiau;    am  Deut- 
Msten   ist    das   ersichtlich  in  dem  dreifachen  [ty)  tai,  teiau,   tyau. 
Innerhalb   des   sekundären  -0«- Gebietes   hat   wiederum   ein   unter 
bestinunten    Bedingungen    entstandenes    -i-a«    um    sich    gegriffen. 
Wenn  nun  auch  diese  brittischen  Analogiebildungen  nicht  nur,  zu- 
folge den  Schwankungen   und  Abweichungen,    in  die  jüngste  Zeit 
Iwiab,  sondern  teilweise,  zufolge  den  Übereinstimmungen,  in  frühe 
Zeit  hinaufreichen,    so    dürfte   es   doch    sehr  kühn  sein  sie  schon 
¡Jem  Gallischen   zuzusprechen.     Ob   alte  Zeugnisse   für  ceilliau  bei- 
cubringen    sind,    bezweifle   ich;    der  Plural    war   und  ist  wohl  von 
diesem  Worte  nicht  gar  zu  gebräuchlich,  man  sagt  häufiger:  y  ddwy 
^däi  (bret.  ann   daou  gell).     Sodann   aber   möchte    ich    die   Frage 
anfwerifen    ob   nicht  ceilliau   ein  ebensolcher  Plural  ist  wie  seintiau, 
niit  andern  Worten  auf  einen  Sing.  *call  zurückgeht.    S.  Evans  führt 
'later  „testicle"  an:  caill  und  ceillen.     Das  letztere  ist  eine  Singu- 
htivform,  welche  einen  Plural  caill  voraussetzt;  vgl.  z.B.  í/íf/ „Blatt", 
Rw.áai/  „Laub",  davon  wieder  deilen  „Blatt"  (daneben  dalen,  Plur. 
^*iw«).     Gleichbedeutend    mit    ceillen    ist    eirinen,    das    aus    eirin 
»Hoden"  („Pflaumen")    abgeleitet    ist.     Das    pluralische    caill  mag 


X46  B.  SCHCCBARDT, 

duich  àas  daneben  aufliommende  ceiltiau  in  die  Siagnlarbedeiitiu  _ 
gedrängt  worden  sein.     Ganz  ebenso  bl  dtigr  „Thrâne"  eigeatJicfaM 
Plorai    zu    dem    gleichbed.  dagr  (daJber   singularisiert  ;   deigryn), 
dieser  Funktion    aber    durch  dagrau  {drigrau)  iiiseUt;    so  sagt  der 
Nordlc)-nue  taint  („Heilige")  für  den  Sing,  tant,  u.  s.  w.    Kjmr.  *(aU, 
faul,  sa  erklärt,  stimmt  so  brei.  kall,  ktH,  nur  dafs  dieses  männlich, 
jenes    weiblich    bt  {vgl.  dtr,  du  Hod<),    und    demnach    müssen    wir  J 
wohl  für  das  Gallbche  *kaU-o  i^kall-ä),  nicht  *kaU'jo  ansetzen.    Ditfl 
zweite  Form  hat  in  dem  ^\.  caUiomaTots  „Huflattii;h"  keine  festa  V 
Stütze;   in  dem  ersten  Teil  dieser  Zusammcnselzuag  kann  nur  ein   ' 
Wort  stecken   das   „Huf"-    oder    „Fufs"    bedeutet  {vgl.  tqui  ungula, 
Roíshíf,   pas-d'âne    oder    saioS   de   eheval,    colt's  foot.    kymr.  (am  yr 
fbol,    brel,  pao-marc'h,    troad-march).     Das  Bretonische   kennt  noch 
kalc'k  .,Hode"  ¡  *kal-ko.    Das  alür.  taullatk  webt  auf  einen  «-Stamm 
zurâck.     Schliefslich    wird    durdi    die    getrennte  Verbreitung    von 
iailiou,    talhao    die   Wabrscbeinlichkeit    keltischen    Ursprungs    noch 
gemindert,    die  nach  der  Zahl  der  sichern  Ergebnisse  sowie  nad) 
gewissen  allgemeinen  Eiwägongen  für  ein  romanisches  Wort  über- 
haupt   keine    allzngrofse    bu      Wie    anders    als    diese    Gleichung 
Kwbchen  taillou  und  ceiltiau  wirkt   auf  uns    die  ein   welche  Mcyer- 
I.übke   selbst   unmittelbar  nach   dem  hier  erörterten  Artikel  biingl, 
zwischen    lad.   {obwald.)    carmun    „Wiesel"    und    einem    aus    dem 
Deutschen  und  Litauischen  nur  erschlossenen  gall.  *karmdn-. 
Kellizität  dieses  Wortes  scheint  mir,   wenn  ich  das  bei  dieser  Ge- 
legenheit ervi'ähnen  darf,  durch  das  ínschríftliche  Carmo  Aditami  Hb, 
erwiesen,    das   ich    bei  Holder    angeführt   Ende    (auch   die    Römer 
kennen  Mustela  als  Männenaamen),  und  überdies  vermute  ich  'kar- 
mon-   sowohl   in   kyrar.   carhum    m.    „Henneiin"  {^Ihvni  „nackt"?) 
als  in  breL  kaerd  w.  „Wiese!",    das  durch  die  Analogie  des  frani. 
belette   nor    beeinflufst   sein    würde;    denn   die   Ähnlichkeit   beider 
Wörter  ist    zu  grofs    um  als  eine  ganz  zufällige  zu  gelten,    ander- 
seits   entspricht  dem  breL  katr  „schön"  nicht  kymr.  ear*,    sondera  j 
cadr  „stark". 

Gegen  calculus  \  chail,  woran  Thomas  festhält,  habe  ich  an  sich  ' 
Nichts  einzuwenden.     Ein  vulgärlaL  eauculus  ist  allerdings  seit  vi 
haltnismäfsig   früher  Zeit   und   häufig   belegt;    darf  man  aber  mit 
Meyer-Lübke    annehmen    dafs    dadurch    auf  dem    ganzen   Gebiete 
ein    'cactus  ausgeschlossen   wäre?     Ober  das  Verhältnis  von  caitlim. 
zu  chail  schweigt  jedoch   Thomas.     Das   schon   von  Littré   bean-  -J 
standete   Suffix    -avus    wird    im  DicL  gen.  wieder   aufgewärmt  1 
von  Meyer-Lübke   neuerdings    abgelhan.     Indessen   hätte   er  nicht  \ 
sagen   sollen    „dafs  prov.  -au,    afr.  -ou,  -0,  -eu  sich  nur  unter  -com, 
-au  vereinigen  lassen";  er  \iaX,  fau,  fou,  fo,  feu  \  fagas  vergessen. 

V.  Henry  Les.  étym.  du  breton  moderne  S.  50  ist  geneigt  die 
lateinische  und  die  keltische  Herleilung  von  caillou  miteinander  in 
verknüpfen,  wobei  sich  im  Romanischen  Urverwandtes  (kelL  *kal-tto- 
„hart",  lat.  caltum;  kelL  'kat-ko-  „Hode",  lat  calculus)  wieder  En- 
^ngefunden  hätte.    Dafür  dafs  die  Grundbedeutung  von  eaillam 


\ 
I 

t 


FRANZ.  CAILtXJD      LAT.  COCLACA. 


247 


die  des  HarLen  sei,  wird  angefiihrt  „que  sur  loute  la  cate  eaíllou 
signifie  .rocher'".  Es  kann  sich  ja  mit  caiUou  ebenso  verhalten 
wie  mit  pierre  \pttra;  aber  die  Sprache  Itann  auch  umgekehrt  vom 
Kieiaereo  zum  Gröfseren  vorgeschritten  sein,  wie  ja  die  lat  Dichter 
silex  im  Sinne  von  „Felsen"  gebrauchen.  Von  der  Endung  in 
eaiüou  redet  Henr>'  nicht 

Wenn  diese  etymologischen  Versuche  der  Forra  caillou  nicht 
Herr  werden,  so  berücksichtigen  sie  cailleu  „Miesmuschel"  nicht 
einmal.  Man  könnte  nun  sagen:  indem  ich  von  vornherein  Beides 
zusammenstelle,  gelte  mir  die  Ähnlichkeit  zwischen  den  beiden 
Dingen  als  eine  ganz  augenßllige,  und  ich  dürfe  demnach  einen 
besondern  Beweis  für  die  Entwickelung  „Kiesel"  ¡  „Muschel"  nicht 
verlaogen.     Ich    bin    kurzlich    auf   dem    Gerolle    eines   Flusses   hin 

Vond  her  gewandert,  und  habe  mich  davon  überzeugt  dafs  die 
zwar  die  mannichfaliigsten  Gestalten  zwischen  Kugel  und 
Jicibe  aufweisen,  zum  gröfseren  Teile  aber  doch  solche  welche 
1  dtr  verbreitetsten  Muscheln  mehr  oder  weniger  ähneln.  Da- 
i  suchte  ich  mich  in  den  Vorstellungskreis  einfacherer  Menschen 
1  versetzen ,  und  V^h  begriff  es  dafs  man  die  Steine  nach  den 
Uuscbeln  mît  denen  sie  die  Wiege  teilen,  benannte,  das  Unorga- 
nische nach  dem  Organischen,  das  doch  zunächst  Aufmerksamkeit 
und  Teilnahme  enegte.  Kurz,  die  AufTassung  der  Kiesel  als 
falscher  oder  todter  Muscheln,  oder  geradezu  als  versteinerter, 
dünkt  mich  natürlich.  Hingegen  vermag  ich  mir  die  der  Muscheln 
als  KJesel  nicht  zu  vergegenwärtigen,  und  man  wird  sich  dafür 
auch  nicht  auf  die  Bezeichnung  einer  gewissen  Schnecke  als  Buc- 
cinum  lapillus  „Sleinchen"  berufen.  Eher  auf  die  eines  platten 
Kuchens  als  gaiette  im  Franz.,  das  man  aligemein  (so  auch  im 
Diel,  gén.)  von  gaUl  „{platter)  Kiesel"  ableitet;  doch  wenn  auch 
dieses  wieder  auf  das  gleichbedeutende  altfranz.  gal  zurückgeht, 
so    bt    damit   die    Forlpilaniung    von   gatel    zu   gaUlte    noch    nicht 

Liiwii  ii  II  —  auch   bleibt   za    ermitteln    woher  gal  kommt.<     Wenn 


■  '  Ich   will  nur  darauf  aufmerksam  machCD    dab  ICaliín   anís«  galltUa 

p^liiffiiwicback"  luch  du  gallttlo  mit  einer  verwandten  Bedeutung  kennt. 
Toslt.  gaüelli  «nd  nach  Fanfani  „certi  sgonfiolii  di  pasta  alquanta  dolce  . . . 
frílli  i»  padella"  (úe  heifsen  aDch  coccoli;  vgl,  Rom.  Etym.  II,  24).  Piem. 
golii  eiklílt  Zaili  al»  „specie  di  schiacciata,  che  li  fa  in  forma  d'  un  gallo, 
o  d'un  fantoccio,  quando  si  cuoce  il  pane,  per  dalla  ai  fandulli,  gaietta, 
focacdo,  libum.  popannm,  gaiette".  Di«  erinnert  wiederum  an  sädfranz.  ^ iiu 
Je  fasle  „coq  en  pite  qnc  l'on  lait  coire  an  toui  pour  donner  ì  un  enfant" 
(Muliat).  HÎDgegen  lafst  sich  ein  Zusammenhang  von  beare,  gaihrl  ,,firod" 
[von  Weilen,  Roggen.  Mais),  galhou  „Stück  Brod"  mit  galk,  galkou  „Hahn" 
schwer  annehmen.  Anilere  Wörter  der  Ge&talt  galletto,  -a  weisen  mit  eröfacrcr 
oder  geringerer  Bestimmtheit  auf  galla  „Gallapfel"  hin.  Insbesondere  das  von 
den  franc.  Wbb.  verieichnete  galei  „Nelitjoje",  welche  Bedeutung  das  Diet. 
e*n.  als  «weiterle  technologische  von  „Kiesel"  fa&t.  Der  Ausdruck  ¡st  iñd- 
fraaiôsisch;  an  der  Koste  von  Celte  bedeutet  gallet  die  .JCoikbojc"  fur  das 
kleine  Gangai  (Zugniti)  —  in  Oilspaníen  bcifsl  die  „Kotkboje"  iüt  den 
Palangre  ¡Angelschnur)  gall  (vgl,  kat.  gall  „Wasserblase",  »i»g.  lunir  à  galloi. 
iUl  gamre,  galUggiart,  start  a  galla).    Ich  halle  e*  nicht  eininal  für  ^i- 


248  H.  SCHOCHARDT, 

CS  sich  darum  handelte  Zeugnisse  fär  das  Umgekehrte,  die  Be- 
nennung des  Kiesels  nach  einem  organischen  Gebilde,  vorzu- 
bringen, so  würde  die  Herkunft  des  span,  gui/a  „Kiesel"  voa  gtttja 
„Kichererbse"  (Ztschr.  XXUI,  195)  ein  nichi  anzufechtendes  sein. 
Noch  näher  läge  lat.  siüx  „Kiesel",  siliqua  „Fruchlhülse",  kirchensl. 
sioilia  „Muschel",  ska/a  „Fels"  (Briigmann  Vergi,  Gramm.'  1,  855). 
Doch  bedürfen  solche  vorgeschichtlichen  Bedeutungsübergänge  selbst 
des  fremden  Licbles  mehr  als  dafs  sie  Licht  zu  spenden  geeignet 
wären.  Ich  kann  mich  wohl  mit  der  Anführung  eines  einzigen  Be- 
leges für  „Muschel"  ¡  „Kiesel"  begnügen;  denn  er  ist  nicht  nur  an 
sich  einwandsfrei ,  er  deckt  sich  auch  lautlich  mit  den  in  Unter- 
suchung stehenden  Wortformen,  und  schliefst  somit  schon  die 
Lösung  der  ganzen  Aufgabe  in  sich.  Ich  darf  mir  nicht  das  \''er- 
dienst  beimessen  diesen  Zusammenhang  entdeckt  zu  haben;  aber 
ich  bin  auch  nicht  im  Stande  zu  sagen  wem  es  gebührt  —  ich 
weifs  nur  so  viel  dafs  Mistral  zu  südfranz.  caiau  das  lat  cocklax, 
gr.  xáyiXrjS,  stellt,  von  denen  aber  die  lat.  Wortfonn  nicht  belegbar 
isL  Wie  sich  xafX^i,  xoyx^i^iov  im  Lat.  ganz  eingebürgert 
haben,  so  zwar  nicht  x6xXo<;  (für  *xoyx-^°'i'¡  "Ri-  xofï-v-Xij), 
das  nur  als  Fremdwort  bei  Plinius  vorkommt  {eochloe  PI.),  aber  doch 
die  uns  hier  insbesondere  angehenden: 


xoxXla<i  \cochlia  „Schnecke". 


xà^i-rj^  „Schnecke";  Suidas 
sagt:  iiSoq  £o»D(pioi)  Tíi'óc, 
wie  er  xo^Xlàiov  deutet 
als:  ilSoq  K,(OV^Iqv  \  *eaclacu 
I  südfrz.  eacarna  „Schnecke", 
radl.-frz,  cai/ku  „Muschel". 


cockliai  „lapides  marini  vel  ilu- 
mínales" (Cael.Aur,);  vgl.  auch 
De-Vit  zu  einer  Stelle  des 
Martyr,  Rom. 

(>tXa%,  x¿xX>ig  (xáxXi^). 
xax^'-'^e  (^°  '"^  ^*^-  4  '^^ 
Schol.  Theokr.  VI,  1 2),  daneben 
neugr.  auch  xoxXáói  „Flufa- 
oder  Meereskiesel"  j  coeiaeae 
„lapides  ex  ilumine  rottmdi 
ad  cocblearum  simili tudinem" 
(Paul.  Diac.)  \  prov.  ea/hau,  franz. 
caillou  „Kiesel". 
Das  Verhältnis  dieser  Formen  zueinander  ist  ganz  klar  und  schlieJst 
die  Annahme   einer  Verwandtschaft   von   xójjiijg  sei   es  mit  dem 

lieh  ausgeschlosscD  dafs  irgend  ein  Zusammenhang  iwiscben  galla  und  alüranz. 
gai  bistcbt;  man  erwäge  südiranz.  galo  „Gallapfel"  und  „Spielkugelchen"  (wanu 
sich  vielleicbt  die  Verben  gaUja  „im  Siebe  hin  und  hec  schüttela",  „Kiesel  tön 
und  her  bewegen",  mdl.-frani.  gaUr,  gaeller  „Steine  u.  A.  toUeo")  anichliesscn. 
Auch  im  Slawischen  haben  wii  diese  BedenlQBEsentwickelnng:  scib.  gaäca, 
siovi.galka  „Gallapfel",  Ischech.  hdlka,.  Gallapfel",  „Kugel",  „SpUlkügelcben" 
[haluika  „Knödel"),  polo,  gaita  „Kugel",  „ Spie Ikögel eben",  nilhea.  sfatta 
., Kugel",  russ.  gaita  „bunte  Glaskugel"  (vielleicht  iit  von  dieser  Seile  her  im 
Anlaut  bcdnBu&t  russ.  galjka  „Kiesel",  das  ich  filr  grìech.  Jfnilie,  neu  jföJltxae 
„Feuerstein".  /aUxt  „Kiesel"  halte).  Man  vergleiche  noch  sard,  (log.)  Idd- 
darà,  láddira  „Gallapfel",  ¡addia,  laudier  a  „Kiesel"  (doch  will  ich  nicht 
verhehlen  dafs  F.  Rolla  im  See.  saggio  di  un  voc.  etim.  sardo  S.  78  Utâdija 
am  *kipiiicH¡a  eiklErt),  und  {¡ewisie  Fortselzongen  von  cocÀlaa. 


I 

I 
I 


r 


FRANZ.  CAIEXOU      LAT.  COCLACA. 


249 


gleichbedeutenden  ;[ái<§,  sei  es  mît  Hagel  aus.  Das  Griechische 
kennt  in  der  Ableitung  nicht  blofs  -ñx-,  sondern  auch  -äx,-\  so 
haben  wir  t.  B.  mit  a  friivvag  „Thunfischchen",  xìXaaS,  „Leiter", 
mit  «  ¿ß/Jpiil  „Meerwolf"  (von  Xä^Qoq  ..gie"'g")'  öto/iff«^  .-pf^h- 
lerisch"  (von  <ix¿^<foc,  „Prahlerei").  Dem  Xl&a§,  -äxoc  „Steinchen" 
steht  gegenüber  das  gleichbedeutende  dor.  ipôç^ag,  -âxoç.  Bei 
manchen  Wörtern  sind  wir  über  die  Messung  nicht  unterrichtet 
oder  durch  die  Wörterbücher  in  unzuverlässiger  Weise.  An  xoxiüx-, 
xaji^Xüx-  jedoch  ist  nicht  zu  zweifeln,  da  das  a  dem  Jon.  atu  tj 
von  xójfíjjx-  entspricht;  vgl.  Ïçti§,-7jxo<;  ^  ^poê.  '¿Ço§,  -âxoç. 
Wie  der  Wechsel  von  a  und  o  im  Stamme  zu  erklären  ist,  bleibt 
für  die  Hauptfrage  ohne  Belang.  Vielleicht  wirkte  xÓÀXV  -.Purpur- 
schnecke" ein  {xôxXoç,  xoyxvlr/  bedeuten  dasselbe);  vielleicht 
xa^Xá^íiv  „plätschern".  Jedesfalls  brachte  mau  dies  Verb  mit 
xaxif¡s  in  Zusammenhang:  rò  xi/ía  xaxXá^ti  sei  so  viel  wie 
iptQÓfiívov  èm  Torç  xaxXjjxaç  tpo^st  xai  ^x^I.  Es  findet  sich 
such  mit  o,  und  I^grand  verzeichnet  gerade  xo^iaÇw  als  die 
l-cigentliche  volkstümliche  Form  im  Neugriechischen.  Im  Itoma- 
■  BÌschcQ  setzt  sich  coMca  mit  beiden  Uedeutungcn  fort;  aus  den 
KKom.  Etym.  wiederhole  ich  hier  andeutungsweise: 


„Kiesel",  „Stein": 


„Schnecke",  „Moschel": 

3.  (TOS,  erosa,  croi. 
burg,   crntge    de    rivetre 
„Flufsmuschel"  (liolland 
Faune  pop.  Ill,  219), 

4.  (ocie,  cocida,  cogolo. 
7.  eeqiu,  euco,  eoeh,  cuce. 
9.  chioccola,  eliiocquclo. 

14.  ciecchtU,  eionghelt. 

Uai.  croyo,  cqyo  „Kiesel",   dessen   wechselnder  Anlaut  Verdacht  er- 
regt,  läfsl  sich  doch  mit  der  cocklea-Gmp^e  vorderhand  nicht  ver- 
tinigen.     Und  ist  es  nun  zu  kühn   wenn   ich  dieser  Doppelkette 
das  Glied: 
■  I.  ceghia,  caj,  call,  ckail,  -Ue 

pañfíige?    Bas  a  für  o  kann  ja   zunächst  aus   xá.fXr¡^   auf  cochUa 
'  'flbertragen  sein;  es  karm  aber  auch  aus  andern  Wrätem  stammen 
die  begrifflich  mit  co<hUa  aäsozüert  worden  sind.   Der  thataäcblidic 
Wechsel  zwischen  a  und  <i  liegt  in  so  viel  andern  aynonymcn  Won- 
fbimen  gleichen  Ursprungs  vor: 

t.  coghia,  caj. 


.  {cochlea  ,^hildkröte"  StaL 
Silv.)  coda,  cócora, 
5.  eroga, 
7.  coca, 


crasa. 


II.  SCHÜCUABDT, 


Bcaoiiders  allurdings  in  uj)Lii^lonter  Silbe: 

7.  cocognt,  cacagnò. 


coquelit, 

17.  ccioille, 
1.  5.  cuclun. 


cagoulho  (àspidi  Ír^nz.cíigoui/U).  ■ 


Man  vergleiche  noch  cogit/a  —  tagoult,  coucùuliuho  —  cacaìucho,  coi- 
(olha  —  cascolila,  cascabel  —  rascabel,  cosco  —  rasco,  eseottgassa  — 
cscagassa,  escorcoiiía  —  esfarcaia  ü.  s.  w.  „Ofi  en  croita  ce  qu'on 
voudra".  Aber  wird  denn  in  andern  Fällen,  mag  auch  über  das 
eintliefseiidc  Wort  noch  gröfserc  Unsicherheit  bestehen,  die  Ver- 
tretung des  o  durch  a  in  Zweifel  gezogen?  litwa  in  locusta  \  pla- 
nista, tortuga  ¡  tariugal  Ich  habe  schon  gesagt  dafs  auch  der 
welcher  die  Phonetik  als  alleinige  Herrin  anerkennt,  nicht  sicher 
davor  ist  „qu'il  ne  sòme  les  ruines  sur  sa  roule".  Das  Diet,  gún, 
haut  mit  einem  kräftigen  Hieb  die  eine  Torte  in  drei  ganz  ver- 
schiedene Torten  auseinander;  tourte  könne  nicht  von  lat.  tsrius 
d.  h.  tortus  zu  lorquere  herkommen,  und  der  Ursprung  \on  tarte  sei 
unbekannt.  Aber  torta  lebl  ja  fort  in  südfranz.  torto  (^  toreo)  —  kjinr. 
tort,  bret.  torz  beweisen  weder  fñr  0,  noch  für  0,  für  letzteres 
neap,  tarlano,  kal.  íórlanu  „Bretzel"  |  tortula;  die  Verschiedenheit 
zwischen  ofFenera  und  geschlossenem  Vokal  pflegt  bei  gleicher  Be- 
deutung nicht  als  Anzeichen  verschiedenen  Ursprungs  aufgefafsl  zn 
werden ,  selbst  wenn  noch  keine  passende  Erklärung  dafür  vorliegt. 
Für  tprta  \  Ifrta  weifs  ich  keine;  man  entschliefst  sich  schwer  daxu 
an  *lçrrere  zu  denken,  das  verschiedenen  romanischen  Formen  in 
Grunde  eu  liegen  scheint,  aber  noch  schwerer  einen  £infliifs  von 
turlitr  anzunehmen,  das  ja  nicht  in  dem  Sinne  von  „Taubtf" 
schlechtweg  vorkommt  (vgl.  südfranz.  couloumb,  couloumbo  „tauben- 
formiger  oder  mit  einem  Taubenbild  versehener  Kuchen",  itaL 
colombina  „tau  ben  förmiges  Osterbackwetk")  ;  auch  die  „pâtés  d« 
lourtres"  helfen  hier  nicht  weiter.  Mit  einiger  Sicherheit  läfst  sich 
hingegen  behaupten  dafs  tarte  aus  einer  Verschmelzung  von  ¡orla 
mil  tarlaruin  „Weinstein"  hervorgegangen  ist.  Die  Herleitung  dieses 
Wortes  vom  arab.  durdi  „Bodensatz  von  Milch,  Ol,  Wein"  ist  in 
jeder  Beziehung  unwahrscheinlich;  wohl  aber  haben  die  Araber  es 
ihrerseits  von  den  Südeuropäcm  entlehnt:  larlir.  Wie  immer  es 
zu  deuten  ist,  es  dürfte  nicht  aus  a  Ichemistischen  Kreisen  staimnen, 
solidem  ein  alles  volkstümliches  sein,  das  sich  in  die  Gelehrten- 
stuben genächtet  hat.  ICs  wird  gleich  àcm/aecuìa  (tpéxltj,  C^êxXfj), 
das  von  ihm  abgelöst  worden  ist,  in  einem  weiteren  Sinne  gegolten 
haben,  wie  ja  auch  das  span. -arab.  farfar  ijarlaq)  bei  Simonet  mit 
den  Bedd.  „Ölhefe"  und  „Weinhefe"  verzeichnet  ist,  Das  südfranz. 
rmtso  vereinigt  mit  den  Bedd.  „Weìnhefe",  „Weinslein"  auch  die: 
„Scharre"  (franz.  gralin),   und  diese  letzte,   vermute  ich 


I 


1 


A 


FRANZ.  CAILLOU  {  LAT.  COCLACA.  25  I 

dem  iartarum  geeignet.  Die  Scharre,  d.  h.  der  innere  Belag  des 
Kocbgefafses,  die  angebackene  Kruste  der  Speise  ist  nicht  immer 
etwas  Verächtliches  oder  Verachtetes;  sie  bildet  öfters  das  Deli- 
kateste der  Speise,  die  daher  in  der  metallenen  oder  thönemen 
Form  aufgetragen  wird.  Der  Teil  gibt  dann  leicht  den  Namen 
iars  Ganze  ab;  vgl.  altit  crosta  far  crostata,  franz.  gratin  (un  ex- 
cellent gratin,  un  gratin  de  pommes  de  terre).  Und  so  hat  sich 
denn  zunächst  aus  tortuia -\' tartaro  ein  tartara  entwickelt,  welches 
so  viel  war  wie  „Scharrtorte",  d.  h.  Torte  mit  guter  Kruste  (in  ge- 
wissen Gegenden  Thüringens  bezeichnet  Scharrplatz  allerdings  den 
letzten,  aus  zusammengescharrten  Teigresten  gebackenen  Kuchen). 
\\3\.  tartara  ist  nach  Tommaseo -Bellini  eine  „torta,  fatta  di  pappa, 
mandorle  e  zucchero";  nach  Fanfani  kommt  das  Wort  in  den 
Luxusgesetzen  des  13.  und  14.  Jhrhs.  oft  vor  und  lebt  heute  noch 
im  Gebiete  von  Arezzo.  Cherubini  erklärt  mail,  tartera,  tártara, 
tariarm  als  „torta  cotta  in  tegame  con  tegghia  sopra,  e  composta 
di  latte,  zucchero  ed  uova  insieme  dibattuti"  (ähnlich  Monti);  Zalli 
piem.  tartra  als  „vivanda  fatta  con  latte,  ova  dibattute,  ed  aromi, 
il  tutto  rappreso  col  fuoco  a  modo  di  pasta  tenera";  Malaspina 
parm.  tarira  als  „torta  fatta  con  latte,  uova  dibattute,  mandorle  e 
zucchero".  Man  setzt  die  tartara  dem  lattar olo  der  Marken,  der 
mada  Venedigs  gleich.  Das  ältere  Französisch  kennt  noch  die 
Form  tartre  (Littré  gibt  Beispiele  aus  dem  14.  und  16.  Jhrh.);  indem 
sich  dies  wiederum  mit  tourte  mischte,  entstand  entweder  tarte 
oder  (lina.)  tourtro.  Torta  ist  demnach  die  Stammform  an  die  sich 
die  übrigen  anlehnten  und  begriflflich  anglichen;  dafs  mit  diesen 
Abarten  oder  Unterarten  der  torta  bezeichnet  wurden,  ergiebt  sich 
aus  dem  Nebeneinandergebrauch:  ,,turtas  quas  appellant  tartas^^ 
PC.;  Piacenza  1402),  ,,tor telline  a  modo  di  tar  tar e^^  —  „la  torta, 
ia  tartara,  la  tarlar etta^^  (Tommaseo -Bellini),  „tarirons,  tourteau^* 
(Godefroy).  Die  Form  mit  0  hat  sich  gelegentlich  auch  die  ur- 
sprüngliche Bedeutung  der  Form  mit  a  beigelegt:  bask,  lortika 
».Bodensatz",  „innerer  Belag  von  Koch-  und  andern  Gefafsen" 
(span,  tortica  „Törtchen"). 

,  *Caclacu  für  *caclaca  bedarf  keiner  ausführlichen  Begründung; 
^^^^ê  ist  männlich  wie  auch  xoxXlaq,  und  es  mochten  lapis,  silex, 
iftxujn  einwirken.  Thatsächlich  sind  die  auf  cochlea  zurückgehenden 
romanischen  Wörter  für  „Stein"  fast  alle  männlich,  doch  steht  z.  B. 
neben  chail  noch  chaille. 

^Caclagu  für  *caclacu  habe  ich  angesetzt  um  nicht  in  Widcr- 
^^eit  rnit  franz.  -ai  \  -ac  \  ^acu  zu  geraten.  Es  ist  aber  dieser  Über- 
y^Z  mitten  zwischen  -(ijeu  \  -neu  \  -ogu  \  'ocu  (lieu)  und  -icu  \  ^çgu 
\'(^u  (Grieu)  sehr  auffallend,  und  man  hat  ihn  in  der  That,  aber 
^t  2^  gewaltsamen  Mitteln,  aus  der  Welt  zu  schaffen  gesucht. 
Y^  ^  in  *caclagu  liefse  sich  aus  Dissimilation  erklären;  aber  auch 
'^lideres  ist  möglich,  es  kann  sich  damit  verhalten  wie  mit  dem  g 
von  ital.  lago,  für  das  freilich  selbst  noch  keine  befriedigende  Deu- 
^%  vorliegt    Doch  stimmt  dazu  das  südfranz.  lau,  und  zu  diesem 


252  H.  SCHUCHÀRDT, 

wieder    cacaran,    calhau\    mit    altfranz.  lai  vertragt    sich    hingegen 
caillou  nicht. 

Thomas   gibt   die  Möglichkeit   von  *caciacu,   *caclagu   za;  nur 
durfte  er  jenes  nicht  auf  Rechnung  einer  ,,confusion  entre  les  mots 
grecs   xox^ct^  et   xáx^j^**    setzen  —  das    sind   ja    mundartliche 
Formen   eines   und  desselben   Wortes,   es   handelt   sich   blofs  um 
dorischen  oder  jonisch-attischen  Vokal.    Wenn  er  dann  meint  dafs 
*caclagu  ein  —  ihm  zufolge  unmögliches  —  „déplacement  d'accent" 
erfahren  haben  mûfste  um  zu  caillou  zu  werden,  so  nimmt  er  offen- 
bar das  cocläcae  von  Porcellini  und  De -Vit  in  gutem  Glauben  hin, 
und  so  könnte  ich  denn  mit  besserer  Begründung  ihn  dessen  be- 
schuldigen  wessen    er   mich   beschuldigt,   nämlich:    „de   faire  trop 
bon  marché  de  la  phonétique". 

Ich   jedoch   halte   mich    weit   entfernt   von   solchen  Verallge- 
meinerungen,  nicht  sowohl  weil  man  den  Personen,   sondern  weil 
man  der  Wissenschaft  selbst  damit  zu  nahe  tritt     Und  bei  dieser 
Gelegenheit    möchte    ich    einem   Mifsverstandis   vorbeugen.     Wenn^ 
man  in  meiner  gegenwärtigen  und   in  meiner  früheren  Auslassung^ 
über  den  Artikel  von  Thomas  etwas  von  Unmut  spüren  sollte,   so 
verwechsele   man   doch   einen  Oberton   nicht  mit   dem  Gmndton.^ 
£in  Urteil  das  sich  in  einer  bestimmten  Frage  einem  andern  aus — 
fûhrlich  begründeten  gegenüberstellt,  sollte,  falls  es  einem  fluchtigeik_ 
Eindruck   entsprungen   ist,    überhaupt  nicht   aufs  Papier  gebracht 
werden;    falls   es   auf  durchdachten  Gründen    beruht,    nicht   ohne 
deren    Angabe    oder    doch    Andeutung.     Wird    anders    verfahren, 
so   besteht   im  Allgemeinen   die  Gefahr   dafs  Behauptetes  sich  ah 
Bewiesenes  verbreitet,   und  für  den  Urheber  des  ersten  Urteils  die 
Verlegenheit  dafs  er  in  Unkenntnis  dessen  was  gegen  ihn  vorliegt^»^ 
sich  weder  zu  verteidigen  vermag,  noch  sich  zurückzuziehen  Anlaf^^- 

hat.     Statt   dafs   die  Verhandlung    sich    bis   zu  irgend  einem  Aus^ 

gleich  stetig  fortsetzt,  wird  sie  plötzlich  gesperrt.  Ich  hatte  micl^ — 
auf  G.  Paris'  ablehnende  Äufserung  über  sage  \  sapidus  (Rom^i— 
XXVIII,  165)  bezogen  und  sehe  nun  dafs  sie  in  einer  etwas^ 
andern  Form  erfolgt  ist  als  mir  vorschwebte.  Er  würde  die  Frage 
gern  erörtern,  nur  fehle  es  ihm  gerade  an  Zeit  dazu.  In  der 
Sache  wird  dadurch  Nichts  geändert;  ich  befand  mich  über  seine 
Meinung  um  so  mehr  im  Unklaren  als  die  Bemerkung  dafs  man 
seit  Diez  sage  auf  *sapius  zurückführe,  nicht  richtig  ist.  Jetzt  hat 
er  in  seiner  Besprechung  von  H.  Bergers  „Die  Lehnwörter  .  .  .  ." 
(Journ.  des  Sav.  Mai -Juni  igcx))  S.  26  diese  Frage  wiederum  be- 
rührt, allerdings  nur  mit  leisem  Fingerdruck.  Er  ist  zu  keiner 
festen  Ansicht  gelangt;  aber  das  Diezsche  aus  nesapius  abgezogene 
*sapius  hat  er  aufgegeben  und  setzt  eine  Form  sapius  „du  latin 
des  clercs"  an,  deren  Erklärung  ungewifs  und  die  „dans  la  pro- 
nonciation des  clercs"  zu  sabius  geworden  sei.  Den  Anteil  der 
Geistlichen  an  der  Bildung  und  Weiterbildung  des  Wortes  vermag 
ich  mir  nicht  recht  vorzustellen;  die  Hauptsache  aber  bleibt  doch 
dafs  "^sabius   nur  aus   einem  dreisilbigen  *sapius  hätte  hervorgehen 


^BZR  LACT-   cm   1 


bai  isL 

Freund  oder  soost  J 
SDtg&ltigen  Prüfung  wäitSgc,  md  ¡A  k 
SD  vanea  ehe  ae  i     " 
jener  £ 

dafs  sie  riastnàsoil  et  t^^iremf  and  das  x«ale  Wart  h  Dracte 

heïvodiebt.   &o  «-emiwie  k^  da&  nv  die  AbakitI  tkx  SmggeMàoo 

dnichans  fem  gele^eo  bat.  vnd  idi  giari»e  asdi  ttaWifMirt  ktiae 

f  Handhabe  för  t  '  -       -     .  ~ 


Die  Beleaditiing  io  der  A.  Thonaa  ■ 
logieen"  gezeigt  bat,  starnati  xas  eñiei  i 
ei  selbst  ona  im  Dankdn  láü«  (l  Ztscte.  XXIT,  592  lE).  liuwitdwii 
hat  G.  Patis,  mit  dem,  wie  idi  renante,  TVinas  Uer  ñhrtrífwti—M, 
doen  InirzcQ  Bendit  ober  E.W«deden  SAfift:  .Gtefat  cs  Lant- 
gesetze?"  ver&Senllidil  (Rom.  XXDÎ,  583  f),  nd  dardi  diewn  OlOe 
ich  mich  dazu  aogei^  tat  laienaae  laeiiies  Falles  joies  Feld  der 
Prinzipien  dod  mit  einem  Blii±  aas  der  Mflhärpenyetlwe  m  om- 
spanoen  da:^  ich  oft  genug  daidhffl^  iahe  an  midi  vor  der 
EmeaeniDg  solcher  Arbeit  xa  xbaiai.  In  Bezog  asf  das  Vint**n^ 
in  We<i)sslers  Arbdt  weicht  meine  *"'»*'  *aa  der  I^iimdiien 
kanm  ab;  der  Gnmd-  ood  Aafhoii  aber  fordert  airiiDWi  Wìder- 
^rncb  heraus.  Das  Verfaältius  swisdien  der  Praxis  and  áa  ítia- 
lich  verkñndigten  Lehre,  vddies  Wedaslcr  an  die  Spilxe  stcit,  bat 
er  nicht  richtig  tsbÍA:  jene  ist  dieser  Toian^gegangen  —  «iederaai 
geuöge  das  Beispid  *on  Asoolis  «Saggi  ladini"  — ,  diese  ist  nor 
ein  Versuch  jene  za  kodifizieten;  dnrdi  die  Aninahme  wrt  so 
vielem  Abgeüunea  ood  Seit«ätlsli^eDdeii  bâlst  die  Erôrtenn>g  der 
nodi  l^^endigen  oder  wieder  bdebten  Streit&age  sehr  an  Scfaäife 
ein;  diese  ist  zodem  aas  áei  dedoktiven  ^ihäre  in  die  indnktire 
VNpflanzt  und  auf  ein  enges  Gebiet  etngcscbrâakt,  and  damit  laut 
scfa  scbliefslich  die  Absoimbeîl  des  lltds  nidit  verdnigeiL  Aber 
anch  an  sich  geacnnmen  macht  nns  derselbe  za  sdiaflen.  „Gflit 
CS  Lautgesetze?  "  gehört  zu  den  T.x istJ-nciaHragwi.  ood  diese  haben 
den  allgemeinen  Sinn:  „ist  etwas  in  der  VorstdloDg  VotitandMies 
auch  in  Wirklichkeit  vorhanden l"*.  Die  beiden  Arten  des  Vor- 
handentetos  scheiden  sich  deulltch  z.  B.  iu  äei  Frage:  »gibt  es 
Centaaren?",  in  der  Dosrigen  flieisen  sie  ineinand«:  ober.  Idi 
vermute,  dct  Ver^sser  hat  mit  dei  Tltet&age  besageo  wollen:  «ver- 
flieot  das  was  als  Lautgesetze  gilt  [ihm  selbst  gdten  durchaus  nicht 
alle  Lant^-eränderungeD  ab  solche],  diese  Bezeichcncg?";  dann 
wenigstens  wäide  das  letzte  Woit  dei  Schrifl  dazu  stimmen:  „In 
diesen  Sinn  kòacen  «»ir  nach  wie  vor  von  .Lauigeseucn'  sprechen." 
Der  betrefende  Sinn  ergibt  sieb  aus  einer  bestimmten  Definition 
des  Wortes   „Gesetz".     Aber    dei    Aasdruck    „Laulgesetze"    bl^t 


254 


H.  SCHUCHARDT, 


mehrdeutig:  Wechssicr  selbst  gibt  zu  dafs  die  zunächst  danintet 
zu  verstehenden  empirischen  GesoUe  durch  kausale  ïu  ersetzen 
seien;  es  sind  andere  Lautgesetze  denkbar  als  die  der  Laat- 
geschichte,  und  die  Entstehung  des  Ausdrucks  —  nach  VVechssler 
ist  es  eine  Abkürzung  aus  „  Wohl  lau  tsgesetz"  —  macht  uns  ihn 
nicht  annehmbarer,  tio  viel  also  stellen  wir  (est  dafs  hier  ein 
Strtit  um  Worte  vorliegt,  und  die  steten  Mifsverstaudnisse  über 
die  man  sich  beklagt,  sind  die  fast  notwendige  Folge  der  Freiheit 
die  sich  Jeder  nimmt  ein  Wort  so  oder  so  zu  deuten,  einen  Be- 
griff so  oder  so  zu  bezeichnen.  Auch  in  den  Aufserungen  voa 
G.  Paris  über  die  Wechssl ersehe  Schrift  ist  das  terminologische 
Element  nicht  reinlich  ausgeschieden,  obwohl  er  selbst  alle  Ein- 
Wendungen  von  der  eioen  Seite  auf  ein  Mifsverständnis  zurück- 
führt. Die  I^sung:  „i!  y  a  des  lois  phonétiques,  et  ces  lois,  comme 
telles,  ne  souffrent  pas  d'exception"  betrachtet  er  „corame  tellement 
évidente  qu'il  suffit  de  l'énoncer  pour  qu'elle  s'impose".  Der  Um- 
stand dafs  sie  sich  eben  nicht  Allen  aufgedrängt  hat,  spricht  schon 
genügend  für  ihre  Nicht-evidenz,  diese  ergibt  sich  aber  direkt  aus 
der  Möglichkeit  ihrer  verschiedenen  Interpretierung.  G.  Paris  sagt; 
„il  faut  prendre  ici  le  mot  de  lois  dans  un  sens  particulier  et 
restreint";    und   wem    will    man  es    verbieten  die  „dérogations  que 

l'on  constate    dans    toute  langue  aux  lois  qui  régissent les 

mutations  phonétiques"  mit  dem  Namen  „exceptions"  zu  belegen? 
W.  Wundt  Völkerpsychologie  (1900)  I,  i,  350  sagt  dafs  bei  den 
empirischen  Gesetzen,  zu  denen  die  „Lautgesetze"  zu  zählen  seien, 
„von  einer  ausnahmslosen  Geltung  unter  keinen  Umständen  die 
Rede  sein  könne".  Wenn  G.  Paris  meint  dafs  die  „dérogations" 
deshalb  nicht  als  „exceptions"  zu  gelten  hätten  weil  —  er  bebt 
dies  in  der  Schrift  hervor  —  „elles  n'ont  jamais  un  caractère  pho- 
nétique", so  liegt  hier  ein  Zirkelschlufs  zu  Grunde;  er  betrachtet 
die  phonetischen  Derogationen  nicht  als  solche,  sondern  als  Laut- 
gesetze die  sich  mit  den  andern  Lautgesetzen  kreuzen.  Noch  unsicherer 
ist  der  Standpunkt  Wechsslers;  indem  er  die  „Lautgesetzlichkeit", 
die  „Ausnahmslosigkeit"  nur  gewissen  Lautveränderungen  zugeslebt, 
andern  nicht,  werden  ohne  Weiteres  diese  Prädikate  auch  für  die 
ersteren  aufgehoben  oder  doch  in  Frage  gestellt.  Die  Erwägung 
dessen  was  „characlère  phonétique"  ist,  führt  uns  übrigens  aus  den 
Worten  in  die  Dinge;  es  handelt  sich  hier  um  den  Ursprung  der 
Lautwandlungen.  Insofern  ich  mir  sie  innerhalb  des  Gesprochenen, 
wie  innerhalb  der  Sprechenden  allmählich  sich  ausbreitend  vor- 
stelle, solile  ich  auf  die  Zustimmung  von  G.  Paris  rechnen  dürfen. 
Denn  er  denkt  über  Mundartenbegrenzung  im  Wesentlichen  wie 
ich;  und  mit  Recht  hat  Wechssler  den  innigen  Zusammenhang 
dieses  Problems  mit  dem  andern  anerkannt,  daher  auch  dessen 
freilich  schon  dem  Ausmafs  nach  unzureichende  Behandlung  in  die 
des  letzteren  eingcschallet.  Femer  räumt  G.  Paris  ein  dafs  die 
Lautgesetze  niemals  unter  zwei  gleichen  Bedingungen  wirken;  und 
wenn   er  endlich   sie   nur  als  das  Ergebnis  von  Konstatierungea 


J 


ÜBER  LAUT-   UND   BEDEDTDNOSWANDEL.  Î55 

innerhalb  der  Vergangenheit  bezeichnet  und  sie  zu  Anwendungen 
auf  Zakünfliges  für  ungeeignet  erklärt,  so  denkt  er  vielleicht  auch 
an  den  GegensaU  ïwischen  den  voUendelen  Thatsachoii  und  den 
voran fgegangenen  En twickel ungen.  Wie  sich  zu  alledem  das  Fest- 
halten an  Jener  starren  Formel  schickt,  vermag  ich  nicht  zu  be- 
greifen. Schliefslich  uieint  G.  Paris:  „nier  quii  en  existe  [Laut- 
gesetze] ce  serait  admettre  dans  une  évolution  naturelle  des  faits 
fortuits,  c'est-à-dire  des  effets  sans  cause,  ce  qui  est  absurde". 
Damit  sind  wir  wieder  mitten  im  Wertstreit  drin.  Läugne  ich  die 
ExisteiiE  von  Lautgesetzen  oder  dtr  Lautgesetze  (was  auch  nicht 
ganz  dasselbe  ¡st  —  Wcchssler  spricht  etwas  allzukurz  von  „Geg- 
nern der  Latitgeselze")?  Gewifs  nicht  die  jener  kausalen  Gesetze 
tun  die  es  sich  im  Zusammenhang  der  angeführten  Worte  streng 
genommen  nur  handeln  könnte.  Offenbar  aber  bezieht  sich  G.  Paris 
auf  ihre  bunten  Wirkungen  und  die  erkenne  ich  als  That- 
sadien  an,  spreche  il)nen  aber  den  Charakter  von  Gesetzen  ab. 
Gerade  weil  mir  alle  Lautgeschichte  von  unbedingter  Gesetzmäfsig- 
kdt  durchwaltct  erscheint,  wehre  ich  mich  gegen  eine  Ausdrucks- 
weise welche  die  Gesclzmáfsigkeit  auf  gewisse  an  die  ObErdäche 
tretenden  Erscheinungen  beschränkt  oder  doch  in  ihnen  gesteigert 
sein  läfst.  Von  jener  Gesetzmäfsigkeit  darf  man  sagen  dafs  sie 
evident  ist;  denn  sie  bildet  einen  Teil  derjenigen  Geselzmäfsigkeit 
der  alles  Geschehen  unterworfen  ist.  Auch  anderswo  gibt  es  für 
die  wissenschaftliche  Erkenntnis  kein  Gesetzloses,  keinen  Zufall, 
keine  Ausnahme;  wollte  man,  mit  irgend  welchen  Ausdeutungen, 
dergleichen  anderswo  finden,  so  würde  man  es  sicher  auch  in  der 
Lautgeschichte  finden  können.  Die  Betonung  der  absoluten  Gesetz- 
mäTsigkeit  des  Lautwandels  mochte  —  freilich  nicht  in  der  be- 
liebten Formulierung  —  gewissen  Aufstellungen  und  Verfahrungs- 
weisen  früherer  Zeilen  gegenüber  berechtigt  sein,  heute  kann  sie 
keinen  andern  Sinn  und  Zweck  mehr  haben  als  die  Geseizmäfslg- 
keit  auf  andern  Gebieten  zweifelhaft  erscheinen  zu  lassen,  beson- 
ders auf  dem  des  Bedeutungswandels.  W.  Wundt  Völkerpsycho- 
logie 1,  II,  4JZ  nennt  es  auffallend  dafs  manche  Sprachforscher 
liier  von  einer  ähnlichen  Geselzmäfsigkeit  wie  auf  dem  Gebiete 
des  Lautwandels  Nichts  wissen  wollen,  und  ebend.  S.  437  stellt  er 
die  Forderung  auf  „dafs  der  Bedeutungswandel,  ebenso  wie  der 
I^Qtwandel,  überall  einer  strengen  Geselzmäfsigkeit  unterworfen 
Hi,  deren  Erkenntnis  nur  in  vielen  Fällen  durch  die  Konkurrenz 
"•annigfacher  Ursachen  verschiedenen  Ursprungs  erschwert  ist". 
^i  jeder  etymologischen  Untersuchung  sind  I-autwandel  und  Be- 
•fe  a  längs  Wandel  miteinander  in  Einklang  zu  bringen;  unkritisch  ver- 
'äfart  wer  den  einen  über  den  andern  vernachlässigt.  Wird  den 
■•f-anigesetzen"  das  alleinige  Bestimmungsrecht  zuerkannt,  dann  ver- 
^Ofacht  sich  allerdings  unsere  Arbeit  in  handwerksmäfsiger  Weise. 
"ir  brauchen  uns  z.  B.  über  die  Herkunft  von  aUer  nicht  mehr 
'**^*ï  Kopf   zu    zerbrechen;    wie    trouver    auf  "tropart    zurückgehen 


256 


NACHTRAG  ZU  ZRITSCHR.  XZV  94 — IOC. 


mufSy    so  aller  auf  *  alar  e  (zu  ah  fus)  oder  *allare  (zu  allaius,  wie 
span.  port,  legislar  zu  legislado). 

(Zu  Rom.  XXX,  154.) 

Ich  hatte  gemeint  dafs  die  Gründe  mit  denen  ich  meine 
romanischen  £t3m:iologieen  stütze,  berücksichtigt  zu  werden  ver- 
dienen. Á.  Thomas  ist  nicht  dieser  Ansicht  Der  Beschuldigung 
des  Dogmatismus  widerspricht  er  nicht,  er  bestätigt  sie:  „la  science 
a  parlé  par  la  bouche  de  M.  Gaston  Paris  ...  je  ne  crois  pas 
qu'il  y  ait  lieu  à  revision''.  Von  nun  an  sollen  also  die  wissen- 
schaftlichen Fragen  ex  cathedra  entschieden  werden. 

H.  SCHUCHARDT. 


Nachtrag  bu  Zeitsehr.  XXV  94—100. 

Zu  der  Aufzählung  der  Handschriften  der  Prosaaaflösang  auf  S.  loi 
fuge  ich  hinzu,  dafs  die  ehemals  Pannier  gehörige  Handschrift  sich  jetzt  am 
der  National bibliothek  in  Paris  befindet  als  Nouv.  acq.  fr.  4083,  15.  Jahr- 
hundert, und  wirklich  unsern  Text  enthält  ;  desgleichen  gehört  auch  die  Hand- 
schrift aus  Besançon  (Nr.  588,  1 6.  Jahrhundert)  hierher,  sodafs  sich  die  Zahl 
der  Handschriften  auf  23  beläuft. 

Die  ebenfalls  S.  lOi  nach  Stengel  erwähnte  Handschrift  Oxford  Douce  337 
enthält  dagegen  nicht  unsre  Prosa,  wenn  auch  einen  Text  verwandten  Inhalts. 
Ebensowenig  hat  die  ebenda  zitierte  Handschrift  Oxford  Laud  622  (662  ist 
Druckfehler  bei  Stengel)  zu  unserem  Text  unmittelbare  Beziehung;  über 
die  darin  enthaltene  (und  mir  noch  aus  6  andern  Handschriften  bekannte) 
Battle  of  Jerusalem  des  Adam  Davy  vgl.  Ward,  Catalogue  of  romances  I  187 
bis  188. 

Ob  ein  in  der  Handschrift  2426  aus  Cheltenham  enthaltenes  Libro  della 
destrucción  de  Jerusalem  in  diesen  Zusammenhang  gehört,  vermag  ich  leider 
nicht  anzugeben. 

Weiter  möchte  ich  noch  auf  die  Berner  Handschrift  537  hinweisen,   die 

aus  dem  14.  Jahrhundert  stammend  einen  deutschen  Text  von  der  Zerstörung 

Jerusalems   enthält.     Zwar   ist   der  Anfang  nicht   erhalten,   doch    stimmen  die 

ersten    vorhandenen   Worte    (sie    sind   gedruckt   in   Herm.   Hagen,    Catalogus 

codicum  Bernensium  (bibliotheca  Bongarsiana),  Bernae  1875,   S.  448)  so  genau 

zu   dem   entsprechenden  Stück  des  provenzalischen  Textes  (Revue  des  langues 

romanes  XXXII  582),   dafs  ich  glaube,  dann  eine  deutsche  Uebersetzung  der 

altfranzösischen  Prosa  vermuten  zu  dürfen. 

An  Drucken  des  Prosaromans  sind  zu  den  S.  JOI — 102  zitierten  noch  die 

in    Brunet,    Manuel    du    libraire,    5.  Aufl.   t.  V  Sp.  1185  — 1188    aufgeführten 

II  Ausgaben  zuzufügen,    die   die  Destruction  als  Fortsetzung  zu  einer  Vie  de 

Jésus-Christ  enthalten.    Ebenda  Sp.  1188  findet  sich  auch  ein  provenzalischer 

Druck  erwähnt. 

Waltusr  Suchixr. 


Max  Niemeyer,  Verlagsbnchliaiidlaiig  in  Halle  a.  8. 


la  eluigcD  Woclien  etscbeint: 

Francesco  Petrarcas   Triinniibe.     in  kritischem  Texte  bersBI 
gegel»en  von  Karl  Apiifl.    gi.  8".     I£t01.     cr.  Mk.  12, — . 

Letzte  ÜVenigfUeiten; 


Romanische  Bibliothek  herausgegeben  von  Wendelin  F»rslei| 
XVII.   CaucbouB  nud  Parturee  des  altfraozösisebeD  Trouve 
Adnii  de  le  Hale  le  llochn  d'Aras  beraUBgegeben  von  Bildoll 
Berger.     ki.  8».     litOU.     Mk.  12— . 

BibliOtheca  Normannica.     Denkmüler  nommoDÍscber  Litteratq 
mill  Sprat-he,  herausgegeben  vnn  11,  Sachier.     Teil  111: 
Lais  der  Marie  de  Franee,  herausgegebeu  von  Karl  WnmkJ 
S".     2.  vermehrte  Anflage.     It'OU.     Mk.  12.—. 

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Handaehriften     herausgegeben     von     Weiidcüu     Filrete^ 
Bd.  IV:  Der  Karrenritter  (Lancelot)  uud  das  Wilbelnisleti« 
(Guillaume  dAiiglelerre).     8".     189Í».     Mk.  20,—. 
auf  Btltteniiapier  Mk.  ■in,—. 

VoretZSCh,   C.     Epische  Htadien.     Beiträge   znr   Gescbiehte  doj 

franziisisehen   Heldensagen   uiid   Heldendiebtnngen. 
Kom|iii9ition  des   Huon  de  Bordeaux  nebet  kritischen  1 
merkuDgen  ttber  Begriffe  nud  Bedeutnng  der   Sagen.    84 
um.    Mk.  10,—. 


!Koinmis9ìon^vei*lagr: 

Förster,  Wendetin.     Cnnserie    philologique    fait«    k    la   Sûeié^ 
Ramond    avec    un    appendice.      L'Etjmologie    dn    francs 
Gatstre.     Extrait  du  Hnlletin  de  la  Socidti   lianinnd.     IBM 
8«     Mk.  1,— . 


Ausgegebefn  den  8.  Mai  1901. 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ÄOMLÄIilSCHE  PHILOLOGIE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  eVSTAY  ORÖBEB, 

PUOFBSSOR   AN   DRR  UNIVERSITÄT   STRASSBURO   I.E. 


1901. 


XXV.  BAND.     3.  HEFT. 


HALLE 

MAX    NIEMEYER. 

77/78  GR.  STEINSTRASSE. 

I9OI. 

Die  Z^ttschrHt  erscheint  in  Banden  (von  6  Heften)  zu  25  Mark. 


INHALT. 

Seite 
P.  Toldo,  Études  sur  la  poésie  burlesque  française  de  la  Renaissance. 

Forts.  (19.  2.  00) 257 

Carolina  Michaelis  de  Vasconcellos,  Randglossen  zum  altportugie- 
sischen Liederbuch.   Forts.  (18.4.  00) 278 

Theodor  Kalepky,  Zur  franzosischen  Syntax  (31.  5.  00)    .    .    •    .    .    322 

VERMISCHTES. 

A.  Horning,  Die  betonten  Hiatusvokale  im  Vulgärlatein  (28.  10.  00)    .  5|l 

H.  Schuchardt,  EccUsia  (30.11.  00) 344 

—  Franz.  bouée }  mhd.  beuchen  (20.  i.  01) 34S 

—  Yxzxiz,  glaive  (20.  I.  Ol) 345 

—  Franz.  breUUe,  bretellüre  (20.  i.  Ol) 346 

—  Franz. //«>  „Scholle"  (20. 1.  Ol) 346 

—  Franz. /t/r^/}(d.  Z><»rii^//)  (20. 1.  Ol) 349 

—  Ischl\ Insula?  {20,\,  Oi\ 349 

—  Fnnz, permaine  (20.  I.  Ol) 3S3 

W.  Meyer -LÜBKE,  luì,  saia,  saio,  frz.  jai>  (28. 11.  00) 3S^ 

—  líAÍ.  usdo,  frz,  huis  {i^,  l.  Ol) 35$ 

BESPRECHUNGEN. 

G.  Weigand,  Teutsch  u.  Popea,  Lehrbuch  der  rumänischen  Sprache 

zum  Schul-  und  Selbstgebrauch  (16.  6.  00) 3^^ 

Ph.  Aug.  Becker,  Paul  Runge,  Die  Lieder  und  Melodien  der  Geilsler 
des  Jahres  1 349  nach  der  Aufzeichnung  Hugos  von  Reutlingen, 
nebst  einer  Abhandlung  über  die  italienischen  Geifslerlieder 
von  H.  Schneegans  und  einem  Beitrage  zur  Geschichte  der 
deutschen  und  niederländischen  Geilsler  von  H.  Pfannen - 
Schmid  (20.7.  00) J^^ 

—  Carl  Voretzsch,  Epische  Studien  (16.8.  00) ^^^^ 

Berthold  Wiese,  Giornale  Storico  della  Letteratura  italiana.  Anno  XVm, 

Voi.  XXXVI,  3;  Anno  XIX,  Voi.  XXX VH,  i;  Supplemento  3. 

1900  (2.  3.;  6.  3.;  12.  3.  01) ^^^ 

W.  Mever-Lübke,  E.  Freymond,  G.  G.,  Romania  No.  115  (28.  11.  00; 

16.  4.  01;  25.  II.  00) ^ 

Berichtigung ^T>^ 


Manuskripte  für    die  Zeitsohrift   sind   an  deo  Heranageb^'^' 
Strafsburg  i.  Eis., 

UniversitätsplatB  8 

zu  senden.  An  die  Verlagsbuchhandlung  Max  Niemeyer  in  TSaO^ 
sind  alle  Honorar  und  SonderabBÜge  angehenden  Anfragen  uB^ 
Wünsche  zu  richten. 


Études  sor  la  poésie  burlesque  française  de  la  Benaissance. 

(Suite.) 

Les  paradoxes. 

Les  pièces,  que  nous  allons  examiner,  ne  sont  pas  toutes,  à 
vrai  dire,  des  paradoxes,  selon  l'acception  commune  de  ce  mot, 
mais  elles  renferment  toutes  une  exagération  évidente,  qu'on  ne 
saurait  definir  autrement  On  sait  que  le  paradoxe  n'était  pas  in- 
connu à  l'antiquité  classique;  nous  verrons  souvent  les  poètes  bur- 
lesques citer,  avec  complaisance,  leurs  ancêtres  grecs  ou  latins  et 
parfois  en  exagérer  le  nombre  et  le  caractère.  Toutefois  c'est  sur- 
tout en  Italie  que  ce  genre  littéraire  crût  d'une  vigoureuse  poussée 
et  Ton  aurait  beaucoup  de  peine  je  ne  dis  pas  à  analyser,  mais 
seulement  à  citer  toutes  les  compositions,  dans  ce  goût  Louer 
tout  ce  qui  paraissait  le  moins  digne  de  louange,  ou  blâmer  ce 
qne  tout  le  monde  croyait  digne  de  respect  et  même  de  révérence, 
révéler  l'esprit  souple  du  sophiste  dans  la  démonstration  de  l'absurde, 
rompre  en  visière  à  la  vérité  et  au  bon  sens,  se  moquer  de  toute 
chose,  des  misères  de  la  vie  aussi  bien  que  des  malheurs  les  plus 
^reux,  et  les  plus  dignes  de  compassion  voilà  les  éléments  con- 
stitutifs de  ce  genre.  11  y  a  sans  doute  beaucoup  de  légèreté 
forale  dans  ces  plaisanteries,  mais  il  ne  faut  pas  oublier  que  le 
"re,  ce  remède  prôné  par  Rabelais,  aide  à  supporter  les  douleurs, 
qoi  nous  accablent  et  il  ne  faut  oublier  non  plus,  que  sous  le  voile 
^^  la  facétie  et  de  l'extravagance,  on  rencontre  parfois,  je  ne  dis 
P^  fort  souvent,  quelques  vérités  assez  profondes. 

Le  paradoxe  neurit  en  Italie  surtout  au  XVI*^  siècle  et  le  Bemi 
^  toujours  là  au  premier  rang.  Nous  l'entendons  chanter  la  pesti- 
lence, cette  épidémie,  qui  ravageait  de  son  temps  le  midi  de 
'"Europe  et  à  laquelle  il  dédie  deux  capitoli,  ce  qui  constitue  un 
Véritable  tour  de  force.  La  première  argumentation,  en  faveur  de 
J^  thèse,  c'est  à  peu  près  la  même  que  le  Manzoni  met  dans  la 
^<^^che  de  Dom  Abbondio: 

yyPrìma  che  porta  via  tutti  i  furfanti 

Gli  strugge,  e  vi  fa  buche,  e  squarci  drento, 

Come  si  fa  dell'  oche  1'  Ognissanti." 

7'^  le  Berni  contìnue,  en  énumérant  tous  les  bienfaits  de  cette 
"^nédiction  du  ciel.  Les  églises,  par  exemple,  se  vident  et  l'on 
P^Ut  s'y  promener   à  son  aise,   ce   qui   devait  constituer  un  bon- 

^eitichr. L  rom. PhiL  XXV.  ^^ 


258  p.  TOLDO, 

heur,  fort  énìgniatique  pour  nn  écrivain,  dont  le  sentiment  religieux 
était  plus  que  douteux,  les  lois  perdent  leur  force  (étrange  bien, 
pour  l'ennemi  de  tout  „(nrfante"!),  on  f>eut  se  passer  de  tout  tra- 
vail et  vivre  à  son  aise,  sans  compier  que  c'est  là  le  temps  pro- 
pice, pour  attraper  une  bonne  charge,  ou  un  héritage.  Ces  deux 
Capìtoli  pourraient  s'appeler  l'bymaii  de  lY-goïsme,  si  l'on  n'avait 
tort  de  prendre  au  sérieux,  ce  qui  a  élé  composé,  dans  un  but 
tout  à  fait  plaisant. 

Il  y  a  moins  de  paradoxe,  ou  pour  mieux  dire  le  paradoxe  se 
transforme  simplement  en  exagération,  dans  les  louanges  onlréei 
que  le  poète  italien  adresse  aux  pèches,  aux  chardons,  au  jeu  de 
la  „primiera"  etc.,  mais  le  paradoxe  réapparaît  dans  ce  qu'il  chante 
d'un  certain  pot  intime  et  dans  son  apologie  de  la  dette,  de 
l'aiguille  et  de  la  pive.  Là  où  le  sujet  manque,  en  lui-même,  d'in- 
spiration comique,  ou  en  retrouve  très  facilement  dans  l'obscénité. 
On  voit  les  choses  les  plus  innocentes  se  prêter,  sous  la  plume 
de  ces  écrivains,  à  des  allusions  et  à  des  transformations  piia- 
pesques,  et  ici  de  même  que  dans  les  „canti  carnascialeschi"  il 
faut  toujours  demoler  l'équivoque,  ce  qui  ne  présente  d'ailleurs 
pas  trop  de  difficulté.  L'équivoque  et  l'obscénité  constituent  donc 
les  éiémenls  les  plus  communs  des  capitoli.  Les  contemporains  et 
les  disciples  du  Öemi  enchérissent  sur  ses  défauts.  Voici,  parmi 
les  plus  connus,  Giovanni  della  Casa,  qui  exalte,  entre  autres, 
les  mérites  de  la  itissa  et  qui  déclare  qu'il  n'y  a  rien  de  mieux 
que  d'être  toujours  fâché.  Il  chante  aussi  les  louanges  du  Four, 
sujet  qui  se  prête  aux  équivoques  les  plus  effrontées.  Varchi 
loue  les  pêches,  les  œufs  durs,  le  fenouil  etc.,  le  Mauro  exalte  la 
fève,  le  deshonneur,  le  lit  et  le  mensonge,  chanté  aussi  par  Vincent 
Martelli,  Molza  fait  l'apologie  de  l'excomunication,  le  Dolce  du 
crachat,  des  cloches  et  de  la  soif,  Louis  Tansillo  trouve  qu'il  n'y 
a  rien  de  mieux  que  la  teinture  des  cheveux  et  de  la  barbe, 
l'Arétin  dédie  des  vera  à  la  fièvre  quarte,  Messer  Bino  au  verre, 
l'Allori  (Bronzino)  à  la  galère  et  au  tapage,  et  plus  tard  Sansovino 
chantera  les  bottes  et  Mathieu  Franzcsi  reviendra  sur  le  sujet  de 
la  goutte  traité  par  Ferrari  et  exaltera  aussi  la  pauvreté,  les  cure- 
dents,  la  toux  et  les  marrons.  On  peut  rappeler  aussi  ce  que  l'on 
écrivit  du  fuseau,  de  la  balance,  des  oignons  etc.  mais  ce  n'est 
pas  dans  mes  intentions  de  pousser  trop  loin  une  telle  recherche. 
Je  n'ai  qu'à  renvoyer  le  lecteur  aux  recueils  les  plus  connus,  savoir 
à  celui  de  Broedelet  (1726  Usecht  al  Reno),  de  Van-der  Bet 
(Leida,  1824)  et  à  un  autre*  qui  démontre  la  grande  popularité 
de  ce  genre  en  langue  vulgaire  et  en  latin,  en  prose  et  en  poésie 
dans  l'Europe  tout  entière.  Il  faut  toutefois  faire  une  place  distincte 
  Anton  Francesco  Grazzini,   plus   connu  sous  le  nom  de  Lasca.* 


I 


4 


'  Voycx  le  récacil  „disscrtationum  ludricnram 
Lngduni  Balav.  165S,  apud  Frana  Hcgerum 
'  Rime  burlesche  c  diz.  Ve  none,  Florence  iSE 


POÉSIE  BURLESQUE  PKANÇAISE   DE   LA   RENAISSANCE.  2^9 

On  voit  qu'il  composait  ses  Càpi/o/i,  quelquefois»  au  moins,  sur 
commande  et  qu'il  choisissait  tout  exprès  des  sujets  arides,  pour 
noir  plus  de  mérite  à  en  fiEÛre  ressortir  le  côté  plaisant.  En  louant 
les  sabots,  il  écrit,  par  exemple,  à  M.  Lorenzo  Scala: 

„Voi  m'  aTete  pregato  eh'  io  componga 
Sopra  un  soggetto  secco  e  senza  rìsa, 
Lorenzo  mìo  ;  Dio  voglia  eh*  io  m'  apponga." 

Cette  composition  du  Lasca  nous  présente  une  autre  source  du 
burlesque.  Pour  démontrer  la  versatilité  de  leur  esprit,  ces  poètes 
combattent  eux-mêmes  bien  souvent  ce  qu'ils  viennent  de  louer  et 
ils  jouent,  par  là,  en  même  temps  le  rôle  d'accusateurs  et  celui  de 
défensears  d'un  certain  sujet  C'est  le  triomphe  du  sophisme.  Le 
Varchi,  par  exemple,  qui  a  chanté,  conmie  nous  venons  de  voir, 
les  mérites  innombrables  des  œufs  durs,  écrit  aussi  un  capìtolo 
contre  son  sujet  „contro  all'  uova  sode'*,  Tansiilo  loue  les  aulx  et 
les  blâme  ensuite;  et  le  Lasca  fait  suivre  à  la  louange  des  sabots, 
le  blâme  de  ces  sabots  mêmes.  £n  outre,  après  avoir  célébré  les 
plaisirs  de  la  chasse,  toujours  avec  la  même  force  de  conviction, 
il  écrit  „In  disonor  della  Caccia'*  et  „la  Iode  del  pensiero"  est 
suivie  par  le  sujet  contraire  „contro  il  pensiero".  11  combat  aussi, 
toujours  pour  démontrer  cette  facilité  d'avocat,  pouvant  démontrer 
le  pour  et  le  contre  d'un  même  sujet,  ce  que  d'autres  poètes  bur- 
lesques avaient  célébré  avant  lui. 

Messer  Giovanni  della  Casa  s'en  était  pris  à  ce  nom  de  Jean, 
qui  formait  son  désespoir  et  notre  Lasca  chante  le  même  nom, 
ïnais  pour  le  louer: 

„Giovanni  è  proprio  un  nome  da  signore, 

Da  re,  da  papa:  e  buon  per  1'  universo, 

Quand'  un  Giovanni  sarà  ìmperadore." 

Mattio  Francesi  avait  célébré  les  gants  et  le  Lasca  écrit  à  M.  Pan- 
dolfo  Martelli  „in  dispregio  de'  Guanti" 

„Voi  mi  fareste  far  quistion  con  Ciano, 
Messer  Pandolfo  mio  caro  e  gentile, 
S'  a  biasimare  i  guanti  metto  mano. 
Paiono  a  molti  un  portar  signorile, 
Ma  io  son  della  vostra  opinione. 
Che  sieno  una  cosacela  brutta  e  vile/' 

et  ainsi  il  continue  pour  plus  de  cent  vers.  Plusieurs  poètes 
»étaient  inspirés  à  la  fidélité  du  chien  et  le  Lasca  compose  un 
^ütre  capitolo  „In  dispregio  de'  Cani"  et  il  loue  les  barbes,  proba- 
blement pour  la  seule  raison  de  démontrer  le  contraire  de  ce  que 
*^  autres,  le  Ferrari  par  exemple,  avaient  soutenu.  Parfois,  malgré 
^  désir  de  la  nouveauté,  ces  poètes  burlesques  se  rencontrent 
daiis  les  mêmes  sujets.  Lasca  chante  à  peu  près  ce  que  M.  Bino 
avait  déjà  célébré  dans  son  „Bicchiere",  lorsqu'il  envoie  „certi  vetri" 
Une  dame  inconnue.     Il   exalte   les   châtaignes   qu'Andréa   Lori 

17* 


26o  p.  TOLDO, 

VBuait  de  célébrer  et  le  Mauro  avait  déjà  parlé  avant  lui  des  plaisirs 
de  la  chasse.  Les  sujets  des  capitoli  du  Lasca  appartiennent 
d'ailleurs  presque  toujours  au  même  type  et  ils  gardent,  pour 
cela,  la  même  physionomie.  Outre  les  sujets  indiqués,  il  chante 
la  Saucisse  aussi  bien  que  Mattio  Francesi,  les  bains  de  l'Arne  et 
ici  il  y  a  même  du  sérieux,  le  jeu  de  la  „Palla  al  calcio"  et  celui 
du  „Maglio",  les  melons,  les  petits  pois,  les  épinards,  le  „Taffe- 
ruglio", les  tourtes,  les  „Pesceduovi",  le  plaisir  de  s'asseoir,  les 
cornes,  la  soupe,  qui  avait  inspiré  aussi  Domenichi  et  le  dépit  où  jl 
rappelle  la  Stizza  du  Della  Casa,  etc.  Il  n'oublie  pas  non  plus 
ce  sujet  rendu  si  célèbre  par  Erasme  de  Rotterdam,  dans  sou 
capitolo  „in  Iode  della  Pazzia",  et  il  en  dédie  un  aulre  ù  „Nannina 
Zinzera  corligiana",  où  le  burlesque  est  remplacé,  par  ce  culte  à 
la  beauté  physique  et  à  l'amour  des  courtisanes,  auquel  notre  auteur 
sacrifiait  aussi  bien  que  les  autres  poètes  de  son  temps.  Matteo 
Francesi  avait  composé  un  capitolo  „contro  lo  sberettare"  et  le 
Lasca  dans  ses  „ottave",  revient  sur  le  même  sujet  „contro  aile 
sberrettate-'.  Les  sujets  du  burlesque  ne  sont  donc  rien  moins 
que  nombreux  et  lorsqu'un  sujet  a  été  mis  à  la  mode  par  un  écri- 
vain célèbre,  les  autres  sont  poussés  ä  s'y  essayer  à  leur  tour. 

Au  milieu  des  tous  ces  poètes,  Ortensio  Lando,  prosateur  de 
beaucoup  de  mérite,  ne  saurait  Ctre  oublié  non  plus;  ses  paradoxes 
devinrent  une  source  inépuisables  pour  tous  les  bateleurs  parisiens, 
débitant  de  même  que  Bruscambille  des  prologues  facétieux,  sui 
les  théâtres  populaires,  ou  tâchant  par  là  d'exciter  la  curiosité  de 
ceux  qui  achetaient  leurs  remèdes  étonnants.  Je  n'ai  qu'à  ren- 
voyer aux  „paradossi  cioè  sententie  fuori  del  común  parere"  de 
l'écrivain  italien.  On  y  trouvera  plusiers  sujets  qu'on  lit  aussi  chez 
Bruscambille  et  chez  ses  confrères  aussi  bien  que  dans  les  prologues 
du  théâtre  de  Larivey.  Rappelons,  au  milieu  de  ces  biztarrie  du 
Lando,  les  éloges  de  la  pauvreté,  de  la  laideur  des  hommes  et  des 
femmes,  de  l'ignorance,  du  manque  de  domestiques,  de  l'exil,  de 
la  prison,  de  la  guerre,  de  „!'  ignobiliià",  de  la  femme  deshonnête, 
de  la  famine,  de  la  lâcheté,  des  pleurs,  de  la  mort,  des  blessures, 
de  l'ivrognerie,  de  la  cécité,  de  la  folie  etc.,  tout  cela  mêlé  á  des 
critiques  burlesques  contre  des  écrivains  célèbres,  savoir:  Boccace 
Cicerón,  Aristote.  Giovanfrancesco  Ferrari,  ce  poète  du  burlesque, 
que  nous  avons  eu  déjà  l'occasion  de  citer,  paraît  s'inspirer  fort 
souvent  à  son  compatriote.  Il  se  moque  de  même  que  lui  de 
Cicerón  et  d'Aristote,  en  employant,  à  peu  près,  les  mêmes  argu- 
mentations et  il  chante  à  son  tour  et  de  la  même  manière  la  laideur 
des  femmes,  la  folie,  le  bonheur  de  vivre  sans  domestiques,  les 
pleurs,  la  cécité,  la  prison,  l'ignorance  et  les  „Fuorusciti"', 

Voilà  le  fonds  constitutif  de  ce  genre  de  plaisanteries  italiermea, 
que  je  vais  examiner,  dans  la  littérature  franvaise,  en  les  divisan^ 


I 


POéSIB   RÜRLFSQUE  FRANÇAISE   DE  LA   RENAISSANCE.  201 

selon  leurs  caractères  différents,  en  chapitres  bien  distincts.  Une  di- 
vision rigoureuse  n'est  pas  d'ailleurs  possible,  car  les  sujets  les  plus 
étranges  et  les  plus  disparates  vont  se  présenter  à  nos  yeux« 


Contre  l'Honneur. 

Âmadis  Jamyn,  le  rival  de  Ronsard,  le  poète  courtisan  de 
Catherine  de  Médias,  de  Charles  IX  et  d'Henri  III,  est  bien  connu 
poor  cette  sorte  de  capitolo  qu'il  composa  contre  l'honneur  et  qui 
n'est,  comme  on  le  sait  depuis  longtemps,  qu'une  imitation  de 
ceux  du  Mauro.  Il  faut  pour  bien  saisir  le  sens  et  le  caractère 
de  cette  imitation  rappeler  à  notre  souvenir  la  pièce  de  l'écrivain 
italien,  laquelle  en  certains  endroits  cesse  d'être  seulement  plai- 
sante, pour  acquérir  une  véritable  importance  satirique. 

Mauro  en  s'adressant  „al  prior  di  Jesi"  lui  dit  que  la  nature 
a  fait  toute  chose  avec  beaucoup  d'à-propos  et  que  ce  sont  les 
hommes,  qui  l'ont  corrompue,  faute  de  la  bien  comprendre  et  à 
cause  de  leurs  vices.  L'auteur  sait  d'ailleurs  qu'on  va  l'accuser  de  folie 
et  d'extravagance  parce  qu'il  blâme  ce  que  tout  le  monde  honore, 
mais  loin  de  se  laisser  imposer  par  l'avis  d'autrui,  il  déclare 
que  s'il  était  pape  ou  empereur,  la  première  chose  qu'il  ferait,  ce 
serait  de  chasser  ou  d'excommunier  cette  sorte  de  maladie  de 
l'honneur,  qui  empoisonne  tous  les  plaisirs  de  l'humanité.  Selon 
1er  partisans  de  cette  divinité  rien  n'est  aussi  beau  que  le  travail 
et  aucune  mort  n'est  plus  glorieuse  que  celle  qu'on  reçoit  sur  les 
champs  de  bataille.  Il  en  est  de  même  de  l'honneur  en  matière 
d'amour;  c'est  lui  qui  nous  défend  tout  plaisir,  de  sorte  que  le 
poète  est  réduit  au  point  qu'il  porte  envie  aux  chiens  et  aux  chats, 
qui  ne  se  soucient  guère  de  ce  fantôme  invisible  et  impalpable. 
Les  chevaliers  n'ont  que  ce  mot  à  la  bouche  et  à  cause  de  lui, 
ils  sont  toujours  prêts  à  se  passer  Tépée  au  travers  du  corps,  c'est 
pour  cela  qu'on  n'entend  parler  que  de  duels  et  de  meurtres. 
Enfin  l'honneur  est  pis  que  la  jalousie  et  que  l'esclavage  même 
et  il  s'apprête  de  le  servir  sur  la  table  de  son  ami  cuisiné,  dit-il, 
comme  il  faut.  Dans  un  autre  capitolo^  Mauro  *  revient  à  la  charge. 
L'honneur,  ajoute-t-il  cause  presque  tous  les  maux  du  mariage, 
Dous  empêche  de  nous  habiller  et  de  nous  déshabiller  à  notre 
^  et  ce  qui  pis  est  c'est  là  la  source  des  guerres,  des  divisions 
des  peuples,   de  la  famine  et  de  toute  sorte  de  misères. 

Le  début  de  Jamyn  peut  indiquer  le  caractère  de  cette  imi- 
tation, car  il  s'agit  bien  entendu  d'une  imitation  et  non  pas  d'une 
traduction  plus  ou  moins  fidèle. 

U  y  a  même  une  certaine  petite  originalité  de  détails,  surtout 
^s  la  conclusion,  mais  tous  les  points  principaux,  que  nous 
venons  d'indiquer,  se  retrouvent  aussi  chez  le  poète  français: 

*  Voyez  Œuvres  poétiques  de  Amadis  Jamyn  avec  sa  vie  par  Colletet 
^  ane  introduction  par  Brunet,  Paris,  1879,  2  vol.  et  l'édition  de  Paris,  1575. 


202  P.  TOLDO, 

„Je  ne  me  plains  d'Amoar,  de  ma  Foy,  ny  de  vous 

Je  tne  plains  de  l'honncuT  <]ui  Dotii  aveagle  tous, 

De  l'Honneut  vieil  Tyran  qui  commande  le  monde, 

Faisanl  que  dessus  luy  toute  chose  se  fonde; 

Et  si  c'est  un  nom  vain  sans  pioñt  ny  plaîsii 

Qui  mei  empescbement  en  l'amoureux  dciir, 

Nom  qui  cause  aojouril'liuy  les  querelles  doutEuses 

Qui  seul  pipe  au  besoin  les  pucclles  honteuses." 

Il  faut  en  convenir:  la  forme  n'indique  aucun  progrès  stir  l'original, 

qui  n'a  pas,  à  son  tour  beaucoup  de  valour.    L'jd<^e  de  l'Honnenr 

faisant    obstacle   à  l'amour  est  répétée  sous  toutes  les  formes  [los- 

aibles,     Jamyn    resume    toutefois    d'une   manière    heureuse    le    long 

discours  de  son  prédécesseur,  pai  une  maxïiae  philosophique,  hicu 

connue  aux  anciens: 

„Et  suivant  la  Nature  on  ne  peut  s'igarer" 

et  les  sentiments    de  l'instinct  naturel    sont   mis   en  contraste  avec  I 

ceux  de  la  loi  humaine.    Quelquefois  il  traduit  presque  á  la  lettre  j 

et,  dans  ce  cas,  le  texte  italien  n'y  gagne  pas  trop: 

„Ce  fantosme  importun  nous  presse  les  talons, 

Il  BOUS  empoigne  au  flanc  par  tout  oii  nous  allons. 

Il  couche  dans  nos  licts,  et,  sorcier  redoutable, 

A  disner,  ä  souper,  s'assied  Îi  nostre  table; 

n  marche  sur  nos  plis,  sani  jamais  estre  lai. 

Et  semble  qu'à  toute  heure  il  devance  nos  pas." 

„Ovunque  per  lo  mondo  il  piS  tì  mena. 

Questo  importuno  honor  li  è  sempre  al  fianco, 

Teco  sen  viene  al  letto,  al  pranzo,  e  a  cena, 

E  mai  di  seguitarti  non  è  stanco. 

Anzi  par  che  '1  tuo  passo  ognor  avanzi, 

Sfarla  1'  arbitrio  di  n^ituta  ir.tnco." 

Aussi  dans  la  comparaison  entre  la  goutte   et  la  fièvre  la  j'alousia  1 

et  l'honneur,  la  traduction  est  littérale,  mais  elle  ne  vaut  point  l'oiH  1 

Jamyn  a  surtout  lo  tort  de  n'envisager  la  plaisanterie  ilalienne 
que  sous  un  point  de  vue  plus  borné  et  il  laisse  de  cóle  ce  que 
le  Mauro  avait  dit  à  propos  de  l'honneur,  qui  nous  pousse  à 
nioiuir  même  pour  une  sottise  ce  qui  constitue  la  partie  seh<k  et 
sérieuse  de  sa  plaisanterie: 

„E  dicon.  che  '1  morir  di  landa  í  bello, 

O  di  colpo  di  stocco,  o  d'  archibugio. 

Come  Fabrìcio,  Cesare,  e  Marcello. 

E  e'  havei  ne  la  schiena  un  gran  pertugio, 

O  nella  pancia  d'  una  colobrìno, 

Tì  Ta  gir  a  le  stelle  senta  indugio. 

O  quanto  più  mi  par  cosa  divina. 

Star  riposatamente  in  quel  mio  letto, 

E  giacer  da  U  »nt  a  la  matlioal" 


r 


POÉSIE  BUKLESQUE   FRANÇAISE   DE    LA    RENAISSANCE.  263 

Est-Cf  que  Jamyn  craignait  blesser  les  sentiments  guerriers  de  la 
France  de  soit  temps,  en  s'inspirant,  ¡ci  encore  au  poêle  itatien? 
J'ai  fait  procéder  la  plaisanterie  de  Jamyn,  parce  qu'elle  est  la 
seule  avec  celle  de  Régnier  qui  soit  connue  et  c'est  la  seule  aussi 
on  le  sujet  italien  paraU  développé  le  plus.  Mais  avant  Jamyn 
le  capilolo  du  Mauro  avait  été  connu  et  imité  en  France  et  plus 
á  la  lettre  encore  que  Jamyn  ne  le  fit  ensoite.  Un  opuscule  publié 
à  Lyon  (De  Tournes,  1547)  renferme  les  éloges  ou  blasons  de  la 
Goutte  et  de  la  Quarte,  dont  le  sujet,  comme  nous  venons  de  le 
démontrer  est  puisé  à  l'Italie  et  une  troisième  pièce  en  vers,  qui 
porte  le  titre:  Blason  dedamataire  au  déshonneur  de  l'honneur,  qui 
est  bien  celui  du  Mauro:   Jn  dishoner  dtlC  honore. 

Rien  ne  pourrait  faire  supposer  que  Jamyn  eût  connu  cette 
composition:  les  deux  auteurs  français  ont  dit  puiser  directement 
k-ur  inspiration  au  capitolo  italien  et  ils  ont  procédé  aussi  d'une 
manière  assez  différente.  Il  faut  toutefois  convenir  que  l'imitation 
de  Jamyn  l'emporte  de  beaucoup  sur  celle  de  son  confrère  de 
Lyon,  Celui-ci  n'écrit  que  pour  démontrer  qu'on  peut  se  moquer 
de  toute  chose  et  il  a  le  tort  de  le  dire: 


„Poétisant  d'Honneur  c 
N'ayant  corps,  n'entre, 


grand  Chimere, 

mondains  moleste: 
oua  je  proleste, 


Et  le  bUsmant, 

Que  je  le  fais  pour  r 

Tont  mettre  on  pieult,  focs  divine  science." 
L'auteur  craint  évidemment  qu'on  ne  l'accuse  d'immoralité  et  l'on 
voit  qu'il  SB  donne  l'air,  ¡tvec  beaucoup  de  sans-géne  de  créateur 
de  ce  beau  sujet.    Après  avoir  déclaré  avoc  Mauro  que  l'Honneur 
n'est  que  vanité: 

„Ne  coBsistanl  en  rien  fors  qu'en  paiole" 
et  qu'on  ne  sait  quelle  est  sa  couleur,  l'anonyme  invite  Pégase  à 
sortir  de  l'Olympe  pour  le  combattre,  et  ce  souvenir  mythologique 
ajoute  encore  à  la  froideur  de  sa  plaisanterie.  D'ailleurs  celle 
invocation  est  tout  ce  qu'il  y  a  d'original,  avec  le  souvenir  d'Eve 
et  d'Adam,  jouissant  librement  de  leurs  amours,  dans  le  Paradis 
terrestre,  pensée  qui  lui  est  suggérée  évidemment  par  ce  que  le 
Mauro  avuit  dit  de  l'âge  de  l'innocence.  Mais  ce  que  Jamyn  laissera 
en  partie  de  côté,  c'est-à-dire  les  maui  que  l'Honneur  cause  à  l'hu- 
manité, abstraction  faite  de  l'Amour,  nous  le  retrouvons  entièrement 
dans  le  blason,  oii  l'on  se  moque  de  ceux  qui  mettent  leur  gloire 
à  mourir  „de  Hacquebuse  ou  lance".  La  plaisanterie  tourne  à  l'ob- 
scénité lorsque  l'anonyme  français,  en  s'éloignant  du  texte  italien, 
recherche  oA  les  femmes  ont  placé  cette  divinité,  mais  dans  la 
conclusion  il  revient  à  Mauro  en  imitant  de  près  quelqueti  ver» 
que  le  poète  italien  avait  insérés  dans  son  deuxième  capilolo. 
L'auteur  italien  déclare  que  s'il  médit  de  l'Honneur  ce  n'est  pan 
qu'il  ne  le  craigne: 


«64  p.  TOttx), 

„Vi  giuro  a  Dio,  eh'  io  noD  ho  pelo  addotso 
Che  non  s' imccì  quand'  esso  mi  tocca  . . ." 
et  le  poète  français: 

„Qnoy  que  ci?  soie  tant  la  ñaesae  el  rase 
De  cesi  Honneur  me  (ait  craindre  et  m'amuse 
Que  louteafoii  qu'il  vient  au  devint  moy, 
Tremble  de  peur  et  sois  en  tel  esmoy 
Que  tous  plaisirs  je  laisse  pour  le  suyvre 
Ayinanl  plus  lost  mourir,  que  sans  lay  vivr«." 

Cest  là  une  déclaration  bien  plus  complète  que  celle  de  son  de- 
vancier italien,  qui  est  loin  de  duclarer  si  franchement  d'en  suivre 
toujours  les  lois. 

Théophile  Viaud,  à  son  tour,  revîeni,  après  les  deas  écrivains 

français,  sut  ce  sujet  (cfr.  éd.  Jan  net  1856).  Dans  une  satire  d'un 
caractère  général,  où  il  peint  toutes  les  folies  de  l'humanité,  il 
n'oublie  pas  celle  de  s'exposer  aux  dangers,  pour  le  vain  plaisir 
de  la  gloire: 

„Cesluy-cy  veut  poursuivre  un  vain  liltre  de  vent, 

Qui  pour  BOUS  maintenir  nous  perd  le  plus  souvent, 

Il  s'allache  ï  l'honneur,  suit  ie  destin  severe 

Qu'une  sotte  costume  ignorammeol  revere. 

De  sa  condition  je  prise  le  bonheur, 

Et  trouve  qu'il  fait  bien  de  mourir  pour  l'hontieur." 

Rappelons  aussi  la  VI"  satire  de  Régnier,  successeur  immédiat  du 
Mauro  et  de  Jamjn  et  ce  qu'Antoine  de  Baif  chante  là-dessus,  en 
»'adressant  A  une  dame: 

„Maudit  EQLt  l'honneur  qui  vous  cousle 

La  perte  de  tant  de  plaisir! 

Le  vain  biuit  d'un  vent  vous  digonste 

Du  bien  que  vous  pourriez  choisir." 


Théodore  Agrippa  d'Aubigné,   dans  ses  Tragiques, 
Misirei  de  la  l'rance  (éd.  elz.  p.  67)  s'en  prend,  a 
à  ce  faux  honneur,  mais  sous  un  autre  point  de  v 
qu'il    combat   est   celi 
tant  de  meurtres  et  il  rappelle    par   \k 


1  parlant  des 

z  longuement 

car  l'honneur 

tant  de  duels  et  de 

des  argu  mentati  01 


plus  sérieuses  du  Mauro.  Le  sieur  de  la  Vallctrye  (Paris,  Vallel, 
1602)  dédia  à  son  tour  dix-huit  sonnets  „au  faux  honneur  des 
dames".  C'était  envisager  le  capiloio  du  Mauro,  d'une  manière 
encore  plus  bornée. 

Le  sieur  de  la  Valletrie  débute  en  considérant  lui  aussi  l'hon- 
neur, comme  un  vain  fantôme,  auquel  sa  belle  a  tort  d'ajouter  foi; 

„Madame  que  l'Hooneur  cnipesche  de  bien  faire 

El  de  cueillir  le  fruict  du  monde  le  plus  doul. 

Apprenez  en  cea  vers  ik  rabbalie  les  coups 

Dont  il  assault  l'amour  et  te  pense  défaire. 


POÉSIE   BURLESQUE    FRANÇAISE    DE   I.A    RGNAISSANCE.  265 


Vous  y  verrez  comment  aymer  n'esl  point  foifaiic, 
Comment  l'Honneui  c'est  rien  qu'an  faux  bruit  parmy  vous, 
En  tjoi  vostre  Esprit  croit  pour  n'esttc  pas  resous 
Non  plus  qu'un  cœui  de  femme  en  quelque  bon  affaire  . . ." 

Il  continue  en  expliquant   que  l'honneur  ne  prétend  que  le  secret 


et  qu'il   est  sauf  lorsque   personne 
^la  leçon  de  Tartuffe: 


;  sait  ce  qui 


„Le  reproche  d'Hontieur  pour  les  sottes  fut  faict 
Qui  ne  peuvent  cacher  un  amoureux  ctTecI, 
On  qui  ne  peuvent  pas  s'empechet  de  le  dite: 
Et  non  pour  celle-là  qui  ù  cachettes  rit 
Et  qui  cueille  ä  propos  les  fruicls  qu'elle  desire, 
Cat  l'Honneur  ne  se  perd  que  per  faule  d'esprit." 


AìlletiTs  il  s'en  prend  encore  à  ce  „demon"  qui  remplit  l'esprit  de 
sa  maîtresse  et  dont  elle  devra  se  repentir,  lorsque  la  jeunesse 
l'aura  quittée  pour  toujours.  C'est  le  vieil  argument  des  poètes 
latins:   Jouissons  tant  que  la  jeunesse  nous  sourit: 

„Car  l'Honneur  vous  tepaist  d'une  raison  cornue, 

Aña  que  la  vieillesse  à  votre  front  venue, 

Od  vous  baysse  autant  qu'on  vous  pntle  d'amour." 

S'approchant  du  texte  italien,  le  sieiu'  de  la  Valletrye,  considère 
tous  les  maux,  dont  cet  Honneur  est  la  cause: 

LS  il  s'en  éloigne  bientôt  pour  rechercher  celui  qui  a  ét¿  l'in- 
teur  de  ce  nom  fatal.  Ce  dut  être  quelque  mari  avocat,  vivant 
au  tribunal  et  craignant  que  son  absence  ne  lui  fût  fatale;  ce 
furent  les  femmes  laidc.i,  voulant  se  venger  des  joies,  qui  leur 
sont  défendues.  Enfin  après  avoir  épuisé  tous  les  arguments  pos- 
sibles, il  conclue  que  si  sa  belle  l'aimait  vraiment,  elle  ne  se  .sou- 
derait guère  de  ce  vain  spectre  „cet  Idole  d'Erreur"  (c'est  le  mot 
du  Mauro)  parce  que: 

^,.Un  amour  mediucre  est  subject  à  la  peut, 
Mais  un  amour  ardent  n'eu  fut  jamais  en  peine" 
c'est  là  la  seule  argumentation  qui  ait  quelque  valeur. 
Un  autre  poète,    d'un  mérite  bien  plus  distingué    et  qui  n'est 
guère  connu,  bien  qu'il  soit  digne  d'intéresser  les  savants.  Du  Lorens 
dans  ses  Premières  satires  (i'^"'  du  2""=  livre,  Paris,  1876,    Librairie 


„Que  ta  naissance  fut  aux  hommes  malhi 
Toy  qui  du  nom  d'Honneur  iodignemeal 
Car  tout  ce  qu'il  advient  de  bon-heut  lu 
Fat  le  pouvoit  acquis  i.  ta  loy  rigoureuse; 
Pat  (oy  le  jour  fut  fail  une  nuict  toiclireuse. 
Par  toy  la  liberté  fut  mise  dans  les  fers. 
Les  Paradis  d'amour  d  e  vin  d  rent  des  enfers 
El  l'eau  fui  refusée  à  la  soif  amoureuse." 


206  p.  TOLDO, 

des  Bibliophiles)  en  s'adressant  à  la  Reine  et  dans  un  bat,  qa*on 
verra  bientôt  assez  intéressé,  revient  à  la  charge.  Mais  chez  lai 
le  paradoxe  se  tient  dans  des  bornes  relativement  raisonnablei 
Il  est  d'accord,  par  exemple,  avec  le  Mauro  en  ce  qu'il  Tappdle 
„un  fantastic  idole"  et  qu'il  plaint  tant  de  sang  répandu,  pour  ce 
fantôme  insaisissable,  mais  il  en  comprend  aussi  la  valeur  morale 
et  cette  aspiration  à  la  gloire,  qui  fait  rêver  Dom  Quichotte,  et 
qui  chante  dans  le  cœur  du  soldat: 

„C'est  un  subject  qui  est,  et  jamais  ne  se  voit, 

La  chymere  pour  qui  Dom  Guichote  resvoit  . . . 

C'est  ce  que  chacun  croit,  et  peut  estre  qui  n'est, 

Qui  en  comparaison  passe  tout  interest 

De  bouree  et  de  plabir:  un  fantastic  idole, 

Qui  en  leur  pauvreté  les  pauvres  gens  console 

D'un  doux  imaginer:  au  milieu  du  malheur 

Vous  les  oyez  crier:  „Nous  sommes  gens  d'honneur!" 

C'est  la  splendeur  qui  fait  reluire  les  familles. 

C'est  cette  belle  fleur  que  l'on  recherche  aux  ñlles.'* 

Mais  avec  cela  il  cause  aussi  bien  des  troubles  et  ici  toujours  avec 
une  certaine  originalité,   il  passe  à  envisager  les  différents  aspects 
de  cet  honneur,   selon  les  passions   des  honmies.     Pour  les  maris 
on   comprend   facilement  en  quoi  il  consiste;   pour  les  femmes  ce 
n'est   en  général   que  le  culte   de   leur  beauté,   pour  l'avare  il  ^^^ 
renfermé   dans   son   coffre,   pour   Pamoureux   ce  n'est  que  la  cot^" 
qucte  de  celle  qu'il  aime.     Quant  au  „chevalier  français'*  il 

„le  pose  en  certain  point: 
Qui  des  moins  insolens  la  conscience  point: 
Si  de  la  moindre  injure  ils  ont  quelque  scrupule, 
Ny  les  edicts  du  Roy,  ny  du  Pape  la  bule 
Les  pourront  empcscber  d'en  demander  raison/* 

Enfin: 

„Chacun  court  à  Thonneur,  mais  par  chemins  divers'* 

et  rhy¡)Ocrite  s'en  pique  plus  que  les  autres,  car  son  affectation  d*«^' 
vertu,  qui  lui  fait  défaut,  n'est,  à  tout  prendre,  qu'un  culte  Q*^ 
rend  à  cette  divinité  invisible.  Pour  le  poète  l'honneur  doit  ^^ 
rendu  tout  d*abord  à  Dieu,  ensuite  au  Roi  et  il  le  lui  rend^ 
avec  plus  d'élan,  s'il  ne  devait  lutter  contre  la  misère,  qai 
serre  de  près: 

„Si  j'avois  seulement  la  benediction 

De  vostre  Majesté,  Princesse  liberale. 

Ou  qu'on  vescut  de  chant,  comme  fait  la  cigale. 

Ma  foy,  je  chanterois  à  la  belle  saison; 

Mais  j'ày  l'esprit  brouillé  du  soing  de  ma  maison, 

De  payer  une  rente  au  terme  qu'elle  expire. 

Ce  qui  fait  qu'à  toute  heure,  il  n'y  a  pas  faim  de  rire.** 


i 


I 


POÉSIE   BOKLESQUE    FRANÇAISE    DE   LA    RENAISSANCB,  Zby 

On  voit  que  pour  notre  poète  l'hoiineui  ne  consiste  pas  seulement 
ft  ¿crire  de  beaux  vers,  mais  aussi  à  en  tirer  quelque  profit.' 

Eslemod    dans    son   Espadon    satyrique    (cfr.  l'éd.  de  Cologne, 
1680)  s'écrie  à  son  tour  que 

„L'baaneur  ce  n'est  que  vent,  ce  n'est  que  fumée 
Que  ne  gÍ5t  qu'aui  cffels  d'un  peu  de  reEûmmÎe" 
et  le  chevalier  de  l'Hermite   (cfr.  Meslanges    de  Poësies  héroïques 
et  burlesques,    Paris,   Loyson,   1Ó50)    ne   manque    pas  d'en  vouloir 
lui    aussi    à  cette    fausse    divinité,    qui    empêche    à  sa  belle  de  lui 
démontrer  ses  tendres  sentiments  à  son  égard; 

„Le  charme  de  l'honneur  csl  im  cbaime  imparfait 
Qui  doit  lier  la  langue  et  non  pas  ton  euviel  . . ." 
Enfin  il  fallait  bien  qu'il  y  eât  au  milieu  de  tant  de  blasons  in- 
jurieus  contre  ce  pauvTe  honneur,  quelqu'un  qui  en  prît  la  défense 
et  en  elTct  après  tant  de  critiques,  nous  voyons  un  conlcmporain  de 
Ronsard,  Jacques  Pelletier  qui  en  chante  „la  louange"  en  1581. 
Cet  éloge  est  pris  au  sérieux  et  n'a  rien  à  voir  avec  le  burlesque, 
qui  nous  occupe,  dans  ce  moment  Mais,  disons-le,  en  passant,  la 
défense  ne  vaut  guère  l'accusation. 


Apologie  de  quelques   défauts  d'ordre  moral 
et  des  misères  de  la  vie. 
Du  Bellay  exalte  la  médisance; 

„Parce  qu'en  mesdisant  on  dit  le  vËriM" 
et  il  suit  partant  jusqu'à  un  certain  point  le  procédé  contraire  de 
celui  du  Mauro,  le  défenseur  du  mensonge.  £l  le  mensonge  trouva 
lui  aussi,  quelque  temps  après  et  en  prose  son  apologiste  français, 
qui  sut  donner  à  une  inspiration  générale  empruntée  évidemment 
à  son  confrère  d'Italie,  un  aspect  plus  varié  et  un  développement 
plus  considérable.  Si,  selon  l'opinion  des  philosophes  dit  l'ano- 
nyme, les  choses  les  plus  estimables,  sor.t  celles,  qui  apportent  le 
plus  d'utilité  à  l'homme,  rien  ne  devrait  être  mis  au  dessus  du  men- 
songe. „Tous  les  Chaldecns.  Egyptiens,  Grecs  et  Romains,  re- 
cognoissans  que  la  vérité  estoit  par  trop  foible  pour  retenir  la 
populace  en  bride,  ont  forgé  des  religions  d'une  infinité  de  men- 
songes, ont  faict  un  Jupin  avec  un  foudre  A  trois  poincles,  Neptune 
avec  un  trident,  Cupidon  avec  des  sagetles  .  .  Numa  Pompilius 
donna  un  plus  ferme  establissemenC  à  ces  lois  et  à  sa  grandeur  . . . 
avec  Egèrie  .  .  Autant  en  fit  Minos  en  Crete,  Solon  à  Athènes, 
Xicnrgne,    Zoioastre,    Mahomet  .  .     Les   chefs    de   guerre    et    les 

1  ■  DaoB  les  saUres  de  Du  Lorens  (La  Vn<  de  l'éd.  du  Bibliophile.  1S76) 

I   Uacelte  s'ícríe,  en  s'adressant  Ì  tine  jeune  fìlle,  qu'elle  veut  corrompie: 

„Quittez  ce  point  d'honneur,  qui  les  esprits  empiche" 
.    I   ici    il    n'est  pas    question  d'aa  païadoxe  on  d'une  plaisanterie,    bien  que 

I  nnipitstioo  »oit  toujours  U  tntme. 


268  p.  TOI  DO, 

financiers  en  leurs  fonctions  en  ont  grand  besoin,  les  jnges  en  l'ad- 
rainistralion  de  leurs  charges  efre."  Il  en  est  de  môme  des  avocats, 
qui  sans  voiler  la  vérité  ne  sauraient  plus  comment  s'y  prendre 
pour  la  défense  de  leurs  clients,  des  marchands  qui  doivent  y 
avoir  recours  pour  débiter  leurs  marchandises  et  des  amoureux, 
í¡ui  vivent  dans  un  mensonge  continuel.  Pour  ce  qui  est  des 
courtisans  ils  „seroienl  tenus  pour  vrais  marjoles  et  pescheurs  d'es- 
crevices,  s'ils  ne  pratiquoient  ce  beau  role,  auquel  par  manière  de 
commentaire,  ils  joignent  la  dissimulation,  sa  cousine  germaine  en 
ligne  directe  et  colaterale".  Et  quoi  dire  des  médecins,  des  maris, 
et  des  femmes?  Et  il  conclue  non  sans  une  poinle  de  malice  „si 
la  vérité  n'a  point  besoin  de  l'éloquence,  il  faut  bien  par  nécessité 
que  l'éloquence  serve  au  mensonge,  autrement  elle  seroit  inutile". 

L'inspiration  italienne  paraît  évidente  lorsqu'on  lit  l'éloge  de 
la  vérilé  qui  suit  immédiatement  c'est  á  dire  cetle  demonstration 
du  contraire,  à  laquelle  ont  recours  si  souvent  les  auleurs  bur- 
lesques de  la  Péninsule. 

La  Pauvreté  trouva  à  son  tour  en  France  deux  avocats  p!u3 
ou  moins  convaincus,  comme  elle  en  avait  trouvé  un  en  Italie, 
en  Messer  Mathieu  Francesi  .  .  Reray  Belleau  et  Jean  Godard  en 
entreprirent  la  défense,  en  employant,  à  peu  près,  les  mi^mcs  argu- 
mentations, mais  sans  se  montrer  trop  enthousiastes  de  la  loger 
chez  eux.  Godard,  par  exemple,  soudent,  de  même  que  Francesi, 
qu'elle 

„est  honncstc  et  vcrtusuie 
Cai  elle  Aiil  lousjoDre  les  fc?stitis  el  banquets  . . ." 

et  que  nous  avons  là  par  conséquent  i'ennemie  naturelle  de  tous 
les  vices  et  surtout  de  l'orgueil: 

,JI  n'y  a  tien  qui  soil  sous  la  cape  des  deux 

Qui  se  monître  plus  doux,  plus  humble  et  gracieui." 
Elle   se  moque    des  rêves   ambitieux,    aime  le  travail,    se  contente 
de  fort  peu  de  chose,  mais  malgré  tout  cela,  le  poète,  en  véritable 
ingrat,  ose  ajouter: 

„Quant  D  mont  respect.  Vierge,  je  te  supplie 

De  lascher  un  petit  ta  chaîne  qui  mt  lie 

El  me  strre  trop  fort." 

Je  ne  sais  jusqu'à  quel  point  l'Allori,  et  G.  F.  Ferrari  qui  chan- 
it^rent  les  délices  de  la  Galea  étaient  convaincus  des  mérites  réels 
de  leur  sujet.  Toujours  est-il  qu'ils  trouvèrent  á  leur  lour  un  imi- 
tateur au  delà  des  Alpes,  en  Jean  de  la  Jessée  (Premières  œuvres 
françaises,  Anvers,  1583),  l'arai  de  Ronsard,  de  Belleau  et  de  Du 
Bellay.  Jean  de  la  Jessée  suivit  de  près  la  mode  d'Ilalie  en 
chantant  ensuite  le  contraire  de  ce  qu'il  venait  de  louer,  mais  il  y 
eut  en  cela,  outre  que  l'esprit  d'imitation,  des  raisons  tout  à  fait 
personnelles.  Peut-5lrc  était-il  plus  convaincu  du  blâme  que  des 
louanges  et  fort  repenti  même  de  ces  dernières. 


POÉSIE  BURLESQUE   FttAXÇAlSE   ÜK   LA    REíNAlSSANCE. 


269 

1  i'm- 


Le  Ferrari,  dans  son  eapitalo  ,4n  lode  della  prigione",  1 
spiratìon  du  Lando  me  paraît  évidente,  déclare  qu'il  n'y  a  nen  de 
plus  beau,  à  son  avis,  que  de  vivre  dans  un  lieu,  ofi  l'on  n'a  pas 
de  voleurs  à  redouter,  oii  l'on  est  à  l'abri  des  guerres,  des  ¡inputs, 
des  domestiques  et  des  vices.  N'est-ce  pas  une  marque  de  dé- 
férence l'escorte  de  soldats  qui  vous  suit  partout  et  l'histoire  n'est 
pas  là  avec  Régolus,  pour  vous  assurer  que  les  héros  peuvent  bien 
y  vivre  et  y  mourir?  L'Allori,  á  son  tour,  dédia  à  la  Gaha  un 
véritable  pelit  poème,  mais  entre  l'acception  de  prison  cl  de  Gaita, 
il  y  a  des  différences  assez  sensibles.  Lequel  de  ces  deux  modèles 
a  été  suivi  par  De  la  Jessée? 

Je  ne  suis  à  même  de  pouvoir  le  déterminer.  Rien  de  pins 
évident  que  cet  air  de  famille  qui  unit  ces  quatre  pièces:  le  poète 
fiançais  loue  par  exemple,  de  même  que  ses  devanciers,  la  prison 
parce  qu'on  y  vit  en  parfaite  sûreté  et  parce  qu'on  y  acquiert 
maintes  vertus,  savoir  l'humilité  et  la  sobriété.  Tous  les  trois 
tombent  aussi  d'accord  dans  le  tableau  qu'ils  nous  offrent  des 
ennuis  de  la  vie  libre,  en  faisant  par  là  ressortir  la  paix  et  la 
douceur  du  contraire  et  ils  n'oublient  pas  non  plus  l'honneur  du 
cortège  des  gardes.  Le  capitolo  de  La  Jessée  hl'  manque  pas  d'un 
certain  mérite  littéraire  et  renferme  aussi  des  idées  assez  originales. 
Il  commence  par  poser  une  question: 

„Si  les  biciia  et  joyeaus,  es  maisons  reccllci, 

SoDt  beaucoup  moins  commans  et  de  plus  chère  garde 

Que  CGUS  que  le  vulgaire  es  bouliques  regarde  . . . 

Qu'il  vaut  miens  eslre  en  asseoiance 
Dans  une  close  demeurante, 
Que  vivre  au  large  cl  n'eatie  pris?" 
La  terre  elle-niêrae  n'est  après  tout  qu'une  prison;  l'âme,  qui  nous 
rapproche  de  la  divinité,  est  renfermée  dans  le  corps  et  quoi  qu'on 
dtee  contre  la  prison,  elle  ne  cesse  d'avoir: 
„...  csli  dans  ce  monde 
Le  séjour  des  herautz  de  Dieu: 


Et  q 


3  fill.  Diet 


les   plus  célèbres, 
i  le  souvenir  du 


E^al  â  son  Pere  supresme 
N'ait  eu  patience  en  ce  lieu.' 
I^  Grèce  et  Rome   virent    souvent    leurs  héros, 
renfermés  entre  les  murs  ¿traits  d'un  cachot  (et  ii 
Lando  et  du  Ferrari   me  paraît  plus  que  probable);   le  dieu  Mars 
ltii>môme  y  demeura  quelque  temps  et  d'ailleurs: 

„L'advcraili  n'esbraole  un  homme  gcncreus; 
Le  serrage,  les  cepz,  les  chuisnes,  les  menottes, 
Font  seulement  frayeur  ä  ces  personnes  sollcs, 
Pleines  de  lâcheté,  voire  d'un  cieur  peureus." 
Voilà  une  pensée  sérieuse  une  pensée  d'Horace,  qui  vient  se  mCIer 
t  ä  propos,   à  la  plaisanterie  du  sujet. 


270  p.  TOLDO, 

Dans    la  Conlreprison    il    y    a    un    souvenir    direct  de  Tltalie 
lorsque  la  poète  rappelle: 

,,Les  sdngties  (stinche)  de  Florence  et  les  cachots  de  Monee** 

et  le  burlesque  ici  nous  présente  un  aspect  assez  curieux  en  ce  qae 
La  Jessée,  après  avoir  chanté  la  prison,  dut  en  éprouver  la  rigueur. 
C'était  un  tour  de  la  destinée.  Ce  n'est  pas,  s'écrie  La  Jessée  un 
lieu  fait  pour  les  hommes,  aimant,  de  leur  nature  même,  la  liberté 
et  en  laissant  de  côté  toute  plaisanterie,  il  ajoute: 

„Voyla  pourquoy,  si  j*en  sors  désormais, 

Je  ne  veas  point  y  retoamer  jamais, 

Fuyant,  hlamant,  sa  loge  et  ses  retraittes; 

Et  franchissant  le  Guichet  je  criray 

Adieu  paniers,  les  vendanges  sont  faîttes." 

Les  injustices  des  gens  de  robe  et  les  misères  des  plaideurs  a\'aient 
inspiré  à  leur  tour  et  fort   souvent   la  muse   satirique,    comique  et 
burlesque  des  poètes  des  deux  nations,  mais  personne,  avant  Jean 
Passerat,  n'avait  songé  de  rechercher  la  diviniU  des  procès.    C'est  là 
ce  que  l'écrivain  français  fait  avec  beaucoup  d'adresse.     De  même 
que  les  mystères  sacrés,  remarque-t-il,  on  traite  les  procès: 
„En  toute  reverence  et  grande  cérémonie 
Pour  rendre  leur  venue  aux  mortels  incertaine 
Les  Dieux  les  viennent  voir  ayant  des  pieds  de  laine, 
Les  procès  au  venir  marchent  si  doucement 
Qu'ils  ne  sont  entendus  pour  le  conmiencement, 
Puis  d'un  son  esclatant  leur  presence  est  connue, 
Les  Dieux  et  les  Procès  sont  voilez  d'une  nue." 

On  sait  comment  les  divinités  se  querellaient  entre  elles  du  temps 
du  siège  de  Troie.    11  en  est  de  même  des  avocats,  qui  s'injurient 
au  barreau,  paraissant  même  devoir  venir  aux  mains: 
„Et  au  sortir  de  là,  ils  s'en  vont  boire  ensemble.** 

Les  Dieux  vendent  leur  aide  aux  mortels  à  un  prix  parfois  très 
élevé  ;  il  faut  les  supplier  longtemps,  les  adorer  dans  leurs  temples 
et  songer  toujours  à  eux: 

„Avant  que  par  procès  soit  riche  une  partie 
Il  se  faut  coucher  tard,  et  se  lever  matin  . . . 
Remarquer  un  logis,  assiéger  une  porte, 
Garder  que  par  derrière  un  conseiller  ne  sorte, 
S'accoster  de  son  clerc,  caresser  un  valet  . . ." 
Enfin  les  procès  font,  de  même  que  la  divinité,  des  miracles  écla- 
tants.    On   voit,    par  exemple,    les   boiteux   marcher,    poussés  par 
le  besoin  de  ne  pas  manquer  une  audience  et 

„comme  les  luts  d'Orphée  ou  d'Amphion 
Leur  occulte  cabale  attire  métairies 
Villages  et  chasteaux,  rentes  et  seigneuries." 
Ils  partagent  aussi   de  la  nature  divine  dans  l'incomprensibilité  de 
leur  langage,    souvent  plus  obscur  que  celui  des  oracles  et  si  l'on 


POÉSIE    BURLESQUE   FSANÇMSK    DR    LA    RENAISSANCE. 


27  • 


I 


I 


fait  aux  Dieuï  dea  sacrifices  coûteux,  il  va  sans  dire  que  dans  les 
procès  cette  sotte  de  sacríñces  sont  à  l'ordre  du  jour: 
„Japitcr  couiTocf  d'un  don  va  s'appaisanl: 
Un  ngoareax  procès  s'adoucit  d'uD  ptèscnl." 
Enfin  les  procès  peuplent,    aussi   bien    que    la  divinité,    le  monde 
tout    entier   et   dominent  entièrement   ceux    qui  les  suivent.     Dans 
nn  sonnet  notre  Passerat  revient  sur  le  même  sujet,  en  rapprochant 
les  femmes  des  procès,  parce  que,  entre  autres  clioses, 

„Tous  lieux  par  beaux  prcseni  se  rendent  favorables, 

Toas  dem  sans  rien  donner  prennent  à  toutes  mains." 
La  plaisanterie  est  donc  doublée  de  satire  et,    le  poêle,    qui  avait 
dû    se    plaindre    de  la  justice   de  i^on  temps,  visait  ici  évidemment 
à  une  sorte  de  vengeance. 

Un  autre  poète,  que  nous  connaissons  déjà,  Annilial  de 
rOrligue  {Paris,  1617)  entreprit  les  louanges  d'un  sujet,  qui  avait 
intéressé  le  Bemi.  dont  le  capihh  „in  Iode  del  debito"  était  au 
nombre  de  ses  pièces  burlesques  les  plus  connues.  Ici  encore  pas 
d'imitation  littérale,  mais  plutOt  cet  air  de  famille  que  nous  venons 
de  constater  pour  d'autres  compositions  pareilles.  La  FeikiU  du 
dthttur  débute  par  déterminer  la  supériorité  que  celui-ci  garde 
vis-à-vis  de  ses  créanciers,  forcés  de  le  traiter  avec  beaucoup  d'égaid 
et  d'en  ménager  l'amitié.  Le  débiteur  démontre  en  outre  une 
intelligence  vivç,  un  esprit  doué  de  ressources: 

„C'est  avoir  le  courage  brave 

L'esprit  et  l'iloquence  grave, 

Avoir  mÉlhode  et  entrcgenl 

De  trouver  lo uj ours  de  TRcgent 

Poor  entretenir  la  marmite" 
et  il  n'y  a  rien  en  cela  de  honteux  car  même  les  plus  grands  rois 
sont  souvent  forcés  d'emprunter  à  lout  le  monde.  Il  arrive  quel- 
quefois que  le  débiteur  est  poui^uivi  par  la  police,  mais  s'il  connaît 
bien  son  métier,  il  saura  l'éviter,  quitte  la  nuit  à  se  moquer  „du 
sergent",  soit  qu'il  se  tienne  à  la  fenêtre,  soit  qu'il  sorte  pour 
„visiter  la  taverne".  D'autres  argumentations  sont  communes  au 
sujet  de  la  prison.  Si  la  garde  veille  à  la  porte  du  débiteur,  c'est 
qu'on  le  traite  en  prince,  si  on  le  mène  en  prison,  il  y  trouve 
beaucoup  d'amis,  qui  le  revoivent,  les  bras  ouverte;  si  on  l'habille 
en  vert,  c'est  là  la  couleur  des  conquérants.  Enfin  quoi  qu'il 
arrive,  il  est  toujours  plus  à  son  aise  que  ses  créanciers,  de  sorte 
qu'il  conclue  que: 

„C'est  une  choie  tris  boune 

Debvoir  et  ne  payer  personne," 
Vers  la  même  époque,    en   l6iq,   Vital  Bedéne   avait  révélé  à  ses 
lecteurs  „le  secret  de  ne  payer  jamais",    mais    ¡ci  sous  l'apparence 
de  la  plaisanterie  se  cache  un  but  satirique.    Le  poète  en  veut  aux 
nobles  bouifis  d'orgueil,  qui  ne  remplissent  point  leurs  engagements 


2J1  P.  TOLDO, 

et  il  y  a  de  petites  scènes,  rappelant  de  près  celle  entre  Don  Juan 
et  monsieur  Dimanche,  dans  la  comédie  célèbre  de  Molière. 

En  1616  parurent  à  Paris  les  Opitsatüt  /ranfoùts  des  Holmans, 
contenant  l'éloge  de  l'avarice  et  le  blâme  de  l'amitié  composés  en 
prose  par  Antoine  Holman  sous  le  titre  de  Paradoxes.  Plus  tard, 
en  1634,  le  aieur  de  la  Giraudière,  dans  ses  joyettx  épigrammes, 
chanta  „l'apologie  du  pendu",  sujet,  qui  appartient  bien  á  lui  et 
qui  malgré  son  apparence  d'enjouement  est,  on  ne  pourrait  plus, 
lugubre.  Le  burlesque  se  fonde  ici  sur  l'observ-ation  que  comme 
il  n'y  a  rien  de  beau  dans  l'univers,  qui  ne  soit  pendu,  l'homme 
qui  finit  de  la  sorte  est  supérieur,  de  beaucoup,  à  tous  les  autres. 
Voici  le  discours  du  personnage  en  question,  qui  chante  lui-même 
sa  prosopopèe: 

„Passant  je  te  supplie  araste, 

Et  Ú  lu  trouves  deshonesle 

D'estie  ainsi  pendu  par  le  col, 

Au  gibet  av«c  un  licol 

Je  t'nppiendrois  que  la  potence 

N'est  que  pour  les  gens  d'importance  . . ." 

Et  en  effet  il  n'a  pas  de  peine  à  démontrer  que  tous  les  corps 
célestes  sont  pendus  dans  l'espace,  que  les  fruits  pendent  des 
arbres  et  que  bien  des  personnages  illustres  ont  dû  endurer  ce 
genre  de  supplice,  y  compris  le  Sauveur,  allusion  cette  dernière 
fort  irrévérencieuse,  dans  la  bouche  d'un  croyant 

Ce  genre  de  plaisanteries  continua  pendant  tout  le  dix-sep- 
tième siècle  et  nous  en  retrouvons  aussi  quelques  exemples  au 
siècle  suivant.  Je  rappelle,  entre  autres,  l'éloge  de  la  Paresse,  dédié 
à  un  moine  et  attribué  à  Voltaire  (1728)  qui  commence:  „La 
paresse  est  une  volonté  constante  et  déterminée  de  ne  rien  faire; 
c'est  le  quiétisme  de  la  raison  humaine;  c'est  le  silence  du  désir; 
c'est  le  sommeil  du  malheureux  découragé;  c'est  le  grand  préser- 
vatif de  tous  les  maux  au  moral,  comme  au  physique".  Enlin  la 
paresse  est  une  sorte  de  niratJna.  La  conclusion  n'est  pas  moins 
paradoxale  et  a  l'air  d'une  démonstration  géométrique  „l'homme 
est  né  dans  un  cercle  dont  la  Paresse  habite  le  centre  et  dont  l'in- 
quiétude cherche  à  briser  la  circonférence".  Ce  sont  là  les  derniers 
échos  de  ce  genre  d'inspiration  burlesque  née  en  vers  finissant  en 
prose  et  renfermant  parfois  des  prétentions  satiriques. 

L'apologie  des  maladies. 

„Je  at  luis  pas  de  ceux,  qui  d'un  vers  triomplunt 

Déguisent  une  mouche  en  forme  d'Elephanl; 

Et  qui  de  leurs  cerveaux  coucbent  i  toute  reste 

Pour  louer  la  folie,  ou  pour  louer  la  pesie," 
Malgré    celte    déclaration,    où   Du  Bellay    a   l'air   d'en   vouloir   au 
Uerni,    au  Lasca,    ii  Scribane   de  Vérone,    et  ù    la   grande    famille 
des    burlesques  d'Italie,    il    »'entreprend   pas    moins    l'éloge    de 


d 


POÉSIE  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA  RENAISSANCE.  273 

sordité»  ¿loge  qu'il  adresse  à  son  maître  Ronsard  frappé  de  cette 
maladie.^    Cest  même  par  les  vers  cités  que  cette  apologie  com- 
mence, car  le  poète  a  bien  l'apparence  de  prendre  fort  au  sérieux 
son  sujet,  peut-être  pour  une  pensée  délicate  à  l'égard  de  l'illustre 
malade.    Au   fonds   cependant   le  paradoxe  domine  et  avec  lui  le 
burlesque.     Dans  cette  longue  enumeration  des  avantages  que  la 
surdité  apporte,   il  suit  d'ailleurs  le  même  procédé   de  ses  dévan- 
ders    d'Italie.     Il  s'agit  de   prendre   le   contre-pied    de   l'opinion 
générale  et  de  ne  regarder  qu'un  côté  de  la  médaille.     Pour  tout 
le  monde  la  surdité   est   la  source   d'une  foule   de  désagréments; 
elle   nous   ravit   le  plaisir  de  la  causerie  intime,  elle  nous  défend 
les  douces  harmonies,   elle  nous  expose  à  bien  des  dangers,   enfin 
elle    nous   rend   parfois   même   ridicules.     Du   Bellay    regarde    de 
l'autre  côté  et  découvre  le  paradis  terrestre.   Le  sourd,  dit-il,  est: 

Il . . .  privé  de  sentir  roaintefoîs 
L'ennay  d'an  faulx  accord,  une  mauvaise  voix, 
Un  fascheux  instmmenti  un  bruit,  une  tempeste. 
Une  cloche,  une  forge,  un  rompement  de  teste, 
Le  bruit  d'une  charette  et  la  doulce  chanson 
D'un  asne,  qui  se  plaint  en  effroyable  son." 

Tout  cela  n'est  pas  moins  vrai  et  l'on  pourrait  appliquer  le  même 
''aisonnement   à  tous  les   sens,   qui   nous  mettent  eu  rapport  avec 
'^  choses  extérieures.    Le  sourd  continue-t-il  est  libre  des  discours 
ennuyeux,    des  amours,    qui  causent  notre  perdition,    du  rôle  de 
^nseiller   des   princes;    enfin  Ronsard   pourra  tirer  son  profit  de 
^®    que  les  ignorants  appellent  un  malheur,  pour  se  dédier,    dans 
cette   solitude  de  l'esprit,  aux  vers,  qui  le  rendront  immortel.    Tout 
^^*^     est  dit   avec  beaucoup   de  verve  et  de  délicatesse:    malheu- 
resement dans  la  conclusion  le  mauvais  goût  du  temps  l'emporte, 
le  poète  nous  offre  un  grand  tableau  allégorique,  où  la  surdité 
présente   toute   fière   devant   le  lecteur,    entourée  d'autres  per- 
^^Unifications,   la  Mélancolie,   l'Etude   et  l'Ame   imaginative.     Cest 
'^     Vain    que  j'ai   cherché   parmi   les    compositions  burlesques  des 
f^^etes  de   la  Péninsule,   ce  sujet  inspirateur   de  Du  Bellay;    il  se 
*^^^t    que  mes   recherches   n'aient   pas   été   heureuses,    mais   il  se 
E^^t:    aussi  et  c'est  là  ce  qui  me  paraît  le  plus  probable,    que  Du 
*^H^y   n'ait    tiré    de    ses   devanciers  italiens   que   l'inspiration   du 
^r^ï'e.    Nous   avons   affaire  à  un  écrivain,    qui  n'a  pas  besoin  de 
^^viilles,  pour  marcher. 

Il  n'en  est  pas  de  même  de  l'auteur  du  „blason  en  l'honneur 

^r     la  Goutte"  ^  cité  tout  à  l'heure  et  qui  paraît  redevable  à  messer 

«la^lteo  Francesi   de   quelque   chose   de   plus   qu'une  simple  inspi- 

^^lon.     Au   moins   est-on   porté   à   le   croire   en    voyant    que    les 

^evu  pièces  ont  des  rapports  intimes,  même  dans  les  détails.     Ce 


^  cfr.  Uhymne  de  la  surdité. 

'  Blason  etc.  Lyon,  Tournes,  1547. 

Zdtichr.  £  rom.  Phfl.  XXV.  18 


i 


POÉSIE   BUKLEâQUE    FRAiÎÇAISE    DS    LA    KENAlS^jANCB. 


Z75 


La  Goutte  inspira  encore  d'autres  poètes.  Sarasin  entre  autres 
(Œuvres,  Rouen,  1658}  a  une  „Balade  de  la  misère  des  Goûteux", 
où  il  chante  le  contraire  de  ses  devanciers.  C'est  l'inspiration  bur- 
lesque du  ecnlrt,  que  nous  venons  de  constater  chez  ses  pré- 
décesseurs d'Italie.  Et  cette  idée  d'opposition  paraît  évidente,  dans 
ces  vers  où  il  rappelle  ceax  qui  en  ont  chanté  les  lonanges: 
„Miint  authcur  antique  et  recent, 
Bien  instruit  en  toute  doctrine, 
SouslicDt  que  la  Goule  descend 
De  copulation  divine." 
Plus  tard  dans  une  composition  anonyme  en  prose  (Paris,  1654), 
on  cclébta  „les  graces,  droits,  privilèges  et  faculté  de  ceux  qui 
sont  enclins  d'avoir  les  gouttes,  tirez  des  Fermes  et  Archives  des 
protomisérahles".  Le  début  suffit  pour  faire  comprendre  le  caractère 
de  cette  pièce;  „11  est  ordonné  et  permis  de  grace  speciale  par  les 
maîtres  de  1' Arch  icon  frerie  des  Goutteux;  premièrement,  malgré  tous 
les  envieux,  que  celuy  qui  a  les  gouttes  peut  en  tout  temps,  âge 
et  saison  porter  un  bâton  et  le  peut  choisir  tel  et  de  tel  bois  que 
bon  luy  semblera  . . .  secondemL'nt  il  a  permission  irrevocable  d'aller 
tout  bellement  et  à  son  aise  sans  jamais  se  hâter,  ny  courir  .  .  . 
Tiercèment  .  .  .  luy  est  permis  s'appuyer  sur  les  bras  et  épaules  de 
sa  femme,  serviteur  ou  servante"  et  ainsi  de  suite.  L'auteur  con- 
tinue en  nous  représentant  „les  sept  stations  des  gouttes  et  indul- 
gences à  gagner  sans  aller  à  Rome"  savoir  la  station  à  l'orteil, 
l'autre  aux  chevilles,  !a  troisième  aux  genoux  etc.  et  le  tout  est  fini 
par  la  „Recepte  très-utile  pour  les  gouttes"  composée  de  „patîenlis 
lachrymarum  gutlas  viginti,  specierum  clamoris  et  juvamenti  anna 
zij.  electuaril  stientiae  ziropus  cum  siropo  patientiae  probatae". 

Dans  le  recueil  cité,  on  trouve  aussi  le  „blason  de  la  Quarte", 
qui  pour  le  titre  rappelle  l'éloge  de  la  „Quartana"  dû  à  la  plume 
de  Pierre  Aretin;  mais  l'auteur  anonyme  cite,  lui-même,  ses  sources, 
en  remontant  à  l'antiquité,  sans  exclure,  pour  cela,  les  modernes: 

„Je  veui  aussi  ä  l'exemple  notable 

Des  plus  Sfavane  modernes  et  antiques, 

CaDDDÛer  par  raieoQS  autentiques 

L»  Quarte,  icy  l'engin  net  ci  tant. 

Car  Fhavorin  jadis  en  feit  autant: 

Puis  Menapie,  Encomiaste  eiquis, 

En  dit  maints  loi;  et  duquel  ty  enquis 

Maints  BTgumens  pour  fomiei  sa  louange." 
Ce  n'est  pas  la  peine  de  s'arrâter  longtemps  sur  ce  blason  dépourvu 
de  tout  mérite  littéraire.  La  Quarte  nous  donne  une  „douce 
langueur",  nous  permet  le  repos,  tandis  que  tout  le  monde  tra- 
vaille, nous  rend  intéressants  et  ne  nous  ennuie  que  pendant  peu 
d'instants. 


1  Œuvres,  Paiis,  1617. 


,  (t  l\  TOLDO» 


\ 


\\\  \  ^^\\\\\\^^^\\^'\\w\\X  vlw  XVll*  «Me,  rOrtigue  provençal  essaya, 
\  *N»vv  ^\*\^v  su\  ^M.ioU  v»«i  A^îùi  Visììi  inspiré  ritalien  Ferrari.  C'est 
\  y^'Sv  ^v\0\  ^v,u  Uvi  luòuw^  .j^tuncccaùocis  que  les  deux  écrivains 
^V>V\VH\S  viVv^ihv^  c  4-^  .Ti.':  ¿y  ^iii'ùitLX  ec  il  T&  sons  dire  que  c'est 
l-\  M\^^  vSsV^  >;ui  Ä*  v^V  *>Mîio:ap  xa  paradoxe  et  aux  plaisan- 
wa«na  ^kvvsN^cîi^  li  ^'e  :ic«s  ^r:tè^  de  beaccocp  de  maux, 
vi-v   vs*>i.v  s'^SKK"    4ttc  ,x^^4^wac^    a*p¡ai:ie.   i'èciìi  e\-TÌé  le  Ferrari 

.C*î»<  «a  swmailcssat.  icsics. 
•      ,«**      .-     .lau**      cnii«atti     -B*    .Î4U2A    'MT 


*' 

Af 


vta»    •««ai4    «1»^   %ciwun>  aautrait   qu'à  défendre   le  plaisir 

,i  "^    ^  ^,v*.    >>    ><4a4i  '^!x  nu  moyen  bien  sûr  pour  les  ramener 

i     H**—       '  444îcu*i^  jxíutí  mabuilit*   a   des  vertus  thérapeutiques; 

*«ii     ,w»     u  •*<»  ^fcWâiii  peut  marcher,   la  lete  haute  et  sûr  de  sa 

>>^iK^«    1«*    im.ä:v  .IUI»  :ouie  d'autres  maux;    c'est  là  une  sorte  de 

'■«A^quíís.   ^uA    »c»u^  ;.'iv>it'|^e   et  qui  nous  rend  presque  invulnérables. 

^ivv     i    ««k^^  -«    uui^ur   Ü  y  a  aussi  des  rapports  intimes   et  cela 

.  V*«;  ^^.uv    ijii  H^c  le:^  eîiprits  délicats  ne  se  détournent  pas  d'elle: 

..Cai  Uà  i^^olle  et  les  amours, 
v:   out  «.v^otstre  toujours, 
1'v.M:^  l<»  d«us  ont  des  délices 
l\'«  j:et:uies  et  des  supplices 
^ui  D«  se  peuvent  cacher.'* 

H^'^v     <.'iiuu»k>^ic    de  gii//€  que    l'auteur   tire   du  mot  galant  en 

..Vu  ptÎDce  en  ce  siècle  icy 
IVite  le  tiltre  des  Galles" 

^-;  wNii  ta^>pv4is  intimes  avec  les  plaisirs  de  Vénus  sont  aussi  une 
Jiu;io  utuiquc  de  $i>n  importance.  La  déesse  de  la  beauté  n'a  su 
\Va4  (saxnv'i.  b-utiu  les  {Uàuvres  qui  en  sont  atteints  exploitent  la 
v\^iu^Kivüi<^i   ^Iv«   ^ciis  riches,   pour  qui  bien  d'autres  misères  n'ex- 

».l.A  ^Ue  est  là  calamite, 

V}ui  lAÎct  IvuilUr  leur  marmite  . . . 

i>»  eattopici  et  boiteux, 

iVtt  )vr\>^nes  marmiteux, 

iV«  chaïUians  pleins  de  vice, 

tsMii  souv«At  par  artifice, 


POÍSIB  BURLESQUE   FRANÇAISE  DB  LA   RENAISSANCE.  277 

Voir  leurs  membres  escorches, 
Comme  de  lepre  touchez." 

Les  rapports  entre  cette  maladie  et  les  plaisirs  de  Vénus,  nous 
permettent  d'aborder  un  autre  sujet,  qui  joue,  dans  la  littérature 
italienne,  une  rôle  assez  important,  sous  le  nom  de  mal  francese. 
Dans  le  Recueil  de  poésies  françaises  des  XV*  et  XVP  siècles, *  on 
lit  le  Triumphe  de  très  haulie  dame  Verolle  et  le  sieur  d'Estemod 
dans  son  Espadon  saiyrique^  s'en  occupe  â  son  tour,  mais  pour 
s'en  plaindre  vivement  II  se  plaint  surtout  de  ce  que  la  nature 
épargne  aux  chiens  ce  cruel  malheur.  Les  bêtes  ont  toute  sorte 
de  privilèges,  y  compris  celui  de  ne  payer  jamais  leurs  amours: 

„Ils  n'y  payent  pas  un  douzain: 

Nous  autres  donnons  la  pistole 

Et  n'en  avons  que  la  vérole, 

Souventesfois  pour  nostre  gain." 

^e  qu'il  y  a,  dans  cette  composition,  d'assez  plaisant,  c'est  le 
langage  pédantesque  du  médecin,  un  véritable  Diafoyrus,  dictant 
^^te  ordonnance: 

„Ad  refrigendum  sa  poictrine, 

Carpet  de  la  therehantine 

Pour  toller  l'inflamation: 

Et  si  intus  est  quelque  ulcere, 

D'une  seringue  on  pourra  faire 

Per  saepius  l'iniection. 

Ergo  vale,  cher  filióle 

Je  vais  chez  pharmocopole." 

^^Ppelons  encore  une  composition  due  à  la  plume  de  Jean  Dant 
AlbigçQig  (Paris,  162 1)  „en  l'honneur  de  la  calvitie".  Dans  son 
^Pitre  au  lecteur,  notre  écrivain  rappelle  l'oraison  grecque,  que 
^ynesias  avait  composé  sur  ce  sujet,  mais  les  argumentations  en 
^^Ur  de  sa  thèse,  se  bornent  à  bien  peu  de  chose  et  peuvent  se 
^^UtQer  dans  cette  considération  que  les  cheveux  sont  „la  plus  con- 
J^Hiptible  des  choses"  parce  que  le  poil  distingue  les  animaux  des 
Pénames.  Et  c'était  là  un  sujet,  qui  sous  le  nom  de  „pelatina"  avait 
'aspiré  aussi  les  auteurs  burlesques  d'Italie  et  surtout  le  Ferrari. 

On  voit  que  l'apologie  des  maladies  trouva  en  France  un  sol 
^oins  propice  que  dans  la  Péninsule.  Le  nombre  des  com- 
positions sur  ce  sujet  est  quelque  peu  borné:  la  peste  n'eut  pas 
P^T  exemple  son  poète  français  et  exception  faite  pour  l'hymne 
^^  l'ami  de  Ronsard,  elles  méritent  à  peine  qu'on  les  cite. 


^  cfr.  éd.  Montaiglon,  i  vol. 

A  suivre. 


P.  Toldo. 


i 


WBL  slIpyrtufftBMtfcffiì  Liederbach. 


*nU'ix\. 


V.    Eia  Seemann  utdcàt*'  tek  werden, 
eia  SLaotoiaxiJi  ntàcâLt'  tek  sein! 

ITiiâESQMa  >«ât  tuai  mkk  amas  wnr  Abeckrabem  and  Heraus- 
nt^  ^ob^rv^tectidi  MuHisieâksii  Gg<&htes*  unseres  könig- 
r?tHiibMQitf:^  üiUKkBMSi^  mir  am  ^  testkntisch  herzustellen, 
:$tHi^  Olli'  >»Ufee  Smoäck  ta  G8  mììgikk  kt^  uid  um  kurz  anzu- 
j^^jigM»  ^«4;^  ìcài  3tìr  >iÑtt  Lvi^Qft  víesseiben  denke.  Was  die  £în- 
>d»»¿%u<$:  >^atdl»  s^  ^tK:kt  «$  imttir  den  ctatí¡^as  de  escamh*  e  mal- 
in^*' >:*ci«^  <i^  vmm  Ailbtfc^X  spricht  rm  in  der  ersten  Person, 
sÌQ<s»  jfekA^;;!^t^^MÌtitìdi  itti  Namen  und  aas  der  Seele  eines  andern, 
4^03$«:^  >K>t«i«CÒt  4111^%  vnmcmiiieiie  Selbstbekenntnisse  ihn  ergötzt 
^S^  ïtt^4H«ii%  Awch  was  Gedankengehalt,  Wortreichtum  und 
vMMmuuhkM^  t^i^«v«}^4kktHt  des  Rkjthmas  betrifit,  gehört  es  zu  den 
tNi^t^  ^^^ÒHK  r^istiscben  Scherzgedichte 

Wi<^  UMti  $t9h^  besteht  es  ans  4X13  Zeilen,  Septenarios,  unter- 
tnìMH  mit  2^ve¿»übiiem,  an  2.  und  4.  Stelle.  Jedes  der  beiden 
$Uvi>h<?iH**^*"^*^  unterscheidet  sich  durch  den  Reim.  Dieser  aber 
kKl  utimittt^lbar  gebunden,  was  dem  Liede  einen  frischen  volks- 
iieiUSi^ü  Tou  verleiht.  Zwei  weibliche  Reimworte  wechseln  mit 
^ÒH^m  männlichen:  ^-aräo  "On  ^inha  in  Str.  i  und  2;  -ado  ^ar  -eiro 
in  ^i  und  4.  Am  Schlüsse  aller  Strophen  kehren  die  damit  als 
AvM^au^ï^unkt  oder  Thema  des  Gedichts  gekennzeichneten  giftigen 
$kv^(>i<.>n<>  wieder;  nicht  als  Kehrreim,  doch  kehrreimartig.^  —  Wei- 
liMV  linier  nach  gleichem  Schema 

7177     7tT77777 

«    *  *    *  •   •  * 

aabbaabboobbo 

«tud  mir  nicht  bekannt. 

^  Man  w«rfe  einen  Blick  in  Braga*s  metrisch  wie  sprachlich  völlig  mifs- 
gUkkUn  Abdruck.  —  Gut  sind  daran  nur  einige  aus  Monad's  Note  herüber- 
l^nomiuvn»  l'refter. 

*  Waruiu  C.  de  Lollii  nicht  CV  mit  GB  collationiert  hat,  ehe  er  seine 
Studio?  vcroftentllchte,  ist  mir  unklar. 

*  l>Mk  wiirvi  nach  der  im  OA  von  mir  befolgten  Charakterisierung:  Can' 
(i^n  U4  m^^iirim  4X13  —  Setenarios  e  Binarios  nos  versos  2  e  (>  de  cada 

0iUi^^  —  Cf//<ii  doàras:  AAbbaabboobbo  —  Rimas  breves  e  Itm^as: 
•  ««i/t*   •*>»#  ^%nha  nas  estro/kes  l  e  2;   »ado  ^ar  -eiro  nas  estrofkes  ^  e  ^^ 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LIBDBRBUCH.  Zjg 

(25.) 
Non  me  posso  pagar  tanto 

do  canto 
das  aves,  nen  de  seu  son, 
nen  damor,  nen  d'  am[b]içon, 
5    nen  d'armas  —  ca  ei  espanto 
por  quanto 
mui  [mui]  pengosas  son  — 
come  d'  un  bon  galeón 
qne  m-alongu'  e  muit'  aginha 
IO    d'  este  demo  da  Campinha 
u  OS  alacrSes  son. 
Ca  dentro  no  coraçon 
senti  d'  eles  a  espinha! 

£  juro,  par  Deus  lo  santo, 
15  que  manto 

non  tragerei  nen  granhon, 

nen  terrei  d'  amor  razon, 

nen  d'  armas  —  porque  quebranto 
e  chanto 
20    ven  d'  elas  ced'  a  sazón  — 

mais  tragerei  un  dormon, 

e  irei  pela  marinha, 

vendend'  azeit'  e  farinha; 

e  fugìrei  do  ponçon 
25     do  alacrán,  ca  eu  non 

mi  sei  outra  meezinha. 

Nem  de  lançar  a  tav(o)lado 
pagado 

non  s8o,  se  Deus  ro'  ampar, 
30    oimais,  nen  de  bafordar. 

O  andar  de  nout(e)  armado, 
sen  grado 

o  faço  et  o  roldar! 

Ca  mais  me  pago  do  mar 
35     que  de  seer  cavaleiro, 

ca  eu  foi  ja  marinheiro, 

e  quero  •  m'  oimais  guardar 

do  alacrán  encontrar 

que  me  foi  [picar]  primeiro. 

40    £  direi -vus  un  recado: 
pecado 

ja  mais  me  pod'  engañar 

que  me  faca  ja  falar 

en  armas,  ca  non  m'  é  dado. 
45  DOado 


28o  CAKOUNA   MICHAELIS   DE   VASCONCBLLOS, 

m'  é  de  ar  én  razOar, 
pois  las  non  ei  de  provar. 
Ante  quer'  andar  sinlheiro 
e  ir  come  mercadeiro 
50    algtia  terra  buscar 

a  me  non  possan  culpar 

alacrán  negro  nen  vciro.       (Ind.  467  =  CV  63.) 

2  tanto  —  3  dues  —  ^  da  miçô  —  8  b^o  ;  statt  böo,  das  vor  dem  Sub- 
stantiv zu  hon  werden  mufs.    Sowohl  bei  Monaci  als  auch  bei  Bra^a  figuriert 
im   Namenverzeichnis   D.  Beno  Gaìeon\   —    il  hues  ala  traes  son.    Daraus 
wurde  bei  meinen  Vorgängern:  hu  é  mala  traesson  (tratcon)  —  18  ^  ötäco  — 
20  ne  —    22  marinha  —    23  uedenda   zeue  effarma.     Braga   druckt  a  ceV, 
als  handelte  es  sich  um  Talg.     Ob  er  aceb*  schreiben  wollte   und  an  aterre 
=  acibar   dachte?     Die  Form   ohne  r  existiert  jedoch   nicht.     Dafs  übrigens 
Talg   und  Aloe   an   Bedeutung  dem   Mehl   gleichstehende   Handelsartikel  sein 
könnten»  wird  Niemand  behaupten.  —    24  effuguey  da  pacò  —    25  alarram. 
Passo  do  alazäo   pafst   weder  in  den  Zusammenhang,    noch  in  den  Reim.  — 
26  phy  —  ouq(ü)a  —    27  Entweder   ist   nem  zu  streichen,   oder  tavlado  zu 
setzen  (wie  auch  in  CV  955).  —    29  sfco  —    30  adeo»  woraus  ich  nichts  zu 
machen  weifs.     Ersatz  zu  schaffen,  wie  ich  versucht  habe,  ist  leicht.     A  dia 
fur  de  dia,   im  Gegensatz  zu  de  noute  der  31.  Zeile,   pafst  nicht  ins  Versmaß 
und   ist  unportugiesisch.     Doch  welche  Lesart  bietet  CB?  —  33  grad  offaço 
z  a  rolda   —    SS  f/^'"  caualro   —     36  i.Sg.,   wie  unzählige  andre  Male.  — 
38 — 39  do  alacra  e  có'nar,  woraus  Braga  coronar  macht.    Es  scheint  in  Z.  39 
ein  zweisilbiges  Zeitwort  zu  fehlen:  picar,  ferir,  chagar,  oder  sinnverwandtes. 
Culpar  wie  in  Z.  5 1  wäre  auch  zu  brauchen.    Ich  wähle  picar,  im  Gedanken 
an   die  weiter  unten  angeführten  Sprichwörter.     Paläographisch  läge  jedoch 
tornar  näher  als  encontrar.     Dann   mufste  man  Konstruktion  und  Sinn  ganz 
verschieden  fassen  und  in  Z.  39  anders  ergänzen.     Etwa: 

e  quero  m*  oimais  guardar 

do  alacrán,  e  tornar 

[o]  que  [eu"]  me  foi  primeiro 

im  Hinblick  auf  die  vorausgegangene  Zeile  ca  eu  foi  ja  marinheiro  —  42  ia 
ia  mei.  Hier  steckt  offenbar  noch  ein  Irrtum.  Die  erste  Hälfte  der  Schlufs- 
strophe  befriedigt  nicht,  doch  ziehe  ich  vor,  an  den  überlieferten  Buchstaben 
festzuhalten.  —  44  dad  —  46  do  ad  me  deas  en  rrazonar  —  48  qanday  — 
49  com  —    culpa  a  lacra  negro  ne  ueys. 

Unkriegerisch  gesinnt,  hat  einer  der  Unterthanen  des  Königs 
von  Leon  und  Kastilien  —  das  Lied  selbst  bezeichnet  ihn  als 
einen  Ritter  —  widerwillig  Felddienste  gethan,  wozu  Rang  und 
Gesetz  ihn  vermutlich  zwangen.  Nach  dem  Meere  sehnt  er  sich, 
nach  einer  frischen  Seebrise,  einer  guten  Galeone,  oder  einer  hurtig 
segelnden  Dromoney  auf  der  er  seine  Waaren  von  Hafen  zu  Hafen 
fahren  kann.  Weder  Vogelsang  noch  Liebeslust,  weder  Ehrgeiz  (?) 
noch  Kampf,  weder  die  Tracht  des  hoffähigen  Kriegers  (Mantel 
und  wallendes  Haar,  bzw.  Vollbart?)  1  noch  Ritterspiele  verlocken 
ihn.  Uns  unbekannte  Ereignisse  haben  den  in  ihm  schlummernden 
Hanseatengeist  geweckt  —  ca  eu  ja  fui  marinheiro!  Vor  allem 
aber  haben  körperliche  und  seelische  Schmerzen  den  Wunsch  nach 

^  ^^Q^^^^^^*  grenhon,  grinhon  bezeichnen  aport.  meist  üppigen  Bart- 
wuchs  (CV02.  74,  CM  86.  293);  doch  auch  das  Haupthaar  (CV  305: 
granhdes).  —  Nach  CV  02  vi  un  coteiffe  de  muy  gran  granhon  scheint  es 
sich  mehr  um  Kriegs-  als  um  Hoftracht  zu  handeln. 


RANDGtOSüEN    ZÖM    iLTPORT.  LIEHEKBUCH.  281 

Freibeit  und  Einsamkeit  gezeitigt  —  ante  gutr  andar  tinlheiro.  Näm- 
lich der  Bifs  giftiger  Scorpione  und  girtigcr  Stachelzungen,  denn 
alacrán  ist  doppelsinnig,  wie  die  Klage  zeigt,  sie  hätten  ihn  Uli  ia 
the  core  0/  his  heart  verwundet.' 

Wann  und  wo?  Während  einer  der  andalusischen  Unter- 
nehmungen und  vermutlich  in  den  sechziger  Jahren,  wie  die 
übrigen  Kriegsgesänge,  iu  denen  König  Alfons  die  Schwächen 
seiner  Vasallen  lachend  geirselt.i  wenn  anders  die  Campinha  die 
helfse  Niederung  des  Guadalquivir  ist,  weicher  dieser  Name  eignet.^ 
Und  wer  ¡st  der  so  unheldenhafte  Held,  den  er  an  den  Pranger 
stellt?  Einer  jener  sentiraeulalen  Gallizier,  denen  man  so  oft  nach- 
sagt, dafs  sie,  als  Schweizer  der  Halbinsel,  vons  Heimweh  nach 
Meer  und  Gebirge  (soidade,  saudade)  oder  der  morrinha  gathga, 
einfachem  Landleben,  der  gaita  de  /olles,  der  mumheira  und  dem 
melancholischen  alatala  gepackt  werden,  nicht  blofs  in  den  kasti- 
lischen  Einöden,  sondern  überall  wohin  das  Schicksal  sie  führt?' 

Wie  gefürchtet  alle  Arten  Scorpione  auf  der  Halbinsel  waren 
und  sind,  zeigen  zur  Genüge  die  Sprichwörter:  Si  te  pica  et  alacrán, 
llama  al  cura  y  sacristan  —  Si  te  pica  el  alacrán,  fres  dias  comerás 
pan  —  Quien  de  alacrán  está  picado,  la  sombra  te  espanta.  Für  be- 
sonders giftig  gilt  der  schwarze,  o  lacran  da  unha  negra  (span,  de 
uña  rtegrd)fi  Gewifs  ist  es  derselbe,  den  König  Alfons  negro  nennt. 
Veiro  (variui)  hingegen  mag  eine  scheckige,  vielleicht  auch  die 
blafs  rötliche  Species  sein,  die,  soviel  ich  weifs,  heute  die  aller- 
verbreitetste  ist."  Von  beiden  besitze  ich  Exemplare  (4  —  5  cm), 
die  bei  Moncorvo  für  mich  gefangen  wurden  —  in  derselben 
Gegend  also,  wo  der  böhmische  Freiherr  Leo  von  Rozmital  seiner 
Zeil,  mit  den  Augen  der  Frucht,  Scorpione  grofs  wie  Jagdhunde 
entdeckt    hat'     Dafs    ihr    Stich    tötet    oder    wahnsinnig  macht,    ist 

'  Niichwci&en  kann  ich  Alacrán  a\%  aleunha  von  beslìminten  Pcisonen 
Treilich  nicht. 

»  H.  Randglosse  VI. 

*  La  Campiña  biers  beli»nnt]Ích  die  den  Minren  entrissene  Provini, 
welche  Cordova,  Basna,  Edja  und  Lucena  umfnfste.  —  Ediisi,  Ed.  Leyden, 
p.  174,  —  Sie  wird  im  13,  Jh.  ofi  erwihol.  Von  Alfons  X,  mit  Beiug  auf 
seine  andalusischen  Feldzüge  in  den  CU  z.  B.  SIB,  9.  U. 

*  Im  I4'  Jh.  war  dieser  Rnf  schon  traditionell,  —  Aus  det  Chronik 
Alfons' XI.  stammt  der  Satz:  Las  de  Galicia  eran  ornes  di  mnnfaiìns  que 
avian  muy  grave  de  los  sacar  de  ta  fierra.  Freilich  folgt  der  Zusali  a  menos 
de  Us  dar  alga  {Cran.  Alf.  XI  CXII!).  Für  gewinnsüchtig  gill  der  Galliiier 
noch  heute. 

*  Id  Portugal  steht  neben  alacrSa  noch  alacral,  alacrau,  alacrae,  alacrd 
lacran,  ¡aerai  und  iacrau  (Minho)  nebst  lacraia  {Tras-os-Montes.  wegen  ìacaìo, 
lacaittì).  —  Braga  scheint  da«  volkstümliche  Wort  nicht  zu  kennen.  —  In 
seUem  Glossar  steht  alacrd  =  ttcido  antigo;  daiu  kann  nur  die  Fatben- 
bezeichnnng  negro  ou  veiro  ihn  veranUrst  haben.  —  Uebei  die  Etymologe 
«.Doxy  (oder  auch  Körting  344). 

'  Ich  glaube,  dafs  die  röliiche  die  gewölmÜche  mitleUändische  Ari  ist 
(scorfio  eurofaeus);  die  schwane  aber  eioe  afrikanische  {scorbio  lunelanus 
oder  maurus). 

1  Bibl.  Litt.  Ver.  Shirt.  Vn  p.  77  u.  179  (oder  Libros  de  An/aaa  VIIT  83) 
/n  circumjaeenlibut  monlibus  magna  est  copia  serfenium.    scorpion  '  ' 


ZSZ  CAROLINA    ÏUCHAELIS    DE   VASCONCEtXOS, 

eia  Dogma.  Und  wo  nach  mindestens  achttägigen  peínígendeti 
Schmerzen  Heilung  eintritt,  glaubt  das  Volk  an  ein  Wunder;  ein 
klein  weiüg  auch  an  die  Kraß  des  angewandten  ûui'U  d'  alacrat^ 
(port,  anidra  lie  a/acräfs)  oder  der  scoronerà  htpania.^ 

Das  von  Aifons  für  eine  Art  Segel  las  Ischi  ff  angewendete  grie- 
chische Wort  dormon  ist  auf  der  Halbinsel,  wie  überall,  nur  im 
Mittelalter  übtich  gewesen.  Aus  galüzisch-port  Quellen  kann  ich 
sogar  kein  andres  Beispiel  anzuführen.  Doch  hat  Lissabon  gewifs 
mehr  als  das  einzige  Mal,  von  dem  ich  weifs,  einen  dromon  (oder 
eine  dromunäa  ^  mhd.  dragmund,  tragmuni)  in  seinen  herrlichen 
Hafen  einlaufen  sehen,* 

Nachtrag.  Während  die  im  Herbst  i8gg  niedergeschriebenen 
obigen  Selten  in  Strafsburg  ruhten,  erschien  in  Italien  ein  Aufsatz, 
in  dem  C  de  Lollis  sich  mit  dem  hübschen  Seemannsliede  befafsL* 
Den  Inhalt  beurteilt  er  ganz  anders  als  ich.  Er  glaubt  Aifons  X. 
in  seinem  eigenen  Namen  ernst  und  gramerfüllt  reden  zu  hören. 
Und  zwar  gegen  Ende  seines  reichen  ruhelosen  Lebens,  als  der 
kastiliscbe  König  den  bekannten  schmerzlichen  Prosabrief  nach 
Afrika  sandte,  bei  seinem  allen  Feind  Abu-Jusuf  Milgefühl  und 
Hülfe  suchte  und  ihm  die  Krone  als  Pfand  anbot.  Ja,  der  das 
Grundraotiv  unsres  Gedichtes  bildende  Wunsch,  das  Heer  zu  be- 
fahren, giebt  in  des  Italieners  Augen  sogar  der  sich  an  den  editen 
Prosabrief  anlehnenden  melancholischen  Ich-Romanze 

lo  sali  de  U  mi  licrra 

p»ra  ¡r  a  DìoB  »er vit 
gröfsere  Authentizität,   weil  in  ihren  letzten  Worten  aus  des  Mon- 
archen Munde    die    gleiche  Absicht    tönt,    wie  weiland  Apollonins 
auf  hohem  Meer  zn  enden 

I  »c  morir  ea  las  ondas 


I 


.  Scorfionei  sunt  eanû   ftaalírii  midiccris  magmltidint,   terg» 
varialo  et  pido,  guales  nulius  unguam  nostrum  consfexit. 

'  Similia  ¡imilibuí  und  nomrtt  omen.  —  Ich  denke  an  die  Lanze  Achilb 
und  an  die  pottugiejischen  Sprichwörter;  d  mordedura  de  c3o.  fello  Je  cüo  — 


a  fetida  de  c3a  com  pello  a 
■  Siconanera 


éiconanera  von  scorpione  abzuleiten  soil  leider  nicht  angehen?  Man 
toll  bei  cortice  stehen  bleiben  (Körtiog  Z924)?  Jedenfslls  aber  hat  dai  Volk 
die  beiden  Worte  und  Dinge  im  obigen  Sinne  in  Beziehung  zu  einander  ge- 
bracht nnd  sieht  in  der  scarsonera  hispánica  cinc  Anli-Scorpion-Wureel.  — 
KaM.  eiconott,  nebst  pathologisch  daraus  gebildetem  escuena,  kaL  estorse 
etcurfó  {•nä.T'ittm,  cap.  85  p.lSî),  çatuescorfOo,  ilal.iiTDrdjn/ giftige  Kröte. 

*  im  J.  1184.  bei  cinca  vergeblichen  AngrifT  der  Almobaden. —  S.  Here 
n  463  nach  R.  de  Diceto  {Imagines  Hiiloriarum,  apnd  Twisten,  Hist.  AngL 
Script,  p.  614).  —  Uebcr  o(fòn<ar,  mlat.  dromon  [lai.  Elym.  XIX  l,  14), 
all&i.  dromon,  span,  durmon  dromon  [Gran  Cong.  IV  e.  Jî),  port,  dormo» 
vgl.  Do  Gange  s.v.  dromones;    den  allipan.  Alet.  1861;   Diei  El.t^t^;   Kör. 

ting  37OJ.  —  Gaud,  de  Figueiredo  betont  drimon,  als  wäre  der  gtrech,   ' 

mabgebend,   i\t  Unrecht,  wie  uosre  cantiga  tcigl- 

'  Siud.  Ftl.  Rom.  vol.  Vni  380—386,   Ich  erhielt  da»  betögliche 
'  n  Joli  1900. 


1.  Accent         ^^ 
:  Hell  2X         H 


I 


RANÜGt-OSREV    7V%Í    Al  TrORT.  IIEOERRUCH.  283 

Darauf  erwidre  ich  einerseits,  dafs  wir  von  Alfons  X.  kein  die 
Romanzenform  des  XV.  und  XVI.  Jhs.  treu  vorbildendes  Gedicht 
kennen  und  überhaupt  nur  ein  kurzes  span.  Vess&agraent;'  dafs  aus 
dem  XIII.  and  XIV.  Jh.  keine  Romanze  vorhanden  ist;  dafs  nichts 
die  geschickt  den  Ton  der  Klageromanzen  nachahmende  Schöpfung  i 
als  allertúmlich  ausweist,  weder  die  Sprache  noch  Glossen,  noch 
Nachahmungen,  noch  Citate;  dafs  Alonso  de  Fuentes,  der  erste, 
der  sie  1550  mitteilte,  wahrscheinlich  ihr  Verfasser  ist,  sich  der 
Romanzenform  bemächtigend,  um  in  archaischer  Sprache  diese  wie 
andre  poetische  Geschichtsepisoden  frei  umzugestalten.* 

Andrerseits  vermag  ich  an  den  abenteuerlichen  Wunsch  nach 
einsamem  Seefahren  von  seilen  des  60 jährigen  kummervollen 
Monarchen  nicht  recht  zu  glauben.  Jedenfalls  nicht  daran,  dafs 
der  von  Kindern,  Freunden  und  Vasallen  verlassene,  dessen  Ausrut 
□Dnca  assi  foi  vendudo 
rey  don  Sancho  en  Portugal 
wir  bereits  kennen,  in  einem  so  frischen  Gedicht  in  kunstvollen 
nnd  leichtfürsigen  Strophen  seine  geheimsten  Gedanken  preis- 
gegeben hätte.  Und  wenn  schon  —  niramerraehr  konnten  sie 
dahin  zielen,  in  einem  Lastschiff  an  der  Küste  als  Oel-  und  Mehl- 
händler entlang  zu  segeln:  vendend'  aseii'  e  /arinha!  Nimmermehr 
konnte  damals  der  Verfasser  von  Marienliedern  der  Liebe,  dem 
Ehrgeiz,  Waifenspiel  und  Kriegsdienst  (langweiliges  Postenstehen 
bei  Nacht  miteinbegriffen)  entsagen.* 

Ich  bleibe  dabei,  das  Gedicht  als  ein  im  Namen  eines  Andern 
voller  Ironie  gesprochenes  Scherzgedicht  aufzufassen  —  eines  Qi- 
valeiro,  dem  thatsächlich  die  giftigen  Scorpione  der  andalusischen 
Campinka  und,  infolge  seines  wenig  mannhaften  Benehmens  dabei, 
auch  die  giftigen  Zungen  der  Genossen^  wehe  gethan  und  den 
Kriegsdienst  verleitet  hatten. 

Was  den  Test  betrifft,  so  freue  ich  mich  der  Ueberein Stimmung 
in  unserer  kritischen  Bearbeitung,  bemerke  aber,  dafs  leider  in 
diesem  Falle  die  Einsicht  in  CB  zur  Textverbesserung  nicht  eben 
viel  beigetragen  hat"  In  folgenden  Einzelnheiten  scheint  mir 
Lollis  das  richtige  getroffen  zu  haben. 

Er  setzt  alacrá,  wie  Z,  38  und  52,   und  PI,  alacräes,  wie  Z.  11 


»  Cfr.  Grundri/s  nt>  181 

'  Sie  hebt  wie  alle  Klageroin«nien  dci  XV. 
DBiuen  an,  gebt  dann  aber  za  d  über. 

'  In  der  betreffenden  Romanie  sind  die  Ere 
den  spätecea  vom  Jahre  llSi  gemischt. 

'  Eh  ja  fui  [foi)  marinheiro  halle  Alfoni  lut  Not 
SeviUi,  an  seine  Kuute  von  Alicmte  nach  Tunis  (1257) 
von  Valencia  nach  Tarragona  (1274)  denkend. 

*  Darauf    weist    das    culpar    =    „anklagend    schädige 
Strophe  bin. 

*  Z.yi  a  de  9  bleibt  nngelöst, 


G.  Baiit  {§  41  und  53}  erwähnt  die  Ro- 

id  XVI.  Jhs.  mit  /-Asso- 

isse   des  Jahres  1174  ndl 

Not   sagen  Itünnen,    an 
und   an  die  Flucht 

der    letzten 


Ib  Z.7  «ntctBfal  es  LoMi,  dfe  Mlcnde  SObe  xa  oginzen, 

a  wâ  dardi  Wiedofaol^ig  vom  m^  odv  <hnk  Seixang  von  muflo. 

Z.  lOL   Aas  ai^^âiia   den  SigeBBaaMB   henosEiüesm   ist   ihm 

-  Gegen  ttk  àóm  A  a^^Ñ*«  ht  absolot  nichts 

"         "  -    -    -      £jjj  ^¿jg](tjy 

Z,  19.  22.  24  und  oft    Won  der  Accent  anf  /  and  dì    Er 
eottpódit  dei  AuBpndte  dnidons  nicbL 

Z.Z4.   fímtam   hat   mit  fmrnf*»  <  pmmaeiit  nichts  zu  than    und 
bedeuet  kemenregs  «Stich  oder  Gdff  mit  den  stachligen  Fang- 
Es   ist   nejmcfar  p&ii^mt,  mit   dngeiogtem  Nasal   wie  im 
Wfon.  potila,  imd  bedientet  Gift  von  Nattem,  Sdilangen,   Drachen, 
Scorpionen,  Spinnen   nnd  andera  iKten.  im  Gegensatz  eu  htrha 
htrhula  «Fflanzengifi".'     Man   vergleiche   im  geistlichen  Liederbach 
dea  Königs  Gedicht  No.  t8i^     Dann  lautet  der  Refrain: 
Ben  pode  Sancii  María 
guarir  de  loda  pofon 
poti  madr'  i  do  que  tríUoa 
o  basilis-^a'  e  o  dragon. 
Und    in   der  vierten  Strophe   hcifst  es    i-o  o  pcf^n  tallou  d'  da  d.  i. 
1  verwnrnJcten  Ungetüm  {p<scha),  dem  Drachen,  von  dem 
die  üelierHcbfift  erzählt:    Ftia  é  dun  omt  cut  ya  a  Sania  Maria  dt 
Salat  ti  ackou  un   dragon   na  carrríra  cl  mali' o  et  il  ficou  gafo  do 
puf  on  ti  poü   taca- o  San/a  María.     In    einem   andern    Liede   (CM 

"  S,  EUgiada  Cinto  XVI  Sir,  il  (ed.  1785  bici«  alacriu). 

•  Cf.  Cane,  de  Saena  No.  203,  7  Peer  muerde  que  alacrán  und  Celestina, 
•d.  Vnleht-Delbosc  p.  29. 

•  S,  Mende*  Piato,  PertgrinafSes  e.  161. 

•  Die  Gruodforni  mil  auslauten  de  m  i  bielel  das  Morisko-Gedichl  A.  173; 
ütatrobri  r  gusanos  ..Grabirirnier". 

•  Ci  Rev.  Lui.  I  Ï98. 


I 


RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPORT.  LIEDERBUCH.  2S5 

226,  8)  ist  von  Spinnen  die  Rede  {agiul  poçon  tan  lixoso).  Wie  man 
sieht,  war  das  Wort  doppelgeschlechtig,  männlich  vielleicht  weil 
das  Volk  darin  ein  Augmentativ  eines  vermeintlichen  po{o  erblickte. 
Heate  ist  pocäo  weiblich  und  benennt  den  Arzneitrank.  Piçonha 
aber  —  ursprünglich  „Vergiftungsmittel"  —  ¡st  Verbalsubstantiv 
von  ptçonhar,  s^s.tí.  posoüar  pomoñar  <i  poüonare.^  Vgl.  altportug. 
pofoetiio  für  pdf  Strilo  im  Josalat  42  und  tnpcçdado  CH  169,  3. 

Z.2b.  Es  ist  ¡hi  «=  „ihm"  und  nicht  l/i'  y  zu  lesen,  da  kein 
Rückweis  auf  poçon  [nella  puntura,  wie  Lollis  annimmt)  darin 
stecken  kann. 

Z.  27.  Die  alte,  eigentlich  kastiliscbe,  doch  auch  in  Gallizien 
und  Portugal  übliche  Form  für  „Gerüst",  die  spater  mit  der  Sache 
nicht  verloren  ging,  wohl  aber  auf  „Theaterger üsi"  und  „Schaffot" 
übertragen  ward,  ist  dreisilbiges  lavlado,  bzw.  labiado  tauhdo.  Die 
üblichen  Wendungen  sind  laucar  (seil,  ptdras)  a  ¡aviado  {span,  ¡ansar 
à  tablado),  ferir  lab¡ado  {Aleï.  ijqç),  brüar  o  lavlado  (vg!.  CV  966) 
(span,  ¡ansar  el  tablado).  Heute  sagt  man  in  Portugal  mit  Bezog 
auf  Spieihäuser  lavolagem,  tavoleiro,  ¡avalado. 

Z.  31.  Warum  mite  statt  noute,  da  dei  Diphthong  ou  sich  in 
beiden  Liederbüchern  fíndeL? 

Z.  31  und  33.  O  andar  . . .  e  o  roldar  scheint  mir  nach  wie 
vor  sinnen  Isprechend  er. 

Z,  ¡b.  In  der  allen  Sprache  ist  die  Scheidung  von  Jui  i.  Sg. 
und  /oi  3.  Sg.  noch  nicht  durchgeführt.  In  Z.  39  liefs  auch  Lollis 
ruhig  /oi  für   i.Sg.  bestehen. 

Z.  41^43.  S.  oben.  Ich  verstehe:  Der  Teufel  (pecado,  ohne 
Artikel  wie  dimo)  wird  mich  nimmer  wieder  verleiten  {Ja  mais  me 
pod' engañar),  von  Waífen  zu  reden  (cue  me  faca  ja  fa¡ar  en  armas), 
denn  mir  ist  das  nicht  gegeben  (in  non  m'  ¿  dado).  Ueberflüssig 
ist  es  (ür  mich  darüber  zu  disputieren  [DSado  m' i  de  ar  ¿n  rasBar), 
da  ich  mich  ihrer  nicht  länger  zu  bedienen  haben  werde  [pois  ¡as 
non  ei  a  provar).     Siaít  fatar  läse  man  gern  pegar. 

Z.  45.  DSado,  neben  enddado  von  don,  ursprünglich  immer  mit 
nasaler  Resonanz.  Vgl.  z.  B.  CV  131, 16.  237, 14.  570. 16.  1165,  21. 
US?,  S  - —  wenn  das  Til  auch  bisweilen  über  dem  a  stehl. 

Z.  48.  Sinlkeiro  seniheiro  <,  singu¡arius  kommt  in  der  Bedeu- 
tung singelo  „einfach"  im  Allport  nicht  vor.  Der  Sinn  ist  hier, 
wie  stets,  „einsam  und  allein";  später  in  abgeleitetem  Sinne:  „ab- 
gesondert, sonderbar".  CV  454,  2.  771,1.  772,7,  897,2.  900,8. 
992,  11  {soa  sinÜiiyra).   1002,  8.  1099,  8.  UeO,  18. 


VI.    Kriegslieder. 
Geneles.  —  Non  ven  al  mayo! 
Unter  Einbeziehung  einiger  andrer,    mehr  oder  weniger  groU- 
getiänkter  Spöttereien  auf  Ereignisse  der  andalusìschen  Grenzkriege 


'  Ct.  gmll.  vitonha  neben  visSo<^vi 


aSü  CAROLINA   MICHAELIS    DE    VASCONCELLOS, 

aus  der  Zeit  Alfons'  X.  hat  mein  VorgäDger  ■  sowohl  das  ktiege- 
rische  Mailied,  welches  an  den  miti el alterlichen  Brauch  anknüpft, 
am  1.  Mai  Heerschau  über  die  für  den  SommerfcldEUg  gegen  den 
Erbfeind  verfügbaren  Truppen  ahzuhalten,^  als  auch  die  mciser- 
hafie  Schlachtschildi'rung  förderlichst  untersucht,  in  welcher  der 
auf  seinem  Berbcrrofs  anstürmende  Gentle  und  der  furch  [gel  ahmte 
Coleife  einander  gegenüber  gestellt  sind.  Und  an  seinem  End- 
ergebnis ist  nicht  zu  rütteln.  Die  Cantiga,  welche  mit  dem  Prä- 
ludium anhebt: 

0  gene  le, 


1  alraiai  corredor 


o  coteife  eoe  pavor  — 
sie  betrifft  einen  Sieg  der  Mauren  über  die  Christen  zur  Sommer- 
zeit im  Flnlsgebiet  des  Guadal(¡uivir.3  Und  das  temperamentvolle 
Sirvent<;s,  dessen  hübscher  Kehrreim  dieser  Mitteilung  zum  Neben- 
litel  dient,  ist  keineswegs  auf  einen  einzigen  Verräter  gemünzt, 
sondern  der  Zomausbruch  eines  kastilisch-leonesischen  Fürsten 
gt^gen  eine  ganze  Reihe  lässiger,  abtrünniger  und  selbstsüchtiger 
Vasallen  oder  Verbündeter,  die  ihn  im  Kriege  verlassen  haben.' 
Der  besiegte  Monarch  des  ersten  Gedichtes  wie  der  schmählich 
im  Stich  gelassene  des  andern,  der  in  wildgewordenem  Humor 
sein  eignes  Mifsgeschick  verlacht,  ist  kein  andrer  als  Alfons  X. 
—  d.  h,  der  Verfasser  des  Salve  Rainha,  womit  die  als  Werk  eines 
Rey  de  Castella  e  de  Leon  bezeichnete  Gedicbtgruppe  anhebt, 
in  welcher  die  beiden  Lieder  enthalten  sind. 

Wenn  ich  trotzdem  darauf  zurückkomme,  so  mag  zur  Ejit- 
schuldißung  dienen,  dafs  es  Cesare  de  Lollis  weder  geglückt  ist, 
die  Ereignisse  und  die  Zeit  noch  den  Ort  genauer  herauszuschälen, 
auf  welche  die  Gedichte  sich  beziehen,  noch  auch  sämtliche  Einzel- 
Anspielungen  darin  ausreichend  zu  erklären.  Dunkelheiten  über- 
genug sind  übrig  geblieben,  um  immer  von  neuem  zur  Forschung, 
teils  im  Liederbuch  selbst,  teils  in  den  historischen  Quellenschriften 


'  SiMd.  Fil.  Rom.  IV  41—56. 

*  Die  EtnberuTuag  (0  chamamenio,  et  llamamiento')  geschali  viel  frSber, 
oft  im  Febmar.    Die  Mosate  März  und  April  dienten  ziu  Vorbeteitung. 

"  Stud.  m.  Som.  IV  51:  ...  cai  Mori  eembatti  ripetutamente  Ai/aiue  X. 
e  ad  una  deUe  fante  battaglie  che  accaddero  puh  riportarsi  la  descrivane 
della  tant:  74  . . .  il  teatro  delle  guerre  Ira  Alfonso  X  ed  i  Mori  Ju  quasi 
sempre  il  suolo  d"  Andalusia  che  il  Guadalquivir  attraversa  per  lungo  tratto 
del  suo  corso.  —  Nfihtrc»  iibfr  den  Kampfplali  folgt  weiter  unten.  —  Die 
Möglichkeit,  dils  es  sich  um  Alfons  VIIL  und  die  Schlacht  von  AUicos 
handeln  kennte,  war  vorher  (46 — 47)  erörtert  und  mit  stichhaltigen  Gründen 
zurückgewiesen  worden.  Aach  die  andre,  Alfom  IX.  und  der  Sieg  von  Las 
Navas  sei  im  Spiel.  —  Von  Alfons  XI.  ist  nicht  die  Rede. 

'  Sfogo  d"  un  principe  contro  la  defetione  dei  suoi  vaísalli  o  dei  suoi 
alleali  (49)  . , ,  petrebòe  alludere  ai  tradimenti  e  alle  disenioni  di  motti  tuoi 

sudditi  (SI). 


RANDGLOSSEN   ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  287 

inboieizeD.    Beim  Vergleich  der  Lieder  unter  einander  und  durch 
Stadien  der  Prosawerke  des  13.  und  14.  Jhs.  fällt  dann  bald  hier- 
bÌD|  bald   dorthin   ein  Lichtstrahl   und  verhilft  zu  sachlicher  Aus- 
deatang  von  Formeln,  Begriffen,  Anspielungen.    Als  solchen  Licht- 
blick betrachte   ich   die  Einsicht,    dafs   eine  in  mehreren  der  ein- 
schlägigen Gedichte  enthaltene  Vocabel  ein  unauffälliger,  von  dem 
ital.  Gelehrten    nicht    beachteter  Wegweiser    zur   Bestimmung    der 
Entstehungs-Gelegenheit  und  -Zeit  ist    Ich  meine  das  Wort  GeneU. 
Auch  ziehe  ich  noch  andre  Kriegslieder  von  Vasallen  in  Be- 
tracht, natürlich   nicht  ohne  zu  versuchen,   sie  textkntisch  herzu- 
stellen, so  arg  verderbt  auch  einige  darunter  sind. 

De  Lollis  hatte  ausführlicher  die  vier  Gedichte  des  Königs 
bebandelt  (CV  69.  74.  77.  79  =  I — IV);  nebenbei  zwei  von  Pero 
Gomes  Barroso  (CV  1065.  1056  ==  VII— Vili);  eines  von  Gil 
Perez  Conde  (CB  1520  =  Xll);  ganz  flüchtig  noch  ein  Stück 
von  Affonso  Mendes  de  Bèsteiros  (CB  1558  =  IX).  Ich  füge 
ein  weiteres  Liederpaar  von  Barroso  hinzu  (CV  1063  und  1054 
=  VI— VII),  sowie  etliche  von  Gil  Perez  (1616—18.  1522—24). 
Ms  Anhang  betrachte  ich  dann  ein  paar  nur  indirekt  damit  zu- 
sammenhängende Kriegsgesänge  von  diesem  sogenannten  „Grafen'' 
wie  auch  von  Bèsteiros  (1625.  1526.  1530 — 32  und  1550).  — 
Bas  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  dieselbe  Zeit  gehörige  Lied 
vom  Seemann  ward  in  der  vorausgehenden  Randglosse  schon  be- 
sprochen. 

A.    Die  Gedichte 

26 — 29  von  Alfons  X.,  Rey  de  Castella  e  de  Leon. 

I. 
(26.) 

Don  foan,  quand'  ogan(o)  aqui  chegon, 
primelrament'  e  viu  volta  a  guerra, 
tan  gran  sabor  ouve  d' ir  a  sa  terra 
que  logtt'  enton  por  adail  filhou 
5     seu  coraçon;  e  el  fex-lhi  leixar 

—  po'- lo  mais  toste  da  guerra  longar  — 
prez  e  esforco,  e  passou  a  serra. 

£n  esto  fez  com'  [om]e  de  bon  sen 
en  fìlhar  adail  que  conhocia 
IO    que  estes  passos  maos  ben  aabia, 

e  el  guardo[u]  -  o  logu'  enton  muy  ben 
d'  eles  e  fez -H  de  destro  leixar 
lealdad'  e  de  seestro  lidar 
[e  levou-o  a  Portugal  (?)  sa  via!] 

15  O  adail  é  muy  gran  sabedor 

que  o  guîou  por  aquela  carreira, 
porque  [o]  fez  desviftr  da  fronteira 
e  en  tal  guerra  leixar  seu  senhor. 


CAROLINA   UICHAEUS    DE   VASCDÜCSLLOS, 

E  dîrti-*iu  al  que  Ihi  fez  leixat; 
lo     ben  que  podia  (acer,  por  lieu, 
íí'-lo  pocT  alen  a  Talaveiti.  — 

&Iuiio  Toy  ledo,  se  Deas  m«  pcidon, 

qaando  se  viu  d'  aqueles  pasïos  fora 
que  vus  ja  dix',  e  diss'  ai  essa  ota: 
15     „Pac  Deus,  adiil,  moil'  ei  gran  mon 
de  sempre  vus  mia  fazeoda  leixai; 

e  ja  mais  nunca  cuìdei  passar  Lora! 

E  ao  demo  von  acomendar 
30     prez  d'  este  iniiDd(D)  e  armas  e  Ii<kr, 
ca  ben  é  jogo  de  que  oroeo  chora." 


(CV  69.) 


CV:  \  ffeSo.  Diese  dreisilbige  Form  Vax  fulano,  die  häuSg  vorkomml, 
isl  an  dieser  Stelle  unannehmbar,  doch  liegt  kein  Grund  vor,  sie  statt  iti 
zweisilbiges  foon,  in  yoan  oder  gar  in  yo3a  umzuwandeln.  Weiteres  im  CA. 
Man  mocble  Jian  belotien.  —  3  uelta  t  guerra  —  4  logúete  —  7  es/orcc  — 
S  /et  —  bÍB.  Vor  dem  Subst.  ist  die  apokopierte  Form  die  gebräuchliche, 
was  uns  zwingt,  eine  Silbe  einzuschieben.  Stati  om  (wegen  der  Wiederholung 
ausgefallen)  könnte  et  auch  o  sein:  fei  a  come  de  hon  seit  ^  <¡  eu  — 
13  íeesira  leîxar  lidar  —  16  pem  qla  —  17  dtsguiar;  ein  mir  UDbekanotea 
Wort,  wogegen  desviar  oft  vorkommt,  z.  B.  CV1B08.  —  18  seno'  —  19  ues 
—  10  peda  —  II  Í  feie  0  —  calaueyra  —  27  mùua  desft  legasftta  — 
30  lidax  —  31  ca  nò,  was  mir  widersinnig  vorkommt.  Wer  dem  Kriegs- 
handwerk Lebewohl  sagt,  kann  nichl  iulsem,  dasselbe  sei  ein  Spiel,  das  der 
Mctisch  nicht  beweine. 

Heuer  in  Z.  i  zeigt,  daTs  unser  Gedicht,  wie  alles  Gal lizisch- 
Portugiesische,  bald  nach  dem  Ereignis  gedichtet  worden  ist. 
Wenn  nicht  im  Feldlager  selbst,  so  im  Winterquartier  nach  Be- 
endigung der  Campagne.  —  Zu  voUa  a  guerra^  „den  Krieg  er- 
öffnet" vgl.  man  Espejo  III  5,  17:  ìa  halaHa  es  vuelta  und  siendo  ¡a 
batalla  vuelta:  „sobald  der  Kampf  sich  entsponnen  hat";  „sobald 
man  handgemein  geworden  war".  —  Adail  (altspan.  adalil,  neuspan. 
adalid)  (4)  war  der  offizielle,  aus  dem  Arabischen  übernommene 
Name  des  Wegführers  bei  Einfällen  in  Feindesland,  Et  rangierte 
gleich  nach  dem  eigentlichen  Heerführer  oder  cabditllo,  wie  man 
aus  den  Gesetzen  des  Espejo  ersieht  (111  8,  3 — 6  u.  g),  und  war 
natürlich  ein  Leichlberil tener.'  —  Die  Serra  (7)  ¡st  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  dieselbe,  welche  der  Held  des  folgenden  Stücks 
überschritt  Möglich  dais  es  sich  sogar  um  die  gleiche  Persön- 
lichkeit handelt,  die  auch  in  No.  VIII  Zielscheibe  des  Spottes  ist 
und  zufälligerweise  den  Namen  Joan  führte. 

In  der  fehlenden  Zeile  14  vermute  ich  eine  Ortsangabe,  wie 
am  Schlüsse  der  übrigen  drei  Stanzen,  1st  der  verhöhnte  Feigling 
wirklich  der,  welchen  Affonso  Mendes  deBèsleiros  auslacht,  so 
darf  man  Portugal  einfügen.     Das  Reimwort    mufste  in  -ia   enden. 

'  Vgl.  Uetcnlano  IV  146, 


I 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  289 

Ir  sa  via  ist  eine  im  Liederbuch  an  die  hundert  Mal  gebrauchte 
Formel  für  ,^ich  auf  den  Weg  máchenos  ,^uf-  und  davongehen'S 
nausreifsen". 

Habe  ich  recht  mit  obiger  Annahme,  so  dürfen  wir  an 
Talaveira  la  Real  bei  Badajoz  denken.  —  Mit  calaveira  (Hispanis- 
mus  für  port  cavara  „Totenkopf"?)  weifs  ich  hier  nichts  anzufangen.^ 
Und  der  Ort  Calavera  (Murcia)  würde  uns  in  ein  von  Granada, 
dem  Guadalquivir  und  der  Campiña  allzu  weit  entferntes  Gebiet 
führen.  —  Carreira  (16)  ist  im  Liederbuch  wie  in  den  zeitgenössischen 
Prosatexten  das  for  „Landstrafse,  Heerstrafse"  gebrauchte  Wort. 

Lora  del  Rio  (28)  liegt  nordwärts  von  Sevilla. 

(27.)  n. 

o  genete 
pois  remete 
seu  alfaraz  corredor 
estremece 
5     e  esmorece 

o  coteife  con  pavor. 

Vi  coteifes  orpelados 
estar  may  mal  espantados, 
e  genetes  trosqniados 
10    corrían -nos  arredor, 
e  .  .  .  .  mal  aneados 
perdían  a  [sa]  color. 

Vi  coteifes  de  gran  brío 
eno  meio  do  estío 
15     estar  tremendo  sen  frió 
ant'  os  mouros  d'  Azamor. 
£nchia-se  d'  eles  río 
qu'Auguadalqoivir  mayor. 

Vi  en  de  coteifes  azes 

20    con azes 

mais ca  rapazes, 

e  ouveron  tal  pavor 

que  os  sens  panos  d'  arrazes  (?) 

tomaron  d'  outra  color. 

25  Vi  coteifes  con  arminhos, 

conhocedores  de  vinhos 

e  rapazes  dos  martinhos, 

qne  non  tragian  ....  or 

sairon  aos  mesquinhos 
30    ....  todo  o  peor. 


^  Ais  Hispanismus  wäre  es  im  Gallizischen  nicht  unerhört.    Wir  fìnden 
^^  amena  arena  u.  a.  m. 


Zeitochr.  £  rom.  PhiL  XXV. 


19 


ago  CAROLINA    mCHAELIS   DE   VASC0NCELL08, 

Vi  coleifes  e  cochöes 
con  may  [maïs]  longos  granliSes 
que  as  barvas  dos  cabrScs, 
BO  son  do  aUmbor 
35     os  deitavan  dos  arçOes 

ant'  os  pees  do  sea  senhor.  (CV  74.) 

Das  bemerken iwerte  Gedicht  íil  leider  veistñmmelt ,  besonders  in  den 
Millelstrophea  ;  rettungslos,  wenn  nichl  das  Studium  von  CB  Aufklütuag  bringt. 
—  Braga  bit  im  Raten  das  Mögliche  gcthan  ;  doch  wei  möchte  dafür  einslehen, 
dafs  ibm  all  and  jede  Lösung  geglückt  ist? —  Atii  den  Buchstaben  Monad's 
weila  ich  für  Z.  i3  —  20  und  26 — iS  nichts  Befriedigendes  berausziileseiL  — 
4  estri  nule  —   6  conpanar  —   7  coteyses  —   Ili  gnhänos  —  13  Vcotàffos 

degranhS  —  15  fiÄ l6  ditamor  —  17 — 18  ehias/e  dilles  rrô  §  augua 

dilq^uir  —  20 — 12  cois  ¡guates  auù  proret  ea  rrafates  eou  cd  rafa  turò  — 
aj  da  naiis  —  2$  coieiffos  —  36  coHho(edois  de  vyös  —  17  rrafaios  — 
î8  rragiä  ¡etiü  taira  —   2g  z /erto  ledo  o  peor  —   3t  cochees 

Die  ersten  sechs  Zeilen,  so  gewandt  und  hurtig  sie  auch, 
volkstflmlicheD  Ganges,  ei nh erschreiten  und  so  klar  ihr  Sinn  ist, 
erregen  dennoch  verschiedene  Bedenken.  Sie  weichen  in  ungewöhn- 
licher Weise  von  den  nachfolgenden  ab,  nicht  was  den  Rhythmus, 
wohl  aber  was  Zahl  und  Anordnung  der  ZeÜL^n  und  Reimbildung 
betriffl.'  Haben  wir  sie  als  selbständiges,  fragmentarisch  erhaltenes 
Lied  zu  betrachten?  Î  Als  Anfangsstrophe?  Dann  wurden  ihr  in- 
folge schlechter  Ueberlieferung  zweimal  sieben  Silben  am  Ende 
fehlen?  Als  blofses  Präludium  (Thema  oder  Motto)  zu  der  nach- 
folgenden Schilderung,  mit  deren  Strophen  sie  sowohl  den  Gegen- 
stand wie  den  Reim  -or  gemein  hat?  Oder,  wie  ich  annehme, 
als  Kehrreim,  der  vorangestellt  ward,  wie  immer  in  den  Cantigas 
de  Mariai  Dann  fehlt,  wenigstens  in  der  einen  ital.  Abschrift, 
jede  Andeutung  der  Wiederholung  am  Ende  der  Strophen.^ 

Diese  in  sechs  Reihen  aaboob  aufzulösen  (und  nicht  in  vier, 
wie  Braga  me^kwürdiger^^'eise  gethan  hat),  ist  Pñicht,^  da  auf  jene 


'  Rbylbmisch  haben  wir  sie  als  eine  Nachahmung  proveni.  Voibllder  zu 
betrachten,  wie  ich  anderwärts  zeige  (vgl.  Sandgl.Wl  S.  15S  Anm.  3  und 
Caticianeira  da  A/uJa),  Doch  auch  im  portug.  Liederbuch  ist  sie  kein  llDicom. 
ParalleUtäcke,  wenn  auch  mit  Abweich  ungen ,  sind:  CB  244:  Leonorela  ßn 
rosela  —  Bela  sobre  loda  fror  oder  Senhor  genia  mi  fórmenla  —  Vosi"  amor 
dt  guisa  lai  und  CB  1655  :  Lop'  Anaya  non  se  vaya  —  Ca  senhor  se  i"  ora 
Tay.  Vgl.  auch  CM  800,  wo  Verse  wie  E  onrada  —  Et  amada  —  A  fet 
tanto  que  sen  far  —  É  precada  —  E  loada  —  El  será  quatta  el  durar 
nur  ein  Teilsiuck  der  Strophen  bilden.     Aehnlich  ist  auch  CB  470. 

*  Monaci  beíeichnet  sie  als  No.  74,  legi  aber  Vi  csteifes  die  gleiche 
Nummer  bei. 

>  Das  Schema  ware  in  diesem  Falle:  aaababCCBDDB  (Septenarios). 

'  CB  244  und  1556  sind  wie  lauter  Siebensilhner  geschrieben.  Vgl, 
Bartsch,  Chreslom.  Prov.  73.  In  CV  74  sind  die  Zeilen  wie  Prosa  (oder 
Musikttxtc)  gedruckt.  —  Auch  Lollis  (45  Anm.  1)  stellt  die  in  Kurizeilen  ler- 
leg;te  L«sart  natürlich  als  die  allein  annehmbare  bin  und  verficht  sie  gegen 
BngB,  dessen  Text  sonst  übrigens  nur  im  Worte  estremenle  Tehterhait  ist.  — 
Wie  LoUis  den  gatmen  Rest  der  Cinione  liest  und  deutet,  teilt  er  sieht  mit. 


[   ZUM  AUVOKt.  UBUaCBDCB. 


açi 


I 


Wdae  zwar  BinneiireíiDe <   geronnen   werden,   aber  kein  Endreün 
(sbcb). 

Zn  verstehen  hat  man:  „Wenn  der  Genete  sein  fean'ges  Rofs 
com  Angriff  spornt,  so  ordttert  und  erbleicht  der  h&senhenige 
Coteiie". 

Ueber  GentU  siehe  weiter  unten.  —  Ueber  CoUi/t,  in  dem  ich 
vergebens  neben  vielem  andern  einen  Stamm-  oder  Völkemamen 
gesucht  habe,  ist  Randgleist  I  und  IV  za  vergleichen. 

Ob  oTptlados  (7),  als  Hispanismos,  im  Sinne  von  hurripüados 
(mod.  port  ampiadoi)  aufzufassen  ist?  Oder  ob  der  Autor,  ivie 
ans  den  Worten  arminkos  und  pannos  d'  arrazet  durchzublicken 
scheint,  die  moralisch  als  villBti  gezeichneten  und  mit  dem  herab- 
würdigenden Schmâbtilel  cochSes  bedachten  Cottiftt  als  iuxuös  aas- 
gestattete ^^'eich-  oder  Lüstlinge  {auripiüalos)  charakterisieren  wül? 
Bei  panos  d'  arrasts  an  flandrische  Wirkereien  aus  Arras  im  mo- 
dernen Sinne  zn  denken,  geht  freilich  kaum  an.  Dais  der  König 
ihnen  gelegentlich  seinen  Pelzmantel  bestimmte,  wissen  wir  bereits. 
Jedenfalls  sind  sie  hier  Berittene,  und  nicht  FuCssoldaten,  wie  in 
andern  alfonsinischt^n  Gedichten.^ 

LolUs  liest  mit  Braga  {statt  com'am):  t  genel/s  irosquiados  co- 
briam-itos  a  redor  und  denkt  an  Schaaren  niedergemetzelter  und 
altem  Brauch  gemäfa  im  Tode  gesdiorener  Christen.*  Damit  wird, 
meiner  Ansicht  nach,  das  ganze  Schlachtbild  gefälscht  Abgesehen 
davon  dafs  es  durch  nichts  erwiesen  und  an  und  für  sich  höchst 
unwahrscheinlich  bt,  dafs  man  am  Leichnam  massenweise  im 
Kampfe  Gefallener  die  meinethalben  abergläubische,  aber  fromme 
ProsedoT  vornahm,  die  aur  Einsa^ung  der  ruhig  in  ihrem  Bette 
Verschiedenen  gehörte,*  sind  die  gcneles  Irosquiados  nicht  tote  und 
besiegte  Christen,  sondern  lebendige  und  siegreich  das  Feld  be- 
hauptende Berber,  die  den  Feind  umzingelten.  Kutzgeschoren  im 
Gegensatz  zu  den  langhaarigen  und  langbärtigen  colrìfis,  deren 
granhSa  uns  schon  bekannt  sind.^ 

■  Binnenreim  hibeo  wir  z.  B.  in  CB  468^. 

*  Um  dem  Mangel  an  KriegspfeTdcii,  Über  den  er  m  klagen  hatte,  ab- 
luheUen,  ipricb  Alfons  X.  alle  Gutsbesitzer  der  Piovìdi  Esiremailura  sowie 
die  von  ihnen  abhängigen  UÜller,  Gaitcer  und  Bnuetn  von  der  Abgabe  der 
martinùga  und  fonmdera  frei,  falls  sie  Pfeid  und  Waffen  hielten:  <■  por 
tilo  gtte  fuest  lenudo  d'  ir  strvir  a  la  frontera  cada  qui  il  Rty  !e  llamase 
sin  U  dar  el  Riy  otra  cosa  ninguna  por  los  tres  mises  del  servicio  (Croa. 
Alf.  e.  la  nnd  Fuera  Real  IV  19,  3).  —  Wie  diese  Gattung  Berittener  aiu 
der  Weslprovini  benannt  wurde,  habe  ¡eh  nicht  ausUndig  machen  können, 
noch  auch,  welcher  Art  ihre  Bewaffnung  war. 

'  Oder  denkt  er  an  Maurtn?  Darüber  bin  ich  mir  nicht  klar.  VgL 
Studj  ^6,  Anm.  I.     Sie  lautet:  morti.  —   Si  usava  Irosquiar  (losar)  i  morii. 

<  Dem  Sterbenden,  ehe  er  die  letzte  Wegzehrung  erhält  (oder,  wenn  das 
nicht  angeht,  dem  schon  Gestorbenen)  Hanpthaat  und  Bart  lu  stoUen,  ist 
noch  beute  frommer  Brauch.  —  Und  die  Texistelle,  welche  im  Elucidario 
angefahrt  wird,  bedeotet  kaum  etwas  Anderes.  —  Eme  entehrende  Strafe  für 
Verrat  tcheint  das  Scheeren  Lebender  zeitweise  gewesen  m  sein,  doch  wohl 
DDc  in  Begleitung  dor  Ahndung  an  Leib  und  Leben  (Herculano  IV  J38)> 

'  Alfons  X.  zeichnet  ficüich  nicht  nur  die  andaluslschen  Mnuien  als 
19* 


¿92  CAROLINA  MICHAEUS   DE  VASCONCBLLOSi 

Sind  es  diese,  die,  unsicher  im  Sattel  sitzend  {mal  afcadoi 
die  Farbe  wechseln,  so  darf  man  in  Z.  9  ein  Schmahwort  vermute] 
(Nicht  granhäos  oder  granhdes,  denn  wir  brauchen  ein  zweisilbigi 
Wort)  Aber  das  ist  eben  die  Frage.  Weiter  unten  sind  es  flu 
Kleider  oder  Satteldecken  {panos),  die  von  Blut,  Schweifs  od 
Schmutz  einen  neuen  unschönen  Farbenûberzug  erhalten. 

Der  Zeile  19  fehlt  der  Reim,  wenn  man  da  granhon  steht 
läfstJ  —  £in  Flufs,  der  durch  Blut  und  Leichen  angewadisen 
ist  als  der  Guadalquivir,  kann  nicht  dieser  selbst  sein.  —  L 
volksetymologische  Umformung  von  Guad-  zu  ''Augua{d^  ist  so  b 
kannt,  dafs  ich  keine  Belegstellen  anführe,  um  die  Echtheit  d 
Lesart  zu  begründen. 

(28.)  in. 

O  que  foi  passar  a  serra 
e  non  qnis  servir  a  terra 
e  ora  entra  na  gaerra 
¿que  faroneja? 
5    Pois  el  agora  tan  multo  erra 
¡maldito  seja! 

O  que  levou  os  dinheiros 
e  non  troux'os  cavaleiros, 
¿è  por  non  ir  nos  primeìros 
IO  que  faroneja? 

Pois  (que)  veo  con  os  postnmeiros 
¡maldito  seja! 

O  que  filhou  gran  soldada 
e  nunca  fez  cavalgada 
15     ¿é  por  non  ir  a  GrSada 
que  faroneja? 
Se  6  ricome(n)  ou  á  mesnada 
¡maldito  seja! 

O  que  meteu  na  taleiga 
20    pouc'  aver  e  muita  meiga 
¿é  por  non  entrar  na  Veiga 

que  faroneja? 
Pois  chus  mol  é  que  manteiga, 

¡maldito  seja!  (CV77.) 

2  Jfut'r  —    3  í«  franta   —    9  0   —    lO  fareneia  —    1 1  pois  q  ueo 
nos  —  12  mal  dico  —  15  groada  —  16  faraneia  —  17  amesuada  —  19  1 
ta  leiga  —    20  muy  to  —    2^  ghus  mo  le  g  mantey  qa 

Unter  dem  Gebirge,  das  der  Ausreifscr  überschreitet,  werde 
wir  in  einem  Gedichte,  das  die  Veiga  nennt,  die  Montañas  de  Gr 

mouros  barvudos.    Er  benutzt  dieselbe  Bezeichnung  mit  Bezug  auf  die  12 
irisch  aus  Afrika  herübergekommenen  Heerschaaren  des  Abu-Yuçuf. 
^  Aus  der  Abbreviatur  b'*o  konnte  leicht  ho  entstehen. 


RANDGLOSSEN  ZUM    ALTPORT.  LlEDERBL'Cl 


293 


nada   zn   verstehen    haben.  —    Servir  a   Ierra  bedeutet:    für    vom 
König  gewährten  Länderbesitz  Kriegsdienste  leisten.    S.  u.  VI  6.  — 

1  und  Lollis  schreiben  entrauta.  Ein  Zeitwort  entrautar  ist  mir 
unbekannt  Für  euirant'  a  guerra,  wie  ich  früher  schrieb,  habe  ich 
keine  Belege  finden  können.  —  lieber  faronejar  {von  faron  farol') 
im  Sinne  vob  „fackeln"  und  „wittern"  vgl.  Fragmentos  Elymohgicos 
No.  XL.  Es  liegt  kein  Grund  vor,  die  viermal  wiederholte  Form 
mit  r  durch  das  unbekannte  _/ín'oní/Í7r  (von  yacen w?)  zu  ersetzen.  — 
Dem  säumigen  und  feigen  Vasallen,  der  mit  seinen  Rittern  zu  spät 
eintrifft  und  es  auch  dann  so  einzurichten  versteht,  dafs  er  an 
keinem  Ritt  in  Feindesland  teilnimmt,  wirft  der  König  Fiickelei 
und  Flunkerei  vor. 

Cùvalgada  (14)  als  ein  Teil  der  hueste  bedeutet  corredura  en 
tierra  de  los  enemigas,  robando-la  e  ¡alando-la.    Vgl.  Espejo  UI  71. 

Atier  (oder  t¿r)  mesnada  (17)  oder  ser  mesnadero  bedeutet  „zur 
königl.  Haus-  oder  Leibgarde  gehören".  Vgl.  Espejo  de  lodos  lös 
derechos  III  13,  6:  mtsrtaderos  ton  dichos  por  estas  razones:  la  una 
por^e  son  satallos  del  rey  e  reciben  su  bienfecho  señaladamienit  e  viven 
con  ti  en  su  casa  mas  que  otros  cavalleros  del  regno;  la  otra  porgue 
deven  guardar  su  cuerpo  del  rey  de  dia  y  de  noche, 

Ueber  laleiga  {19)  im  alten  Sinne  von  „Proviant,  Mundvonat" 
vgl.   las    casas    qtu   ¡raten  para  governarsi    a    ellos   e    a    sut    besliat 
(Espejo  III  8,  5  u.  S).  —  Meiga  (=:  magica)  hier  wohl  im  Sinne  von 
„Flunkerei,  Listelei"? 

Von  der  Textgestaltung, 
Lus.  in  164  versucht  habe,  entfernt  sich  diese  in  Einzelheiten.    Ich 
babe  versucht,  der  Lebendigkeit  des  Dichtenden  gerecht  zu  werden. 

(Ï90  IV. 
da  guerra  levón  cavaleiios 

rra  Toy  giüirdar  dmhciros 

mal  d  ade 


CAROLINA   laCHAELIS    DB   VASCONCELLOS, 

O  que  tragia  o  pendón  sen  tele 
30    e  cinta  ancha  e  muy  gran  topete 
DOD  vea  al  mayo! 
O  que  Uagia  o  pendón  sen  tenda, 
per  quant'  agora  sci  de  sa  fazenda, 
non  ven  al  mayo! 
15  O  qne  se  Toy  comendo  {Aoí)  marlinhoa 

e  a  sa  tena  foy  bevcr  dos  vinhos 
non  ven  al  majo  I 
O  qne  con  meda  fugiu  da  fronlcii», 
peía  tragia  pendón  sen  caldcira, 
30  non  ven  al  mayo  i 

O  que  roubou  (?)  os  mouros  maldiloi 
e  a  sa  teira  foy  loubar  cabritos 
non  ven  al  mayo  ! 
O  que  da  guerra  se  foy  coa  Cípanlo 

non  ven  al  mayo! 

O  que  da  gnerra  se  Toy  con  gran  meda 

contra  sa  terra  espargimdo  vedo, 

non  ven  al  mayo! 

40  O  que  tragia  pendón  de  cadarzo, 

macar  non  veo  en  mes  de  marco, 

O  qne  da  goerra  foy  por  recaudo, 
macar  en  Burgos  fez  pintar  escudo, 
45  non  ven  al  mayo! 


(CVTO.} 


Siehe  CB  p.  fi7,  wo  das  Gedicht  von  Strophe  7  an  zu  lesen  ist.  Ver- 
gleicht man  beide  Teite,  so  scheint  es,  als  ob  die  in  Monaci'«  Betitt  über- 
gegangene Handscbrin  nicht  eben  viel  lar  Klärung  bcilrageu  würde.  Fast  alle 
Fehisch [cibuDccn  ñnden  sich  auch  dort.  Vielleicht  lälst  ¡ich  wenigstens  Str.  5 
herstellen?  —  Was  ich,  von  der  Orthographie  abgesehen,  geändert  habe,  ist 
folgende»:  Z.I  de  —  J  neu  al  meyo  —  4  rfi  —  5  cotttpar  —  7  <*?  —  tarnt 
ga  —  S  tuo  —  1 1  uelo  —  1 3  aus  ang"  e  ue  dtde  sen  pedra  ouifo  wage  kh 
nichts  la  machen  —  i¡  desja  —  24  cS  mtdo  —  36  ¡ùs  uyùs  —  16  moldeas  — 
35  mäeo  —   40  çadarco  —   41  tuaear  —  uea  —  marea 

In  Z,  I.  4.  7  empñehlt  sich  da  guerra  statt  de  guerra,  um  so 
mehr  da  wir  es  in  Str.  12.  13.  15  wiedcrnoden.  Im  dritten  Dt- 
Gticfaon  ersetzt  Braga  jumiga  „Unfriede,  Zwist"  durch  ntmigo,  tmd 
é  preilesia  durch  á  pretto  sigo,  wohl  weil  er  an  dem  unvolikommnen 
Reim  AnstoFs  nahm.  Und  Lollis  schliefst  sich  ¡hm  an.'  Ebenso 
Menendez  y  Pela3'0.2  Preiksia,  kasL  ¡¡leilesia  ^  „Vereinbarung,  an- 
beraumter Zeilpunkl"  ist  jedoch  ein  gutes  altes  vielgebrauchtes  Wort,' 


I 


,   die  naiüilich   hiniällig  in. 


'  Er   knüpft   in   nemiffa  eine  Interpreta' 
Vgl.  Studj  4g  and  Ji. 

'  Vgl.  CV  468,  7;   P.  M.  H.  Scriff.  164.  —  CreH.  Alf.  X:   p.  34« 
jitse  pUätna  ;    44  *•.  6 1  firmò  in  pliiteiia  ;    5g  >>  camensó-le  eon   muehas  pUi- 
'"' —    "''^  PI  S,  17  tira  ple/leiia  itou  pttede  aver  ¡en«H  venctr. 


RANOOLOSSBN  ZUM   ALTPORT.  LIEDERBUCH.  295 

^enau  wie  nemiga\^  und  Assonanz  gerade  in  Gedichten  mit  volks- 
mâ/s^ieQ  Zweizeilern  ist  durchaus  nichts  Unerhörtes.^ 

Str.  5.  Vielleicht  m  quiçoi    Ich  kenne  das  Wort  nur  im  Sinne 
von  Thûrangel  {dobradiça)  aus  CB  427.    Doch  Heise  es  sich  denken, 
daTs    es  auch   einen  Stutzpunkt  (im  Gürtel?  oder  am  Sattel?)  d.  h. 
einexi  engonzo  fur  den  pendón  bezeichnet  habe,  in  dem  ein  Wenden 
and    Drehen  der  Fahne  möglich  war.     Für  die  zweite  Zeile  würde 
aasg^ezeichnet  da  sua  taleiga  o  vico  passen.    Doch  erlaubt  der  Buch- 
sta.l>^  solche  Konjektur  nicht  San  Pedroi  für  Juni  oder  Sommerernte? 
Str.  6.   Pendon  sen  otto  und  in  der  folgenden  Strophe  pendón  sen 
sei^     lieifst,   denke  ich;   ohne  jene  acht  oder  sieben  Ritter,  die  der 
R£r€>mt  je  nach   der  Höhe   des  algo^   das  er  empfing,   zu  stellen 
verpflichtet  war.     Wenigstens  wird  häufig  berichtet,  wie  im  Kriege 
dieser  oder   jener    mit   einem  pendón    con    sute   caballeros   ausge- 
schickt ward.* 

Str.  7.  Auch  in  CV  76  spottet  König  Alfons  über  die  breiten 
tel -Schärpen  der  Mode-Grecken:  cintas  sirgadas  muy  anchas. 
Str.  9.  Bei  den  in  allen  Cantigas  häufigen  Wiederholungen 
glemchartiger  Formeln  wäre  con  medo  nicht  zu  verwundem.  Dann 
bleibt  man  im  Unklaren  über  die  Martinhos,  Im  Hinblick 
CV  74,  wo  der  Reim  vinhos  :  martinhos  wiederkehrt,  und  ohne 
^'^^^ifel  an  Martinsgänse  (bzw.  Enten)  und  Most  zu  denken  ist, 
^^^^^int  mir  comendo  und  martinhos  vorzuziehen.* 

Str.  12.    Besonders    lange    und    weite    spanische  Rad -Mäntel 
sctà^nen   eine  Neuerung  gewesen  zu   sein;   und  zwar  schlug  man 
>n  damals,  wie  heute,  den  einen  Zipfel  über  die  Schulter,  eine 
^-%^egang,  die  den  König  realistisch  an  den  Ochsen  gemahnt,  der 
dem  Schwanz   vornüber  nach  Fliegen   schlägt  (CV  75  com  as 
^(u  dos  mantos  transtomados  —  en  que  semeìhan  hois  das  aferradas 
quando  as  moscas  os  vien  coitarl), 
Str.  13.   Vedot  worin  man  ein  Verbalsubst.  von  vedar  „verbieten" 
V^^^o  „Verbot**)    wittern   könnte,    pafst   nicht   recht    in    den  Text 
:hlich  wäre  „Verrat**  besser  zu  brauchen ,  doch  ist  tredo  (=  /ra- 
in aktivem  Sinne)   bis  jetzt  nicht  nachgewiesen.     Fine  allzu 
^^^x^^chneidende  Veränderung  aber  wäre  es,   con  gran  cedo  =  „in 
^^ofeer  Frühe**  und  als  Reim  dazu  espargendo  medo  anzusetzen. 

Str.  15.  Recaudo  erklärt  der  gelehrte  Italiener  durch  per  paura 
\'^'^Midj^g  n.  3).  —  Mit  Rücksicht  auf  die  Verwendung  von  recaòdo, 
^^^^¡òdar,  recahdador  in  den  Chroniken  und  ¡n  den  Gesetzbüchern 
^^uke  ich  an  Fintreiben  von  Proviant  und  Geldern.^     Freilich  ist 


»  CV  1046,  7;   Espejo  TL  3,  i. 

>  CV  876.  878.  879.  884.  885.  886.  887.  889  etc. 

*  Cron,  Alf,  c.  56. 

^  *  Gänse  und  Enten  bilden  heute  nicht  mehr  den  Martinsbralen.    Anch  das 

^JPïichwort  weiíis  nur  vom  frisch  geschlachteten  Schwein:  Cada  porco  tern  seu 
^-  Martinho  und  vom  jungen  Moste:  Dia  dé  S,  Martinho  prova  o  teu  vt'nho, 
""^Ti  Was  denken  sich  die  Verteidiger  von  murtinhos  unter  diesem  Worte?  — 
'^*^crtadeUa  ist  eine  Wurstsorte. 

*  Cron,  p.  9.  52;  Espejo  U  14,  3;  13,  i;  16,  5;  III  2,  i. 


296 


r     "1    --"  iirtiiiiMii.  poce 


AmÍ  da  m  Na  m  mw^JcLte»  Xkf-tme,  dei  gcEackeli  hat 
med  tat  dann  «oO  KñegriHt  ^k1  bíi  grobem  Pomp  und  kom* 
ptelCT  AimiaüMg  nn  Lagn-  —'p"^  ab  die  Friedenssdahnei  ertönt, 
ômI  drei  GediAtc  des  Pero  Gomes  Barroso  gemSnzL  Da  ich 
die  BJognfUe  dies^  Trodiadoan  sdkoit  gtaáaáxa  habe.^  sei 
■BT  knz  TPraeichae*,  Afa  der  partag.  Eddhnaon  noch  in  den 
TagsD  SancteTa  IL  nacfa  *■»***■'  ibcssiedelle^  bd  der  Einnahme 
von  SeiSa  nidit  bh  ■■lliai|J>i.  sondan  aicfa  ansaeichnete,  sich 
ftt  Toledo  mmihltr  md  m  den  Vcrtianeii^ienmieii  des  Kúoigs 
■chñte.'  Es  ist  «fafc^T  »ilii uif  ■■■*«'■*«_  dab  er  ■««»  Kampf  g^eu 
die  GwÊtia,  wie  mbedmqst  an  aUes  Fcldxägen  AlCons'  X.,  teil- 
Hl  iiiMaat)  II  haL  No<A  vor  1284  «ar  eincx  seiner  Enkel  Gebieter 
von   Xodar    and    Bnrghen    von   AkaU   de    Bcnvaide,   por   d  r^ 

üoj   V. 
Sd  (e«)  an  tÌM»e.  —  m  Dca*  db  pcrdoo!  — 
qae  irq**lfcRi  c  tn«e  pwJoa. 

non  pod'd  nry  nbcr  per  aaDu  m 


El  t>^e  tindi  e  tnge  mutju- 
e  (*  raänlM  n  tu  sea  juitu, 

e  con  tod'  esto,  —  ic  mi  *e&]iB  ben  !  — 
non  pod"  el  rey  wbei  per  Dolha  ren 
quando  se  Tay,  neu  s>be  quando  ven. 

Tr«E*  teposl'  e  Inge  es<>ui£Mi 
e  It;^  faquíteito  qne  Ihi  dá  put. 

e  con  lod'  cilo  —  se  mí  »enha  ben  !  — 

non  pod'  el  rei  saber  peí  nulba  sen 

qaando  se  vay,  neo  ube  quando  ven.         (CV1053.) 


'  Weita  nalen  finden  «ir  i.  B.  Campos  nnd  Badalhact  gereiml. 

•  Cane,  da  Ajuda  Bd.  II,  Teil  III,  Bíosr.  XXI. 

*  P.  M.  H,:  S<Hpt.  113  and  305. 


RANDGLOSSEN   ZUM  AT.TPORT.  LIEDERBUCH.  297 

(31)  VI. 

Un  ricome  que  og*  eu  sei 
qae  na  guerra  non  foy  aquí, 
ven  muy  sanhud(o)  e  diz  assi 
como  vus  agora  direi: 
5  diz  que  ten  terra  quai  pediu 

mais  porque  a  nunca  serviu, 
á  muy  gran  querela  del  rey. 

£1  veo,  se  Deus  mi  perdón, 
des  que  [el]  viu  que  era  paz 
10    ¡ben  Ihi  venha  se  ben  [o]  faz! 
pero  mostra  el  tal  razón: 

diz  que  ten  terra  quai  pediu, 
mais  porque  a  nunca  serviu, 
contr'  el  rey  anda  muy  felón.  — 

15  Pero  na  guerra  non  fez  ben 

nen  mal  —  que  non  quis  i  vlir, 

con  coita  d*  el  rey  non  servir 

pero  mostra  el  Oa  ren: 

diz  que  ten  terra  quai  pediu, 
20  mais  porque  a  nunca  serviu, 

al  rey  quer  muy  gran  mal  por  én. 

Sanhudo  ven  contra  el  rey  ja, 
ca  u  foy  mester  non  chegou; 
e  mais  de  mil  vezes  jurou 
25     que  da  terra  non  sairá. 

Diz  que  ten  terra  quai  pediu, 
mais  porque  nunca  a  serviu, 
al  rey  quer  muy  gran  mal  por  én.  (CV  1054.) 

5  pedin  —  6  feruyu  —  8  ued  —  12  ptdin  —  155  fez  ben  —  16  wjr 
—  IT  co  —   18  hua  —   24  iuron  —   25  trra  —   26  tira 

Zu  servir  a  terra  vgl.  oben  III,  2  und  CM  234: 

D.  Rodrigo, 

que  tiinn'  aquela  terra 
ca  ricome  era  del  Roy, 
et  que  con  sens  cavaleiros 
ir  a  auia  de  seruir. 

Im  übrigen  bedarf  das  ironische  Liedchen  keiner  Erklärung.  Der 
Vasall  heuchelt  Zorn  gegen  den  König  —  weil  er  selber  pflicht- 
vergessen gegen  den  Treueid  gefrevelt  hat  und  eigentlich  den 
Strafen  verfallen  wäre,  mit  denen  der  Espejo  und  das  Fuero  Real 
den  Verräter  bedrohen,  der  sich  nicht  zur  hueste  oder  cavalgada 
pünktlich  einfindet. 


298  CAROUNA  MICHAELIS  DE  VASCONCKLLOSy 

(32.)  vn. 

Chegoa  aquí  don  fo3o 
e  veo  muy  ben  guisado, 
pero  non  veo  no  mayo. 
Por  non  chegar  endOado, 
5  demos -Ihi  nos  Qa  maya 

das  que  fezemos  no  mayo! 

Per  bOa  fé,  ben  guisado 
chegou  aqui  don  foSo, 
pero  non  veo  no  mayo. 
10    Mais  por  non  chegar  en  vSo, 
demos -Ihi  nos  Qa  maya 
das  que  fezemos  no  mayo! 

Porque  veo  ben  guisado 
con  tenda  e  con  reposte, 
15    pero  non  veo  no  mayo, 
nen  veo  á  pindecoste, 

demos -Ibi  nos  Qa  maya 
das  que  fezemos  no  mayo! 

Pois  traz  reposte  e  tenda 
20    en  que  se  tenha  [a]  vico, 
pero  non  vêo  no  mayo 
[nen  vêo  fazer  serviço, 

demos  Ihi  nos  Qa  maya] 

das  que  fezemos  no  mayo.  (CV 1056.) 

I  foam  —  hier  aber  brauchen  wir  die  dreisilbige  Form  —  2  eueo  — 
3  ueö  ao  —  4  endoado  —  5  uos  —  6  tnalyo  —  7  hoä  —  8  foä  —  9  ueo  — 
10  uao  —  13  ueo  —  grisado  —  15  ueo  erto  —  16  ueo  —  17  hüä  —  19  tras 
r.  o  tenda  —  20  tenhauiço  —  21  ueo  —  22 — 23  fehlen  in  der  Vorlage. 

Dafs  Barroso  dem  König  sekundiert  and  sich  unmittelbar  an 
Lied  No.  I  anlehnt,  kann  Niemand  verkennen.  Doch  wählte  er 
eine  neue  Liedform.  Mit  einer  Tanzweise  wTirde  der  Spätling  im 
Feldlager  bewillkommnet  Ob  sie  sich  im  Takte  der  traditionellen, 
um  den  Maibaum  gesungenen  Verse  bewegt?  Und  worin  sonst 
mag  die  Maya  der  alfonsinischen  Fechter  bestanden  haben?  ^ 
Wenn  es  sich  übrigens  nicht  um  einen  nur  einmal  realisierten, 
sondern  um  einen  alljährlich  wiederholten  Akt  handelt,  sollte  man 
im  Refrain  fazemos  statt  fezemos  en^-arten.  —  Das  übliche  Wort 
für  Pfingsten  \i*ar  damals  cinquesma  {Opuse.  Leg,  U  41)  und  ist 
heute  Esf>t'rito  Santo, 


^  Mit  Maibiäuchen  und  Mailiedem  beschiftige  ich  midi  in  RamJgí^se 
XXVIIL 


RANDOLOSSBN  ZOK   ALTPORT.  UEDERBDCH.  299 

(33.)  vm. 

Mea  senhor,  direi -vus  ora 
pela  carrara  de  Mora 
—  a  vos  ja  poasastes  fora 
e  con  TOSCO  os  de  Touro  — 
5     [em]pero  que  algaen  chora, 

traga'  ea  o  oar'  e  o  moaro! 

Pero  non  vus  custou  nada 
mia  ida  nen  mia  tomada, 
grad'  a  Deus,  con  mia  espada 
IO    e  con  meu  cavalo  louro 
ben  da  vila  de  GrSada 

tragu'  eu  o  our*  e  o  mouro  ! 

Meu  senhor  ¿que  vus  semelha 
do  que  xe  vose'  aparelha 
15    e  vus  anda  na  orelha, 
rogindo  come  abesouro? 
[De]  Roy  Gomes  de  Telha 

tragu'  eu  o  our'  e  o  mouro  !  (CV  1066.) 

5  ea  pò  —  9  gradades  —  Il  groada  —  13  Aùn  —  14  do  ^xeuo  /cara 
fflha,   —  il  trato  oure  0  mouro. 

Ob  König  Alfons  der  Angeredete  ist,  ob  der  auf  eigne  Faust 
^ternommene  Ritt  nach  Granada,  von  dem  der  Sprecher  Gold 
^d  Gefangene  heimbrachte,  in  dieselbe  Zeit  fällt,  wie  die  übrigen 
Stücke,  und  was  es  mit  Mòra  und  Touro  auf  sich  hat,^  vermag 
^^  nicht  mit  Sicherheit  anzugeben.  Ebenso  wenig,  an  welche  den 
König  maikäferartig  um  die  Ohren  surrenden  Gerüchte  zu  denken 
*^^^  • —  Roy  Gomes  de  Telha  ist  ein  Portugiese,  dessen  Tochter 
"^m  Enkel  Alfonso's,  König  Denis  von  Portugal,  seinen  Lieblings- 
sohn D.  Affonso  Sanches  geschenkt  hat.  Doch  das  kann  erst  zwischen 
1280  und  1290  geschehen  sein.* 

"Wie  Gomes  Barroso  in  die  Spöttereien  des  Königs  über  den 
^^  Idoger  Berechnung  zu  spät  eingetroffenen  Rico-homem  und 
^^nadero  einstimmte,  so  ein  andrer  portugiesischer  Edelmann  — 
^^}  gleichfalls  an  den  Feldzûgen  Ferdinands  und  seines  Sohnes 
^luahm  —  in  die  Lachsalven  über  den  Hasenfufs,  der,  Reifsaus 
J^ehuiend,  über  die  Gebirgspässe  hinfort  und  weiter,  in  nordöst- 
**^er  Richtung  bis  nach  Portugal  galoppierte.  —  Nach  den  Mit- 
^Ituigen  des  Affonso  Mendes  de  Bèsteiros*  überwältigte  ihn 
i^s^be  jähe  Panik ,  in  welche  der  Anblick  der  Genetes  die  Schlacht- 


en i 


^  Es  giebt  ein  Mora  zwischen  Toledo  und  Orgaz. 
•  Os  besouros  säo  agoureiros,  —  Leite  de  Vasconcellos  §  274. 
"  P.  M.  H.  Script.  Tit  31,  lO;  36  und  57.    BrandSo  in  Mon,  Lus,  XVII 
Verficht  eine  andre  Meinung. 
^  S.  über  ihn  Cane,  da  Ajuda  Biogr.  LV. 


$^fO  ChWJUMh  MCaACUS  DE  VASCOHCILLOS» 


r^bfm  (Urr  OHeifes  versetzte.  Sem  realistisches  Spotdied,  in  dem 
fíf  in  áfíu  glüTÍchen  Kerb  baut  wie  König  Alfons,  zeichnet  sich  wie 
No«  11  durch  grof^c  Lebendigkeit  ans,  gerade  als  hätte  der  mige- 
nüiftM  Anprall  der  Wustensöhne  auch  sein  Blut  in  Wallung  ge- 
bracht. 

(34.)  IX- 

Don  foSo  que  en  sei 
que  á  preço  de  livSo, 
vedei  que  fez  ena  guerra 

—  U'  aquesto  sOo  certSo: 

5     sol  que  [el]  vin  os  genetes, 
corne  bol  que  fer  tavSo 

sacudiu  -  s'  e  revoWeu  -  se, 
aiçott  rab'  e  foi  sa  via 
a  Portugal. 

10  Don  foSo  que  eu  sei 

que  á  preço  de  ligeiro, 
vede»  que  fei  ena  guerra, 
--  d*  Aquesto  son  verdadeiro: 
sol  que  viu  os  genet»» 
15    come  beterro  tenreìro 

sacudiu  «s*  e  levobren^se, 
a)\»n  tab*  e  ibi  sa  vìa 
a  PMtncaL 

Don  soSk»  qne  en  «s 
Xk    q«e  i  pm  «ie  Hti^^Uòè. 
Tt>k$  ^^K  Sbi  (»a  ipKfTa 

—  sft!S«%iie«C'  jv«  T^esviikBe: 

$«l  «^  XÎn  CkS>  ^¡QMtfS». 

OMM  vJkC»  «;fne  »I  ¿a  ¿niâe 
i%  $scn£m«$^e  mcivrt-«* 

¿ii^vxa  ra^^  e  9ki¿  sa  xia 

a  r.Y7i^!ts^  es 

—    2*  3l 


IXsr  TjtàsT,  àes:  £&àc^a:  Eàtshuixai  Todtc  lor  me  ârâ  As- 
¿  —  Cvà&  3EL¿b  imi  Htmi  — •,  ^tmiàifn:  iux:  :»fisc  'wàe 


^m  scheid  a 

^F  etwas  u 


RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPORT.  LIEDEEBUCH. 


301 


I 


scheid  an  gszeichen  führte  er  einen  Tiernamen,  der  überall  auf 
etwas  ungeschlachten  Uebermnt  gedeutet  wird.  In  der  Heimat  — 
vor  1245  —  hatte  er  sich  eines  un  ritterlichen,  ihn  infamicrendeo 
Aktes  schuldig  gemacht,  um  dessentwillen  er  aufser  Landes  ging. 
Ueberdies  war  er  mit  einem  Dichter  von  Kriegsliedem  verwandt. 
Es  ist  der  in  den  Adelsbüchem  verzeichnete'  D.  Joâo  Pires  de 
Vasconcellos.ï  Sein  Zuname  Ttnreiro  ^  ViltUias  dürfte  sogar 
in  die  Mittelstrophe  unauffällig  hineingeheimnist  sein.  —  Dafs  er 
der  Vater  des  Troubadours  Rodrigu' Eannes  de  Vasconcellos 
ist,  verdient  erwähnt  zu  werden. 


Auch  Git  Ferez  G^nde,  der  dritte  Troubadour,  der  sich  an 
des  Königs  Feldzug,  als  Ritter  wie  als  Dichter,  beteiligte,  war  ein 
Portugiese:  Schwager  des  Troubadours  JoSo  Soares  Coelho,  auf 
dessen  litterarische  Beziehungen  zu  Alfons  X.  ich  schon  mehrfach 
Bezug  genommen  habe,  und  Schwager  des  übel  beleumundeten 
Jo3o  Pires  de  Vasconcellos,  von  dem  soeben  die  Rede  war;  ver- 
wandt auch  mit  Rodrigo  Gomes  de  Telha,  dem  von  Pero  Gomes 
Barroso  im  Granada-Liede  erwähnten  Landsmanne.^ 

In  einer  seiner  Spöttereien  —  denn  er  war  ein  überaus  lustiger 
und  dabei  saubrer  Spötter  —  fällt  der  Ausspruch; 


'  Cane,  da  Ajuda  Biogr.  LV  Anm.  12. 

'  P.  M.  H.:  ScryM.  317,  —  Zur  Blutrache  geiwungen,  wegen  des  an 
einem  Verwandten  veröbten  TolschlaE*,  forderte  er  den  Feind  zum  Zweikonipr, 
nod  zwar  iu  seinem  eignen  Nameo  und  angeblieh  im  Namen  eines  Vetters  (seu 
stgundo  eoirmSo  Ayras  Eannes  dt  Freilas),  der  ihn  tbalsäcblicb  begleitete. 
Als  sich  hemacb  herausstellte,  dafs  die  Forderung  nur  in  seiaem  Namen  er- 
gangen war,  verklagten  die  Brader  des  an  seiner  Ehre  Gefährdeten  ihn  beim 
König.  Bei  konem  der  Termine,  welche  Sancho  I[.  anberaamle,  erschien  JoBo 
Pires  und  ward  deshalb  in  conlutnaciam  verutteitt,  so  ungern  der  Herrscher 
sich  auch  daza  ect^cblols. 

*  Heber  das  VerwandtschaftsverbiiUnis  klärt  die  folgende  Ucbersieht  aur: 
Soeir  Veegas  Coelho 


JoJo  Soares  Coelho 


I 


Marlim  GrI       1  Muría  Gil 
I  R.,  P., 
jdc  Valla- 
are. 


Per'  Eannes, 

de  Vasco  n-  1 

cellos       I 


I  Per'  Bonnes 
l  de  Vascon- 
I      cellos 
I  Teresa  Gii 


Rodrigu'  Eannes 

de  Viscon- 

Trovador 


iPay  Rodrigues 
AUlonça  Rodrigues  de  Telba. 
VoQ  Teresa  Git  heist  es,  sie  sci  molhrr  de  maa  preç»  gewesen.  Das  Ver- 
hältnis za  ihrem  kiblicheo  Vetter  konnte  natürlich  kirchlich  nicht  gesegnet 
werden.  —  Pay  Rodrigues  lieging  irgend  eine  Missethat:  e  fsy  morto  J>ar 
/usiiça.  —  Der  Name  Marlin  Gil  kommt  unter  Uikunden  Alfoos' X.  und 
Sancbo's  IV.  oftmals  vor  —  ohne  dais  e»  bei  seiner  Häufigkeit  möglich  wSre, 
Niheres  festzustellen. 


302  CâSCLOuL  mrwAwri^  i^  TàSCOBXMLLÛSf 

ponine  sua  esc  Poctn^al 


In  einer  andern,^  die  ihn  deatüdist  als  wasmadtrQ  id  rey  charakte- 
Tßaat?  beseht  er  ssch  auf  Zrtten  2iirâ<±  —  tot  1252,  d.  h.  vor 
der  Kiôoimg  des  Kasdfianecs  —  wo  er  nodi  nicht  dessen  Vasall 
war.  Im  Jahre  12Ó9  wählte  Alfbos  X.  ihn  unter  die  33  Ritters- 
leote,  denen  er  den  Alcaxar  von  Baesa  anvertzante  und  lur  Be- 
siedfamg  ^iit  Tserrtxs  Je  XiSrx/e  nebst  der  Tarre  de  Gä  de  Olite 
anwies»  unter  der  ôbiidien  Yerpaxhcim^  mît  Pferd  and  Wafíen 
stets  zur  Verteidigmx^  des  Gebietes  bereit  zn  setn.^  Ebendort,  in 
der  ansehnlichen  S&eLim^  eines  Jmr^ado  pur  ei  Rey  finden  wir  ihn 
dann  noch  1273.^  Die  Küagen  ñbo^  Undank  mid  VergeCsüdikeit 
des  Suônigs  fiiden  daher  TcnggtSch  tot  1269:  in  die  dem  anda- 
hsischen  Anstand  und  dem  Ycrtiag  Ton  Alcalá  de  Ben-Zaide 
(1265)  folgende  Waffrnmhr 

Dies  alles  miter  der  Vocanssetzmig,  dais  der  einzige  Gil  Perez, 
den  ich  in  den  Tagen  Âlfons*  X.  aosfindig  gemadit  habe,*  and  der 
einzige,  der  in  den  alten  Adel^widicm  Tockommt,*  anter  einander 
und  mit  dem  einzigen  identisch  sind»  dem  wir  im  Liederbach  be- 
gegnen, hier  aber  mit  Anhâogang  des  Xrrknamens  CûmdeJ 

Von  den  nachto«genden  Knegsgedichten  sdieint  das  erste  and 
zweite  während  des  Krieges»  das  dritte  zwischen  zwei  Fddzagen, 
die  übrigen  aber  nach  dem  Kri^e  verfiiilst  za  sein.  Sabjektive 
Aeniserongen  sind  XI  and  XV;  XIX  and  XXI  sind  anf  Andre  ge- 
münzt and  im  Namen  Andrer  gespcochoi»  wie  das  SeemannsUed. 


<  GB158Ì. 

*  \üt  Besix^  Vit  die  VetnÄdscke  Zahl  portog.  Adliger,  die  sich  im 
DifguLiIe^  Tcs  1 145 — 4$  lis  AnMager  des  encdxxcacest  Sandio  luch  Kasti- 
ficA  be^^eben  Lutesu  giebc  es  sxe&rere  pôpscficbe  Bollen,  in  denen  Innoctnx  HL 
die  Hnm.-itî<Ken  d«m  WohlwIIen  and  der  Finorge  Alfbns^  X.  «mpächlt. 
Mm^  Lms.  XV  c.  17  ^j.  1-54^*  —  Wie  Gil  Pere*  dôrâen  d^iber  lach  D.Vasco 
Gil  nnd  Pero  Goaxes  Barroso  nr  Leilr^arùe  des  Königs  ge&öct  haben. 

*  Ar^occ.  .VwH^*,  Ami.  II  c.  Q« 
»  Ib.  c.  14. 

*  Ib.  c  g.  10.  II.  14.  —  Die  AntoZines  de  Baesa  seilen  Ton  ihm  ab- 
stammen. Die  Unterschrift  «rises  Dca  Domingos  Perei,  el  Cnende  tragen 
Urknndien  aas  ¿er  Lot  A*Â:cs*  X.  n2;d  seines  echoes  v'^^'oni  J.  i  ICQ  and  1 295  ; 
O/tue.  Lt^.  n  20t  and  ici'. 

*  P.  M.  H.:  iL-r^.  ict  and  51«)  wîzd  er  ¿ùchogst  genannt,  am  seiner 
ATÎîani  and  Nachkommen  willen  and,  wie  gewöhnlich»  ntcht  ohne  allerhand 
Schreiber  -  Malenden  an  seinem  Namen. 

'  Sc  nachgestellt  kann  «.V«i>  nor  ein  Uebenuune  seto.  —  Ein  wizküiJier 
Graf  jenes  Namens  aiâ£>te  bekannci-r  sein.  —  Die  lleraldiker  bezeichnen  ihren 
Gû  Pcrea  mit  der  Alcnnh.i  Ftyiutj  v^  ßaajtnfCsta^  med.  port,  /à^nt/',  die  sehr 
wohl  ErbgTxc  Ton  seinem  Vater  her  sein  kennte.  Ich  Tcrmote  nämlich  in  ihm 
den  Sohn  «nés  Pen?  Gi  der  mit  dem  ¿a:$au  ä^o/  aotlrìtt  tin  einxeinen  Ab- 
schziibsi  des  Livrj  ì'ìIàj  Terierbt  srx  Finnt^  ^Vçv*  Fay'o*/  and  Frtixu^^  — 
Yidleicht  steckt  er  im  Kòoìgsliede  CBMO^  wo  der  Name  /Vri/  Gt¿  oad 
^e^oQ  in  ein  and  derselben  Zeile  TOf^oameB»  ob  aach  ut  sii  «***n^»''fm  Zn* 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  UEOBRBUCH.  303 

(35.)  X. 

Pois  conta  el  rey  en  todas  sas  fronteiras 
que  nen  en  vilas  ncn  en  carrciros 
que  non  còmian  ^inhas  na  guerra, 
—  ca  diz  que  dizen  as  veedeiras 
5  que  será  perdimento  da  terra, 

Aoonsel[har]  ▼us-[ei]  eu,  cavaleiros: 
mandan  comer[vus]  vacas  e  carneiros, 
mais  non  còmian  galinhas  na  guerra; 
ca  diz  que  dizen  os  aguireiros 
10  que  será  perdimento  da  terra. 

Còmian  porcos  frescos  e  toucinhos, 
cabritos,  cachaç'  e  ansarinhos, 
mais  non  còmian  galinhas  na  guerra, 
ca  diz  que  dizen  os  [a]devinhos 
15  que  será  perdimento  da  terra.  (CB 1518.) 

2  caireyas  —  3  chôma  (fur  comha)  —  3.  8  u.  13  gueira  —  5  tetra  — 
6  AcDçelho  —  7  Äfaää  —  IO  tira  —  li  roncinho  —  12  Cabrico  —  auS' 
sarto  —  14  deuynhos  —  15  tira 

Die  Anspielungen  auf  etwaige  Verordnungen  über  das  jantar 
der  verschiedenen  Stande  in  Kriegszeiten,  sowie  auf  den  Aber- 
glauben, die  Henne  übertrage  Feigheit  auf  den  £sscr,i  und  mög- 
licherweise noch  auf  andre  astrologische  Usancen,  gehören  zu  dem 
umfangreichen  Fonds  von  Einzelnheiten,  die  ich  nicht  zu  erläutern 
vermag. 

(35.)  XI. 

Quite -mi- a  mi  meu  senhor 
e  d6-m*  un  bon  fiador 
por  mia  soldada; 
e  irei  cu,  se  el  for; 
5  na  cavalgada; 

De -mi -o,  que  por  el  perdi! 
e  un  bon  penhor  aqui 
por  mia  sol(lada; 
e  irei  eu,  se  el  for, 
20  na  cavalgada! 

Sospeita-m'  el,  e  el  eu; 
mais  entregue -m' un  judeu 


^  Um  gallinha  ist  ein  Hasenherz;  desgleichen  um  gaUinha- choca, 
Uebcr  einige  auf  die  Henne  bezügliche  volkstümliche  Sitten  s.  Leite  de 
Vasconcellos,  Tradiçdes  §  286.  —  Ueber  die  Foros,  welche  zur  Zahlung  von 
Hennen  verpflichteten,  s.  Elue.  II  7. 


304  CAROLINA  MICHASUS  DB  VASCONCILLOSy 

por  mia  soldada; 
e  se  el  for,  irei  eu 
15  na  cayalgada! 

£  se  non  . . .  ficar-m'  ei  ea 
na  mia  pousada.  (CB  1688,) 

3  promha 

£in  Gegenstück  zu  den  Klagen  des  Königs  gegen  die  Ricoi- 
omtSy   wie   wir   solches  in   der  Chronik  in  den  Repliken  der  aos^ 
ständischen   Grofsen    auf   die  Vorwürfe   des   Königs  besitzen.  — 
Unzulängliche   und   säumige  Zahlung  der  dineros  bildete  naturlidb 
einen  Hauptpunkt  ihrer  Unzufriedenheit  —  Ueber  Mangel  an  Geld 
klagt  Alfonsa  —  den  man  beschuldigte,   gegen  Fremde  allzu  ver- 
schwenderisch zu  sein  3  —  in  einem  seiner  Marienlieder,  mit  direkter 
Beziehung  auf  die  andalusischen  Unternehmungen: 

onde  foi  hOa  vegada 

que  sacara  mai  grand'  oste, 

et  os  que  o  sen  guardaban 

non  li'  acorreron  tan  toste, 

nen  er  achana  dynneiros 

muitos  en  a  sa  reposte 

per  que  mantSer  podesse 

muito  a  guerra  aos  mouros  . . . 

mais  depois  ben  a  un  ano 

fez  oste  sobre  GrSada.  (CM  348.) 

Von  jüdischen  Finanzbeamten  —  recahdadores  de  las  rer^ 
rey  —  wird  in  der  Chronik  oft  gesprochen.' 

(36.)  xn. 

Quen  nunca  sal  da  pousada 
pera  ir  en  cavalgada 

e  quitan  come  mesnada 

del  rey  ou  de  don  Fernando, 
5  ay  Deus  ¿aquesta  soldada 

se  Ih'  a  dan  por  aguìlhando? 

Quen  non  ten  aqui  cavalo, 
nen  albur,  nen  quer  compra'- lo, 
e  quitan  come  vassallo 
IO  del  rey  ou  de  don  Fernando, 

ay  Deus,  pois  mandan  quita'- lo 
¿se  Ih'  a  dan  por  aguilhando? 

Quen  nunca  troux'  escudeiro 
nen  comprou  armas  d' armeiro. 


*  Cr  on,  cap.  72. 

^  Ib.  cap.  24. 

"  Z.  B.  cap.  71  von  D.  Zag  de  la  Malea. 


KANOOLOSSBM  ZUM  ALTPORT.  USDEKBUCH.  305 

15  quitan  come  cavaleíro 

del  rey  on  de  don  Fernando, 
ay  deus,  ¿tanto  bon  dinheiro, 

se  Ih'  o  dan  por  agoilhando?      (GB  1620.) 

-uytam  —   IO  e  dd  —   Il  ma  da  —  18  aguylando 

er  vor  1275,  dem  Todesjahr  des  Thronfolgers  D.  Fer- 
sLa-Cerda,  gedichtet;  doch  kaum  vor  1268,  seinem  Hoch- 
da  der  1256  Geborene  damals  das  14.  Lebensjahr  noch 
eicht  hatte.  Vielleicht  auf  einen  der  33  Herdados  de 
1er  seiner  Verpflichtung  nicht  nachkam. 

(37.)  xm. 

Non  troox'  estes  cavaleiros  aqui 
este  ricome  nimca  na  guerra 
qae  ora  trage.     Son  d*  outra  terra, 
ca  ja  [en  des]  eu  mentes  met!. 
5    Nen  sens  nomes,  non  os  conhoico, 
ca  Ihis  dissera:  „bon  dia  vosco'% 
mais  nenhun  [d'  eles]  en  non  conhoci. 

Nen  estas  armas,  eu  nunca  Ih'  as  vi 
trager  na  guerra,  [nen]  estes  sinaes 
10    que  ora  trage;  nen  troiixe  taes 

nosco  na  guerra  quand'  el  rey  foy  i, 
nen  outras.    Porqué  as  ar  faría? 
e  non  quae'- las  ante  tragia? 
£  ja  sobr*  esto  con  muitos  departi. 

15  Nen  el  enton  non  pareda  assi 

na  guerra  cordo  como  parece, 

ca  nen  cavalgada  nen  sandece 

nunca  fezeron  en  que  el  non  foss'  i. 

£  as  lazeiras  por  que  passava, 
20    andand[o]  aló,  tan  pouco  dava 

por  elas  come  se  nunca  foss'  i. 

Nen  custa,  nunca  a  receava, 
nen  perda,  nen  med'  ala  u  andava. 
Nunca  de  tal  ome  falar  oi!  (CB  1K16.) 

I  gueira  —  3  te  ir  a  —  5  uumes  —  9  deste  s  —  IO  caes  —  Il  uosco 
io  qua  elal  —  II  und  16  gueira  —  como  —  17  caualcada  tie  en 
-  iZ  fosse  —  21  fosse 

lie  auf  einen,  dessen  Wappenschild  man  im  Kriege  nirgends 
sah,  während  er  es  im  Frieden  zur  Schau  trägt,  mutig 
1  Geld  verschwendet,  nachdem  er  zuvor  über  Not  und 
gejammert  hat  —  Bon  dia  vosco  war  eine  der  Grufsformeln 
it;  s.  CM  286. 

r.  £  rom.  PlûL  XXV.  20 


306  CAROLINA  laCHASUS  DB  YASCONCBLLOS» 

(38.)   XIV. 

Tantas  minguas  «chan  a  don  foan 
que  ja  Ih'  as  nunca  cobrar  poderan, 
pero  que  Ibi  de  todas,  cartas  dan! 
Ca  Ibi  virón  ena  guerra  perder 
5    armas,  cávalos.    Verdad'  é,  de  pran, 
que  ja  esto  nunca  el  pod'  aver. 

Mais  com(o)  ou  quen  e  o  que  poderi 
cobra'- las  minguas  que  lb'  acban  que  á, 
preguntad',  e  quenquer  vo'-lo  dirá 
IO    como  perdeu  na  guerra  que  passou, 
corp'  e  amigos.    Verdad'  è  que  já 
non  pod*  aver  el;  assi  se  parou. 

As  sas  minguas  maas  son  de  pagar; 
mais  quen  Ib'  as  poderia  ja  cobrar? 
15    non  to'- las  quero  mais  longi  contar 
se  non  da  guerra  como  perdeu  i 
senbor,  parentes.    Verdad'  é  que  dar 
non  Ibi  poden  estes,  nen  ssi  nen  ssi.  (CB  1517.) 

4  gneira  —  6  ia  el  esto  —  10  nagueira  —  l^  de  mays  —  16  giuira 
—  18  esta  —  1st  diese  Lesart  rícbtig,  so  muís  man  in  der  vorangehenden 
Zeile  senhor  patenta  lesen. 

Auf  Einen,  der  unmäfsigen  Schadenersatz  für  im  Kriege  er- 
littene Verluste  beanspruchte.  —  Ob  es  cartas  de  mingua  gegeben 
hat?  —  Die  Gesetze  über  die  ertchas  fìnden  sich  im  Espejo  III 
7,  II  und  12. 

(39.)  XV. 

Os  vossos  meus  maravedís,  senbor, 
que  eu  non  òuvi  —  que  servi  melbor 
ou  tan  bon  come  outr*  a  que  os  dan  — 
¿ei  os  d'  aver  enquant'  eu  vivo  for? 
5     ou  á  mia  mort?  ou  quando  mi -os  daran? 

A  vessa  mia  soldada,  senbor  rei, 
que  cu  servi  e  sérvi(o)  e  servirei 
com'  oulro  quenquer  a  que  a  dan  ben, 
¿ei  a  d'  aver  enquant'  a  viver  ei 
IO     ou  á  mia  mort'?  ou  que  mi  faran  en? 

Os  vossos  meus  dinbeiros,  senbor,  non 
pud*  eu  aver,  pero  servidos  son, 
come  outres  que  os  an  de  servir, 
¿ei  os  d'  aver  mentr'  eu  viver*?  ou  pon 
15    mi-os  á  mia  mort*?  ou  a  qiie  os  vou  pedir? 

Ca  passou  temp'  e  trastempados  son; 
ouve  azedia(?),  e  quero -m' en  partir.         (GB  16S4.) 


RAMDOLOSSSN  ZUM  ALTPORT.  LIKDBRBUCH.  307 

i  O  OS  —  mil.  Die  Varianten  in  Str.  2  und  3  zeigen,  dafs  wir  meus 
zo  lesen  haben.  —  7  strué,  doch  lautet  die  archaische  Form  durchgängig 
servio  {servko)  —  15  cue  =  guen,  wie  in  Z.  3  und  8.  —  16  Ouue  auedia  — 
▼îelleic^t  arrelia} 

Im  Geiste  von  No.  XL  —  Trastempado  für  „verjährt"  ver- 
zeichnet S.  Rosa  de  Viterbo. 

(40.)  XVI. 

Mentr'  esta  guerra  foy,  assi 
m'  avSo  que  sempre  guari 
per  pé  de  cavalo;  mais  oy- 
mais  non  sei  que  seja  de  mi 
5  se  non  guarir'  per  pé  de  boy! 

Quantos  perigo(o)s  i  passei, 
per  pé  de  cavai'  escapei 
que  non  prix  i  cajón;  mais  oy- 
mais  non  sei  eu  que  mi  farei 
IO  se  non  guarir'  per  pé  de  boyl 

Por  valer  mais  e  por  aver 
conselh'  ouvi  de  guarecer 
per  pé  de  cavalo;  mab  oy- 
mais  non  sei  que  mi  [ei]  a  fazer 
15  se  non  guarir*  per  pé  de  boyl 

Lavrar,  laz(e)rar,  viver,  e  oy- 
mais  guarir  [ei]  per  pé  de  boy!  (GB  16SI8.) 

I  gueira  —   3 — 4  fer  perde  canaio  Mays  oy  —^  16  e  uyuer  oy  mays 

Scherz  des  nach  geleistetem  Kriegsdienst  mit  Ackerland  — 
statt  mit  Gold  —  belohnten  Ritters,  der  nun  Fortune  machen 
wird»  nicht  hoch  zu  Rofs,  sondern  dank  dem  ochsenbespannten 
Pfluge. 

Anhang. 
Affonso  Mendes  de  Bèsteiros. 

(41.)  xvn. 

Ja  Ihi  nunca  pedirán 
o  Castel'  a  don  foan, 
ca  non  tiinha  el  de  pan  ... 
se  non  quanto  queria! 
5    E  foy  o  vender,  de  pran,  . . . 
con  minguas  que  avia. 

Por  que  Ih'  ides  culpa  pOer 
[por  el  fiuza]  non  tSer? 
ca  non  tiinha  que  comer  . . . 

20* 


3o8 


CAROLINA   MICHAELIS    DE   TASCONCELLOS, 


ïS 

se  non  quanto  qneríal 
E  Toy  o  enton  vender  . . . 
con  mii^uu  que  svi« 

TravíD-lhi  muy  sen  ra« 
a  orne  de  lai  coraçon. 
En  rroBtcira  de  Lroo 
dii  con  que  a  letiia? 
E  foy  0  vender  cnwn  . . . 
con  minguas  que  avb 

10 

Diien  q<ie  Ih*  a  el  mais 

En  cabo  de  Portugal 
lili  (on  que  o  leiria? 
E  vendeo-[o]  enlon  mal  .. 
con  miDguas  qiiE  avia 

nha  — 
9  Dir 

7- 

?  — 

foiríulpa   »ôttir  -    14 

Es  ist  zweifelhaft,  ob  es  in  unsem  Liederkreis  gehört  UDd 
überhaupt  an  den  Hof  Alfons'  X.,  der  bekanntlich  um  Algarve's 
willen  vor  1253  mit  Portugal  in  einem  Streit  lag,  bei  welchem 
auch  die  erst  später  gercgellen  p ort ugie sich -leonesischen  Grenz- 
fragen aufgerollt  wurden?'  Oder  handelt  es  sich  um  eines  der  im 
Bruderkampf  Alfons'  III.  gegen  Sancho  II.  von  Verrätern  verkauften 
Schlösser?  Oder  etwa  um  die  Grenzfestung  Alva,  die  im  J.  1236 
vora  porlug.  Gouverneur  einem  kastilischen  Infanten  D.  Alfonso  über- 
antwortet wurde,  in  welchem  Herculano*  den  Herrn  von  Molina, 
d.h.  den  Bruder,  und  nicht  den  Sohn  Ferdinand's,  vermutet? 

Ueber  die  gran  mengua  que  ovüra  de  viandas,  señaladamünte 
de  pan  heklagten  sich  alle  Ausliefcrer;  so  z.  B.  Vasco  Perez  de 
Meyra,  als  er  1333  Gibraltar  nicht  zu  halten  vermochte.^  —  Om 
minguai  que  havia  auch  CV  lOOS. 


Gil  Pei 


E   Conde. 


I  pousadas  das  privados; 


r  —  e  non- 00  achei! 


'  Min.  Lut.  XV  14. 

>  Here.  U  347.  —  Cf.  Aíon.  Lut.  XIV  e.  16. 

'  CroH.  AíJ.  JT  e  107  und  113. 


KANDGL06SBN  ZUM  ALlTCHtT.  LUEOERBCCB«  3O9 


Tees  q«e  o  bob  sab*  d  ra 
que  amor  aqm  bob  dM^oii« 
IO    qœ  tant'  ogaao  dd  Ictob 
e  Bon  vêo;  Ben  o  b«aqnei 
ñas  tendas  dos  infiaçOes 
e  cnas  das  cnaçO«s 
e  dixen  todos:  non[-no]  sài 

1 5  Perdnd*  è  (o)  amor  œn  d  rei 

porque  nnnca  en  oste  ven, 

pero  [que]  xe  d'  d  algo  ten. 

Dird-viis  eu  u  o  busqod: 

antr*  estes  freires  tempreiros, 
20    ca  ja  OS  espitalciros 

por  amor  non  preguntareL  (CB  16S6.) 

I  iU  Rey  —  3  cea  —  8  Teen  —  il  ueno  —  13  ^  ñas  äo  de  criaçdes 
—  19  Antes  tes 

Vgl.  CV  455.  —  Unter  ¡os  de  criazón  versteht  man  gemein- 
hin die  niederen  Bediensteten  des  Königshauses.  S.  Espejo  I  13»  9 
und  15,  12. 

(43.)  XIX, 
Quen  me  podia  defender 
se  non  Deas  d'  un  pelejador  ? 
porque  me  faz  departidor 
e  diz -mi  ao  que  d  dizer: 
5     ,»dizedes  neicidade". 

Tod*  esto  Ih'  ei  cu  a  sofrer. 
Ay  Deus!  del  me  guardade 
aqui  ena  pousada! 

Ë  tan  louco  que  tal  med'  ei 
IO     que  me  sacará  de  meu  sen 

e  que  verremos  a  mais  én. 

Ante  [eu]  me  Ibi  calarei, 

ca  se  mal  contecesse 

—  de  que  me  Ih*  eu  ben  guardarci  — 
15     que  Ih*  (cu)  esto  non  sofressc 

dar-ra-ia  gran  punhada. 

Quand'  ora  diz  que  me  ferra 
porque  fald  em  Portugal 
onde  mi  s0o  naturai, 
20    se  me  por  esto  ferirà, 
ogc  foss'  cu  ferido 
porque  perdesse  medo  ja 
e  fosse  d'  ci  partido 
toda  esta  andada! 


CAROLINA 


DE   VASCONCELLOS, 


Mocto  seiá  quen  m'  aju<Iar', 
ca  c1  de  tal  coraçon  i, 
quer  de  cavalo,  quer  de  pé, 
CS  se  qaeiTÍ  migo  matar. 
E  eu  Ihi  fogiiia, 
mais  ci  medo  de  m'  acalfir. 
E  ca];ada  sería; 
bag'  a  beata  caossada! 

Se  melhor  qniser  emparar 
mia  ^cDila,  tenia 
per  i  peyor  parada. 
Se  o  mat'  eu,  se  me  matar', 
de  quai  [ic]  quer  seria 
de  ventura  mingnada! 


5  mcüdadí  —  7  Eay  —  9  mi  dey  —  1 
19  Oudemison  nai'al  —  liQ—  17Q  —  S  — 
30  macalcar  —  31  Eaealcari/ein  ia  —  34  teina  - 


38  gira  —  ig  E  ia  eu  — 
36  mittoH  —  38  faenada 


Ob  im  Ernst  oder  im  Scherz,  aus  der  im  Gedicht  kund- 
gegebenen wahren  oder  erheuchelten  Furcht  vor  einem  Raufbold, 
der  durch  seine  groben  Reden  und  Drohungen,  den  Dichter  zu 
ThätUchketlen  hinzureifsen  und  Unruhen  ¡m  Lager  zu  stiften 
trachtet,  scheint  mir  Rücksicht  auf  gewisse  Kriegsgesetze  des  Espejo 
zu  sprechen.  In  diesem  Falle  hätte  pausada  die  Bedeutung  „Feld- 
lager" [Espeja  1  102;  III  6,  6.  7).  Und  unter  dem  deparlidor  könnte 
man  sich  den  mit  der  Teiinng  von  Beute  beauftragten  Caudillo 
denken.  Sonst  dürfte  es  auch  „Schwätzer"  bedeuten.  Mau  denke 
an  den  von  Alfons  X.  mit  einem  Hieb  bedachten  Friedensstörer: 
o  que  da  guerra  foy  con  nemiga.^ 


(44.1  XX. 
Un  ame  sei  eu  de  muy  bon  i^ar 
que  ñlba  semprfe)  a  anda  e  aquí 
alg*  a  quen  quet  e  non  peide  per  í; 
ont'  anda  muy  mais  vico  so  por  én 
pero  Ih'  o  nos  non  téemos  por  beo 
\pt  que  a  sabimas  de  ban  logar']. 

Eu  vus  direi  d'  el  de  que  logar  ¿: 
de  muy  melhor  logai  que  infançou 

" -e  muy  poacos  non; 

j  !<,>■•>.-<»!  pot  algo  que  ftlhou 
is  amigos.     A  todos  pesou 
le  aabemos  de  que  logar  é. 


10     [maii]  travan-lbi  p 


IS  de  que  logar  é. 
r  çui  desenrase  0 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  3 1 1 

De  melhor  logar  non  pode  seer 
orne  do  mundo  se  non  for  [el]  rei 
15     de  todo'- los  logares  que  Ih'ea  sei. 
Por  en  dizen  que  nunca  mais  yalrrá 
ome  que  filha  sempr'  e  que  non  dà 
[dâ  meiAor  logar  non  pode  sâer]. 

Ante  cuido  que  sempre  decerá 
20    d'  onra  e  de  bondade  [e]  d'  aver.  (CB  1581.) 

2  acni  —   3  pode  —    li  ea  —    16  ualtra  —   20  Doutra 

Wer  mag  der  uDgrofsmutige  Fürst  sein,  der  zwar  Dimmt,  aber 
nicht  giebt?  Offenbar  ein  Königssohn.  Vielleicht  Fernando  De- 
La-Cerda  vor  1275?    Sancho  IV.?  oder  einer  der  Brüder  Alfons'  X.? 

(45.)   XXI. 
Ben  sabedeSy  senhor  rei, 
des  que  fuy  vosso  vassalo 
que  sempre  vus  aguardei, 
quer  a  pec,  quer  de  cavalo, 
5     sen  Voss'  aver  e  sen  dSa. 
Mais  atanto  vus  errei: 

Non  foy  vosc(o)  en  ora  bSa! 

£  en  terra  de  Campou' 
vus  servi  e  en  Olmedo. 
IO    Assi  fìz  en  Badalhou' 
e  outrossi  en  Toledo 
quand'  i  ñlhastes  corSa. 
Mais  atanto  me  mengou: 

Non  fuy  vosc(o)  en  ora  bSa! 

15  Fostcs  muy  ben  aguardado 

de  min  sempre  u  (vos)  andastes 

e  nunca  foy  escusado, 

nen  vos  nunca  me  escusastes 

de  servir  per  mia  pessSa. 
20    Mais  atanto  foy  errado: 

Non  fuy  vusco  en  ora  bSa!  (CB  16S2.) 

3  uos  agaiardey  —  4  Q  —  ^  —  5  nossau*  —  dona  —  6  erey  —  7  boa 

—  8  clpou  —   9  Vos  —  oliuedo  —  IO  "¿badalhou  —  12  coroà  —  13  mègou 

—  14  und  21  boa  —  19  pesoa  —   20  May  ecanto  foy  eirado 

Das  vus  der  sechsten  Zeile  ist  natürlich  ethischer  Dativ.  — 
Welcher  besondern  Verdienste  sich  dieser  Mesnadero  der  guarda  del 
rey  rühmen  konnte,  die  er  in  den  genannten  Städten  geleistet  hat, 
das  wissen  die  Götter.  —  Olmedo  statt  Olivedo  (m  statt  tu)  verlangt 
das  Versmafs.  Kurios  ist  der  unreine,  die  Worte  willkürlich  ver- 
drehende Reim  Campou  und  Badalhou  (das  übrigens  in  den  alten 
Texten  immer  Badalloce  geschrieben  wird). 

« 


312 


CAROLINA    UICRAELIS   DE  VASCXIKCKLLOS, 


Ist   die   blofse    Lektüre    dieser   Gedichte    schon    lehrreich,    so 
trägt  zur  Klärung  des  eraten  Sirventt>s 

Non  Ten  al  Miyo 
die  Zasamin  en  Stellung  einiger  Prosastellen  ans  den  Königscbronilien 
noch  wesentliches  bei.  Ihr  Gegenstand  sind  Hicosomes,  die  sich  von 
ihrem  Herrscher  aus  mehr  oder  weniger  schwer  wiegenden  Granden 
oder  Vorwänden  abwandten,  ihre  dineroi  —  maravtdis  —  solJadm 
entgegennahmen,  aber  statt  damit  pflichlgemärs  für  Pferde,  Waffen 
und  Proviant  {pendón  y  caldera)  zu  sorgen  und  mit  der  gebührenden 
Zahl  von  Ritlern  und  Mannen  pünktlich  am  vereinbarten  Tag  ins 
Feld  zu  rucken,  es  sei  zur  Verteigigung  oder  zuot  Angriff,  entweder 
fein  ruhig  zu  Hause  blieljen,  ihre  Güter  verwaltend  und  neue  dazu 
kaufend,  oder  schlecht  gerüstet,  mit  wenig  Reisigen  am  verein- 
barten Orte  eintrafen;  oder  aber  vor  Beendigung  des  Feldzugea,  es 
sei  nach  Ablauf  dur  drei  Pflichlmonate,  oder  noch  früher,  unter  er- 
fundenen Beschwerden  in  ihre  Herdade  zurückkehrten,  wenn  sie  nicht 
auf  eigne  Fau&t  selbstherrlich  einen  Ritt  in  Feindes  Land  unter- 
nahmen. Ländereien  und  Beute  zu  erwerben.  Natürlich  gehört 
Säumigkeit  und  momenUtner  Abfall  treuloser,  eigensüchtiger  oder 
wirklich  geschädigter  und  klageberechtigter  Vasallen  und  Verbün- 
deter nicht  zu  den  Ereignissen,  die  nur  Alfons  X.  zustiefsen.  Die 
ganze  hispanische  Geschichte,  so  lange  die  Staatcnbildung  nnab- 
geschlossen  war  und  der  Kampf  gegen  den  Moslem  dauerte,  ¡st 
reich  an  Bürgerkrieg,  Empörung,  Vaterland  s  Wechsel  [detnaluraçtks), 
Pakt  bald  der  Könige,  bald  seiner  Vasallen,  mit  den  Mauren.  Von 
diesem  Standpunkt  aus  konnten  nicht  allein  Vorfahren  des  Ge- 
lehrten, wie  Alfons  VIIL  (auf  den  C.  de  Lollis  Bezug  nimmt)  und 
Alfons  IX.,  sondern  ganz  besonders  seine  Nachfolger  wie  Sancho  IV., 
Ferdinand  IV.  und  Alfons  XI.  Klage  führen,  gleich  der,  welche 
Jener  in  Versen  zu  Üufsern  für  gut  befand,  gemischt  mit  Hohn 
und  Spott  über  Feiglinge.  Geldgierige,  Pflichtvergessene,  oder  an 
friedlichem  Wohlleben  mehr  Gefallen  als  am  Kriegsdienst  fíndende 
Höflinge.  —  Besonders  aus  der  Regierungszeit  Alfons'  XI.  sind 
vom  Chronisten  Fälle  gebucht  worden,  welche  indirekt  unsere  Ge- 
dieh tgruppe  beleuchten. 

1.  Bei  der  Unternehmung  gegen  Gibraltar  äufsert  dieser  König 
einmal: 

. . .  qn«  El  los  olroa  tico»  otncs  del  repio  quisieren  it  con  el  que  ploguícra 
a  e1  mucho  dende,  ct  que  assaz  fedeta  el  mucho  poi  dio,  dando  les  sus 
dlneroi  con  que  pedieran  venir  ...  et  qae  pues  non  vcnieron.i 

2.  El  el  Rey  estando  en  este  lugar  de  la  Fucate  Ovejuna  veníetan 
mandaderos  de  D.  Contalo  de  Affiliar  sobre  libramiento  de  algunos  dineros 
que  menguaban  á  D.  Gonzalo  de  la  tierra  que  tenia  del  Rey;  et  Fetnan 
Gonialez,  hermano  deste  D.  Gómalo  vivía  en  casa  del  Rey,  ca  se  críata  en 
la  in  metced.    Et  elle  Fernán  Gonzalez   dixo  al  Rey  que  tovíese  poi  bien 


I 


'  Cron.Alf.XI,  e.CXm  p.n;!-. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  UXDKRBKTCB.  313 


de  sesegar  á  D.  Gonzalo  en  d  so  servicio,  ca  d  sabía  por  doto  qae 
D.  Gonzalo  traia  íablas  con  el  Rey  de  Granada  para  lo  servir,  et  dexrvk 
al  Rey  de  Castíella.^ 

3.  Vom  Alcalden  der  Veste  Gibraltar,  Vasco  Perez  de  Mejra 
heilst  es: 

. . .  avia  tomado  los  dineros  que  el  Rey  le  posiera  para  retenenda  et  baste- 
cimiento  del  logar*  et  compró  éUUos  heredades \  et  tenia  d  castidlo  des* 
basteado. 

4.  Oder  mit  Bezag  anf  D.  Joan  Alfonso  de  Haro,  den  da- 
maligen Herrn  von  Cameros: 

...  le  avia  fecho  tan  grand  yerro  en  tomar  los  sns  dineros  e  non  gelos  ir  a 
servir,  et  robarle  la  tierra  . . .  Qaando  el  Rey  fríe  a  tomar  a  Olvera  el 
otrosi  quando  á  Teba  et  quando  fue  a  Gibraltsu-,  aqnel  D.  Jnan  AUbmo 
tomó  los  libramientos  et  los  dineros  dd  Rey  para  le  ir  servir  et  non  ine 
allá.» 

5.  Ein  gewissenhafterer  Vasall ,  D.  Pero  Fernandez  de  Castro, 
kommt,  statt  mit  loo,  mit  nur  20  Berittenen  (pmes  de  bestiai)  ans 
Gallizien  und  erklärt,  er  könne  aus  so  weiter  Feme  nicht  pünkt- 
lich all  seine  Mannen  stellen,  um  so  weniger  als  er  auch  die  ent- 
sprechenden Gelder  nicht  erhalten  (bzw.  nicht  angenommen)  habe: 

. . .  quanto  mas  que  el  non  avia  tomado  dineros  ningunos  del  libramiento 
que  el  Rey  le  feciera  ...  et  que  si  el  esperara  a  los  traer  (=  los  de  Gdicia) 
consigo  desde  que  elles  ovieran  rescebidos  k>s  dineros  quel  Rey  le  daba  de 
libramiento,  que  fuera  tan  tardiosa  la  su  venida  que  non  compilera  al  su 
servicio  del  Rey.* 

So  könnte  man  Dutzende  von  Aufzeichnungen  zusammentragen, 

in    denen    tomar   dineros  —  poner  dineros  —  comprar  heredades  

robar    la    tierra   —   dar   libramiento   —   quitar  —    quitar  debdas  

dar  quito  wieder  und  immer  wieder  kehren,  dazu  auch  fazer  saha 
por  non  ir  á  la  frontera,^  sowie  Berufung  auf  die  gran  minguaj^  an 
der  Fulano  und  Sicrano  litt,  wenn  es  sich  um  Auslieferung  oder 
Verkauf  von  seiner  Obhut  anvertrauten  Burgen  und  Städten  an  den 
Feind  handelt  —  Stellen,  deren  typische  Redewendungen  unwill- 
kürlich an  die  spöttischen  Ausrufe  Alfons'  X.  erinnern: 

Quen  da  guerra  levou  cavaleiros 
e  a  sa  terra  foi  guardar  dinheiros 
non  ven  al  mayo! 
Quen  da  guerra  foi  con  maldade 
e  a  sa  terra  foi  comprar  erdade 
non  ven  al  mayo. 

1  Cron,  Alf,  XL  e  CXIII. 

«  Ib.  e.  V  p.  239  hogar  \  cf.  p.  248. 

8  Ib.  p.  263  a. 

♦  Ib.  p.  246. 

*  Z.  B.  p.  260. 

•  Ib.  p.  239. 


314  CAROLINA   MICHAELIS   DE   VASCONCELLOS, 


Andrerseits  aber  machen  sie  auch  Varnhagens  Gedankea  wenig- 
stens begreiflich,  die  Kriegslicder  ira  vatikanischen  Liederbuch  be- 
zögen sich  auf  die  Campagnen  Alfons'  XI.;  und  der  als  Verfasser 
genannte  Rey  de  Caslella  e  de  Leon  sei  kein  andrer  als  eben  der 
Sieger  von  Tarifa.' 

Gehen  wir  zu  Alfons  X.  zurück,  so  mufs  mit  Bedauern  zu- 
nächst festgestellt  werden,  dafs  die  Berichterstattung  über  die  von 
ihm  unternommenen  Kriege  eine  wenig  eingehende  ist.*  Es  gab 
darin  eben  kein  Las  Navas  und  kein  Tarifa.  Nur  ein  kleines  Alarcos. 
Alle  vier  Expeditionen  gegen  die  Mauren  —  eine  in  jedem  De- 
zennium —  verliefen  ohne  bedeutende  Gebietsenveiterung:*  die 
Erwerbung  von  Niebla  und  Xerez,  die  Eroberung  von  Algarve,  der 
Zug  nach  Tunis  in  den  50er  Jahren  war  von  Werl;  weniger  in 
den  6oem  der  Einfall  in  die  Ebene  von  Granada  und  Unterdrückung 
des  andalusischen  Aufstandes;  in  den  70em  die  Verteidigung  gegen 
Abu-Juçuf  während  seiner  Abwesenheit;  in  den  60 em  noch  einmal 
ein  Zug  in  die  Veiga  und  Pakt  mit  dem  Mauren  gegen  seinen 
Sohn  und  seine  Vasallen. 

Gerade  über  den  Abfall  der  Granden,  welche  durch  die  an 
allen  Vorrechten  rüttelnde  neue  Gesetzgebung  und  durch  des 
Königs  Beziehungen  zum  Ausland  erbittert  waren,  finden  sich  hin- 
gegen in  der  späten  und  ganz  unzulänglichen  Chronik  Aussagen 
die  Menge.  Die  Sucht  der  Rkosomes,  für  möglichst  geringe 
Leistungen  mit  möglichst  viel  dintros*  und  herdades  belohnt  zu 
werden,  ist  einer  der  Grundtöne  der  Fehden,  die  der  König  von 
1270  bis  127^,  während  der  Vorbereitung  zu  seiner  Fahrt  um  die 
Kaiserkrone  mit  seinem  Bruder  Philipp  und  den  rebellischen,  dem 
König  von  Granada  anhängenden  Granden  diplomatisch  auszu- 
fechten  hatte.' 

E  pues  que  el  lofanie  e  los  ricos  ornes  ovicion  cobrado  estos  dineros 
qael  Rey  les  mundú  d.-ir,  partieron  les  a  jus  vasallos  è  ayunUcon  las  mas 
gentes  que  pudieron  aver  de  caballeros;  e  con  aquellos  dineros  guisaionee 
de  armas  c  de  caballos  e  andaban  por  la  tierra  maclios  dellos  e  tomaron 
viandas  en  muchos  lugares  que  las  non  devian  tomar,  muy  desmesuiads- 
niicnte  e  facían  muy   grand  dafio  en  la  üerra.     E  Inego  enviaron  sus  miD> 


'  Noval  Paginas  p,  378.  —   Canchneirirtha  159 — 161,  —  Provaris  I?. 

*  Die  Cronica  de  Alfonso  X  ward,  wie  die  der  Nachfolger,  dem  Anschein 
nach,  erst  zwischen  1327  und  1350  vom  Gehcimkanzler  Alfons'  XI.,  Feman 
Sanchez  de  Tovar,  ausgeführt. 

'  In  den  Annnlen  und  Chronilcen  heifst  ea  von  ihm  nur:  i  despvts  qtte 
fue  rey  gano  el  reyno  de  Nubla  e  Xerea  e  otras  casliellos  muchos  en  la 
frontera  {Esf.  Sagr.  XTCnT  37g). 

*  Dineros  nnnnie  man  die  Summen,  welche  der  Monarch  von  den  fur 
diesen  Zweck  von  den  Untertbanen  erhobenen  servicios  an  seine  Vasallen  ab- 
luliefcrn  halte.  —  Vgl.  CroH.  Alf.  c  21:  Cron.  Fernando  IV  c.  îO;  CV  508 
dinheiroi   Que  Ih'  a  demo  leva  nos  eavaleiros, 

'  Das  allportug.  Adelsbach  berichtet,  es  hätten  sich  damals  17  Ricos- 
homes  dem  mächligen  D.  Nuno  Gonçalves  de  Lara  angeschlossen.  —  P.  M.  H.; 
Script,  263, 


ElANDGLOSSEN   ZDM    ALTPORT,  UKDER BUCH.  315 

dadenw  al  rey  de  Granada  e  at  rey  Abu  Yuaf  de  Marruecos  e  otrosí  en- 

viaTon  cartai  al  rey  de  Portugal  para  le  mover  que  ficiese  gaerra  a  CaitilU.> 

In    alien    Botschaften,    die    an    den    Infanten,    an    die   Laras, 

Haros,   Castros,   Cameros  u.a.m.  gesendet   werden,   um   sie   zum 

Gehorsam    zu    bewegen    und   von    ihrem    Unrecht    zu    überzeugen, 

klingt  es  als  Kehrreim  wieder; 

E  bien  sabedcs  que  sus  vasallos  erade*  e  sa«  dineta«  aviedes  tomado 
para  le  ir  servir,  do  el  mandase  ...  e  non  !o  fedstes. 

E  ademas,  faciendo  vos  el  Rey  estas  mercedes  e  estas  honras,  e  dan- 
dovos  los  dineros  de  las  SUS  rentas  e  seyendo  su  vasallo  é  tomando  vos 
del  otra  cuantía  grande  de  dineros  de  1a^  snas  realas  para  le  ir  servir  do 
el  manitase,  e  envtandovoä  decir  que  avia  menester  vuestra  servicio  en  1« 
guerra  de  los  moros,  e  que  fuesedes  estar  con  el  íofante  don  Fernando  su 
fijo,  non  lo  quesistes  facer.' 

Seyendo  vasallo  del  Rey  e  teniendo  del  dineros  posistes  pleito  e 
postura  con  el  rey  de  Granada.* 

E  ademas  vos  sabedcs  que  el  Rey,  estando  en  Murcia  vos  envió 
decir  de  commo  los  moros  faciao  guerra  e  que  pues  aviades  lomado  sui 
dineros,  ijue  vos  mandaba  e  rogaba  que  üicsedes  estar  en  aquella  guerra 
con  el  infante  don  Femando  su  Hjo  c  vos  non  lo  quesistes  facer  . . .  mas 
vos  os  desafotades  que  levades  los  caballos  e  las  armas  que  comprasies  de 
los  sus   dineros   qne   vos   el   díó   con  que  le  sirviesedes  e  vos  ides  deservir 

Das  Motiv  wiederholte  sich,  als  das  Zerwürfnis  mit  seinem 
Sohne  ihm  mehr  als  die  Hälfte  seiner  Grofsen  entTremdele.  Aber 
es  hat  sich  ohne  Zweifel  schon  viel  früher  geltend  gemacht.'  Schon 
1254  sagte  sich  z.  E.  der  Herr  von  Biscaya,  der  Sohn  des  Cabeça- 
Biava,  von  Alfons  los  und  schlofs  sich  an  den  Aragonesen  an.^ 

Und  um  1255  —  es  sei  nach  der  Eroberung  von  Xerez,  oder 
in  dem  wenig  bekannten  Zwist  mit  Alfons  III.  von  Portugal  betreffs 
der  ajgarvischen  Eroberungen  —  fand  eim^r  der  Hofdichter  An- 
lafs,  tadelnde  Worte  über  die  faulen  und  feigen  Nichtsthuer,  die 
Schmeichler  und  Bittsteller  zu  äufsern,  die  gute  Bissen  am  eignen 
Herd  der  Heldenaufgabe  vorziehen,  Burgen,  Städte  und  Reiche 
zu  erobern: 

Reis  N'Anfos,  ja  'Is  crois  martitz 

ni  'Is  Teign^nz  alegoralí 


'  Cren.  Alf.  X  cap.XXI  (\-¡>>). 

■  Cap.  29.    An  D.  Felipe. 

*  Cap.  30.     An  D.  Nano. 

'  Cap.  31.    An  D.  Lope  Diai  —  Und  so  fort,  besonders  noch  io  cap.  36 


3l6  CAROLINA  MICHAELIS  DB  VASOONCBLL06| 

mais  bos  vis  e  bos  morseus 

qa'  ab  aian  penre  castens 
ciatatz  ni  reings,  ni  faire  faiU  prexans 
tan  lor  es  cars  legors  e  pretz  soans.^ 

Und  sie  sollten  nicht  besonders  berechtigt  gewesen  sein,  ab 
es,  nach  den  Gesetzesreformen  der  50  Jahre,  unter  den  Vasallca 
dumpf  grollte  und  gährte?  als  die  mehrjährige  Unterdrückung  des 
andalusischen  Aufstandes  ihre  Treue   und  Anhänglichkeit  auf  die 

Probe  stellte? 

* 

Wie  die  Ammenlieder,  die  Balteira-  und  Krenzzugs-L'eda 
(Randglosse  VII),  die  Joan -Fernandes- Spöttereien,  fallen,  meines 
Erachtens,  sämtliche  Kriegslieder  in  ein  und  denselben  gedrängten 
Zeitraum,  der  die  Dauer  eines  Krieges  umfafst,  ob  auch  nachÁb- 
schlufs  desselben  bei  Hofe  das  Vorgefallene  natnrgemäfs  noch  ein- 
mal rekapituliert,  von  Neuem  belacht,  bespöttelt  und  an  den  Pranger 
gestellt  wurde. 

In  mehreren  der  mitgeteilten  Reimereien  ist  von  Granada 
die  Rede.  Verschiedne  Male  hören  wir  von  einem  Feigling,  der 
sich  aus  der  Veiga  hinter  die  Berge  gerettet  hat  Auch  wird  des 
öftem  an  die  fronteira  eriimert  Eines  der  Gedichte  mufs,  wie 
wir  sahen,  unbedingt  vor  1274  abgefafst  worden  sein.  Wir  werden 
also  auf  die  Ereignisse  von  1261 — 65  hingewiesen.  Dazu  pafst 
die  Verlegung  der  Scblachtschilderung  in  das  Stromgebiet  des 
Guadalquivir.  Desgleichen  die  früher  behandelte  einschlägige  La- 
mentation  des  in  der  Campiña  durch  Skorpione  gepeinigten  nn- 
kriegerischen  Seefahrers  und  Handelsmannes.  Vor  allem  aber  die 
Erwähnung  der  Gemtes,  sowohl  in  der  Schlachtschilderung  des 
zweiten  Liedes  als  in  der  von  Bèsteiros  mit  so  viel  Humor  skiz- 
zierten Fluchtscene.  Am  Feldzug  von  1275 — 76  nahm  Alfons  per- 
sönlich nicht  teil.  Ebenso  wenig  am  nächsten  der  Sommer  1277 
und  78.  1280  standen  nur  des  Emirs  Söhne  den  Christen  gegen- 
über. Als  Abu-Yuçuf  aber  zum  vierten  und  fünften  Mal  über 
Meer  kam  (1282  —  83  und  1285),  trat  er  nicht  als  Feind  auf» 
sondern  als  Bundesgenosse  des  Königs  selber,  der  ihn  herbei- 
gerufen hatte,  gegen  Sohn  und  Reich. ^ 

Bei  derartig  positiven  Beweisen  kann  ich  die  psychologische 
Motivierung,   nach  1275    habe   der   enttäuschte   Monarch  ^  keinen 

*  Bonifacio  Calvo  :  En  loe  de  verjans  floritt.  —  Mila  200.  —  Äfario 
Pelaez  No.  XV. 

^  Ueber  den  ersten  Einfall  s.  Schirrmacher  I  577;  über  den  zweiten 
597 — 99;    über  den  dritten  604;    über  den  vierten  und  fünften  623 — 29. 

•  Der  ihm  abgedrungene  Verzicht  auf  die  Kaiserkrone  und  den  Titel 
Rey  dos  Romäos;  die  Niederlage  des  tapfren  D.  Nuno  Gonçalves  de  L^ 
bei  Ecija;  die  des  aragonesischen  Infanten  und  Erzbischofs  D.  Sandio  bei 
Torre  del  Campo;  die  Siege  des  Abu-Yuçuf  unter  Vernichtung  von  180OÖ 
Christen  ;  der  Tod  des  Thronfolgers  Ferdinand  ;  die  Strafe,  die  er  mediante  justitif 
an  seinem  leiblichen  ehrgeizigen  Bruder  D.  Fadrique  und  an  D.  Ximen  Rodn* 
guez  de  los  Cameros  verhängen  muíste,  wir  wissen  nicht  wlurum;   die  Partei* 


RANDGLOSSEN   ZUM    ALTPORT.  LIED ERHU CM.  317 

Drang  mehr  verspürt,  Weltliches  zu  dichten,  als  übürilüssige  Wisdi-r- 
holung  unterdrücken.  < 

Ich  komme  zu  den  Geneiet. 

Die  gesamteo  Grenzlande  von  Cadix  und  Xerci  bis  Murcia, 
insonderheit  die  Städte  Arcos,  Medina -Sidoni a,  Lebrija,  Niebla, 
Lorca,  Algeciras,  Sanlucar,  Rola,  Mutcia,  ctDpötten  sich  gegun  die 
Vorherrschaft  der  Christen,  den  1245  auf  20  Jahre  beschworenen 
Frieden  brechend.  Der  König  von  Granada  Ibn-Iil-Ahmar.  der 
bedeutendste  der  tributpñichtjgen  maurischen  Bundesfreunde  AU 
fons'  X.,  auf  dessen  Hülfe  gerechnet  wurde,  schürte  im  Geheíninn 
den  Aufruhr,  lieber  den  Verlauf  desselben  gehen  die  Historiker 
rasch  hinfort^  Nach  verheerenden  Einlallen  in  die  Vega  mit  Schar- 
mützeln und  einem  Haupttreffen,  endete  er,  dank  der  UntcrslillEung 
dreier  Wahs,  mit  der  Rückeroberung"  aller  abtrünnigen  Gebiete 
und  einem  neuen  Friedensvertrag  zwischen  Kastilien  und  Granada, 
Immerhin  verzeichnen  die  christlichen  wie  arabischen  Quellen  die 
Thatsache,  welche  der  Plauptaklion  ein  eigenartiges  Gepräge  ver- 
leiht, ihr  und  dem  Vertrag  den  Namen  gab  und  für  unsre  Be- 
urteilung der  Kriegsgedichte  von  besonderer  Wichtigkeit  ist.  Der 
Emir  von  Marocco  Abu-Vuçuf  schickte  dem  als  Haupt  der  hiRpa- 
niscben  Mauren  anerkannten  Beherrscher  von  Granada  afrikanische 
Hülfstruppen  von  solcher  Güte,  dafs  sich  die  Schreckensnachricht 
verbreitete,  er  selber  nahe,  und  es  drohe  eine  neue  Ucberflutung 
Spaniens  mit  Berberstammen.^  Kern  der  Truppen  bildeten,  unter 
dem  schieläugigen  (luerlo)  Emir  Ibn-ldriai,  300  oder  lOOO,  nach 
arabischen  Quellen  sogar  3000  Zmtiti,  ein  Nomadensiamm,  zu  dem 
die  Beni-Mertnea  gehörten.*    Seit  der  grofsen  Sdilacbt  gegen  den 

Bahmc  tuA  KliuJit  sciofr  GentablÍD  D.  Violante  mil  den  jungto  I.ac«r(lu, 
•eWCD  Eakclkindcrn,  weil  Sancho  dei  Zweilgeboine  lieb,  im  BewabUrin  icinca 
RedUs,  die  gelàhiilcte  Kione  voi  der  Zeit  gewalliam  aomafRe;  infolKC  (bvoa 
AueiDandencUnD^ea  und  Krieg  mit  Fianktrich  und  Arigon:  und  »cbUetilkli 
die  Enpönuig  des  IhcoDibtdeieii  und  seinei  Anhänger  ^  du  Und  die 
"Mliiitiii^lilit,! .  die  ilcD  boffoDDgsreich  nach  Beloiie  AmgciogcDcn  wSluend 
winer  Abwesenheit  und  uch  der  Hcimkdu'  (HjS)  trz/en. 

'  Eise  Bemeikung  Alfooi'  X.  io  dm  ItaHeolicdem  (CH  SU)   üb«  d&* 
ip<iwili£i    Kommen    des  Emir   toh   Uutoco    glaabe    ich    dahin    dealn    lu 
■iaai,  dab  ñc  nach  1178,  aber  vor  1381  yrtirifhea  «nrde: 
qnaado  paaMU  Aboynfaf 
■OB  da  [11MI1I1  pñatif« 
Baa  ds  oWia,  et  fa  daao 
Snade  d*»q«eIU  pawada  ... 
I  597-606. 

"        '  Sdbimnacher  I  490—96.  —    Gcnde   dk 

nprïagt  L0IIÚ,  wo  er  da«  Ucfa«níiÉ«  aber 
i-X.  fi«bt  (p.S»-S'i. 


ihOH  U  grwmdt  maiitm  trtttn 


3l8  CAROLINA  BnCHAELTS  DB  VASCONCBLLOS, 

Miramamolin  waren  solche  Wûstensôhne  nicht  wieder  in  Spanien 
gesehen  worden.  ^  Daher  boten  sie  den  im  ganzen  wenig  kriegs- 
lustigen Unterthanen  Alfons'  X«  einen  völlig  ungewohnten  Anblick.' 

Die  Sinnesänderung  des  Königs  von  Granada  ericennend,  rückt 
Alfons  vor  Alcalá  de  Ben^Zaide^  findet  die  nmliegenden  Gefilde 
aber  bereits  von  den  Mauren  verwüstet  Dort  entspinnt  sich  eine 
blutige  Schlacht  ,3  in  der  Ibn-£1-Ahmar  mit  den  GeneUs  Sieger 
bleibt  oder  wenigstens  dem  Feind  schwere  Verluste  beibringt  und 
das  Feld  behauptet^ 

Con  esta  nueva  salió  Aben  Alahmar  de  Granada  y  corno  y  taló  los 
campos  de  Alcalá  de  Aben-Zaide.  £1  rey  Alfonso  salió  con  su  hneite  y  le 
encontraron  a  la  vista  de  aquella  ciudad.  La  pelea  fue  sangrienta  y  los 
caballeros  zenetes  que  acompañaban  al  rey  Aben  Alahmar  le  dieron  este 
dia  la  honra  del  campo.  Fue  esta  batalla  de  Alcalá  de  Aben  Zaide  en  el 
año  de  66o.* 

Nicht  der  Guadalquivir,  sondern  der  Zuflufs  Guadajoz  ist  also 
der  Flufs,  dessen  Wasser  von  Leichen  gestaut  und  blutigrot  ge- 
färbt wurden.® 

Dafs  der  Genete  des  Gedichtes  auf  seinem  blitzschnellen  Voll- 
blutrenner, leicht  mit  Lanze  und  Schild  bewaffnet,  bartlos  nnd 
kurzgeschorenen  Haupthaars,  als  Vertreter  des  fremden  afrikani- 
schen Maurenstammes  und  nicht  als  beliebiger  Leichtberittner  auf- 
tritt, scheint  mir  fraglos.  Ebenso  dafs  nur  der  erste  lähmende 
Eindruck  verdiente,  festgehalten  zu  werden.    Wir  alle  werden  dabei 


^  Ueber  die  Mitwirkung  der  Zenetes  in  der  Schlacht  bei  Alarcos  siehe 
Conde  III  e.  14  und  17;  über  las  Navas  ebenda  c.  18  und  19.  —  Dozy  drückt 
sich  nicht  so  genau  wie  gewöhnlich  aus,  wo  er  behauptet,  der  arabische 
Chronist  gebe  das  Jahr  1263  als  das  ihres  allerersten  Kommens  an. 

*  Cr  ort,  Alf.  c.  13:  E  se^^uttd  lo  que  se  falló  en  escripto  dicen  cu¿  estos 

fueron  los  primeros  caballeros  jinetes  que  pasaron   aquén  la  mar  díspues 

que  el  Miramamolin  fue  vencido,   —    Vgl.  Schirrmacher  I  493.   —   In  <len 

Anal,  Januens.  p.  248  zum  J.  1264  heilst  es   (bei  Schirrmacher)   auxilianiibus 

Sarracenos  ßarbaris  et  aliis  Sarracenis  de  Garbo  et  Barbaria, 

8  Eine  Schlacht,  nach  der  Defìnition  Alfons'  X.  —  d.  h.  eine  bûtaWit 
keine  blotse  facienda  oder  lui  — ,  da  er  selber,  ein  König,  auf  dem  Kampf* 
platz  zugegen  war.  —  Vgl.  Espejo  III  5,  19. 

*  Schirrmacher  I  499  schildert  den  Ausgang  wie  folgt:  „Die  Christen 
erlitten  die  schwersten  Einbufsen,  erwehrten  sich  aber  der  Ungläubigen  v& 
das  kräftigste,  erschlugen  3000  Ritter  und  noch  mehr  Fufstruppen  und  rühmten 
sich  sogar  des  Siegs  ..." 

*  So  berichtet  der  nicht  immer  durchaus  unzuverlässige  Conde  IV  c.  /•  " 
Das  Datum  der  Schlacht  giebt  er  freilich  ungenau  an.  Nicht  1262,  wie  er 
behauptet,  auch  nicht  1263,  ^l^  der  spanische  Chronist  angiebt,  sondern 
1264,  wie  der  von  Dozy  und  Schirrmacher  benutzte  arabische  Anoo)inus  vssr 
einandersetzt  (und  schon  Argote  de  Molina  II  c.  50  festgestellt  hatte),  kam  es 
zu  jenem  HaupttrefFen.  Vor  Februar  1263  war  Niebla  eingenommen  (Memorial 
I  202);  Cadix  im  September;  der  Vertrag  wurde  1265  abgeschlossen;  iß" 
Frühjahr  fand  der  Abfall  der  Walis  statt,  der  eine  Folge  der  Machtsteigcnmg 
der  Zenetes  ist. 

«  Schirrmacher  verlegt  die  Schlacht  ziemlich  unbestimmt  in  die  Rcgio*^ 
zwischen  Cordova  und  Sevilla. 


RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPORT.  LI EDBRDDCH.  3IQ 

an  den  ergreifenden  Schrecken  der  tapfren  Buren  vor  den  Lanzen 
der  sie  bei  Elandslagte  überwältigenden  englischen  Ulanen  schmerz- 
lich erinnert.  Die  Permanenz  der  Geneies  in  Andalusien  datiert 
von  jenem  Sommer  1264.  Dank  ihren  Triumphen  wurden  sie  von 
Ibn-el-Ahmar  derart  bevorzugt,  dafs  andre  tapfre  Stamme,  die  seit 
Jahrzehnten  eine  hervorragende  Rolle  in  Andalusien  gespielt  hatten 
(wie  die  Beni-Isclikalyula,  von  denen  wir  später  hören  werden, 1 
zunächst  aber  nnr  zu  wissen  brauchen,  dafs  sie  als  Walis  die 
Städte  Malaga,  Guadix  und  Gomares  regierten),  sich  zurückgesetzt 
glaubten  und  abtrünnig  zu  Alfons  übergingen  —  so,  ohne  es  zu 
wollen,  den  Frieden sabschlufs  beschleunigend.  Bei  dem  grofsen 
Feldzug  des  Abu-Yuçuf  vom  J.  1275  gehörten  Zenetes  zu  den 
Heerführern. Ï  Ais  später  Alfons  X.  mit  dem  Thronfolger  von 
neuem  in  die  Vega  einfiel,  brach  bei  einem  kecken  Angriff  Sancho's 
eine  starke  Kolonne  Mauren  aus  der  Stadt  —  die  Chronik  spricht 
von  50000!  —  también  gmtles  como  andaluces^^  Nach  abermals 
vier  Jahren  zieht  der  neue  Emir  Iba-Yakub  mit  12000  Genetes 
über  Meer.'  Weitere  Angaben  wären  überflüssig.  Was  ¡ch  be- 
weisen wollte,  dafs  der  Chronist  den  urspünglichen  Wert  des 
Wortes  kannte,  und  ebenso  der  ältere  Dichter  der  Marienlieder 
und  unsrer  Kriegsgesänge,  ist  bewiesen.*  Die  Uebertragung  von 
Zeiule  Genete  GineU  auf  jeden  nach  Art  dieser  Nomaden  mit  kurzem 
Steigbügel,  also  gebeugten  Knies,  auf  einem  kleinen,  aber  guten 
Renner  reitenden  Mauren  und  Hispanier,  sowie  jogar  la  gineta^ 
die  adjektivische  Verwendung  in  lança  gtneia,  espada  gtnela,  sella 
gettila,  adarga  geneta,  cavallo  ginele  vollzog  sich  im  Laufe  des 
14,  Jlis.  und  verdrängte  allmälich,  als  ihre  Zeit  um  war,  die  Er- 
innerung an  die  echten  Träger  des  Namens. 

Die  Herleitung  des  weiteren  Begriffs  aus  dem  engeren''  —  wie 
Engelmann  und  Dozy  sie  vor  mir  befürwortet  haben  —  liefse  sich, 
so  weit  ich  sehe,  nur  durch  Nachweis  des  Wortes  genete  in  latei- 
nischen Schriften  vor  1 195,  d.  h.  vor  dem  ersten  Bekanntwerden  der 
Zenetes,    gefährden.»      Die    Form    mit    e,    wie    unsre    Lieder    sie 

'  In  Randglosse  VH  und  VUI. 

■  Cron.Al/.  c.  61  und  (¡2. 
'  Cron.  Alf.  p.  59.  —  Schirrmacher  Û04. 

*  Cran.  Sancho  e.  II.  —  Scliiirmacher  Û33. 

*  Ein  arabisch«  Geschichtsschreiber  sagt  mit  Beiug  aof  die  damalige 
RegcneralioD  des  DordafnkaniscbeD  Islam:  „Nach  dem  Sturz  der  Almohaden 
wäre  Andalusien  bald  unlcTli^cn  oboe  das  Eingieifen  der  göttlichen  Vor- 
sehung, die  den  ginetischen  Voliisstiimmeo  Begeislcnuig  (ur  den  heiligen 
Krieg  einflöfitc." 

■  So  schon  im  Poema  de  Alfonso  XI  Str.  400;  lomauan  escudo  e  lança 
—  ¡a  gineta  yttan  jegando,  —  In  Katalonien,  Aragon,  bedirate  man  sich 
des  abgeleiteten  genefia.  Mustaner  spricht  wiedciholt  von  homens  a  cauall 
ttl/errats  o  la  genetta  del  regne  de    Valencia,  i.  B.  c.  156  und  158. 

'  LoUis  denkt  sich  den  Vorgang  umgekehrt,  wenn  er  versichert,  genete 
habe  zuerst  eine  specie  di  cavallo  leggiero  imd  spater  den  cavallegere  benannt, 

*  Keine  der  bei  Du  Gange  angcHihiten  Belegstellen  geht  über  du 
14.  Jh.  zurück. 


CAROUNA   MICHA  RJ .15   DE   VASCONCELLOS, 


bieten,'  ¡st  die  altre.    Gmttes  für  Zenites,  mit  j  für  s 
gira/a  aus  sera/a,  ist  ein  echt  gallizischer  ^ug.' 


n  girafa 


Haben  wir  aber  das  Geaete-Lied  ins  Jahr  der  Schlacht  bei 
Alcalá  de  Ben  Zaide  zu  verlegen,  so  fällt  auch  das  Maí-Sirventés 
wahrscheinlich  in  die  Zeit  des  andalusischen  Aufstandes  (1263, 
bzw.  1261  —  65).  gleichviel  ob  es  im  ersten,  zweiten  oder  dritten 
Jahr  des  vielfach  gefährdeten,  im  ganzen  aber  glorreichen  Feld- 
zuges und  wirklich  bei  Gelegenheit  einer  der  Frühsommer-Paraden 
gedichtet  ward,  unter  Rückerinnerung  an  die  Ausreifser  des  Vor- 
jahres. Die  Momente,  in  denen  Alfons  die  glänzendsten  Waffen- 
eriolge  seiner  Regieningszeit  errang,  sind  die  denkbar  passendsten 
für  all  seine  kriegsdichterischen  Inspirationen.  Selbst  dafa  eine 
Niederlage,  die  er  zum  grofsen  Teil  der  Säumigkeit,  Untücbtigkeit 
und  Uneinigkeit  seiner  Vasallen  zuschreiben  mufste,  seine  Muse 
anregte,  gallig -lustige  Satiren  zeitigend,  ist  vom  psychologischen 
Standpunkt  aus  sehr  wahrscheinlich  —  um  so  mehr  als  die  Ver- 
luste auf  beiden  Seiten  erbeblich  waren  und  Mauren  wie  Christen 
sich  als  Sieger  betrachteten. 

Der  Ansicht  des  italienischen  Gelehrten,  der  König  beschäftige 
sich  nicht  nur  mit  einer  langen  Reihe  von  Verrätern,  sondern  auch 
mit  zeitlich  und  sachlich  weit  auseinander  liegenden  Ereignissen, 
die  z.  T.  dem  schlimmen  letzten  Dezennium  seiner  Regierung  an- 
gehören, kann  ich,  was  die  zweite  Hälfte  betrifft,  nicht  beipflichten. 
In  einem  der  Zweizeiler  soll  der  eigne  Sohn  und  Nachfolger  ge- 
zeichnet sein,  der  als  Bravo  doch  erst  seit  1275,  d.  h.  als  Erb- 
infant, dem  man  sein  Recht  bestritt,  und  nach  1281  als  offner 
Rebell  gegen  den  alternden  Vater  auftrat,  den  die  Partei  der 
Jugend  für  schwachsinnig  ausgab.^  Ein  andres  Zeilenpaar  soll  auf 
den  Infanten  D.  Juan  gemünzt  sein,  der  sich  zu  jenen  schlug,  oder 
auf  D.  Felipe,  den  Rebell  en  führet.  Wieder  ein  andrer  auf  D.  En- 
rique, dessen  Widersetzlichkeit  von  125g  datiert  und  der  seither 
aufser  Landes  blieb,  O  que  da  guerra  se  foi  con  nemigo  (wie 
Lollis  ßlschlich  statt  nemiga  „Feindseligkeit"  liest)  soll  einer  der 
mit  dem  Emir  von  Granada  verbündeten  Barone  sein,  u.  s.  w.  Ich 
denke,  vom  bitterernsten  Abfall  der  Söhne  und  Brüder  hätte  der 
tiefgebeugte  Sechziger  in  anderm  Tone  gesprochen, 

Ueberhaupt  scheint  mir  das  Bestreben  unausführbar,  die  ein- 
zelnen getroffenen  Persönlichkeiten  festzustellen.  Ich  begnüge  mich 
mit  der  allgemeinen  Erkenntnis,  dafs  es  sich  um  Momentaufnahmen 

'  AlfoDs  bedient  sich  ihrer  noch  in  einem  Spott^dicbt,  das  von  d«r 
Raufetei  einer  saldadeira  mit  einem  GentU  berichtel  (CV  76). 

*  Neuerdings  hat  L.  E^uÜhz  y  Yanguas  die  fiüliet  von  Diez  voigc- 
■cblagene  Ableitung  roni  griech.  ■yvflv^ttji  wieder  aurgefrisclit  (Honwnajt  a 
AUnenJa  y  Ftlayo  II  132),  doch  ohne  Anführung  von  Griindea. 

'  Dais  die  für  Landankauf  vielgebrauchte  Wendung  comprar  trdaJí 
(9.  oben)  sich  auf  Sancho's  Thionanspiuch  bezieht,  wird  Niemand  cin- 
Icuchtea. 


RANDOLOSSSN  ZOM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  32 1 

Ut  und  dais  das  erste  and  zweite  Distichon  selbstsüchtige 
babsûchtige  Barone,  das  dritte  einen  fehdelustigen  Raufbold,  ^ 
ierte  und  siebente  prunkliebende  Stutzer,^  das  fünfte,  sechste, 
,  zehnte  nur  auf  ihren  eignen  Vorteil  bedachte  Knicker,  das 
:e  einen  zu  üppigem  Wohlleben  hinneigendem  Friedensfreund, 
nnrölfte  und  fünfzehnte  eitle  Fanten  treffen. 


^  \¿,  die  Lieder  des  Gil  Perez  Conde. 

*  Vgl.  die  Lieder  des  Lope  Diaz  und  besonders  den  cUscordo  auf  einen 

oldnem  Bettgestell  in  den  Krieg  ziehenden  Edeln  (CV  698). 


Carolina  Michakus  de  Vasconcellos. 


*»«ltt.  1  rom.  PhD.  XXY.  21 


Zur  franzöeiaclien  Syntai. 

(Vgl.  Zlbclir.  XXllI,4gi  ff.) 

IX. 

Stellung  des  attributiven  Adjektivs.' 

Seit  der  Herr  Herausgeber  dieser  Zeitschiift  mit  einer  Treff- 
sicherlicit,  die  nach  Gebühr  zu  würdigen  der  Umstand  mir  ver- 
bietet, dafs  diese  Zeilen  ¡n  einer  von  ihm  geleiletcn  Zeitschrift  er- 
scheinen, für  das  französische  Verfahren  in  Voran-  und  Nachstellung' 
des  attributiven  Adjektivs  die  psychologische  Radix  dabin  formuliert 
hat,  dafs  das  vorangestellte  Adjektiv  affektisch  attribuicrt,  das 
nachgestellte  logisch  distinguiert,  erschien  mir  dieses  schwierige, 
ja,  nach  der  Zahl  und  Unzulänglichkeit  der  gemachten  Lösunga- 
versuche zu  urteilen,  wohl  schwierigste  Problem  der  französischen 
Syntax  in  so  befriedigender  Weise  gelöst,  dafs  ich  trotz  wiederholter 
Wahrnehmung  mifsverständlicher  Auffassung  des  Wortes  „affektisch", 
die  dazu  hätte  anreizen  können,  eine  Neu  be  Sprech  un  g  dieses  Gegen- 
standes als  das  letzte  ansah,  wozu  ich  mich  bei  meinen  infolge  allzu- 
beschränkter  Zeit  und  Kraft  leider  nur  bescheidenen  Bemühungen 
um  Klärung  syntaktischer  Fragen  entschliefsen  würde  —  um  so 
mehr,  als  es  mir  begreiflicherweise  ebensosehr  widerstrebte,  für 
eine  von  mir  als  unbedingt  zutreffend  angesehene,  von  manchen 
aber  befehdete  Auffassung  in  der  von  ihrem  Urheber  selbst  ge- 
leiteten Zeitschrift  als  Vorkämpfer  oder  wenigstens  als  Verfecliter 
aufzutreten,  wie,  aus  eini;m  so  äufserlicheo  Grunde  die  mir  lieb  ge- 
wordene Publikationsställe  für  meine  Hervorbringungen  beschaulich- 
nachdenklicher  Mufsestunden  mit  einer  anderen  zu  vertauschen. 

Von  diesem  lange  Jahre  hindurch  festgehaltenen  Standpunkte 
einer  vorsätzlichen  Passivität  abzugehen,  dazu  ward  mir  eine  im 
Archiv  für  das  Studium  d.  n.  Spr.  und  Lit.  CIU,  p.  442  ff.  veröffent- 
lichte Besprechung  von  Th.  Schöningh's  „Stellung  des  attributiven 
Adjektivs  im  Französischen"  Anlafs,  die  den  aus  Literaiurblatt  f. 
germ.  u.  rom,  Philol.  1893  No.  4  u.  5  bezüglich  der  beregten  Frage 
schon  bekannten  Herrn  Dr.  Carl  Buck  zum  Verfasser  hat  und  in 
der    es    heifst:    „Das  Werkchen"  (das    von  Th.  Schöningh)    „keim- 


■  Abkununeen:  Cron.  Di^s.  i^  Joseph  Croa,  Die  Stellung  des  . 
bntiven   Adjektivs    im    Alliramäsischen ,    Slrafaburger   Disseitslion    IS91.    - 
(ÌT,  E3  G.  Gröber,  Gmadriis  der  lomaniichen  Phlloloeie  I,  SlrafibarE  tSSS. 


I 


ZUR    FRANZÖSISCHES   SYNTAX. 


323 


zeichnet  deutlich  die  rückläufige  Bewegung,  in  die  die  Forschung 
im  Gegensatz  zu  dem  einige  Zeit  mafsgebendeii  Resultat  von  Cron's 
Diáscrlalion  „Die  Stellung  des  altrib.  Adj.  im  Altfranz."  (Strafsburg 
1891)  heute  glücklicherweise  getreten  ist."  Herr  Buck  versäumt  es, 
sich  über  die  Art  der  venneintlichen  „rückläufigen  Bewegung",  ins- 
besondere über  die  Quellen  seiner  vorgeblichen  Kenntnis  von  ihrem 
Vorhandensein  eingehender  zu  aufsero.  Aber  selbst  wenn  die  Zahl 
der  neuerdiags  auf  den  Plan  getretenen  Anfechter  des  Gröber- 
Ctonschen  Stell  un  gsprin  zips  grôfser  sein  sollte,  als  ich  auf  Grund 
(vielleicht  unzulänglicher)  Verfolgung  der  Publikationen  darüber  an- 
zunehmen geneigt  bin,  so  erscheint  es  mir  mehr  als  zweifelhaft,  ob 
er  darum  schon  berechtigt  ist,  von  einer  „rückläufigen  Bewegung" 
in  der  Beurteilung  dieser  Frage  zu  sprechen,  wozu  doch  nicht 
blofs  ein  quantitatives,  sondern  auch  ein  qualitatives  Ueberwjegen 
der  zu  der  Behandlungs-  und  BeurteilungsMeise  der  „guten  allen 
Zeit"  (der  Ausdruck  ist  nicht  von  Herrn  B.  gebraucht)  znrück- 
ienkcnden  gegnerischen  Stimmen  nötig  wäre,  kurz,  über  deren 
Vorhandensein  oder  nicht  Vorhatidensein  doch  nur  auf  Grund  eines 
reichlichen  statistischen  Materials  entschieden  werden  könnte.  Bis 
zu  dessen  Vorlegung  kann  ich  für  meine  Person  nur  erklären,  dafs 
icli  weder  etwas  wahrgenommen  habe,  was  sich  berech tiglermafsen 
als  „rückläufige  Bewegung",  die  doch  einen  Gegensalz  zu  einem 
früheren  Verhalten  der  Fachgenossen  gegenüber  dem  Gröber-Cron- 
schen  Prinzip  darstellen  muíste,  bezeichnen  liefse,  noch  auch  selbst 
jemals  das  Bedürfnis  oder  den  Wunsch  nach  Ersatz  jenes  Prinzips 
durch  ein  neu  aufzustellendes  empfunden  habe. 

Doch  angenommen  auch,  es  wäre  Grund  oder  Berechtigung 
vorhanden,  von  rückläunger  Bewegung  in  der  Frage  der  Stellung 
des  adnominalen  Adjektivs  im  Französischen  zu  sprechen,  so  kann 
ich  doch  nicht  umiiin,  über  das  „glücklicherweise"  niit  dem  H.  B. 
es  für  gut  befunden  hat  die  Constatiening  jener  rückläufigen  Be- 
wegung zu  begleiten,  ein  gewisses  Befremden  zu  äufsem.  Und 
zwar  stützt  sieb  dasselbe  nicht  darauf,  dafs  ich  persönlich,  wovon 
ich  lieber  gar  nicht  reden  will,  eine  solche  Wandlung,  wenn  sie 
wirklich  nachweisbar  wäre,  durchaus  nicht  als  ein  „Glück"  ansehen 
würde  —  da  H.  B,  nun  einmal  die  Sache  unter  diesen  neuen 
Gesichtspunkt  des  Glücks  und  Unglücks  statt  des  für  wissenscbafl- 
licbe  Fragen  doch  wohl  empfehlenswerteren  alten  der  Richtigkeit 
und  Unrichtigkeit  zu  bringen  beliebt  hat  —  sondern  vielmehr 
darauf,  dafs,  wenn  ich  die  Frage  aufwerfe,  inwieweit  die  bessere 
Einsicht  in  den  Sachverhalt,  über  die  H.  B.,  wenigstens  nach  seinen 
Darlegungen  zu  urleilen,  etwa  verfügt,  ein  solches  Werturteil  über 
eine  unter  alten  Umständen  auf  umsichtiger  Prüfung  und  gründ- 
lichster Ueberîegung  beruhende  (wenn  auch  von  seiner  eignen  ab- 
weichende) Meinung  rechtfertigt,  die  Antwort  mir  dabin  lauten 
zu  müssen  scheint,  dafs  die  geradezu  spielende  An,  mit  der  H.  B. 
den  Nachweis  für  die  Unzulänglichkeit  des  allen,  auf  die  psycho- 
logischen    Grundlagen    der    GedankenäuTserung    jsurückgteifenden 


324  '^^-  KALBFKY, 

Prinzips  erbringen  und  die  von  ihm  vorgeblich  wahrgenommene 
Tendenz  nach  Voransteliung  des  Adjeklivs  ¡m  modernen  Französisch 
einfach  auf  eine  „in  der  Entwickelung  begriíTene  Umwälzung  der 
französischen  Betonungs Verhältnisse"  (!)  zurückfuhreo  zu  können,  ja 
—  angesichts  des  „glück! icherweise"  —  zu  dürfen  meint,  auch 
durch  den  einschränkenden  Zusatz  (S.  446)  keine  hinreichende  Knt- 
schuldigung  findet,  dafs  er  aus  Raummangel  darauf  verzichten  müsse, 
die  Lösung  seiner  Aufgabe  („Verhältnis  von  Worlstellung  und  Be- 
tonung") an  jener  Stelle  ausführlich  zu  geben.  Denn  wenn  H.  B. 
sich  dort  „mit  einigen  grundlegenden  Gesichtspunkten'  uod  weg- 
leitenden Bemerkungen  begnügen"  wollte,  so  durfte  er  sich  m.  E. 
auch  des  wertenden  „glücklicherweise"  vor  der  Hand  nicht  be- 
dienen —  wenigstens  dann  nicht,  wenn  er  sich  nicht  dem  Ver- 
dacht aussetzen  wollte,  dafs  er  an  die  so  schwierige  Frage  der 
Adjektivstellung  selbst  mehr  „affektisch  altri buierend"  als  „logisch 
distinguierend"  herangetreten  sei. 

1st  mir  nun  eine  Auseinandersetzung  mit  den  neuen  Auf- 
stellungen H.  B.'s,  zu  der  ich  um  so  mehr  Lust  hätte,  als  es  schon 
jetzt  meine  Ueberzeugung  ist,  dafs  wenn  thatsächlidi  eine  „Um- 
wälzung der  französischen  Betonungsverhältnisse  in  der  £ntwiokelung 
begriffen  ist",  die  zahlreichen  Fälle  der  Voranstellung  des  Adjektivs 
dabei  kaum,  wie  H.  B.  meint,  als  Wirkung  sondern  eher  als  Ur- 
sache mitbeteiligt  sind  —  durch  seine  Verweisung  auf  eine  erst 
später  von  ihm  zu  gebende  vollständige  Veröffentlichung  seines 
Beweismaterials  für  jetzt  abgeschnitten,  so  will  ich  doch  den  durch 
seine  Aeufserungen  gegebenen  Anlafa  zu  einigen  Bemerkungen  teils 
er!äuteruden  teils  ergänzende a.]nhalts  über  die  beregte  Frage  nicht 
unbenutzt  lasseiL 

Die  überaus  kurzen  und  knappen  Formeln,  die  der  Herr 
Herausgeber  in  seinem  Grundrifs  8.214(7.  zur  Veranschaulichung 
seines  Salzes  von  der  Bedeutung  der  psychologischen  Radix  syn- 
taktischer Erscheinungen  darbietet,  verhalten  sich  —  das  scheint 
mir  ein  nahe  liegender  Vergleich  —  zu  dem  komplizierten,  schwer- 
ßUigen,  das  Gedächtnis  belastenden  Regelwerk  der  landläufigen 
Grammatiken  wie  Hauptschlüssel,  deren  einer  sämtliche  Schlösser 
eines  Gebäudes  zu  öffnen  vermag,  zu  umfangreichen,  gewichtigen, 
für  jedes  Schlofa  einen  besonderen  Schlüssel  bietenden  Schlüssel- 
bunden, die  ihrem  Besitzer  nicht  nur  durch  Umfang  und  Gewicht, 
sondern  vor  allem  dadurch  lästig  werden,  dafs  sie  ihn  zu  mühe- 
vollem Heraussuchen  des  jedes  Mal  passenden  Schlüssels  nötigen. 
Wie  nun  aber  ein  guter  Hauptschlüssel  nicht  nur  zu  seiner  Her- 
stellung viel  Kunst  und  Sorgsamkeit  erfordert,  da  eine  geringfügige 
Ungenauigkeit,  ein  kleiner  Vorsprung,  eine  unrichtige  Biegung  sich 


1 


>)  Kann   ein   Gesichlspunkt   einen  Gtuod   legtD  ?    Findet  übechau] 
Gcsicblipoiikt  bei   einer  Giundlcgung  irgend  wflcbc  Vetwendung,   hat   1 
GrundlegutiE   etwas   lu   thun?  —   Was   bdfat  also   „grundlegender  Geaichts- 
pniikl:--?^ 


ZTR   FRAKZÖSISCHItN    SYNTAX. 


325 


sofort  störend  bemerkbar  machen  würde,  sondern  zugleich  wegen 
dea  Felilens  der  sogenannten  Führung,  eine  vorsichtige,  geschickte 
Handhabung  verlangt,  so  wird  man  auch  von  dem  Benutzer  jener 
kunstvollst  und  sorgsamst  aufgestellten  Formeln  erwarten  dfirfen, 
dafa  er  es  seinerseits  an  dem  rechten  Bemühen,  ihren  Sinn  in  allen 
Teilen  richtig  und  genau  zu  erfassen,  und  bei  ihrer  Anwendung 
nach  diesem  Sinne  behutsam  zu  verfahren,  nicht  fehlen  lasse! 
Dieser  Erwartung  nun  scheinen  mir  diejenigen,  die,  wie  z,  B,  Herr 
Buck  meinen,  dafs  die  von  dem  Herrn  Herausgeber  und  nach  ihm 
von  Herrn  Cron  aufgestellte  Behauptung,  Voranstellung  des  Adjektivs 
bekunde  affektische  Attribuierung,  nicht  überall  zuträfe,  insofern 
nicht  gerecht  zu  werden,  als  sie  in  der  Deutung  und  Verwendung 
des  Wortes  „affektisch"  nicht  die  erforderliche  Vorsicht  und  Be- 
dachtsamkeit beweisen.  Wenn  ich  ihre  gelegentlich  erhobenen  Ein- 
wände recht  verstehe,  gehen  sie  von  der  Meinung  aus,  dafs  jemand 
der  im  Affekt  oder  mit  Empfindung  spricht,  wenn  anders  das 
Gröber-Cronsche  Prinzip  richtig  sei,  Adjektiva  nur  in  Voranstellung 
gebrauchen  dürfe.  Wenigstens  erkläre  ich  mir  so  die  Mühe,  die 
sie  auf  Bossuet's  bekanntes  O  nuit  désastreuti!  ô  nuil  effroyable! 
venvenden  —  als  ob  eine  auf  Hervorbringung  möglichst  grofser 
affektischer  Wirkung  abzielende  Kanzel-  oder  Leichenrede,  was 
einem  so  gewiegten  Redner  wie  Bossuet  am  wenigsten  verborgen 
sein  konnte,  jene  Wirkung  nicht  um  so  sicherer  erreichte,  je  mehr 
dabei  seitens  des  Sprechenden  der  Schein  der  Ruhe,  der  Selbst- 
beherrschung inmitten  des  allgemeinen  Schmerzes  gewahrt  wird, 
als  ob  nicht  gerade  öftere  Exkiamationen  von  der  Art  eines  O  d¿- 
sasirtìist  nuit,  8  effroyable  nuit  in  einer  Leichenrede  das  sicherste 
Mittel  wären,  einmal  durch  ihre  ermüdende,  abstumpfende  Ein- 
förmigkeit, sodann  besonders  durch  Fjzeugung  des  Gefühls  bei 
den  Zubörcm,  der  Redner  lege  es  darauf  an,  sie  zu  rühren,  zu 
erschüttern,  die  Wirkung  der  Rede  gleich  Null  werden  zu  lassen. 
Wer  wüfstc  nicht,  dafs  das  erste  Erfordernis  für  die  durch- 
schlagende Wirkung  eines  guten  „Witzes"  darin  besteht,  dafs  der 
ihn  zum  besten  Gebende  auch  nicht  durch  eine  Miene  verrät,  dafs 
er  selber  von  der  Treftlichkeit  und  Wirksamkeit  desselben  durch- 
drungen ist;  und  so  läfst  sich  auch  für  eine  Rede,  die  auf  Er- 
schütterung der  Hörer  abzielt,  das  entsprechende  Gesetz  aufstellen, 
dafs  dieser  Zweck  um  so  vollkommener  erreicht  wird,  je  ruhiger, 
un  erregter  der  Redner  seinen  Hörern  gegenüberzu  treten  weifs, 
oder  je  mehr  er  wenigstens  den  Schein  einer  aolchen  Haltung  zu 
wahren  versteht. '.^  Andrerseits  sehe  ich  eine  ungerechtfertigte  oder 
mifaverst an d liehe  Deutung  des  Wortes  „affektisch"  in  unserer  Formel 
auch  darin,  wenn  man  bei  Voranstellnng  eines  Adjektivs  das  Vor- 
liegen affektischer  Attribuierung  darum  nicht  anerkennen  will,  weil 


'  Ein  weiteres  für  die  Erklänu^  der  Nachslellung  der  Adjektii 
tasttfuse  und  effroyable  in  Bedacht  zu  ziehendes  Moment  wird  an 
späteren  Stelle  dieter  Abhandlung  zur  Sprache  gebracht  werden. 


3jfr  TB.  KALEPKY, 

sich  weder  in  der  Situation  noch  in  dem  Gegenstande  der  Rede 
etwas  nachweisen  lasse,  was  die  Annahme  affektischen  Seelen- 
zustandes  beim  Sprechenden  techlfcrlige.  'Denn,  um  es  noch  ein- 
mal zu  sagen,  nicht  darauf  kommt  es  an,  in  welchem  Scelen- 
zustande  an  und  für  sich  der  Redende  während  der  Zeit  seiner 
Rede  sich  befindet,  sondern  vielmehr  nur  darauf,  wie  er  der  be- 
stimmten Vorstellungsvetbindung,  die  er  im  einzelnen  Falle  mittels 
Adjektivs  und  Substantivs  ausdrückt,  in  dem  Moment  ihrer  Apper- 
ception gegenfib ersteht,  ob  er,  etwa  wie  der  Botaniker  bei  der  Be- 
stimmung einer  Pflanze,  nach  feststehendem  Schema  erst  die  Frage 
stellt,  welcher  Galtung  das  Seiende  angehöre,  sodann  >tf<;loher  Art 
innerhalb  dieser  Galtung  es  zuzuweisen  sei  —  nach  Gröber-Cron- 
scher  Bezeichnung  „logisch -di stinguierend"  —  oder  ob  ihm  da 
plötzlich,  fast  a  tempo,  zweierlei  Bestandteile  in  dem  vor  seinem 
Geiste  aufgetauchten  Vorstellungsganzen  entgegentreten,  ein  ad- 
jektivischer und  ein  substantivischer,  von  denen  nun  gerade  der 
adjektivische  es  ist,  der  den  gröfstcn  Eindruck  auf  ihn  macht,  sein 
Interesse,  seine  Teilnahme  fesselt,  vielleicht  allerhand  Empfíndtmgen, 
wie  Wohlgefallen,  Billigung,  Anerkennung,  Bewunderung  oder  Mifs- 
fallen,  Mifsbilligung,  Geringschätzung,  Verachtung  u.  s.  w  erregt,  der 
überhaupt  innerhalb  des  von  seinem  leiblichen  oder  geistigen  Auge 
angeschauten  Zusammengesetzten  das  für  ihn  im  Vordergrunde 
stehende,  das  für  ihn  hervorstechunde,  oder  wesentliche,  hauptsäch- 
liche, kardinale,  das  die  Vorstellung  beherrschende  Element,  sagen 
wir  also  „die  Vorstellungsdominante"'  bildct'Wenn  man  „affektisch 
attribuierend"  in  diesem  etwas  enveiterten  Sinne  fafst,  woiu  der 
Gegensatz  zu  „logisch  distinguierend"  nicht  weniger  als  die  ge- 
samten Gr.  2 14  f.  gemachten  Ausfühningen  über  den  Unterschied 
affeklischer  und  versta ndesmäfsiger  Bede  berechtigen,  dann  wird 
man  schwerlich  in  irgend  einem  Falle  auf  ernstliche  Schwierigkeit 
bei  dem  Versuche  stofsen,  die  Voranstellung  eines  Adjektivs  aus 
dem  GrÖber-Cronschen  Prinzip  zu  erklären;  ja  es  wird  auch  ge- 
wisser spezialisierender  SonderaufstcUungen ,  die  immerhin  eine 
Durchbrechung  jenes  Prinzips  bedeuten,  nicht  mehr  bedürfen,  wie 
z.  B.  derjenigen  (s.  Cron  Diss.  i8f.  u.  This,  Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Lit. 
XVI,  112  t!'.),  dafs  „bei  aus  dem  Satzzusammenhang  erheilendem 
besonderen  Nebensinn  des  Substantivs  das  seinen  Sinn  behaltende 


•  Mit  dieser  „Vorslel longs-"  oder,  wie  man  ebcnsognt  sagen  könnte, 
„  Apperception  id  onüBan  te"  i^l  keinenfalU  íu  verwechseln  die  „Miiteilungs- 
od«  rhetorische  Dominante",  wcnu  darunter  der  unlerscheldende,  gegcnsalzliche 
Teil  der  Rede  verstanden  wird,  derjenige,  den  der  Sprechende  der  Auf- 
merksamkeit des  HärcTS  besonders  eindringlich  empfiehlt.  Dieser  Tei!  der 
Rede  erhält  einmal  den  logischen  (Cton,  Oi&scrt.  86)  oder  eiplratorischen 
(Gr.  59r)  Accent  (Tonstärke),  während  die  Vorstellaogedominanle  durch  den 
chromatischen  Accent  (Tonhöhe)  gekennicichnel  wird,  üodann  ist  !Sr  ihn  die 
Fiage  der  Voran-  oder  Nachstellung  des  Adjektivs  belanglos,  da  man  i.  B, 
laitgtu  françaiit  ebensowohl  in  GegcnübersleUung  zu  langut  anglaite  wie 
la  ¡ittiratuTt  française  oder  grande  maison  gegenüber  fetitt  maison 
wie  gtgennber  ^itnif /srifi'n  sagt. 


ZUR    PRAHZflSISCHBN   SYNTAX.  337 

Adjektiv  seine  Stelle  wechseln  mnfs",  z.  B,  âge  moyen  mittleres 
Lebensaller,  mqyen{-)  Jge  Mittelalter  u.  s.  w.  Doch  darüber  später. 
Vor  der  Hand  scheint  eine  auf  Wissen  seh  a  ftliciikeit  Anspruch 
erhebende  Erörterung  der  Stellung  von  Adjektiv  und  Substantiv  zu 
einander  der  Beantwortung  einer  anderen  Frage  nicht  länger  aus 
dem  Wege  gehen  zu  dütfen,  nämlich  der  Frage  nach  dem  Unter- 
schiede zwischen  diesen  beiden  nominalen  Wortgnippen.  ''  Es  sei 
dabei  zunächst  an  den,  Bd.  XX,  282  T.  dieser  Zeitschr.  erbrachten 
Nachweis  erinnert,  dafs  die  weitverbreitete  Meinung,  Adjektiva 
bezeichneten  Eigenschaften,  Substantiva  dagegen  Dinge,  irrig  ist; 
dafs  vielmehr  Eigenschaften  immer  nur  durch  Substantiva  benannt 
werden  können ,  dafs  die  sogenannten  Adjektiva  hingegen ,  im 
Französischen,  stets  Träger  von  Eigenschaften  bezeichnen,  z.  B. 
avidit/:  Gierigkeit  (Gier)  avide:  mit  Gier  Behafleler,  Träger  dieser 
Eigenschaft  Damit  sind  wir  jedoch  der  Beantwortung  der  Frage 
nach  dem  Unterschiede  zwischen  Adjektiven  und  Substantiven  noch 
um  keinen  Schritt  näher  gerückt,  und  nicht  gerade  ermutigend  für 
die  Lösung  dieser  Aufgabe  klingt  das,  was  Herr  A,  Tobler  darüber 
an  der  Spitze  seiner  tiekannten  Abhandlung  „Adjektiv  in  Substantiv- 
funktion-'  (Verm.  Beitr.  II,  160  f.)  sagt,  nämlich:  „Es  stellt  sich  als 
völlig  unausführbar  dar,  eine  Scheidung  zwischen  Substantiven  imd 
Adjektiven  als  zwischen  zwei  Wortarten  zu  vollziehen,  einzig  noch 
möglich  von  zweierlei  Funktion  innerhalb  der  Rede  zu  sprechen: 
giebt  es  Wörter,  die  wir  uns  schwer  anders  als  in  substantivischer 
Funktion  vorkommend  denken  können  und  deragemäfs  als  wirkliche, 
eigentliche  Substantiva  zu  bezeichnen  geneigt  sein  werden  —  obschon 
auch  bei  diesen  eine  Verwendung  in  der  sogenannten  Apposition 
eine  gewisse  Schwierigkeit  bereitet  —  so  finden  sich  unter  den  zu- 
nächst zu  adjektivischer  Funklion  bestimmt  scheinenden  Wörtern 
kaum  welche,  die  nicht  auch  in  der  einen  oder  der  anderen  Weise 
substanü^TScher  Verwendung'  fähig  werden  könnten,"  Schon  bei 
anderer  Gelegenheil  (XX,  î82,  Anm.  3  dieser  Ztschr.)  habe  ich  mir 
erlaubt  darauf  hinzuweisen,  dafs  das  Endergebots  dieser  Darlegung 
lediglich  negativ  ist;  Ein  Unterschied  zwischen  beiden  als  zwischen 
zwei  Wortarten  wird  von  vornherein  in  Abrede  gestellt,  die  sodann 
als  einzig  bezeichnete  Möglichkeit  von  einem  Funktionsunterschiede 
zu  sprechen  wird  —  mit  Recht  —  durch  den  Zwischensatz  „ob- 
schon u.  s.  w."  aufgehoben.  Woraus  dann  nur  die  eine  Schlufs- 
folgerung  zu  ziehen  möglich:  Ein  Unterschied  zwischen  Adjektiv 
und  Substantiv  existiert  nicht,  oder  ist  wenigstens  nicht  feststellbar." 
—  Dieser  Meinung  vermag  ich  mich  nicht  völlig  anzuschliefsen. 
Wenn  Adjektiva  und  Substantiva  auch  übereinstimmende  Funktion 
haben  und  nur  eine  Wortart  bilden,  so  läfst  sich  doch  innerhalb  der- 
selben eine  Scheidung  vornehmen  nämlich  auf  Grund  der  Frage  nach 
der  Vollständigkeit  oder  Unvollständigkeit  der  Kennzeichnung,  die 


328  TH.  KALEPKT, 

milteU  dieser  Wörter  von  den  durch  sie  bezeichneten  Seienden  ge- 
geben wird.  Und  iwar  kann  man  sagen;  Das  Adjektiv  bernck- 
aichligt  immer  nur  eine  Seite  des  zu  beietchnenden  Seienden,  es 
beruht  auf  parlielter  Sabsumption  desselben,  das  Substantiv  be- 
rücksichtigt das  Seiende  in  seiner  Ganzheit,  die  ihm  zu  Grande 
liegende  Subsumption  ist  eine  totale  —  vuenigstens  subjektiv.  Das 
heilst:  Der  sich  eines  Adjektivs  Bedienende  ist  sich  dessen  bewufst, 
daTs  er  nur  einen  Teil  dessen,  was  ihm  zur  Kennzeichnung  vor- 
liegt, ausdrückt,  dafs  er  andere,  ja  keinesw^s  unwichtige  Teile 
desselben  aus  dem  Spiele  läfst,  er  vceiCs,  dafs  seine  Bezeichnung 
eine  anvollstándige,  niuulàngliche  unselbständige,  und  darum 
nur  in  engstem  Anschlnfs  an  eine  andere  („substantivische"),  sei  es 
schon  vertier  genannte  imd  dem  Geiste  noch  vorschwebende,  oder 
unmittelbar  darauf  zu  nennende,  zulässig  ist.  Der  sich  eines  sogen. 
Substantivs  Bedienende  hingegen  charakterisiert  das  Seiende  in  seiner 
Ganzheit,  giebl  von  ihm  ein  in  sich  abgerundetes  Bild,  eine  selb- 
ständige, geschlossene  Vorstellung,  reiht  es  einer  der  wohl- 
bekannten Gruppen  von  Seienden  ein,  die  man  mit  dem  Worte 
Gattungen  (Stoffe)  zu  beieichnen  pflegt.'  Seinen  greifbarsten  Aus- 
drack  findet  dieser  Unterschied  darin,  dafs  jedes  echte  ursprüng- 
liche Substantiv  nur  ein  Geschlecht,  wenigstens  in  einer  Be- 
deutung nur  eines  hat,  das  Adjektiv  deren  zwei  —  oder,  um 
andere  Sprachen  als  das  Französische  mit  einzu  begreifen  —  deren 
so  \ieie  hat,  als  es  bei  den  Substantiven  „Geschlechler"  giebt. 
Das  bat  eben  seinen  Grund  dariu,  dafs  die  Merkmale  einer  Sub- 
stanti worstel  lung  für  die  Geschiechtsbestimmung  immer  ausreichen, 
die  Unzulänglichkeit,  Un  Vollständigkeit  der  adjektivischen  jedoch 
zur  Bereitstellung  zweier  oder  —  in  manchen  Sprachen  —  dreier, 
die  verschiedenen  Geschlechler  der  möglichen  Träger  der  betr. 
Eigenschaft  berücksichtigenden  VorsteÜungs-  undWortfonnen  zwingt 
Als  leicht  anwendbares  Mittel  zur  Unterscheidung  von  Adjektiven 
und  Substantiven  läTst  sich  nach  dem  Vorstehenden  dieses  an  die 


'  In  der  „BekanoLhcii"  dieser  GaltuDgcn  (Stoffe)  ist  auch  der  Gruod 
dalûr  in  cuchen,  dafj  der  sageiiBiuit«  Tciliriikel  vor  äubitAOtivcn  immtr  den 
bfitimmicQ  Artikel  (vgl.  Gr.  3i6:  „der  Redende  wdst  niil  dem  bcstitumlea 
Artikel  lediglich  auf  Gckinnles  hin.")  enlhält:  ce  sont  dei  seldafs  [t^eíl  du  fain) 
=  von  den  (dem)  —  ja  jedem  bcknnuien  —  Soldaten  (Brote).  Auch  vor  einem 
dem  Substaniiv  voran geslelllcn  Adjrktiv  Tind  sich  (schon  frähci)  de  mit  dem 
bdlimmten  Artikel  dann,  wenn  beide  zusammen  einen  einheitlichen,  und  darum 
■neh  allgemein  bekannten,  schon  vonitigen  Begriff  bezeichneten:  dts  jeunet 
getti,  du  ban  sens.  Seit  dem  31.  Juli  1900  ist  bekauDlüch  dorch  Vetlügung 
de*  franzotiichen  Uoletrichts- Ministers  die  Vcrwendang  des  bestimmten  Anikda 
beim  „Teilartikel"  auf  alle  Verbindungen  von  Adjektiven  und  Substantiven 
aaigedchnt,  was  als  Zeichen  dafür  gelKn  kann,  dafs  im  Laufe  der  Zeiten  eine 
BcreicheTung  des  apiachlidien  Begriffïinventars  itattgcTiindeti  hat  in  dem  Sinne, 
dab  alle  durch  Adj.  und  Subst.  ausgedinckten  Spielarten  der  Gattungsbegriffe, 
von  denen  die  meisten  fiühcr  erst  im  Augenblick  der  Kennung  denkend  her- 
gestellt, vollzogen  werden  mufsten,  nunmehr  all  sSmllichen  Sprach  an  gehörigen 
bekannt,  geläulig  gelten;  des  beaux  soldais;  früher  ñor,  oder  doch  meistens 
nun  de  beaux  solda¡Si 


ZUR   FRANZÖSISCHEN    SYNTAX.  329 

Hand  geben,  dafs  ein  Adjektiv  immer  da  ala  vorliegend  anzusehen 
ist,  wo  der  Sprechende  zur  Geschlechtsbeslimmung  eines  ausdrück- 
lich beigefügtea  oder  aus  dem  Zusammenhange  der  Rede  zu 
entnehmenden  Substantivs  bedarf,  ein  Substantiv  hingegen,  wo  das 
betr.  Wort  durch  sich  allein  schon  die  geschlechtlich  bestimmte 
Vorstellung  eines  Seienden  erweckt 

Nun  hat  die  Sprache  aus  einem  praktischen  Bedürfnisse  heraus 
die  überaus  zweckmafsigc  Einrichtung  geschaffen,  dafs  —  einmal  — 
jedes  sogenannte  Adjektiv  seinen  Begriffsinhalt  durch  Hinzunahme 
der  Merkmale  dea  Begriffs  eines  ihm  nahestehenden  oder  sagen  wir: 
mit  ihm  oft  verbunden  auftretenden  Substantivs  so  weit  bereichern 
kann  (unter  entsprechender  Verengung  seines  Begriffsum fangs),  dafs 
die  durch  es  {das  Adjektiv)  nunmehr  er\vecklc  Vorstellung  nicht 
blofs  die  eines  männlichen  oder  weiblichen  Trägers  dei  betr.  Eigen- 
scha/l  ist,  sondern  vielmehr  diejenige  jener  Substantivvorstellung 
als  des  Trägers  dieser  Eigenschaft  (vgl.  droilí  in  /a  ligne  liroiit,  und 
in  la  droite  allein).  Und  andrerseits,  dafs  auch  jeder  Substantiv- 
begriff durch  Ausscheidung  aller  nicht  unbedingt  wesentlichen  Merk- 
male seinen  Begriffsinhalt  so  weit  verringern  (und  damit  seinen 
Begiiffsumfang  erweitern)  kann,  dafs  er  seine  geschlechtliche  Be- 
stimmtheit zugleich  mit  der  Zugehörigkeit  zu  einer  Gattung,  ver- 
möge deren  er  vorher  eine  selbständige  Vorstellung  war,  verliert 
und  sich  nunmehr  als  unselbständige,  als  Teil  Vorstellung  einer 
anderen  (substantivischen)  anschliefst,  (vgl,  z.  B,  auteur  allein  und 
in  der  Verbindung  femme  auteur)  —  kurz  die  Einrichtung,  deren 
einen  Teil  man  längst  als  Substantivierung  des  Adjektivs  zu  bezeichnen 
gewohnt  ist,  und  deren  anderen  man  ohne  weiteres  mit  dem  Aus- 
druck „Adjektivierung  von  Substantiven"  wird  bezeichnen  dürfen. 

Was  ist  nun  nach  dem  im  Vorstehenden  festgestellten  Ver- 
hältnis zwischen  Adjektiv-  und  Substantivbegriffen  für  die  Frage 
der  Stellung  von  Adjektiven  und  Substantiven  zu  einander  zu  er- 
warten? Mir  scheint  einmal  dieses,  dafs  überall,  wo  sich  dem  Geiste 
des  Sprechenden  in  einem  Vorslfellungskoroplese  ein  Substantiv- 
und  ein  Adjektivbegriff  vereinigt  darbieten,  der  Substantivbegriff  ver- 
möge seines  reicheren  Inhalts  und  seiner  geschlechüichen  Bestimmt- 
heit sich  als  der  dominierende  und  darum  —  wenigstens  in  einer 
Sprache,  die  solche  Voransteüung  des  Substantivs  kennt  - —  bei 
der  Benennung  die  erste  Stelle  einnehmende  immer  dann  erweisen 
wird,  wenn  die  Betrachtungs-  und  Darstel  lungs  weise  des  Sprechenden 
eine  rein  sachliche,  objektive,  nüchterne,  überlegende,  verstandes- 
mäfsige,  oder,  wie  der  Herr  Herausgeber  dies.  Ztachr.  in  seiner  kurzen 
Formel  es  ausdrückt,  eine  „logisch  dístinguíerende"  ist.  Andrerseits 
dieses,  dafs  die  Adjektivi'orstcllung  beim  Zusammenschi ufs  mit  einer 
substantivischen,  also  einer  ihr  an  Inhalt  und  Bestimmtheit  üt>er- 
legenen,  sich  aus  ihrem  natürlichen  Rangverhältnis  der  Unter- 
ordnung, der  Gefolgschaft,  der  Plörigkeit  zu  der  Stellung  einer 
Dominante  nicht  anders  wird  emporheben  können  als  dadurch, 
dafs  sie  die  dem  Bewufatsein  sich  in  erster  Lime  aufdrängende,  das- 


33Ö  TH.  KALSPKT» 

selbe  vor   andern   erfüllende  wird,  also  nur  unter  der  Einwirkimg 
irgend  eines  Impulses,  eines  aufserhalb  des  rein  begrifflichen  Denkeos 
liegenden  Antriebes,    d.  h.  bei  einem  psychischen  Akte,   wie  ihn 
der  Herr  Herausgeber  meines  Erachtens  in  aller  Kürze  sehr  hübsch 
und  anschaulich   mit   dem  Worte  „affektische  Attribuierung^  kenn- 
zeichnet,  worin   man  „affektisch",   entsprechend  der  oben  (S.  326) 
vorgenommenen  Erweiterung  seines  Sinnes,  bei  ausführlichere:  Er- 
örterung etwa  mit  „gcfûhl-  oder  teilnahmvoll,  innerlich  interessiert, 
lebhaft,    auf  subjektiver  Erfassung    des  betr.  Vorstellungselemrats 
beruhend**    wird    erläutern    und    umschreiben   dürfeiL     Dafs,  wie 
statistisch   längst   festgestellt,    am   allermeisten   die   Adjekti\'a  ^ 
mauvatSf    méchant,  grand,   vasie,  haut,   long,  gros,  petit,   court,  beau, 
joli,  vilain,  soi,  jeune,   vieux  und  ähnliche  von  dieser  subjektiv  im- 
pulsiven  oder  affektischen  Attribuierung  betroffen  werden,   das  ist, 
abgesehen   von    der   Indiskutabilität    der    durch    sie    bezeichneten 
Werte  (vgl.  Gr.  124)  z.  T.  auch   darauf  zurückzufahren,    dafs  die 
all  diesen  Adjektiven  zu  Grunde  liegenden  Eigenschaften,  die  alier- 
clementarsten,  primitivsten,  die  eigentlich  „kindlichen"  EigenscbafteD 
sind,  ich  meine  solche,  welche  der  Mensch  auf  der  frühesten  Stufe 
seiner   geistigen  Entwicklung  kennen   und  gebrauchen  lernt,  also 
zu   einer  Zeit,   in   der  er,   rein  sachlicher,   objektiver,   Verstandes- 
mäfsiger  Betrachtung  der  Dinge  noch  unfähig,  die  ihn  umgebende 
Welt   nur   nach   ihrer  Einwirkung   auf  sein  Empfinden,   nach  dem 
Anteil,   den    sein  Gefühlsleben   an   ihr  nimmt,   berücksichtigt  und 
beurteilt,   in  der   ¡hm  —  um  von   „schön"   und  „häfslich  fpxa  «n 
schweigen  —   „grofs"  noch  gleichbedeutend   mit   „imposant**,  „re- 
spektabel**, „respekteinflöfsend**;  „klein**  mit  „niedlidi",  „freundliche 
Teilnahme,   Wohlwollen   erregend**  (vgl.  das  engl,  little  im  Gegen- 
satz   zu  sviali)  ist,   was  sich  in  deutlichster  Weise  in  der  chroma- 
tischen   Tonverschiedenheit    bekundet,    mit    der    er    diese   Worter 
ausspricht,  nämlich  „grofs**  mit  einer  um  eine,  manchmal  wohl  gar 
um   zwei  Oktaven   tieferen  Stimme   als   „klein**  u.  s.  w.     Wenn  man 
nun   berücksichtigt,   dafs   im  Verkehr   mit   Kindern   auch   die  Er- 
wachsenen  wieder   zu    Kindern  werden,   dafs   also    kindliche  Auf- 
fassungsweise den  Erwachsenen  nicht  nur  aus  der  eigenen  Kinderzeit 
anhaftet,   sondern  bei   ihnen   auch  später  durch  die  Kinder  immer 
wieder  Nahrung  empfängt,  so  wird  man  die  Voranstellung  der  ge- 
nannten  Adjektiva   ein  für   alle  Mal  auf  „affektische  AttribuieroDg" 
auch  dann  zurückzuführen  berechtigt   sein,    wenn   nachweislich  oft 
genug,  z.  B.  in  Sätzen    wie:   //  habite  une  grande  maison  —  Il  y  ^ 
un  grand  jardin  derrière  la  maison  u.  s.  w.  der  Sprechende  ebenso- 
wenig wie   der  Hörer   auch  nur  die  leiseste  Spur    eines  Affekts  m 
sich    wahrzunehmen   vermag.     Sic  folgen  dann   eben  einer  sprach- 
lichen Gewohnheit,   deren  letzte  Wurzeln  in  der  Einwirkung  affek- 
tischer Auffassung  auf  die  Ausdrucksweise   liegen,   deren  psycho- 
logische Radix  „affeklische  Attribuierung**  ist  und  bleibt.    . 

Aber  noch  ein  zweites  scheint  sich  mir  aus  der  vorangeschickten 
Darlegung  des  Unterschiedes  zwischen  Substantiv  und  Adjektiv  ^ 


ZOR    PRANZflSISCHEN   SYNTAX. 


331 


I 
I 


ergeben.  Die  Frage  nämlich,  ob  es  denn  anch  gerechtfertigt  ist, 
—  da  doch  beide  Wortgruppen  sich  nicht  in  ihrem  Wesen,  sondern 
nur  quantitativ  oder  graduell  von  einander  unterscheiden,  —  bei 
der  Erörterung  ihrer  Stellung  zu  einander  ausschliefslich  vom  Adjektiv 
auszugehen.  Wird  denn  das  Substantiv  von  der  Stellungsverschiedcn- 
heit  innerlich  gar  nicht  berührt,  raacht  es  für  seine  Geltung  gar 
nichts  aus,  ob  es  vor  oder  hinter  dem  Adjektiv  steht?  Lälst  sich 
vom  Substantiv  aus  nicht  vielleicht  auch  eine,  vielleicht  gar  eine 
noch  bessere  Lösung  des  Problems  der  Stellung  von  Adjektiv  und 
Substantiv  zu  einander  geben?  Oder,  eine  dritte  Möglichkeit, 
könnten  nicht  beide  gleichzeitig  und  gleichmäfsig  an  der  Sache 
beteiligt  sein,  so  nämlich,  dafs  ein  bestimmtes  Verhältnis  des  einen 
Begriffs  zum  anderen  durch  die  eine,  und  ein  bestimmtes  anderes 
Verhältnis  beider,  durch  die  andere  Stellung  ausgedrückt  würde? 
Man  wird  schon  jetzt  diesen  Fragen  eine  gewisse  Berechtigung 
nicht  absprechen  wollen.  Und  man  wird  noch  weniger  dazu  ge- 
neigt sein,  wenn  man  erfahrt,  dafs,  und  von  wem  bereits  eine  In- 
angriffnahme des  Problems  von  dieser  Seite  her  vorliegt  Kein 
Geringerer  nämlich  als  Herr  A.  Tobler  hat  schon  vor  mehr  als 
30  Jahren  in  der  Zeitschrift  für  Vöikerpsj'ch.  ti.  Sprachwissenschai^ 
VI,  167  ff.  folgende  in  Bezug  auf  Klarheit  und  Anschaulichkeit 
geradezu  meisterhafte  Darstellung  des  Einflusses  gegeben,  den  die 
Stellung  von  Substantiv  und  Adjektiv  zu  einander  auf  ihre  begriff- 
liche Geltung  ausübt:  „Zwei  Vorstellungen,  sagt  er,  die  eines  Gegen- 
standes und  die  einer  Eigenschaft  treten  im  Falle  der  Voranstellung 
wie  in  dem  der  Nachstellung  in  Verbindung  unter  sich.  Tritt  die 
Vorstellung  der  Eigenschaft  zuerst  ins  Bewufstsein,  so  wird  ihr  mehr 
Freiheit,  eine  geringere  Bestimmtheit  ihrer  Elemente  zukommen  als 
im  umgekehrten  Falle,  kein  Element  ist  ausgeschlossen,  keines  tritt 
in  den  Vordergrund;  mit  ihrem  Eintreten  erwacht  aber  zugleich 
der  Drang  nach  der  Vorstellung  des  Gegenstandes,  mit  der  sie 
sich  verbinde,  da  sie  an  sich  einen  befriedigenden  Inhalt  nicht 
bietet;  diese  zweite  Vorstellung  nun  nimmt  unter  ihre  Bestandteile 
jene  bereits  ins  Bewuftsein  getretenen  mit  auf  und  zwar  in  innigster 
Einverleibung  und  erlahrt  dadurch  vielfach  wesentliche  Modifikationen, 
indem  ihre  Elemente  den  bereits  ins  Bewufstsein  getretenen  sich 
anbequemen  müssen.  Unverträgliches,  das  sich  darunter  befinden 
sollte,  ausgeschlossen,  alles  gleichsam  in  dem  Lichte  angeschaut 
wird,  das  von  der  ersten  Vorstellung  ausstrahlt.  Wenn  gesagt  wird 
un  mhhani  vaisseau,  so  tritt  zuerst  die  sehr  wenig  bestimmte  Vor- 
stellung des  Untauglichen,  Nichtsnutzigen,  Mangel baftigen  ins  Be- 
wufstsein, und  die  nachfolgende  Vorstellung  des  Schiffs  wird  nun 
jedenfalls  von  den  Elementen,  die  sie  sonst  umfafst,  einige  auf- 
geben, das  Schiff  wird  nun  das  rasch  und  sicher  tragende,  das 
saubere,  das  schlanke,  leichte  nicht  mehr  sein."  Es  folgt  die  Er- 
wähnung der  Fälle  mit  priUndu  und  soi-disani.  Dann  heifst  es 
weiter  (S.  t68):  „1st  die  Vorstellung  vom  Gegenstande  zuerst  im 
fiewufstsein,  so  fällt  einmal  jenes  Drängen  nach  der  zweiten  meistens 


33a  TH.  KALKPKY, 

weg,  da  die  erste  eher  ein  befriedigender  Inhalt  ist;  diese  ent- 
fallet die  ganze  Fülle  ihrer  Elemente  ungehemmt,  und  tritt  nun 
die  zweite  hinzu,  so  gesellt  sich  zu  dem  bereits  Voihandcoea 
etwas  Neues,  doch  nichts,  wa^  nicht  in  mehr  äufscrlicher  Weise 
die  erste  Vorstellung  bestimmte,  nichts,  was  das  eigentliche  Weien 
derselben  umgestaltend  ergriffe;  des  vers  mkhanis  sind  etwas,  dem 
niemand  den  Namen  vers  streitig  machen  kann,  während  dt  ml- 
ihmiis  Vers  etwas  sind,  was  man  vers  gar  nicht  nennen  sollte.  Um- 
gekehrt werden  im  Falle  dir  Nachstellung  des  Adjektivs  von  dei 
Kiementen  der  Elgenschaftsvorsiellung  einige  in  den  Hinlergnicd 
treten  und  nur  diejenigen  übrig  bleiben,  welche  sich  mit  denen 
der  Gegenslandsvorslellung  vertragen.  Der  méchant 
möglicherweise  ein  guter  Mensch  aber  ein  schlechter,  d.  h.  kaam 
ein  Musikant;  des  musieün  méchant  Recht  auf  den  Namen  < 
Musikanten  kann  ich  nicht  anfechten,  wenn  ich  seilist  ihn  oboe 
Einschränkung  so  nenne;  ich  werde  also  méchant  jetzt  anden 
nehmen,  es  ist  nicht  mehr  „das,  was  billigen  Anfcprdeningen  nicht 
entspricht",  sondern  enger  „das,  was  gewissen  besonderen  An* 
forderungen  nicht  entspricht,  die  noch  übrig  bleiben,  nachdem 
den  an  den  Musikanten  gestellten  genügt  ist",  z.  B.  denen  nicht, 
welchen  der  Valer  oder  Mensch  im  Verkehr  oder  der  Christ  nach- 
kommen  soll,  also  vielleicht  „hart"  oder  „boshaft"  oder  „böse"." 
Ich  habe  diese  Darlegung  unverkürzt  hierhersetzen  zu  sollen  ge* 
glaubt,  einmal  weil  sie  wenigen  bekannt  und  auch  nicht  vielen 
leicht  zugänglich  sein  dürñe,  sodann,  weil  sie  eine  durch  An* 
schaulichkeit  ausgezeichnete  Erläuterung  des  für  unseren  Gegenstand 
wichtigen  Satzes  ist,  dafs  wenn  ein  Setendes  durch  ein  Substantiv 
und  ein  Adjektiv,  ganz  gleich  in  welcher  Reihenfolge,  bezeichnet 
wird,  die  Bedeutung  des  zweiten  Wortes  immer  unter  dem  Einflofso 
derjenigen  des  ersten  steht,  ein  Umstand,  der  sich  natürlich  fut 
den  bestimmungs-  und  merkmalsreicheren  SubstantivbegrilT  empfind* 
licher  fühlbar  machen  mufs,  als  für  den  merkmalsärmeren  und 
darum  anpassungsfähigeren  Adjektivbegrifi.  Zwar  kann  Herr  Cron 
(vgl.  Diss.  S.  g)  bei  aller  Berechtigung,  die  er  der  citierten  Dai^ 
legung  für  die  ihr  beigegebenen  Beispiele  zugesteht,  das  Bedenkea' 
nicht  unterdrücken,  dafs  diese  Beispiele  „einartig  und  spezifisch** 
seien,  worauf  er  seinen  Zweifeln  in  der  Frage  Ausdruck  giebl:  „Wie 
könnten  Verbindungen  wie:  un  jtune  homme,  une  vaste  prairie, 
hault  maison  u.  s.  w.  auch  nur  teilweise  Aufhebung  oder  sonstig* 
Veränderung  am  Substantivbegiiff  zum  Zwecke  haben,  so  dafs  ein 
anderer  Name  dafür  das  eigentlich  Gedachte  erst  richtig  darstellea 
würde?"  Darauf  ist  zu  erwidern,  dafs  die  Angebrach iheit  einer 
Namensänderung  von  Herrn  A.  Tobler  auch  nur  für  das  Adjektiv 
méchant  (bei  dessen  Voranstellung)  in  Erwägung  gezogen  worden 
ist,  und  dafs,  was  die  „teilweise  Aufhebung  oder  sonstige  Ver- 
änderung am  SubstantivbegrifP'  anlangt,  eine  solche  zweifellos  ia 
den  von  Herrn  Cron  objicierten  Verbindungen  erweisbar  isL  MsiL 
vergleiche   z.  B.  jeune  homme  mit  homme  jeune.     Ist  die  duicfa  t 


Z(JR  FRANZÖSISCHEN   SYNTAX.  333 

entere  erweckte  Vorstellang  nicht  erheblich  verschieden  von  der 
des  letzteren?  Entbehrt  der  Begriff  homme  in  jeune  homme  nicht 
durchaus  der  Merkmale  der  (körperlichen  und  geistigen)  Aus- 
gewachsenheit, Reife,  einer  gewissen  Massigkeit,  Breite,  Knochen- 
festigkeit (um  vom  Barte  zu  schweigen)  einerseits,  und  des  ruhigen 
Ernstes,  der  Gesetztheit,  Ausgeprägtheit  der  Gesichtszüge  andrer- 
seits, die  wir  unter  dem  Begriffe  homme  mitzudenken  gewohnt  sind? 
Ist  es  wohl  ein  Zufall,  dafs  die  deutsche  und  englische  Sprache 
neben  njonger  Mann  (Mensch)"  ^young  man^^  noch  die  besonderen 
Wörter  „Jüngling"  ^youth^^  fur  das  im  Französischen  ausschliefslich 
durch  ^ jeune  homme^*  Bezeichnete  geschaffen  haben?  Ist  diese 
Zwiefachheit  der  Benennung  im  Deutschen  und  Englischen  nicht 
vielmehr  ein  gewisses  Anzeichen  für  die  Empfindung,  dafs  in  der 
That  „ein  anderer  Name  dafür  das  eigentlich  Gedachte  erst  richtig 
darstellen  würde"?  Und  nun  homme  jeuneì  —  ^Une  nuii,  cependant, 
dims  un  rêve  prospère.  Un  homme  jeune,  avec  un  sourire  d*ami.  Se 
pencha  tendrement  sur  mon  front  endormi,  M* embrassa,  prit  ma  main, 
et  dit:  Je  suis  ton  père%  so  heifst  es  zu  Beginn  der  dritten  Strophe 
in  einem  von  K  Legouvé  seinem  allzufrüh  verstorbenen  Vater  ge- 
widmeten (in  den  Soixante  ans  de  souvenirs  abgedruckten)  Gedichte. 
Nicht  die  mit  Uiurecht  so  beliebte  „dichterische  Licenz"  oder  „un- 
gewöhnliche poetische  Wortstellung*'  ist  hier  im  Spiele,  sondern 
un  homme  jeune  ist  die  einzig  angemessene,  ja  die  einzig  mögliche 
Wiedergabe  dessen,  was  hier  dem  Dichter  vorschwebt  Als  „Mann" 
zeigt  das  Traumbild  ihm  seinen  Vater,  mit  allen  in  diesem  Begriffe 
liegenden  Merkmalen,  und,  weit  davon  entfernt,  ihm  eines  derselben 
zu  rauben,  fügt  hier  vielmehr  á^s  jeune  nur  noch  ein  in  dem  Schema- 
tismus des  Begriff  homme  nicht  vorgesehenes,  hinzu,  nämlich  dies, 
dafs  der  Geschaute  unterhalb  der  als  Mitte  des  Menschenlebens 
bezeichneten  Altersgrenze  steht. 

Ich  sehe  daher  in  der  vorhin  ausfuhrlich  vorgeführten  Aus- 
einandersetzung Herrn  A.  Toblers  eine  vollkommen  zutreffende 
Kennzeichnung  des  Sachverhalts  —  freilich  eine  zu  ausschliefslich 
auf  den  Hörer  Bedacht  nehmende.  ^  Denn  für  den  Hörer  „treten" 
in  der  That  „im  Falle  der  Voranstellung  wie  in  dem  der  Nach- 
stellung zwei  Vorstellungen  in  Verbindung  unter  sich  u.  s.  w." 
Anders  jedoch  für  den  Sprechenden.  Der  fügt  nicht  zu  einer 
Substantiworstellung  eine  adjektivische  u.  s.  w.,  vielmehr  sieht  er 
vor  seinem  geistigen  Auge  ein  mit  einer  ganzen  Reihe  von  Merk- 
malen behaftetes  Ding,  Sache,  Person,  sagen  wir  mit  dem  abstrak- 
testen Ausdruck:  ein  „Seiendes",  von  dem  er  seinem  Hörer  eine 
Vorstellung  übermitteln  möchte.  Da  ist  nun,  wenigstens  innerhalb 
der  französischen  Sprachgemeinschaft,  zweierlei  möglich.   Entweder: 


^  Uebrigens  behauptet  (vgl  S.  169)  Herr  A.  T.  selbst  nicht,  in  seinen 
Ansf&hnmgen,  die  er  gelegentlich  einer  Besprechung  der  franzosischen  Gram- 
matiken vom  Schmitz  und  Holder  macht,  alles  für  die  Stellung  von  Substantiv 
und  Adjektiv  zu  einander  in  Betracht  Kommende  gesagt,  den  Gegenstand  er- 
Khopft  zu  haben. 


334  T^'  KALKPKY, 

er  geht  mit  der  bewufsten  Absicht,  jenem  ein  môglidist  genaues, 
adäquates,  geordnetes  Begriffsbild  zu  geben,  ans  Werk,  prüft  und 
sichtet  und  gruppiert  die  vorgefundenen  Merkmale  in  der  Weise, 
dafs  er  erstens  eine  Anzahl  derselben  zu  einem  Gattungsbegriff 
zusammenfafst,  unter  den  er  das  Seiende  subsumiert,  sodann  von 
den  übrigbleibenden  das  oder  die  markantesten,  ihm  für  seinen 
Mitteilungszweck  am  wichtigsten  erscheinenden  auswählt  und  auf 
es  (oder  sie)  sei  es  einen  oder  mehrere  Artbegriffe,  die  sich  jenem 
Gattungsbegriff  (unter  sich  koordiniert)  unterordnen,  gründet,  sd 
es  (vorausgesetzt  wieder,  dafs  es  mehrere  sind)  sie  (subordinierend) 
unter  einen  Artbegriff,  dann  Unterartbegriff,  Unterunterartbegriff 
u.  s.  w.  fafst.  Diese  Begriffe  zählt  er  in  der  gefundenen  Reihen- 
folge seinem  Hörer  her,  in  der  auf  stillschweigende  Uebereinkanft 
gegründeten,  die  Voraussetzung,  gleichsam  die  metaphysische  Grand- 
lage aller  sprachlichen  Mitteilung  bildenden  Annahme,  dafs  dieser 
die  ihm  genannten  Begriffe  als  einem  Seienden  inhänerend  auf- 
fassen und  aus  ihnen  —  jener  Reihenfolge  entsprechend  —  sid 
eine  Gesamtvorstellung  konstruieren  werde,  die  ein  zwar  abstraktes, 
schemenhaftes,  aber  doch  begrifflich  genaues  Abbild  seiner  (des 
Sprechenden)  konkreten,  anschaulichen  sei.  £in  solches  Verfahren 
seitens  des  Sprechenden,  bei  dem  dieser  sich  seinem  Gegen- 
stande gegenüber  gleichsam  souverän,  aktiv,  willens-  und  walilfrei 
verhält,  ist  dasjenige,  welches  der  Herr  Herausgeber  dieser  Ztschr. 
in  seiner  Formel  „logisch  distinguierend"  nennt  Doch  nicht  immer 
darf  der  Sprechende  sich^^fees  solchen  rühmen.  Der  Mensch 
ist  nicht  von  hause  at^^Kü  in  erster  Linie  ein  begrifflich, 
logisch  geschulter  Denkex^'orscher,  Erkenner,  Sachdarsteller;  er 
¡st  impressionabcl ,  Eindrücken  nachgebend,  er  beherrscht  nicht 
immer  seine  Vorstellungen,  wird  vielmehr  oft  genug  von  diesen 
beherrscht.  Da  sinkt  er  denn  gegenüber  dem,  was  seinem  Geiste 
vorschwebt,  oft  zu  einer  mehr  oder  weniger  passiven  Rolle,  zum 
mehr  oder  weniger  willenlosen  Werkzeug  seiner  Eindrücke,  zum 
Spielball  seiner  eigenen  Vorstellungen  und  der  durch  sie  erregten 
Knipfindimgcn  hinab,  statt  zu  treiben,  wird  er  getrieben,  etwa  wie 
der  Dichter  im  Augenblick  der  Inspiration,  der,  sich  selbst  ein 
Wunder,  nicht  zu  sagen  vermag,  woher  ihm  kommt,  ihm  zuströmt, 
was  sein  Mund  verkündet,  seine  Feder  niederschreibt;  oder  wie  der 
sonst  so  staatsmännisch  kluge,  seiner  selbst  so  sichere  Alphons  in 
Goethes  „Torquato  Tasso'*,  der  am  Schlüsse  seiner  Lobpreisung 
Ariüstscher  Dichtkunst  vor  seinen  fürstlichen  Zuhörern  ausrufen 
mufs  (I,  4):  „Vergebt,  wemi  ich  mich  selbst  begeistert  fühle.  Wie 
ein  Verzückter  weder  Zeit  noch  Ort,  Noch  was  ich  sage,  wohl 
bedenken  kann."  Wer  seinem  Mitteilungsstoffe  oder  auch  nur 
einer  einzelnen  Vorstellung,  die  vor  ihm  auftaucht,  so  gegenübersteht, 
der  vergifst  leicht,  was  er  der  Logik,  dem  begrifflichen  Erkennen 
schuldig,  der  sprudelt,  dem  Augenblicksimpulse  folgend,  nicht- 
reflektierend  heraus,  was  ihm  gerade  den  Geist  erfüllt,  nennt  die 
Begriffe,   die   sich  ihm  als  einziges  Hülfsmittel,   Werkzeug  sprach- 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  335 

ficher  Ueberliefening  fur  seine  Vorstellungen  darbieten,  nicht  nach 
ihrer  logischen  Rangordnung,  sondern  wi^ájps,  in  der  Reihenfolge, 
wie  sie  sich  ihm  aufdrängen.  Von  einenrachiffe,  das  nichts  taugt, 
von  einem  Musiker,  der  nichts  kann,  will  er  sprechen  und  flugs 
ist  ein  michani  vaüseäu,  méchant  musicien  heraus,  weil  das  Unwertige 
es  ist,  was  für  ihn  an  seinem  Vorstellungsbilde  im  Vordergrunde 
steht  Von  einem  Jüngling  gedenkt  er  zu  erzählen  und  unwillkür- 
lich schiebt  sich  ihm  vor  den  Begriff  „Mensch",  „Mann",  der  doch 
for  die  sachliche  Kennzeichnung  des  geistig  Geschauten  der  wich- 
tigste wäre,  der  Begriff  des  Jugendlichen,  des  noch  Unfertigen, 
.Ungereiften  aber  doch  zugleich  Anmutigen,  Einnehmenden  und  darum 
sein  seelisches  Interesse  Erregenden  —  und  jeunc  homme  kommt's  aus 
seinem  Munde.  „Der  blaue  Himmel  ruhet  über  uns"  sagt  Leonore 
im  Torquato  Tasso  I,  i,  des  Frühlings  Herrlichkeit  schildernd,  ¡e 
Heu  ciel  wäre  es  im  Französischen  geworden,  da  nicht  der  über  ihnen 
ruhende  Himmel,  sondern  dessen  Bläue  es  ist,  was  „ihr  Herz  cr- 
fiillt"  und  sie  zu  solcher  Aeusserung  drängt.  „Affektisch  attribuierend" 
hat  der  Herr  Herausg.  ein  solches  Verfahren  genannt,  und  wer 
so  spricht,  der  ist  fürwahr,  „afficiert",  seelisch  beeinflufst,  durch- 
drungen, manchmal  gar  fortgerissen  von  der  Lebhaftigkeit,  mit  der 
etwas,  was  doch  in  rein  begrifflicher  Hinsicht  nur  einen  unter- 
geordneten Teil  seiner  Vorstellung  bildet,  von  ihm  erschaut,  erfafst 
wird,  so  dafs  es  ihm  zum  beherrschenden  Mittelpunkt  seiner  Vor- 
stdlung  wird.  So  ist's  denn  auch  wohl  begreiflich,  dafs  wer  in  der 
Alpengegend,  am  Rheine  woimiill^lesAlpeSt  Basses  Alpes,  Haut 
Rßiuh  Bas  Rhin  sagt,  denn  was  do^^^pfË  im  Vordergrunde  seiner 
Vorstellung  steht,  ist  das  „hoch"  und  das  „niedrig",  wogegen  „Alpen" 
und  „Rhein"  gleichsam  nur  abrundender,  vervollständigender  Zusatz 
sind.  Der  Geograph  von  Fach  dagegen,  der  als  wissenschaftlicher 
Forscher  an  die  Sache  heranträte,  der  würde  sicher  erst,  logisch 
disting^ierend,  das  Ding  mit  Namen  nennen:  le  Rhin  und  dann 
was  diesen  bestimmten  Wasserlauf,  diese  ihm  vorliegende  Flufs- 
strecke  von  anderen,  für  die  der  Name  le  Rhin,  gleichfalls  gilt 
(sebstverständlich,  denn  sie  sind  alle  Teile  eines  und  desselben, 
wenn  auch  nicht  unmittelbar  als  solches  zu  erkennenden  Ganzen) 
Uiterscheidet,  die  Eigentümlichkeit  der  höheren  Lage,  nicht  zwar 
mit  dem  inexakten,  unwissenschaftlichen  haut,  sondern  mit  dem 
sachlich  angemesseneren  und  auch  gelehrter  klingenden  supérieur,'^ 
Oder,  um  noch  einen  der  Fälle  zu  nehmen,  in  denen  Herr  Cron, 
mid  z.  T.  in  Ueberinstimmung  mit  ihm  Herr  This  (Ztschr.  f.  frz.  Spr. 
u.  Lit  XVI,  1 1 2  ff.)  nicht  mehr  affektische  Attribuierung  als  Ursache 
der  Adjektiv -Voranstellung  anzusetzen  wagen,  sondern  diese  auf 
„ans    dem   Satzzusammenhang    erhellenden    besonderen   Nebensinn 


*  Es  bedarf  hoffentlich  der  aasdrücklichen  Bemerkung  nicht,  dafs  das  zu 
aUen  diesen  Beispielen  erläuternd  Gesagte  nicht  etwaige  psychische  Vorgänge 
aller  derer,  die  heutzutage  solche  längst  erstarrten,  geprägten  Verbindungen 
gebrauchen,  sondern  vielmehr  nur  den  Seelenzustand  dessen  (oder  derer) 
schOdem  soll,  der  (oder  die)  jene  Ausdrücke  zuerst  brauchte(n),  sie  prägte(n). 


33,6  TH.  KALEPKT, 

des  Snbstantivs''    (Cron  Diss.  S.  ig)    znräckfobFen  :    das    MittelalterJ 


Mank 


e  wôrtlidier  Uebei>-« 


n  konnte  s 
'orgefundenen  tateinîsdien 
begnügen  wollen.  Aber  was  zwang  zu  einer  solchen  wòrtUcben 
Uebertragoiig,  odtr  was  hinderle,  medium  aevum  durch  dge  meytn 
wiederzugeben?  Auch  Herr  Cron  fährt  moytn  âge  in  dieser  Wort- 
stellung nicht  auf  miiHum  aevum,  sondern  darauf  zurüclc,  daTs  „4f< 
m<^en  schon  das  mittlere  Lebensalter  (des  Menschen)  als  brmt 
propre  bezeichnet"  und  „daTs  die  adjektti-ischen  und  substanti%-i  sehen 
SachbezeichnangeD  nicht  in  gleicher  Stellung  verschiedenen  Wort- 
sinn  reflektieren  können."  Und  sdtUefsItch  macht  er  ffir  die  Vor- 
anstellucg  noch  geltend,  dars  hier  „bd  der  Unlerscheidong  dreier 
ZdiaJier  (alle,  mittlere,  neuere  Zeit)  m^'ot  die  Stelle  einnehme,  die 
die  Rangzahl  teeovJ  beanspruchen  würde."  Dabei  ist  nnr  mdbt 
recht  eisi<:htlicli,  wie  sich  aus  den  S.  17  unler  i.  und  2.  aufgestellten 
Gnindsàtzen  ergeben  soll,  dafs  der  Rangzahl  jeí/md  nur  Vot~ 
anstellnng  zukomme  —  sagt  man  ja  doch  ganz  gut  ¡e  chapitre 
second,  a<U  seeond  a.  dergl.  —  sowie,  dafs  ,^didctivisdie  und  sub- 
stantivische Sachbezeichungen  nicht  in  gleicher  Stellung  verschiedenen 
Wortsinn  reflektieren  können"  sollen,  da  doch  z.  B.  tin  petit  hommt 
ebensowohl  „ein  Mann  von  kleiner  Gestalt",  als  auch  „ein  tin- 
bedeniender  Mann"  heifst.' 

Ich  glaube  nun,  dafs  in  wteyat  âge  wiederum  nur  ein  Fall  tm- 
reflektierîer,  impulsiver  Vorstellungswiedergabe  vorliegt.  Weder  fur 
das  Altertum  noch  for  die  Neuzeit  bat  die  wissenschaftliche  Termino- 
logie die  Substanlivbezeichnong  âge  acceptiert.  Fui  das  cratere 
findet  sich  vieux  âges  wenigstens  bei  Dichtem  (z.  B.  bei  5íoliir¿), 
fax  die  letztere  wohl  überhaupt  nicht,  eine  Ab!ehnung,  die  lücht 
gerade  zu  Ganslai  der  Angemessenheit  dieses  Wortes  fur  die  Be- 
eeichnnng  von  Geschichtsepochen  spricht.  Und  man  mufe  der 
Sprxcbe  vollkommen  recht  geben.     Keine  Vergleichung  kann  wohl 


'  Diu   die  ui^fährleii  BegraBdnngiTersnche   nicht  mehr  recht 
Lebre  von  dem   «ffckiiichea  Chinkter  de*  ratugcMeliKn  Adjektin 
ist  HcriD  Cron  dciui  ladb  nicht  ealgaiicca.    Das  et£iebt  neh  klar 
Schlo&woit  dt»    nreilen   „die   Sielhuç   d«  Adjekitvt   "      "     ' 
betitehca   Kapitels    »ioer  DùsaUiìoo,   wo  < 
iiiil   der   Fonnalienuie    des    Herrn    Htnucebera   auf  deren   1 
Kbiiabl,   dab   „da«  D«ifraiu5iÍ5T¿e  nicheñlillte  Adj^tñ  «1 
logiKfc  dÍMuifttktt.  unicnclitidci,  kouimduMt,  begrifllkh  besümmt  und  n 


Im  AdjekUT  ss^  er,  dab  es 


die*  n  iliGD  bexweckL' 

«jede  andere  Bcsiinusug ,   io  der   das  Adjdotv 

oder  >oU,  ofiUt  :  entweder  eine  Eieenachaft  affckKneccBd 

B^MSBonc  attribracit.  Mbjektiv  odn  objekli«  (d.  h.  da  alteemcÍBCB 

enup«  tutead)  mokcani,  oder  aber  —  ein  fie  Lduc  von  dei  WannHiHai^ 

Ktnat  tieeBÜkk  aneebendtr  Fall  —  nkbe  Btttnaaneen  ncit<>l.  &  andn 

t«aleBi  befiiffEck  naTafeindliaT  oder  widerànûe  wina  (altfraambcfe  muât» 

■*ñ%  maA   nai  *anNee«i<Ilt   dea  ibennfcneB  Sinn  eiaet  Swtafadw  jamytm 

êfé\  oder  eiaei  Adjekinj  (>»»-  nnw)  tifcei«™  lasaea.'    Die  Fnc«,  ob  Mia 

neh  fut   die  VotanaieUBBg  nil  d«  koauadìktorìtch*«  jñafí   ki^di  &IÍB> 

foierend''  statt   de*  kantiiKa   .alUlbch  aRi9Nñtcnd"  jtai^M  hMea  aol^ 

idiBi  uw  in  der  Th«  (fwicenswcrt  («bL  da  Ufcadca  AREhel  Z). 


ZUR  FRANZÖSISCHEN   SYNTAX.  337 

hinkender  sein  als  die  der  Stufen  des  Menschenlebens  mit  Abschnitten 
da  Weltgeschichte.   Wie  hat  denn  aber  dieses  Wort  trotzdem  in  den 
kmims  technicus  zur  Bezeichnung  des  Mittelalters  eindringen  können? 
—  ÂQgenscheinlich  weil  hier  der  adjektivische  Begriff  des  Mittleren 
das  „ein  und  alles"  war,   weil   er  in  der  Vorstellung  des  Gegen- 
standes  derartig  prävalierte,  präponderierte,  dominierte,  dafs  jeder 
halbwegs  dem   lateinischen   aevum   entsprechende   Substantivbcgrüf 
mm  Abschlufsy  zur  Vervollständigung  gut  genug  war,   „passieren*' 
konnte.    Mit  moyen  war  alles  gesagt,  um  die  Frage  der  Berechtigung 
des  ^^  fiel  es  niemand  ein  sich  zu  kümmern,  dem  den  Ausdruck 
Scbaffisnden,   den   doch   wohl   medium   aevum   leitete,    anscheinend 
nidit,  und   allen   ihn  Nachsprechenden  sicherlich  erst  recht  nicht. 
Hätte  âge  an   erster  Stelle  gestanden,  hätte  die  dadurch  erweckte 
Vorstellung  „die  ganze  Fülle  ihrer  Elemente  ungehemmt  entfalten" 
können  (vgL  S.  332),  dann  wäre  man  sicher  bald  des  Unangemessenen 
der  Bezeichnung,   der  Verkehrtheit  der  Metapher,   auf  der  sie  be- 
ruht, ihrer  Ungeeignetheit   zu   einem  wissenschaftlichen  Terminus 
gewahr  geworden   und   hätte  sie  durch   eine  bessere  ersetzt.     Als 
»«weite  Vorstellung"  jedoch,   die  alle  „bei   der   ersten   bereits  ins 
Bewnistsein    getretenen  Bestandteile    und    zwar    in    innigster  Ein- 
verleibung mit  auûiimmt,   und  dadurch  wesentliche  Modifikationen 
^f^àhrt,  indem  ihre  Elemente  den  bereits  ins  Bewufstsein  getretenen 
^ch  anbequemen  müssen.   Unverträgliches,   das   sich  darunter  be- 
iden sollte,   ausgeschlossen,  alles  gleichsam   in  dem  Lichte 
angeschaut    wird,    das    von   der    ersten  Vorstellung    aus- 
strahlt"  (vgL  S.  331,   man  mufs  in   der  That  sagen,   wenn  diese 
Stelle  von  Herrn  A.  T.   mit   spezieller  Rücksicht  auf  die   uns   be- 
schäftigende Wortverbindung  niedergeschrieben  wäre,  hätte  sie  den 
^    ihr  vorliegenden  Sachverhalt   gar  nicht   treflfender  formulieren 
können)  —  als  Bezeichnung   der  zweiten  Vorstellung  jedoch   hat 
^n  bisher,  und  mag  man  fernerhin  aus  den  angeführten  Gründen 
"^  ^e  ruhig  hingehen  lassen. 

Nachdem  vorstehend  an  einer  Reihe  typischer  Beispiele  ein- 
sehend dargelegt  worden,  wie  sowohl  Herrn  A.  Toblers,  die  Wirkung 
auf  den  Hörer  berücksichtigende,  Feststellung  des  BegrifFsverhält- 
'^^sses,  als  auch  die  von  dem  Herrn  Herausgeber  im  Hinblick  auf  die 
psychologische  Radix  vorgenommene  Scheidung  der  Fälle  —  jede  in 
^er  Art  —  sich  wohl  bewähren,  mag  zum  Schlüsse  —  zur  Be- 
friedigung eines  mehr  ästhetischen  Bedürfnisses,  einer  Art  wissen- 
*^^lichen  Schönheitssinnes  —  der  Versuch  gestattet  sein,  beide  Er- 
*^âningsweisen  in  einer  Formel  zu  vereinigen,  sie  gleichsam  in  einer 
höheren  Einheit  zusanmienzufassen  und  zu  sagen:  „Von  zweien  (oder 
'ûehreren)  an  einem  Seienden  sich  darbietenden  Begriffen  erhält 
^*  ihrer  Nennung  die  erste  (oder  jeweilig  frühere)  Stelle  der 
^minantbegriflf".  Eine  solche  Formel  liefse  zwar  an  Einfach- 
*>eit  nichts  zu  wünschen  übrig  —  „verblüffend  einfach"  könnte 
'^^aie  scherzhaft  nennen  —  aber  sie  wäre  andrerseits  auch  so 
^^kt,  schemenhaft,  ja,   für  jeden,   der   nicht  schon   instinktive 

.  L  rom.  PbB.  3ULV.  22 


a 


33^  TH.  KALSPKTy 

Beherrschung  der  Materie  mitbringt,  so  nichtssagend,   dafs  ihr  als 
Erläuterung    entweder   jene    S.  331    citierten    Darlegungen  Herrn 
A.  Toblers  oder  eine  sich  auf  des  Herrn  Herausgebers  Scheidung 
stützende  Spezifizierung  beigegeben   werden   mûfste,    etwa  in  der 
Fassung,  dafs  bei  logisch -distinguierendem  Verfahren  begreiflidier- 
weise  sich  der  merkmal-  oder  inhaltrcichere,   zugleich   die  Gattung 
des  Seienden   kennzeichnende  Substantivbegrifi   als  Dominante  er- 
weise,   bei    afft^ktischer,    impulsiver  Wiedergabe    des   Vorgestellten 
jedoch   der    Adjektivbegriff,   es   sei   denn   dafs,   wie   z.  B.   bei  ces 
gueux  chinois  (neben  ces  gueux  de  Chinois)  im  Munde  eines  erregt 
sprechenden  Chinakämpfers,  das  Substantiv  fühlbarer  Ausdruck  der 
Wertung,    das  Adjektiv   dagegen   nur   sachlich    determinierend  ist, 
wie    denn    der   Herr   Herausgeber  auch   nicht   affektischen  Seelcn- 
zustand  schlechthin,   sondern  ausdrücklich   dies  als  Bedingung  für 
Voranstellung  des  Adjektivs  angicbt,  dafs  das  letztere  selbst  affektisch 
attribuicre,    d.  h.    eine    affektisch    erfafste    Eigenheit    des    Dinges 
wiedergebe.     Dafs  andrerseits  auch  ein  an  und  für  sich  affektisches 
Adjektiv    bei    (wirklicher    oder    fingierter)    logisch    distinguierender 
Rede    dem  Substantiv    (als  Benennung    des  Dominantbegrifl^)  dea 
Vorrang  la^^sen  kann,  haben  wir  schon  oben  an  dem  mit  Vorliebe 
gegen  des  Herrn  Herausgebers  Lehre  ins  Feld  geführten  Citat  aus 
Bossuet:  O  nuit  désastreuse!  ô  nuit  effroyable!  gesehen  und  vor  der 
Hand  (vgl.  S.  325)  damit  gerechtfertigt,  dafs  Exklamationen  von  der 
Art  wie:  O  désastreuse  nuit!  6  effroyable  nuit!  in  einer  Leichenrede 
auf  eine    halbwegs   gebildete,   feinfühlige  Zuhörerschaft   durch  das 
ihnen    anhaftende   Rührselig -Marktschreierische    abstofsend    wirken 
müfsten  und  eines  so  ausgezeichneten  Redners  wie  Bossuet  durch- 
aus unwürdig  wären.^     Hier  bleibt  noch  nachzutragen,  dafs  aufser- 
dem  das  Citat  in  der  angegebenen  Form    unvollständig  und  sinn- 
widrig  ist,    sofern    nämlich   der  Redner  gar   nicht  seinem  Gefühle 
über   das    Unheilvolle    und   Schreckliche    einer    bestimmten   Nacht 
Luft  machen,    sondern  an  die  Nacht  erinnern,   die  Nacht  seinen 
Zuhörern   ins  Gedächtnis   rufen  will  —  unheilvoll   und    schrecklich 
nennt    er   sie   nebenher  —  in   welcher   plötzlich  die   erschütternde 


[*  Der  Herr  Verf.  gestattet   mir,   an  dieser  Stelle  darauf  aufmerksam  zu 
machen,   dafs  mit  -fux  (Begriff:  Fülle)  und   -ahle  (Begiiff:  Disposition   zu)  ge- 
bildete Adjectiva,   als  Elativa,    naturgemäfs   die  Stellung    der   Superlative  von 
Saizglicdlorm  {U  plus  . .)  erhalten,   deren   nächste  BegritTsvcrwandte   sie  sind, 
also    hinter  dt-m  Substantiv.     Durch  Wortbildungsmittel  (/^  plus,   -eux, 
•ttò/t:)  wird  hier  die  affektischo  (subjektive)  Attribuierung  zu  erkennen  gegeben, 
die  sonst  durch  die  Stellung  des  Adjektivs   zum  Bcwufstsein  gebracht  werden 
mufs.     Werden  daher  Adjektive  auf  -trux,  -ab/e  vor  das  Substantiv  gesetzt,  so 
wirken    sie,    ähnlich    wie   der   mit  li  plus   gebildete  Superlativ  vor  dem  Sub- 
stantiv,   zwiefach,   abundativ,   und  sind  im  gegebenen  Falle  geschmacklos;  — 
im  gewissen  Falle  nicht.     Wo  dieser  und  jeuer  Fall  eintritt,   ist  nur  aus  dcnr^ 
Satz-  odc-r  Gedankenganzen  zu  ersehen,  die  die  empirische  Grammatik  gänzlicl — 
in  der  Syntax  aufser  Acht  zu  lassen  pflegt,  weil  sie  die  lateinische  Syntax  /ü 
Fragen   der  Wortstellung   bis   auf  den   heutigen  Tag  in  dem  Mafse  ignorie^c- 
hat,    dafs  kein  Gymnasiallehrer  dem  Lateinschüler  über  WortslelluDgen  eii 
Auskunft  zu  geben  vermag.     Hrg.] 


ZUR  FRANZÖSISCHEN  SYNTAX.  339 

Ktmde  von  dem  Tode  der  Prinzessin  erscholl.  Die  Stelle  heilst 
vollständig:  O  nuit  désastreusel  6  nuit  tffroyàblel  où  reteniit  tout  à 
un^  comme  un  ¿dai  de  tonnerre  cette  ¿tonnante  nouvelle:  Madame  se 
nmrt,  Madame  est  morte.  Die  Nacht,  jene  Nacht  —  das  ist  die 
Dominante  seiner  Vorstellung  und  darum  steht  nuü  „zu  Recht*' 
und  durchaus  gemäfs  unserer  Formel  an  erster  Stelle. 

X. 
Konträre  oder  kontradiktorische  Gegensätze? 

Im  Laufe  der  den  Inhalt  des  vorhergehenden  Artikels  bildenden 
Untersuchungen  hat  sich  uns  gelegentlich  (vgl.  S.  336  Ânm.)  die 
Frage  aufgedrängt,  ob  es  statt  der  vom  Herrn  Herausgeber  vor- 
genommenen konträren  Gegenûbersetzung:  „aífektisch  attribuierend" 
und  „logisch  distinguierend'S  nicht  räUicher,  vielleicht  pädagogisch 
xweckmäfsiger  iväre,  der  meines  Wissens  heute  allgemein  anerkannten 
Cbarakterisierung  der  einen  Seite  als  „logisch  distinguierend"  ein 
kontradiktorisches  „nicht  logisch  distinguierend"  für  die  andere 
Seite  gegenüberzustellen.  Damit  wären  die  von  einzelnen  gegen  die 
Kennzeichnung  aller  Fälle  der  Voranstellung  des  Adjektivs  als 
,^£fektísch  attribuierender*'  erhobenen  Einwendungen  erledigt,  und 
auch  völlige  Uebereinstimmung  zwischen  der  allgemeinen  Formel 
des  Henn  Herausgebers  und  den  Ergebnissen  der  Spezialunter- 
suchung Herrn  Crons  hergestellt 

nDas  ist  aber  doch  eine  allzubequeme  Art,  sachlichen  Schwierig- 
keiten aus  dem  Wege  zu  gehen,  statt  sie  durch  unermüdliches 
Forschen  aus  dem  Wege  zu  räumen"  dürfte  gegenüber  diesem 
Vorschlage  eingewandt  werden.  Ich  erwidere  darauf,  dafs  sich 
doch  mancherlei,  sowohl  praktische  Ergebnisse,  thatsächliche  Fest- 
stellungen als  auch  theoretische  Erwägungen,  zu  Gunsten  eines 
solchen  Verfahrens  geltend  machen  lassen. 

Bezüglich  zweier  sehr  wichtigen  dilemmatischen  Ausdrucksfalle 
^cgen  ganz  selbständig  —  unabhängig  sowohl  von  einander  als 
^on  der  hier  angeregten  Theorie  —  gefundene  Formulierungen 
*ondradiktorischer  Art  statt  der  früher  üblichen  konträren  vor.  So 
Weidet  der  Herr  Herausgeber  Gr.  I,  214  seine  Auffassung  von  dem 
•^csen  des  Subjonctifs  in  die  Form  „Er  ist  immer  nur  eines  Sinnes: 
Gegensatz  des  Indikativs.  Wird  in  diesem  Sein  und  Ge- 
*^ehen  als  mit  dem  äufseren  oder  inneren  Sinne  wahrgenommenes 
P^^ichnet,  so  im  Subjonctif  das  nicht  wahrgenommene,  das  nur 
*^  Geiste  des  Redenden  vorhandene,  das  nur  vorgestellte  Sein 
^d  Geschehen."  Und  ebenso  ergab  sich  mir  seiner  Zeit  (vgl. 
^cse  Zeitschr.  XVIU,  498  flf.)  bei  einer  eingehenden  Untersuchung 
^**^  Unterschiedes  zwischen  Imparfait  und  Passe  défini  als  einzig 
Jaôgliche,  haltbare  Formulierung  für  das  Wesen  des  erstgenannten 
Tempus  die,  dafs  ihm  das  abgehe,  was  für  das  Passé  défini  charak- 
^^^tisch  ist,  nämlich  „das  Moment  des  Vollzuges",  (d.  h.  die  Vor- 
stellung eines  Seins  oder  Geschehens  als  eines  sich  zu  einem  Ganzen, 

22* 


34» 


TH.  KAUTET,  ZUR   FRANZÖSISCHSN  STITTAX. 


AbgesdikMSenen,  Fertigen  vollñefaenden,  dues  sicii  vod  dsem  An- 
bi^  aber  eine  Mitte  bis  m  âatm  Ende  bin  ersHeckenden)  ao 
dais,  veim  man  for  dieses  Moment  die  graphisdie  Kñrxtnig  m, 
für  Inipsfùit  /.  und  for  Puse  déñoi  ^  setzt,  das  Ergebnis  sícfa 
auf  die  Fonnel  bringen  läfct:  J  ^  /* —  «i, 

Selbstrenlindlicfa  ist  meine  Meinimg  nidit  die,  ans  der  bloben 
Tbatadte,  dais  der  Untosdüed  des  Siibjooctib  vom  Indicatif  und 
der  des  InqNubits  *om  Pasié  défmí  nor  kontradiktoriscfa  xa  lassen 
■ei.  d&rfe  obne  weiterea  gefolgert  werden,  dafa  diese  Alt  der 
Formsberang  Don  (fit  »He  dOemmatiscfaen  Redeweisen  am  PUlae 
oder  g»  einiig  betecbtigt  sei.  Die  beiden  hier  enñbnlai  FìBe 
soDten  «ielniidir  nnr  als  Aidiahs-,  als  Ansgai^siianbe  fur  die  Ec^ 
äctttimg  der  Fi^e  dienen,  ob  nidit  kontradtktorisdie  Gcgen- 
sitclicUeit  in  Fällen,  «o  sicli  zar  Bezeidinnng  gewisser  Voratdlnngs- 
mliällnine  eine  Zwie£M±beit  der  Aosdrocksweise  daibietel,  im 
Weaen  der  Sache  b^randet  seL  Und  daßr,  daís  dûses  der  FaU, 
adheätt  mir  aacfa  die  Eiwägimg  m  sprecben,  dais  àcli  bei  der 
KlÑer  naerfaWichMi  FoDe  und  UaDD^alti|^t  der  Vorstellnngs- 
«nd  Denkkomploie,  mit  deoen  mensdifidie  Rede  es  ra  ibon  bat,  fBr 
jeden  FaB  dilanmatischer  AnadnMAsmögUdikeit,  sei  es  in  Syntax 
oder  in  StBistik,  neben  riden  lacht  zu  bestimmendoi,  BwetTellos 
der  einen  oder  der  anderen  Kategorie  mgeböngen,  audi  immes- 
eiae  AmaU  solcba  F^te  —  man  konnte  sie  iodifefente^  neatrale 
oder  mediale  nennen  —  finden  wñd,  in  denen  es  selbst  dem 
sdiâiteen  und  godmltesten  Denken  sdiwm  bllen  möchte,  eine 
mchtieh  ansradtend  bq;iündefe  F-iHscfafidimg  besâghcb  ihrer  Za- 
giMri^cit  ra  treflen,  in  denen  dabei  ein  sdiUc^teres  Denkmmôgen, 
ja  selbst  der  doch  sonst  so  smìkt  fahrende  spiadilidie  Instrakt, 
das  SpradigefnU,  ädt  in  ihnltdMi  Ratlosigkeil  wie  der  Esd  dea 
Baridan  befinden  mfifste  —  wenn  ihm  for  den  q»radiUdien  An»- 
drad  nur  die  WabI  nriscben  kontiâr  Enig^engesettlem  gegeben 
wäre.  Ist  indes  die  Bedeutmig,  der  Sinn  der  einen  Redeweise 
klar,  sdiaif,  leidtt  erkennbar  ansgeprigt.  der  anderen  aber  «^ 
game  FñBe  der  Nuancen,  Schattierangen,  Abstofimgen  mit  an- 
gewiesen, die  den  Uebergang  ta  einem  kontiâren  Gegenteil  bfldcn, 
dann  ist  dem  E^wedienden  seine  Aafgabe  «esentUdi  tilüiAtBl, 
dann  ist  deren  Läsirag  auch  dem  einfältigeren  Verstände  aiôgilM^ 
denn  was  dann  nidit  ofieiAnndig  die  fir  die  Anwendimg  der  cimen 
S^KacUorm  eriorderfidien  Mertmale  tiigt,  die  dieser  beig^efaencn 
Bedingaagen  handgreinidi  csfñllt,  das  &Ut  obne  weiteres  derandenn 
anbwm,  abo  —  mit  Anwendung  aaf  die  F^age  der  Steflaif  von 
Adj^ttv  und  SabstaidÎT  >a  einander:  .Nur  au^cficägt  k^jtiA 
dlitÌDgmerend  gebfandit,  folgt  das  Adjdtir  seinem  Sobstanliv,  fat 
joden  anderen  FaDe  geht  es  ¡hm  «oían*  oder  nach  S.  ¿37  _Du 
Agliai»  gefal  den  Sabstaati*  «otan,  aidser  wo  d«  Begriff  des 
tolatewn  deodidi  als  Dammantix^iiff  ^apfonden  wiid." 


J 


VERMISCHTES. 


I.  Znr  Lantlehre. 

Die  betonten  Hiatusvokale  im  Vulgärlatein. 

Wie  so  vieles  andere,   so   verdanken  wir  Meyer-Lûbke   auch 
die  erste  eingehende  Untersuchung  über  die  betonten  Hiatusvokale: 
^^man  sagt  das  Vulgärlateinische  mea,   aber  mçus,   grúa,  dies? 
Mit  der  Frage  hat  sich  Meyer-Lübke  mehrfach,  zuletzt  Rom.  Gram. 
^232%  beschäftigt.     Seine     Ausführungen,  die  ich  im  Einzelnen 
als  bekannt  voraussetzen   mufs,   lassen   sich   in  folgende  Sätze  zu- 
sammenfassen: Die  Volkssprache  behandelt  diese  Vokale  nicht  nach 
^T  Quantität,   sondern   lediglich   nach   ihrem  Klang,   resp.  nach 
dem    Klange    des    zweiten   tonlosen    Vokals    (Dissimilation).      Die 
^egel  ist:    altes  1,  u  bleiben;    altes  ?  wird  zu  f  vor   folgendem  1, 
^  f  vor  folgendem  a  (nach  S.  233  auch   vor  folgendem«);   altes 
^  ^ord  zu  q  vor   folgendem  u,  zu  ç  bezw.  {/  vor  folgendem  a,  1, 
^lûît:  dies,   fai,  mçi,  mea,  sçus,  soa,  coi.     Schon  früh  traten 
Störungen  ein:  dem  Plur.   m  ci  folgte  der  Sing,  mçus,   dem  Sing, 
sças   der  Plur.  sci.  —  Hierzu   einige  Bemerkungen:   Reicht   das 
^etz  in  die  Zeit  zurück,  wo  ì  und  ?,  ü  und  ö  noch  nicht  in  f,  0 
zusammengefallen  waren,   so  begreift  man  nicht,  warum,   während 
altes  I  als  ;  sich   erhielt   (dïes  =  df),^   nicht  auch   altes  ä  als  (/ 
blieb  (sua  =  sua,   nicht  soa).     Fällt  das  Gesetz  dagegen  in  eine 
»patere  Zeit,  so  erwartet  man  dees  (;  =  ^)  wie  soa.   Ist  dçus  durch 
den   Piar,  dçi  bedingt,  wie  mçus  durch  m  ci?     E  o  (-=  ego)  mit  ç 
erklärt  sich  nur  unter  der  Voraussetzung,  dafs  0  anders  wirkte  als  u 
(^gU  me  um).     Endlich   scheint   der  Wandel   von   tuum   zu  tçum 
öderer  Art   zu   sein   als  der  von  meum  zu  meum:   warum  nicht 
tçum?    Mögen   indessen   diese  Ausstellungen  berechtigt  sein  oder 
weht,  so   sei   es   mir   gestattet,    auf  eine   andere   Erklärung  hin- 
«nweisen.     Dieselbe  fufst   auf  einer  wohlbekannten  Thatsache,   der 
J^och  Meyer-Lübke   für   die  Erkenntnis   der   in  Frage  stehenden 
'^ntvorgänge  keine  Bedeutung  beilegt 

-       Im  Vulgärlatein    verschmolz    der    Tonvokal    mit    unmittelbar 
^^^dem  I  oder  u  zum  Diphthong,   meus,  mei,  de'us;  dagegen 

^^,  ^    Hätte    nach   Meyer  -  Läbke's   Auffassung   nicht    auch    trTa    zu    tria 
^«lì  müssen? 


342  TIXMBCHTKS^      I.    ZUR   LAUTLZBKIL 


wToáea  Yofaiìiolgen  vie  betonter  Vokal  +  a  oder  ^.  Béa, 
meae,  diem  in  der  Vulgârspncbe  nidit  zn  einer  Sube,  da  âe 
lODianiscii  noch  beote  denoi  zvei  ansmacbcn  (rg-L  die  Az&iainc^eB 
Grci!crs»  Ardùr  t.  ¡ai.  Leoc  I  22i\  Dîe  Regel  über  das  Vi 
der  betonten  Hiaîroiale  in  der  Vdgáispncbe  ZDÒcksS£  seh 
folsesdeonaiseii  Scncnlieiesì:  In  den  dîplidxxifîscbesi  Gnçfxn 
¿L  IL  s^  V.  beeich  der  Tociiv^ial  ex  rnsprânÂix  Qcazûâi  dëvs, 
mèc$«  mèi  ^daber  ahrz.  apcov.  wdfms.  mir  BrecbrT.g   des  /*;.     Im 


¿ledefaciL  izèa,  diem,  ¿rea.     D6e  Qsi'^t  des  -A-?>Tnr.igeE  Voàak 
S|Meìi  aiìio  zxx  issaksz,  uáz,  ajs  dieselbe  das  V 


I%k)ckì3c$ec  beaçtxaeîct  oder  wthTTwVn,    Li  der  Hzzpcsaciie  sai 
das  Veibalicc   der  beopcgegi  Vckaje   aacb   hier  <5e  jxl  QmatââÊ, 

mea,  diem  der  T« 


TirZfT  fem  TjrrftnPf  T»at  r 


V  ^^    icsic  '»^w^«»»*--^  mos  itsn  F-TTifaiì?  its  Fsnxxn2xuzix&  —  .Ei»   «k-s».  ^.a^ 

ittr  r^isr  V*rl   sz^amtfksx  ns^ctosi:..  TTrlenrii:  nsm  anc  omisr;   g-sgran.    Ott 

äff  VirsriitMî2ii:«i:    it»   irr ìl'ì \:in m^^tisn  "i srtÀìxsxs    rts    xvmvta  Viis=i&  3l 

t    .    I    .   í:   îsua  'w:ïL   rx  V  ncii tr'-'mrgtt    .    •.    ti3«r;p5tAa   S&i^    2«i    neiti   xîk 
lamn;   2K  ^îiiiisra.  ^i' srsx^g^srin^si  ztsé^  Vntirkrmaa^  snxs-  itsn  rtivmun    hssil 

:nu¿?5   "^t   n    ita   ¡síl  Tuhst  • — *>.    - — «•   * — e   m — >ì:    ÀaBftççtai   -:rài^  aar  asa 

Idea    caxn      ?uu=a£^    asî  5cr-».zi«Tc«i   rar   át;  Xü^hrJüt-i    *;t«cv      ai'^r^íc 
fife    asa    "^nisusiUTsa    «sarixi«    >>:*:iîçgàiat..-i     ¿—      ixjtr    « — *     9»xl 

ncxc  iti    — t      — r  ntr  . — -,    »1.  111.' ^^  '''Äatriirrnse  ^uru.      "tiri 

-Ile    scü    :s¿    »ir  xa?*  ''  g-:*nit¿Tn:¿    tit    *t.«n    ui.^*í'.,ví       v1»¿a   jí; 


A.  HORNING,    DIE  BETONT.  HIATÜSVOKALE   Ol  VDLGÄRLAT. 


343 


sua,  rät.  dua,  it.  due,  port,  tiuat  erhalten  haben.  Doch  hat  aich 
das  u  möglicherweise  erst  im  Hiat  aus  p  entwickelt  (so  D'  Ovidio, 
Grundrifs  I  S i /)>  so  wie  in  iL  prov.  sp,  port,  mia  i  aus  älterem  i 
hetvorgegangeu  ist.'  Afrz,  loe  wäre  durch  das  Mascul.  toum  be- 
einnufst;  indessen  ist  zu  beachten,  dafs  das  Altfranzösischc  auch  sue 
kennt,  z.  B.  Mûnchener  Brut  2851,  und  dafs  im  Nord-Lothringisch- 
Wallonischeu  ü  +  a  im  Hiat  zu  swf  wird;  ist  dieser  Wandel  alt, 
so  kann  souut  in  der  Eulalia  auf  ¡üa  beruhen.^  —  Da  fui,  cui 
immer  diphthongische  Gebilde  waren,  so  fallen  sie  nicht  unter  die 
oben  aufgestellte  I^autregel  über  die  Dehnung  des  Tonvokals;  es 
mag  deshalb  hier  dahingestellt  bleiben,  ob  das  u  etymologisch  lang 
ist  und  auch  im  Vulgärlatein  lang  gesprochen  wurde  {rätisches  kúi 
verlangt  dann  eine  besondere  Eiklöruiig,  mit  dei  sich  die  rälische 
Specialgrammatik  zu  befassen  hat),  oder  ob  der  Wandel  von  S  zu 
U  sich  erst  etnzel sprachlich  unter  dem  Einllurs  des  /  vollzog  (ähnlich 
etwa  wie  totti  zu  tüü  wurde),  eine  Laut  Veränderung,  die  das  Räusche 
nicht  mitgemacht  haben  würde.  Eine  Sondererklärung  verlangt 
gleichfalls  das  diphthongische  toum,  sd  es  dafs  das  o  durch 
Dissimilation  entstand,  sei  es  daís  altes  sovos,  tovos  (s.  F.  Solmsen, 
Studien  zur  lateinischen  Lautgeschichie,  Sirafsburg  1894,  S.  141) 
in  demselben  weiter  lebt. 

Aus  dem  was  über  it.  tua,  sua  gesagt  wurde,  erhellt,  dafs  sich 
für  die  aufgestellte  Lautregel  ein  strenger  Beweis  nach  jeder  Richtung 
hin  nicht  erbringen  läfst  Die  gegebene  Erklärung  mufs  für  sich 
selbst  sprechen,  indem  sie  Licht  in  eine  dunkle  Frage  bringt  Doch 
sollen  noch  einige  Einzelheiten  kurz  erörtert  werden,  Nach  Meyer- 
Lübke  hat  das  vulgärlateinische  grSa  (frz.  griie)  das  lange  u  vom 
Nominativ  grüs  bezogen,  eine  Ansicht,  welche  der  neben  grus 
altbezeugte  Nomin.  gruis  und  rumän.  neuprov.  ita!,  grue  (auch 
Boerio  giebt  gme  neben  grua)  als  unwahrscheinlich  erscheinen 
lassen.  Der  Hiatus,  den  das  Volkslatein  einst  durch  Dehnung  des 
Tonvokals  zu  mildem  suchte,  wurde  in  späterer  Zeit  in  vielen 
romanischen  Rlundarten  als  störend  empfunden  und  auf  die  ver- 
schiedenste Weise  beseitigt:  das  Italienische  kennt  nach  Tommaseo 
gruga  ond  gruva,  das  Neu  proven  cai  ische  nach  Mistral  gruio,  agrió, 
agruoue;  nach  Romania  29,  354  gehört  auch  sp.  grulla  hierhin. 
Ebenso  wird  port,  grou  za  verstehen  sein:  angesichts  der  andern 
romanischen  Formen  des  Wortes  ist  es  wenig  glaubhaft,  dafs  das- 
selbe altes  grüem  wiedergibt:  es  wird  vielmehr  aus  gruve,  mit 
hiattilgendem  v,  entstanden  sein,  das  zu  gruui  und  mit  Dissimilation 
zu  grou(e)  wurde  {vgl.  besonders  nprov.  agruoue).  —  Frz.  pücellt 
eik^rt  Gröber,  Arch.  f.  1.  Lexic.  4,  450  mit  Recht  aus  pQel'celluB, 

'  VitUeichl  enlwiekthc  sich  1  ruent  in  allbezeugtem  Ist.  mius,  da  der 
DiphlhoDg  ÌU  «ich  bequemer  aussprechen  Ufst  >ls  eu. 

'  Giofse  Voi&icht  ist  bei  der  Beurteilung  der  rätisclicn  Formen  lüa, 
tues  geboten  (s.  Gsrlnet,  Rät.  Giam,  S.  gq),  da  in  Enneberg  ü  auch  aus  Í 
entïleht,  iüa  sich  demnach  aus  fouf  entwickelt  baljcn  kann.  Dasselbe  gilt 
von  den  Vertretern  von  dnas  in  dei  Dauphiní,  djiüe,  dyüi  (&.  A.  DevAUi,  La 
lugne  vnlgute  da  DaupUoi  Septenirionu,  S.  369}. 


^  ■  1  11 


.¿Ila  £inûi±2sw  IL   ft"n*?Tr     rwsmnoçsL  ?x-^r 
n  ¿  xMeàm:   ▼urie-   .n.  i'i±_i 


3Xir  ;bis  5'iT*rr    ¿qriniippBcr  nsçnmasEs  » 


|ficsi3iiiJs  Sriim^gi,  ^115.   —   .ijt  îLk:  si±.  äst  2'3çs 

-TTiTTir  -nan.  rf-.tiT   scrTi.ir  x  L  r 

IjfriBf    *'"■""""'     iL    iw  fin:  ^nx   i  .l'^ar   sbc    i<^ 

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H.  SCHOCHARDT,  FRANZ.  GLAIVT.    FRANZ.  BODÉE  ¡  MHD.  BOOCHEN.      345 

künden  des  7.  Jhrhs.,  sowie  auch  in  alteren  Handschriften  und  in 
einer  Inschrift  von  Vienne  aus  der  Mitte  des  6.  Jhrhs.  anders  zu 
deuten  als  ¡n  den  Ravennaer  Urkunden  des  6,  Jhrhs.,  und  anders 
als  das  i  von  cüeri,  dibet,  fieil,  rigt  u.  s.  w.  in  denselben  merowin- 
gischen  Urkunden?  Wie  lassen  sich  friaul.  gUsie  neben  giesie,  all- 
span,  iglisia  neben  iglesia,  beam,  glisie,  glisf,  gligi  neben  gitisi, 
bask,  elisa  (cispjr.)  neben  ileiia,  eUch'a  {transpjT.),  bret,  iliz  neben 
kymr.  eglwys  erklären?  Blofs  fiber  zwei  Punkte  traue  ich  mich 
schon  jetzt  mich  bestimmter  zu  äursern.  G.  Paris  in  seinem  Aufsalz 
Les  plus  anciens  mots  d'emprunt  du  fiançais  S,  24  nimmt  an  dass 
eectlsia  wirklich  gesprochen  worden  sei;  aber  wenn  die  Dichter  in 
Zeiten  da  schon  längst  der  Unterschied  zwischen  Länge  und  Kürze 
der  offenen  Tonvokale  ins  Schwanken  gekommen  war,  hie  und  da 
so  mafsen,  so  haben  sie  eben  aus  der  Vokalqualität  die  Vokal- 
quantität an  alogisch  erschlossen.  Es  wurde  schwer  sein  einen 
Gnmd  für  die  Verkürzung  des  betonten  e  in  etclesia  ausfindig  zu 
machen,  und  warum  hätte  denn  dieses  ?  für  f  zu  ?  werden  müssen, 
statt  sich  dem  _  von  menus,  perum.  vecem  zuzugesellen?  Zweitens 
kann  kymr,  eglwys  nur  auf  eclfsia  bezogen  werden,  ebenso  wie 
bwytt  nur  xai  bfstia.  Meyer-Lübke  Zeilschr.  für  celL  Phii.  1,474  if. 
legt  ihnen  tclfsia,  hfstia  zu  Grunde,  aber  daraus  würden  sich  iglait"; 
haisi*  ergeben  haben,  wie  aus  convpilio,  tfrtia  :  ey/ainl,  tairlh. 
Zwischen  maciria  und  magwyr  besieht  allerdings  eine  Kluft;  ich 
möchte  sie  aber  eher  von  jener  Seite  als  von  dieser  aus  über- 
brücken, das  heifst,  ich  möchte  ein  *macfria  ansetzen. 

Die    romanischen  Formen    von    tccUsia  harren    noch    einer  ab- 
schlief senden  Untersuchung, 

H.  Schuck  A  RDT. 


Franz.  glaive. 
Ascoli  Arch,  glolt.  it,  X  27z  hat  darin  mit  Recht  eine  Ver- 
mischung von  lat.  g/adio  und  gall.  *cládibo  {liefse  sich  nicht  auch 
an  ein  *dadlbo  denken?)  erblickt  Auch  in  der  lateinischen  Über- 
lieferung scheinen  sich  Spuren  davon  erhallen  zu  haben;  Th.  Birt 
Der  Hiatus  bei  Plautus  und  die  lateinische  Aspiration  bis  ziun 
X.  Jhd.  n.  Chr.  (Marburg  1901)  S.  279  verzeichnet  aus  Hand- 
Bchriften  und  Glossaren:  Claudius,  glavdius,  glavus,  gaudio,  gau  "¡^ 
gladius,  gladio  und  bezieht  hierauf,  freilich  mit  anderer  Deutung, 
die  romanischen  Formen  glaive,  giovi. 

H,   SCHUCHARDT. 


Franz.  houée  \  mhd.  bouchen. 
Die    diei  hoU.  Wörter    boei  „Fessel",   boei  „Boje",   baak  „Boje" 
pflegt  man    nicht  der  Bedeutung,    sondern  dem  Laut  nach  elymo- 
¡ogiscb  zu  ordnen,  nämlich  fñr  die  beiden  ersten  einen  gemeinsamen 


34(1  VERMISCHTES.      II.    ZtTR  WORTGESCBICHTE. 

Ursprung  anKunehmen,  für  das  drille  einen  andern.  Indessen  geht 
das  eine  der  beiden  burí  auf  altfrz.  beie,  buie  \  laL  boja  zurück,  das 
andere  auf  franz.  bou¿e.  Nun  hat  man  zwar  auch  das  letzte  Wort 
an  boja  angeknüpft  (so  noch  bei  Körting^);  aber  das  Diet, 
weist  mit  Recht  diese  Herleitung  zurück.  Es  beruft  sich  auf  die 
Phonetik;  doch  auch  die  Bedeutung  spricht  dagegen.  Denn  wenn 
selbst  norm,  boie  (so  bei  Lítiré)  und  altfVanz.  bote  (so  bei  Diez,  Scheler, 
Bos  u.  s.  w.  —  nicht  bei  Godefroy)  wirklich  im  Sinne  von  botUt 
vorkommen  sollten,  so  würden  sie  ebensowenig  auf  ia/'a  zu  beziehen 
sein.  Der  Name  der  ßoje  kann  ja  leicht  auf  das  Bojeseil 
tragen  werden,  wie  das  bei  franz.  gavilrau  {(sûdfranz.  gitviVu,  ital. 
gavileUo)  wirklich  geschehen  ist  (s.  die  zweite  Bed.  bei  Sachs),  wohl 
auch  bei  franz.  orín  (die  erste  Bed.  aus  älterer  Zeit  belegt,  s.  Diet 
gen.  —  span.  porL  orinque  hat  die  zweite),  möglicherweise  endlich 
bei  ftanz.  dromt  {„origine  inconnue"  sagt  das  Diet,  gen.;  es  ist  j 
deutsch /JröAm,  Trum,  Trumta  [engl.  lhrnm(b/\,  welches  sich  z.T. 
mit  deutschem  Drahm,  Tram,  Dramm  vermischt  hat),  obwohl  hier 
die  erste  Bed.  selbst  nicht  nachweisbar  ist;  unwahrscheinlich  ist 
die  Benennung  der  Boje  nach  dem  Tau,  das  sich  ja  nicht  wesent- 
lich von  andern  Tauen  unterscheiden  kann.  Das  was  bei  dieser 
Einrichtung  hervorsticht,  ist  nicht  dafs  ein  Ding  an  ein  anderes 
gefesselt  ist,  sondern  dafs  es  dessen  Ort  anzeigt  Das  hol!,  baak 
bedeutet  in  der  Tbat  eigentlich  „Zeichen";  man  hat  es  längst  ztt 
altfries.  bdcen,  alts.  bScan,  ags.  bi'aeen,  engl,  beacon,  altn.  bâkn,  ahd. 
boiihhan,  mhd.  bauchen  gestellt.  Auf  dieses  bauchen,  auch  wenn  es 
nur  in  der  allgemeinen  Bedeutung  „Zeichen"  vorkäme,  müsste  man 
das  franz.  bouie,  von  der  romanischen  Endung  abgesehen,  zurück- 
fuhren. Aber  das  Alemannische  kennt  das  Wort  noch  heutzutage 
in  der  Bed.  von  boufe.  Ich  setze  die  betreñenden  Stellen  aus  dem 
Sciiweizerischeii  Idiotikon  IV,  964  und  972  her: 

Fauche"  m.:  Boje,  Zeichenholz,  Ankerzeichen  Bodensee. 
Boch^  (auch  P-)  n.  TaSteckb.,  Bschei  m.  TnErm.:  i.  Boje, 
schwimmendes  Holz  am  Ende  eines  in  den  See  gesenkten  Netzes 
oder  einer  „Setzschnur"  mit  eingekerbtem  oder  eingebranntem 
Eigentumszeichen  THUntersee  (Fischerspr.).  —  2.  Merkzeichen 
übh.  Th. 

bâche*:  die  Fischreusen  im  See  durch  Angel  aufsuchen,  wobei 

der  Fischer  nur  an  gewissen  Merkzeichen  am  Ufer  sich  orientieren 

kann,  wo  er  vorher  die  zsgebundenen  Reusen  ins  Wasser  gesenkt 

hat  TnSteckb. 

Dafs  das  Wort  nicht  blofs   auf  der  Thurgauer  oder  überhaupt  auf 

der  Schweizer  Seite  vorkommt,   und  noch  in  anderer  Form,  ersehe 

ich    aus  C.  B.  Klunzingcr    Bodenseefische,    deren   Pflege    und    Fang 

(Stuttgart  iSgz],  wo  z.  B.  S.  143  von  Haupt-  oder  Tragbauchen  und 

Schviebebttuchen    oder    BäucMe    {Lan genargen),    S.  1 63    von    Bauchen 

oder  Bäuchle,    Bochel    die  Rede  ist.     Bei  Schmeller  treffe  ich  dies 

Bauchen  nicht  an;  indessen  halte  ich  es  doch  nicht  für  unmöglich 

dafs  es  auch  an  den  bayerischen  Seeen  bekannt  ist     Der  Chiems^er 


I 


J 


H.  8CHDCBARDT,  FRANZ.  BRETELLE,  BRSTBLLIÈRB.  347 

Fisdienneister  Gg.  Rauch  gebraucht  in  der  Allg.  Fischerei-Zeitung 
XXI  (1896)9  100  den  Ausdrack  Beuchen  allerdings  in  Bezug  auf 
die  Netie  des  Bodensees,  aber  ohne  dessen  örtliche  Geltung  hervor- 
nheben;  nur  setzt  er  zuerst  in  Klammem  dazu:  „auch  Schwimmer 
geoannt^.  Und  ebend.  XXII,  428  in  einer  Beschreibung  von 
Netxen  am  Comer  See  sagt  er  ebenfalls  Beuchen,  zuerst  Schwimmer 
[Beuchen), 

Span,  òqya,  port  boia,  ita!,  baia,  baa,  eng!,  buoy,  deutsch  Boje 
stammen  aus  dem  Holländischen.  Holl  bcuik  (w.)  oder  niederd. 
Bài  erscheint  im  Südfranz,  als  bago,  mit  Anlehnung  an  das  gleich- 
lautende Wort  für  ,3ing*'. 

H.   SCHUCHARDT. 


Franz.  bretelUj  bretelliere. 

Das  Diet  gen.  hat  unter  breieile:    2.  „filet  pour  prendre    les 

dìiens  de  mer*'  und  fuhrt  gleich  darauf  breiellière  als  Synonym  an. 

Das  ist  unrichtig.    Breielle  bedeutet   den  „chien   de  mer*'   selbst, 

ond  zwar  nicht  etwa  den  Seehund  (Sachs  erklärt  breieile  als  „Netz 

xmn  Seehundfang''),   sondern  den  Hunds-  oder  ELatzenhaL    Nach 

Dnbamel  I,  u,  1 1 5  ist  dieser  Name  neben  breiie  in  der  Normandie 

gebräuchlich;  ich  vermute  dafs  damit  die  beiden  Fische,  der  kleine 

ond  der  grofse  Hundshai  (scyllium  stellare  und  canicula  =  squalus 

catulus  und  canicula  L.)  unterschieden  werden,  welche  sonst  peiiie 

ond  grandi  rousseOe  heifsen.^     Als  gaskognisch   finde   ich  hierfür 

ireto^    Es  versteht   sich    von  selbst  dafs  an  einen  Zusanunenhang 

nut  bretelle  „Tragriemen"  nicht  zu  denken  ist,  von  dem  ich  übrigens 

meine  dafs  es  {  ahd.  brüiil  „Zügel"  ist,   also  die  Angabe:   „origine 

inconnue"  nicht  verdient  Breiie  bedeutet  eigentlich  „Bretonin",  und 

vielleicht  ist  das  Tier  so  genannt  worden  weil  es  an   den  Küsten 

der  Bretagne   besonders   häufig  vorkam.     £s  kann  aber  der  Name 

selbst  keltisch  sein,  wie  ja  auch  die  Engländer  dem  Katzenhai  u.  A. 

den  Namen   morgay,  morgray  \  kymr.   morgi  geben.     Der  Kymre 

®^  aber  auch  d  brych  =  engl,  spoiled  dogfish,  holl.  gesptkkelde  haai, 

deutsch  gefleckter  Hai;   synonym   diesem   brych  (w.  brech)   ist   brüh 

K  bratihj,  bret.  briz,  und  das  könnte,  vermittelst  eines  Mifsverstehens 

^^  Mifshörens,  sich  in  breiie  erhalten  haben. 

H.   SCHÜCHARDT. 


^       '^  Dieser  gleichsam   offizielle  Name  des  betreffenden  Tieres  ist  im  Diet. 

jl  •  lïicht  gebucht;  aach  nicht  der  nächst  häufige   chat  de  mer  {chat  marin), 

^      ^^tirn  marin  finde  ich  auch  mit  diesem  Sinne  angegeben:  y,phoque,  requin 

Dj^/î'ïaJc;  roussette".    Wer  nicht  weifs  was  roussette  ist,   und  sich  aus  dem 

js^  ^  ^én.  darüber  unterrichtet,  vrird  erfahren  dafs  roussette  ein  Fledermausart 

(JiV-     A^ufserdem  ist  roussette  hier  als  Birnenart  angegeben.    Es  sind  gerade 


[e,  v^^i^  Bedeutungen  berücksichtigt  worden  die  weggelassen  werden  durften 
jl^  rändelt  sich  ja  um  eine  tropische  Fledermaus!),  und  diejenige  weggelassen 
Q|^  T^^cksichtigt  werden  mu¿te.    Die  im  Diet  gen.  getroffene  Auswahl  ist 
^^  so  maochen  Fallen  unverständlich. 


34« 


VERMISCHTES.      O.     ZUR  WOETGESCHICHTE. 


Franz.  plie  „Scholle". 
Das  Diet  gen.  erklärt  p/i'e'.  „poisson  plat,  dit  aussi  camlet". 
Ganz  abgesehen  davon  dars  carrelet  strenggenommen  die  junge 
p!ie  bezeichnet,  genügt  diese  Erldäning  nicht.  Es  ist  vahr  dafs 
in  den  Benennungen  der  Fische  grorse  Verwirrung  herrscht,  aber 
eben  deshalb  war  ein  solches  Wörterbuch  verpflichtet  so  viel  wie 
möglich  Ordnung  ku  machen.  Plie  ist  zuvörderst  ein  Gattungs- 
name, entsprechend  unserem  „Scholle"  (so  gibt  das  DicL  gén.  den 
ßet  und  die  limande  als  zum  „genre  plie"  gehörig  an);  der  französische 
wie  der  deutsche  Name  gilt  dann  insbesondere  für  einen  Fisch 
dieser  Gattung  und  pflegt  da  wo  es  auf  Genauigkeit  ankommt,  mit 
einem  Zusatz  versehen  zu  werden:  plie  franche  „gemeine  Scholle" 
{auch  „Maischolle").  So  ganz  richtig  bei  Sachs,  der  auch  den 
wissenschaftlichen  Ausdruck  „pleuronecles  platessa"  hinzufügt.  Das 
Diet.  gén.  durfte  auf  die  lateinische  Terminologie  hier  und  über- 
haupt nicht  verzichten.  Der  ftet  „Flunder"  {pleuronectes  ilesus  L.) 
heifst  zuweilen  plie  vaseuse.  Scholle  und  Flunder  sind  sich  so 
ähnlich  dafs  man  sich  nicht  wundem  kann  wenn  der  Name  jener, 
die  im  Mittelländischen  Meer  kaum  vorkommt,  hier  auf  diesen 
übertragen  wrrd.  Das  Diet.  gén.  sagt  bezüglich  der  Et)-mologie 
von  püe:  „pour  pus,  plus  anciennement  pleïs,  pla'is  (cf.  l'angl.  plaice), 
d'origine  inconnue."  Stillschweigend  wird  hier  die  allgemein  an- 
genommene Herleitung  vom  lat,  platessa  abgelehnt;  warum?  Dieses 
Wort  das  sich  in  dem  píñ'sse,  püsse,  plaise  französischer  Mundarten, 
sowie  im  holl,  pladijs,  deutschen  IHatleis(e)  oder  -eisse  unverkennbar 
erhalten  hat,  begegnet  uns  auch  im  Süden  wieder  als  gask.  piatusso 
(daher  das  in  den  Wörterbüchern  der  Schriftsprache  verzeichnete 
piatute,  phleuseT),  port,  palruça  ',  gal.  pralucfia,  platiicha,  span,  platija, 
platuja,  Val.  platutsa;  vgl,  serb.  (nach  Krisch)  platusa  , Seezunge" 
(solea  vulgaris  ^  pleuronectes  solea  L.),  platuhea  „Lammszunge" 
(eucilharus  linguatula  ^  pleuronectes  linguatula  L.).  Abgesehen 
von  dem  Wechsel  der  Endung,  die  im  späten  und  spätesten 
Laloin  als  'issa,  -isa,  -esia,  -usa  erscheint  (man  vergleiche  siz.  pianussa, 
dessen  Stamm  sich  im  langued.  plano'^  wiederfindet),  springt  die 
doppelte  Form  des  Stammes:  pkt-  und  platt-  in  die  Augen.  Da 
für  jene  ein  so  altes  Zeugnis  vorliegt,  wird  man  geneigt  sein  diese 
für  die  daraus  entstandene  zu  hallen,  und  somit  auch  das  un- 
zweifelhaft  damit  in  Verbindung  stehende  romanische  Adjektiv  *platlo 
auf  ein  'platits  zurückzuführen,  welches  dem  gr.  jrJlitTi'ç  entspräche 


I 


'  A,  A.  Balduque  da  Silva  Estado  actual  das  pescas  em  Portogli 
S.  Xn.44.  45  bietet  palenfa  ira  Sinne  von  „Flunder";  sollte  das  nicht  eia 
dteimaÜECC  Druckfehler  für  fatruca  sein?     S.  507  sagt  er:  .^trucia,  peiie  da 


I 


fúnna  do  redovaltio  [liei 
e  meaos  saboroso". 

•  Nach  Rolland 
„pleuronecte*  aesus".  u 
nïrhco,  wählend  La  I 
erwähnt 


rodovalho";  es  ist  der  Steinbutt],  1 

t   dies   „platessa   lìminda",   aber  nach   Csnu   ist 
1   bei   ihm   fehlt   die  Limande  unter   den  Mitlelme«r- 
nnchère    allerdings   ihr   Vorkommen   im   Milteli 


FRANZ.   TÜRBOT  ¡  (d,  DORNUUIT).      ISCHL  [  INS0LA?  349 

(das  von  demselben  Stamm  gebildete  xXù&avov,  -áv^  lebt  meiner 
Meinung  nach  in  fiiaul.  plätiine  u.  s.  w.  fort).  Indessen  liefse  sich 
für  die  Verdoppelung  des  /  schwer  eine  Ursache  ausfindig  machen 
(etwa  der  Einflufs  eines  nordischen  fiat-i),  und  so  möge  denn 
eine  andere  Vermutung  hier  geänfserl  werden.  Nicht  *plaius, 
sondern  'plaluos  ist  die  Grundform,  und  daraus  entweder  in  früher 
Zeil  (wie  in  lat.  villa,  wenn  es  zu  gr.  ixvq,  Iría  gehört)  oder  in 
späterer  (wie  in  qitallor,  ^hallert,  ^füllen)  'plaltus  entstanden.  In 
*f!i3iuessa  hingegen  ^väre  das  u  als  vortoniges  spurlos  geschwunden, 
wie  in  Span,  badajo,  hoder.  Ob  der  xXá.xa%  der  Alexandriner 
den  Flunder  bezeichnet  hat,  wissen  wir  nicht.  Wohl  aber  gilt 
dieser  den  Kellen  als  „Plattfisch"  schlechtweg:  ir.  Uatìiag,  kymr, 
ìltdati,  Uedm,  Plur.  lled-au  zu  ir.  Icalhan,  kj-mr.  ¡lydon,  Utdan,  bret 
liian  „breit";  wenn  wir  auch  liier  neben  Formen  mit  -/■■  andere 
mit  -//-  haben,  so  handelt  es  sich  um  einen  ganz  verschiedenen 
Stamm:  kymr.  Uylhi-tn  zum  Plur.  üyth-i,  breL  lis-mn,  Plur.  Ih'td 
zu  kymr,  Uyth  „platt". 

H.  SCHUCHAKDT. 


Franz.  Hrhoi  \  (d.  Hornhuii). 
Das  Diet.  gen.  bemerkt,  zu  turbai:  „origine  incertaine",  doch 
sei  die  Herkunft  von  lat,  ttirbe  nicht  unmöglich,  wenngleich  die 
Endung  unerklärt  bleibe.  Das  norm,  turbillon  neben  ¡urbolin,  .junger 
Steinbutt"  konnte  dieser  Vermutung  eine  kleine  Stutze  geben,  wenn 
hier  nicht  eine  Verwechselung  mit  torpHU,  iurpüle  „Roclien"  im 
Spiele  wäre-  Das  etymologische  Räthsel  ist  leicht  zu  lösen.  Der 
rhombus  maximus  (pleuronectes  ro,  L.)  wird  nach  den  Knochen- 
höckem  benannt  mit  denen  er  besetzt  ist,  so  in  Südilalien  rombo 
pflroso,  so  in  Südfrankreich  romb  (lavila,  so  in  Deutschland  Sleinbull, 
Dombull;  vgl.  Dornhai,  Dornrocht  (ilal.  razia  ptlrosa  oder  spinosa, 
sûdfranz.  elavelado).  Turbal  ist  nichts  Anderes  als  Dornbult,  engl. 
thombul,  nur  dafs  eine  skandinavische  Fonn  vorausgesetzt  werden 
mufs,  mit  iörn-  (schwed.),  torn-  (dän.).  Ob  eine  solche  in  älterer 
Zeit  vorkommt,  weifa  ich  nicht,  jedenfalls  heilst  die  Steinbutte  heute 
P'ge^^''/i  pighvar,  worin  aber  ebenfalls  ein  Wort  für  „Dorn" 
„Stachel"  steckt:  schwed.  pi^g,  däiL  pig. 

\\.  SCHLCUARDT. 


b. 


Ischi  j  Inrnthk} 
Vor  Jahren  kam  es  einmal  in  Ischi  wie  eine  plötzliche  Er- 
leuchtung über  mich  dafs  Ischi  nichts  Anderes  sei  als  Ischia  nach 
Ascolis  Deutung.  Den  Vorsalz  wenigstens  dieser  romanischen 
Etymologie  mich  ganz  im  Stillen  zu  erfreuen  gab  ich  auf  als  ich 
G.  Grassos  von  Kiiitchen  begleitete  „Ad  uno  articolo  glottologico 
<lel  sen.  prof.  Ascoli  illustrazione  geografica"  (Kendicouti  del  R.  1st 


350 


VERMISCHTES.      II.    ZUR  WORTGESCHICHTE. 


Lombardo  ser.  Il,  vo!.  XXXll  [1899],  640  ff.)  gelesen  hatte.  Zunächst 
berührte  sie  sich  allerdings  in  mir  mit  einem  ganz  allgemeioen 
Interesse.  Die  Orts n amen forscbung,  die  ja  schon  viele  und  schone 
Früchte  gezeitigt  hat,  fufst  immer  noch  nicht  genug  auf  dem  Sach- 
lichen. Wenn  auch  dieses  oft  dnrch  jene  erschlossen  wird,  wenn  uns 
z.  B.  Atmay  einen  ehemaligen  Erlenbain  oder  AuriUac  einen  ehe- 
maligen Besitzer  Aurelius  bezeugt,  so  benöligen  wir  doch  ebenso 
oft  zum  richtigen  Verständnis  des  Namens  die  Kenntnis  der  ört- 
lichen Umstände.  Manchmal  steht  das  Grundwort  selbst  nicht  fest, 
manchmal  wenigstens  seine  Bedeutung  nicht.  Besonders  unter  den 
Bezeichnungen  für  den  nach  Lage,  Art,  Bewachsung  verschiedenen 
Boden  ñndea  sich  viele  welche  einen  unbestimmten,  schwankenden, 
vcrblafsten  Sinn  haben;  man  halle  nur  einmal  wegen  solcher 
deutschen  Ausdrücke  wie  Au,  Angtr,  Brühl,  Gelände,  Halde,  Heide 
u.  s.  w.  Umfrage,  und  nicht  blofa  unter  den  Schulkind eni,  und  man 
wird  sehr  voneinander  abweichende  und  sehr  unsichere  Antworten 
erhalten,  ja,  mancher  wird  nur  dem  Bewohner  einer  gewissen 
Gegend,  manciier  nur  dem  Dichter,  mancher  nur  dem  Fachmann 
bekannt  sein.  Damit  hat  nun  die  Ortsnamen  forscbung  zu  rechnen. 
Vor  einiger  Zeit  beschäftigte  ich  mich  mit  dem  span,  nava  (Ztschr. 
XXIII,  182  ff.);  die  mît  dem  Gattungsnamen,  der  Herkunft  nach, 
zu  verbindende  Vorstellung  schien  mir  in  neuerer  Zeil  verdunkelt, 
aber  auch  durch  die  talilrdchen  Ortsnamen  nicht  in  gleicher  Weise 
vertrulen  iu  sein.  Ich  konnte  mich  nur  auf  dürftige,  oberflächliche 
geographische  Angaben  stützen:  Pläne  und  Proñle  wären  nötig 
gewesen  um  mich  erkennen  zu  lassen,  innerhalb  welcher  begriff- 
lichen Grenzen  überhaupt  dicxiT  Name  ve^^vendet  worden  ist 
und  ob  sich  dabei  die  Verschiedenheit  der  Gegenden  geltend 
gemacht  hat  Auch  die  Frage  wäre  dann  eher  zu  beantworten 
gc\k'esen  oh  nicht  !n  manchen  Fällen  der  Ortsname,  stall  unmittel- 
bar auf  dem  (tiiltungsnameti  zu  beruhen,  einem  älteren  Ortsnamen 
nachgebildet  wurde.  Zu  jenen  als  Ortsnamen  sich  festigenden 
Gattungsnamen  welche  sowohl  der  etymologischen  Mitbewerber- 
schuft »1s  des  eigenen  schillernden  Sinnes  wegen  besondere  Be- 
achtung verdienen,  gehört  insula  im  ßomanischen.  Ich  habe  es 
hier  nicht  mit  der  Übertragung  auf  Ähnliches  doch  Getrenntes 
(wie  „Häuserinsel")  zu  thun,  sondern  mit  einem  die  aümüblicbe 
Veränderung  der  Sache  selbst  begleitenden  Vorschreilen  des  Wort- 
gebrauches. Ein  Flufs  der  sich  anfanglich  in  Krümmungen  dahin- 
windet,  durchschneidet  bei  starkem  Anwuchs  eine  Landzunge;  es 
entsteht  eine  Insel  oder  Sandhank;  das  Altwasser  versandet,  trocknet 
dann  allmählich  aus;  die  Insel  wächst  schliefslich  an  der  andern 
Seile  fest,  verrät  aber  audi  noch  später  ihren  alluvialen  Ursprung, 
kennzeichnet  sich  durch  die  Bcwachsung.  Dieser  Katurvorgang 
spiegelt  sich  ab  in  der  Geschichte  der  beiden  Wörter  welche  im 
Deutschen  erst  spät  durch  das  Lehnwort  Insti  verdrängt  worden 
sind,  nämlich  Au  und  Werder  (vgl.  auch  niedeid.  Holm).  Ich  be- 
Bchränke   mich   darauf  die  Bedeutungen    anzuführen    welcbe   das 


I 
I 


A 


ISCHL  I  INSULA?  351 

Schweizerische  Idiotikon   fur  das  jetzt  nicht  mehr  appellative  Au 
leneichnet:    „i.  Insel,  Halbinsel  ...    2.  Gelände  an   einem 
Gewässer,   wasserreiche  Ebene  an   einem   See,    auch   überhaupt 
nmpfige  Wiese  ...    3.  Landstrich  längs  einem  Bache  oder  Flusse, 
»geschwemmtes  Grienland,  meist  mit  Gebüsch  und  Gras  be- 
wadisen,   etwa  zu  Weide  dienend  ...    4.  das  Gesträuch  selber" 
[es  geht  vorher:   ,J>omstauden  oder  Erlenstauden   aus   der  Au'*]. 
Dabei  wird   auf  alias  Agnas  aa  in  der  Au  „sumpfige  Gegend   am 
Lm"  verwiesen.     Schweiz.   Ei^  Eie  (wohl   eine   Nebenform  zu  Au) 
hat  fiut  den   gleichen  Begriffsumfang  (s.  ebend.  I,  1 8).     Aber  auch 
idiweix.  Isel  kommt  in   solch   allgemeinerem   Sinne   vor  (s.  ebend. 
1,346):  yjselgouw  hiefs  vormals  das  Berner  Seeland,   als  von  Ge- 
wässern überall  umgeben"  —  ,Waide   und  isel^   die  gelegen   sind 
iwñsdieiit  dem  Gelengen  [Fluís  Glenncr]  und  der   stat  ze  Inlanz^ 
1344  iLAMZ."     Man  übersehe  nicht  den  romanischen  Charakter  von 
OaDx.    In   entsprechender  Weise  verhält  es  sich   mit  insula   und 
seiner  Sonderform   iscla;   nur  wird   uns  leider,  bei  der  Erwähnung 
der  letzteren,  gern  die  nähere  Auskunft  über  ihre  Verwendung  vor- 
enthalten.   So  begnügt  sich  V.  de  Bartholomaeis  in  seinem  „Spoglio 
del  Codex  diplomaticus  cavensis"  (Arch,  glott.  it  XV)  S.  345  damit 
das  sdur  häufige   Vorkommen   von   iscla   (auch    iscliidla\    ist  dies 
das  hchiiella  in    der   Capitanata?)    festzustellen.     Ital.   isola   dient 
sndi  zur  Bezeichnung   der    niedem    und    zeitweiligen,    d.  h.   neu 
entstehenden   und   leicht  vom  Wasser  bedeckten   Inseln,   was   ich 
nnr  deshalb  bemerke  weil  dafür  an  verschiedenen  Orten  besondere 
Ausdrucke  bestehen,   wie  honello^   in  der  Lombardei  und  Venezien 
maan^    zu    Cremona    haloutteen^    zu    Mantua    halotin.      C.  Avolio 
SoppL  air  Arch,   glott   it   VI,  86   gibt  die    Bed.:    „isola    tra    duc 
fimni  o  nel  greto  dello   stesso  fiume"  für  das   mir  sonst  nicht  be- 
kannte siz.   isca   an.      G.  di  Giovanni  (bei  Traina)  bemerkt:    ^^isoie 
chiamano  in   alcune  parti  i  terreni  alluvionali  presso  al  fiume  Pla- 
*^>  aventi   per   lo   più  la   forma  di   promontorio."     Aus  Repettis 
Wörterbuch    fuhrt  S.  Pieri   Suppl.    air  Arch,   glott   it   V,  150   an: 
»»Molte  piagge  o  greti  anticamente  investiti  e  circondati  dalla  bifor- 
^^^**one  d'un  fiume  o  dalla  confluenza  di  due  corsi  d'acqua  diversi, 
*!^ro  il   nome    d'isola.**     Im   Südfranzösischen   bedeutet   —  um 
^cbt   die  Stelle    aus  DC.  zu   wiederholen  —  Mistral    zufolge  isclo, 
^  in  der  Rhônemundart  auch  noch  den  ursprünglichen  Sinn  hat  : 
»»^'lovion,    grève,    terrain  plat   couvert  de  buissons   et  d'arbrisseaux 
2?'  ^  trouve  le  long  des  rivieres."     Engad.  isla  wird  im  Pallioppi- 
^^    Wörterbuch    auch    mit    der    Bed.    „Gebüsch    am    Ufer,    am 
^^set"  angegeben,  und  dazu  als  Eigenname  gestellt:  Islas  „Gegend 
!^  Xrui  bei  Celerina"  ;    Truoch  cC  Islas  „Feldweg   unter  Cresta  (bei 
^^Hna),  gegen  den  Inn  zu".     Auch  das  südsard.  isca  scheint  sich 
<ien  Pflanzenwuchs   selbst   beziehen  zu   können  ;   V.  Porru  hat 
»5*^8stens:  „isca,  cannèdu,  isca  de  canna,  cannéto**.   Grasso,  dessen 
^termichung   sic^   auf  die  Namen  im  Gebiete   des   samnitischen 
^^^^^nins  beschränkt,   kommt  zu  dieser  allgemeineren  Bestimmung 


352  VERMISCHTES.      II.    ZUK    WORTGESCHICHTK, 

von  ischia,  üca:  „un  terreno  sabbioso  ed  umido,  dovuto  special- 
mente air  azione  delle  correnti  fluviali"  (S.  645).  Für  das  /scia 
Veneziens,  das  von  C.  Battista  in  einem  auf  der  dritten  italienischen 
Geographen  Versammlung  gehaltenen  Vortrag  „Intorno  ad  una  rac- 
colta di  termini  locali  attinenti  a  (enomerñ  fisici  od  antro pogeogra- 
Gei"  (ich  kenne  ihn  nur  aus  Grassos  Anführung)  behandelt  worden 
ist,  wird  die  Bedeutung  angegeben:  „terreno  sabbioso  fluviale  messo 
a  coltura  di  recente"  (ebend.  S.  64Ó).  Wenn  nun  aber  ischia,  l'sca 
sich  sehr  häufig  auf  eia  ¡¡wischen  ïwei  zusammenstorsenden  Flüssen 
gelegenes  Gebiet  bezieht  (ebend.  S.  644),  so  läfst  sich  doch  die 
Frage  nicht  unterdrücken  ob  hier  nicht  sowohl  das  geologische  als 
das  rein  geographische  Moment  mafsgebend  war,  ob  man  nicht 
die  Halbinsel  als  Insel  ansah,  was  sich  mit  gr.  t'^Oo^,  axah.  ¿al rah 
(vgl.  Âlgiciras)  U.S.W,  belegen  liefse;  wird  doch  umgekehrt  mit 
inUramnus,  Interamna  nicht  blofs  das  zwischen  zwei  zusammen* 
EtoFsenden  Flüssen,  sondern  auch  das  zwischen  zwei  Flursannen, 
also  innerhalb  eines  Flusses  gelegene  Gebiet  bezeichneL  Was 
Iscla  als  rom.  Ortsnamenform  anlangt,  so  ist  es  sowohl  in  öat- 
licher  wie  in  nördlicher  Richtung  auf  das  vorarlbergische  Ischgl 
bis  an  die  Grenze  a  der  jetzigen  Romania  vorgeschoben.  Im 
Pallioppischen  Wörterbuch  wird  aus  Campell  (1Ó.  Jhrh.)  entoommen: 
„Von  Sclamischot  (¡m  Kreis  Remüs)  den  Ion  weiter  hinab,  aber 
auf  dessen  linkem  Ufer,  folgen  las  helas."  Uod  in  Südtirol  gibt 
es  aufser  dem  schon  von  Ascoü  erwähnten  Jsckia  (am  Ostufer  des 
Sees  von  Caldonazzo)  noch  andere  Orte  dieses  Namens,  wie  aus 
Chr.  Schneller  Tirol.  Namenforschung  (i8go)  S.  84  zu  ersehen: 
„Ischia,  urk.  Iscla,  Hi'scla,  I'scla,  hcUlla,  oft  vorkommender  Name 
für  Lagen  an  Flüssen  (Inseln,  Auen)  mit  allerlei  Beifügungen,  von 
lat.  intuía." 

Wegen  der  Orte  Ischgl  und  Ischi,  die  auf  einst  romanischem 
Gebiete  liegen,  bin  ich  meine  Kollegen  F..  Richter  und  A.  Meli 
und  durch  Th.  Gartner  u.  A.  den  Altmeister  Schneller  um  geo- 
graphische und  urkundliche  Auskunft  angegangen.  Nun  sehe  ich 
zwar  im  letzten  Augenblick  dafs  schon  A.  Kühler  Die  snfñx-h altigen 
romanischen  Flurnamen  Graubündens  I  (18Q4),  27  diese  beiden 
Namen  zu  Ischia  und  zu  bündu.  Isla  (Ruaun,  Levg,,  Tritis  u.  s.  w.), 
welches  „seltener  Insel  als  Au  d.  h.  Land  am  Wasser"  bedeute, 
sowie  Islas  (Silvapl.,  Scanfs  u.  s.  w.),  Eigslas  (Bergün),  Eislas 
(Filis.),  Igslts  (Zutz)  gestellt  hat  (vgl.  Isella^  S.  53);  denke  aber 
doch  dafs  das  was  ich  gesagt  habe  und  noch  sagen  werde,  da- 
durch nicht  ganz  überflüfaig  gemacht  wird.  Ischgl  das  schon  im 
14.  Jahrh.  als  Isda  sett  Augia  {=  Ai¿\  vorkommt,  liegt  staffelformig 
auf  einem  vorspringenden  Hügel  zwischen  den  im  spitzen  Winkel 
sich   ireffend<^n   Trisanna   und   Fimberbach  (Paznau  neri  hai).    Wenn 


üetzu  aus  dem  Wolterbuch  der  Pallioppi:  „Isella  Fcld|^gcnd  ob 
an  dei  Ausmììiiduiig  dec  Scblalainicbluclit.  Istllas  Maieaiöu  and 
Q  Ina,  öillicb  der  Au." 


ISCHL  (  INSULA.      FRANZ.  PBRMAINB.  353 

die  Sage  meldet  dais  dort  einst  ein  See  gewesen  sei,  so  wird  das 
vohl  nur  die  geologische  Thatsache  ausdrucken  dafs  der  Boden 
auf  dem  Ischgl  gegründet  worden  ist,  eine  Schotterterrasse  bildet. 
Mgi  heifsen  auch  zwei  von  einander  entlegene  Bauernhöfe  in 
l4JeD  (xwisdien  der  Eisack  und  dem  Grednerbach).  Bei  dem 
oberöstreichischen  IsM  ist  die  Herleitung  von  t'nsu/a  nicht  ohne 
alles  Bedenken,  wenn  auch  wahrscheinlich.  Die  Lage  zwischen 
der  Traun  und  dem  einmündenden  Ischlbach  entspricht.  Aber 
wenn  wir  nun  annehmen  wollten  dafs  der  letztere  nach  dem  An- 
aedlongsort  benannt  worden  sei,  wie  sich  ja  das  von  vielen  Ge- 
wässern nachweisen  läfst,  so  stellt  sich  dem  die  Thatsache  ent- 
gegen dafs  die  IsM,  als  Iscala  u.  ä.,  Jahrhunderte  früher  als  der 
Ort  erwähnt  wird,  dieser  erst  im  1 2.,  jene  schon  im  8.  Allein  der 
Name  JnseP'  den  so  manche  Orte  tragen,  haftete  wohl  meistens 
sdu>n  vor  ihrer  Entstehung  an  dem  Boden,  und  am  Wahrschein- 
lichsten ist  das  bei  Ischi  ;  denn  die  beiden  Wasser  treffen  sich  nicht 
in  einem  spitzen  Winkel,  sondern  in  einem  Kreisbogen,  sie  schliefsen 
eine  mehr  als  halbkreisfomuge  Halbinsel  ein  —  oberhalb  fìndet 
sidi  in  der  That  eine  gewisse  Einschnürung.  Kleinere  Flüsse 
werden  gewifs  an  der  Mündung  in  den  gröfseren  benannt  und 
viel&ch  nach  irgend  welchen  Umstanden  der  Mündung  selbst;  so 
konnte  die  Ischi  den  Namen  der  von  ihr  bespülten  Au  erhalten, 
^'âhrend  sie  höher  hinauf,  wie  noch  heutzutage,  den  allgemeinen 
^  fahren  mochte.  Es  käme  darauf  an  bestätigende  Analogieen 
n  sammeln,  vor  Allem  von  insula  als  Bachnamen  —  einen  Flufs 
^¡ciiTo  fährt  schon  Ascoli  an,  da  haben  wir  es  allerdings  mit  einer 
Ableitung  zu  thun.  Ein  zweiter  Punkt  bereitet  weniger  Schwierigkeit 
^  wird  der  Name  Ischi  den  Römern  von  den  Kelten  streitig  ge- 
n»dit;  Holder  Altcelt  Sprachsch.  II,  77  zählt  unter  *IsC'ära  die 
Hisscar  in  Belgien,  die  Ischer  im  Elsafs  und  unsere  Ischi  auf.  Aber 
'^ÌKfaen  Isca/a  und  Iscara  ist  doch  ein  Unterschied;  und  selbst 
dinglich  der  ersten  beiden  Flüsse  ist  mir  die  Herkunft  von  einer 
*^eiterbfldung  des  keltischen  Isca,  welches  ja  unzweifelhaft  z.  B.  im 
^^gau  als  Isch  fortlebt,  nicht  sicher. 

H.  SCHUCHARDT. 


Franz.  germaine. 

G.Paris  sagt  Rom.  XXIX,  615  dafs  ich  seine  Einwendungen 
^^Gn  permain  \permagnam  Rom.  XXVIII,  635  als  „non  avenues" 
^^chtet  habe.  Das  ist  nicht  der  Fall;  sie  sind  mir  nur  ent- 
^'^gen.  Aber  wenn  sich  auch  die  Förstersche  Herleitung  nicht 
ÎJ^^en  lassen  sollte,  so  sehe  ich  doch  auch  keine  Gründe  die  zu 
^^^östen  von  permagnam  sprächen.  Ich  messe  in  dieser  kleinen 
T^^itfrage  der  Erklärung  von  parmain  (Baustein)  einiges  Gewicht 
^î  doch  mein  Wunsch  —  ....  petimusque  vidssim  —  nach 
^^«ïer  Auskunft  ist  nicht   befriedigt  worden.    Ich  bemerke  jetzt 

r.t  nn.Fhil.XXV.  23 


354 


VERMISCHTEE.      II.   ZUR  WORTGESCHICHTE. 


noch  dafs  auch  fiir  die  alte  Zeit  ein  'Parmanus  neben  Parmmrit 
nicht  duichaus  unwahrscheinlich  ist;  ñndet  sich  doch  der  Wechsel 
zwischen    beiden  Endungen  sogar  nach  -n:    Initramnanus  :  Inleram- 

nensis.  Senanut  :  Sinensis.  Ja  es  könnte  vielleicht  in  parmigiano 
Parmtnsis  +  'Parmanus  stecken,  wie  in  mmligiano  monlettsis  +  mon- 

''"^-  H.   SCHDCHARDT. 


Ital.  saia,  saio,  frz.  saie. 

Sdion  Diez  hatte  Wb.  I  280  fragend  die  Vermutung  ausge- 
sprochen, dafs  ital.  sata  aus  saga  ein  Lehnwort  wie  er  meinte  aus 
dem  Proven zalischen  sei,  sich  über  die  anderen  Formen  aber  nicht 
näher  geäursert,  Gröber  dann  mit  Entschiedenheit  betont,  dafs  ein 
Wandel  von  sag-  zu  sai-  in  Spanien  und  Italien  nicht  möglich  sei, 
vielmehr  die  ihn  scheinbar  aufweisenden  Formen  als  Lehnwörter 
aus  dem  Französischen  aufzufassen  seien,  s.  Arch.  laL  Lex.  V  45Ó, 
Das  ist  gewifs  richtig  und  wichtig,  dagegen  bedürfen  die  zwei 
Formen  ital.  saia  und  saio  und  auch  frz.  laie  noch  einer  sorgfalti- 
geren Untersuchung  mit  Bezug  auf  die  Bedentung,  wodurch  die 
Angaben  von  Diez,  Gröber  und  dem  Diet,  gen,  eine  kleine  Be- 
richtigung erfahren. 

Das  französische  Wort,  um  mit  diesem  zu  beginnen,  hat  zwei 
Bedeutungen:  'manteau  d'étoSc  grossière'  nnd  'étoffà  croisée  très 
légère,  toute  de  laine,  servant  surtout  á  faire  des  doublures'.  Dazu 
saj'on  'sorte  de  casacjue  ouverte  que  portaient  les  paysans,  les  sol- 
dats*, also  deutlich  eine  Ableitung  von  sait  I,  und  saytiU  'petite 
serge  de  soie  ou  de  laine',  ebenso  deutlich  zu  saie  II  gehörig.  — 
Die  beiden  Bedeutungen  ñnden  sich  im  Italienischen  wieder,  aber 
zugleich  mit  verschiedener  Form  des  Wortes:  saio  ist  ein  'weites 
grobes  Wams',  saia  'dünnes  und  leichtes,  nicht  gerade  feines 
Wollenzeug',  dann  auch  hier  saiella  'dünner  Sarsch'  (Rigutlni- 
Bulle).  Span,  sayo,  saya,  portug.  saio,  saia  dagegen  entsprechen 
beide  saie  I. 

Ich  glaube  nun  nicht,  dafs  sait  I,  II  identisch  sind,  halle 
vielmehr  saie  II  lür  eine  Parallelform  von  soie,  lat,  seta.  Der  Ge- 
danke ist,  was  ¡tal.  saia  betriÉfl,  nicht  neu,  vielmehr  hat  schon 
U.  A.  Canello  ganz  richtig  erklärt  saia  'seta,  una  specie  di  stoRa, 
novell.  88  gli  calzft  brune  calze  di  saia  ovvero  di  seta'  (Arch.  glotL 
III  386}.  Allerdings  kann  man  einwenden,  dafs  an  dieser  letzteren 
Stelle  saia  einen  anderen  Stoff  bezeichnen  kann  als  das  heutige 
saia  oder  frz.  saie.  Allein  auch  dieser  Einwand  ist  nicht  stich- 
haltig. Dafs  serge,  sarge  von  lat.  serica  stammt,  ursprünglich  also 
ebenfalls  einen  Seidenstoff  bezeichnet,  ist  unbeslreilbar,  und  der 
als  Futter  verwendete  SloíT,  den  man  hier  zu  Lande  'Sarsch'  nennt, 
ist  zwar  ein  wollener  oder  baumwollener,  zeichnet  sich  aber 
seinen  seidenartigen  Glanz  vor  dem  eigentlichen  wollenen 
baumwollenen  aus,   so  d&fa  es  sofort  verständlich  ist,  dafs 


iber  durch  ^H 
^nen  oder  ^H 
ala  er  mit     ^H 


W.  IfXTSR-LÜBKB,  ITAL.  SAIA,  SAIO,  FRZ.  SAIE.  355 

enern  Namen  belegt  wird,  der  ursprünglich  seidenem  eignete. 
Dm  kommt  femer,  dafs  die  Ableitung  sayeiie  auch  wieder  auf 
'Seide'  weist  Der  umgekehrte  Weg  der  Bedeutungsentwickelung 
sdieint  mir  sadilich  unmöglich,  denn  Mantelstofife  sind  keine  Futter- 
äofie.  Dazu  kommt  ein  Weiteres.  Das  Wesentliche,  Eigenartige 
der  Mtf  ist  im  Mittelalter  die  schwarze  Farbe  gewesen,  und  zwar 
in  soldiem  Grade,  dais  Adenet  geradezu  den  Vergleich  wagen 
konnte  un  drap  noir  com  saie  (Berte  37),  ein  Vergleich,  der  Scheler 
(Ânm.  zu  der  Stelle)  und  gewifs  vielen  andern  nicht  ganz  verständ- 
lidi  war,  da  man  daraus  allein  doch  nicht  wohl  schliefsen  durfte, 
daiis  die  saii  überhaupt  'schwarz'  gewesen  sei,  der  aber  sofort  das 
Befremdliche  verliert,  wenn  man  damit  Barb.  u.  M.  I  345,  2298 
nsammeDhält ,  wo  ein  Geistlicher  sagt  mais  por  ce,  se  vest  noires 
*róx  Et  il  vtsteni  Us  rohes  vaires.  Ne  ïor  desplaise  mes  affaires,  welche 
Stelle  mir  A.  Tobler  auf  meine  Frage  nach  der  genauen  Bedeutung 
jcoes  Vergleiches  freundlichst  nachwies.  Der  Stofif  saie  aber  kann 
zwar  schwarz  sein,  ist  es  aber  nur  ausnahmsweise,  so  dafs  also 
äocb  nicht  Gleichheit  der  Farbe  die  Bedeutungsverschiebung  cr- 
afen konnte. 

Man  würde  also  in  einem  französischen  Homonymenverzeichnis 
taie  I  «Mantel'  von  lat  saga,  saie  II  'Art  Stoflf'  von  lat.  seta  an- 
^teen  haben.  ^^  Meybr-Lübke. 


Ital.  uscio,  frz.  huis. 

In  den  'Forschungen  zur  romanischen  Philologie,  Festgabe 
^  H.  Suchier'  S.  596  schreibt  C.  Voretzsch  *çstium  >  ueis,  uis,  us* 
wid  iDemerkt  in  der  Fufsnote  2  dazu  *so  und  nicht  ostium,  wie 
schon  W.  Foerster  mit  speziellem  Hinweis  auf  die  provenzalischen 
Fono  en  in  Rom.  Stud.  Ill  181  gethan  hat'.  Allerdings  hat  Foerster 
^  ^  O.  das  gethan  und  er  hat  sich  auch  Zs.  lU  500  ähnlich  ge- 
aofsGirt:  'Schwierig  ist  die  Entwicklung  des  lateinischen  ostium  in 
"^^  einzelnen  Sprachen  zu  erklären.  Wenn  wegen  lat.  ds,  oris  ein 
^iii€99M.  sich  annehmen  läfst,  so  sind  ital.  uscio,  altiomb.  usso,  altspan. 
**'»  lirol.  uè,  churw.  üe,  ïè,  wal.  u^ä  nach  unserer  Regel  (5  + 1  = 
*+  i")  zu  erklären  .  . .  Damit  möchte  man  ohne  weiteres  frz.  uis, 
*^*"  US  (im  Reime  mit  sus  Perciv.  UI  S.  34),  prov.  uis  (reimt  mit 
P^^*j),  US  (:  plus,  desus)  erklären.  Allein  daneben  findet  man 
prov^    die  Nebenform  ueis,  also  ostium,  was  für  frz.  uis  ebenso  aus- 

Xs  braucht  nicht  besonders  bemerkt  zu  werden,  dafs  dieses 
ÇiA«*»a  fur  alle  anderen  Sprachen  nicht  pafst  und  dafs  frz.  uis  nichts 
^tsclieiden  kann,  wie  Foerster  selber  andeutet.  Schwer  ins  Ge- 
wicht würden  die  östlichen  Formen  fallen,  die  Horning  Zs.  XIV  377 
fär  öjtium  anfährt:  'lothr.  öh',  metz.  çh',  lütt,  üx,  während  ustium 
"^  ifà'  ergeben  hätte'.  Aber  ich  kann  mich  nicht  überzeugen, 
<^  Homings  Auffassung  zwingend  seL 

23» 


356  VERUISCBTBS.     n.   ZüR  WORTGKSCHICHTE. 

tdi  beginne  mit  àei  Lütticher  Fonn.  Hier  haben  wir  (Zb 
IX  485)  HU  aus  ctxt«,  Qy  ans  hc/lû,  üy  ans  oiu/u.  /çjr  ans  Jjiüw, 
ioA'  ans  tAxa,  sodann  _/>£  ans  Jruelu.  Man  sieht  also,  dafs  ff'  ^nd 
H  onter  M  xnsaminenfaUen  anfscr  vor  /  (A)  nnd  j;  wo  scVìbìim 
die  Dipbtbongienmg  des  ç  ganx  unterbleibt  (iuh',  foy)  oder  «« 
das  i^Etement  des  i  sicli  mit  dem  y  verbindet  Die  Verathied^t- 
bdt  KwisdKD  y*^  und  »r,  die  nmäcbsl  anflallt,  mufa  in  der  -^a- 
sdiiedeseD  Stellmig  des  /  Qtren  Gmnd  haben.  Während  won- 
sdiUefeendes  präoäres  i  [f^  ans  hodi¿)  nnd  aus  (  entstandeDes  de» 
VTandd  von  ii  xa  ^t  bewirktes,  batte  intervokaliscbes  y  ans  t  «ñe 
i'  lonädist  die  AbaorbieiiiDg  des  j,  dann  Körznng  und  Wandd 
v<m  M  m  ^  sur  Folge.  Wenn  nnn  «^  ans  urV  nicht  mit  k«K  aas 
nuRi  g^t,  90  entspfidU  du  zwar  TÔllig  dem  Unler^hiede  ¿■ükImj 
uy  mid  f^,  wenn  aber  dies  9-  erst  am  üi  entstanden  ist.  90  kaan 
ancfa  ttA'  auf  wü  zarûcigeben,  und  wir  könnet)  also  so  «en^  ab 
im  CcntralIranzÔsiscben  eine  Eolsdieidnng  zwischen  den  xwei 
Gmndfagen  *fßttmm  oder  ifjiâim  tteiku. 

Aocfa  mil  den  Metzer  Fcnmcai  rcihält  es  sich  ahnliA-  Bei 
C  Thb>  Mundart  von  Falkeobetg  S.  9z  findet  man  IcSk'  au  €mjcm 
neben  At*  ans  «/ü,  ty  ans  oeahi  neben  /^y  aus  folia,  en^di  ««ai 
XU  heáit,  tf^  Ton  Ireia.  Hier  scheint  mir  nun  ^  vollends  11H.1 
Klilossen  sn  sein.  Die  Reihe  tteñ  >  tué  ">  ös  >  Sk  dürfte  die  eän- 
dge  lor  iah  mögliche  sein,  dann  kaim  aber  oh'  nnr  anf  £â  >  i^ 
^  (ij  bemhen. 

Was  endlich  ÖA'  statt  üh'  in  den  von  Horning  bdiaaddtett 
GreDtdialckten  betrifii,  so  muTs  ich  trotz  Homings  Einspmdi  *m 
meiner  allen  Erklärong  festhalten:  da  pulida  daselbst  ñbñ  fSit  a 
für,  JSt/is  zu  dzv/,  'huiia  zu  hai.  tuctial  lu  jä£  wird  [Hrrnriliilrklr 
§  ti;),  d.  b.  also  gedecktes  ä  sieb  in  S  wandelt,  so  U^  nichts 
im  Wege,  auch  *üh  ans  uttia  zu  OK  werden  zu  lassen.  Gcwfls 
sind  die  Gnindtagcn  verschieden,  wie  H.  bemerkt,  aber  im  Lanfa 
der  Entwickelung  können  die  Wörter  eine  gleidie  GestaU  asg»- 
nonuBon  haben. 

Die  Sache  liegt  also  «u,  dafs  sich  in  Ermangelang  eines 
■weiten  ähnlich  gebauten  Wortes  nicht  mit  Sicherheit  sagen  übt 
wie  Sttñmt  sich  hier  entwickelt  habe,  dafs  aber  die  Versdûedesfaeit 
des  Vokals  in  seinen  Vertrelern  und  in  denen  von  coxa  ein  pfüWM 
auasschlierst  oder  doch  sehr  wenig  wahrscheinlich  macht. 

Andere  zweifelhafte  odrr  gar  p  verlangende  nord&anzôasc^ 
Fünuen  sind  mir  nicht  bekannt,  denn  wenn  z.  B.  Niederländer 
namur.  6è  unter  ji  einreiht  (Za.  XXIV  27),  so  zeigt  ein  Blick  auf 
§  S3  (&  252}  seiner  Arbeit,  dafs  ea  ebenso  gut  unter  ñ  Flalx 
Rinde. 

Was  nun  prov.  ueU  betrifft,  so  khrt  Mistrals  Trésor,  den  zwar 
Foerster  noch  nicht  heranziehen  konnte,  den  Voretzsch  abet,  wo 
er  sich  schon  zu  den  vielen  andern  (auch  zu  Suchier,  A&z.  Gr. 
§  J4.  3),  die  seither  das  Wort  stein  alM  üttium  ansetzten,  in  Gegeo- 
saU  stellte,   häUe  einsehen  mOasen,   da&  die  bentige  Sprache  n» 


1 


W.  MBYBR-LÜBKE,  ITAL.  USOO,  FRZ.  HUIS.  357 

einer  solchen  Form  nichts  weifs;  so  bleibt  nur  die  alte  und  wiederum 
ist  in  ihr,  wie  schon  Foerster  andeutete,  durch  Reime  nur  uis,  us 
gesichert,  fur  ueis  giebt  Raynourd  einen  einzigen  Beleg,  der  gegen 
80  viele  andere  sicherere,  von  Rumänien  bis  Spanien  reichende 
nidit  ins  Gewidit  fallen  kann,  auch  von  Gröber  Arch,  lat  lex. 
VI  149  schon  beanstandet  worden  ist 

Führen  also  die  romanischen  Sprachen  auf  üsiium,  so  bedarf 
das  u  statt  d  nun  noch  der  Rechtfertigung  von  Seiten  des  Latei- 
nischen, wenn  anders  man  ihm  einige  Sicherheit  geben  will.  Dafs 
man  nicht  einen  Umlaut  in  der  Zeit,  wo  ç  und  ^  qualitativ  zu- 
sammengefallen sind,  zu  sehen  hat,  lehren  ohne  weiteres  die  Ver- 
treter von  angustia',  ital.  angoscia^  frz.  angoisse,  prov.  anguftssa,  span. 
cMgojüt  und  damit  erledigt  sich  die  Erklärung,  die  man  aus  Foer- 
sters  Bemerkungen  Zs.  UI  500  herauslesen  könnte.  Aber  auch 
Parodis  Versuch,  für  das  Lateinische  einen  Umlaut  d — />« — / 
nachzuweisen  (Studi  di  filologia  classica  I  438)  ist  wenig  wahr- 
scheinlich und  von  dem  Verf.  selber  nur  als  'molto  probabile'  be- 
zeichnet: Warum  wird  /avdntus  nicht  zu  favüniusi  ^ 

Die  Rechtfertigung  ist  vielmehr  in  ganz  anderer  Richtung  zu 

suchen.    Neben  ostium  steht,  wie  schon  oft  betont  wurde,  belegtes 

<»tf/M  (vgl.  in  neuerer  Zeit  Havet,  Mém.  soc.  lingu.  IV  234,  Thur- 

Deysen,  Zs.  vergi.  Sprachf.  XXVIII  157,   J.  Schmidt,  Pluralbildungen 

^  indog.  Neutra  407,  i,    F.  Stolz,  Lat  Gramm.  164,    Lindsay,  Die 

^^  Sprache  300).     So    sonderbar    es    nun    auf  den    ersten   Blick 

deinen  mag,   dem  Paare   ostium   ausiium  noch  ein  drittes  Glied 

^tium  beizufügen,    so   hat   doch   diese  Dreiheit  ihre  vollständige 

ijitsprechung  in  rodus   raudus   rudus   und    in  nogae   nügae  nauga^ 

^^iae.     Damit    könnte    man    sich    nun    wohl    vom    romanistischen 

Standpunkte   aus   beruhigen,    doch   mag  noch   ein  Wort  über  das 

gegenseitige  Verhältnis  der  drei  Vokale  erlaubt  sein. 

Dafs   in   ostium  ausiium  ein  indogermanischer  Ablaut  vorliegt, 

^^    J.  Schmidt  a.  a.  O.  durch    Hinweis    auf   skr.  öshtha-s   'Lippe', 

P^'eufs.  austin  'Mund',  die  das  alte  au  enthalten,  gesichert.    Neben 

^  steht  als  Ablautstufe  von  au  auch  ü  (vgl.  fraus  frustrai),  und  so 

"^^  Kretschmer  Zs.  vergi.  Sprachf.  XXXI  453  nugae  zu  erklären  vor- 

^^chlagen.    Das  ist  auch  bei  üstium  und  bei  rudus  möglich.    Da- 

^eben  ist  noch  eine  andere  Erklärung  zu  erwägen,   die  die  ange- 

J*^Utete  nicht  ausschliefst    Neben /röttf  findet  sich  sed f rüde  (CLL. 

.   'Q8,  64,  wo  also  die  Präposition  betont  und  nachtoniges  au  wie 

^^'ï^^r  zu  ü  geschwächt  ist  {claudere:  includere  u.  s.  w.).     So  mochte 


•^  *  Foersten  AnmerkuDg  zum  Karrenritter  v.  12   ist  mir  wohl  bekannt 

j^  ^*iii  aber  alle  sicheren  Formen  auf  0  weisen,  so  darf  man  um  einer  ein- 
^^^5*^  ,  verderbten  Stelle  willen  (um  faün  zu  lesen,  muíste  man  ein  anderes 
^f^?*ibiges  Wort  streichen)  keine  Grnmdform  konstruieren,  sondern  wird  logischer- 
^  ^'^^  sagen  müssen ,  da  ein  afrz.  faün  nicht  überliefert  ist,  da  der  Vertreter 
^"^  ^avanium  nach  Maisgabe  der  anderen  überlieferten  Formen  im  Altfranzö- 
^l*^^en  fa(v)oin  lauten  muíste,  so  muís  hier  irgend  ein  anderes  Wort  vor- 
^^«a.  [Vgl.  jetzt  Mussafia  Wiener  Siteber.  143,  11,  S.çf.  Korrektumote.] 


35^  VBRMISCHTES.     IL  ZUR  WORTQISCHICBTI. 

ZU  einer  gewissen  Zeit  neben  ausiotm  da  m  Ssiw^  dt  Mttío,  ex  Stíit, 
per  üsfium  vl  s.  w.  stehen,  und  da  das  Wort  natnigemâis  oft  ini 
Präpositionen  verbunden  wird,  mochte  die  prSpositíonale  S-Foim 
audi  an  Stelle  der  au'  bezw.  ^Form  treten,  besonders  wenn  tato 
bestimmten  noch  zu  ermittelnden  Bedingungen  eine  solche  ihfcm 
auch  sonst  bestand. 

Sei  dem  wie  ihm  wolle,  nebmi  raudus  rodus  ruduSf  nougat 
nogae  nugae  kann  ein  *ustmm  zu  austíum  ostium  nicht  ûb^iasden 
und  die  aus  dem  Romanischen  ersdilossene  Gestalt  pafst  vollständj^ 
in  den  Rahmen  des  überlieferten  Lateinischen  hinein.  Die  ältesten 
Belege  von  ustiartus  scheinen  allerdings  kaum  vor  das  Jahr  500 
zu  fallen,  s.  Schuchardt  VoL  I  126. 

W.  Mbter-Lûbks. 


BESPRECHUNGEN. 


TeatBOh  a.  Popea,  Lehrbuch  der  ramänischen  Sprache  znmSchul- 
nnd  Selbstunterricht.    Kronstadt  1897. 

An  einem  guten  Lehrbache  der  mm.  Sprache  fehlte  es  uns  seither,    die 
Grammatiken  von  Cionca,  Wechsler,  Leist  sind  nur  Notbehelfe.    Umsomehr 
freuen  wir  uns,   dafs  ein  deutscher  und  ein  rumänischer  Gymnasiallehrer  sich 
xusammengethan  und  uns  ein  Lehrbuch  beschert  haben,  das  ohne  Zweifel  das 
b«ste  der  existierenden,  für  Deutsche  bestimmten  Lehrbücher  ist.    Die  Verfasser 
Kcigen  sich  vertraut  mit  den  Grundsätzen  der  neueren  Methode,  und  in  der  Hand 
eines  einigermaisen  geschickten  Lehrers  wird  das  Buch  sicher  zum  mündlichen 
tmd  schriftlichen  Crebrauch  des  Rumänischen  fuhren.  Dagegen  zum  Selbstunterricht 
ist  das  Buch  seiner  ganzen  Veranlagung  nach  ungeeignet.   Da  die  Verfasser  zu 
Verbesserungsverschlägen  auffordern,  möchte  ich  mir  folgende  Bemerkungen 
gestatten:  Warum  soll  man  deutsche  Schüler  mit  etymologischer  Orthographie 
quälen,  da  doch  in  Rumänien  selbst  die  gemäfsigt  phonetische  bereits  die  Ober- 
band  gewonnen  hat?   â,  ê,  t  im  denselben  Laut,  if  neben  z,  3  neben  ?  etc.  sind 
doch  unnötiger  Ballast   Die  Regeln  über  die  Betonung  sind  bei  weitem  nicht 
ausreichend,    wie  soll  aus  ihnen   der  Schüler  erkennen,   wo  z.B.  bei  artete, 
^pure,  herbece,  purece  der  Accent  liegt?    Wäre  es  da  nicht  besser    als  allge- 
meine Regel  aufzustellen,  dafs  der  Accent  auf  der  vorletzten  Silbe  liegt,  und 
<iaÍ8  alle  Abweichungen  durch  den  Gravis  oder  fetteren  Druck,  wie  das  bei 
den  Vorübungen  geschehen  ist,  bezeichnet  werden.    Mindestens  müfste  doch 
im  Glossare  hierfür  etwas  gethan  werden;  ^denn  ich  weifs  aus  Erfahrung,  dafs 
gerade   der  Accent  dem  Deutschen  viel  Schwierigkeit  macht.    Da  eine  gute 
Volkssprache  geboten  werden  soll,  hätten  Fremdwörter  wie  gigante,  periculos. 
Melos  etc.  wegbleiben  sollen.     S.  10  wird  gesagt,  dafs  e  im  Anlaut  wie  ie  ge- 
sprochen wird,   dann  müssen  aber  Wörter  wie  vezurä  viezurä  geschrieben 
werden,     sunt,  suntem  zu  schreiben,  halte  ich  für  falsch,  es  heilst  allgemein 
stnt,  sintern,     S.  27  topor  heifst  doch  Beil,  nicht  Hammer.     S.  54  nicht  ^ése, 
\épte,   sondern  ^a^e,  japte  sind  die  grofswalachischen  Formen.     S.  55  una  (0) 
copila,    dafür  nur  o  copila,     S.  82  sie^  ist  nicht  gut,   es  mufs  f<>^  heiísen. 
S.  102  Die  Bezeichnungen  adunând  als  Gerundium,  S.  105  lucrútor  als  Mittel- 
wort   der    Gegenwart,    lucrat   als  Mittelwort   der  Vergangenheit   und    gleich 
darauf  dieselbe  Form  als  Supinum   sind  für  den  Schüler  verwirrend.    Diese 
schematische  Nachahmung  des  Lateinischen  sollte  in  einem  praktischen  Lehr- 
bache  vermieden  werden.    S.  123  neben  dedeam  hätte  als  Impf,  doch   auch 
das  sehr  häufige  dam  angeführt  werden  sollen,  auch  sehe  ich  nicht  ein,  warum 


'jan  aaBHScaciB&r.    ts.  .^ir^ 

lie  T.XKaáx^  irwr.  nt  íl    md 


r' 


iBUÁ.  jr  lie  3«siii  T^mmiL  -i^TTkirrnrä 
cree  ,«ca.  jaoe  jsaáni^' 
«nie  xJiwg^gy*    "Ä-f-xtß*   ,,V5r 
1er  igañier  «ysceaaiiusí   ^x    Mg'.ii   rrniua  axii 
lea  sr  su  2^suu:aer  isr  2l  xaax.  "vm 


jpa^   ^fñsiíra.  xulca.   tali,  »ivani  trsc-Mxm,  -wjt  am.  snr  imir  ^tfímiury 
jS^iCtt    fiiir:i  lie  ^rtlnn^.    kuitiisn.    nurj    iea.  moûaiiscaca.   *-■'■—*•  -une  üe 
?Ta^  a^ssrs^    jca.  rspfsiie  -nrirr,    cuii  us  jmr  ">iriui  'l 
aiflflqjRi    almátriim   jel  smsai  -vntzcsfüoeL 
riiiiiiiili   sie  -vetEAB  Ttr'iiwüimg, 


lit    i.-í!i-írr-ii  t_niîa    ^^--li.tr    »II 

flK    üST  .  iflmiigH.iimt    IB  SEcBuátass 


tBáaúti  «a  ter  tìnnink  Piyut  -vol  ^^nHuyi  ¿k  âaele  miK  as 
3||urr  -vuL  'v*^!-  eme  ua.  snca.  iiiriir  ■aL!Îifi"'niii.îifri  JÉmimas 
2>ni2r  zi  {?^«i  un  mdt  ai  hm-r  sene  Tusnrc  íc«r  os  _iiuumjig  L 
fer  tuuisiâins-'iiraisi  Idnutidia.  zi  Trìibi.  T.rr  Trisi  öarnns:  sese  mr  -m-rtr 
2u  A.ii'Ji  ixu'  r'iimiisiadimiiri  l»sm;r  mii^  izl  mr  vsssi|>sl  snsaipsaisz^  nï- 
•wvu  !r  Ji  reiisi  P'imcisL  zim.  '^Jitzr^iru::!  rsz:..  xonxisniíizL  *i  ■«»""■  szc 
fie  Ajmuixne  taxer  ^mnt^im^  zacn.'tsL  I^itr-ffimmg^  hhl  iLanmûkineL  It^»- 
iiKariiiii  ter  Jií'P'eí'üiuc  ■i^>v*e  de  T  i  iiim  iih¿  fnrwr  '«raí  ^.iniinjr  bl  iinrosisL 
iq>'T^ri«-tit.*t*»n  Zrak'Jtas.  ócr  Jii«p&IiaiisL  imwì.fii  mu.  Izx.  isáts  iiii:^  sl  ¿k 
?fua*juvç&*J3e. 

X*!»  sa  üsvih'áxa.  Snfe^^ípyrrrr  hie  ms  nsdnimsx  ic  ^""^»rt-  ^ 
3C¿n.*:|^jrei.     Ijieaedft    Eiiii   »    rsmne    T-ifñrr   liljprfinmng  An.,   mâc 

L'ji      VI    ue   svfs:ed  fíe    òe  'jrrkVr   x^dizms:   im¿ 


ri  fcv  -tien  isir'  Mr  zur  'SsJirtinmr  gngrsmmn:  wiràt  *^  j^jft^Ai.  im 
—  ;7V  ra  vnrcmiiiiisx  szxif  »  sadi  smsr  riT-gT  T^mViTnng  ¿rt i  Leis« 
.ffor  o^m*  SIT  2XIIS1L  rt^^»^  AiJsEC^:.  TiarT  -«psùàist  weîtf  at  ir-rrWAiT  saoi. 
Uiiât  lUit  KtL  *« ,  •  T  :  t  r  Laiî  yesu:  vcrê  pi  Icjc  «cr  yoSünc  xJi|;estizii|i>CL  'vnràfi.  — 
'!>«  j»..*ruzni'jiea.  ^Êareaûmî. .  âsx  Hq^  «'nr  Resúm^cE  m.  ¿vñiinfe  «ans 
^>«*i'jxr.n  «Xiçvtri;^^  idT-  itsrsdciì^  m»  niîis  û  eiE  Lsfc  Des  Fia{>eDBBCE 
att.'Titiy,'i;ui<«  "^^^  }..  t^.  : —  .  9  erpsb:  fhrr  cazzieFVT^  ses  ôcil  ¿iBaanmeD- 
um^i     iiiit  v«3iL  Ifiaru.  cuíf^arásr:  inri  ibrcK  Saht  sc  \\xtm ,   «r  OÊmer^m 


RUNGEy  DIB  LIEDER  U.  MELODIBN  DER  GEISSLER  ETC  36 1 


id  ústergat  prortus  labem  criminum,  so  âelt  das  nicht  auf  die  Pest  (lobes), 
Nndem  hei&t:   Christas   möge   uns   von    der  Befleckung  (¡abes)   der  Sunde 

Dem  rituellen  Geifselgesang  entspricht  das  wallonische  Lied  der  Pariser 
Hl.  BibL  nat.  fr.  2598,  das  Leroux  de  Lincy  froher  mitgeteilt  und  Pf.  p.  179  ss. 
sen  coUationiert  und  abgeteilt  abdruckt.  Ich  spreche  von  einem  Liede, 
idl  nur  die  Zusammengehörigkeit  der  beiden,  als  zwei  Gedichte  behandelten 
Stücke  imTerkennbar  dünkt.  Es  sind  im  Ganzen  17  achtzeilige  Achtsilber- 
ttrophen  der  Reimform  abababab  (d.  h.  mit  zwei  Reimen  verschiedenen  G«- 
icUcchts  in  kreuzweiser  Abfolge).  An  drei  Stellen  kehrt  die  gleiche  Einlage, 
due  patrweis  gereimte  VierzeUe  (aaßß)  wieder,  welche  nichts  anderes  ist 
als  die  Uebersetzung  der  letzten  vier  Verse  des  deutschen  Refrain -Leises 
Jtius  ward  gelapt  mit  gaüen.  Die  Wallonen  haben  also  diese  sakramen- 
tdkn  Worte,  welche  die  Stelle  der  Genuflexionen  bezeichnen,  wenigstens  zum 
Tdl  übernommen;  und  hier  finden  wir  die  durch  die  Einheitlichkeit  der 
Reimform  angedeutete  Einheit  des  Liedes  auis  klarste  bestätigt;  denn  nach 
der  dritten  Wiederholung  heilst  es  deutlich  :  Relevons  nous  la  tierce  fie.  Das 
viUonische  Geifslerlied  ersetzt  denmach  die  zur  Geifselprocedur  vorgetragenen 
1^,  und,  von  jener  wortìich  entlehnten  VierzeUe  abgesehen,  stellt  sie  sich 
'  dir  als  eine  selbständige  Neudichtung  in  achtzeiliger  Strophe,  d.  h.  nach  eigener 
^^die.  Es  springt  in  die  Augen,  dafs  dem  Uebersetzer  vor  allem  daran 
%  den  einmal  in  Uebung  gekommenen  Ritus  der  Geifselprocedur  zu  wahren; 
vas  Inhalt  und  Form  betrifift,  verfuhr  er  nach  freier  Eingebung. 

Seiner  geschichtlichen  Bedeutung  wegen  möge  das  Gedicht  hier  folgen 

out  den  Verbesserungen,   die  Sinn  und  Versmafs  gebieten.    Ich  nehme  dabei 

^'^  grölsere  Umstellung  vor,  indem  ich  die  6.  Strophe  zur  10.  mache,  weil 

^  mir  als  Aufforderung  zum  zweiten  Kniefall  vor  die  zweite  Aufforderung 

'^  Anadien  (Str.  11)  zu  gehören  scheint;  zur  irrigen  Verlegung  der  Strophe 

^'i'fte   der  inhaltliche  Anklang  an   Str.  5  (aisil  et  fiel)  den   Anlafs   gegeben 

^"^ö.    Auf  diese  Weise  erhalten  wir  folgenden  Aufbau   des  Liedes:   Str.  i 

/^^^^Uimg.    2 — 5  (vier  Strophen)  erste  Geifselung  und  erster  Kniefall;  6  erstes 

"T*^*^«!»  Refrain,    7 — 10  (rier  Strophen)  zweite  Geifselung  und  zweiter  Knie- 

»     II  zweites  Erheben,  Refrain.     12 — 16  (fünf  Strophen)  dritte  Geifselung 

^   ^iritter  Kniefall;  Refrain;  drittes  Erheben  mit  Gebet. 


I. 
commençant  no  penitance, 
»it  la  vierge  et  la  trinitez 
tout  en  parfaicte  puissance 
deulx  li  hauz  divins  secrez. 
'^xe  dieu,  croissiez  vo  venjance, 
fruiz  des  ventres  respitez; 
esté  a  en  grant  balance 
-^^ -^mgtemps  toute  crestientez. 


2. 
Or  avant,  entre  nous  tuit  frère. 
Batons  nos  charoingnes  bien  fort, 
En  remembrant  la  grant  misere 
De  dieu  et  sa  piteuse  mort. 
Qui  fut  prints  de  la  gent  amere 
Et  vendus  et  trahis  à  tort, 
Et  batu  sa  char  vierge  et  clere. 
Ou  nom  de  ce,  batons  plus  fort. 


"^aria  lectio  :  1,1  commencent.    2  trinità.    4  le  haut  divin  secret    6  fruis. 
«z,    8  eresiente. 


302 


BESPRECHUNGEN.     PH.  AUG.  BECKER« 


O  Maria,  vierge  royne, 
O  temple  de  virginité, 
O  glorieuse  char  divine, 
Depriez  pour  crestienté. 
Vo  filz  nous  a  monstre  le  signe 
De  croix  par  la  mortalité: 
Rapaisiez-lo,  dame  engeline. 
Et  prenez  no  penance  en  gré 

4. 

O  roy  des  roys,  char  précieuse, 

Dieux  peres,  fìlz,  sains  esperis, 
Vo  sainctisme  char  glorieuse 
Fut  pendue  en  croix  par  Juifz, 
Et  là  fut  grief  et  douloureuse; 
Car  de  vo  saint  sane  beneis 
Fut  la  croix  vermeille  et  hideuse. 
Loons  Dieu  et  batons  nos  pis. 

5. 
Et  en  la  douce  remembrance 
De  ce  que  tu  feus  abeuvrez 
Avec  le  crueux  cop  de  lance 
D'aisil,  o  fiel  fiit  destrampez, 
Alons  à  genoulx  par  penance, 
Loons  dieu,  voz  bras  estandez, 
Et,  en  Tamour  de  sa  souffrance, 
Cheons  jus  en  croix  à  tous  lez. 

6(7). 

Or  relevons  de  bon  couraige 
Et  devers  le  ciel  regardons. 
Que  de  mort  soudaine  et  de  rage 
Dieu  nous  estint  (?),  coulpes  batons; 
Et  pour  trestout  humain  lignaige, 
Biaux  sires  dieux,  vous  deprions 
Qu'il  ait  part  au  pelerinaige, 
S'il  vous  plaist  qu'aumosne  facîons. 


yhesus,  par  tes  trois  dignes  nms, 
Fay  nous  de  no*  fechia  pardont,' 
yiuisus,  par  tes  cinq  rouges  plajfa 
De  mort  soudaine  nous  délayes, 

7(8). 
Or  rebatons  no  char  vilabe, 

Que  dieulx  saulve  crestienté 

Et  dcffende  de  mort  soudaine. 

Et  si  pensons  à  la  griefté 

De  la  grief  mort  dieu  souTenine, 

Que,  piez  croisiez,  chief  enclin¿ 

Et  bras  tenduz,  ot  en  croix  peine 

Avec  la  playe  du  costé. 

8(9). 
O  royaulx  vierge  corps  Marie, 

Dame,  tu  fus  à  son  trespas. 

Tu  fus  dolente  et  esmarne, 

Quant  ses  nerfs  de  piez  et  de  bt^ 

Veïs  rompre,  sa  char  transie 

Et  sa  face  encliner  en  bas. 

Terre  croia  et  fut  brisie, 

Souleil  faillit,  mort  suscitas. 

9  (10). 

Par  ceste  mort,  vray  dieu  de  gl(7^ 

Nous  meïs  à  salvación. 

Or  nous  garnissiez  de  victoire 

Contre  toute  temptacion. 

Le  sathan  est  de  grant  memoire, 

Et  nous  de  foible  opinion, 

Se  nous  pourroît  retraire  encoire 

Dieux,  se  nous  n'avions  pardon. 

10  (6). 

Helas,  qui  n'a  en  remembrance 
Les  seingnies  dieu  en  cscript 
Auxquelles  n'ot  vin  ne  pitance. 


3, 5  Vostre.  5.  6  Christus  hat  uns  das  Zeichen  des  Kreuzes  gezei, 
(d.  h.  ein  Warnungszeichen  gegeben)  durch  die  herrschende  Sterblichkci 
8  nostre.  —  4,  3  Vostre.  3 — 6  Subjekt  ist  vo  char.  7  C.  du  s.  s.  b.  - 
5,  3  de  la  1.  —  6,  7  ait  fohlt.  Und  für  die  ganze  Menschheit,  o  Gott,  bitti 
wir  Dicli,  dafs  sie  teil  habe  an  den  Verdiensten  imsercr  Wallfahrt;  das  so 
unser  Almosen  sein.  —  7»  7  et  cn  croix  penez.  —  S,  3  Je  suis  dolente  . . 
Diese  Lesart  wäre  nur  annehmbar,  wenn  man  annähme,  unser  Lied  sei  fî 
Frauen  bestimmt,  was  nach  11,7.  8  nicht  denkbar  ist.  6  E.  s.  f.  e  sur  sc 
bras.  7  T.  e.  pierre  f.  b.  Vermutlich  nach  Matth.  27,  51  trotz  des  Versmalse 
Vgl.  im  deutschen  :  DÎ  erd  erbidemt,  zercliebent  die  staine,  Runge  p.  40.  - 
10,  3  A.  note  v.  n.  p. 


r 


RUNGE,   DIE  LIEÜER  U.  MELOUISN  DER  GEISSLER.  ETC. 


Mu9  nel  avec  ueíI  confit? 
Qui  n'y  pence,  il  fait  igaoruice; 
Or  Ions  ä  genoaix  sans  respJt, 
RechcoDS  en  croii  sans  bobancc 
Pour  dieu  qu'en  croix  expiravit 


Or  nous  relevons.  Qu'i  Dien  place 
qae  DO  penance  puist  valoir. 
Batons  no«  piz,  batons  no  face, 
Tendons  nos  bras  de  grant  vouloir. 
Dieu  qui  nous  î.  fait,  nous  parface 
El  nou«  doint  des  cleulx  le  manoir. 
Et  gart  tous  ceulx  qu'en  ceste  place 
En  pitii  a 


ykitus,  par  let  Irais  dignts  noms, 
Fay  nous  de  net  peckia  pardons, 
yhesus.  par  tes  cinq  rougis  playes. 
De  meri  soudaine  nous  délayes. 


e  regina  pure  et  gente, 


O  peuple,  Inísslez  l'euvre  obscure 
De  pechii,  si  vous  amend". 


14. 


^B  Ua 

L 


^  prions,  vierge  lonée, 
En  ceste  penance  faisant, 
Four  toute  creature  nee; 
Et  requiers  ton  pere  cl  en  rant 
Que  ceste  mort  soit  dcsloumee, 
Et  sain  et  esperì  t  voist  regnant 
En  noz  cuers  par  humble  pensée; 
Car  d'nyde  avons  mesticr  grant. 


Se  ne  fu»i  la  vierge  Marie, 
Le  siècle  fast  picca  perdus. 
Batons  nos  chars  plaines  d'envie, 
Batons  pour  orgueil  plus  et  plus, 
Pour  paresse  et  pour  gloutonnie. 
Et  pour  ire  qui  het  vertus; 
Pour  avarice  et  lechcrie 
Et  pour  tous  péchiez  dcceus. 


Eu  demoustrant  signiliance 

Que  tous  nous  convendrá  morir 

Et  en  terre  en  1res  wilance 

No  pécheresse  char  pourrir. 

En  lin  de  nostre  peni  lance 

Nous  fault  Ì  genouU  revenir; 

Tous  mourrons,  c'est  la  remembrance 

Qui  nous  fait  tierce  fols  cheïr. 

ykesus,  par  les  trois  dignes  noms. 
Fay  nous  de  no>  pechte»  pardons; 
yhesus,  far  tes  cinq  rouges  playes. 
De  mort  soudaine  nous  délayes. 


II,  1  plaise.  3  nos,  5  preface.  7  encore.  —  Die  Reb'tiin-VierzeUe  iit 
nur  durch  die  ersten  Worte  angedeutet,  worauf  drei  leere  Zeilen  folgen.  Viel- 
leicht hat  der  Schreiber  in  seiner  Vorlage  den  ium  Nachtragen  der  übrigen 
Zeilen  freigelassenen  Raum  vorgefunden,  und  ihn  als  Anfang  dncs  iweiten 
GecUchts  versUnden.  —  12,4  Lune  0.  d.  s'e.  —  13.  t.  î  O  creeresse  de  crea- 
ture Qui  oncques  ne  tiisle»  cree.  Diese  Lesart  ist  weder  metrisch  noch  dog- 
matisch annehmbar;  die  Silbeniahl  des  ersten,  der  Reim  dea  zweiten  Verses 
der  Zusammenhang,  der  Gott  als  Subjekt  verlangt,  gestalten  nicht  an 
Uaria  lU  denken,  der  nie  etwas  wie  VorwelÜichkeit  zugeschrieben  worden 
ist.  7  Ao  peuple.  ~  14,  S  Que  est  mortaíre.  7  ms.  Et.  —  15,  4  B.  d'orgueil 
p,  — .  16,5  Vielleicht;  En  ¡afin  d»  no  f. 


e  glorieus 


uplen 


13- 
O  créateur  et  creature 
Qui  oncques  ne  fustes  créez, 
Deffendez  nous  de  grief  morsure, 

liée,  d  oui  ce  royauli  vierge  pure. 
Priez  que  pour  nous  soit  pilez. 


BESPRECHUNGEN.      PU.  AUG.  BECCER, 


Relevons  nous  la  tierce  ne, 
Et  looDS  JÎeu  ¡¡  nuz  genoulx. 
Joiales  mains  lenona  l'eäcourgie, 
Crcmons  dieu,  aions  les  cuen  don 

17,  I  R.  n.  1. 1.  fait,     Ì  escourgice. 


Et  chantons  à  la  dtpartie 
„Grace  dieu",  car  elle  est  en  nt 
Prions  poui  l'unifline  Ugnie. 
Baisoni  la  Ierre;  IcfOQí  nous. 


Von  Italien  nahm  die  Gci&lerbewegnng  ihren  Ausgang.  Schon  il6l 
drang  sie  über  die  Alpen,  tauchte  dann  1196  sporadisch  aufj  doch  ersi  1349 
rief  die  nahende  Pest  jeDea  äberwälligenden  Ausbruch  der  Bufsslimniung  her- 
vor, der  Deutschluid  mit  Schwärmea  von  GeiJselbrüdern  überschwemmte.  Ute 
spälercn  Züge  richteten  sich  dabei  nach  dem  Vorbilde  des  erstea.  Wie  dieser 
dauerten  sie  J3*/i  Tage  zum  Andenken  an  das  Erdenwallen  des  Heilands; 
vermutlich  stammte  der  vom  Himmel  gefallene  Brier,  den  die  GciTsler  allent- 
halben vorlasen,  und  vielleicht  auch  ein  Teil  ihrer  Lieder  von  der  enien 
BuisTahrl  her.'  Es  entsteht  nun  die  Frage,  ob  sich  daräber  binaos  ein  Zn- 
sammenhang iwischen  den  deutschen  Geifslerliedern  und  den  ilalienischco 
Landen  erweisen  läfst;  denn  die  Blüte  der  Laudenpoesie  sieht  mit  den  Bräder- 
schaflcn  der  dUcipUnali  in  enger  Beziehung. 

In  Italien  ist  der  religiöse  Lai engcsan g ,  die  Lauda,  nicht  erst  mit  den 
GeifslerumzägeD  aufgekommen,  und  er  bewies  in  lyrischer  wie  dramatischer 
Form  eine  überreiche  Frachtbarkeil  und  Gestaltung  s  krafl.  Während  die  Be- 
wegung in  Deutschiand  den  Charakter  einer  plötzlich  ausgebiochenen  Epidemie 
annahm,  bildeten  eben  die  ilaÜenischen  Laien  verbind  ungen  geordnete,  subtle 
Genossenschaften.  Insofern  nun  Italien  den  Anslofs  zd  der  t^ien  Bewegung 
gab,  mag  man  lugesleben,  dafs  dem  Laiengesang  von  dort  ein  neuer  Impuls 
ÎU  teil  ward;  die  direkte  Abhängigkeit  der  deutschen  Geilslerlieder  von  den 
italienischen  Lauden  wird  man  aber  mit  Schneegans  verneinen  müssen.  Denn 
ich  glaube  nicht,  dais  man  für  Deutschland  nach  1150  eine  religiöse  Lj^rik 
(im  Anschluls  an  die  lateinische)  in  Abrede  stellen  wollte;  wir  werden  daher 
kein  Bedenken  Ir^en,  die  erste  Kategorie  der  Geifslerlieder  (ein  Walirahrls-, 
ein  Marien-  und  ein  Weih nachtsi led)  als  einbeimische  Ericugnisse  aniusprecbcn, 
da  ihre  metrische  Form  nicht  auf  ein  welsches  Vorbild  deutet  imd  der  Inhalt 
in  seiner  Allgemeinheit  keinen  Anhaltspunkt  für  den  Entlehnungsnachweis 
bietet.  Beim  spezifischen  Geifslergesing  kommt  in  Betracht,  dafs  die  îlalie- 
aischen  Lauden  durch'w^  rein  religiöser  Natur  sind;  sie  kennen  die  tiluellen 
Momente  (Auffordenmg  jetit  kräftiger  zu  schlagen,  jetzt  niederzufallen,  jetzt 
atifiustehen  u.  s.  w.)  nicht.  Ueberhaupl  scheint  sich  der  strenge  Rilns  der 
Geilselprocedur  erst  im  Norden  der  Alpen  ausgebildet  zu  haben  (vgl.  tur 
Zahl  der  Tage  Mon.  Germ.  hist.  SS.  XVm,  241.  XIX,  196). 

Soll  ich  ED  Sch.  anaehender  Skiue  einige  Einzelheiten  anmerken,  so 
würde  ich  p.  67  Str.  4  La  carni  stimula  tucto  hora  verstellen  l  Der  Stachel 
des  Fleisches  (cf.  1  Cor.  lì,  7)  teilt  uns  beständig  mt  Sünde.  —  P.  69  Die 
zwei  enten  Verse  sind  in  drei  zu  zerlegen.    Setzen  wir  als  Reimschema  aaab 


■  Vgl.  H.  Haupt  in  Realencykl.  f.  ptol.  Theol.»  VI,  436,  35.   Wie  ich 
nehme,  beabsichtigt  H.  jenen  Zusammenliane  in  der  Zscbr.  L  Klrchengetchidite 
de*  nÚem  dArziile£eii. 


I 


VORETZSCfT,   BPISCHS  STCDtEM.  365 

(b  ^  -íHtia)  an,  so  sind  nicht  nur  p.  69b,  sondern  auch  70a — b  die  aoT  -ore 

endenden  VierzeiUn  ais  Interpolation  lu  verweifen,  was  rait  dem  Sfarne  wohl 

vertraglich  ist.  —  P.  78  In  sollemnitate  Christi   t,  5  lies;  Dice  che  in  un  me- 

^ni  hito,  d.h.  der  natürliche  Vers  land  sagt  mir,  dafs  Goll  jeder- 

it  allgegenwärtig  ist;  seine  Gegenwart  im  Siikramenl  {qtiiitB)  ist  also  wider- 

Ph,  Aug.  Bkckkr. 


Carl  VorotBBoh,  Epische  Siadicn.  Beiträge  zur  Geschichte  der  franiö- 
alscben  Helilens-ige  und  I  leidend  ich  timg.  1.  Ilert.  Die  Composition  des  Huon 
de  Bordeaux  nebst  kritischen  Bemerkung«!  über  BegiìlT  und  Bedeutung  der 
alle,  Max  Niemeyer,  1900.  —  XV  +  ^10  Öeiteu.  10  Mark. 
I. 
Die  Tage  der  Karolingerherrschalt,  glorreidi  oder  Irübe,  bilden  im 
wesentliehen  das  Heldenzcitalter  der  iltfrAoiöglscheD  Epik  :  Heldenlieder 
kennen  wir  aber  eist  mit  dem  letzten  Vierlei  des  elften,  und  in  reicherer 
Falle  aus  dem  t2.  and  13,  Jahrhundert.  Für  die  Zwischenzeit  Tehlen  nicht 
nur  die  Denkmäler,  sondern  auch  unzweideutige  Zeugnisse.  Bei  diesem  That- 
histand  ist  es  keine  einlnchc  historische  Aufgabe,  die  Kluft  ïwiscUen  Helilen- 
leit  und  llcldensang  zu  übetbiücken,  sondern  in  erster  Linie  Sache  der 
Theorie  und  mithin  der  Methode.  Der  Forscher,  der  sich  diesen  Pro- 
blemen zuwendet,  wird  daher  allen  Anlafs  lu  principieller  Anseinanderselzang 
haben  und  darf  sich  von  vornherein  auf  principi  eilen  Widerspruch,  d.h.  auf 
gnindsüizlich  verschiedene  Deutung  und  Schätzung  der  Thatsachen  unter  An- 
rufung allgemeiner  Erwägiin|;en  gefaTst  machen.  Nicht  minder  khir  ist  es, 
dafs  sich  die  einschlägigen  Theorien  nicht  auf  apr  io  ri  s  lisch  en  Vcmanrigränden 
aufbauen  liissen,  sondern  an  der  Hand  gewissenhafter  Einzeluntersuchungen 
zu  gewinnen  sind.  Am  Eiazellall  Soll  die  Theorie  sieh  ausbilden,  berichtigen 
nod  «Weilern,  und  ihre  conséquente  Ausdehnung  auf  weitere  Fälle  soll  ihre 
Stichhaltigkeit  erweisen.  So  bedeutet  jeder  methodisch  geführte  Vorstofs  in 
das  vielgestaltige  Forschungsgebiet  einen  Schritt  nach  dem  Ziel  der  Erkenntnis. 
Und  auch  dem  Andersdenkenden  ist  er  ein  Gewina;  denn  nichts  hindert  ihn, 
die  gehobenen  Schatze  in  seinem  Sinne  zu  verwerten.  Ueberhaupt  giebt  es 
aber  —  nach  der  folgerichtigen  Durchrührung  eines  Princips  —  keine  lehr- 
reichere Geistesübung  noch  eine  reinere  ästhetische  Freude,  als  wenn  man 
fremde  Denkmolive  verstehen  und  würdigen  lernt  und  sie  in  ihrer  Trucht- 
bringenden  Ausgestaltung  verfolgt.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  will  ich 
versuchen  Voretzschens  Theorie  in  ihrer  Entwicklung  zu  begreifen. 

Gleich  bei  seinem  ersten  Versuch  auf  dem  Gebiet  des  alt  französisch  en 
Epos  hat  sich  Voretzsch  von  der  verlockenden  Aufgabe  einer  histoire  poétique 
Ogiers  das  schwierigste,  aber  auch  lohnendste  Stück  ausgesucht,  der  Herkunft 
und  ältesten  Entwicklung  der  Sage  nachzuforschen.  Dabei  wurde  er  sich  klar, 
dafs  von  der  Geschichte  auätugehen  sei,  dafs  man  aber  nicht  mehr  auf  deren 
Rechnung  schreiben  dürfe,  als  sich  in  ihr  findet;  was  darüber  hinausgeht,  sei 
Zusatz  der  Sage,  resp.  der  Dichtung.  Das  Besiteben  die  verbindenden  Mittel- 
glieder zwischen  Geschichte  und  Epos  aufzudecken  führte  ihn  dann  dazu,  eine 
^^ibe  10  verschiedenen  Zeiten  entstandener  Lieder  a 


366  BBSPRSCHUMGSN.      PH.  AÜO.  BRCKXR, 

ältesten  bereits  im  9.  Jahrhundert  vorhanden  sein  mochten;  diese  hätten  úá 
bei  aller  sagenhaften  und  dichterischen  Ausschmückung  noch  enger  an  die 
Creschichte  angeschlossen,  neue  Erfindungen  hätten  sich  daran  gereiht,  und  die 
ersten  Lieder  durch  successive  Metamorphosen  unter  den  Händen  jfingaa 
Ueberarbeiter  eine  immer  unursprunglichere  Verkleidung  erhalten.  —  So  er- 
scheinen die  Hauptphasen  der  Entwicklungsgeschichte  des  Stoffes  dmdi 
Dichtungen  markiert;  doch  mag  die  Vorbereitung  des  Heldenepos  in  den 
ersten  Jahrhunderten  unter  wechselndem  Wirken  von  Sage  und  Dichtong 
und  unter  gegenseitiger  Beeiniiuisung  beider  vor  sich  gegangen  sein,  indem 
bald  unter  dem  frischen  Eindruck  des  Ereignisses  ein  Lied  entstand,  nicht 
selten  aber  die  Sage  erst  geraume  Zeit  im  Stillen  schuf,  bevor  ein  Dkbter 
kam ,  den  schon  nicht  mehr  rein  geschichtlichen  Stoff  aufzugreifen  und  nee 
zu  gestalten  ;  nur  lasse  sich  der  AnteU  der  Dichtung  und  Sage  nicht  mehr 
im  einzelnen  feststellen.^ 

Einen  Schritt  weiter  fuhrt  uns  die  Tübinger  Antrittsrede  vom  Jahre  1894. 
Auch  hier  wird  noch  der  enge  Zusammenhang  mit  Personen  und  Ereignissen 
der  Geschichte  als  für  den  Ursprung  der  französischen  Heldensage  charakte- 
ristisch festgehalten,  auch  wo  die  Beziehungen  zur  Geschichte  weniger  klir 
durchscheinen  und  Elemente  anderen  Ursprungs  das  historische  überwachem 
und  verdunkeln.     „Der  Gegenstand  unserer  Heldensage  ist  derchaus  histonscb, 
so  historisch,  dafs  man  mit  Recht  ihren  Inhalt  als  Geschichte  der  fränkischea 
Herrscher  und  Helden  im  Lichte  der  Sage  und  Poesie  bezeichnen  darf."  Aber 
das  Interesse  des  Festredners  wendet  sich  vom  Heldenepos  als  Litteratur- 
gattung  ab  und  kehrt  sich  entschieden  der  Heldensage  zu,  jener  dem  Helden- 
epos zu  Grunde  liegenden  Ueberlieferung,  die  wir  im  wahren  Siime  des  Wortes 
als  Sage,  als  mündliche  Erzählung  von  Mund  zu   Mund  bezeicboen 
dürfen.     Diese  Sage  ist  nicht  identisch  mit  dem  Inhalt  der  Heldenepen;  dena 
nur    die    ältesten   Lieder   halten    sich    streng    an   den  Inhalt   der   mündlichen 
Ueberlieferung,   die  jüngeren   lassen   an  Stelle   der   legendarischen  Treue  die 
frei   schaltende  Phantasie,   die  subjektive  Willkür   des  Dichters   treten;  auch 
hat   nicht  jedes  Heldenepos   auch  wirklich  eine  Sage  zur  Vorauzsetzung.   Di^ 
Sage  nun  entsteht  und  entwickelt  sich  überall  unter  den  gleichen  Bedingungen  ; 
sie   bildet   sich   unbewufst.     Zu   einer   Zeit,   wo   die  Erzählung  von  Mund  t^ 
Mund   fast   die   alleinige   Foim   der   Ueberlieferung  ist,    mufs   die  Geschichte 
ganz    von    sell)^t    zur   Sage    werden.     Die  Weiterbildung    der   Sage  geschieh^ 
dann  mit  allgemeinen  ethischen  und  poetischen  Motiven  ;  so  gelangt  sie  stufe**' 
weise  zu  den  uns  überlieferten  Gestaltungen.     Aufgabe  des  Forschenden,  d^^ 
eine  Gesamtdarstellung  der  französischen  Heldensage  anstrebt,  ist  es  demn»^ 
die   jjeschichlliche    Grundlage    der  Sagen   blofszulegen,    aus   der  Vergleichui*  ^ 
der    verschiedenen   Ueberlieferungcn    ihre   älteste    erreichbare   Gestalt  herai*-" 
schälen   und   ihre   weiteren   Wandlungen   und   Schicksale    in    der   mündlich^ 
und  schriftlichen  Ueberlieferung  zu  begleiten.' 

^  Ueber    die    Sage    von    Ogier    dem    Dänen    und    die    Entstehung   d  ^ 
Chevalerie  Ogier.     Ein  Beitrag   zur  Entwicklung   des  altfranzösischen  Heide  ^ 
epos  von  Carl  Voretzsch.     Halle  1891.     P.  i.   IG.  II9 — 122.  26.  —  Man  b    ^ 
achte,  dafs  auch  die  Ogieranekdote  des  Mönchs  von  Sankt-Gallen  als  Wicd^^ 
gäbe  eines  Liedes  verfochten  wird. 

*  Die   französische  Heldensage  Akademische  Antrittsvorlesung,  gehali^^ 
am  25.  Januar  1894  von  Dr.  Carl  Voretzsch,  ao.  Prof.  d.  rom.  PhiL  a.  d.  Ui 


YORSTZSCH,  EPISCHB  STUDIEN.  367 

Von   nim   an   steht  der   *  Begriff  der  Heldensage'  im  Brennpunkt  des 

bterenes.    Wir  sind  vollberechtigt  neben  nnd  statt  Liedern  mundliche  Ueber- 

lefenmg  in  ungebundener  Rede  anzunehmen  :  diese  These  vertritt  der  Aufsatz 

iber  das  Merowingerepos ,   dessen  Schlufsergebnis  ist,  dafs  die  Grrunde  für 

epsche  Provenienz  der  chronistischen  Berichte  über  die  Merowinger  nicht  so 

llkUialtig  sind  als  gemeinhin  angenommen  wird.    Nur  in  einem  Falle,  beim 

Ftfoliede,  dürfe  mit  Sicherheit  ein  Epos  als  Grundlage  vorausgesetzt  werden; 

MUt  er^be  sich  meist  die  Wahrscheinlichkeit,  dais  wir  es  mit  bloisen  Sagen 

B  prosaischer  Form  zn  thun  haben.    Auch  theoretisch  verficht  der  Verfasser 

&  Existenzfähigkeit  der  Sage,  und,  angesichts  des  Widerspruchs,   der  laut 

warde,  wird  ihre  Begriffsbestimmung  schärfer  dahin  gefafst:  die  Sage  sei  nicht 

eiB&ch  identisch  mit  mündlicher  Ueberlieferung  historischer  Begebnisse,  sondern 

es  sei  die  besondere  Gestaltung,  welche  die  Erinnerung  an  die  Ereignisse  im 

Gediditnis  und   in    der   Phantasie   des   Volks   anninunt.     Diese   heftet   sich 

nimlich  mit  Vorliebe  an  Fakta  von  stark  persönlichem  Interesse  oder  schmückt 

neh  einfache  Fakta  spontan  mit  dem  Reiz  des  Persönlichen  aus,   indem  sie 

die  Beweggründe  der  Handlungen  sowie  die  Einzelheiten  selbständig  erfindet, 

oder  ans  verwandten  Erzählungen    und  Begebnissen   hinzufügt.     Auf  diese 

Weise  entfernt  sich  die  Sage  je  länger  je  mehr  von  der  geschichtlichen  Wahr- 

beit,  und  wird  den  populären  Dichtungsgattungen  des  Märchens,  der  Novelle 

oder  des  Schwankes  immer  ähnlicher   und  gewinnt  deren  zähe  Lebenskraft, 

da  sie  hinfort  an   das  gleiche  Interesse  appelliert  wie  diese,  nicht  mehr  an 

das  historische  allein.    Warum  sollte  nun  die  an  besondere  Namen  geknüpfte 

Sage  nicht  so  gut  wie  das  Märchen  in  ungebundener  Rede  umgehen  und  sich 

erhalten  können,  zumal  als  Lokalsage,  Familiensage,  u.  s.  w.  ?  ^ 

Diese  Auffassung  der  Sage    bildet   auch    den  leitenden   Gedanken  der 

Oiwn  Schrift,  mit  der  uns  der  Tübinger  Gelehrte  eine  weitere  Vorarbeit  zur 

Suplanten  Geschichte  der  französischen  Heldensage  darbietet.     Die  Sage  bleibt 

'die  in  der   mündlichen   Ueberlieferung  sich  vollziehende  Umgestaltung  der 

historischen  Ereignisse  und  Personen';  die  Bewertung  des  historischen  Elements 

*Is  Aasgangspunkt  der  epischen  Sagenbildung  erfährt  indessen   eine  bedeut- 

**"»*!  doch  nicht  unerwartete  Modifikation.    Wir  haben  zwar  Sagen,  heifst  es, 

die  in  allen  wesentlichen  Teilen  schon  im  geschichtlichen  Ereignis  vorgebildet 

""•d;  anderwärts  aber  sehen  wir  fertige  Erzählungen  auf  historische  Persönlich- 

^^en  übertragen,  und  dieses  sozusagen  prähistorische  Element  kann  zwar  von 

"*^  ans  wieder   historisch   sein,    erweist    sich    aber    in    vielen  Fällen    als 

"^'chenhaft,  auch  mythisch,  d.  h.  im  wesentlichen  der  Phantasie  entsprungen. 

^^^  auch  bei  historisch  fundierten  Sagen  darf  man   den  historischen  Gehalt 

ni  L 

^^  Überschätzen.    Was  ist  denn,   genau  genommen,   an  der  Pfandlung  des 

'^Qdliedes  noch   viel  historisch   aufser   dem  Namen  Karl  und  Roland  und 

'eckten  Faktum,   dafs  dieser  mit  einem  Teil   von  Karls  Heer  vernichtet 


SjQ  ^'^ß^n.     Heidelberg  1894.     P.  9.  11.  5.  7.  8.  14.  15.  16.  28.   —   Epische 
(ij^  '**i   p.  2  wird   die  Aufgabe   der   Geschichte   der   Heldensage   zutreffender 
\nf  ?.    formuliert:   die   sekundären   Elemente   von   den  primären  scheiden  und 
^^5e  die  Vorgeschichte  der  überlieferten  Epik  aufbauen. 

*lm  Das  Merowingerepos  und  die  französische  Heldensage  von  Carl  Voretzsch. 
Ç  ^*ogische  Studien.  Festgabe  für  Eduard  Sievers.)  Halle  1896,  P.  56. 
58.  S9.  60. 


¿68  BESPRECHUNGEN.      PH.  AUG,  HECKER, 

wurde?  Kein  einzigei  Zug  aus  dem  ganzen  Kampfgemälile  entspnchl  dem 
wirküclien  Hergang.  Es  haDdell  sich  eben  nicht  um  das  Feslhallen  der 
historischeD  Einzelheiten,  sondern  des  simplen  Faktums  oder  des  Ilaupthelden 
oder  beider  xuíummcti.  E>i  fiiidet  nJso  lunächBl  eine  Verein facbung  der  histo- 
rischen Vorgänge  statt,  dann  aber  eine  Ausschmückung  des  verbliebenen 
Restes  mit  Elementen  anderer  Herkunrt,  ällrren  Sagen  oder  NeuschüpruDgen 
der  Phantasie.  —  Nichtsdestoweniger  bleil)en  die  historischen  Personen  and 
Ereignisse,  an  welche  sich  die  anderen  Elemente  nnkryslalliüert  haben,  die 
feiten  Pankle  in  der  Entwicklung,  weil  die  andern  Elemente  ihrer  Herkunft 
nach  nnsicher,  in  ihrer  weiteren  Entwicklung  nicht  recht  greifbu  sind. 

Das  notwendige  Bindeglied  zwischeD  dem  histoiischen  Ereignis  und  der 
dasselbe  behandelnden  Chanson  de  geste  ist  die  Sage;  äa  anderes  bietet  üch 
nicht  dar.  Wesentlich  für  die  S^e  ist,  àats  sie  sich  an  bestimmte  Personen, 
Ereignisse  oder  Oerllichkeitcn  knSpft.  Es  handelt  sich  aber  nicht  mehr  um 
reine  historische  Ue  berli  efe  rung  sondern  ura  gegenseitige  Durchdringung  von 
historischen  und  phantastischen  Elementen  ;  das  Charakteristische  der  Sage 
liegt  eben  darin,  dafs  Wahres  und  Erdiehleles,  Historisches  und  Märchen- 
hartes  auch  Mytbisclies  neben  einander  liegt  und  aufs  innigste  mil  einander 
verwachsen  Ist.  Wie  weit  aber  die  Sage  in  loserer,  wie  weit  sie  in  feslerer 
Form  übermitlelt  wird,  wie  weit  wir  ihr  ansgefìihrte  Darstellung  oder  nur 
skiiienhüfte  Uebeiliefeiung  »uschieibcn  dürfen ,  das  sind  rein  technische  Fragen, 
in  denen  sich  etwa  folgendes  sagen  läfsl:  Handelt  es  sich  um  ein  jüngst  ge' 
«cbehenes  Faktum ,  so  wird  die  von  Mund  zu  Mund  gehende  Ueberlieferung 
stbr  mannigfillig  sein,  nach  Zeil  und  Ort  wechseln.  Aber  allmählich  wrd 
eine  gewisse  Consol  id  icrung  eintreten,  wie  immer  wenn  man  den  gleichen  Vor- 
gang öfter  criählt,  gewisse  Einielheiten  setzen  sich  fest,  die  Sage  bekommt 
eine  festere  Form,  die  natürlich  immer  noch  der  Variation  fähig  ist,  weil  sie 
beständig  der  Einwirkung  der  popularen  Phantasie  unterliegt,  aber  die  Grund- 
züge doch  immer  bewahrt. 

Wir  können  solchen  Prosasagen  ohne  Bedenken  eine  grSfsere  Ansrahr^ 
lichkeil  lugestehen;  allein  auch  so  unterscheiden  sie  sich  wesentlich  i 
epischen  Dichtung.  In  der  Snge  sehen  wir  nHmlìch  die  allgemeini 
der  Allgemeinheit  kontrolierlc  Auflassung  und  Phantasie 
sam,  die  epische  Dichtung  hingegen  können  wir  uns  kaum  anders  als 
IlEnden  von  Berufsdichtem  denken,  welche  littcrarisch  hoher  gebildet  siad 
als  die  Träger  der  blolsen  VolksüberlieferungcD,  und  welche  der  iodividuellea, 
selbständigen,  bewufsten,  ja  willkürlichen  Gestaltungskraft  zum  Ausdruck  ver- 
belfen.  Um  die  Entwicklung  der  alten  Originalepen  zu  begreifen,  wird  du 
Stadium  postuliert,  wo  die  Einwirkung  populärer  Anschanntigen 
ungehemmt  stattfinden  konnte,  und  das  ist  weder  im  individuell  g«- 
»lalteten  Epos,  noch  im  Volkslied,  sondern  in  aller  Breite  und  Freiheit  nur 
In  der  formell  ungebundenen  Prosssage  möglich.' 

Die  Heldensage  erscheint  demgemafs  als  die  primitivste  Art  der  Fort« 
Überlieferung  heldenhafter  Ereignisse;  für  sie  sind  bei  allen  Völkern  nnd  m  allen 
Zeiten  die  Bedingungen  gegeben,  sofern  die  erforderlichen  Helden  und 
tbaten    nicht   fehlen.     Die  Heldensage  bildet  die  Grundlage,   den  Boden, 


I 
I 


A 


VORETZSCH,   EPISCHE  STÍTOIEN, 


dem  die  epiache  DichiUDg  sprlerat.  Sie  bereitet  dea  döiren  faisloriicbtn  SloET 
für  die  Dichtung,  und  ist  die  Ifürtere,  konstlosete  Form,  aus  welcher  der 
Dichter  mit  individueUer  KqdsI  das  Epos  gestallet,  und  erscheint  somit  als 
Voisture  für  das  Epos  als  GalliiDg.  Aber  auch  im  cinzelDen  Fall  verbindet 
sie  die  epische  Dichtung  mit  dem  historiichcn  Ereignis  überall  da,  wo  eine 
andere  Entstehung  sich  nicht  wahrscheinlich  machen  läTtl;  denn,  als  die  ein- 
ftchere  und  natürlichere  Kunstform,  ist  sie  die  gegebene  Erklärung,  so  lange 
tane  anders  geartete  Entwicklung  keine  besondere  Begründung  findet.' 

Soweit  die  theoretischen  Auslassungen  des  Verfassers. 

Ich  habe  versucht,  sie  mäglicbst  sinngemafs  und,  soweit  es  anging,  auch 
wortgetreu  lusam  men  zu  fassen.  Auf  eine  Diskussion  gehe  ich  oichl  ein,  kann 
■ber  nicht  umhin  den  springenden  Punkt  zu  bezei:hoen,  nii  dem  sich  meines 
Erachtena  die  entgegenstehenden  Ansichten  slotscn  müssen,  und  wo  es  schwer- 
lich einen  Ausgleich  oder  eine  Verständigung  geben  durfte.  Nicht  darum 
banddt  es  sich,  ob  es  Sagen  gibt,  sondern  wie  die  Sage  waltet,  und  in 
dieser  Hinsicht  fallen  diejenigen  Bemerkungen  ins  Gewicht,  die  von  einer  on- 
bewulälen  und  notwendigen  Entstehung  und  ËJitwicklung  der  Sage  imter  stets 
gleichen  Bedingungen,  von  einem  ungehemmten  Einwirken  allgemeiner  Auf- 
fassungen und  Anschauungen  sprechen.  Voielzschens  Absicht  lauft,  kurz  ge- 
sagt, darauf  hinaus,  der  'Thätigkeit  dea  Individuum^',  wie  sie  beim  Dichten 
zu  Tage  Irin,  die  "geroeiosarae  Arbeit  der  Menge'  enigegcninaetien.  Der 
Theorie  zu  liebe  wird  ein  Stadium  konstruiert,  in  welchem  nicht  die  psycho- 
logischen Ge*et2e  imseres  individuellen  geistigen  Erzeugens  wirksam  ^nd, 
sondern  die  gcselimSfsig,  tiat um ot wendig  verlaufende  Psychologie  der  un- 
bewuftten  Masse,  force  mystérìeust  et  aiialue.  Für  diese  Auffassung  der 
Sage  verlangen  wir  die  Rechtfertigung  ¡  der  einfache  Nachweis  von  Sagen  ge- 
nSgl  uns  nicht. 

Und  noch  ein  Einspruch  läfsi  sich  nicht  unterdrücken.  In  der  theo- 
retischen AnseinanderBetrungen  wie  in  den  gewählten  Beispielen  scheint  mir 
Voretzsch  zwei  Dinge  zusammenzubringen,  die  aas  einander  zu  hallen  sind, 
historische  Anekdoten  und  Windereageo  einerseits,  und  epische,  zu  Epen 
verwendbare  Sagen  andererseits.  Pipins  Löwenkampf  ist  keine  epische  Sage, 
nie  wird  und  nie  kann  ein  Heldenlied  daraus  erwachsen.  Wohl  lassen  sich 
Anekdoten  der  Art  in  Epen  cioflechten,  doch  nur  unter  der  Voraus»etzung, 
doTs  bereits  eine  Epik  besteht.  Von  einem  wahren  Epos  hingegen,  sagen  wir 
vom  Rolandsliede.  läfst  sich  keine  Heldensage  abstrahieren,  die  jene  Eigen- 
schaften besäfse,  welche  dem  Märchen  seine  Festigkeit  und  zähe  Lebensdauer 
sichert.  Wollen  wir  den  Beitrag  der  Uebcrlieferung  nicht  auf  die  nakte  Tbat- 
sache  beschränken,  dafs  Karls  Nachhut  unter  Roland  beim  Pyrenäenübergang 
vernichtet  wurde,  —  und  in  diesem  Falle  stünden  wir  vor  einer  geschicht- 
lichen Erinnerung,  und  nicht  vor  einer  Soge;  —  so  ist  eine  ErzShIung  von 
der  Roncevauischlacht  nur  als  ausgeliihrte  Eriähloog  zu  denken,*  mit  all  ihren 

'  Epische  Studien  p.  î8.  4.  44.  2j.  î8.  30.  47.    VI  30.  47. 

['  Der  Verf.  des  Hnonbuchs  hat  meiner  Auffassimg  von  Entstehung  and 
Entwicklung  der  aWri.  nationalen  Heldendichtung  und  vom  Verhältnis  von 
Sage,  Zeilgedicht  und  Epos  zu  einander  in  meinem  Aufsatz  über  das  Haager 
Fragment  in  Herrig's  Archiv  1890  und  im  Grundr.  d.  Rom.  Phil.  II  1,  446 
ein  eignes  Kapitel,  S.  IÏ — 30,  mit  „eingehenderen  Bet  räch  lungen"  gewidmet, 
die  eine  Widerlegung  zu  bezwecken  scheinen,  ohne  dsf-i  die  Punkte,  in  denen 
Ziluclu.  l  rem.  Ftiil.  XXV.  24 


370 


BESPRECHÜNGEH.      PH.  ADO.  BECKER. 


historiscb  KID  sollenden  Eímellidten  vorgetragen,  was  unbedingt  «ine  Hilera- 
tisch  gcfetdglc  Form  voransscttt ,  sei  es  nna  Heldendiclitiilig  oder  (ine  auf 
gleicher  Hohe  steheade,  nod  mithin  »on  hervorragend  begabten  Individooi 
gepflegte  Erühlangsltunst. 

Doch  TerweilcD  wir  uns  zu  lange  bei  den  allgemeineren  Fragen;  ei  ist 
Zeit  dem  eigentlichen  Gegenstand  des  Buchen,  der  Unlersnchang  über  Hnon 
von  Bordeaux,  nahezhtreten. 

n. 

Das  Epoi  Huen  de  Bordtaux  gilt  ziemlich  allgemein  als  eine  mil  mythisch 
laubcrhaflen  Elementen  durcbselule  Umdichlung  eines  von  Haus  aas  hÌstorÌKhen 
Liedes,  deisen  Urgchalt  die  lolliche  Verwnndurg  eines  Sohnes  Kails  des 
Kuhlen  durch  einen  gewissen  Albuin  bildete,  aber  auf  den  Sohn  des  hislo- 
rischen  Seguin  »on  Bordeaux  übertragen.  Eine  allere  Gcsult  dieser  Dich- 
tung ohne  das  phanlasliiche  Element  erkannte  man  im  Turirei  Prolog  des 
I.olhriiigerepOB, 

Vorelzsch  gelangt  lu  beträchtlich  abnncbeoden  Ergebnissen. 

Zueist  geht  er  mit  der  h  is  lori«  hen  Grundlage  linteres  Heldenliedes 
energisch  zn  Gericht.  Die  Ucbetein Stimmung  zwischen  dem  nnglñckseligcn 
Vorfall  von  S64  und  der  er&ten  Episode  dea  Huen  de  Bordeaux  (Autlauem 
im  Walde,  Hieb  über  Kopf  und  Brusi,  Wegnehmen  des  Pferdes)  sind  so  all- 
gemeiner Natur,  so  sehr  in  den  Sitten  der  Zeit  gegeben,  dafs  sich  mit  ihnen 
kein  genetischer  ZnsammenhaDg  erweisen  läM.  Da  nun  der  Albuin  der  epischen 
Ueberlieferung  ebenso  unbekannt  ist  als  der  IIuod  der  Geschichte,  vertagen  alle 
Fäden,  mit  denen  man  Geschichte  und  Dichtung  unter  einander  verknöpfen 
wollte.  Den  Ausschlag  pebt  aber  der  Umstand,  dafs  die  Carlot- episode  des 
Huon  dne  offenbare  Entlehnung  aus  Ogier  ist  rnit  Zügen  aus  dem  Couronne- 
tuent.  Kein  unbefangener  Beurteiler  wird  leugnen,  dafs  dies  die  Wahr- 
(cheinlichkeit,  dafs  wir  es  mit  einer  „selb wachse ncn"  Sage  zu  ihun  haben,  stark 
herabmindert. 

Welches  sind  nun  die  Quellen  der  >luonsage? 

Voretiscb  erkennt  deren  zwei.  Von  der  einen,  dem  Urhnon  oder 
Huons  Verbannung,  gewinnt  er  das  Bild,  indem  er  aus  unserer  Chanson 
alle  jüngeren  Elemente,  wie  Carlo t- Episode  und  die  sthlreichen  Entlehnungen 
aus  der  hoüschen  Poesie  und  Volksepik,  entfernt.     Dadurch  erhält  er  nämlich 

eine  VerscbiedenhEÌt  der  Meinung  bestünde,  genau  beieichnet  oder  discali«-- 
bare  Gegengründe  beigebracht  würden.  Denn  „Sage"  steht  auch  für  mich 
zwischen  dem  geschichtlichen  Ereignis  und  seiner  dichterischen,  epischen  Be- 
arbeitung. Nur  dünkt  dem  Verf.,  im  Gegensatz  zu  mir,  epische  Bearbeitung 
der  Sage  viel  später,  Jahrhunderte  nach  dem  historischen  Votgang,  noch 
möglich,  z.  B.  beim  Kolandalied,  ohne  dafs  aber  der  einheitliche  Grundgedanke 
nnd  die  Stimmung  desselben,  Archaismen  der  Auffassung  der  Dinge  darin 
u.  a.  zu  erküren  versucht  würden.  Denn  Erklärung  können  Einwendungen  anf 
S.  I4f.  nicht  heifsen  wie:  „Wiime  der  Anteilnahme  .  .  .  weist  „doch"  nicht 
notwendig  auf  Seiba  terleb  tes  rnrück;  das  rein  Thal  sächliche,  mitsamt  der  topo- 
graphischen Schilderung  und  den  übrigen  Archaismen  „kann"  sich  eine  Zeit- 
lang auf  „andere"  Weise  erhalten  und  überliefert  haben"  u.  dergl.  Die  An- 
sicht von  der  späteren  Entslehang  des  altfrz.  Epos  hängt  bei  dem  Verf.  mit 
der  bestrittenen  AutTassung  von  dem  „Farolied"  als  einem  Epos  des  9.  Jhs. 
zusammen,  in  dem  ich  ein  historisches  Lied  erkenne.  Ich  habe  diese  Ansicht 
aufs  neue  in  dem  Gedenkbuch  für  Prof.  A.  D'Ancona  begründet,  das  in  diesem 
Jahre  erscheiuen  soll  und  worauf  ich  den  Leser  verweise.    Hrsg.] 


VORETZSCH,   EPISCHE   STUDIEN. 


371 


aiecn  Rahmen,  der  sich  mit  dem  Auszug  des  Tuitoet  Prologs  in  Einklang 
btineen  läFst;  Dei  Sohn  eines  Heriogs  wird  wegen  einïs  Todschlags  verbnnot, 
lindel  in  dei  Fremde  dis  Liebe  einer  Frau  und  kehrt  vemnuttlch  mit  ihr  zurüclc 
und  versöhnt  sich  mit  dem  Kaiser.  Das  wäre  in  der  Hüuptsache  eine 'Braut- 
fahrlsage'  nach  dem  Childerich  —  oder  Floovanllypus,  ohne  jedes  mylhisch- 
phsntaslische  Element  und  mit  einem  einzigen  historischen  Zug,  dem  Namen 
ScguinïTOii  Botdeaui.  —  Die  andere  Quelle,  Hoons  Braalfahrt,  iit  gleich- 
falls eine  'Brautsagc',  aber  frönltiseh -heidnischen  UrspruDg»,  Ihre  Grundlage 
ist  die  Alberichsage  mit  Zügen  aus  Chlodowechs,  Theuderichs  I.,  Theudeberts  I., 
Thcudeticbs n.  Leben;  sie  eisehcint  in  eiuea  deutschen  und  einen  französischen 
Ast  gespalten ,  vozu  âa  dtitter,  nenstrisch-auslrasischer  kommt  ;  nu*  ihr  ist  die 
Orlnltsage,  die  Hugosage  und  die  Sage  vom  Meraning  Alherich  bei  Hugo  von 
Tool  bcrvorgewacbsen  ;  zahlreiche  Fäden  verbinden  sie  aufs  innigste  mit  der 
Ilug-  und  Wolfdietrichsage,  der  Hugosagc  der  Karlsrii;e,  u.  %.  w.  u.  t.  w.  Mit 
bewnndetnswerler  Sicherheit  bewegt  sich  der  Verfasser  durch  die  Wirrnisse 
dieses  Labyrinths  und  weifs  überall  den  leitenden  Faden  vorzuweisen.  Ob  er 
aber  nidit  etwa  statt  des  AriadnefadeBs  eia  Arachnegespinnst  aufgegriffen  hat? 

Ohne  mich  vom  Boden  der  greifbaren  Thals-icben  so  weit  hinweg  zu 
wagen,  möchte  ich  die  Resaltale  der  bisherìgen  Forschung  in  Hinsicht  der 
Ueberliefernng  und  Vorgeschichte  unseres  Liettea  zusammenfassen  und  mît 
einigen  kritischen  Bemerkungen  begleiten. 

I.    Die  Uebeilieferung  des  //non  dt  Bordeaux. 

Für  sich  allein,  ohne  Fortsetzungen,  liegt  ans  das  Huonepns  nur  in  der 
einen  Hs.  von  Tours  vor,  die  Guessaid  und  Grandmaison  fiir  ihre  Ausgabe 
(Anciens  poêles  de  la  France  V.)  benulzlen.  Sie  ist  eine  Spiclmannsabschrift 
des  13.  Jahrhunderts,  wie  die  Bettelstropfae  p.  14S  mil  ihren,  die  Interpolation 
verratenden  ZwölCsilhem  bekundet. 

Die  übrigen  Abschriften  unseres  Liedes  sind  von  Fortsetzungen  begleitet, 
nnd  zwar  haben  wir  deren  zwei  zu  unterscheiden,  beide  aas  dem  ij.  Jabr- 
h  and  eri. 

Die  kürzere,  nur  durch  die  Pariser  Hs.  B.  N.  22555  saec.  XV.  über- 
UeTert,  wird  man  am  besten  Huon,  roi  de  féerie,  nennen.  (Ansgabe  von 
H.  Schäfer,  Ausg.  n.  Abb.  XC,  81—92).  Nach  Ablanf  der  dreijährigen  Frist 
lieht  Huon  ins  Fecnland,  um  Aubcrons  Erbe  zu  übernehmen;  er  befolgt  genau 
die  frühere  Strafse,  erlebt  in  Dnnostre  das  Nachspiel  des  Riesen  ab  en  teuets  nnd 
cQt  schließlich  nach  Bordeaux,  um  Gereaumc  von  seinem  Bedränger,  einem 
Bruder  Giboarts  von  Vicsmcs,  zu  befreien.  Es  springt  in  die  Augen,  dufa 
der  Naehdichier  ebfach  das  Schema  des  Stammgediehls  nachahmt,  und  hierin 
erblicke  ich  einen  zwingenden  Grund,  diese  960  Verse  (im  ganzen!)  als  ein 
einbeilliches  Produkt  aniuschen. 

Die  auiführlichere  Fortsetzung,  Huon  et  ses  descendants,  meist 
nach  den  einzelnen  Teilen:  Esc/armondr,  Clarintle  tt  Florent,  Yde  et  Olive, 
Croisiant,  benannt,  berichtet  von  vier  Generalionen:  von  einer  neuen  Fehde 
mit  dem  Kaiser  wegen  seines  Neffen  Raoul  von  Vienne,  der  in  sündhafter 
Liebe  EU  Esciaimonde  entbrennl,  und  von  Huons  wunderbarer  Meerfahrt  bis 
zum  Magnetberg  und  zum  Baum  der  ewigen  Jugend,  —  von  Clarisetlens  In- 
bhiteo,  bis  sie  an  Florent  von  Aragon  einen  treuen  Liebhaher  lindet  wie 
Nicolette  an  Aucassin,  —  von  Ydain,  die  vor  ihrem  eigenen  Vater  fliehen 
mufs,    als  Knappe   in   den   Dienst   König  Ottos   von   Rom   Liiti   uud  dessen 


37« 


tlBSPKECaOHGeK. 


[.  AUG.  BECKKR. 


TMht«  Olive  beiiatrt,   —   van  Croissant  e 
Kbenkt,  abet  cineo  ceucn  Schnli  ünilet. 

Das  also  erweiterte  Hooalicd  liegt  u 
kilber faasung  in  d<^  Tnrlncr  lis.  L  U  14  vom 
Auig.  u.  Abh.  LXXXIU.  93—1663);  frrn. 
Aleiiindrinerversion   (Hs.  Paris  B.  N.  1451, 


r  arsprüglichen  Zehn- 
lor  (hg.  V.  M  Schweigel, 
I    dem    Vcrfjsser    der 


rgl.  Ausg.  u.  Abh.  XC)  und   dem 


der  Prosaauriosung  von   1454,  (Drucke  1513  u.  ö.  vgl.  Vor«lz&cb  p.  37S— 402). 

Dei  Kompilalar  der  'l'uriner  Hs.  hat  dem  erweiteitcn  Gedicht  aafterdem 
eine  Vorgeschichle  (Aubeion  cd,  A.  Graf,  Halle  1S78)  und  neue  Anhingsel 
(Auïg.  u.  Abh.  I.XXXI1I,  iböa  — I73und  Fricke,  Marb.  Diss.  1S91]  aDgcíügt. 
Unter  diesen  Ztithaicn  fällt  eine  freie  Nacheriäblun);  des  Riesenkimprs  vor 
DuDOsCre  auf,  die  beweist,  dafi  dem  Konipilatar  aucb  die  eralerwShnte, 
käriere  Fortsetzung  bekannt  geworden  ist,  doch  bleibt  es  fraglich,  ob  sie  ihm 
aach  ichrifLlicb  vorlag.' 

EadUcb  versuchte  noch  Jean  des  Prez  im  14.  Jahrhundert  eine  Weiter- 
dichtung (s.  Romania  XXIX,  209  u.  3),  und  der  Pros.iroman  (Ausg.  v.  1545) 
erwähnt  ein  Uvie  des  chronicques,  in  dem  Croissanli  weitere  Eroberungen 
eriahll  wurden  (Ausg.  u.  Abh,  LXXXUI  §  Z17). 

Von  unserem  Heldenliede  sind  demnach  drei  Absclirifien  in  Zehnsilbem 
(Has.  Tours,  Paiis  31555,  Turin),  eine  in  Zwöirsilbem  (Hs.  Paris  I451)  und 
Prosiroman  erhallen;  aiifscrdem  steht  der  Verlust  von  drei  Hss.  des  13.  Jahr- 
hunderts fest,  neiolicb  der  Originalfassung,  der  Vorlage  von  Paris  22555  oo^ 
der  Bcraeinsamen  Vorlage  der  drei  jüngeren  F.issungen  (Turin,  Paris  1 
Prosa).  Ueber  das  Verhältnis  dieser  lias,  unter  sich  sioi  wir  nicht  ui 
richtet!  doch  läfst  sich  vermuten ,  dais  die  Teitgestaltung ,  abgesehen  selbst- 
redend von  den  Fteihciien,  die  »ich  der  Alc»aQdiiner-  und  Ptosaü  berat  better 
gesta l lete D,  keine  giofsen  Divergenzen  aufweiaL 

An  nnsländiscben  Bearbeitangen  besitzen  wir  Fragmente  einer  nieder- 
inndiscbeD  Heimübertragung  vom  Ende  des  14.  Jahrhundert,  die  mit  dem 
Stoff  10  frei  umgeht,  daCs  man  sie  genealogisch  nicht  einreihen  kann;  ferner 
haben  wir  ein  niedeilSodisches  Volksbuch  in  Prosa ,  das  sieb  enger  an  sein 
irBDKÖalsches  Vorbild  hält,  und  eine  englische  Uebetsetzung  des  frant.  Prosa- 
roroani,  die  1540  erschien. 

Hin  inleresianies  Problem  kaüpfl  sieb  an  das  niedeilândische  Volksbuch, 
Hier  bdfit  nämlich  Huons  treuer  Bogleiler  nicht  Gercaume,  sondern  Aleaume, 
und  dieser  Umstand  gewinnt  dadurch  an  Bedeutung,  dufs  aucb  Albericb 
von  Troisfontaines  zwei  Brüder  Seguins  von  Bordeaux  kennt,  Altlmus  und 
Ancherua.  Unser  lítton  erwähnt  gleichfalls  iwci  Brüder  des  versloibenen 
Iteizoga,  beide  sind  ins  heilige  Land  gekommen,  der  eine,  Ocdon,  hat  ab- 
geschworen, der  andere,  Guincmer,  ist  mit  seiner  Tochter  in  Dunostre  cin- 
grachlossen.  Bevor  er  vtmi  Glauben  abliel,  biefs  der  erstere  nach  unserem 
Uede  Guillaume: 

Guillaumes  fu  dedeni  France  apeles,     (p.  116.) 
Der  Dichter   bat  offenbar  die  Vorstellung,   dafs  Abtrünnige  ihren  Taufnamen 

>  Itln^icgen  möchte  ich  fur  die  Alexandrinerversion  die  Kenntnis  der 
ernten  Fuilsetzung  nicht  als  erwiesen  anetkrnnen,  da  der  Wunsch  der  Riesen 
ihren  Bruder  Agrapart  noch  vor  Huons  Abfahrt  aus  Babylon  zu  rächen,  für 
jeden  bei  rrzübleuden  Dichter  aicb  fast  von  selbst  bot.  5.  Aoig.  n.  Abh, 
XC93Í. 


l^RBTZSCH,  EPISCHE  STUDIEN.  373 

aUegeo,  nur  ISÍst  er  seinen  Renegaten  einen  andern  christlichen  Namen 
wählen,  wie  überhaupt  seine  sarazenischen  Personennamen,  Gandisse,  Esciar- 
monde,  n.  s.  w.  nicht  sehr  tfirkisch  klingen.  —  Dieser  Vers  ist  aufTälligerweise 
bisher  nnbeachtet  geblieben.  Non  fragt  es  sich  doch  :  Ist  Guillaume  nur  eine 
oobereditigte  Lesung  der  Hs.  von  Tours?  bietet  etwa  die  Turiner  oder 
Pariser  22555  Aleaume?  oder  sollen  wir  für  die  Vorstufe  der  Hs.  von  Tours 
oder  meinetwegen  anch  für  eine  verlorene  Handschriftengruppe  die  Lesung 
Aieanme  ansetzen,  ohne  im  übrigen  eine  abweichende  Gestaltung  des  Gedichts 
anzunehmen?  Diese  Auffassung  wird  durch  die  grofse  Uebereinstimmung 
zwischen  dem  niederländischen  Volksbuch  und  unserer  Huon-Dichtung  und 
insbesondere  durch  die  Beobachtung  begünstigt,  dafs  der  Niederländer  die 
Verwandtschaft  mit  Seguin  eben  von  unserem  Oedon- Guillaume  auf  seinen 
Aleanme-Gereaume  übertragen  hat  Leider  verschweigt  das  Volksbuch  den 
Namen  des  anderen  Bruders,  so  dais  Alberich  mit  seinem  Ancherus  allein 
dasteht;  ich  mufs  es  dem  Urteil  anderer  Forscher  überlassen,  ob  sie  auf  diesen 
Namen  weitere  Schlüsse  aufbauen  mögen.^ 

U.   Die  Vorgeschichte  des  Huon  de  Bordeaux, 

Drei  Momente  kommen  in  Betracht:  die  durch  den  Turiner  Prolog  der 
I^thringergeste  bezeugte  Vorstufe  des  Huon,  die  historische  Grundlage  unseres 
iJedes  und  die  Sagengestalt  Auberons. 

Die   Turiner   Lothringerhs.    enthält   bekanntlich    in    ihrem   Prolog   An- 
spielungen,  die   auf   eine   verschollene  Vorstufe   der  Huondichtung   bezogen 
Verden.    Es  ist  die  gleiche  Hs.  L  II  14,   die  auch  den  erweiterten  Huon  ent- 
l>ält.    Die  erste  Frage  dürfte  die  nach  dem  mutmafslichen  Verfasser  des  Prologs 
^iQ.     Meines  Erachtens  spricht  vieles  dafür,   dafs  ihn  derselbe  Kompilator 
^^(aist  hat,  dem  wir  auch   die   letzten  Erweiterungen   des  Huon  verdanken. 
*^er  wie  dort  finden   wir  die  charakteristische  Vorliebe  für  lyrische  Caesuren 
(lieben  Elisionscaesuren)  und  jene  ausschweifende  Phantasie,   die  im  Auberon 
Judas  Makkabäus,  Julius  Caesar,  die  Fee  Morgue,  den  h.  Georg  und  Auberon, 
^^  Prolog  Vespasian,  den  hg.  Severin,  die  zwölftausend  Jungfrauen,  den  h. 
öertin,  den  Herzog  Seguin  von  Bordeaux  und  die  ganze  Lothringergeste  zu- 
**namenwürit. 

Fragen  wir  nun  nach  dem  Inhalt  des  Prologs ,  so  hören  wir,  dafs  Pierre, 
^^i*  Sohn  des  h.  Severin,    durch  seine  Prunkliebe  und  Freigebigkeit  in  solche 
Geldverlegenheit  geriet,   dafs   er   Lothringen,   sein  Erbteil,   einem   Kaufmann 
«amens  Henri  verpfänden  muíste.    Damals   —   etwa   zu  Vespasians   Zeit  — 
S^h    es  nämlich  in  Bordeaux   einen  Herzog  Seguin;   dessen  Sohn  Huon  hatte 
^  Unglück  im  königlichen  Palast  zu  Paris   einen  Grafen   zu   erschlagen  und 
nnfste  nach   der  Lombardei   fliehen,    wo   er  in   den  Dienst   Guinemers,   des 
^l^nes  des  h.  Bertin,  trat.    Hier  lernte   er  ein   Mädchen  kennen,   das   ihm 
Mine  Liebe  schenkte  und  einen  Sohn  gebar.    Als  er  später  durch  Gift  umkam, 
floh  Henri,  sein  unehelicher  Sohn,  nach  Metz  und  begann  dort  in  den  Spiel- 
hohlen  ein  so   einträgliches   Wuchergeschäft,    dafs    er    scbliefslich   das   ganze 
Herzogtum  in  Pfand  nehmen  konnte  und  den  Herzog  von  Dijon  um  die  Hand 
'^er  Tochter  angehen  durfte,  u.  s.  f.  —  Man  beachte  wohl,  dafs  der  Prolog- 


P  .     '  Voretzsch  möchte  p.  117  auch  den  vassael  Alsamus  der  niederländischen 
.  ''^Übersetzung  mit  Aleaume   gleichsetzen.     Der   Zusammenhang   macht  es 
°^  nicht  wahrscheinUch. 


374 


BESFKECUDNGEN.      Pi!.  AUG.  BECKER, 


.   woher   dec   Prologsch  reiber   dieie 
r  kennt  ja  unser  Huonlieâ 


dicbKt  nicbl  erzählt,  zu  Karls  dea  GtoCsen  Zeit  sei  Huou,  der  Sohn  Scguini 
von  Bordeaux,  wegen  eines  Todschlags  flüchllE  geworden,  sondern  er  lingiert' 
viele  Jabrhunderle  Triilier  einen  andern  Herzog'  von  Bocdeaui,  Nameas  Seguin 
wie  der  spätere,  und  gibt  auch  diesem  eioen  Sobn  Namens  Huod. 

Welche  Giiintie  haben  wir  nun  dafür,  dafs  der  Prologschreiber  den 
Zug  des  Todach  lags  und  der  Flucht  einem  verloreiien  Huanliede  cnltiahiiií 
Etwa  die  Person  des  Veifötssets?  Oder  der  Zusammenhang,  in  liem  er  bds 
diese  Nachricht  aufiisehi?  OJer  dürfen  wie  etwa  ihm,  der  so  lustig  fabelt, 
soviel  Ernodungsgabe  nicht  zuschicibenî  OJer  pa[st  etwa  das  fragliche  Hnon- 
lied  in  die  gemeinhin  angeoomnienc  Entwicklungsgeschichte  der  Sageí  Impo- 
nierte aber  unserem  Epenkompilalor  das  seither  vericholleae  Lied  m>  sehr, 
wer  erklärt  uns  da,  warum  er  es  von  seiner  Sammelhan dschrirt  ausschloli? 
Oder  wird  man  man  die  Namen  Seguin,  Huon,  Guinemer  als  Beweis  an- 
führen?  Ciil  es  nämlich  ni;r  anzugeben 
Namen  entlehnte,  so  ist  die  Verlegenheit  g 
und  hält  CS  sich  tat  Abschrift  berdt. 

Für  mich  besieht  kein  Zweifel,  dafs  der  ganie  Prolog  fröhliche  Faselei 
des  unbekannttD  Kompiialorä  der  Turioet  Hs.  ist,  und  dafs  er  sieb  seine  Arbeit 
rechi  bequem  machte,  indem  er  den  Huon  de  Bordenux  plagicrte.  Wer  den 
Prolog  im  Zusammenbang  liest  und  sieb  Rechenschaft  duriiber  giebt,  dafs  sein 
Verfasser  nicht  Ereignisse  aus  der  epischen  Heldcnzeit  beneblet,  sondern  — 
wie  das  14.  Jahrhundert  es  lieble  —  die  graue  Vorzeit  mit  Namen  und 
Anekdoten  jusslafuert:  der  wird  meines  Erachtcns  nicht  anders  urteilen  können. 
Denn  man  bedenke,  dafs  Dichter  oder  Chronisten,  die  solche  prShiatorischen 
Annalen  ausbcckcn,  mil  nichtssagenden  Namen  wie  Henri,  Pierre,  Tie  cri  allein 
nicht  auskommen;  sie  müssen  auch  Namen  mit  histotischen  Klang  unterlaufen 
lassen,  und  da  läfst  sich  nicht  leugnen,  dafs  ein  Seuwin  de  Bourdeloit  oder 
s.  Seuiin  nnd  gar  ein  a.  Berlin  qui  établi  les  foira  de  Traits,  de  Bar  et  de 
Lagni  den  Leser  recht  vertrauenerweckend  ansprechen. 

Und  solche  Faseleien  eines  späten  Kompilators  mutet  man  uns  zu,  als 
die  einzig  echte  epische  Ueberlieferung  azuschen! 

Uebec  die  historische  Grundlage  der  Muonsage  habe  ich  nach  Voretzschens 
zutreffender  Kritik  wenig  mehr  zu  bemerken.  Bekanntlich  überñel  Kail,  der 
Sohn  Karls  des  Kahlen,  in  jugendlichem  Uebermut  seinen  Genossen  Albuin, 
um  seinen  Mut  auf  die  Probe  zu  stellen,  als  dieser  spat  Abends  von  der 
Jagd  heimrilt;  Albuin  wehrte  sich  und  beachte  seinem  Gegner  eine  lebens- 
gefährliche Verletzung  bei;  aU  er  seinen  Mifsgrifi  merkte,  entzog  et  sich  durch 
rasche  Flucht  der  Sühne.  Ich  kann  mir  nicht  vorstellen,  dafs  ein  derartiger 
Vorlall,  dem  absolut  nichts  episches  innewohnt,  Gegenstand  einer  Sage  oder 
eines  Liedes  geworden  sein  sollte,  das  Jahrhunderte  überdauerte.  MaCsgebcnd 
ist  mir  indessen  die  unleugbare  Abhängigkeit  unseres  Liedes  von  der  zweiten 
Ogier- Branche;  alte  wesentlichen  Elemente  verdankt  der  Huondichter  seinem 
Vorgänger. 

Als  historischer  Rest  bleibt  somit  der  Name  Seguios  von  Bordeaux. 
Dais  dieser  Name  sich  in  der  Erinnerung  erhielt,  köimte  mim  damit  erklären, 
dafs  Bordeaux  seine  einstmalige  Bedeutung  diu'ch  die  Normannen  gänzlicb 
verlor  und  erst  sich  wieder  anfing  zu  heben,  seit  das  Land  an  England  ge- 
kommen war.  Forschic  mau  nun  nach  der  früheren  Glanzzeit  —  und  man 
gedenke   hier   der  Worte   unseres  Dichters;    En  vottre  lere  vi  jou  ja  reiaaU 


YORSTZSCH,  EPISCHE  STUDIEN.  375 

(p. 93):  —  so  ûmd  man  zur  Sjurdii^erzeît  selbständige  Grafen,  darunter  eben 
die  S^ne.    Ihrer  wird  man  in  Bordeaux  gar  häufig  gedacht  haben.^ 

Auberons  Zwerggesult  endlich,  deren  germanische  Herkunft  Niemand 
Dehr  bezweifelt,  ist  offenbar  mit  der  Huondichtung  in  den  karolingischen 
Sagenkreis  eingedrungen.  Da  ich  keinen  Anlais  finde,  ein  älteres  Huonlied 
auosetzen,  erkenne  ich  das  Verdienst,  die  epische  Ueberlieferung  der  Fran- 
losen  mit  dieser  Gestalt  bereichert  zu  haben ,  dem  Dichter  unseres  Huon  de 
Strdeaux  zu.  Der  älteren  französischen  VolksaufTassung  und  dem  echten 
Nationalepos  war  solcher  Märchenzauber  von  Haus  aus  firemd,  erst  die  höfische 
Dichtoog  weckte  den  Sinn  dafür;  auf  französischem  Boden  werden  wir  dem- 
entsprechend in  Auberon  kein  altüberliefertes  Sagengut  erblicken  dürfen,  son- 
dera jungen,  wohl  nicht  litterarisch,  sondern  durch  den  Volksmund  ver- 
mittelten Import.  Die  Vertrautheit  mit  den  deutschen  Elfengestalten  wird 
man  am  ehesten  in  den  nordostfiranzösischen  Grenzgebieten,  aus  denen  unser 
Dichter  stanunt,  voraussetzen  dürfen.  Zum  Beweis  möchte  ich  allerdings 
veder  die  Fabeleien  Hugos  von  Toul  über  Qodios  Sohn  Alberich  heran- 
aehen,  denn  trotz  der  ihm  nachgesagten  Zauberkunst  erblicke  ich  in  diesem 
Alberich  nur  einen  von  Hugo  erfundenen  Eponymos;  noch  möchte  ich  mich 
anf  die  von  Hugo  angefahrten  und  auch  später  bezeugten  Ortsbezeichnungen 
l>^nifen,  weil  es  sich  wahrscheinlich  um  jüngere  Umdeutungen  ursprünglich 
anders  gemeinter  Benennungen  handelt. 

Auch  will  es  mir  scheinen ,  dafs  unserem  Dichter  keine  fertige  Alberich- 
^^  zukam,  sondern  nur  die  Figur  des  Zwergen,   während  er  die  Fabel  aus 
^%^en  Stücken  erfand  und  die  Handlung  selber  zurechtlegte.    Ich  schlieise 
^  nicht  allein  aus  dem,  was  er  über  Auberons  Ursprung  vorträgt,   sondern 
AUS  der  Verlegenheit,  in  der  er  sich  dem  zaubergewaltigen  Schutzgeist  gegen- 
über befindet;    er  weils  nichts  Rechtes  mit  ihm  anzufangen,    die  Handlung 
^erliefe  ganz   glatt   auch   ohne   ihn,   erst  zum  Schlufs  wird  er  als  deus  ex 
'^Achina  benötigt.    Daraus  ergiebt  sich,  dafs  ich  unseren  Huon  auch  für  das 
Vorbild  des  Ortnit  halte;    und  es  wäre  das  nicht  der  einzige  Fall,    dafs  ein 
deutscher  Spielmann  einen  französischen  Stoff  nicht  nach  dem  Wortlaut,  son- 
<ieni    nach  ungefährer  Kunde  aufgriff  und   nach  Mafsgabe   seiner  Befähigung 
^bearbeitete. 

Eine  Vorgeschichte  als  Epos  erkenne  ich   demnach  der  Huondichtung 
'^cht  zu,  sondern  sehe  auch  hier  die  souveräne  Schöpfung  des  Dichters,   der 
^t   unscheinbaren  Elementen,   aber  in  intimer  Anlehnung  an   die   hochent- 
^i^^elte  Erzählungskunst  seiner  Zeit   die  französische,   und  mit  ihr  die  Welt- 
Utterator  um  neue  Sagenstoffe  und  bleibende  Gestalten  bereicherte.    Und  diese 
Auffassung  glaube  ich  deshalb  verfechten  zu  müssen,  weil  sonst  die  Wand- 
lungen der  firanzösischen  Heldendichtung,  die  wir  im  12.  und  1 3.  Jahrhundert 
^erfolgen,   sich  schon  zwischen   dem  7.  und  11.  vollzogen  haben  müfsten. 


^  Im  J.  10 10  ward  auch  ein  Siguln  Bischof  von  Bordeaux,  wie  1085  ein 
Ürsio  Bischof  von  Beauvais. 

Ph.  Aug.  Becker. 


376  BESfKtCHUNüKN.      U.  WIESE, 

Olornftla  Storico  della  Letteratura  Italiana.  Anno  XVm.  VoL  XXXVI, 
faic,3;  Anno  XIX,  Voi.  XXXVII,  fase.  1.     Supplemento  No.  J.  1900, 

Voi.  XXXVI.  ftiEc  3. 

B.  ColToni,  /'  „contrailo  di  Tcnin  1  Bighignol"  e  dut  ícleghe  maeche- 
raniche  di  Ttofila  Folengo,  Cotronei  bringt  hier  den  in  der  letiten  Zeit  o(l 
erwähnleD,  aus  zwei  Teilen  beitehendeo  Konirast,  von  dem  iwei  alle  Auigabec 
voflianden  sind,  die  eine  uodatlerl,  die  andere  von  r54g.  Dach  ersterer  mm 
Abdruck.  Da  der  erste  Teil  sich  auch  in  zwei  Handscbriften  erhaltEn  hai, 
von  welcbcn  die  cinc  sicher  îller  ¡st  als  die  benuute  Ausgabe,  so  hätten  auch 
diese  herangezogen  werden  sollen.  Warum  es  nicht  gesehen  ist,  verschweigt 
der  Herausgebet.  Die  Einleitung,  welche  viel  Beiwerk  in  Amnetbiingeo  ent- 
hält, das  für  ihre  Zwecke  lästiger  Ballast  ist,  will  nachweisen,  dafs  der  Kon- 
trast TeoBlo  Folengo  bei  der  Abfassung  seiner  6.  und  7.  Ekloge  als  Vorlage 
gedient  hat.  Die  Möglichkeit  einer  solchen  Benutzung  ist  nicht  ausgeschloMen, 
doch  kann  ¡eh  die  verbillnismSisig  geringen  und  wenig  charakleriacben  Ueber- 
einstimmungen  iwischen  Konirast  und  Eklogen  nicbl  [iir  so  deutliche  Beweise 
erachten,  wie  Verf.  es  ihut,  der  seine  Argumenta  lion  noch  durch  die  weiter 
ausgeführte  Thatsache  zu  stützen  sucht,  dais  Folengo  auch  sonst  eifrig  aoa 
der  Volksdichtung  scböpfle.  Wenn  er  aber  in  Anm,  t  S.  313  unter  Zimgne 
Toncllam  diese  Ekloge  verstehen  zu  können  glaubt,  so  kann  ich  ihm  daño 
nicht  folgen.  92  zählt  ¡e  lu  nur  eine  Silbe,  wie  Cotronej  selbst  211  gesehen 
hat.  96  kann  acalti  bleiben.  119  lies  ort  vieiU.  III  hat  Novali  mit  seiner 
Korrektur  das  Richtige  gettolTen  ;  der  Vers  wird  dadurch  aber  auch  völlig  klar: 

„a  mi  non  atulera'  tu  questo  ancinello" 
bedentet:  „Mir  wirst  du  diesen  Haken  {ancinello  ¡at  uncinello)  nicht  anheilen", 
d.h.,   mir  wirst  du   das   nicht  aufbinden.     Zu  acolar   vgl.  Mussana,    Bei- 
trag S.  31. 

A.  Luzio-R.  Renier,  ¿a  collura  e  ¡e  relaiiom  letltrarie  di  Isabttia 
D'Elle  GoHiaga.  3.  - —  Gruppo  lombarde.  Vi  ¡i  discorre  di:  Corle  htleraria 
del  Moro:  B.  Seltineioni;  Gaspare  Visconti  (Apollinare  Palmetigo).  - —  Ga- 
leolta  del  Carretto.  —  Paolo  Giovia.  —  H.  Girolamo  Vida.  —  Benedetto 
Lampridio  [Teofilo  da  Caravaggio).  —  Giason  del  Maino.  —  Veronica  Gam- 
bara.  Unter  den  hier  zusammen  gestellten  Nachrichten,  worunter  sieh  manchei 
bisher  Unbekannte  liefindct,  sind  wohl  die  wichtigsten  die  über  Giovio  und 
Vida.  Ersterer  wurde  von  Federigo  GoDiiaga  1573  zum  Bürger  von  Mantua 
gemacht,  und  der  Bürgerbiief  wird  hier  abgediuckt. 

G.  Marpillcro,  Werther,  Orili  e  il  Leopardi.  In  dem  lesenswerten 
Aursaize  werden  eine  ganze  Reihe  Stellen  aus  Otti«  und  Werther  mit  solchen 
Leopardis  in  seinen  Gedicbten  und  Prosaschriften  zusammengestellt,  um  ihre 
grolse  Uebeieinstimmung  zu  zeigen.  Besonders  klar  tritt  die  Einwirkung  des 
Werther  auf  die  Ginestra  hervor. 

VARIETÀ: 

L.  Fabiis,  Di  un  copione  della  „Ricciarda"  di  Ugo  Pascolo  con  note 
t  corrttioni  autografe.  Auf  der  siadiischen  Bibliothek  io  Bassano  hat  sich 
die  Abschrilt  der  Ricciaida  mil  eigenhändigen  Bemerkungen  Foseólos  ge- 
funden, nach  welcher  das  Stück  in  liologca  1S13  zum  ersten  Mal  aufgelohit 
wurde.  Nach  eingehender  Beschreibung  des  Maauscriples,  aus  dem  auch  die 
jedenfalls  von  Foscolo  selbst  veifafslen  Anweisungen  zur  Inscenierung  abge- 
druckt  werden,    giebt  Fabiis   in   Gegenüberstellung   die  Varianten   zwischen 


GIORNALE    STORICO    VOL.  XXXVL  377 

diesel  Abschrift  und  der  eiitcD,  von  Foscolo  selbst  besorgten  Ausgabe  «Ice 
Stückes  LoDdoD   iSiO. 

RAäSEGNA  BIBLIOGRAFICA: 

Mandonnet,  Siger  dt  Brabant  ti  l'Avtrroisme  latin  au  XIII*  siècle 
(Cipolla,  in terissanlci  Artikel).  —  Spingarn,  A  history  ef  literary  criticism 
in  the  rtnaissance  (Gentile,  im  allgemeinen  anerkennend),  —  Belloní,  Il 
Seicento  (Cosmo,  »netkennenil  roil  berechtigten  Ausslellungen). 

BOLLETTINO  BIBLIOGRAFICO: 

Turti,  Diiionaria  storico  manuale  dilla  letteratura  italiana  campil-il« 
ad  uso  delU  persone  colle  e  delle  scuole.  Bonaizi,  Il  Condashe  di  S.  Pietro 
di  Siila,  testo  Ivgudoresi  inedito  dei  ¡ecoli  XI—XIII.  Marchesi.  Bartolo- 
mei della  Fonie.  Forena,  La  poetica  alfieriana  della  tragedia.  Bindoni, 
La  topografia  del  romatito  „I  promessi  sposi".  Parte  secondai  L'  esìlio. 
Manzoni,  /  promessi  sposi.  Edit,  illustrata  da  Gaetano  Previati,  curala 
nel  lesto  da  Alfonso  Cerquetii,  preceduta  da  cenni  biografici  di  Luca  ßellrami. 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZLA.H 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

G.  Bertoni,  Appendice  all'  articolo  „Stud/  e  ricerche  sur  trovatori 
minori  di  Genova".  Vgl.  Ztschr.  XXV  S.  121  — 113.  Hier  folgen  einige  Zu- 
salze  und  Besserungen.  L.  G.  Pf  IÍsiÍct,  La  mort  d'Alfieri  et  M.  d'Ansse 
de  Villoison  druckt  den  Brief  ab,  den  der  Hellenist  d'Ansse  de  Villoisoa  nach 
AJficrii  Tode  an  die  GrÜñn  von  Albany  schrieb. 

CRONACA: 

Periodici,  kurze  Mitteilungen,  neuerschienene  Bücher,  kurze  Todeinach- 
richten  Über  Federico  Gilbert  De  WinckeU,  L.  Hervieux,  Alexander  Budiaiky 
und  GioTtuiDi  N ¡collusi. 

Vol.  XXXVU,  fase.  i. 

G.  Boffito,  L'eresia  di  Malleo  Palmieri  „ciltadin  fiorentino".  In 
einem  einleitenden  Kapitel  giebt  Boflilo  eine  kurie  Aufiäblung  und  Beschrei- 
bung der  sechs  Handschiiften,  wclclie  Palmieris  Città  dì  Vita  ganz  oder  teil- 
weise enthalten,  und  spricht  dann  ober  den  der  platonischen  Philosophie  enl- 
lehntea  Titel  unif  den  Inhalt  des  Werkes,  den  er  durch  den  Abdruck  von 
Bruchstücken  von  sechs  Briefen  Giulio  Libiìs  an  Baccio  Valori  aus  dem  Jahre 
1601  erläutert.  Hieraufgeht  er  zu  seinem  eigentlichen  Thema  über  und  weist 
durch  reichliche  Citate  aus  dem  Werke  nach,  dafs  Palmieri  weder  dem  Atia- 
nismus noch  der  Lehre  des  Pythagoras  von  der  Seelen  Wanderung  huldigte, 
dais  er  aber  die  Irrlehre  des  Orígenes  von  dei  Praexislenz  der  Seele  veifochL 
Ueber  dat  Schicksal  Palmieri;  nach  seinem  Tode  läfst  sich  nichts  toit  Sicher- 
hett ermitteln.  Wahrscheinlich  ist  es  jedoch,  dafs  die  Leiche  wieder  aus- 
gegraben und  entweder  verbrannt  oder  in  ungeweihler  Erde  beigwetzl  wurde, 
5. 3  Anm.  5  hätten  Morputgos  Manoscritti  della  R.  Biblioteca  Kiccudian« 
S.  196  — 197  angezogeo  werden  sollen. 

VARIETÀ: 

J.  Camus,  La  premiire  version  française  dt  l'Enfer  dt  Dante.  Notes 
et  observations.  Dieter  vorzügliche  Aulsatz  bringt  endgittige  Klarheit  über  die 
Entsteh ongtzeit  und  die  Nationalität  des  Verfassers  der  francösischeo  Ueber- 
setzung  von  Dante's  Halle  in  der  Turioer  HandschtlH  L,  IH,  17.  Zunächst 
wild  mit  onumstölslicher  Sicherheil  feitgestellt,   dais  der  italienische  Text  der 


„TcBpci"  (S.  11^  di  I 

«e  idi  ia  der  IttlJwkcbf  UamàmrftiUAU  S.  i^ 

bòna,  bum  ia  Ammi^mj««  g^mdu  ntdea  wHcb,  z.  B.  die  S.  Ss  E-  B'm' 
LobHedamf  Fmn  oder  S.136K  aber  die  BeubeitMC  do  Fibd  voa  AMOt 
aad  Ptfcht,  wo  dcidi  fberdies  eiabcb  Inf  De  Hxiias  Aibdl  (Solaci  ■•99) 

ZD  Tenrciseo  «ar  u.  ■.  w.  Im  Anhaoge  werden  1 
uDciliertc  Gedichte  abgedmclít,  daiuatet  die  Ttiuuen  übet  die  Zeit,  iBe  «old 
r  iSltgotitàiai  VonteUmig  bildeten,  und  eine  Bibllopififaìe  da 
Gedichte  Coppetta*  in  Drackcn  nnd  Haadschriñen.  S.  6  Aun.  t  Ke«  Btrúr- 
dùu  lUU  BaldUu,   S.  I]  Anm.  4  Uet  n,  C. 

BesTBOLD   WlESB, 


BonuuiA.     No.  nj,  JaiUet  1900. 

O.  DeBlotiano,  Sur  l'altfralwn  du  e  latin  devant  e,  i  dam  Ut 
tanguri  rematiti,  Nicbdem  Vcif.  gezeigt  hat,  dars  was  Mobl.  Intiodaction 
Ï  ia  dronotogie  du  latin  vulgaire  1S9  —  307  übet  die  in  Frage  stehende  Er- 
athñnuns  KeSoriert  bat,  gaaz  haltlos  ist,  bcmft  er  sieb  cur  Siaiie  der  Ab- 
nahme,  dab  bla  Ini  VI.  Jh.  uhsctct  Zeitrechnung  e  vor  e,  i  noch  rñn  eiplonv 
Ijewettn  ««1,  auf  rum.  cbingí  aus  elinga  {eingula),  auf  *sliitii!la  di  lantiila, 
«nf  Cüare  bei  Pelronius  ilatt  ciara  and  auf  *cucuta.  Ich  kann  allerdings 
nnr  den)  ersten  und  letctea  Worte  Wert  beilegen.  Eine  Umstellung  von 
leintüla  su  ttinciUa  int  bei  jeder  Auisprache  des  c  möglich,  namentlich  da 
ea  lieh  bei  ihr  doch  offenbar  um  Einflub  der  Diminativa  anT  -ttllut  -cilla 
bandelt,  Eher  hSIte  bej  AoUIi  dieses  Wortes  untersucht  werden  können, 
oll  aus  dem  Manjttl  des  e-  in  span.  cenltUa  etwas  ta  schltersen  sei.  Dais 
der  Nam«  Cicaro  mit  ilal.  ceeint  'Schwan',  siz.  äicire4i"  'kleiner  .Schwan', 
êièiH  '«In  Miclien'  und  cicir  lusammenbânge,  ist  auf  keine  Weise  ali  sicher 
auiEugeben  und  mir  wenigstens  gani  nnverstSndlicb ,  wie  cecine  'enlerme  l'idée 
de  petilesie'. 


ROMANIA    NO.  I  IO.  38t 

Ramona  M«n¿Qdcs  Pìdal,  Elimeliigias  españolas,  i.  asp.  abdega, 
pg,  adega  von  apoihíca,  freilich  nicht,  wie  der  Veif.  meint,  jönger,  sondern 
aller  als  die  n-losen  Formen:  3-  accujirar  'das  Land  bebauen'  za  culler; 
3.  airdaño  'angrenzend'  ans  *adliilaneus-,  4.  aifoiano,  froher  anlezaito  be- 
denlel  ursprünglich  'Voihof,  ist  also  aus  artle  uiano  in  dem  nur  im  Cid  be- 
legten uto  enlslanden;  J.  amelga  'Ackerboct  itt'ischen  iwei  Furchen'  von 
*gemei/üui,  schwierig  wegen  e  siati  i'c  und  wegen  der  Nebeufonn  embelga, 
die  sich  weder  mit  dem  durch  die  Nachbarschaft  des  r  oder  durch  fianiö- 
sischen  Einflub  erklärlichen  6  in  eambariella  bei  Beiceo  noch  mit  balumba 
neben  baluma  vergleichen  läfsl,  da  in  letzlerem  die  na-Form  die  jüngere  ist, 
S.  I^chicksde  des  laL.  Neutr.  S,  77;  6.  armalosle  'Gestell':  arma  taste;  7.  aia- 
mar  'hetzen'  von  ad-summore;  S.  oiugar  'heizen'  von  suso;  9.  basura 
'Kehrichl':  *versura;  10.  bodigo  ' Hoch ieítb rod':  varfvut;  II.  breva  'Ari 
Feige';  bi/era;  lì.  camella  'Joch',  auch  gamella,  wieder  von  gemeUus,  aber 
wieder  auflallìg  im  Tonvokal,  und  nicht  minder  im  Anlaut,  für  den  ein  Präfix 
ca-  angenommen  wird;  13.  cerrojo  'Riegel'  von  veruclu.  So  schon  Rom. 
Gramm,  n  S.  4(jS;  14.  asl.  cebielUt  von  fibella,  aus  welchem  Anlasse  weitere 
Beispiele  von  c  siati  y  gegeben  werden,  Beispiele,  deren  jedes  mir  einer  be- 
sonderen Erklärung  bediirHig  scheint,  daher  ich  für  nnser  Wort  die  Zs.  Xlt  559 
geg^ene  Andeutung  festhalten  möchte;  15.  taint,  tolondra  'Stütze  der  Dach- 
traufe' von  *co!umttila,  span,  corondel,  ein  Ausdruck  der  Buchdrockerei,  von 
'eelumnilella,  das  Du  Gange  aU  calumfdeltum  bringt,  morphologisch  aufiällig, 
jedenfnllä  nicht  lu  trennen  von  opr.  courounda  couraundeu  und  vielleicht 
auch  nicht  von  dem  coronda,  das  untermischt  mit  mancherlei  jedenfalls  ganz 
anders  gearteten,  Zs.  XXI  5^0  aus  italienischen  Mundarten  belegt  ist;  16.  coU 
citlumbrar  'von  weitem  sehen'  nu  colamen; 
schon  Lai,  Neutr.  S,  77;  19.  en  cuclillas 
o, s.w.;  IO.  chichon  'Beule',  cicion  'Fieber', 
a  abscessione  ;  II.  chisme  '  Wanze  '  ;  22.  chiste 
'Scherz*  von  iciscilum  {?);  2J,  eicabtehar  'marinieren'  escam  vedare;  14.  en- 
ridar  'hetzen'  von  irritare  mit  cpenlhetiscbem  n;  15,  escamocho  'Ueber- 
bleibsel  vom  Essen',  escamondar  'die  Bäume  puUen',  escamujar  'den  Oel- 
baum  stutzen'  zeigen  lat.  tsca  im  ersten  Teile;  2ti.  escaramujo  und  majuela 
'Hagebutte',  scoria  muUeus  (weshalb  nicht  esquiramuj'aì),  bezw.  mulleola; 
27.  escorrote  'Brgeiliche  Sache'  zu  frz.  couroux;  28.  escosa  'Frau,  die  nicht 
mehr  stillen  kann':  excursa;  ti).  escripia  'Seitenslangen  des  Wagens':  scirpea; 
30.  escudir  'einheimsen';  exculcre;  31.  anav,  estrago,  aslur.  estragal  'pieza 
de  entrada  á  la  casa  donde  se  rect^^  I09  aperos  de  la  labranza'  wie  afr. 
estrés  von  externe,  ein  extraticum  voraussetzend,  mir  morphologisch  bedenk- 
lich, daher  mindestens  eine  Einmischuog  von  ostracum  (lastrigo  u.  s.  w.  nach 
Miklosichs  und  G.  Meyers  Deutung,  s.  Analecta  Graecensia  S.3];  32.  estro- 
pajo '  Wiscblappen '  zu  stuppa;  33.  an. /orgaxa  'Hobelspan'  im /abricai 
34.  gachas  'Brei'  coactus  (?);  3;,  golfin  'Spitzbube',  ispìB. /olguin,  dazu 
gol/e  in  derselben  Bedeutung;  36.  grieve  aspan,  belegt;  37.  grulla  und 
pulla  aus  grúa,  pua  über  gruya,  puya  und  zwar  als  Andulusiamen  ;  jS.  ho- 
jaldre 'Blilterteig'/uA'a/i/û;  39,  noi.  jalear  'hetzen'  von  der  Interjektion  hala, 
andai. /ii/u;  40.  and.  jamelgo  'hungrig'  famelicus;  ^i.  jilguero,  pintacilgo 
■Stieglitz':  pinctus  sëricus.   beiw.  sericarius,   nicht  ohne  lautliche  Schwierig- 


lato  'Knecht' 
8.   corambre   ' 


colla/io; 


.  accBccolars 


keilen;   42.  aiag.  lecijt 


;    4J.  loro,  portg.  louro  'gelblich'; 


382      BESPRECHUNGEN.     E.  PREYIIOND,  W.  MEYSR-LÜBKB,  O.  0., 

¿aurus;    44.  manteca  zu   manto,   was  begrifflich  anginge,   aber  wu  iit  du 
Suffix?;    45.  mielga  «Furche',  bieldo  'Worfcl',   beide  von  gemeüioh  ente« 
zweifellos,  letzteres  bedenklich;    46.  mostrengo  'herrenloses  Gut'  mit  Nebiija 
zu  tnesta  *  jährliche  Versammlang   der  Heerdebesitzer',   begrifflich  nicht  ndA 
verständlich  ;  47.  asp.  nenUgaja  *  nichts  '  ans  necmicacula,  wohl  baier  né^ 
calia;  48.  orondo  <  schwülstig',  ¿>r0ff4f<a</0 'wellenförmig  gdodct'  zu  aura 'Luft*; 
49.  par  dioz,  Euphemismus  für  par  Dios;    50.  pejiguera  'Flòhkraat',  'peni- 
caria';    51.  peldaño  aus  pedalaneus,   lantlich  nnd   morphologisch  nicht  leckt 
einleuchtend ,    vielleicht  eher  peditaneus  wie  meldar  ans  meditar;   53.  utn 
pulgar  'Kartoffeln  schälen'   von  purgare;    53.  aspan,  recadia  'RfiddUl'tis 
recadi(v)a,  vgl.  dazu  A.  Tobler,  Sitzber.  d.  Beri.  Akad«  1896,  858;  S4-  >?>*• 
recel  'Art   Leinwand',  radiarius  {?);    55.  aspan,  recorro,   Postverbale  n  fv* 
correr;    56.  remate,    ursprünglich  'remo  muy  grande  de  flores  de  mino  qie 
sirve  para  colocarse  en  las  puntas  de  los  altares',  also  von  ramus;  57.  ispia« 
remedir   aus   redimere;     58.   roano  'rotschimmelig',   aspan.,  aportg.  raudoê 
von  raifidus;    59.  arrag.  rogo,  aruego  'rot'  von  raucos,   begrifflich  und  hot* 
lieh    bedenklich,    da    c    nach    au    sonst    bleibt;     60.    rucio    von    rosdius] 
61.  sanguijuela,  sanguja  'Blutegel',    dieses  aus   sanguisuga  über  *satUMi^ 
jenes   aus  sanguisugila  (?);     62.  astur,  señerdd  'Heimweh'    von  seüero  aiü 
singularius;    63.  seroja  'dürres  Laub',   seruenda  'Spatherbst'  ans  *senich» 
bezw.  serotinus;  64.  aspan,  seija  'Sitz'  von  sedilia;   65.  tañado  'gegerbt'  i^ 
afr.  fan;     66.  aspan,  fienlla  'Strick'    *tenula{i);    67.  tolondro  'Beule' ▼©» 
torus  mit   Suffix  'Ondo;    68.  trajinare  von  *transaginare,  aber  wohl  mcbt 
tra[ns']f  sondern  trasainar  mit  s  zn  /;    67.  trechar  'Fische  einsalzen'  ▼<>« 
tractare;     69.   vedegambre  'Niefswurz'   ans  meéUcamen;    70.  velicomen  ' 
grüfsungstrank ',  deutsch.  Ursprungs;    71.  verija  von  verilia;    72.  astur.  cM 
'Fee,  Qucllengöttin'  diana;  71.  aspan,  enguedat  nicht  aeguitate  (Zs.  XIX 27 7) 
sondern  von  yengo  aus  genticus,  W.  Meyer -LÜBKX. 

F.  L  o  t ,    />  röi  Zr<7¿7  íf^  Kerahès,   Ohès  le  vieil  barbé,   les  „chemf'^^ 
d*Ahès"  et   la  ville  de  Carhaix,     Hocl,   Herr  von  Kerahès  =  Carhaix, 
bekanntlich   in  Tristantexten   der  Vater  der  Isolde  mit  den  weifsen  Hasdi 
Ohès,  Herr  von  Carahès,   erzählt   im  Roman  d'Aiquin  von  seiner  100  Jai*  *^ 
zuvor  verstorbenen,  übrigens  nicht  mit  Namen  genannten  Gattin,  sie  habe  ci  ^* 
grofse  Strafse  von  Carahès  nach  Paris  erbaut,*  was  zu  der  noch  heute  lebend ^3" 
bretonischen  Ueberlieferung  pafst,    nach  welcher  einer  steinalten  Frau,  Ah^-^' 
greise  Bauten  und  Strafscnanlagen  zugeschrieben  werden;  von  ihrem  Glaube**! 
nicht  sterben   zu  müssen,    wird  sie   durch  den  Anblick  eines  auf  der  Strale 
liegenden  toten  Voj^els  abgebracht.     Lot  versucht  den  Zusammenhang  zwisch«** 
den  Namen  Jlot'l,   Ohès,   Ahès  und  Carhaix,   bretonisch  Ker^Ahès,  ausfindig 
zu  machen.     Aelteres  Ohès  oder  Uoès  (beide  im  Aiquin)  wurde  zu  Hoel  ana- 
geformt, sei  es  dafs  jene  Formen  als  Nominative  angesehen  wurden  oder  durch 
Angleichung  an  den  Namen  Hoel,   den  im  X.  Jahrb.  ein  bekannter  Graf  ^^** 
Nantes  trug.     Ohès,   Herr  von  Carhaix,   sei  von  her  (Stadt,  Schlofs)« +^*^^ 
(der  älteren  Form  für  Carhaix)  herzuleiten;   später  wurde  Kerohès^KcfO'^^^ 
und  als  Stadt  der  Ahès  aufgefafst.     Diese  Umdeutung  müsse  relativ  früh  ^' 
folgt  sein,  da  die  Ahèssage  nicht  bretonischer,  sondern  orientalischer  Hcrl^"***^ 


^  s.  dazu  Romania  XXIX  S.  610. 

*  s.  dagegen  J.  Loth  ibid.  604  und  F.  Lot's  Entgegnung  ibid.  605  f^ 


I 

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NO.  I  15.  383 

lei,  and  Aebaliches  sicb  im  Leben  des  Buddha,  dsgl.  in  Bailuini  and  Joasiph 
voT&ade.'  Carhaix  biefs  urspiünglicii  Vargium  (a.  Peu  it  d  gerì  afe!)  und  wurde 
lanee  mit  VoTganitmi*  JdEntiücicrt,  daü  nach  Ptolemaeus  die  Hauptstadt  der 
OiiiHBÏ  war.  Lot  verteidigt  diese  Idenlilicierutig  Longoon  gegenüber,  der 
dai  Gebiet  der  Osisniij  nur  aitr  einen  schmalen  Landstreiren  im  Norden  an 
der  Meeresküste  hescbränlit  wissen  wollte,  Vor^um  von  Vorganium  trennte 
und  Vorganium  einem  klönen  Ort  Coi-Caslell-Ac' h  gleichstellte.  Wie  andere 
Slädtenamen  Aieniorícas  verloren  gingen  und  durch  die  entEprecbenden  Völker- 
nanien  ersetzt  wurden,  so  mufsle  nach  Lot  der  Name  Vorginm  dem  Namen 
Osismii  Platz  machen;  den  Stadtcnamcn  Oiismii  halten  die  einwandernden 
Brctonen  vorgefunden,  und  Caer-Ohii  (das  spàlete  Carhaix)  sä  nichts  Anderes 
als  die  bretonÌBche  Umschreibung  von  eivitas  Osiimiorum.'  Als  die  Oüsmii 
nicht  mehr  eiistietten,  habe  der  Name  Carohis  den  Anlafs  dam  gegeben, 
einen  Herrn  Oh¿s  m  erfinden,  nach  dem  Carohès  benannt  worden  sei.  Un- 
klar bleibe  die  Verbindung  mit  der  Ahèssoge,  die  im  Aiquin  unvolkslümlich 
sei.  Lot  iti  eher  dalär,  dais  diese  Verbindung  Slter  sei,  als  daís  der  Verf. 
des  Aiquin  sie  wegen  der  Nomen  ähnlich  keit  vorgenommen  habe;'  der  Dichter 
werde  iwei  von  einander  nnabbängige  Motive  (1.  Oh¿s,  Herr  von  Carhaii, 
3.  Ahès,  Giñnderín  von  Carhaii  (?))  zusammengebracht  haben.  Jedenfalls 
haben  Obis  und  Carhaix  urtprünglicb  mit  der  Arlur-  und  Ttislansage  nichts 
an  Ihun;  Hoël  sei  allerdings  unter  bretonischem  Einflufs  in  die  Tristansage 
gelangt,  alier  lugleich  mit  einer  iiage,  die  von  der  Artutsnge  unabhängig  sei. 
Das  »ei  ein  neues  ArgnmenL  für  die  Helerogenesis  der  Tristansagenelcmenle. 
tot»  oieht  gerade  durchsichtig  geschriebene  Abhandlung  betoht  auf  gelehrten 
Stadien  and  enihilt  n.  A.  Auseinandersetzungen  über  das  Alter  und  die 
Grenzen  der  Bistämer  in  der  BreUgne.  E,  Fkïïuond. 

P.Toynbee,  Benveniilo  da  Imola  and  Iht  Iliad  and  Odyssey,  zeigt, 
dafs  Benevenuio  in  der  Lage  war  fiir  »einen  Kommentar  zur  Divina  commedia 
die  durch  Petrarca  und  Boccaccio  geforderte  1a t.  Homerubersetzung  des 
Le  on  tins  in  einzelnen  Teilen  oder  durch  den  Verkehr  mit  jenen  seinen 
Fteundett  an  den  ï8  Stellen  zu  benutzen,  wo  er  aus  Homer  citieri,  während 
er  selbst  nicht  griechisch  verstand.  G.  G. 

MÉLANGES.  G.  P„  La  Ugendt  de  la  vicüle  Ähls.  Im  Anschlufs 
an  Loti  Abhandlung  (s.  oben  S.  382  f.)  geht  G.  Paris  auf  diese  Sage  ein,  die 
nicht  ohne  weiteres  orientalischen  Urspmngs  sei.  Als  Ahis  die  Notwendig- 
keit des  Todes  erfahrt,  vcnichtct  sie  darauf,  eine  von  ihr  begonnene  Stnilscn- 
anlage  und  andere  Arbeiten  zn  vollenden;  die  Sage  dient  also  zur  Erklärung 
des  unfertigen  Zustandi  einet  Strnísc  und  setzt  sich  aus  drei  heterogenen  Ele- 
menten zusammen:  i.  Riesige  Anlagen,  namentlich  Strafsenbaulen  werden 
einer  Frau  zugeschrieben.  Dies  nur  in  Gallien  nachweisbare  Motiv  wird 
aufser  Ahti  auch  Brunehaut,  Houdiotte  und  Anderen  beigelegt,  und  diese 
verschiedenen  Namen  vertreten  kaum,  wie  der  Verf.  früher  meinte,  Rom  als 
Person  aufgefafst,   sondern   entweder  den  Namen  einer  gallischen  Göttin  oder 


I*  B.  dazu  G,  Paris  ibid.  416  IT. 
■  Diese  Form  ist  inkorrekt;   s.  ibid 
'  Korretter  wäre  Catr  +  Osismii  a 
£04   nnd   608.     Diese   Umschreibung   wi 
Gtondeo  lurück. 
*  Etwa»  anders  spricht  sich  darube 


6a<j  Anm.  3. 

1er  vielmehr  Ciur  ■\-dismosi  s.  ibid. 
ist   J.  Loth   ibid.  605   aus  lautlichen 


3S4       BESPRECHUNGEN.     E.  FREYMOND,   G.  G^   W.  METER-LÜBK8, 

vielleicht  die  durch  oiimLitisctie  Erzählungen  bekannte  Semiramis.  AMs  oder 
äkeces  OhiS  Jsl  decomponiert  aus  Kerahis  bcüw.  Kirehis  {Stadi  der  Ahis 
oder  der  Ohèa),  zumal  in  Kerahis  mehrece  RömersITjfMn  insammenttaTen, 
3.  Ein  an fserge wohnlich  alter  Mensch,  der  pIötElich  über  die  Kürze  des 
menschlichen  Lebens  aufgeklärl  wird,  verzichtet  auf  die  Fertígslellutig  einet 
Baues.  Dieser  Zug  Rndet  sich,  und  zwar  auf  Methusalem  übertragen,  in  ver- 
ichiedencD  Bhlianzösischen  Texten,  nicht  aber  in  den  jüdischen  oder  atabischen 
Erzählungen,  die  an  biblische  Figuren  anknüpfen;  trotzdem  ist  er  jüdischer 
oder  atiibischer  Herkunft.  Das  dritte  Motiv  vom  Auflinden  des  lot^n  Vogels 
ist  nur  in  der  Bretagne  anzutreffen,  und  zwar  in  Verbbdung  mit  Ahèa  oder 
einer  anderen  Frau.  Die  drei  Sagenelemenle  erscheinen  schön  im  XII.  Jahrb. 
vereinigt  (vgl.  Aiqnin).  E.  Freymond. 

Eug.  Ritter,  Une  prétendue  meniìon  de  l'ArchanI  arlesien.  Suchier 
(Narbonnaia  II  Einl.  5.  Sj)  verlegte  das  Arehant  in  einem  Testamente  vom 
Jahr  HÎÎ,  das  er  mit  ària  Arutnt  der  Chanson  de  geste  von  Aliscans  idenii- 
liderte,  in  die  Nahe  von  Atles.  R.  zeigt,  dafs  jenes  Arehant  =  Arckamp 
im  Dép.  Hante  Savoie  liegt,  also  mit  dem  epischen  Arcani  nidils  zu  thun  hat. 

Ch.  Bonnier,  ¡7n  nsuveau  timoignage  lur  la  chanson  de  Basin. 
Nachweis  einer  neuen  Anspielung  auf  die  nur  aus  fremden  Bearbeitungen 
und  Erwähnungen  von  Basins  Streichen  bekannte  Chanson  in  Brisebatres 
ungedrucklem  Restar  du  f>a*n. 

G.  P.,  Labauslre.  So  Uest  G.  P.  im  Roman  d'Eicoulle  V.  1718,  ent- 
sprechend  dem  von  P.  Meyer  vermuteten  aiehailres,  welche  Form  sich  jedoch 
nicht  in  den  Reim  fügt.  Da  man  aus  Alabaster  auch  Kamine  und  Tisch- 
platten herstellt,  ist  gegen  seine  Verwendung  liir  den  Fufsboden  eines  Damen- 
limmers,  wie  an  jener  Stelle,  kaum  etwas  einzuwenden,  und  die  Verwechselung 
von  Alabaster  und  Marmor  ist  gewöhnlich,  auch  naheliegend  genug  (das 
Académie -Wörterbuch  in  der  1.  AuH.  definierte  AH/tilre  sogar  noch  durch 
espice  de  marbre),  um  den  Ausdruck  1,  c.  an  Stelle  von  marbre  erklatlich  m 
finden.  Ein  besonders  harter  Alabaster  wurde  früher  am  MonmarWe  ge- 
brochen. G.  G. 

G.  Paris,  osterie!  als  Stoffbezdcbnaog  wird  zutreffend  anf  ahd.  aitar 
zurückgeführt.  W.  Mster  -  LÜBKB. 

COMPTES  RENDUS.  Mohl,  Les  eriginís  romanes.  Eludas  sur  U 
Uxique  du  latin  vulgaire  (A.  Thonjaa);  Schuchardl,  Romantiche  Etymo- 
logien  II  (A.  Thomas;  s.  Ztscbr.  25,  144);  Leni,  Les  substantif  s  pastiierbaux 
dans  la  langue  franf.  (G.  P.);  R.  Tobler,  Die  altprov.  Version  dtr  „Distteha 
Ca/öHij"  (P.  M.)!  Vidal  et  Jeanroy,  Comptes  consuiairts  rfMiïi  (P.  M.)¡ 
Bartoli,  Udier  eine  Studienreise  tur  Erforschung  des  AI/romanischen  Dal- 
matiens (M.  Roques);  Henry,  Lexique  iiymoìog.  des  termes  Us  plus  usuels 
du  breton  moderne  (A.Thomas).  —  Correspondance:  Brief  von  G.  Mohl 
in  Betreff  der  Besprechung  seines  Buches  durch  M.  Roques  in  Romania  XXIX, 
Avril  und  Antwort  von  M.  Roques. 

CHRONIQUE.  Personalnachrichten.  —  Litterarische  Nachrichten,  — 
Kurze  Besprechungen  neuer  Schriften  und  Bücher,  G.  G, 

Beriohtlcnng. 

S.  34S  Z.  10  T.  n,  lies  galeter. 


I 


Max  Niemeyer,  VerlagsbuctahandluDg  in  Halle  a.  S. 


Soeben  erschien: 


Die  Triumphe 

Francesco  Petrarcas 


in  kritischem  Texte 


herausgegeben 


von 


Cavi  A.ppel. 


gr.  8.     1901.     Mk.  14,—. 


I>riu.k  von  Kiirhanlt  Karras    Halle  a.  S. 


«* 


Ausgegeben  den  10.  Juli  1001. 


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ROMMISCIE  PHILOLO&IE 


HERAUSGEGEBEN 


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Dr.  GUSTAY  GROBER, 

PROFESSOR    AN   D«R   ÜTIIVRRSITÄT   STRASSBl^RG   i.  £. 


1901. 


XXV.  BAND.     4.  HEFT. 


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MAX    NIEMEYER. 

77/78  OR.  STEINSTRASSE. 

IÇOI. 

Die  Zeltschrift  ersclieint  in  Bänden  (von  6  Heften)  zu  25  Marl«. 


<*/. 


ZEITSCHRIFT  V^ 


1^ 


INHALT. 

Seite 

P.  Toldo,   Éti.des  sur  la  poésie  burlesque  française  de  la  Renaissance. 

Forts.  (19.  2.  00) 385 

Hugo  Albert  Rennert,  Ueber  Lope  de  Vcga*s  El  Castigo  sin  Ven- 
ganza (8.  II.  00) 41 1 

Elise    Richter,    Zur    Syntax    des    rumänischen    Possessiv •  Pronomens 

III.  Person  (9.  11.  00) .' 424 

Eduard  Wechssler,  Bemerkungen  zu  einer  Geschichte  der  französischen 

Heldensage  (20.  10.  00) 449 

J.  Zeidler,  Der  Prosaroman  YsaJ^e  le  Triste  (Forts.)  (23.  12.  00)      .     .  472 

VERMISCHTES. 

H.  Schuchardt,  Lat.  torta»  tartarum  (zu  Ztschr.  XXIV,  250  f.)  (4.  3.  01)  490 

—  xá).vfAfÁaf  xo?.vfA¡9cci\  (?)  xfi).(og  im  Rumänischen  (4. 3.  01)      .     .  490 

—  Franz.  guideau  (4. 3.  01) 498 

—  Franz.  bœuf,  vache  (Fischerspr.)  (4. 3.  01) 498 

—  Ostital.  togna;  ital.  volantino  (Fischerspr.)  (4.  3.  01) 502 

—  Span,  cazareie,   port,  caçarete  (Fischerspr.)  (4.  3.  Ol) 503 

A.  Horning,  Frz.   Glaise,   voges.  brossey  (3.  12.  00) 503 

J.  Ulrich,  Amiare,  aller  (6.  12.  00) 506 

—  A.  engad.  cupitz  (14.  II.  00) 507 

—  Engad.  padimêr  (14.  II.  OO) 507 

BESPRECHUNGEN. 
G.  G.,  W.  Meyer-Lübke,  E.  Freymond,  Romania  No.  116  (1.3.;  1.3  ; 

16.  4.  Ol) 508 

Berthold  Wiese,  Giornale  Storico  della  Letteratura  italiana.   Anno  XIX, 

Voi.  XXXVH,  fase.  2  — 3  (18.  6.  01) 510 


Manuskripte     für    die  Zeitschrift    sind    an   den  Heransgeber» 
Strafsburg  i.  Els., 

Universitätsplatz  8 

zu  senden.  An  die  Verlagsbuchhandlung  Max  Niemeyer  in  Halle 
sind  alle  Honorar  und  Sonder abzüge  angehenden  Anfiragen  und 
Wünsche  zu  richten. 


Etudes  sur  la  poésie  burlesque  &ançaiae  de  la  Beuaissance. 

(Suite.) 
Apologie  des  animaux.' 

On  pourrait  se  croire  à  la  présence  d'une  société  prolcclrice 
des  animaux  à  la  lecture  de  tous  ces  poètes  burlesques  animés, 
au  moins  en  apparence,  d'une  añeciion  si  vive  pour  toute  sorte  de 
bélea  et  pleurant,  à  chaudes  larmes,  leur  trépas.  Mais  ne  nous 
laissons  pas  imposer  par  ces  louanges  et  par  ces  sanglots.  Bien 
soQvent  il  s'agit  d'animaux,  dont  le  mérite  principal,  consiste,  pour 
nos  écrivains,  à  former  des  mets  exquis  et  n'oublions  pas  non 
plus  que  nous  venons  de  voir  les  tendres  apologistes  des  bêtes  se 
moquer  des  tombeaux  des  hommes. 

Parmi  les  modèles  les  plus  anciens  de  ce  genre,  rappelons  le 
moineau  célèbre  de  Catulle,  auquel  s'inspira  Maiot  chantant  le 
passereau  de  la  jeune  Maupas.  Rappelons  aussi  la  petite  com- 
position de  Lucien  sur  une  mouche,  qui  devint  la  source  des 
plaisanteries  de  Scribane  de  Vérone  et  de  la  muscat  ¿aus  de 
L.  B.  Alberti.  A  l'époque  de  la  Renaissance,  ce  genre  est  à  la 
mode  dans  toute  la  Péninsule:  le  Iterni,  le  I-asca,  le  Ferrari  en 
raffolent  et  y  dédient  les  meilleures  inspirations  de  leur  muse  bur- 
lesque. 

Voici  l'éloge  des  Ghiozzi,  des  Anguille  du  Berni  Je  même  que 
le  desespoir  de  Nardino  pour  la  perte  d'un  épervier;  rappelons 
aussi  un  livre  de  poésies  latines  de  Scaliger  sur  la  mort  du  petit 
chien  Adamas,  l'apologie  du  sanglier  el  de  la  puce  du  Dolce, 
celle  des  Ptducci  du  Varchi,  l'autre  du  cousin  de  l'Allori  ainsi  que 
l'hymne  à  l'âne  de  messer  Busini.  Lo  Dolce  célébra  en  outre  le 
trépas  d'une  chouette  et  il  suffit  de  citer  cette  pièce  pour  faire 
comprendre  comment  le  burlesque  n'est,  dans  ce  cas,  que  le  ré- 
sultat d'une  parodie.  Imiter  les  plaintes  du  Pétrarque  pour  la  mort 
de  madonna  Laura,  lorsqu'il  est  question  de  celle  d'un  chat,  d'un 
chien  ou  d'une  chouette,  voilà  ce  qui  paraissait  le  plus  beau  tour 
joué  aux  poètes  amoureux  et  mélancoliques: 


L 


'  cft.  Francisci  ScrìÒami  i'tronensìs  iíusíae  principalus.  dans  le  recueil 
¿\\i:  DúaertatioDURi  ludicrarum  el  amoenitatum  scriptorcE  varij  Lugduui  Bot- 
lav.  163S.  apud  Fiojic.  Hegerum  el  Hackium.  Pour  Ix  muicae  laus  de  L.  B. 
Albeili  voyei  op.vatgari,  Firtnie  (1847.  V.  p.  374).  En  1519  Celio  Caka- 
gnioi  calibra  la  puce.  Philippe  Melanctou  la  faurmi,  G.  Ciui  Scaliger  l'oie  et 
■  :  (recueil  cité), 
rom.FhiL  XXV.  » 


386  p.  TOLDO, 

„Gentile  augello,  che  dal  mondo  ctranle 
Partendo  nella  tiut  piii  verde  etade. 
Hai  'I  viver  mio  d'  ogni  ben  privo,  e  casso 
Dalle  sempre  beate  alme  contrade, 
LA  (love  1'  alme  semplicette,  e  sante, 
Driiian,  deposto  il  ierren  peso,  il  pnsso. 
Ascolta  quel  ch'assai  vicino  al  sasso, 
Che  tien  rinchiusa  la  tua  bella  spoglia, 
Del  partir  tuo  la  notte  «  '1  dì  ai  lagna." 

La  mort  d'une  chouette  est  chantée  aussi  par  le  Firenzuola,  mais 
Ics  animaux,  qui  font  répandre  le  plus  de  larmes,  ce  sont  surtout 
tes  domestiques,  savoir  les  chiens,  les  chats  et  les  moineaux. 

Ce  que  Coppella  chanta  pour  la  perte  de  sa  chatte  peut 
servir  de  modèle  à  ce  genre.  Ici  encore  le  burlesque  naît  du 
contraste  avec  le  genre  sérieux.  Le  poète  appelle  la  chatte  „Dolce 
del  mio  cor  chiave"  et  interrompt  son  récit  pour  pousser  des  hélas 
pitoyables  et  pour  s'écrier  „Oh!  troppa  aspra  ventura",  „Ahi  dura 
rimembranza".  La  parodie  des  pétrarquìstes  est  évidente,  surtout, 
dans  ce  passage: 

„Miser,  mentre  per  casa  gli  occhi  giro, 

La  veggio,  e  dico,  qui  prima  s'  assise, 

Ecco  ov'  ella  sorrise, 

Ecco  ov'  ella  scherzando  il  pie  mi  morse. 

Qui  sempre  tenne  in  me  le  luci  ñse. 

Qui  sii  pensosa,  e  dopo  un  gran  sospiro. 

Rivoltatasi  in  giro. 

Tutta  lieta  ver  me  subilo  corse, 

E  la  sua  mati  mi  porse. 

Quivi  saltando  poi  dal  braccio  al  seno 

D'  honesti  baci  pieno, 

Le  dicea  infin,  tu  sei  la  mia  speranza  . . ." 
Et  te  poète  conclue  pour  s'en  prendre  de  même  que  les  poètes 
lyriques  de  l'amour,  à  Jupiter  et  aux  étoiles  de  ce  coup  cruel 
dont  il  a  été  frappé. 

Rappelons,    pour    cette    sorte  de  zoologie  badine,  ce   que   le 


Lasca    chante   : 
en  célébrant: 


la  mort  d'un  chien  de  „M.  Pandolfo  de'  Pucci" 

„Le  cortesi  mauicre, 

Gli  atti  degni  e  sovrani 

D'  un  caac,  imperador  degli  altri  cani, 

E  la  crudele,  aspra  sua  motte  ancora. 

La  qual  pensando,  tutto  to'  addolora." 

Dans  une  „cannone  a  ballo",  il  exalte  de  même  un  cheval  „l'Am- 
braino",  qui  eut,  de  son  vivant,  l'esprit,  qui  manquait  à  son  maitre, 
et  il  dédie  plusieurs  madrigaux  á  un  hibou,  son  compagnon  in- 
séparable, que  la  mort  venait  de  lui  ravir.     Il  chante  aussi 


POÉSIE    BURLESQUE   FRANÇAISE   DE    LA    RENAISSANCB.  3S7 

„del  grillo  ínsteme 
La  lieta  vita  e  la  felice  morte" 
la  dgale,  une  mule  et  dans  une  sorte  de  parodie  póttaquesque,  il 
loue  la  beauté  de  sa  chatte: 

„Chi  dì  veJcT  desia 
Quanto  gaita  esser  può  mai  deslía  e  bella. 


Vede 


Cette  1 


L 


che  co  i  vaghi  occhi  suoi 
Fa  via  sparire  e  dileguar  la  noia,  etc" 
;  burlesque  coDlinua   dans  les  siècles  suivants  et  Joseph 
Barettj   composait  à  la  fin  du  XVIII'  siècle  ses  „lagrime  in  morte 
d'un  gatto". 

En  France,  Ronsaid,  au  début  du  XVI'  siècle,  essaya  presqtie 
le  premier  ce  geme,  dans  son  apologie  du  frcslon,  qui  commence 
par  celle  intonation  à  l'apparence  héroïque  devenue  obligatoire 
en  Italie,  lorsqu'on  célébrait  les  choses  les  plus  ridicules: 

„Qui  ne  le  chanteroit,  Freslon 

De  qui  le  piquant  aiguillon, 

Releva  l'asne  de  Silène  . . ." 
Antoine  de  ßaif  compose,  à  la  même  époque,  Xipitûphe  d'un  pttit 
chien,  un  leulou  pas  trop  joli  à  la  vérité,  mais  qui  avait  le  bonheur 
incomparable  de  dormir  entre  les  bras  d'une  belle  femme.  Remy 
Belleau  se  présente,  à  son  tour,  avec  une  véritable  exposition  de 
toute  sorte  de  bêtes  et  de  même  que  les  anciens  poètes  des  btsliaires, 
il  décrit  les  mérites  plus  ou  moins  imaginaires  de  VHuisIre,  de 
\'Escargo¡,  du  Coral  et  du  Ver  luisant.  Pour  se  former  une  idée 
de  ces  compositions,  il  sufíit  de  lire  ce  qu'il  dit  de  la  Tortue: 

„.,.  Sus  donc,  Muse,  qu'on  s'évertue 

A  bien  chanter  ime  tortue, 

L'csmail  et  le  compartiment 

De  son  mobile  b  a  stime  ni." 
La  tortue  a  des  qualités  thérapeutiques  vraiment  merveilleuses: 

„Ne  guariïl-il  pas  la  morture 

D'aspics  Doiraux,  de  sa  chamure, 

Et  le  pipeur  aveuglement 

De  tont  magique  enchantement? 

Son  sang  esclaircist  le  nuage 

D«s  yeux  et  polist  te  visage, 

Son  sang  verme  ill  onne  le  leint 

De  fièvre  on  de  langueur  esteint  . , ." 
n  ne  laut  pas  en  vouloir  á  notre  poète  de  ces  théories  scienti- 
fiques, qui  sont  bien  celles  de  son  époque.  Si  l'on  ouvre,  au 
hasard,  le  poème  de  la  création  de  Dubartas,  on  trouvera  des  re- 
mèdes bien  plus  extraordinaires,  les  herbes  qui  font  tomber  les 
fers  des  chevaux,  arrêtent  le  sang  et  font  rentrer  les  entrailles  même 
dans  le   corps   des  blessés.     Avec   tous   ces  remèdes  ce  qu'il  y  a 


venons  de  l'indiqut 
PtUgie   SUT   /il   mort   d'u, 


388  P.  TOLDO, 

de  plus  étonnant  c'est  qn'on  pût,  à  cette  époque  son&ir  et  mourir. 
Mais  l'escargot  a  aussi  une  autre  vertu,  d'un  genre  fort  moral. 
En  portant  modestement  sa  maisonnette  sur  ses  ¿paules,  elle  veut 
apprendre  aux  mortels  qu'il  Tant  surtout  ici-bas  borner  nos  désirs. 
C'est  ce  que  le  Giusti  chantera  ensuite  de  sa  Chiocciola. 

Dans  l'édition  lies  ceuvres  de  Claude  de  Pontoux  gentilhomme 
Chalonnais,  docteur  en  médecine  (Lyon,  1579),  assez  bon  con- 
l'italien.  car  il  composa  dans  celte  langu«:  comme  nous 
1  somiel  contre  une  vieille  fardée,  on  trouve 
r  eochon  nommé  Grongnet,  un  cochon  per- 
niñant  la  beauté,  la  grâce  et  rinlelligence.  Ici  le  burlesque 
ressort  du  contraste  entre  la  bassesse  du  sujet  et  la  qualité  des 
louanges;  c'est  toujours  le  mt^me  procédé  des  auteurs  des  CapiioÎi, 
invoquant  les  Muses  et  Apollon  lui-même,  pour  chanter  un  chardon 
ou  une  paire  de  bottes. 

Tout  le  monde  connaît  l'épigramme  de  Du  Bellay,  tirée  pro- 
bablement de  l'italien,  sur  la  mort  d'un  chien: 
„Latni  a'  ladri,  ed  aglj  amanti  tacqui, 
Cosi  a  Messele  ed  a  Madonna  piacqui" 

et  qu'il  traduisit  aussi  en  latin: 

„LaliatD  fiires  eicepi;  malos  amantes. 

Si>.-  placui  Domino;  sic  ptacui  Dontînac."  ■ 

Ce  fut  li  la  source  d'une  foule  de  plaisanterie,  roulant  sur  la 
même  dounée. 

Vauquelin,  entre  autres,  imita  ce  joli  épigramme: 

„D'abois  les  larrons  je  cliassoy. 

Aux  amants  je  faisof  carrcsse: 

A  mon  miUtie  ainsi  je  plaisoj 

Ainsi  pluioy-je  i¡  ma  mai  stresse." 

Olivier  de  Magny  cxalla,  à  son  tour,  dans  ses  GiiyiUt,  en  s'adrcs- 
■ant  „aus  nymphes  de  tleuze",  le  petit  chien  mignard  de  sa  dame, 
^  poésie,  on  ressent  l'inspiration  de  Catulle  et  son 
t  Veneres  Cupidinesque": 

„Son  petil  Mii^aid  qu'elle  aime 

Cent  roti  plus  que  son  ciear  ni< 

Ce  mignonncl  qoi  la  mil, 

Ce  mienonnet  qni  s'enfuit 

Sonbi  la  cotte  de  la  belle 

Quand  doucement  }e  l'apelle^ 

Otrs  mes  doigts  ralastaat, 

Ores  en  le  mignotant 


»  efr.  Mmogiana  H.  1715.  Ill  vol.  p.  ï68.  Voj-c»  aussi  Sdpiooe  Arnim- 
nto.  aptccli  It  voL  p.  171,  qui  en  patle  comiae  d'une  chose  loiit-4-bii  îta> 
llfnñi-  et  en  cite  plusieun  ii  '      ' 


POÉSIE   PUKLESQUE   FRANÇAISE   DE   LA    1 


389 


D'une  ñ átense  caresse. 

Ou  d'une  voii  piperete, 

Or  aiSant  estioitement 

Comme  une  huystre  en  se  fermant." 
Do  ñellaj-   se   plaignit   aussi    de    le  mort    d'un  chat    et   ici  encore 
l'inspiration  italienne  me  paraît  plus  que  probable. 

Ce  n'est  pas,  s'écrie  le  poète,  qui  je  sois  fâché  pour  avoir 
perdu  de  l'argenl:  c'est  que  je  viens  de  perdre  ce  qui  formait  la 
consolation  de  ma  vie  „mon  bien,  mon  plaisir,  t 
ce  que  j'ai  perdu: 

„C'est  Beland  mon  petit  cbat  gris, 

Belaud,  qui  (ut  paiavaature 

Le  pins  bel  cenvre  que  nature 

Feil  one  en  matière   de  chats; 

C'estoit  Belaud  la  mon  aui  rais, 

Beiaud,  dont  la  beauté  fut  telle 

Qu'elle  est  digne  d'estrc  immortelle.' 
Son  chat  n'était  pas  de  ce  gris  vulgaire,  qui  t 
de  France, 

„Maiî  lei  qu'i  Rome  ou  le  void  estre. 

Couvert  d'un  poil  gris  argentin, 

Ras  el  poly  comme  no  salio, 

Couché  par  onde  sur  l'eïïliine 

Et  bl.inc  dessous  comme  une  ermine." 
Api¿8    avoir    loué    la   prunelle   et   la    „barbelette  argentée"   de  son 
mignon,    le  poète  s'écrie  que  si  sa  Muse  était  capable  d'exprimer, 
il  faut,  les  sentiments  de  son  âme,  Belaud  vivrait: 


t  propre 


[  chats 


L 


Les  cbals  ani  ta«  feront  la  guerre." 
Jean  Passerat  (éd.  Lemerre,  1880)  chanta,  à  son  tour,  /a  meri  d'une 
linoUe,  la  mori  d'un  mointau,  et  celle  d'un  peut  chien',  Pierre  de 
Brach  [Les  poèmes,  Bordeaux.  1576)  dédia  une  longue  composition 
à  un  canario;  Guillaume  des  Autelz  (Lyon,  1556)  nous  fait  part 
du  malheur  arrivé  à  Flora,  petite  chienne  qui  s'est  rompu  une 
patte  et  dont  il  pleure  ensuite  la  mort  prématurée.  Antoine  de 
Cotel  célèbre  les  cigales  (éd.  Paris,  1587)  „accortes  secretaires  de 
(son)  fidèle  amour"  et  Gabriel  Bounin  dans  sou  Aleclriomachie  ou 
jouile  dis  Coqs  (Paris,  1586)  esalle  la  gloire  du  roi  du  poulailler. 
Le  coq  représente,  dit-il,  à  la  fois  la  force  et  la  générosité.  Il  est 
splendide  „en  son  plumeux  capot"  et  son  cri  redoutable  fait  fuir  le 
roi  des  forêts.  Il  salue  l'aurore,  prédit  le  mauvais  temps,  „augure 
le  cas  advenir",  combat  les  arùmaux  nuisibles  et  veille  sur  les 
faibles,  enfin  c'est  im  modèle  achevé  des  qualités  les  meilleures 
qu'on  puisse  souhaiter  à  un  valeureux  soldat  C'est,  à  peu  près,  à 
la  même  époque,  c'est-à-dire  en  1579,  que  l'aventure  bien  connue 
de  ta  puce  qui  avait  osé  mordre  le  sein  de  Madame  Des  Roches, 
donna   lieu   à  une  sorte  de  dèli  entre  les  esprits  les  plus  illustres 


390  p.  lOLDO, 

convenus  à  Poitiers  pour  „les  grands  jours".  On  clianta  celle  pnce 
en  franq.-aia,  en  italien,  en  espagnol,  en  latin  et  en  grec;  et  on 
la  c¿l¿bra  aussi  en  prose  dans  un  éloge  de  la  puce,  qui  rappelle 
de  près  la  composition  des  capiioli.  Rappelons  les  noms  glorieux 
de  ces  champions  de  la  puce,  Pasquicr,  Brisson,  Cisse,  Claude  Bind 
etc.  et  les  vers  ¡laliens,  oii  l'on  ne  respecte  pas  trop  les  lois  de  la 
prosodie  : 

„Donna  gEDlil,  del  CDÎ  candido  pel  to 

Cupido  Fsscndo  preso,  fu  costretto 

Pigliar  la  sembianza  di  pulce  audace  (sic)." 

Rapin,  ennuyii  de  toutes  ces  louanges  d'un  aniraal,  qui  pour  Sire 
petit  n'est  pas  certainement  un  bijou,  composa  La  conlre-puce,  oii 
il  fait  remarquer  que  cet  insecte  a  pris,  sous  la  plume  de  tant  de 
portes,  les  proportions  d'un  éléphant,  et  il  ajoute: 

„J'aymeroU  mieux  cil  an  1er  le  poux 

Qui  s'engendre  el  se  pabt  de  oooï, 

Plus  amy  de  nostre  nature.  i 

Je  dirois  la  punaise  aussi. 

Et  le  morpion  racoursi. 

Qui  s'altache  à  nostre  substance." 
Parmi  les  autres  compositions  de  ce  temps,  je  rappelle,  en  passant, 
\'¿pi¡aphe  du  thieti  de  madame  Vazel,  suivi  du  ravissement  du  chîtn 
metmt  par  amour,  pièces  poétiques  du  sieur  de  la  Vallettrye 
(œuvroB,  Paris,  1602),  et  l'épitaphe  d'un  chien,  ainsi  que  les  louanges 
d'une  puce,  contenues  dans  les  Muses  gaillardes. 

L'âne  a  été  célébré  si  souvent  en  vers  el  en  prose  depuis 
Apulée,  qu'on  perdrait  sa  peine  à  vouloir  rechercher  l'origine  di- 
recto des  Estrenes  de  l'atne  dues  à  la  plume  de  Fonleny  (Paris, 
159(1).  L'auteur  se  vante  toutefois  de  „façonner  un  discours  nou- 
veau" A  l'occasion  de  la  nouvelle  année: 

„afin  qu'on  voye 

Que  je  n'ayme  i  suivre  une  voie 

On  un  sentier  qui  soit  tract 

De  ce  qu'on  y  auroit  passé," 
Au   lieu   d'un   sentier   il  s'agissait   d'une  route  large   et  parcourue 
par   une    foule    d'écrivains,    mais    le  bon  Fonteny    n'a  pas  l'air  de 
s'en  douter.     1!  célèbre  donc  „le  los  de  l'asne": 

„Pour  ses  vertus  et  merveilles 

Ce  mien  asne  i.  longues  oreilles", 
nu  saurait  i^lrc  assez  loué.    Il  est  humble,  gaillard,  dispos,  prudent, 
propre.     Il  personnifie    la  patience   et   la  sobriété   et  il  n'y  a  pas 
d'époque  oii  la  patience  mérite  le  plus  d'être  célébrée  que  celle-ci 
de  guerres  et  de  misères  où  l'on  voit: 

„les  gouffres  de  canon: 

Vomii  un  enfer  de  ruines 

^ur  nous  et  les  villes  Toisinea," 


[   BITRLSSQUB   FRANÇAISE   DE   I 

D'ailleurs  le  roi  des  rois  n'hooora-t-il  pas  cet  animal  et  ne  le 
mit-il  pas,  par  cons¿quent,  au  dessus  de  tous  les  autres,  en  entrant 
sur  son  dos  à  Jérusalem?  Et  l'histoire  ancienne  n'cst-eile  pas  rem- 
plie de  sa  gloire? 

„Smuoh  âvecqoe  la  maiclioire 

D'oD  tane  mort  eut  U  victoire 

Sur  les  FhilislÎDs,  qu'il  occit 

Et  qnaolili  d'eau  en  sortît 

Pour  désaltérer  son  année." 

Et  si  l'on  (étudie  la  mythologie,  on  voit  Sylène  chevauchant  cette 
bëlc  et 

„Mydïs  ((jui)  pour  lu^  esire  molate 

Sentii  la  vengeance  celeste." 
Ce  fut  à  cause    d'un  âne   que  Saul   devint  roi,    un  âne  indiqua  la 
victoire  à  Auguste  et  Philippe  de  Macédoine  assure  que  cet  animal 
chargé  d'or  peut  emporter  toute  forteresse.     Enfin: 


t  fait  c 


r  Plan 


Le  corps  de  l'a: 
de  Rome    lavale 

ses  oreilles  guérit  la  fièvre: 
„Auï  «fffig. 


Sinon  l'asne,  qui  Alistóte } 

Apnlee,  Palladien, 

Catón.  Columellc,  Aellan? 

Et  entre  nous  Henry  Corneille? 

e  a  aussi   des  vertus  thérapeutiques.     Les  dames 

it   leur  visage    de    son  lait;    le  sang   qui  jaillît  de 


de  la  vessie 
donnent  allégement, 

Pour  le  mal  caduc  mesmemcnt 

Son  foye  cuit  est  nn  remede  . .  . 

Son  suif  remedie  aui  lepieui." 
L'âne  est  le  roi  des  astrologues,  car  en  baissant  les  oreilles,  il 
indique  que  la  pluie  va  tomber  et  lorsqu'il  est  mort  sa  peau  sert 
à  faire  des  tambours,  qui  mènent  les  soldats  à  la  victoire.  En 
1620,  on  composa  Vasne  mani,  sorte  d'apologie  en  prose  due  à  la 
plume  du  „disciple  de  Philostrate"  et  appartenant  au  genre  de 
ces  nombreux  prologues,  qu'on  débitait  sur  les  théâtres  de  la  foire. 
Ici  toutefois  il  s'agit  de  quelque  chose  de  plus  étendu  et  la 
mention  qu'on  fait  d'Apulée  en  indique  l'inspiration  directe. 

Dans  V Espadon  saiyrigut  du  sieur  D'Esterod,  on  lit  ¡a  mort 
d'un  perroquil,  que  le  chat  mangea.  On  peut  se  former  une  idée 
de  la  très  froide  exagération  de  ce  genre  en  lisant  le  début  de 
celte  pièce: 

„Laisse  ï-moy  je  suis  en  colere 

Si  l'on  avoit  tut  mon  pere. 

Je  n'en  serois  pas  plus  facile." 
Ce  perroquet  avait  le  mérite    par  „son  baragouin  et  sa  souplesse" 
de  charmer  la  dame  qui  l'aimait  et  le  chat,  qui  en  causa  la  mort, 
est  damné  aux  furies  des  Enfers: 


392  P.  TOLDO, 

„Chat  Gannelon,  que  in  ne  mange 
Taupe,  Bellette,  ny  souris, 
Qai  ne  t'estrangie,  fayant  pris; 
Que  le  Choucas,  l'hibou,  la  Chonë 
Tire  tes  ven^  hors  de  la  joae,  etc" 

Le  sîeor  Annibal  de  UOrtigne,  dans  ^es  poèmes  dwtrs  (Paris,  i6i  7^ 
n'oablia   pas   la  mort  de  Floreräin  petit  chien  peli,    et  l'épitaphe  ^^ 
Matou  le  plus  illustre  des  chats.    Maynard  (éd.  1613)  noos  presen  t.C 
à  son  tour,  peu  de  temps  avant  le  sîeor  de  l'Ortigue,  la  Proiopof^^ 
d*un  chien  et  la  Plainte  sur  la  mort  d*une  chatte.    Plus  tard  le  ch^ 
valier  de  THennite  (éd.  1 650)  à  ses  poésies  composées  à  la  lonan^^ 
de  Richelieu,   de  Mazarin  et  de  tons  les  princes  de  France,  mêi^ 
sa  plainte  sur  la  mort  de  Vasne  du  boulanger  d* Essane^   già  se  nop  '^ 
le  soir  in  dimanche  gras,  1646,   date  mémorable,   à  ce  qn'il  para'^^ 
et  bien  dig^e,  ponr  ce  grand  sujet,  de  parvenir  jusqu'à  nous.  SairB>^ 
Ëvrémond  chanta,  lui  aussi,  la  perte  d'un  passereau,  celui  de  M^-* 
dame  Mazarin,   toujours  sur  la  trace  bien  connue  de  Catulle  et  J^l 
répéta   aussi   l'épitaphe   du  chien  qui  savait  distinguer  les  voleoK^s 
des  amants.    Ce  Colin  que  Boileau  et  Molière  devaient  flétrir  dars.s 
leurs  satires  trouva,  à  son  tour,  assez  de  larmes  ]x>ur  pleurer  Tit3i^, 
le  chien  mignon  de  mademoiselle  d'Orléans,  enfin  au  milieu  de  I  ^ 
foule  de  toutes  ces  compositions,  rappelons  l'éloge  du  chat  Grise  '^ 
enlevé    à  l'amour   du   père  Commire  jésuite.     Nous  avons  hâté  1.2 
course,   sans  nous   arrêter   en  route,   car  tous  ces  miaulements  ^^t 
tous  ces  aboiements   n'offrent  rien  d'intéressant     Cest  un  gendre 
dont   on   peut   faire  mention   en  passant,    seulement  parce  qu'il      a 
représenté  à  une  certaine  époque  une  forme  littéraire  quelconqa.^ 
mais   ce   serait   de  la  peine  inutile   d'y  rechercher  la  beauté  et     la 
valeur  artistique.     Tout  ce  qu'il  y  a  de  mieux   c'est  l'imitation  cz3ü 
passer  de  Catulle. 

Il  faut  toutefois  que  nous  fassions  mention  à  part  de  d&  "«ix 
compositions  du  XVII*  siècle,  touchant  ce  sujet  d'une  mani^^re 
quelque  peu  différente  des  précédentes. 

L'une  est  un  recueil  de  poésies,   portant  pour  titre  divers     ^^' 
sectes  (Paris,  Duval,   1645),    l'autre    se  compose  des  „Regrets  fa«-^*^' 
tieux    et  plaisantes  harangues  funèbres   du  sieur  Thomassin  suf       ^ 
mort  de  divers  animaux".     Dans  Tcpître  au  lecteur  qui  précède        ^ 
premiere    de   ces   compositions,    l'auteur   anonyme   veut  démori*-^ 
l'antiquité   du  sujet,   qu'il  a  entrepris  de  développer.     „Cette  s^^^ 
de  pieces  fulastres,  qui  traittent,  ou  l'éloge,  ou  l'histoire  de  quelcj. 
animaux  bien  que  jusqu'à  present  inconnue  à  nos  poètes,  est  toit  ^ 
fois  assez  commune  parray  les  latins,    comme  nous  en  font  fo 
Perroquet  de  State,  le  Passerau  de  Catulle,  la  Puce  de  Calca 
le    Pou    de   Pucius,    le   chat   de   Flore,    le  Grillet    de  Certalde, 
Mouche  de  Lucian,   la  Formy  de  Melancton,   la  Sauterelle  de 
lichius,  l'Aigle  d'Ulinus".     Il  va  sans  dire  que  l'auteur  ajoute  cf^ 
n'a  suivi  de  pics  ni  les  anciens,   ni  les  modernes:   son  seul  in 
ratcur,  est  le  poète  des  Géorgiques.    La  Puce,  dont  il  est  questi 


394  ^-  TOLDO, 

Erifìri  pfour  òter  tout  soopçon,  il  déclare  qae  ses  grilléis  briOeot 
dans  les  l^aax  yecx  d'Amarante.  Dans  le  Ver  à  tcie  et  dm 
\'AhtuU^  l'aut'L'cr  se  j<!aU  à  Îa  description  de  Tindostrie  de  ces  ani- 
maux '¿i  ici  le  burlesque  est  laissé  entièrement  de  côté,  pour  faire 
place  à  ia  poésie  didascaliqae. 

Voyons  maintenant  les  ^l^egrets  Êicetietiz  et  plaisantes  haian- 
gucs  funèbres  du  sieur  Thoroassin,  sur  la  mort  de  divers  animan, 
ou\Tage  très  utile  pour  passer  le  temps  et  resvetller  les  esprits 
meIancoIique.s,  avei:  plusieurs  chansons  joviales  et  comiques  le  toot 
dé«:ii'}  au  sieur  Gautier  Garguille."* 

Dans  ce  travail  de  longue  haleine,  le  sîeiir  Thomassin  s^est 
bon-é,  en  bonne  panie,  à  traduire  l'œuvre  d'Ortensio  Lando  „Ser- 
moni funebri  di  vari  autori  nella  morte  di  diversi  animali''  (ed 
de  Venise,  Giolito  de  Ferrari,  1548).  Il  suffit  de  lire  le  titre  des 
harangues: 

„Haraogae  de  M.  Passean  sur  la  mort  d'an  pou  de  hante  gresse. 

Sermone  di  frate  Puccio  nella  morte  di  un  suo  pidocchio« 

Harangue  de  ^L  Ciboulle  sur  la  mort  de  ion  asne  nommé  TraTaiUia. 

Sermone  di  frate  Cipolla  nella  morte  del  suo  Asino  detto  Travaglino. 

Harangue  de  Ber  tolas,  sur  la  mort  de  son  cheval  nommé  Passement 

Sermone  di  Bertolaccio  nella  morte  del  suo  cavallo  detto  Passamente. 

Harangue  de  Beurchel  sur  la  mort  ^<t  lon  chien  nommé  Lionce. 

Sermone  del  Burchiello  nella  morte  d'  un  cane  detto  Lionzo. 

Harangue  de  Cimaroste  sur  la  mort  d'un  singe. 

Sermone  del  Cimarosto  nella  morte  d'  un  simione. 

Harangue  du  curé  Arlot,  sur  la  mort  de  sa  chouette. 

Sermone  del  piovano  Arlotto  nella  morte  della  sua  dvetta. 

Harangue  du  sire  Bertacol,  sur  la  mort  de  son  Agasse,  ou  Pie. 

Sermone  di  ser  Bertaccolone  nella  morte  d'  una  Gaza. 

Harangue  de  madame  Fleur,  sur  la  mort  de  son  chat  Mirouart. 

Sermone  di  monna  Fiore  nella  morte  d*  un  gatto. 

Harangue  de  Catos  Bergamasque  sur  la  mort  d'un  plongeon. 

Sermone  di  Catosso  nella  morte  d'un  Mergone. 

Harangue  de  dame  Tesse  sur  la  mort  d'un  coq. 

Sermone  di  monna  Tessa  nella  morte  d'  un  gallo. 

Harangue  de  dame  Pauline  borgnesse,  sur  la  mort  d'un  grillon. 

Sermone  di  monna  Checca  nella  morte  d'  un  grillo." 

Il  y  a  quelques  différences   dans   Tordre  des  harangues  et  parfit 
aussi    dans   les   noms,   en  outre   le  sieur  Thomassin   fait   prccé<^ 
chaque   discours   par   un  Avant-jeu^   que  je  n'ai  su  retrouver  da^ 
les  éditions  des  Sermoni  funebri.    Est-ce  que  ces  avant-jeux  app^^ 
tiendraient  en  propre  à  Técrivain   français?     Je  n'oserais  l'assuré 
il  se  peut  que  tout  cela  se  trouve  si  ce  n'est  dans  l'ouvrage  italien 
dont   nous   parlons,   au  moins   dans  d'autres  livres  parus,   à  ceU 
époque,    dans  la  Péninsule.     La   production   burlesque   italienne 

^  Je  ne  connais  d'autre  édition  que  celle  de  Rouen,  Ferrand,  1632. 


POÉSIE   BURLESQUE    FRANÇAISE   DE   t 


395 


dans  ce  genre  du  plaisanterie?,  1res  féconde  et  l'œuvre  du 
lAudo,  elle-même,  doit  être  considérée,  comme  un  strapte  rccuE-il. 
faut  que  j'ajoute  que  les  harangues  du  sieur  Thomassin  sont 
précédées  par  deux  sonnets,  le  premier  de  l'auleur  et  l'autre  d'un 
imis;  dans  tous  les  dem  on  veut  démontrer  que  ces  facii- 
renlerment  un  sens  de  haute  moralilé  et  que  le  burlesque 
sache  la  satire.  Evidemment  il  y  a  par  ci  et  par  là  quelques 
pllusions  aux  travers  et  aux  vices  de  l'humanité,  mais  dans  son  en- 
le  burlesque  a  toujours  le  dessus  et  l'œuvre  du  sieur  Tho- 
lassin  peut  se  déñnir,  ainsi  que  le  Lando  définissait  la  sienne:  un 
¿piacevole  et  faceto  librettino". 

Je  transcrirai  l'avanl-jeu  du  Pou,  pour  que  le  lecteur  puisse  se 
fermer  une  idée  de  la  partie  de  cette  œuvre,  dont  je  ne  connais 
loint  la  source  directe. 

„Ces  petites  vermines  que  nature  a  créez  comme  par  despit, 
[eu  ne  sçachant  ce  qu'elle  faisoît,  ne  sont  pas  pourtant  si  viles  et 
nuserables  que  l'on  pourroit  bien  penser,  la  viande  dont  elles  se 
nourrissent  est  delicate  et  roj-ale,  le  lieu  où  elles  naissent  et  vivent 
"  est  bon  et  chaut  et  si  elles  font  vie  courte,  elles  la  font  d'autant 
meilleure  et  sont  les  bienvenues  par  tout,  comme  celles  que  l'on 
tient  cher,  que  l'on  frotte,  que  l'on  caresse,  que  l'on  met  entre 
la  chair  et  la  chemise;  elles  ont  congé  de  se  jouer  comme  petits 
oysillons,  dans  les  beaux  rets  d'or  que  leur  tendent  les  Damoiselles 
de  la  Cour."  Id  l'écrivain  suit  ce  joli  animal,  dont  il  chante  les 
louanges,  dans  les  pérégrinations  qu'il  fait  sur  le  corps  de  ces  de- 
moiselles de  la  Cour,  dont  la  toilette  intime  n'était  pas,  si  l'on  en 
juge  d'après  ce  qae  le  sïeur  Thomassin  en  dit,  trop  soignée.  Cest 
là  une  pérégrination  non  moins  indécente  que  l'insecte,  dont  il  est 
question.  Rappelons  plutôt  un  souvenir  de  Ronsard  chea  notre 
auteur.     Si  j'étais  puce,  dit-il: 

„Toute  la  Duicl,  un  beau  scia  je  mordroy, 
Maù  pais  aptit  le  mioier  vaudrojr, 
Que  Tc changer  eu  homme  je  me  pusse." 
Et  le  sieur  Thomassin  continue,   toujours  dans  le  même  goAt,  en 
exposant    une   énigme    que    certains   pêcheurs  auraient  proposée  à 
Homère,  louchant  ce  beau  sujet.     Le  discours  qui  suit  sur  le  pou 
n'est  qu'une  traduction  littérale  de  celui  du  Laudo.     II  suffit  d'un 
comparer  les  débuts: 

„Je   vous   ay   ici   assemblei   me»  „Io  vi  lio  qua  tagunati  Padri  mìei 

peres  el  bons  amjí,  pour  voas  faire  Revetendi  pei  (airi  udire  le  singolari 
ouyr  les  singulières  vertus,  d'un  míen  vittii  d'  un  mio  pidocchio;  ma  come 
pon;  mais  comment  le  pounay'je  faire  posso  io  perù  farlo  da  sí  profondo 
estant  saisi  d'un  ai  profand  crcve-  cordoglio  ingombrato  et  di  niuna  forte 
cnor  et  n'estant  doni  det  oroemeiis  cloquent 
d'iloquence?  '     .     . 


M'en  estant  alH  ä  vespres  la  veille 
de  SiÜDCt  Silvestre,  comme  te  oom- 


Essendo  ito  al   vespro   la   vigilia 
lan  Gerbone,  come  a'inconiiiidú  U 


396  P.  TOLDO, 

mença  le  Magnificat,  je  me  leray  tout  Magnificat p  ritto  mi  leni,  et  cas  che 

droit,   et  voicy  sur  mon  bras,  je  vois  in  sul  braccio  manco  veggo  coiai 

cheminer  ceste  petite   creature,   d'un  questa  Creaturina  con  un  pmo  küi 

pas  lent  et  grave,  tellement  qu'il  sem-  et  grave,  che  pareva  a  vederlo  F  ib< 

bloit  à  le  voir  que   ce  ñist  le  revé-  bate  di  Clngni.** 
rend  de  Cristangrogne." 

Ce  second  morœan  pent  donner  anssi  une  idée  de  tons  lei 
changements  que  Tecrivain  français  a  era  se  permettre  et  ce  qoB 
je  dis  pour  la  première  de  ces  harangues  doit  se  répéter  pon 
toutes  les  autres.  Outre  les  avant-jeux,  le  sieur  Thomassin  a  ¿pA 
aussi  quelques  pièces  poétiques,  un  sonnet  sur  l'âne  portant  Je 
simulacre  de  la  déesse  Isis"  et  une  epigramme  sur  les  mérites  sur 
guliers  du  coq,  avec  des  souvenirs  de  Juvénal: 

„Plus  elles  goustent  ce  plaisir, 
Plus  s'embrase  leur  chaut  désir, 
Et  sont  plustost  lasses  que  saoules, 
Un  seul  coq  fournit  bien  dix  poules: 
Dix  hommes  ne  pourroient  pas 
Servir  la  femme  en  un  repas." 

II  y  a  aussi  la  note  suivante  „(dans  cette  harangue)  tu  noterui 
lecteur,  ce  que  le  mot  de  Gallo^  qui  signifie  Coq  en  Toscan,  i 
meilleure  grace  en  cet  endroit  que  le  mot  François,  à  canse  des 
rencontres  des  vieux  mots  grecs,  comme  le  docte  Guillannoe  Po^ 
afferme  que  cette  diction  coq  est  des  restes  de  l'ancienne  et  prinû- 
tive  langue  que  parloient  les  vieux  Gaulois,  du  temps  de  Jules 
César^*. 

Les  Regrets  sont  suivis   par  „L'Apologie  ou  defense  de  Hor- 
tense Lande   surnommé  le  Tranquille,    pour  Tautheur  de  ces  facé- 
tieuses   harangues    en    laquelle   il   discourt   de   plusieurs  doctes  et 
excellons  personnages,  qui  n'ont  desdaigné  d'escrire  d'un  sujet  bas, 
et  non  moins  doux  qu'utile".    Cette  apologie  où  l'inspiration  tirée 
de  l'auteur  italien   n'est   avouée  qu'en  partie,  commence  par  con- 
stater que  ce  n'est  pas  seulement  Hortense  Lande   qui  s'est  dédié 
à  ce   genre    littéraire,    à  l'apparence   si   frivole.     Sinèse   de  Cirene 
avait  jadis  loué  la  calvitie,  Dion  les  perruques,  Homère  les  rats  et 
les  grenouilles,   Virgile  les  abeilles,    Glaucus  l'injustice,   Favorin  la 
fièvre     Lucien    les   mouches   et  les  „escornifleurs",   Apulée  Tane  et 
Efren^  sirien  avait  combattu  le  rire.    Que  l'on  ajoute  ce  que  Marcion 
et  Di  ocle  avaient  écrit  sur  la  rave,  les  louanges  de  l'orge  mondée  par 
Hippocrate,    les    deux    volumes    sur    les   lettres   de   l'alphabet  p*^ 
Messale,    l'éloge   des  oignons   de  Pithagore,    celui  des  choux  cabus 
par  Caton,    l'autre   sur    les  choux  pommez  de  Crisippe,    et  d'antres 
compositions  grecques  et  latines  plus  ou  moins  imaginaires  sur  àcs 
sujets  de  la  même  portée.     C'était   donc  naturel  que  Lando  sui^"^^ 
un  chemin   tracé   par   des   écrivains   si  illustres,   d'autant  plus  q^* 
les  autres  genres  littéraires  sont  désormais  épuisés  et  qu'en  écriv^^ 
des  choses,  touchant  la  religion,  il  aurait  été  accusé  d'hérésie. 


^P       de 


POÉSIE   BURLESQUE   FRANÇAISE    DE  LA    RENAISSANCE.  397 

Dans  les  prologues  facétieux  en  prose  on  trouve  aussi  au  milieu 
des  paradoxes  les  plus  étranges  des  éloges  des  animaux.  Je  rap- 
pelle, entre  autres,  celui  du  Pourceau,  du  Rieueil  des  piiees  du  temps 
ou  divertissement  curieux  (La  Haye,  1685)  dû  à  la  plume,  comme 
nous  venons  de  le  dire  de  Guillet  Gorgeu  {Bertrand  Hardouln  de 
Saint  Jacques).  Le  pourceau  dit  l'auteur  „est  la  noblesse  mesme, 
puisqu'il  est  habillé  de  soye  depuis  la  tête  jusqu'aux  pieds".  Il  lire 
son  origine  du  roi  Porseiine  ou  de  la  famille  Porlia  do  Rome  et 
c'est  lui  qui  a  donné  naissance  á  l'agticulture,  en  montrant  de 
quelle  manière  on  peut  labouri-'r  le  sol.  Le  raisonnement  de 
Guillet  Gorgeu  et  de  ses  confrères  est,  dans  cette  matière,  tou- 
jours dans  le  goût  de  ceux  d'Ortensio  Lando  et  de  son  école. 
Le  sujet  que  l'on  exalte  doit  être  plat,  ou  bizarre;  ainsi  le  public 
pourra  admirer  la  manière,  dont  le  plaideur  se  tirera  d'affaire.  C'est 
pour  cela,  que  les  animaux  les  plus  ignobles  ont  été  chantés  le  plus. 


APOLOGIES  BURLESQUES. 

L'ortie,  le  cabas,  le  bonnet  et  le  tabac 
Le  sieur  Annibal  de  l'Ortigue  provençal  {Paris,  1617),  poussé 
à  cela  évidemment  par  son  nom,  entreprit  l'apologie  de  cette 
plante  si  détestée.  Il  faut  reconnaître  que  c'est  la  un  sujet  offrant 
plusieurs  difllculléd,  mais  notre  poète  se  tire  d'affaire,  sans  trop  de 
peine,  lui  domiant  des  origines  mythiques  et  des  qualités  théra- 
peutiques. C'est  là  une  méthode  bien  commune  aux  auteurs  bur- 
lesques. Il  parait  que  quelqu'un  avait  médit  de  celte  plante,  de  sorte 
que   cet    hymne   n'est,    á  son  tour,    qu'une  de  ces  défenses,    dont 

laissons  déjà  maint  exemple.  L'Orljc  fut  jadis  une  ber- 
gère „aussi  chaste  que  belle",  à  qui  la  chasteté  réussit  cependant 
fatale,  car  elle  dut  se  Iransformer  en  plante,  pour  se  soustraire 
aux  poursuites  des  amoureux.  Aujourd'hui  encore  elle  repousse 
les  indiscrets  qui  osent  s'en  approclier,  mais  en  bergère  bien- 
^isante  elle  répand  aussi  ses  grâces  sur  l'humanité  souffrante: 

„QdÍ  pouiioil  raconter  la  veclu,  la  bonté 
Qae  l'oiiie  a  puUé  de  la  divinili 
Soit  pout  esue  antidote  au  fatal  lusquïamE, 
An  s«rpeD(,  au  dragon,  k  tout  crapauC  inrame, 
A  guérir  les  poulmons,  et  la  ratte  et  te  flanc 
L'asttne,  la  pleuiesie,  ou  retenir  le  sang. 
La  morsure  des  chiens  que  lï  lage  possede: 
A  la  nèvre,  ì  la  goutte,  eslíe  le  vray  remede. 
Elle  guérit  ausïî  la  rougeure  des  yeux, 
La  tumeur,  la  cangicoe,  et  mal  coDla)peui 
Et  retire  le  fer  hors  de  plaies  mortelles. 
Sa  tacine  guérit  les  froides  cscrouelles  . . ." 
L'ortie  préoccupe    tellement  notre    poète  qu'il  lui  dédie  aussi 
un  sonnet,  toujours  dans  le  goût  de  cette  pièce. 


398  p.  TOLDOy 

Le  sieur  Âuvray,  dans  ses  louanges  de  Vescuefíe^  nons  oÉe  vn 
sujet,  qui  n'est  pas  sans  avoir  quelque  rapport  avec  le  verre,  dont 
nous  venons  d'entendre  les  louanges.^    Son  début  est  fort  solennel: 

,»Qui  loge  l'amour  dans  ion  ame 
Soaspire  l'amonrense  flame, 
Qui  voudra  d'un  ton  spandéen 
Le  cothurne  Sophodéen 
Faire  haut  retentir  et  bruire 
Roidisse  les  nerfs  de  sa  lire 
Et  que  par  ses  nombreuses  loix 
Il  trace  les  gestes  des  roix, 
Qui  est  guerrier,  guerrier  entonne 
Le  sang,  le  mort.  Mars  et  Bellonne. 

Pour  moy  d'un  autre  air  agité 

Je  chanteray  la  dignité 

De  l'escuelle  large  et  profonde  . .  .'* 

Il  se  propose  partant  d'en  célébrer  l'origine  illustre,  les  splendeurs, 

les  vertus   et   prérogatives   et  de  même   que   Ronsard,   dans  son 

éloge  du  verre,   il  trouve  que  son  escuelle  ressemble  au  del  poor 

sa  forme: 

„Escuelle  convexe  et  concave 

Faite  sur  le  patron  des  cieux", 

mais  la  plaisanterie   ici   est  poussée  plus  loin,  car  la  comparaison 
continue,  de  la  manière  la  plus  bizarre: 

„Car  tous  ces  orbes  radieux 
Où  reluisent  tant  de  chandelles 
Ne  sont  qu'une  pile  d'escuelles 
L'une  dans  l'autre  s'enchassant  . . ." 

Du  ciel   le  poòte   revient  sur  la  terre,    pour  nous  conter  comment 
Adam,  chassé  du  Paradis  terrestre,  dut  avoir  recours  à  la  première 
écuclle.     Les   patriarches    la  portaient   à  leur  ceiiiture.   Diogene  la 
considérait  comme  son  bien  unique  et  dans  les  royaumes  d'Apollon 
c'est   le   seul    souvenir    de   la   terre   que   les  poètes  puissent  y  re- 
trouver.   D'ailleurs  c'est  là  le  seul  bien  de  Thomme  vertueux.  ^^ 
trésors   du  monde   ne  sont  pas  pour  lui;    ils  doivent  servir  de  r¿' 
compense   aux   flatteurs,   aux  maquereaux   et   à  ces  petits  „chatû- 
pignons  d'un  jour,   qui  font  tant  de  bruit  à  la  cour",  la  main  sût 
le  pommeau  de  leur  épée  et  l'air  bravache. 


1  Voy.  un  article  de  Mr  Gian  dans  le  Giorn,  Sior,  della  leti,  ital  Ç^^\ 
p.  342  Gioviana)  où  il  die  un  capitolo  sur  la  Campana  contenant  ces  v^^' 
qui  renferment  une  allusion  évidente  à  un  autre  capitolo  sur  la  Scodella»  ^V^ 
je  n'ai  su  retrouver  nulle  part: 

(Les  poètes  burlesques)  „Parlan  de  T  orinal,  del  ravanello, 

Delle  ricotte,  delia  gelatina, 
Insin  della  scudella  e  del  pestello." 


POÉSIE   BURLESQUE  FRANÇAISE   DB   LA    RBNAISSANCS. 


399 


O  vous  tous,  s'écrie-t-il ,  qui  vivez  aujourd'bai  an  milieu  des 
splendeurs,  pensez,  que  rien  ne  saurait  étie  plus  variable  que 
la  fortune  ;  venez  donc  adorer  l'écuelle,  qui  représente  la  con- 
solation des  affligés!  Accourez  de  toute  paît  ô  vous  plaideurs 
sans  le  sou,  ó  vous  courtisans  qu'on  vient  de  mettre  à  la  porte, 
vous  pointes,  banqueroutiers,  courtisanes  que  l'âge  a  fanées,  em- 
pressez-vous de  rendre  hommage  à  t' 

„Escuelte  l'un  ¡que  esperance 
De  Ions  leî  gneni  qni  sont  en  France," 
On  voit  que  le  plan  de  cette  composition  est  assez  large,  et  que 
la  plaisanterie  s'élève  parfois  à  une  sorte  de  satire  mêlée  à  la 
philosophie  mélancolique  de  la  vie.  Cette  écuelle  représente  bien 
le  douloureux  retour  de  la  grandeur,  la  vieillesse  qui  avance  et 
la  fortune  nous  tournant  le  dos.  Au  fonds  du  tableau  parait  la 
ñgure  sombre  du  l}'ian  Denis,  tombé  du  haut  de  sa  grandeur  et 
ne  possédant,  après  le  royaume  perdu,  qu'une  misérable  écuelle, 
où  une  compassion  mêlée  de  mépris  jette  parfois  un  morceau 
de  pain. 

Guillot  Gorgeu,  c'est-à-dite  Bertand  Harduin  de  Saint  Jacques, 
dans  ses  prologues  facétieux,  essaya  lui  aussi  ce  sujet.  Son  apo- 
logie est  en  prose  et  répète  à  peu  près  les  argumentations  de  son 
prédécesseur. 

„Jupiter,  dit-il  entre  autres  choses,  dedans  quoy  goflteroit-il 
le  nectar  et  l'ambroisie  s'il  n'y  avoit  point  d'écuelle?  Junon  s'en 
sert  de  parasol,  Mercure  de  nacelle  lorsqu'il  va  pêcher  des  huîtres 
sur  les  rochers  de  Cancale.  L'or  et  l'argent  sont  sujets  au  larcin, 
notre  écuelle  de  bois  passe  en  assurance  à  travers  les  monts  Py- 
rénées, ne  craignans  les  fripons  ny  les  bandouliers.  Les  sergena 
n'ont  aucun  pouvoir  sur  elle,  et  quelque  saisie  qu'ils  fassent  dans 
ta  maison  de  son  maître,  elle  en  est  toujours  dispensée." 

Le  sieur  d'Auvray  ne  se  borna  pas  á  célébrer  l'écuelle.  Il 
chanta  aussi  le  bonnet,  nous  transportant  dans  le  domaine  de  la 
fantaisie  la  plus  bouffonne,  où  l'inspiration  rabelaisienne  paraît 
évidente, 

11  suffit  de  citer  ce  jeu  de  mots,  dans  le  goiîl  de  ceux  du 
curé  de  Mendon: 

„Beat!  bonnet  le  plas  honorable 

Que  bonnetier  qui  bonnet  a 

JamaU  bonne  ta  at  bon  neta." 
Ce    bonnet  a  la  qualité    de    pouvoir   prendre    les    formes    les   plus 
variées  et  de  servir  à  maints  emplois: 

..Tantosl  il  estoit  i,  plein  Tond, 

Tanlost  en  cercle,  en  demy  rond 

Puis  en  cani,  puis  en  ovale, 

Puis  eu  forme  piramidale, 

Ses  bords  retrousseï  Je  Irais  doigta 

Faisoient  une  eicueUe  de  bois. 


p.  TOLDO, 

Puis  quand  on  rclcvoit  son  Teste 
Cestai  t  UK  pMl£  de  te  quelle, 
Oo  le  (aisoit  en  cetvelals, 
On  en  chaperon  d'avocat, 
Eu  calotte,  en  bonnet  ä  prcstrc, 
r  Ì  pikr  salpestre, 


En  r 


n  de  a 


Eo  btayelle;  ea  vis  de  pressoir 

En  capuchon,  en  coquelucbe  . . .' 
et  airêlons-nous   id   car   autrement   nous   le  verrions  servir  à  des  ' 
usages    bien    plus    intimes   et   subir   des   métamorphoses   bien   j 
étranges.     Mais    ce    bonnet    avait    des    qualités    encore    plus   mer-    ; 
veilleuses.     Lorsque    son    maître   revenait  á  la  maison   entre    deux 
vins,    ce  qui  lui  arrivait  assez  souvent,  à  ce  qu'il  paraît,  il  n'avait   I 
qu'à  se  couvrir   de  ce  bonnet  fidèle  pour  voir  disparaître  aussitôt  ] 
son  malaise: 

„Puis  au  glou  glou  d'une  bouteille, 

A  l'ombre  d'une  épaisse  treille. 

Entre  les  lasses  et  tes  pots, 

Les  cerises,  les  abricots, 

Lci  cetveUU  et  le*  salade*, 

Ta  cliarmois  ses  esprits  malades." 
Ce  tionnet  avait  aussi  des  qualités  thérapeutiques.  Il  faisait,  par 
exemple,  cesser  les  douleius  de  l'accouchement  et  cette  vertu  lut 
venait  directement  d'Esculape,  auquel  il  avait  appartenu,  dans  le 
temps  jadis.  Il  avait  donc  vu  les  époques  les  plus  éloignées  de 
nous,  il  avait  assblé  à  l'cnlance  de  l'humanité,  au  siège  de  Troie, 
A  l'expédition  des  Argonautes  et  l'imagination  débordante  du  poète 
entoure  ce  petit  sujet  de  souvenirs  légendaires  et  le  fait  servir  de 
préteste  ù  toute  sorte  de  digressions. 

En  162Ô  (éd.  de  Paris)  un  anonyme  célébra  la  StAûinoJoxù 
ou  la  ¡«minge  du  ca&as,  sujet  qui  a  quelques  lappoits  avec  ceux 
que  nous  venons  de  voir.  11  s'agit  du  cabas  d'un  moine,  nommé 
frrrc  Jean,  ainsi  que  le  héros  de  Rabelais,  mais  c'est  un  moine 
pacifique,  aimant  la  bonne  table  et  les  cadeaox  des  fidèles: 

„La  dedans  il  met  mille  drogues,  ' 

Ici  du  baïao,  U  des  drogues, 

Li  du  benie,  icy  des  boudins. 

Du  noir  Ì.  aoirdr,  des  espïns. 

De*  ctuunpîfBODS,  des  escrerisses" 
et  ce  n'est  là  que  la  moindre  partie  des  choses  que  ce  cahas  ti 
veilleox  recèle  dans  son  sein  et  que  l'on  ne  s'étonne  pas  trop  d»  1 
•  ce  ({n'un  simple  cabas  i  one  capadle  si  e 

aD  est  i  la  mei  comparable 

Qac  la  moltilade  iaaombnble 

Des  eau  tjai  Tieiuent  de  dchois, 

Qu«  b  desccDic  des  riiicrct. 


lordin&ÌTe: 


s  padoM  le  ni—  al  ñd^  B  ^cn  ot  pas  boïds  Mile,  ar,  en 
en  de  pine,  3  abdto  h  Ite  dn  Moñe  et  i^  bit  dnad,  a  n'y 
■  pat  d'onfaiele  Bteütese  oootK  ks  OTons  da  aoleS,  cafin  M 
fait  da  vent  bfae  Jean  ^oi  asoqa^  \mOIì^  por  ce  bomMt  »• 
prorâé  et  s^  doit  A'i^nager.  le  caima  hà  aat,  poar  tmupaiter 
toa>  ae%  c&tt.  £i  ce  n^eat  pas  milrronl  aa  maiDe  qw  le  cabas 
rend  de  s  grands  m  vices: 

JS  «ft  *ai  iltcaks  de  racbe, 

n  mt  de  (Htc  à  b  guoiutiie. 


L'apologie  da  tabac  da  near  de  la  Gaienne  (Grenoble,  1657) 
BOUS  innipnte  dans  bd  aäUea  phn  ntoderne.  11  y  a  bien  estenda 
des  somreniis  de  la  mélbode  aohrie  pac  les  anciens  poètes  du  bar- 
leaqne;  on  loue,  par  exnstple,  les  mtiB  taédicales  de  cette  kxah 
précieuse,  faisant  dÉtpaïaHie  fa  goBUe  et  le  cJanœ  ^  il  r  ansai 
des  bisarreñes  d'anUe  gems,  Colooib  qui  déconvre  le  Noavesn 
HcMtde  fatnant  sa  p^>e,  le  grand  Henri  ren^Mxtant  ses  victoñes  à 
Taide  de  ce  narcotiqae,  mais  die  renCenne  toutefois  qodqoe  chose 
de  noaveaa  et  de  vrai,  là  o&  le  poète  peint  le  ftmient  plongé 
dans  one  soste  de  r£«eñe  el  oubliant  les  misères  de  U  ñe  réelle: 

^jtat  b  pipe  en  main,  Ii  s^TiaLe  imatèt 

Q«j  «on  lie  U  dedans, 

h^ife  oat  dcsscim  et  d'Emi  et  d'nmèe  ...  . 

M'ta-^  jmaû  resrf  le  coode  sa  b  ubie,  | 

Et  U  ptpe  i  la  mun?  | 

Teat  «e  tjat  doo  ptmam  mai  sanUe  iadnlHtable 

Cet  appBi  ddeclable 

Hou  empetcbe  d'iioir  soocf  do  kndonun." 


La  gourmandise   des  poètes   burlesques. 
Rabelais,  dont  l*in0aence  a  été  si  sensible  en  France  pendant 
tout    le  XVIl"  siècle,    avait    recommandé    à    ses   disciples    de    faire 
bonne  chère   et  de  boïie  frais  et  il  va  sans  dire  que  ceux-ci  lout 
poètes  et  pauiTes  qu'ils  étaient,  firent  de  leur  miens  pour  lui  obéir. 
En  général  nous  les  voyons  à  table,  la  Irogne  ronge,  te  verre  haut, 
chantant    et    riant    aus    éclats;    le    verre    est    chanté,    sur    tous    les 
Ions,  et  c'est  bien  entendu  pour  en  célébrer  le  contenu,  pIutAt  que 
l'éclat  cristallin.     On  connaît  le  Discourt  du  verre  de  Ronsard. 
Le  verre,  par  sa  forme  et  par  sa  splendeur,  lui  rappelle 
„Le  rond,  le  creux  et  la  couleur  du  ciel." 
Zaodir.  l  nu.  Phil  XXV.  j6 


402  p.  TOLDO, 

Il  n'oublie  pas  non   plus   qu'on  lui  attribue  la  vertu  de  se  briser, 

si  Ton  y  met  du  poison: 

„Qui  aimes  mieux  en  pièces  t'en  aller 
Qu'à  ton  seigneur  la  poison  receler*', 

maïs,  dans  sa  pensée,  le  contenant  finit  par  se  confondre  vite  le 
contenu  et  le  verre  reçoit  les  louanges  qui  sont  dues  plutôt  an  vin: 

„Toy  compagnon  de  Venus  la  joyeuse, 

Toy  qui  guâris  la  tristesse  espineuse, 

.  .  .  toy  qui  nous  changes,  toy 

Qui  fais  au  soir  d'un  crocheteur  un  roy." 

C'était  là  un  sujet  qui  avait  intéressé  en  Italie  maint  poète,  le  Tan- 
sillo  par  exemple  et  messer  Bino,  qui  dans  son  òicMere,  célèbre 
lui  aussi  le  verre  sur  toutes  les  autres  tasses.  11  n'y  a  à  mon 
avis  d'autre  point  de  contact  direct 

Jean  Godard,  vers  la  même  époque,  fit  l'apologie  du  Flûscoih 
parent  très  proche  du  verre,  et  dont  la  moindre  vertu  n'est  pas 
celle  de  réchauffer  la  muse. 

„Le  vin  qui  coule  au  col  d'un  flascon  qui  gargouille"  excite 
la  fantaisie  bien  plus  que  l'eau  jaillissant  sous  le  pied  de  Pégase. 

Un  autre  poète  de  la  Pléiade,   Remy  Belleau,   devait  revenir 

sur   ce   sujet.  1     Dans  son  hymne  à  la  Coupe  de  crystal^   Failure  est 

solennelle,   et  peut   se  rapprocher  de  plusieurs  débuts  de  poésies 

burlesques  d'Italie: 

„Chante  qui  voudra  les  faveurs, 

Les  mignardises,  les  douceurs. 

Les  souspirs,  les  plaintes  cruelles 


Quant  à  moy  je  ne  chanteray 
Que  ceste  coupe  crystalline, 
Qui  pleine  de  la  douce  humeur 
Du  Dieu  qui  nous  met  en  fureur. 
Me  va  réchauffant  la  poitrine." 

Lui  aussi  oublie,    comme  on  le  voit,    le  cristal   pour   le  vin  et 
aussi  exalte  le  verre  sur  toutes  les  autres  coupes: 

„Les  vases  d'or  ne  me  sont  rien, 
Ny  le  bronze  corinthien, 
Ny  tous  les  émaux  de  Fayence; 
J'aime  trop  mieux  dedans  la  main 
Voir  jusqu'aux  bords  ce  verre  plein, 
Que  tous  les  sceptres  de  France  . . ." 

Un  troisième  poète  le  sieur  Auvray  chante  à  son  tour,  et  à  "t-^ 
certaine  distance  de  temps,  ce  verre  précieux,  qui  renferme  la /^ 
et  la  jeunesse.  Sa  poésie  s'approche,  pour  la  forme,  d'une  ccy 
position  du  Lasca,  car  le  poète  italien,  aussi  bien  que  le  franco 

1  cfr.  éditíon  Paris,  1867. 

*  cfr.  éditon  de  Rouen,  1623. 


POÉSI£  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA  RENAISSANCE.  403 

Doos  présente  ce  sujet,  sous  la  forme  d'un  chant  de  carnaval.  Mais 
le  Lasca  dans  son  chant  „degli  specchiai"  laisse  de  côté  les  verres 
pour  nous  entretenir  des  miroirs,  de  sorte  que  la  ressemblance  est 
tout  à  fait  flottante  et  incertaine.  On  ne  saurait  en  effet  con- 
sidérer comme  un  point  de  ressemblance,  Téquivoque  obscène,  qui 
anime  également  les  deux  pièces.  C'est  là  un  des  caractères 
généraux  de  toute  poésie  burlesque.  Les  verriers  du  sieur  Auvray, 
se  présentent  aux  buveurs,  par  un  début,  qui  tout  en  rappelant 
kt  verriers  de  la  noble  Italie  se  rapproche  bien  plus  de  l'œuvre 
de  Rabelais  que  de  celle  du  poète  italien: 

„Vous  ennemis  mortels  de  la  melancholie 

Venerables  beuveurs  aux  fronts  enluminez, 

Embrassez  les  verriers  de  la  noble  Italie, 

Car  ils  font  des  pinceaux  à  vous  peindre  le  nez." 

Ici  encore  le  verre   et   le  vin   se   confondent.     Cest  le  verre  qui 
inspire  les  poètes  car 

„...  beaucoup  trouvent  plus  de  fureurs  prophétiques, 
f  Au  verre  de  Bacchus,  qu'au  trepié  d'Apollon** 

^  il  inspire  aussi  „les  mariages,    les  pleiges,    les  marchez,    et  les 

transactions"  et  les  hommes  sans  lui  ne  seraient  que  des  sauvages. 

^  vin  en  adoucit  les  mœurs,  noie  les  soucis,  acquitte  les  dettes, 

00  au  moins  les  fait  oublier,  révèle  les  pensées  secrètes,  pousse  à 

^  cordialité.     Id  l'auteur  a   bien  l'air   de   s'apercevoir   qu'il   fait 

^osse  route  et  qu'on  pourra  l'accuser  de  chanter  le  vin  au  lieu  du 

^^n-e,  mais  il  s'en  tire  sans  façon,   en  déclarant  que  le  verre  re- 

Pr^nte  le  vin,   aussi  bien  que  le  lierre  représente  Bacchus.     Les 

^ers  acquièrent  un  certain  brillant  de  forme: 

„O  gentil  joly  verre,  ô  joly  gentil  verre, 
Joly  verre  gentil,  gentil  verre  joly" 

^^  l'auteur   s'élance   de   comparaison   en  comparaison;    on  a  beau 

l^tier  la   musique   de   quel   que   ce  soit  instrument,   le  guerrier  a 

^^au   vanter   les  exploits  de  ses  armes,    le  berger  son  chalumeau, 

^   chicaneur   sa  plume  et  l'enfant   sa  poupée,    le  verre   qu'il   lève 

^^*^l>asse  toute  chose.    Le  paradoxe,  on  le  voit,  consiste  dans  l'exa- 

^^ration.     Ici   les   verriers   entrent   dans    certains    détails    de   leur 

^^Uer,   ce   qui   leur  permet  d'exposer  une  aventure  galante,   dont 

^   ont  de  bonnes  raisons,  pour  se  repentir  ensuite. 

Saint  Amant,  quatrième  en  date,  chanta  lui  aussi  le  verre,  ou 

pour  mieux  dire  la  verrerie  et  s'il  ne  parle  pas  ici  tout  exprès  de 

^  liqueur  que  la  coupe  chérie  est  destinée  à  renfermer,  c'est  qu'il 

^vait  déjà    dédié    les    inspirations   les   plus  ardentes   de  sa  muse 

altérée,  à  toute  sorte  de  boissons.    D'ailleurs  même  ici  il  parle  de 

»l'ardeur**  que  , 

^  „mon  ame  advoue 

Pour  ce  vase  ou  rit  ce  nectar.*' 

^3înt  Amant  dédia  un  hymne  à  la  Débauché)    c'était  pousser  son 
^thousiasme  un  peu  trop  loin  et  sa  passion  bien  coimue  pour  la 

26» 


404 


p.  TOLDO, 


liqueur  de  Bacchus,   ne   lui   fît  pas  oublier  celle  de  la  déesse  Po- 
mone.     En  s'adressant    au    comte    de  Bríonne,    il    célèbre    le   cidre 
ayant  l'air  pour  le  moment  de  dédaigner  toute  autre  boisson: 
„Que  le  jus  dilicnt  des  pomm» 


;  puis  lasser  d'ej 


5  y  noyant; 


Je 


Et  mon  oeil  est  comblé  de  gloire 

De  la  voir  ainsi  Üamboyint." 
Nous  avons  entendu  les  poètes  d'Italie  chanter  plusieurs  sortes  de 
fruits.  ,J^  poesia  de  la  frutta"  pendant  quelque  temps  appartint 
en  propre  à  la  poésie  descriptive;'  c'est  ensuite  que  le  burlesque 
s'en  m61a  et  le  burlesque  ici  consiste  précisément,  dans  l'esagé- 
ration  des  louanges. 

Le  Burchiello^  envoie  des  fruits  et  en  chante  les  louanges; 
le  Berni  exalte  les  piches,  comme  il  avait  chanté  les  ghiozzi,  les 
anguilU  et  les  cardi,  c'est  à  dire  en  véritable  gounneL  Le  Molza 
se  fit  l'apologiste  des  figues;  Andrea  Lori  des  pommes  et  des 
marrons  et  Matteo  Franco  avait  déjà  célébré  la  salade  et  la  ma- 
nière dont  il  l'assaisonnait.  Le  Molza  revint  plus  tard  sur  le 
m'orne  sujet;  le  Ferrari  chante  la  saucisse,  la  tourte  et  d'autres 
gloutonneries  et  il  n'oublie  pas  les  artichauts;  enfin  tout  po^te 
burlesque  de  la  Péninsule  avait  son  plat  chéri  et  son  fruit  préféré. 
£n  France  le  fruit  le  plus  célèbre  est  sans  doute  le  Melon. 
Jacques  Bereau^  en  exalte  l'origine  divine  et  les  mérites  excep- 
tionnels: 

„Td  passes  tout  autte  fruit 

Que  la  tette  nous  produit 

Ed  grande  bonl¿;  lu  passes 

En  beauté  l'oi,  lu  surpasses 

En  Trlandite  et  douceur 

Sucre  el  miel,  et  cd  odeur 

Le  bausme.  le  musc  et  l'ambre." 

Bereau,  de  mime  que  ses  confrères  du  burlesque,  recherche  dans 
le  fruit  dont  il  prâue  les  qualités,  une  action  thérapeutique  plus 
ou  moins  merveilleuse.  Le  melon,  si  on  veut  lui  en  croire,  rend 
la  vue  aux  aveugles  et  en  outre: 

Le  visage  lu  palis; 

Tu  detreuipes  et  nioUs 


De  propice  médecine 


»  Voyei    dan!   le   Giorn.  ¡tor.  della  !etl.  ilal.  XIX  p.  55    un   article    de 
Mr  Novali   „Le  poesie  sulla  natura   delle  Frulla   e  í  canterini  del  e 
Firoue".     Voyez  aussi   Giorn.  cité  XVIII  p.  336  sqq.  et  XXI  p,  47 

■  id.  citée  de  Londres  p.  1 10. 

■  cfr.  éd.  du  Cabinet  du  bibliophile,  1885, 


POESIE  BURLESQUE  FRANÇAISE  DE  LA  RENAISSANCE.  405 

Sot  poor  le  vomissement; 
Ta  fenüfe  est  allégement 
De  la  cuisante  blessenre; 
Tn  es  contre  la  morsure 
Des  chiens  plein  d'utilité." 

Enfin  même  dans  les  signes  extérieurs,  le  melon  parle  une  sorte 
de  langage  figuré. 

L'Ortigue  revint  sur  ce  sujet,  sans  lui  donner  aucune  forme 
nouvelle;  Brébeuf  (Poésies  etc.,  Paris,  1658)  le  prit  plus  au  sérieux, 
se  mettant  directement  en  scène: 

,,Quelle  odeur  sens*je  en  cette  chambre? 

Quel  doux  parfum  de  musc  et  d'ambre 

Me  vient  le  cerveau  resjouir?" 

Et  le  poète  est  aux  anges  lorsqu'il  retrouve  „dans  un  panier  rempli 
de  vert*'  ce  fhiit  délicieux.  D'ailleurs  lui  aussi,  de  même  que 
Berean  et  FOrtigue,  s'extasie  devant  les  dessins  mystérieux  de 
sa  peau: 

„La  nature 

Par  une  admirable  structure, 

A  voulu  graver  à  l'entour 

Mille  pbdsans  chiffires  d'amour^ 

et  il  en  recherche  aussi  les  vertus  cachées  et  les  origines  divines. 

Un  anonyme,  au  début  du  XVn*  siècle,^  célébra  la  salade  de 
même  que  ses  prédécesseurs  italiens,  seulement  il  a  Tair  de  prendre 
plus  an  sérieux  son  sujet  J'appartiens,  s'écrie-t-il,  à  l'école  de 
Pjlhagore;  je  hais  ceux  qui  se  nourrissent  de  victimes  sanglantes: 

„Le  cœur  sans  mentir  me  fait  mal 

A  toutes  les  fois  que  je  pense 

Que  la  panse  d'un  animal 

Entre  dedans  une  autre  panse" 

®'  ici  il  nous  décrit  tous  les  mets  que  le  règne  végétal  nous  ofire. 
^  invite  partant  son  lecteur  à  se  promener  avec  lui,  à  la  cam- 
P^ßöe,  pour  y  rechercher  ce  qu'il  faut  pour  la  composition  de  sa 
^<le  modèle: 

„Sans  aller  plus  loing  que  chez  toy, 

Donnons-nous  une  promenade, 

Nous  trouverons  assez  de  quoy 

Pour  composer  une  salade. 

Desia  desia  rit  à  mes  yeux 

Cette  plantureuse  laictûe 

Qui  d'un  pourpre  au  sang  précieux 

Est  à  la  Romaine  vestue  . . ." 

^  ^  laitue  est  suivie  par  une  foule  d'autres  herbes,  dont  j'épargne 
^^  lecteur  Ténumération.  Il  suffit  de  rappeler  que  dans  sa  salade 
_^^t,  de  même   qu'en  Piémont   et  en  certaines  parties  du  midi 

^  La  salade  bibl.  Mazarine,  Paris. 


406  p.  TOLDO, 

de  la  France  „le  pourpier,  le  persil,  l'oieille  ronde,  la  violette" 
et  qu'il  se  moque  des  Italiens  qui  mangent  le  cresson,  tandis  qne 
de  nos  jours  ou  n'en  mange  presque  pas  en  Italie,  et  que  tont 
le  monde  sait  l'usage  qu'on  en  fait  en  France.  Il  rit  aussi  de  ce 
que  les  Italiens  emploient  d'autres  herbes,  inconnues  au  delà  des 
Alpes,  pour  la  composition  de  la  salade: 

„Les  Italiens  sont  jolis, 

Qui  mangent  el  mEsme  à  Florence, 

Lu  feuille  de  ces  pissc-en-lis 

Dont  nous  oc  tenons  conte  en  France" 
ce  qui  démontre,  entre  autres  choses,  que  l'auteur  anonyme  avait 
une  certaine  connaissance  de  la  cuisine  italienne  et  qu'il  avait 
probablement  voyagé  dans  la  Péninsule,  ce  qui,  outre  au  goût 
pour  la  salade,  lui  avait  donné  celui  du  burlesque. 

Après  les  fruits  de  la  terre  voyons  ceux  de  l'industrie  humaine. 
£t  voici  tout  d'abord  le  fromage  que  les  végétariens,  eux-mêmes, 
ne  dédaignent  point.  Le  fromage  dit  L'Ortigue  (1617)  dans  une 
pièce,  qui  porte  ¡itécisément  ce  titre,  vaut  beaucoup  mieux  que  le 
nectar  de  rOI}'mpe.  Le  lait  est  la  nourriture  la  plus  saine  et  la 
plus  simple,  qu'on  puisse  désirer;  Jupiter  lui  doit  la  conservation 
de  sa  vie.  aussi  bien  que  les  plus  simples  mortels.  Quant  au  fro- 
mage, s'il  n'avait  d'autre  vertu  que  celle  d'i^tre  agréable  ¿  la 
déesse  des  amours,  il  mériterait  bien  l'estime  de  tout  le  monde. 
Mais  ses  mérites  sont  bien  plus  nombreux,  sa  saveur  délicieuse 
l'emporte  sur  toute  sorte  de  mets  et  ici  le  poète  passe  á  l'éuumé- 
ration  des  fromages  les  plus  connus  de  l'Italie  et  de  la  France. 

Saint  Amant  revint  sur  ce  sujet.  C'est  dans  une  sorte  d'hymne 
bacchique,  au  milieu  de  ses  compagnons  de  débauche,  que  la 
muse  l'iuspire  ici  comme  à  l'ordinaire: 

„Assis  sur  le  bord  d'un  chantier 

Avec  des  gens  de  mon  mestier, 

C'est-à-dire  avec  une  trouppe 

Qui  ne  jure  que  pir  U  couppe 

Je  m'escrie,  en  laschanl  un  tot! 

Beoy  soit  l'excellent  Buoi! 

Il  nous  a  doui  d'un  fromafje 

A  <]ui  l'on  doit  bien  rendre  hommage, 

O  Dieu!  quel  manger  ptecieoi! 

Quel  goust  rare  et  delideux  . , . 

A  genoui  cnTans  debauchei, 

Cliers  confidents  de  mes  pechei 

Suz!  qu'Î  plein  gosier  on  s'i^cric 

Beny  soit  le  terroir  de  Brie!  . .  ."■ 
Après   s'être    écrié   qu'il    n'y    a  aucun    fromage   qui  puisse  se  rap- 
procher  de   celui    de  Brie,    il    reprend    le  vieux    sujet  de  l'origine 
divine  de  ce  qu'il  loue,  qui  doit  être  formé: 

„De  la  quintessence  du  lait 

Qu'on  lira  d'Io  transformé^" 


I 


I 


FOÉSB  BCXLBQCB   FKASÇAISE  IM  LAfl 


et  de  sa  valesr  en  BtéaeÒBEB,  cu  m  h  m .  pg^MÌ^nt  [a  paRÌIma\, 
ñen  ne  saurait  ['égaler  comne  trt^rtwaifi  SiDvIgre  cnue  làpàtilioir 
do  Bâne  motif  bsrleaqne^  3  j  dus  ocOe  ompuoüiijn  biiKonp 
(Peutnia  et  de  verve.  Ses  coMpttgooaa  s'en  (kjanott  à  OBiit  joia 
et  le  poète  legiette  de  «os  dJ^wñllTe  devant  lu.  es  qHÏ  impiftt 
sa  Base  et  charme  sou  poiaiL 

Le  fromage   dev-ist  pont  Sûtt  Amsnt  nt  s^et  hMÛ    Agolft 
celui  de  Biie,  ü  cbaata  le  frange  eie  Canal: 


Ob  tea  ecu  troia  i^aaaa,  bin«  tonpawao  tt  *w* 
Lb  pointe  ds  cDo«^  aaOl*  vdae*  «mue 
Qb*«!  poids  de  ccUcs  4'o(  Oft  denott  MCtlte  cb  nuu«!*' 
Sod  admiiatioD  pour  le  ^mage    ne  loa  ecDfitebe  pas  dTaiOaiKB  d» 
teconnaitre   les  Eoérites  tum  atoms  édatuis  du  jaaboa  ^tt"!!  bxt» 
daos  one  loogne  épîDe  adressée  an  baron  de  Meta^^  teqwl  waaát 
de  Im  ea  envoyer  on  aas  Tonnes  gigaaUsqBas: 

„Ce  mont  de  chiii,  ce  pnM)Í|e  ile  htiL** 
Mata   avec   le  jambon   il   n'oublie    pas   on   ItoûUaa»   frriMji  W 
Roquefort  et    le    vin    dont   il   l'arrose    aboodaiBBeoL     L»  juábOM 
loi   est  apporté    par    un    valet  Suisse,    doitt    Q  rvgtodiA  Mtnagv 
français    eC   le  poète   se   plaît  ensuite  à  nous  dècïâ«  i  iHliMllt  tat 
cuit  ce  mets  d^lidens,  qui  distingue  tes  chrétiens  des  jotK  wmwrt 
oa  le  servit  et  l'enthotisiasme  de  ses  compagnons  d«  d^baïKfa«: 
,1^'  l'ectui  DcsDc,  an  giaod  mol  át  junbon. 
De  looi  ccMtu  ridUoil:  bun,  bon,  bon." 
Varchi  avait  dianté  en  Italie  le  pimr  et  le  mUti  dn  (wA,  M 
El  avait  bit  allusion  aussi  à  l'teuf  de  Pâques.    Jacques  de  FonWey 
célébra.    Ì  sm  tonr,   ce  snjet  (t6i6)  mais  d'une  ukanii^re  Indépen- 
dante da  modèle  itafien.    11  commeuc«  par  une  invM»t)ou  mytbo- 
logiqae  en  pteine  rdgle: 

„Je  Toni  invoque  6  DioKiir«i" 
B¿i  d^  iKti,  de  Boéme  qne  les  divinités  les  plu*  t>l«liffci«fc»lca  il«« 
refigioM  de  ^antiquité   et   il    continue   en    parlant    de    la    ikímic« 
ifiocoÊpiqa^,  au 

„jufii  In  masti 
De  VœaS  tìtaieat  Uon  pnttga^" 
De  aa  valev  contte  les  soniliyes  et  le«  esprits  d«a  (¿nèbna  M  d» 
doiwhtc  de«   légendes    passant  i  celui    de  ta  téalM.  U  e«  suit« 
mort  mUI»   la  valeur   médicale   et  surtout   son  tanpoinanoa  dans  h 
totkse: 

1,^"  médecine  U  «t  rî]o1s 
Comme  notrillr  et  nquU, 

.  qn'il  tlImMI« 


^er   que  sa   démonstration   s'appuie  entièrement  sur  les 
;  la  science,  il  ajoute  que: 

L«s  Selemtei  font  des  ceors 


Soni  plus  foru  ayant  cinq  aiiDiet  . 
Que  DOES  aux  viiilles  jouinéls." 


Sur  la  terre  il  ajoute  que  l'œuf  représente  le  prindpe  de  toute 
chose  et  de  la  lune  revenant  que  les  Romains  commem^aient  tou- 
jours ,^b  ovo"  leurs  banquets;  l'œuf  justifie  l'expression  de  „porter 
le  poullet"  car  il  sert  à  écrire  en  cachette,  enfin  il  n'y  a  presque 
rien  où  il  ne  soit,   on  ne  pourrait  plus  utile. 

L'anonyme  enthousiaste  de  la  salade  se  serait,  sans  doute,  scan- 
dalisé en  entendant  les  hommages  qu'un  autre  anonyme  rendait 
vers  la  même  époque  à  Va¿/oyau.>  Cet  apologiste  de  la  %'iande 
commence  par  rappeler  certaines  pièces  badines,  qui  ont  précédé 
la  sienne: 

„Si  Roüillard  s'est  esbïtlu 

Sui  1«  renom  d'un  Testa 

Qn'on  miserable  asne  mange: 

Si  Pasqukr  en  la  louaog« 

De  la  puce  de  FoicticTS 

A  du  bmit  en  nos  quartiers; 

I-ooant  i'flUoyan  j'cjpere 

La  faveur  autant  prospere, 

Voire  plus:  car  le  subiect 

Est  plus  noble,  moins  abiect." 
Il  est  prouvé    par   des    documents    que   le  poète  connaît  fort  t 
qu'Hercule    ne  mangeait   que  du  bœuf  et  précisément  celte  pa 
du  bœuf  dont  il  chante  les  mérites: 

„Aui  gcanU  membitis  et  font 

Aui  BtUeies  grands  de  coipi. 

Les  cbùrs  groues  et  chamuei 

Plaisent  mieux  que  les  menues: 

Les  poussins,  le»  pigeonneaux, 

hcs  bisets,  les  cslounieaux. 

Les  moineaux,  les  allouetles. 

Sont  pour  les  maiionnelles 

Pou  les  petits  marjolets 

Pour  les  petits  bommelets 

Qui  n'osent  paroislre  en  rue. 

Tant  ils  ont  peur  de  la  grue." 
Enfin   l'auteur    se   déclare   partisan    de  cette  cuisine  t_ 
rait  de  nos  jours  anglaise,  composée  surtout  de  viande  bien  nutri- 
tive et  il  combat,  non  sans  une  pointe  de  sérieux,  l'abus  des  sauces 
et   de    tout    ce    qui    cause    „les  erudite:  indigestes".     L'alloyau  est 

'  Bibl.  citée. 


i  appelle- 


FOäSIE   BURLESQUE   FRANÇAISE    DE    LA    RENAISSANCE. 


409 


exquis  quelle  que  soit  la  manière  qu'on  l'apprête.  Même  sa  fumée 
a  cette  vertu  nutritive  si  ¡mpoitante  pour  notre  poète,  qui  rappielle 
:e  propos  le  débat  si  connu  et  dont  avaient  parlé  Rabelais  et 
Bonaventure  des  Periers,  entre  un  pauvre  homme  mangeant  son 
pain  assaisonné  au  parfum  de  la  fumée  du  râti  et  le  rôtisseur  qui 
voulait  se  (aire  payer.  On  sait  que  la  question  fut  décidée  de  la 
sorte:  on  ordonna  au  pauvre  homme  de  payer  la  fumée  par  le 
son  de  son  argent. 

Les  divinités  supérieures  ne  pouvaient  s'apaiser  que  par  des 
sacriñces  d'immenses  rôtis  et  ici  l'auteur  passe  á  la  description  de 
la  manière  dont  on  doit  cuire  l'alloyau,  tourné  par  une  main  in- 
telligente.    La  conclusion  est  très  appropriée  au  sujet: 

„L'amy  que  j'aime  d'amoui 

Aïoit  diet  qu'à  mon  ttlour 

J'en  tiouvcrois  un  en  bioche. 

L'heure  du  souper  approche, 

Adieu,  bon  soir,  bonne  nuit." 
Ce  chevalier  de  l'Hermite,  dont  nous  avons  fait  déjà  la  connais- 
sance, au  milieu  de  ses  flatteries  adressées  à  tous  les  puissants  de 
la  cour,  paya  lui  aussi  son  tribut  à  la  mode  du  temps,  en  célébrant 
¡a  Cassole  dt  monsieur  de  Quitaul  présentée  à  la  reine.  C'est  une  bien 
pauvre  chose  que  cette  louange  d'un  mets,  délayée  dans  une  longue 
composition  fade  et  ennuyeuse.  Cette  Cassole  a  maintes  vertus; 
son  parfum  délicieux  éveille  l'appétit,  mais  son  mérite  principal  est 
celui  d'exciter  la  soif.  Et  la  soif  fait  boire  du  vin,  le  vin  donne 
de  la  vigueur  et  du  courage,  de  sorte: 

„(qu')  Elle  est  cause  de  U  vicloirc 
Que  Dous  eusmeB  devant  Rocroy 
Et  de  tant  d'autres  que  je  ctoy 
Qu'oD  n'eût  paa  emporte  sans  boire." 
On  ne  saurait  être  plus  fade  et  c'est  ainsi  que  l'hymne  à  la  Cassole 
finit  dans  celui  du  vin.      Et  le  vin  n'est  pas   seulement  célébré  en 
poésie.    Une  foule  d'imitateurs  de  Rabelais,  d'autres  s'inspirant  aux 
modèles  classiques,   en  exaltent  les  mérites,   sous  toutes  les  formes 
possibles.     Je   rappelle  ici  une  pièce  presque  inconnue  „le  bragar- 
dissime    et  joyeux    testament    de    la    bière"    imprimé    en    i6li    et 
dédié    „aux    magnatu'mes    biberons    pour    les    festes    de    Caresme- 
prenanl".'    Le  titre  révèle  assez  clairement  le  but  de  l'auteur  ano- 
nyme.    Cette  composition  en  prose  appartient  au  groupe  littéraire 
.         se  rapportant  au  Careimt-pretianI;    la  bière  vaincue   par  le  vin  dé- 
clare de  baisser  les  armes  devant  luí. 

„Cest  trop,  dit  la  bière,  c'est  trop  rogner  en  ce  monde,  faisant 
^_  languir  les  humains,  il  est  temps,  il  est  temps  que  je  meure,  sans 
^L     regretter   mon   trespas,    la  nécessité  le  requiert,    que  je  cedde  ma 

^^  >  BM. 


>  BM.  MmarÏM, 


p.TOisio,  rotsa  bukusqoz  vbamçusk. 


place  à  Bacdios.  Je  sots  mondaÎDe,  et  ctmiBe  "■'»"^■'™'  faaï 
momir."  Des  pensées  de  révolte  contre  la  paìaBuice  dn  Dien  de 
la  ngoCi  se  présealent  à  l'esf^n  de  la  boissoD  moiiiBDte^  toaû 
die  finit  par  recoDoaltre  ses  lorts  et  que  sa  mort  est  trien  méiilie; 
^das!  je  ncopuois  biea  qœ  j'ajr  oBsé  beaaoottp  de  tnraUea 
dans  ta  Fmnc^  ven  qae  tel  eMoit  viguueux  et  magnaniiiw,  qni 
n'ert  píos  rkn  qn^nt  pokion".  Le  tgüamciil  dicté  avec  one  s»- 
knoité  comiqae  est  conçu  en  ces  tennes:  «I^ùbbib  notifico  omnìbiu 
stogoUsqne  lenombm  et  posteritatì,  qne  i  canse  de  appnqñnqna- 
tione  moctis  je  laisse  an  temps  ses  poinoin  et  aes  amboiitez,  an 
Soleil  la  cotme  de  roneol  à  l'ocddënt,  et  dn  midi  an  septentrion, 
aux  afcnif»  et  i  oeox  qui  ont  le  ventre  coosn  comme  la  mar- 
mite des  oocdelien,  mes  biens  et  facaltex  pont  dompter  patiem- 
ment lean  appétits:  aux  Allemand  Flamans,  An^ots  et  Htrilandoîs* 
les  mmfiis,  les  pleors,  et  les  lamewlatiops  à  mes  valets;  i  oea 
pannes  gaileUeds  de  ta  tristesse  abondamment,  nne  (orme  de 
':  quant  et  quant  d'estre  à  jamais  très-capables  macqne- 
:  attx  diandeUien  et  regiaUiers  de  la  nlle  no  morcean  de 
r  le  amr,  broyé  dans  nn  barjr  de  monstatde:  i  ceux 
qm  m'ont  trop  caresses  des  chandepisses  i  foisiHi  et  des  flnz  de 
ventie  1  grand  nombre.  Je  laisse  et  resine  anssi  par  ces  présentes 
i  Baochns  b  dommation  de  mon  Empire  ..."  A  la  mort  de 
■™^"^  la  Bières  lovs  les  bnveiiis  snoés  1  Bacdms  font  reteatir 
leur  joie  et  ils  applaudissent  le  coïkqnéreiir  de  linde  qni  bât  retoor 
en  Fiance^  Vive,  s'écne  le  poète  .ton  bon  ñsage,  risage  bean, 
visage  mbicon,  ñs^  qne  jlionore  conme  les  entraUles  d'nn  pot 
de  ni^  nsage  phs  vermeil  que  b  tos^  pins  pcecieax  qne  le  dia- 
rnenl,  pins  majesmenx  qne  tonte  la  biivK  dn  mande". 

On  était  bien  pins  dans  le  rrai,  dans  ces  losanges  pcodigoées 
i  la  bonne  laMe  qne  dans  tons  les  paradooces  piécédents  et  les 
écrnaîns  barksqnes,  cbantant  la  bqnenr  de  Bag^ns,  les  sanrîsaes, 
les  jambons  et  les  Emits  exquis  démontrent  on  entbonaÎBSne,  qii 
n'est  p*s  tovjoors  d'emprant,  et  bien  sonoenl  jb  poossent  des  héia, 
poor  tons  ces  biens  dont  ils  sont,  en  paorres  poètes, 
privés. 


I 


lieber  Lope  de  Tega'a  £/  Castigo  sin  Venganza. 

Von  der  grofsen  Zahl  Schauspiele  Lope  de  Vega's  die  auf 
uns  gekommen  sind,  glânït,  unter  vielen  ganz  vorzüglichen,  die 
Tragödie  £7  Castigo  lin  Vttigama  als  ein  wahres  Meisterstück.  Da- 
neben knüpfe  sich  ein  Interesse  eigener  Art  an  den  Umstand,  dafs 
sie  nach  nur  einmaliger  Aufführung  in  Madrid,  von  der  Bühne 
verschwand.  Lope  teilt  uns  selbst  dieses  mit  in  dem  Prologo  zu 
der  Ausgabe  von  Barcelona,   1634.' 

Ueber  die  Gründe,  welche  veranlafsten  diese  Tragödie  von 
der  Bühne  zurück  zu  zieh  en,  wirft  Schack  die  Frage  auf:  „Sollte  die 
Vorstellung  des  Stücks  vielleicht  inhibiert  worden  sein,  weil  man 
darin  Beïiehungen  auf  das  Ende  des  Don  Carlos  fand?"'  Gayangos 
behauptet,  mit  Lista  und  Hartzenbusch,  dieses  wäre  wirklich  der 
Grund  der  Unterdrückung  des  Stücks  gewesen,  wozu  Ticknor  be- 
merkt: „I  do  not  know  on  what  grounds  he  says  it,  and  it  does 
not  seem  probable".^ 

Auch  Schaelfer  verhält  sich  entschieden  ablehnend  und  er- 
neuert dabei  eine  Vermutung  Ticknor's:  „Das  Verbot  ist  deshalb 
wahrscheinlich  in  dem  Umstände  zu  suchen,  dafs  man  es  —  im 
Interesse  des  Decorums  fürstlicher  Personen  —  für  unstatthaft  hielt, 
die  bekanntermafsen  wahre,  zwischen  1277  und  1280  in  Ferrara 
vorgefallene  Begebenheit  dem  Volke  auf  dem  Theater  vorau führen".' 
Ihm  scheint  sich  auch  Toldo  anzuschliefsen  {Ztschr.  XXU  S.  350  ff.). 

'  Der  Piolog  iil  wie  fo^t:  Señor  lector,  ts\A  Tragedia  se  hizo  en  la 
corte  solo  so  dia,  por  cansas  que  a  V.  m.  te  importao  poco.  Dcjá  entonces 
tanlos  deseosos  de  verta,  que  les  he  quendo  sallsfaier  con  imprimirla.  Su 
hÌEloiia  estuvo  escrita  en  lingua  Latina.  Francesa,  Atemana,  Toscana  y  Castel- 
lana: esto  fuE  prosa,  agora  sale  cn  verso;  V.  m.  la  le&  por  mìa,  potqa«  no 
es  impresa  en  Sevilla,  cuyos  libreros,  atendiendo  a  la  ganancia,  barajan  los 
nombres  de  los  Poêlas,  y  a  unos  dan  sietes  y  a  otros  solos,  que  hay  hombres, 
que  por  dinero  no  reparan  en  el  honor  ageno,  qoe  a  vuellas  de  sus  mal  ¡m- 
pressos  libros,  venden  y  compran:  advirtiendo,  que  esla  eicrita  at  estyto 
EspaDoI,  no  por  la  antigüedad  Griega  y  severidad  Latina,  huyendo  de  las 
sombras,  nuncios  y  coros,  poique  el  gusto  puede  mudar  los  preceptos,  como 
el  uso  los  trajes  y  el  tiempo  las  costumbres.    Obras  Sueltas,  Bd.  VIU  S.  3B4. 

'  Gtichicklt  der  dram/Uischen  Littratur  und  Kumt  in  Spanitn,  Bd.  II 
S.  33t,  Anmerkung. 

*  History  of  Spanish  tileraturi,  Bd.  II  S.  lâç,  Acmerkong. 

'  Schaeffer,  GeschichU  des  spanischen  Naíionaldramas .  Bd.  I  S.  89. 
Tlckoor,  History  of  Spanüh  LiUralure,  Bd.  U,  S.  a6S. 


412  H.  A.  RENNBRTy 

Man  witd  indessen  auch  diese  Erklärung  kaum  gelten  Uu 
Stück  Lope's  wie  es  uns  vorliegt,  ist  von  der  dem  Span 
verständlichen  monarchischen  Gesinnung  durchtränkt;  < 
nichts,  das  die  in  dieser  Richtung  bekanntlich  durchaus  ni 
liehe  spanische  Censur  beanstandet  haben  würde,  auch 
Fabel  in  den  Häusern  von  Castilien  oder  Aragon  ges{ 
statt  in  dem  fem  liegenden  Ferrara. 

So  lange  aber  das  „Verbot"  unerklärt  bleibt,  wird  s 
wieder  die  Neigung  geltend  machen,  in  ihm  das  Anzeic 
Gerüchtes  zu  erkennen,  das  zwischen  der  Andeutung  e 
laubten  Liebe  des  Don  Carlos  zur  Königin  bei  Brantc 
dem  ausgebildeten  Roman  Saint  Reals  in  der  Mitte  stû 
so  mehr  als  ja  Lope  die  ursprüngliche  Fassung  in  d( 
(Barcelona,  1634,  dann  Madrid,  1635  ^™  ^^-  ^^'  ^^^ 
geläutert  haben  könnte.  Schon  deshalb  erschien  eine  Ve 
der  erhaltenen  Originalhandschrift  erwünscht 

Auch   hat   dieses  Schauspiel   ein   erhöhtes  Interesse 
durch    den  weitem  Umstand,   dafs  es  den  Gegenstand 
Byron's   Gedicht   Parisina  bildet^     Lope's   Quelle   war 
die  bekannte  Novelle  Bandello's,*  wie  aber  Schaeffer  zutr 
merkt:    „Wie   roh   sind  diese  Materialien,   aus  welchen 
ebenso  tiefsinnig  gedachtes,  als  von  göttlichem  Dichterfec 
glühtes  Meisterwerk  geschaffen  hat,"^ 

Vortreflniche  Analysen  dieses  Stücks  findet  man  be 
und  Schaeffer.  Auch  Ticknor  widmet  einige  Seiten  zur  1 
dieses  Schauspiels,  und  was  er  darüber  berichtet,  ist 
von  nicht  geringem  Interesse,  da  er  die  Origin alhandsch 
besafs.  Ich  will  beiläufig  bemerken,  dafs  diese  Handsc 
mit  den  übrigen  Handschriften  und  Büchern  des  Tickn 
Gewahrsam  der  öffentlichen  Bibliothek  zu  Boston  überg 
den   wiederholten  Nachfragen   meinerseits   wurde   immer 


*  Vies  des  Grands  Capitaines,  ed.  Buchón,  Paris,   1848,  S.  i: 
'  Ticknor,  Bd.  II  S.  267  sagt  ferner,    der  tragische  Vorfall    en 

in  1405;  wohl  ein  Irrtum,  da  er  wirklich  am  21.  Mai  1425  stattf 
Solerti,  6^0  e  Partsina,  in  der  Nuova  Antologia  für  den  15.  Juni 
1893;  "°^  Toldo,  1.  c.  Ein  Artikel  von  Würzbach,  Lord  Byron^ 
und  ihre  Vorgängerinnen,  in  den  Englischen  Studien,  Bd.  XXV 
schäftißt  sich  auch  mit  dem  Lope*schen  Stück,  wovon  die  Hs.,  wie  \ 
bach  uns  mitteilt,  „in  dem  Besitz  Lord  Ticknor's  zu  Boston  ist" 
auch,  dafs  Barrera,  Nueva  Biogr,  S.  458  sagen  sollte:  „el  autógi 
Castigo  sin  Venganza"]  en  Boston  guarda  el  distinguido  hispan 
Josic  Ticknor", 

?  La  Prima  Parte  de  le  Novelle  del  Bandello.  In  Lucca,  pe 
Busdrago,  1554.  e  di  nuovo  in  Londra,  per  S.  Harding.  MDCC!^ 
„Il  Marchese  Nicolò  Terzo  da  Este  trouato  il  figluolo  con  la  1 
adulterio,  à  tutti  dui  in  un  medesimo  giorno  fa  tagliar  il  capo  il 
Novella  XLIV,  S.  289. 

*  Geschichte  des  Spanischen  Nationaldramas,  Bd.  I  S.  88. 

*  1.  e.  Bd.  II   S.  321  ÍF.     Vgl,  Barrera,    Nueva  Biografia,  in 
de  Lope  de   Vega,  Madrid,  1890,  Bd.  I  SS.  434,  458  flP. 


UBBIR  LOPS  DK  TBGA'S  SL  CASTIGO  SIN  VENGANZA.  413 

wort,  dais  das  Manuscript  nicht  in  der  Bibliothek  sei.    £s  befindet 
úá  aber  jetzt  dort»  wo  es  das  Zeichen  D.  174.  19  führt,  und  ein 
Brief  der  Tochter  Ticknor's,  welcher  vorne   angeklebt,   giebt  an, 
weshalb  die  Uebergabe  sich  so  lang  verzögerte.     Es  war  nan  mit 
der  Absicht  aoszufinden,  welche  Veränderungen  Lope  in  dem  ur- 
sprünglichen Schauspiel  gemacht,  dafs  ich  die  Handschrift  unlängst 
untersuchte.     Mit   dem  Ausdruck  „ursprüngliches  Schauspiel"   will 
ich  nnr  das  Stück  bezeichnen  in  der  Gestalt,  wie  es  zum  erstenmal 
aufgeführt  wurde.     Laut  des  Ticknor'schen  Berichts   erwartete  ich 
ganz  erhebliche  Abweichungen  von  den  gedruckten  Ausgaben  zu 
finden,  welche  Abweichungen,   wie  ich  hoffte,   vielleicht  ein  neues 
Licht  über   die  Ursache  des  Zurûckziehens   unserer  Tragödie  von 
der  Madrider  Bühne  verbreiten  möchte.    Allein  hier  gewährte  eine 
^fgialtige    Prüfung    des    Autographs    eine    völlige    Enttäuschung, 
wenigstens  was  das  Verbot  das  Schauspiel  aufführen  zu  lassen  be- 
^i^  denn  Lope  liefs  das  Stück  drucken  fast  wie  er  es  ursprüng- 
lich  geschrieben.     Dies  allein   scheint  genügend   die   Hypothesen 
von  Scback  und  Schaeffer  hinfallig   zu   machen,   und   wir  werden 
endlidi   zu    einer    sehr    einfachen    Lösung    der    Frage    gedrängt. 
^^  Verbot,   das  man  zuerst  nur  vermutet,    dann  als  feststehende 
^^tsache    angenommen    hat,    hat   nie    existiert;    die    erteilte  Er- 
laubnis zur  Aufführung   ist   nie   aufgehoben   worden.     Warum    das 
Stuck  nur   einmal  gespielt  ward,    ob  der  Autor  verkrachte,    oder 
^pe   sich  mit  ihm  verzankte,    oder  das  Publikum,    das  so  viele 
schlechte  Stücke   seines  Lieblings  bejubelt  hatte,    ihm  einmal  ein 
Ä^tes  durchfallen  liefs;  kurz  es  war  irgend  eine  jener  im  Theater- 
ieben  so   häufigen  Ursachen,    aus   welchen   ein   Schauspiel   liegen 
bleibt,  gleichgültig  für  die  Nachwelt,  causas  cue  a  K  m.  ¡e  importan 
P^o^   wie  Lope   selbst   dem  Leser   und  Litterarhistoriker   zu  sagen 
^«  Freundlichkeit  hat    Uebrigens  ist  es  klar,  dafs  ein  AufRihrungs- 
^crbot  auch  ein  Druckverbot  gewesen  wäre. 

El   Castigo    sin    Venganza    wurde    vollendet    in    Madrid    am 
'•  August  1631,  „when  Lope  was  nearly  sixty-nine  years  old,    and 
y^t   there  are  few  of  his  dramas,  in  the  class  to  which  it  belongs, 
«iat   are  more  marked  with  poetical   vigor,   and   in  none   is   the 
^^Tsification   more   light  and  various.     It  was  not  licensed  for  re- 
presentation ^   till   the    Qth  of  May,  1632,  —  apparently   from    the 
*^ï^ovrn  unwillingness   of  the   court   to   have  persons  of  rank,    like 
^e   Duke  of  Ferrara,  brought  upon  the  stage  in  a  light  so  odious 
•  •  -  • .    In  1634  Lope   printed   it   with    more   than   common  care, 
^t  Barcelona,  dedicating  it  to  his  great  patron,  the  Duke  of  Sessa, 
^^c.   ....  and   the   next  year,   immediately  after  his  death,   it  ap- 
peared again,  without  the  Dedication,  in  the  twenty-first  volume  of 

-  *  Diese  Erlaubnis,   welche  sich  unten  auf  der  letzten  Seite  der  Hs.  be- 

nndct,  ist  wie  folgt:  Este  tragico  suceso  del  Duque  de  Ferrara,  está  escrito 
^Q  Verdad  i  con  el  deuido  decoro  a  su  persona  i  las  introducidas,  es  exem- 
^^  ^  raro  caso.  Puede  representarse.  Madrid  9  de  Mayo  1632.  Pedro  de 
^•'Ws  Machuca. 


414  B.  A.  KKKNKRT, 

bÍ9  pla)^  prepared  anew  by  himself  for  tbe  press,   bat 
by  hi»  dangbter  Feliciana".' 

Die  Rollenbesetzang,  wie  sie  in   der  Handsdirift  ai 
ist  wie  folgt: 

El  DuquE  de  Fenjra Astor. 

El  Conde  Federíco Añas. 

Albano. 

Rntnío. 

Floro. 

Lti;tindo. 

El  Marqacs  Goaxaga Sdac 

Cata&clta Anion. 

AwoM Bct^ 

Lucrezia Geronima. 

Baiin Saunas. 

dnUa M*  de  Cebaltos. 

Febo  y  Ri  cardo. 

Tícknor  berichtet  „E/  Catino  tia  Vengama  was  brought  oat 
by  the  company  of  Figueroa,  the  most  snccessfal  of  the  period". 
Dieses  ist,  sehr  wahrscheinlich,  ein  Irrtum,  da  ich  keinen  von  den 
oben  angegebenen  Namen  von  Schauspielern  oder  Schaaspielcrinnen 
in  der  Trui)pii  dus  Figueroa  finde,  so  wie  sie  von  Colarelo'  ver- 
zeichnet ist.  Das  Stück  wurde  zweifellos  aufgerüiiTt  von  der  Truppe 
des  Manuel  Vallejo,'  „eintr  der  fünf  Begründer  der  Cofradía  de  la 
Novena,  und  einer  der  beruhmlestcn  seiner  Zunft,  obgleich  seine 
Gestalt  nicht  die  geeignetste  für  die  Bühne  sein  mochte".  Dieser 
war  gewils  der  Autor,  welcher  ¡n  unserem  Verzeichnis  angegeben 
ist,  und  die  Auiora  war  seine  Gemahlin,  die  berühmte  Maria  de 
Riquelme,  „ein  Muster  der  Schönheit,  der  Tugend  uud  des  künst- 
lerischen Talents".  Sie  starb  in  1656;  Vallcjo  war  ihr  in  1644 
vorausgegangen.  Colarelo  teilt  ein  Vergei chn is  der  Compagnie 
Vallejo's  mit,  wie  sie  sieb  am  26.  April  1631  zusammenstellte.'  Ea 
enthält  alle  die  Namen  der  oben  angegebenen  RoUenbesctxung: 
Darm'an  Arias  de  Peñalver,"  „einer  der  gefeiertsten  Schauspieler 
seinerzeit";  Pedro  Garcia  Salinas,  „sehr  berühmter  Gradoso",  und 
seine  Gemahlin  Jeronima  de  Valcázar  (Graciosa);  Maria  de  Ceballos,' 


■  1.  c.  Bd.  II  S.  368. 

■  Tino  de  Molina,  jHvesiigaiients  bio-bibliograßcas, 
relo  y  Mori.    Madrid,  1S9J.  S.  203. 

'  Cotarelo.  1,  e.  S.  si8. 

*  Ibid.  S.  lio. 

>  Ein  Damián  Arias  de  PcDaliel  wird  auch  angeßbrl  als  ein  Mitglied 
der  Truppe  des  Figueroa,  im  Juli  1631.  Es  isl  wahrscbeinlicb  dieselbe  Person. 
Cotarelo,  1.  e.  S,  !o6. 

*  Ueber  diese  Schauspielerin  biefae  Lope  de  Vega,  Lai  Gutmanes  dt 
Tarai,  ed.  Keslon,  Halle,  1S99,  S.  X.  In  der  RollcobescUung  dieses  Stücks 
kommt  auch  eine  Bernarda  vor,  welche  Restorl  mit  Recht  mit  Bernarda  Ra. 
mir»  de  Roble«  idenllücieit.     Colarelo,  1.  c.  S.  106. 


r 


UEBER  LOPB  DB  VEGA'S  BL  CASTIGO  SIN  VENGANZA.  415 

Francesco  de  Salas,  und  eine  gewisse  Bernarda  Teloy  und  deren 
Tochter  Bernarda  Gamarra. 

Von  den  verschiedenen  Ausgaben  von  JS¿  Castigo  sin  Venganza 
sind  mir  nur  diejenigen  von  Madrid  1635^  und  die  in  den  Obras 
Suelías,  Bd.  VIII  gedruckte,  zu  Gesicht  gekommen.  Die  erste  Aus- 
gabe, wie  oben  erwähnt,  erschien  1 634  in  Barcelona  als  eine  Suelia, 
Dieses  erhellt  aus  der  Angabe  des  Herausgebers  der  Obras  Sueltas^ 
welcher  berichtet:  „De  esta  Tragedia  no  conocemos  otra  edición 
que  la  de  Barcelona  hecha  en  MDCXXXIV  por  Pedro  de  Cabal- 
lería, ni  otro  exemplar,  que  uno  que  se  conserva  en  la  escogida 
Libreria  San  Phelipe  el  Real  de  esta  Corte  en  I  tom.  en  4.  de 
escritos  miscellaneos."  S.  xi.  Professor  Restori^  erwähnt  auch  eine 
suelia  von  unserer  comedia  in  der  Bibl.  Palatina  zu  Parma  :  „Suel/a 
di  27  fogli  numerati,  s.  1.  n.  a.  Manca  la  copertina  e  perciò  non 
posso  dire  se  è  la  suelüi  barcellonese  del  1634;  ad  ogni  modo  è 
una  edizione  molto  antica."  £ine  sorgfaltige  Vergleichung  des 
Autographs  (A,)  mit  dem  Madrider  Druck  von  1 635  (AÍ.)  und  der 
Version  in  den  Obras  Sueltas  (S)  zeigt,  dafs  die  letztere  Ausgabe, 
ini  grofsen  und  ganzen,  eine  ziemlich  gute  ist:  sie  fufst,  wie  wir 
gesehen,  auf  dem  Barceloneser  Druck  von  1634,  doch  ist  die 
Orthographie  durchaus  modernisiert. 

Auf  den  folgenden  Seiten  teile  ich  die  Varianten  des  Áuto- 
Srapbs  mit  Der  Vergleich  ist  mit  dem  Text  der  Obras  Sueltas 
¿gemacht  Wo  eine  Lesart  verzeichnet  ist  ohne  irgendwelche  Be- 
n^rkûng,  so  bedeutet  das,  dais  sie  von  Lope  ursprünglich  ge- 
*<^hrieben,  aber  wieder  gestrichen  worden  bt  Zum  Teil  sind  die 
5^&tillierten  Verse  so  vollkommen  ausgemerzt,  dafs  sie  ganz  un- 
sind. 


58.   estorba,  so  M, 

92.   viene  su  excelencia  ansi. 

98.   ha  passado.     M,  ha  gastado. 
103.   uniendo  por  caso. 

^  09 qae  persuadido. 

<  18.  mal  ...  de  . .  andar  ansi. 

^  33  und  136  in  M.  solite  stehen  Febo,   nicht  Fed.,    und  133  gehört  dem 

Herzog. 
S  40.  A,  M.  dexe. 
V48.  A.  M,  aanqae  los  dores, 
s  5^'  echa  en  el  vnlgo. 
'  Il  folgt  171  und  ist  dann  tiusgestrichen, 
3^.  A,  S.  mas  oyera;    M.  óyela. 
^09.  iWc.  tan  presto. 

^  In  der   Veinte  y  una  Parte   Verdadera  de  las  Comedias  del  Fénix  de 
^peMña  Frei  Lope  Felix  de  Vega  Carpio.    Madrid,  1635. 

'    Una    Collezione   di   Commedie   di  Lope   de    Vega    Carpio.      Livorno, 


4t6  H.  A.  RBNNERT, 

aj7.   A,  M,  (crAtidf. 

340.    A,  AL  fnti^ndo. 

i4J.    i4.  iÄ/.  ilcBlc.     AiVi   Vers  fehlt  twischen  243  »m/  244  in  M,  und  S, 

A,  giebt  ihm  puro  cristal  sonoro  y  frío. 
^5.1*    (le  penarcfi  lleno. 
277.   A,  Ai,  y  fehlt  vor  apcnaf. 
2R2.    hableniloRC  de  1. 
2q2.    nn  ay  r. 

iqf).    i4.  àV.  «1  mai  a*;    AÍ,  el  m.  a. 
joi.    ^.  Xi  fehlt  vúr  muda. 
ii8.    7Vr    ^Vrx  ist  unvolistàmdiff  im  S,     A,  ^  M,     A.  hot  einfach  die 

Amweiittng:  Kstos  Salen. 
3^6.   A.  fall«;    M  ..^.  falda. 

407.   dadme  mit  vetes  los  K.    mil  Tezes  ist  durchstrichm. 
40Ä.   scftor  Conde  Fcdcrioô. 
41'H).    A*  dexaldes;    M,  dexadics;    .S.  dcjark«;. 
416»   A.  M  ere«  I«,  v«c?iam«TW»d. 
4^1.    yl.  entre  ctiadas.    «^adas  durckstrickm. 
443.   l>e  mi  miif^r  V>  pr<tJWita&. 
445.    >f.  ^.  trKa;    1^.  tienta. 
4^      501.   Sctkora  dadme  bakir 

dadme  bida 

qae  no  iKrierto  a  responderos 
me  Iwrhar  en  tanto  labor. 
501.    A.  M.  turbarme. 
508.    A.  Mí.  de*toíi. 
;;40.    (^nv-  Oilp«  í«^  de  mi  pena. 

-vM.      --í-     •*'•    •^* 


,.:  .,-.'  Jlf/'^  ^"  ^iiàfun-Direklion:  Entren  can  eU. 


^^^'"-    "  ■  S.yo 


^ffjtit^  Ferm  nicht, 
^     y,  B  mordelJe;    Al.  y  morderle. 
^-     .JWiíA  ¿/¿fj^-/»  F<rrj  haben  A.  Af,: 
dame  jjana  de  rcyr 
»i  voy  en  al^un  cntíerro. 
«149.    -<í.  <rl  can  del  tro;    Af,  s=  .v. 
Acto  ««'{¿undo, 
fooo.    que  de  un  dtïprczio  scJior. 
1027.    A.  mira  y  lava;    J/.  :^  .v. 
109H.    que  el  C.  m  esposo  fuera. 
II Ji.    descuidado. 
1134-    A,  bi  no;    J/,  =  ¿'^ 
"3*'   -4.  ni  lexos;    Ai,  aa  S» 


UBBBR  LOP£  DB  VBGa'S  BL  CASTIGO  SIN  VENGANZA.  417 

1184.   assi  lo  dama  que  aL 

118s.  A.  Uenpla;    I£  =  S. 

1139.  A.  M,  Yoj  a  hablar. 

1266.  A,  Ài.  en  qué  jardin. 

1277.  A,  nn  alma. 

1286— 1288.     Vür  Verse  sind  hier  durchstrichen  und  die,  welche  jeht  in 

dem  Text  stehen,  befinden  sich  rechter  Hand  eingeschaltet, 
UM— 13 17.   Dieselbe  Bemerkung  gilt  für  diese  Verse, 
U33— 1336.   Folg,  Verse  sind  durchstrichen  und  die  im  Texte  eingeschrieben: 
naze  Conde  de  porque  tu  padre 
conmigo  se  aya  caasado 
con  que  juzgas  la  acción 
perdida  al  primero  parto. 
I3S4'   Der  Vers,  welcher  vertilgt,  ist  unleserlich, 
>3^-   Ursprünglich  folgte  hier  1635,  <^ö'"«  «»«  Verse,  welche  unleserlich 

sind,  dann:  roto  el  freno 

1412.   que  amor  a  ninguno  ha  dado. 
1442.   A,  M,  desas. 
'465.  A,  Belerofonte. 
'467.    M.  del  mundo. 

472.    Hier  folgt  ein  Vers,  welcher  vertilgt  ist, 
'482.    Ursprünglich  folgten  hier  1489— 1492. 

493-    ^ach  diesem   Vers  sind  fünf  Zeilen  durchstrichen  und  fast  un- 
leserlich: 

piensa  que  1 . . . .  matando 

bate las  alas 

con  cuya  sopla  engallado 

enciende  se  le  queman 

con  que  cayendo  en  el  canpo. 
^3^,     que  los  sentidos  ynforma. 

^*^'-     estos  turbados  y  atentos;   die  zwei  letzten  Wörter  vertilgt, 
^^5.     No  suelen  roouer  los  vientos. 
-»31.     por  una  parte  yraagino. 
^52.      j/,  quç  soi  lo  que;    A,  =  S, 
^53-      por  otra  el  cielo  responde. 

^^7 1580.    Die  Verse  waren  ursprünglich: 

Si  se  ha  de  llamar  errores 
el  ymaginar  la  offensa. 
590.      -Bu finen- Anweisung:   Aurora  entra. 

**-      -^«  tu  eres  poderoso.  Amor;  ursprünglich  waren  die  Verse: 
porque  te  llaman  Amor 
poderoso  si  ni  honor 
^  ni  vida  en  ti  se  repara. 

^On   la   tristeza    ist   durchstrichen,    und   que  me   solla  querer  sub- 

jg  ^Viiero  dar  zelos,   und  zelos  durchstrichen, 

-^^ach  diesem   Vers   sind  die  folgenden  siebzehn   durchstrichen   und 
2ei|^  ^/^<^hwer  leserlich: 

^     ^^  l  rom.  Phü.  XXV.  27 


4l8  H.  A.  RRMNBRTt 

en  que  mis  ojos  te  vieron 

y  la  libertad  te  dieron         [dieron  ist  durekstrichen 

qae  hasta  que  al  punto  taiian(?)  [dieroa  ein^i 

a  tu  clara  luz  pareze 

la  noche  de  mis  agrabios 

que  en  la  rosa  de  tos  labios 

pues  que  (?)  no  saben  mirar 

y  si  miran  nunca  ven 

cosa  que  parezca  bien 

ni  que  los  pueden  lograr 

a  tu  clara  luz  pareze 

la  noche  de  mis  agrabios 

que  en  las  rosas  de  tus  labios 

entre  perlas  amaneze. 

desde  que  de  Mantua  vine 

hize  con  poca  ventura 

eiecdon  de  tu  hermosura,  etc. 
1639.    pues  nunca  s.  s.  s. 
1643 — 50.    Diese  Verse  waren  ursprünglich: 

que  mala  fortuna  ha  sido 

fue 

sino  que  mi  amor  te  de 

causa  para  tanto  oluido. 

Mas  si  mi  pena  te  cansa 

sera  remedio  el  partirme 

que  contra  desden  tan  firme 

sola  en  ausencia  descansa. 
1666.    A,  S.  señora,  a  tan  gran  f. 

1684.  Ninguna  cosa  dize  7. 

1685.  Conde,  sera  p.  al  p. 
1706.    Bühnen- Anweisung  :  Vayase  el  Duque. 
1757«    Si  un  gallo  desea  ganar. 
1759.    ronpe  las. 
1766.    basta  que  tanta. 
1774.    A,  dése  Aranzel. 
1787.    pues  a  entender  (?)  te  probocas. 
1832.    Ursprünglich  standen  diese  Verse: 

pero  el  callar  es  hablar, 
pues  que  mas  atreuimiento 

que  callando? 

pues  de  aquella  turbación 
tanta  maldad  (?)  me  ha  dado 
tanta  ynquietud  y  afición 
que  traygo  (?)  determinado 
dar  lugar  a  su  traycion 

maldad  tan  fiera 

me  consuela  ay  desdichada! 
que  no  sere  quando  el  quiera 
la  postrera  enamorada,  etc. 


ÜBBBR  LOPE  DE  VEGA'S  EL  CASTIGO  SIN  VENGANZA.  419 

1836.    M.  satisface,  DruckfehUr, 

1846..  muchas  y  otras. 

1847.    ^^  •  *••  menos  (?)  culpa  ha  sido;    M,  algunos;    A,  ^  S. 

1850.    pero  como  en  cosa  y  guai. 

1856.    resuelta. 

1866.    Nach  diesem  Vers  hat  A,:  ...  esta  la  mano  ...  en  las  mias,   dann: 

Fed.]  oonozes. 
1873.   Fed.]  no  tengo. 
1883.   tanto  ..•(?)  amor  presumió 

fundado. 

1888.    que  Io  que  por  la  causa  tenia. 
1891.   que  Hipocrates  y. 
1966.    M,  mil  malas;    A,  =  S, 

1985.    A,  muchas  exenplo  me  dieron;  Âf,  =  S,     Folgende  zwei  Verse  sind 
durchstrichen: 

si  remedio  puede  haber 
es  huir  de  ver  y  hablar. 
1997.    A.  o  me  dare  muerte  aqui;    M.  =  S, 
201 1,    ay  de  entranbos. 
2016.    M,  matarme;   A.  =  S, 

2019.    A,  M,  tente  honor.     Die  Bühnen 'Anweisung  von  M,:   Entrándose 
cada  uno  por  su  parte  ist  nicht  in  A,    Auf  der  nächsten  Seite  der 
Hs.,  aber  gänzlich  durchstrichen,  steht  {nach   V,  2024): 
Cas.]    Conde,  tu  seras  mi  muerte. 
Fed.]    Y  aunque  muerto  estoy  tal 
que  me  alegro  con  perderte 
que  sea  el  alma  ynmortal 
por  no  dexar  de  quererte. 
Laus  deo  et  M.  V. 
Fin  de  la  2.  Jornada. 

Acto  Tercero. 
2035.    tan  mi  vida. 

2062.  dos  iguales  (?)  camarines. 

2063.  el  tocador  de  Cassandra. 
2077.  en  el  desprecio  . . .  desden. 
2084.  M.  que  a  los  b.  r.  ;    A,  =  S, 
2092.  victorioso  y  ynbencible 

que  del  Romano  Pastor 

los  enemigos  reprime. 
2106.    es  sin  remedio  y  dizen 

que  es  la  fama  que  .... 

permite  (?)  que  resuciten 

las  vidas  de  los  que  mueren 

en  el  tumulo  Fenizes 

Dile,  que  etc.  (F.  2lll). 
2108.  Áí.  felices;  S.  phenices. 
21 15.    Hierauf  folgt:    quando  los  hijos  le  quitan 

al  Tigre  los  cazadores. 

27* 


420  H.  A.  RBNNERT, 

2120.   A,  M,  Aqtiiles. 

2137.    Apenas  de  Mantua  vio;  dieser  Vers  ist  durchstrichen  und  El  Dnqne 
vio  eingesetzt  —  welche  Worte  wieder  durchstrichen  sind  und  in 
verschiedener  Hand  steht:  de  Mantaa  vyo. 
2168.   A,  ÁfehU;  M.  =  S, 
2195 — 96.    A,  ya  no  me  acuerdo  de  ti 

inuenciones?    Dios  me  guarde,  etc,  so  M» 
2214.    A,  M,  oxinegra. 
2220.   A,  clines;    J/.  S,  crines. 
2223.    Vino  mirandole  con  el  freno. 
2227 — 29.    no  hauia  un  grano 

dixo  al  Albeytar 

....  y  macho  desde  agora. 
2251.   A.  Aparte. 

2261.   A,  M,  p.  en  perdiéndote  yo. 
2265.    A.  a  fehlt. 
2280.   Fe.]  miran. 

2294.   •^*  qtiien  viene  ver  a  sus  q.  p.;   A,  ^  S, 
2310.    principe  perfeto. 

2315.   y  me  miro triunfante;    J/.  ^  S. 

2328.    A.  S,  tan  bien;    Ai.  también. 
2339.   que  tiene  quien  le  deffienda. 
2370.   A,  Ai.  destas. 
2372.    Diesem  Vers  folgte: 

una  gata  Romanesca 

muger  con  sacrificio  y  ofrendas. 
2403.    A.  A£  que  es  gran  coronista  délias. 
2443.    A,  Camaldula;    5.  M,  Camandula. 
2458.    quien  al  bien  publico  mira. 
2463.    yo  soy  un  onbre. 
2466.    desseo  que  les  des. 
2475.    A.  M.  que  yo  le  dé  m. 
2480 — 86  sind  in  der  Hs.  unterstrichen. 
2509.    quando  verdades  me  digas. 

2512.    Niuh  diesem  Vers  stand  in  A:  para  que  en  efeto. 
2515.    A.  Ai,  Bersabe. 
2521.    Hier  folgt,  fast  unleserlich: 

q aunque  cosa  rara 

que  despues  que  te  matara 

en  tu  (?)  balor  pud  ...  a 

engendrarte 

para  boluer  a  matarte 

quantas  vezes  te  engendrara. 
2523.    A,  5.  te;    Ai.  me. 
2534.   A.  S.  la;    Ai,  lo. 
2565.    A.  5.  le;    Ai.  lo. 
2573.    Nach  diesem  Verse  hatte  A.  ursprünglich: 

como  ...  tu  primo  cases. 


UEBER  LOPE  DB  VEOA'S  EL  CASTIGO  SIN  VENGANZA.  421 

2577.   A,  No  siendo  su  sangre  Aurora;    M,  =  S, 

2580.   ^.  i£  su  sangre. 

2583.   A,  muchos  afios  ha  difunta;   S,  ss  Ai, 

2587.   A.  estubistes. 

2619.   A,  llame;    Ai,  llaman. 

2642.    A,  diesem  Vers  folgt: 

No  he  tenido  memorial,  dann  durchstrichen» 
2673.    A,  que  espero  mas,  que  porfió. 
2675.   A,  M,  entendimiento. 
2690.    Folgt  in  A,  die  Bühnen- Anweisung:  Vase  el  Duque.     Die  wmei  foU 

genden  Verse  gehören  Cassandra  <Mn,  nicht  Aurora,  wie  in  M, 
2703.    In  A,  folgt: 

hombre  en  el  mundo 

que  tan  mal  pago  me  diera 

casar 

despues  de  haber  obligado. 
2774.   A.  y  que  a  Mantua  os  vays,  Sefiora.    S,  =  M,    Zuerst  stand:  y  que 

os  vays  a  Mantua. 
2776.   A,  Uebeys. 

2831.   A,  S,  no  mas  que;    M.  no  mas  de. 
2834.   A.  yo;    S,  M.  ya. 
2837.  ^^^^  ^^  ^^  '^^  ^^  castigo      (solo  vertilgt) 

sin  venganza  y  sin  que  aya 

publicidad  en  mi  afrenta 

que  se  doble  la  infSunia 

quien  es  publico  castiga,  etc,  (Fl 2849). 
2842.    A,  S,  dando  la  j.  santa;    A£  donde  la  j.  s. 
2877.    Drei  Verse  folgen,  die  mir  unleserlich  sind, 
2908.    A,  S,  acobardas;    Ai.  acobarda. 
2914.   A,  se  parte;    S,  M,  se  parta. 
2920.    In  A,  stehen  diese  Verse,  alle  durchstrichen: 

Ferrara 

se  conjuran  contra  mi 

dos  personas  que  se  ...  . 

obligaciones 

arrogancia 

que  estaua 

ymaginar 

dixo  la  fama. 

2935.  A.  facilmente;    5.  =  M, 

2936.  Folgende  Verse  sind  durchstrichen: 

atarle 

cubri  el  cuerpo  que  no  quise 


que  tu  has  venido  y  es  mas  justo 
hazer  de  ti  comienza 
para  que  nadie  lo  sepa,  etc. 
Alle  Verse  sind  durchstrichen  his  2945. 


-A  M.  »/«i 

:«:'..    ^  Ji.  TTarii'iV 
rae:.    J**-rf 


de  b 


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«;;xcdft  a3«r:^  ¿  Cosde.  .  I>a'q«e3  bsst» 
per  tbcnedin».     Bki^CB^  «¡qoi 


«  «  « 

Ea  Mi -ir.  i  r::^'  ií  A^.-^:?   i«   it  31. 
Frïv   L*:r<  FíI:x   it  V*:!  Carrie. 

-  •  -  • 

.-ii"    i>*t    •".  /.•--.-■:    ■»J    .^-r.---^   ^..i,"  Jrr  ¿is.  iUktn  Jit  "uñieren 

Ei  e.  :r.r:::ii.  vii  î>.-rr5 
TrAvirr  :í   ¿ítü  U  cji:i>a 
r-  A-rc:a  cc-  e*:e  eienpîo 

Au'rcri".    Es: CT  scñcr  ííz  rir'rai^  tu.  bts  ,23m f 

Ya 

q;icda  n:::erto  el  Cozic.     Du'que]-     En  unta 
desdicha  ion  queren  los  cjos 
Teile  muerte  con  Cassandra.       f  Descúbrales. 
^lar^qces].  buelbe  a  mirar  el  casti^ 


UEBER  LOPB  DE  VEGA'S   EL  CASTIGO  SIN  VENGANZA.  423 

sin  Venganza.    Du[qne].    No  es  tomarla  * 
el  castígar  la  josticia 
balor  sobra  y  llanto  falta 
pago  la  maldad. 
Hier  hört  die  Hand  Lopes  plötzlich  auf, 

Man  kann  wohl  sagen,  dafs  wenige  der  Schauspiele  Lope  de 
Vega's  so  gewaltig  und  ergreifend  sind;  auch  in  der  Charakteristik 
und  in  der  Durchführung  der  Handlung  ist  Ei  Castigo  sin  Veftganza 
ganz  vortrefflich.  Das  Stück  verdient  besser  bekannt  zu  werden, 
und  da  Herr  Menéndez  y  Pelayo,  der  gelehrte  Herausgeber  der 
prachtvollen  Edition  der  Madrider  Académie,  sagt  „die  Stadt  Boston 
ist  fem  von  hier*',  so  ist  zu  hoffen,  er  möge  sidi  dieser  Ver- 
gleichung  mit  dem  Autograph  bedienen  für  seine  neue  Ausgabe 
von  Ei  Castigo  sin  Venganza, 


^  Rechter  Hand  steht  hier,  auch  von  Lope  geschrien:  tente  aguarda; 
und  neben  dem  nächsten  Vers:  marques  porque  para  berle.  Im  folgenden 
Vers  ist  balor  durchstrichen  und  llanto  davor  gesetzt,  und  dann  das  Wort 
llanto,  welches  folgt,  durchstrichen,  und  balor  darüber  geschrieben, 

Hugo  Albert  Rennbrt. 


Zar  Syntax  dea  nunanÌBcheQ  Possessiv-FroDomene  3.  Fenon. 

1.  Die  Frage  ob  san  und  /ut  im  Rumänischen  promíscne  ge- 
braucht werden  oder  nicht,  bescliäftigt  die  Grammaliker,  seit- 
dem man  überhaupt  angefangen  hat,  die  rumänische  Sprache 
wissenschaftlich  zu  untersuchen.  Das  nationale  Moment  hat  ein 
wenig  mitgespielt;  iu  ihrem  Wunsch,  die  Zugehörigkeit  zum  Latei- 
nischen möglichst  klar  hervortreten  za  lassen,  sahen  die  rumänischen 
Grammatiker  manchmal  verwandtschaftliche  Beziehungen,  wo  Ihat- 
sächlich  von  historischer  Kontinuität  niclit  die  Rede  ist.  Hierzu 
gehört  nun  auch  die  These,  dafs  der  Gebrauch  von  säu  (sa  u.  s,  w.) 
und  /«i  (ti  U.S.W,')  nach  dem  Muster  von  suus  und  eias  erfolge, 
womit  aber  eine  grofse  Anzahl  der  neurumänischen  und  der  grörsere 
Teil  der  altrumänischen  Beispiele  im  Widerspruch  stehen.  Hierauf 
machte  schon  Diez  (III  S.73]  aufmerksam  und  ausführlicher  Meyer- 
Lübke  (111  §73).  Es  läfst  sich  vielmehr  nachweisen,  daTs  der  Ge- 
brauch der  beiden  Possessiva  nach  latein.  Muster  erst  in  neuerer 
Zeit  aufkam,  und  dafs  er  deshalb  nicht  durchgreifen  konnte,  weil 
er  dem  Geist  der  Sprache  zuwider  war. 

2.  Im  Rumänischen  richtet  sich  nämlich  der  Gebrauch  der 
beiden  Possessiva  nicht  danach,  ob  sie  sich  auf  ein  Subjekt 
innerhalb  oder  aufserhalb  des  Satzes  beziehen,  sondern 
nach  dem  Begriffsinhalt  ihres  Beziehungswortes,  Zum  Aus- 
druck des  engsten  Besitzverhällnisses  dient  sSu,  das  posses- 
sive Adjektiv;  A({' hingegen  (ursprünglich  reiner  pronominaler 
Dativ,  /a/ä/  Iu¿  =^  ¡a  ni  jÜW^)  druckt  alle  weiteren  Beziehungen 
des  Be  griffs  Wortes  zura  regierenden  Worte  aus;  es  hat  eine  viel 
gröfserc  Begriffssphäre  und  kann  in  allen  Punkten  tur  tau 
eintreten,  aber  nicht  beliebig  von  ¡hm  ersetzt  werden.  Dieser 
Unterschied,  der  in  keiner  der  Schweslersprachen  zu  so  prägnantem 
Ausdruck  kommt,  ist  schon  in  den  lateinischen  Verhältnissen  be- 
gründet 

3.  Denn  während  dem  meus  hiut  nur  in  afTeklischer  Rede 
tgo  und  tu  gegenüber  stehen,  haben  ülius  und  eius  ein  gleicb- 
toniges  iile,  ü  neben  sich,  suus  aber  gar  nichts.     Also: 


'■443- 


ZOE  SYNTAX  t 


:.  POSSESSIV-rRONOMENS  3.  FERS,         425 


I 


affektisch. 


I 


^f  Als    die    spätere    Latioität    einerseits    die    Differenzierung    von 

Ule  and  is  vernachlässigte,  dalier  die  beiden  Genetive  ziemlich 
gleichwertig  verwendete,  andrerseits  Ule  als  Personalpronomen  der 
3.  Person    verallgemeinerte ,    gab    es    für    dieses    zunächst    immer 

inoch  deraonsfrative  Pronomen  zwei  possessive  A usdrucks weisen  : 
eine  starke,  demonstrative:  fiÜus  illius  {ríuí)  =  dieses,  und 
eine  schwache,  allgemein  possessive:  suus.  Für  dieses  Zu- 
sammenfallen der  Pronomina  der  3.  Person  spricht  auch  die  Tliat- 
sache,  dafs  st'òi  als  possessiver  Dativ  nicht  nur  reflexiv  für  suui, 
sondern  auch  für  tins,  und  als  Dircklivobjckl  statt  iZ/i*,  also  über- 
haupt als  stehende  Form  für  die  3,  Person  gebraucht  wird.  Belege 
Isind  bei  Venantius  Forlunalus  und  in  anderen  spät-  und  mittel- 
lateinischen Texten  häufig;  z.  B.  Ven.  Fort.  IV  15,  10  Arne  sibi 
palma  pincel  sid  tibi  poena  mattet.  V  v  144  plaudere  voce  sibt'.  IX  IO 
coniiiratiu  sum  sibi  poüidtus,  vgl.  Fr,  Leo's  Sammlung  AuL  AnL  IV 
S.  413.  Wi  du  kind  Corv.  30  liberaliler  eum  eeepit  habere  ne  poslrtmo 
despottsala  sibi  fiUa  nomitte  Gerberga  affinitate  pariler  cum  atttidtia 
iunxil  eum  sibi.     Doc.  priv,  I  31.  41    ¡iwm    sibi  seripium.      Es   ist 


I 


Ulitis  {eil 


Untei 


zwischen    ille  und  sutts  ist 

gröfser  als  der  zwischen  ille  und  iliius.  Dieses  Verhältnis  kehrt 
sich  aber  um,  sobald  ille  seinen  demonstrativen  Charakter  einbüfst 
und  mit  ego  tu  gleichwertig  neben  meus  tuus  siius  steht.  Nun  ist 
illius  überzählig  und  bewahrt  seinen  stärkereu  Ton;  es  verdrängt 
eius,  und  sein  Begriff  geht  bei  dem  allgemeinen  Verluste  des  Gene- 
tivs  au(  den  Dativ  über,  so  dafs  in  illui  das  Respektivobjekt  und 
das  Direklivobjekt  formell  zusaromenfailoii.'  Im  Plural  geht  infolge 
dessen  die  analogische  Fjitwickung  vor  sich,  wenn  auch  nicht 
formell,  so  doch  begrifflich:  Respektiv-  und  Direklivobjekt  werden 
in  eine  Form  vereinigt,  hier  aber  nicht  auf  den  Dativ,  sondern 
auf  den  Genetiv,  weil  Ulis  auf  dem  westlichen  /(íí-Gebiete  mit 
ilios,  auf  dem  östlichen  mit  Uli  (Nom.  PI.)  lautlich  zusammen  trifft, 
daher  diese  Form  für  das  Pronomen,  welches  den  stärksten  Ton 
tragen  soll,  weniger  geeignet  ist  als  das  für  sich  stehende  Hlorum, 
Die  Uebertragung  erfolgt  in  umgekehrter  Richtung  als  im  Singular: 

liÜniui  —  siitis     iithrum  —  sui 

futili  >,7i 


Ullis 
Uli. 


ELISB  RICUTEK, 

Da  das  pluraliEche  Direktivobjekt  (íl/ü)  nur  eine  Form  ßr  F 
lind  Mase,  kennt,  so  begreift  es  sich,  dafs  es  dieses  Verhältnis 
auch  in  dea  neuen  Casus  überträgt,  und  so  ist  es  vielleicht  mit 
diesem  Vorgang  in  Verbindung  zu  bringen,  dafs  Ukriim  auch  als 
Respektivobjekt  aufsei  Gebrauch  kam.  Singular  Genetiv  uad  Dativ 
sind  schou  früher  lautlich  e usaiomen gerückt;  im  Plural  blieben  sie 
getrennt.  So  verschwand  iUuiut  ganz  vor  illut,  während  iilii  als 
unbetonter  Dativ  vertreten  bleibt, 

4.  Hiermit  ¡st  das  Gebiet  von  iHui  weit  über  das  von  nus 
hinausgewachsen,  und  dem  entspricht  die  Verteilung  der  Rollen 
im  Rumänischen,  das  bei  seiner  Vorliebe  für  den  Dativ  ihn  auch 
beim  Pronomen  unversehrt  erhalten  hat,'  Die  Verwendung  von  siiu 
und  lux  ist  diese: 

Sau  drückt  nur  das  reine  Besilzvcrhältnis  aus  und  steht  in 
erster  Linie  bei  Verwandtschaftsbezeichnungen  und  bei  Aus- 
drücken für  die  Körperteile;^  es  vertritt  stets  den  subjek- 
tiven Genetiv  und  findet  sich  nur  bei  Wörlem,  deren  begriff- 
licher Inhalt  als  ein  wirklicher  konkreter  oder  abstrakter 
Besitz  aufgefafst  werden  kann.  Es  steht  daher  bei  Begriffen  wie: 
hogälaU  Reichtum,  impärafie,  scnunul  Thron,  casa  Hatis,  ali  sah  die 
Seinen,  sfántul  der  Heilige,  Hristosul  der  Gesaibte  (Seh.  19.  7), 
prepodobtticii  die  Heiligen,  alesii  die  Erwählten,  sämtlich  Gottes; 
desgleichen  dracii  in  der  Bedeutung  Teufel,  Dämon,  während  es 
in  der  Bedeutung  Feind,  sowie  sfântul  =  der  Schutzheilige  auch 
mit  lui  vorkommt  —  tovara^  Gefahrte,  osta^  Feind,  priittitü  Freund, 
wie  die  Ver  wand  tschafisnamen  ;  —  in  vrimiS  sa  (Ps.  i.  5  bei  Seh., 
Psalter  1586,  Gaster  I  *5,  Dosofi.)  zu  seiner  Zeit,  seinerzeit,  Itmpul 
Zeil;  mutare  und  apuiul,  nämlich  soardui  Sonneulauf,  -Untergang 
(Seh.  18.  6,  103.19);  —  sfänfia  Heiligkeit,  didcvarttl  Wahrheit, 
slavñ  Höhe,  mania  Wut,  jelaniä  Unglück,  necurä^fnie  Unreinheit, 
mantle  Herrlichkeit;  auch  als  Höflichkeitsform:  nm  0  am  vindul  dumi- 
salt  (Gaster  1  75.  20)  mr  haben  es  seiner  Gnaden  verkauft;  am 
onore  dt  a  vorbire  at  Marita  sa  (Alexi  280)  habe  ich  die  Ehre  mit 
Ew,  Herrlichkeit  zu  reden.  —  Uge  Gesetx,  giuralul  Eid,  frumséft 
Schönheit,  sile  Durst  (Seh,  103.  11),  cSrarilt  salt  (Seh,  17.  46)  ihre 
(Mase  PI.)  Wege,  sice  cuvinttit  sah  (într.Crejt.  G  B.  II  100.  ii)8eine 
10  Gebote;  —  bolovani  {Seh.  77.  58)  Götzen,  idolihr  sai  (Dosoft. 
Via[a  siänjilor  21.  j8)  ihrer  (Mase.  PI.)  Gölzenbilder;  —  fapttlt 
Thaten,  pacatele  Sünden,  gn^alele  Fehler;  —  sufletul  Seele,  elah 
Alter,  toarte  Loos.  —  Von  der  Vorliebe  fur  säu  bei  Verwandl- 
schaflsnaraen  zeugen  die  Kurzformen  laliä  mäsä  Vater  Mutter. 

5.  Ltn'  dagegen  sieht,  gemäfs  seinen  alten  Funktionen: 

a)  als  Dativ  des  Zieles  (Zweckes)  bei  den  Nomina  agentis, 
in  denen  der  Verbalbegriff  noch  lebhaft  gefühlt  wird:  urmof  Nach- 
folger, agiulorlu  Hilfe  (Helfer),  izbäviioriu  Erlöser,  ucenid  Schäler, 
speziell    die  Jünger    (aber    d¿de    ucenicilor  sai  moldauisch,   C.  B,  II 

'  Vgl.  ML.  in  §§41.  36B. 

*  Vgl.  Pbilipìde,  Gramática  elementare  SS.  70,  139. 


I 

I 

I 


ZUR  SYNTAX  DES  RUM.  POSSESSIV-PRONOMENS  3.  PERS.         427 


106. 18,  107. 3)  etc  Hier  ist  genau  genommen  h^  Direktiv-  be- 
lidimigsweise  Passivobjekt  zum  Sobstantiv,  bei  dem  es  steht^  im 
'  Axifimg  gewifs  stark  gefühlt  Vgl  hierzu  die  lateinischen  Rede- 
'  wendongen  kuc  ventio  (Terenz),  quid  tibi  hanc  curatio  (Plautus),  iter 
lialim  (livius),  rediius  Romam,  domum  iiio  (Cicero),  tutor  liheris^ 
imferator  Romanis,  in  denen  allen  der  VerbalbegriiF  noch  voll  em- 
pfonden  wird,  wie  eben  das  Vorhandensein  eines  Passiv-  (Direktiv-) 
Objekts  beweist  Aehnliches  in  den  romanischen  Sprachen:  die 
sabstantivierten  Infinitive  mit  ihren  Passivobjekten  im  Italienischen, 
Spanischen,  Altfranzösischen,  im  Neufranzösischen  Ausdrucke  wie 
k  tortü  du  théâtre  u.  s.  w. 

b)  zur  Bezeichnung  des  Respektivobjekts  zur  Anzeige 
der  Verwendung  für,  der  Beziehung  auf.  Nepartea  lux  •=z  zmxsü 
Unglück  fur  ihn,  zu  seinem  Unglück;  in  privinfa  d  (Marianû,  Nunta 
505.13)  mit  Rücksicht  auf  sie  (die  Hochzeitstafel),  rûcksichlich 
ihrer,  diesbezüglich;  tréha  lui  zur  Arbeit  (Mühsal)  fur  ihn,  zu  seiner 
Plage;  în  pregiurul  a  in  ihrem  Umkreis,  im  Kreise  um  sie,  und 
10  bei  adverbialen  Ausdrucken  aus  Substantiven,  wonach  die  Ad- 
verbien anlalogisch  konstruiert  werden.  Vgl.  ML.  III  §  39.  Femer 
bd  Wörtern  wie  începutul  Anfang,  moartea  Tod,  viafa  Leben  (gegen 
mfl  sa  bei  moldauischen  Autoren,  z.  B.  C.  B.  II  468.  29,  und  bei 
modernen  Schriftstellern,  bei  denen  auch  mar  tea  sa  zu  finden  ist), 
und  in  gleicher  Bedeutung:  annii  jähre,  <filele  Tage  (Seh.  77.  33), 
fràngere  (Seh.  59.  4),  perirea  Untergang,  uciderea  Tod  (Vor.  42.  12), 
vgl  hierzu  :  fiindu  lui  iM(i  (Vor.  X  9,  ebenso  die  Belgrader  und  die 
Bokarester  Bibel  mit  prileatini)  da  sie  seine  Freunde  (wörtlich  seine 
Geliebten)  waren;  —  mormfnt  Grab,  locuinfa  Behausung  und  ähn- 
liche Wörter,  sofern  nicht  der  veräufserliche  Besitz  zum  Ausdruck 
kommen  soll,  sondern  der  Aufenthaltsort:  locuinfa  ei  (Basme 
9«  16),  îl  (ine  sub  cor  tul  lui  ^^  P^^  ^^'  memhru  aV  familiei  sale 
(Alaandri,  Cal.  66 — 67)  er  hielt  ihn  in  seinem  Zelte  wie  ein  Mit- 
glied seiner  Familie;  pre  podoaha  ñ  (Moxa  346.  28)  nach  ihrer  Art. 

c)  als  objektiver  Genetiv:  z.B.  laúdele  luì  {pos.  S.  io.  164) 
das  Lob  Gottes,  d.  i.  das  Lob,  das  Gott  gezollt  wird  (im  Seh. 
passim),  lauda  el  (nämlich  Diieanil,  Belgrader  Bibel  1648),  dorulü  ei 
(Doine  S.  31,  LXV  8,  10)  Sehnsucht  nach  ihr,  /éce  acasta  ìntru  pò- 
f«Aw  ei  (Matth.  26.  13)  sie  that  es  zu  ihrem  Gedächtnis  (zur  Er- 
iïïBeruDg  an  sie)  u.s.w. 

d)  als  partitiver  Genetiv:  z,B. partea  lux  =  pars  sui  (gegen 
Portea  sa  =  sein  Anteil,  sein  ihm  gebührendes  Teil),  fn  lipsa  lui 
==  in  Ermanglung  seiner  =  in  seiner  Abwesenheit,  despre  omul  |/ 
P^ße  lui  (Alexi  227)  über  den  Menschen  und  seine  Körperteile, 
^  casa  fi  parfili  ñ  (230)  über  das  Haus  und  seine  Teile,  mulfi 
^'Ä  viele  von  ihnen,  adunarea  und  gloata  Versammlung,  sfatul  lorü 
«^tsversanmilung. 

e)  es  ist   das  betonte  Possessiv   im  Gegensatz   zu  säu^ 

^  Vgl.  oben  S.425. 


428  EUSS  RICHTER, 

und  steht  in  emphatischer  Rede  statt  sau  (so  auch  Tiktln, 
Gram,  n  4g.  i):  au  efi'i  din  cUmdrä  a/drä,  fi  au  mtri  h  cSmára  ¡iß 
(Gaster  II  68.  34)  er  ging  aus  der  Kammer  und  trat  in  seine  eigene, 

Can  nu  votsct  cü  ^i  alfil  sä  äibä  parte  dt  vtse/ia  luì  (Mariano)  wer 
nicht  will ,  dafs  auch  andere  an  seiner  eigenen  Freude  teil  haben, 
DragS  mi-1  fata  läracä  \\  Ea  cu  mänä  ei  se  'mbraeìl  (bei  Mariant! 
N.,  253)  mein  Liebchen  ist  ein  armes  Mädchen,  sie  kleidet  (figür- 
lich für  ernährt)  sich  selbst  ^  mit  eigener  Hand.  In  dem  Hoch- 
zeitsliede  S.  581.6  bei  Mariano  heifst  es: 

—  sä  mirgä  ficcare 

Carni  acuma  este  'n  stare 

La  a  lui  casa 

Ce-I  de  Dumnfijeä  aii^ä. 

Sä  mérgií  care-fi  ¡a  casa  sa  etc. 
Dafs  Jeder,  wenn  er  nun  in  der  Lage  ¡st,  in  sein  eigenes  Haus 
trele,  welches  von  Gott  ausgewälilt  ist,  dafs  jeder  in  sein  Haus 
gehe,  Basme  XIX  wird  geschildert,  wie  den  armen  Négoie  das 
Unglück  verfogt;  au ssch li efslich e  Verwendung  von  lui:  de  venta  afia 
mare,  aräturUe  luì  le  ¡ñeca  (206.  9)  kam  ein  Hochnasser,  so  über- 
schwemmte es  gerade  seine  .\ecker;  de  bstea  piaira  holdele,  apol  pe 
alt  luì  ¡e  amesteca  cu  pdmlnlulü  (11)  fiel  ein  Hagel  auf  die  Saaten, 
dann  machte  er  gerade  seine  dem  Erdboden  gleich;  ha  läcusle, 
ta  poíopu,  ba  tole  relele  numaì  pe  capulí!  lui  cadeä  {15)  ob  Heuschrecken, 
ob  Sindflut,  alles  Ungemach  fiel  nur  gerade  auf  sein  Haupt  u.  s.  w. 
Basme  120.  8;  p  fintinde  ochii  in  ochii  ei  (seine)  Augen  in  die  ihren 
heftend,  vgl.  dazu  Basme  v.  Creanga  (Gasler  II  349.  12 — 15), 
Megl.:  Mqiniita  ag  trirnfsi  éi  lujl  ffia  (VI.  Megl.  6z.  14}  morgens 
hat  er  auch  seine  Tochter  geschickt;  la  lui  fpf  .  . .  ara  tsf  lolla 
(59.  5)  seine  eigene  Tochter  .  .  .  aber  die  andere.  Voia  lui  =  Sein 
Wille,  nämlich  Golti^s,  in  den  biblischen  Schriften  sehr  häufig; 
mit  feinem  Sprachgefühle  hat  der  Verfasser  des  Scheyanu  dies  zu 
einer  Reihe  stilistischer  Schönheilen  verwertet,  die  anderen  Ueber- 
setzer  der  Psalmen  folgen  ihm:  „Sein"  im  Gegensatz  zu  den 
Menschen;  kiemaji  nuntele  lui  (Seh.  104,  i)  ruft  Seinen  Namen;  ^1 
spuserä  eerlurelt  dereptalê  luì  (49.  6)  die  Himmel  verkündeten  Seine 
Gerechtigkeit;  vrälalea  lui  Seine  Macht  (passim,  speziell  45.  4,  gegen 
7:  déde  glasul  säu  Susul  der  Höchste  liefs  seine  Stimme  ertönen, 
wo  natürlich  der  ganze  Accent  auf  Susul  liegt).  Inlrilmu  f«  /sálele 
lui,  inkinämu-niS  ¡n  hat  io  statura  picoarele  lui  (131.  7)  wir  wollen 
in  Seine  Wohnung  treten,  wir  wollen  uns  vor  dem  Orte  verneigen, 
wo  Seine  Füfse  standen;  vgl.  noch  150.1 — 2,  131.  15 — 18,  117. 
I — 4  u.  s.  w.,  wo  gröfsere  Reihen  von  Beispielen.  Caraile  lui  Sein 
Weg,  U'ge  lui  (Dosofl.),  nece  se  aflä  mitncfuri  in  rostulä  lui  (Vor.  1 50.  1} 
in  Seinem  Angesichte  findet  sich  keine  Luge,  cume  nu  alle  fallt  fi 
allt  lui  sunlu  (Cantemir  126.  16)  da  sie  ja  nicht  dein  sind,  sondern 
Sein.  Hingegen  säu  von  Gott  zum  Ausdrucke  des  von  ihm  Ge- 
schaffenen, in  seiner  Macht  Stehenden:  die  schon  erwähnten  s/ântul, 
HristQSìtU  (miníele  etc,  dann  noch  arcui  säu  Sein  (Regen-)  Bogen 


I 


I 


I 


J 


ZUR  SYNTAX  DES  RUM.  POSSESSIV-PRONOMENS  3.  PERS.         429 

mid  stets  oameniì  sai  Seine  Menschen  (ausgenommen  bei  Coresi, 
Deuteron.,  Gaster  I  i6.  43,  vgl.  unten  S.  441),  die  dadurch  so  recht 
ab  Sein  Eigentum,  Seine  Geschöpfe  gekennzeichnet  werden. 

6.  Für  einzelne  Wörter  ergiebt  sich  ein  verschiedener 
Gebranch  von  lui  und  säu^  je  nach  der  verschiedenen, 
wenigstens  nuancierten  Bedeutung,  die  ihnen  gegeben  werden 
kann:  sfaiul  säu  =  sein  Rat  (vgl  tnniru  înnfàUpciune  sfaiurilor 
jffii' (Prosa -Odyssee,  Gaster  II  82.  26)  durch  die  Weisheit  seiner 
Ratschläge;  sfatul  lor  =  ihre  Versammlung  {¿yoga),  ^erbiì 
(rehX  shigií)  sai  ^=  seine  Sklaven,  feròtl  luí  seine  Diener; 
na^tirea  luì  =»  seine  Geburt,  dagegen  nasière  sai  au  epiä  dintru 
ná^llre-sa  (Begräbnisformel,  Gaster  I  184.  7)  er  ist  aus  seiner  Werde- 
zeit, ans  seinem  Leben  gegangen ;i  kä  easte  din  ostravul  Samos  de 
na^terea  sa  (^=^  Herkunft,  Gaster  I  143.  8)  denn  er  ist  aus  der 
Stadt  S.  gebürtig;^  în  locul  luì  «=  an  seiner  Stelle  =  anstatt 
seÍDer  (übertragener  Sinn),  aber:  fn  ceasul  acela,  nime  dintre  not 
nttp  ar  fi  dat  locul  siü  nid  mäcar  pe  un  iron  (Alecsandri,  Primbl.  4) 
in  dieser  Stunde  hatte  keiner  unter  uns  seinen  Platz  hergegeben, 
nidit  einmal  für  einen  Thron  «=  seinen  wirklichen  Platz.  Oder: 
Caracteristica:  . . .  care  va  fi  aci  la  locul  shi  (Haçdeu,  C.  B.  II  185.  i) 
die  Charakteristik,  welche  hier  an  ihrem  Platze  sein  wird;  în  urma 
/«?  auf  jemandes  Spur,  nachfolgend:  pronumele  conjunctiv  are 
betti  siû  fixai  parte  înainiea  verbulUï  parte  în  urma  lui  (Tiktin, 
Gram.  II  115.  28)  das  unbetonte  Pronomen  hat  seinen  Platz  teils 
vor  teils  nach  dem  Verb;    aber  urma  sa   die  eigene  Spur:  obi" 

tñid  veckiû a  läsai  urmele  sale   în  únele  construcfiunì   (Tiktin 

n  116.  7)  der  alte  Gebrauch  hat  in  einigen  Konstruktionen  seine 
Sporen  hinterlassen.  Rodul  säu  s=3  seine  Frucht  wird  in  Bezug 
auf  den  Baum  gesagt,  rodul  lui  hi  Bezug  auf  den  Menschen,  dem 
die  Frucht  als  Ertrag  des  Baumes,  oder  figürlich  als  Ertrag  seiner 
Arbeit  zufallt;  apele  lorü  ihre  Gewässer  (Seh.  104.  29),  nämlich  der 
Menschen,  und  so  die  ganze  in  den  Versen  29  —  38  aufgezählte 
Reihe;  hoiarele  Grenzen,  (ara  Erde,  cetafile  Städte,  vinile  Weinberge, 
*fmkmele  Feigen  etc.,  wo  kein  persönlicher  veräufserlicher  Besitz 
semeint  ist,  sondern  das  im  allgemeinen  den  Menschen  zufallende 
irdische  Gut,  das  ihm  mifsraten  oder  Vorteil  bringen  kann. 

7.  Zu  all  diesen  ererbten  Funktionen  tritt  nun  in  leicht  be- 
^i^cher  Weiterentwicklung  sekundär  die  Verwendung  von  luì 
5^  rein  possessivem  Sinne,  so  dafs  es  statt  säu  gewissermafsen 
*ii  beschränkter,  abgeblafster  Bedeutung  gesetzt  wird,  auch 
^^  gar  keine  Begriffsnûancierung  beabsichtigt  ist.  Diese  Wandlung 
■**  vor  der  Zeit  der  ältesten  erhaltenen  Schriftdenkmäler  vollzogen, 
^^her  Beispiele  aus  allen  Perioden  zahllos.  Ein  bezeichnender 
^^reibfehler  findet  sich  bei  Moxa  369.  17:  Zinonü,  iaiälü  säu  Leontü 
**^t:  Zinonü,  Vater  des  Leontü.     Haçdeu  verweist  darauf:   siu  in 

^  Gaster  übersetzt:  lieu  de  naissance  (H  480). 
'  In  Gaster's  Glossar  nicht  berücksichtigt. 


430 


ELISE  RICHTER, 


¡OC  de  lui  (C  B,  I  425).  Es  liegt  also  ein  dojipelter  Irrtum  vor, 
indem  statt  des  prokiitischen  lui  (Artikel!)  das  enklitische  sSit  gesetzt 
wurde;  di«  konnte  leicht  geschehen,  wenn  säu  und  /u/nach  laiätä 
gleichwertig  waren.' 

8.  Aber  s3u  verschmilz!  viel  enger  mit  seinem  Beziehuiigs- 
worte  als  lui;  es  verdrängt  häufig  den  Artikel,  bei  Verwandtschafts- 
namen im  Singular  ersetzt  es  ihn  geradezu.^  Denn  iatä-saa,  tna-sä 
U.S.W,  sind  nichts  anderes  als  „der  Vater"  u.  s.w.;  soll  das  Pos- 
sessiv Verhältnis  im  geringsten  betont  werden,  so  tritt  lui  ein,  s.  B.: 
fScfndu-l-se  mila  de  nenorodrile  luì,  ti  fiigädui  cä  va  vorbi  fiuluì  ti 
de  dlttsulñ.  Cum  veni  fiulä  tñu  u.s.  w.  (Basme  123.  îS)  Da  sie  mit 
seinem  Unglück  Mitleid  hatte,  versprach  sie  ihm,  mit  ihrem  Sotin 
von  ihm  zu  reden.  Als  der  Sohn  kam.  —  Im  Märchen  wird  der 
Mensch  gewöhnlich  nur  nach  einer  Seite  hin  charakterisiert,  der 
eine  ist  nur  Vater,  der  andere  schlechtweg  Sohn.  So  im  deutschen 
Märchen,  wo  „ein  Vater"  „einen  Sohn"  hat,  die  im  Verlaufe  der 
Geschichte  nur  noch  der  Vater,  der  Sohn  heifsen;  nicht  anders 
im  Rumänischen.  TalO-täu  ist  eine  Worteinheic,  wird  auch  oft  gtofs 
geschrieben,  wie  ein  Eigenname  (Basme  18.  12,  Q.  27  u,  s.  w.).  In 
der  Pildä  von  Golescü  „PritUnul  cd  adevärai"  der  wahre  Freund 
(Gaster  II  255 — 56)  sind  die  handelnden  Personen  laläsilu,  príeltna- 
säu  und  fiiolü'Silu:  .^i  inlorkindü-sä  in  apoio  spust  tatme  säu.  Taiä- 
säu  äi  i/ice  u.s.  w.  (256.  5)  Zurückkehrend  sagte  er  es  dem  Vater. 
Der  Vater  sagte.  Alunci  parintele  däscoperi  príeleaului  säu  iucar<ia 
ce  a  facut  ca  sä  inctrcc  pä  prítieni  fiiolui  säu;  j;  i/ice  cä/re  ßigi  sHu 
{12)  U.S.W,  da  entdeckte  der  Vater  dem  Freunde  den  Scherz,  den 
er  gemacht  hat,  um  die  Freunde  des  Sohnes  zu  erproben,  und  er 
sagte  dem  Sohne,  Se  mal  impotrivi  latä-slä,  se  mai  codi;  darà 
fiiä-sa  ìlu  birui  cu  rugäciunile  (Basme  15.  7)  der  Vater  widersetzte 
sich  sehr,  zögerte  lange;  aber  die  Tochter  überwand  ihn  durch 
Bitten.  Also  sSu  bezieht  sich  innerhalb  desselben  Satzes  auf  ver- 
schiedene Personen  und  zwar  auf  ilir  gegenseitiges  Ver- 
hältnis. Ebenso  arom.:  frale  i'u  (Arom.  S.  258.  3,  4)  und  die 
nicht  pleonastisch  zu  fassenden  Formen  m'  sa  lux  (^-  242.  7) 
Muller;  m'  sa  a  ii'sO'iilui  (242.  21,  248.  21)  die  Mutter  des  Kôm'gs, 
es  handelt  sich  blofs  um  diese  Mutter,  also  ist  an  eine  gegensätz- 
liche Betonung  nicht  zu  denken;  domnu  su  a  agrului  (224.  17)  der 
Herr  des  Ackers;  domnu  su  a  eapd'ei  (226.  23)  der  Herr  der  Stute, 
oder  megl.:  kqn  sltlf  a  mgar'  iéç  tfmpìru  din  kos  iundi  si  v$  skuns 
fi  ao  nfinkó  p  mum"  sa  (VI.  Megl.  64.  5)  als  sie  (die  Mutler  des 
jungen  Mädchens,  das  der  Werwolf  gefressen  hat)  bei  der  Mühle 
stand,  kam  der  Werwolf  aus  dem  Korbe,  wo  er  sich  versteckt  hatt^ 
und    frafs    auch  die  Mutter;    vgl.  auch  daselbst  70.  22.*     Hier  be- 

'  Vgl.  Philipide,  Gram.  El.  339. 

*  Vgl.  ilal.  /a  mia  casa  gegen  mìa  madre  und  i  mìei geru'tori,  lowie  dal 
ObwBld, 

'  Weigimd  \a,b\  in  der  Ucbersetiung  Artikel  und  Posieisiv  i 
□ender  Weise  wechseln. 


I 


ZUR  SYNTAX  DES  RUM.  POSSESSIV-PRONOMENS  3.  PERS.         43 1 

steht  natürlich  gar  keine  Absicht,  das  possessive  Verhältnis  fort- 
während zum  Ausdruck  zu  bringen.  Prietenü  säu,  domnu  su  u.  s.  w. 
md  ^chw^tig  mit  prüiemi/,  domnu/.  Auch  im  Volksliede  steht 
wmä'^a  fur  die  Matter: 

ft  tnamä'^a  ei  <fîce 

ft  mamä'sa  ti  Mu  <fict 

fi  mamä'Sa  ti  if  ice 

Le!  înceiû,  înceiû  fiica  meal 

(bei  Mariana,  N.,  487)   Und  die  Mutter  sagt  ihr, und  die 

Motter  sagt  ihr  alles  u.  s.  w.  sachte,  sachte,  meine  Tochter.    Oder: 

Pentru-acea  va  lasa 

fiulû  pre  iatàlû-siéû 

fi  pre  fraie^siû 

fi  pre  mumä-sa 

fi  pre  sorä'sa 

fi  se  va  tipi  de  muerea^sa 
(Jtriaciime  bei  Marianû,  R,  576*.  21)  darum  wird  er  Vater  und 
Hotter  verlassen  u.  s.  w.  und  dem  Weibe  anhangen.^  In  den  Doine 
ist  Verwendung  der  Verwandtschaftsnamen  ohne  Possessiv  häu- 
figer, ebenso  in  den  Cintece  moldovene^ti  und  im  J.  R.:  zi  tu 
Äi  gotpodqr  ke  i  porc  (R.  Jb.  I  134.  13)  sage  deinem  Herrn,  dafs  er 
ein  Schwein  ist;  iiqtèe  Va  dqt  pines  (140.  2 — 3)  der  Vater  gab  ihm 
Geld;  dt  rühre  n  a  potút  araiç  se  lu  ómiri,  se  nu  mes  aw  içsf  k^ire 
iUf/Vr  (152.  5)  vor  Scham  konnten  sie  sich  vor  den  Männern  nicht 
Kigen,  sie  gingen  nach  Hause  zu  ihren  Frauen.  Arom.  seltener: 
^  m  aveä,  m^  sa  aveä  (Arom.  S.  240.  i)  einen  Vater  hatte  er 
nicht,  eine  Mutter  hatte  er. 

9.  Hatte  nun  aber  die  Sprache  neben  der  Reihe  mi/ii  liai 
«^'  in  ererbt  gleicher  Funktion  die  Reihe  mihi  tibi  illui  mit  so 
anfserordentlich  erweiterter  Begrififssphäre  des  letzteren,  so  wäre 
es  erstaunlich,  wenn  die  i.  und  2.  Person  diese  Funktions- 
erweiterung nicht  nachgeahmt  hätten,  um  so  mehr  als  sie 
ober  die  gleichen  grammatischen  Mittel  von  vornherein  verfügten, 
und  thatsächlich  finden  wir  im  Altrumänischen  eine  kleine  Reihe 
von  Beispeilen,  die  den  Beweis  geben,  dafs  sie  sie  nachgeahmt 
haben.  Die  meisten  von  ihnen  stehen  im  Scheyanu,  der  ja  auch 
Qie  reichlichste  Gelgenheit  dazu  bot:  giudefu  mie  fi  par ä  mie  (9.  5) 
Joanna  meum  et  causam  meam;  DomntU  vrätuie  mie  fi  scapare 
•'^  f  izhàvitorìu  mie,  .  •  •  agìuiorìu  mie  . . .,  scut  mie  fi  cornu  späseniei 
iäT  ^'^*  ^  Herr  meine  Kraft  und  meine  Zuñucht  und  mein  Er- 
^^»  •..  meine  Hilfe  ...,  mein  Schild  und  Füllhorn  meiner  Erlösung; 


Stell      '^°  diese  mmänischen  Verhältnisse   erinnert  manche  mittellateinische 

^^    mit  ihrer  Häufung  von  Possessiven,   z.  B.  Hecuba  ergo  narrava  .  .  .  . 

^     S'osta  fuer  ant  ....  pro   disponsionem  filie   suae  Priamo   viro   suo  et 

p'j/?'**^ri^iV?  suo,    Alexander  vero  dixit  patri  suo  u.  s.  w.  (Historia  Daretis 

it^i   '98);  Jordanes:  mortuoque  Athalarico  mater  sua  Theodahodum  con- 

"'epM  suum  regni  sui  participem  faciens  48.  13  u.  s.  w. 


sel  zu  mi  bei  i 
tHerdings  ¡angele  lui  1 


ZUaX  RICHTER, 

beachte  das  hohe  Pathos,  mit  dem  der  Psalm  einsetzt  nod  dea  I 
spOsenia,  das  auch  lieber  mit  sa  auftritt  VgL  ' 
prt  spastnü  noao  {C.  B.  II  123.  17);  aglit- 
¡erlu  mie  (21.  iz,  29.  1 1,  34.  2);  inväfäiurä  mie  (l  18.  97.  99  u.  143) 
meditado  mea.  fu  Domnul  rädicätoriu  mie  (17.  ig)  der  mich  anf- 
gerichtet  hat,  in  ne-färä-menle  mie  (21.  3)  in  meiner  Gedanken- 
losigkeit (^  ad  insipienliam  mihi),  tu  e^ti  fugire  mie  de  uärht 
(31.  7)  du  bist  meine  Zuflucht  vor  Kümmernissen,  mvarla^are  mie 
fi  /"gire  mie  efíi  lu  (70.  3)  meine  Stärke  und  meine  Zofludit; 
mesereri  mie  fi  scäfiare  mie,  agiutorïu  mie  fi  izàaviiorlu  mie  (143.  2) 
mein  Erbanuen  und  meine  Zuflucht,  meine  Hilfe  und  meine  Er- 
lösung; agiuloriu!ü  mieu  tfli  p  scapaire  mie  {90.  2,  bei  Coresi  agUí- 
¡oTiälü  mie  a.  s.w.);  Jesuiä  pus  ai  upuväinfa  fie  (90.9)  altissimum 
posuisLJ  lefugium  tuum;  agiulorlu  ^i  seul  Moao  iaste  (32.  20);  agiu- 
toriu  mie  (34.2,  58.18,  2t.  tz,  mit  noao  45.12,  61.9),  saii  mie 
(30,  5),  ftriloriu  mit  {58.  18)  susceptor  mens,  /«//  noao  sedpari  fi 
stia  (45.  2)  refuginm  et  virtua.  Hieran  kann  man  auch  setsen  nu 
lua  sufietul  mie  (140.  S),  das  Bianü  zu  mieu  ergänzt.  In  anderen 
Schriften:  Siliöanu  voao  eredinnciosulu  fratele  (Vor.  164.  1 1)  S.,  euer 
gläubiger  Bruder;  in  der  Bukarester  Bibel  eelu  eredînciosû  voao /nie, 
eelora  ce  vorä  face  poména  mie  (C  B,  II  155.10)  die  mein  Gedächtnis 
feiern  werden;  singelc  mieu  de  lige  noao  (107.  4);  doarä  mi  j"  arä 
defkide  okii  mie  {150.  8)  vielleicht  werden  sich  mir  meiue  Augen 
öOnen;  sa  fit  domnä  mie  (153.  14);  eu  sâmiu  .  .  .  Òolesa/a  in  mímele 
mie  Sj'änia  Vinerï  (147.  11)  ich  bin  auf  meinen  Namen  S.  V.  getauft 
(Ha^deu  teilt  mi-e).  Hingegen  ist  domimi  mie  agiulorìu  (Scb.  1 17.  7), 
wie  an  der  Stellung  des  mie  ersichtlich,  ein  elliptischer  Satz,  ¡nü 
also  betonter  Dativ  des  Zieles  in  possessivem  Sinn  (vgl.  unten 
§  '3-  ^'  ebenso  Domnul  ¡aste  mie  agiutotlu  (Gaster  I  229.  9),  tire 
noao  Domnu  laste  (Seh.  1 1.  5),  etwa  wie  curali  lui  stncSeiuni  (Matth. 
8.  3}  er  heilte  ihm  den  Aussatz.  Die  Stelle  piima^ii  miei  diserà 
reale  mie  {Dos.,  Prosaversion  d.  Ps.  40.  5,  Gaster  I  248}  läfst  nicht 
erkennen,  ob  hier  reines  Direktívobjekt  vorliegt  oder  objektiver 
Genetiv  (§  5  c),  da  es  rein  sprachlich  ebenso  gut  bedeuten  könnte: 
„sie  sagten  mir  Böses"  als  auch  „Böses  wider  (lur)  mich".  Seh. 
und  Coresi:  dram  miei  </iserä  reu  mie,  wie  eei  te  eeru  reu  mie  (70.  20) 
die  mein  Unheil  suchen. 

Es  sind  nicht  viele  Beispiele,  alle  für  Possessiv  als  Respekliv- 
objektiv  oder  für  emphatisches  Possessiv  (§  5  e],  fast  alle  aus  der 
ersten  Periode  der  Schriftsprache,  dann  schwinden  sie  ganz.  Eine 
letzte  Spul  einer  Differenzierung  nach  dem  Muster  von  säu  tmd 
/m'  sind  die  Formen  lalä-mieu,  sorS-la  wie  mit  shi,  während  miete, 
tau  sonst  artikuliertes  Substantiv  haben  wie  lui. 

IO.  Ueberblickt  man  theoretisch  das  Rüstzeug  des  Rnmä- 
uischen  an  possessiven  Ausdrücken,  so  wäre  die  naheUegendste 
Erklärung  lör  den  Schwund  von  mie  fie  als  Possessiva  die,  dafs 
die  ausdrucksvolle  Redeweise  des  betonten  Possessivs  verdrängt 
worden  wäre  durch  diu  noch  ausdiudtsvoUcre  mit  pleonastìscheio 


I 


A 


ZOR  STMTAX  DBS  RUM.  POSSBSSIY-PRONOMENS  3.  PSKS.        433 

nnbetontem  Dativ  die,  xwar  pragnant,  aber  dodi  etwas  schwer- 
fi%  ihrerseits  dem  einfachen  unbetonten  Dativ  Platz  machte. 
Der  Gedanke  liegt  am  so  näher,  als  der  Gebraudi  der  Possessiva 
der  3.  Person  dardi  Eindringen  des  unbetonten  Dativs  vom  Beginn 
des  17.  Jahrhunderts  bis  zum  19.  in  der  Volkssprache  um  mehr 
als  dk  Hälfte  herabgedrûckt  worden  ist  £s  wäre  leicht  begreif- 
lich, dafs  die  i.  und  2.  Person  gerade  in  einer  emphatischen  Aus- 
dnicksweise  vorangehen,  so  dafs  wir  für  sie  zu  Beginn  der  Schrift- 
sprade  einen  fast  abgelaufenen  Prozefs  vor  uns  hätten,  während 
bd  der  3.  Person  die  Wandlang  sich  vor  unseren  Augen  vollzieht,^ 
doidi  Einflufs  der  Schriftsprache  aber  und  deren  gröfsere  Kon- 
senrativität  nicht  zum  Abschlofs  gelangt,  vielmehr  auf  halbem  Wege 
entarrt  Hiergegen  sprechen  nun  aber  die  im  16.  Jahrhundert  vor- 
handenen Verhältnisse,  wenn  man  eine  auch  niu:  beiläufige  Statistik 
anüstellt,  die  allerdings  mühselig  und  dadurdi  schwierig  ist,  dafs 
die  inhaltliche  Verschiedenheit  der  Dokumente  die  Bevorzugung 
bald  der  einen,  bald  der  anderen  Person  mit  sich  bringt.  Um  das 
tdion  so  vereinzelte  Auftreten  von  mte  u.  s.  w.  als  Possessiv  zu 
reditfertigen,  mûfste  der  pleonastische  resp.  der  einfache  un- 
betonte Dativ  in  der  i.  und  2.  Person  sdion  unendlich  häu- 
figer sein,  als  thatsächlich  der  Fall  ist  In  Wahrheit  ist  der  un- 
betonte Dativ  in  der  i.  und  2.  Person  gar  nicht  erheblich  häufiger 
als  in  der  3.,  und  was  noch  wichtiger  ist,  er  tritt  überhaupt  erst 
IQ  Ende  des  i6.  Jahrhunderts  etwas  häufiger  auf. 

II.  Auch  der  Ableitung-  des  einfachen  unbetonten 
Dativs  aus  dem  pleonastischen  stellt  sich  nicht  nur  die 
&^wierigkeit  entgegen,  dafs  beide  fast  gleich  häufig  auftreten,  der 
^ache  eher  öfter  als  der  pleonastische.  Dies  könnte  ein  Ueber- 
^gsstadium  andeuten  und  bei  der  Unbeholfenheit  der  ersten 
Autoren  keinen  bindenden  Schlufs  auf  die  gesprochene  Sprache 
^'^^tten.     Thatsächlich   ist   der   pleonastische  Dativ   beim   Pos- 


^  Die  ältesten,   nicht  zahlreichen  Beispiele,    in   denen  unbetonter  Dativ 

^^  Possessiv  zugleich  aufbretcn,  sind:  Beim  Objekt:  Mat  th.:  ¿ua-f-vor  plata 

.     (^.  2)  sie  werden  sich  ihren  Lohn  nehmen  ;  a-fi  lua  vefmtnUle  lui  {2^  1 8) 

5^^^   sein  Kleid  zu  nehmen;   Uce  fête  ce^^i  luarä  lumänarüe  lor  (25.  i)  zehn 

j^^^fnaen,  welche  sich  ihre  Lampen  nahmen;  s3'{hea  crucé  lui  (16.  24)  dafs 

^ch  sein  Kreuz  nehme;  nu  ve  grijirep.  sufletele  voastre  (6.  25)  bekümmert 

1^**^  Seelen  nicht;  va  incêpe  a  fi  bate  sofii'lui  (24.  49)  er  wird  anfangen,  seine 

ij^^klaven   za   schlagen.     Vor.:   tnvräto^afi'Vä  tnremiie  voastre  {l^^,  l,  ähn- 

jf*    132.6)   stärkt   eure   Seelen;    ^t  (i  spala  pacatele  tale  (^l,  io)  wasche   dir 

J^^«  Sonden   ab;    fi-f/  lega  picioarele  sale  (27.  4)   und  sie  binden  ihm  seine 

V*"^«.    Moza:    U  puse  lege  lor  (346.  36)   er   gab  ihnen  ihre  Gesetze.     Le- 

•^■^  dï  Dumnicci:  cela  ce  nu-f  va  fíísa  lucrul  sau  (C.  B.  II  47.  15)  der  nicht 


!g*^^«  Arbeit  lassen  wird.  —  Beim  Subjekt:  era  /?  lor  ochii  tngreoeafi  (^zXiii, 

•    ^    ^3)  die  Augen  waren  ihnen   schwer;    sä  le  fU  lor  direpta  ocinä  {t  mofie 

fi"  fiepcfilor  lor  (Doc  V,  C.  B.  I  28.  5)   dais  es  ihr  rechtmäfsiges  Erbteil 

r*-^  Gut  sei  und  das  ihrer  Nachkommen  (ähnlich  Doc  XXIV,  ebd.  136.  9);  sä 

^   lor  satul  ...  lui  ci  felonlor  lui  (Dor.  XXV  145.  7)   dafs  es  ihr   Dorf 

..  seines  und  das  seiner  Kinder;    iorü  le  era  viafa  (Moxa  355.  20). 

PhiL  XXV.  28 


434  BUSS  RICHTER, 

se  S  si  V  jetzt  ziemlich  aufser  Gebrauch;  wenn  er  vorkommt,  so  findet 
er  sich  beim  Direktivobjekt  {ml^a  datü  me). 

Ein  gewichtigerer  Einwand  ist  der,  dafs  beide  Typen  des  an- 
betonten Dativs   schon   im  Lateinischen   zu  finden  sind.  Aas- 
gangspunkt ist  mihi  est  im  Sinne  von  haheo.     Diese  Wendoog  be- 
zeichnet im  klassischen  Latein  nicht  den  dauernden,  sondern  den 
zufälligen  Besitz,    esse  kann  also  durch  ein  Verb  des  Zukommcns, 
Zufallens  ersetzt  werden.     £s    giebt  dementsprechend   viele  Fälle, 
in  denen  nicht  klar  geschieden  werden  kann,   ob  der  Dativ  noch 
beim  Verb  oder  schon  beim  Substantiv  steht,  d.  i.:  ob  er  der  Casus 
der   Person  ist,   auf  die   die   Handlung   zielt   (Direktivobjekt), 
oder  der  Casus  der  Person,  auf  die  die  Handlung  wirkt,  ohne 
auf  sie  zu  zielen  (Dati vus  ethicus  oder  energicus  oder  sonstwie 
benannt):  A  en.  8.  i6o:  tum  mihi  prima  genas  vestibat  flore\  Lucre  z 
I  924:  simul  incussi t  suavem  mi  in  pectus  amore  m;  ProperzIl5. 21'' 
nee    tibi  periuro    scindam    de    corpore   vestem   (nicht    ganz   rein,  da 
tibi  eine  Apposition  hat);   Liv.  44.  3.  8:  quae  res  accenda  iis  animas* 
Bei   späteren  Autoren:   Venantius   Fortun.  I  7.  9:   ut  ¡oca  mtli*^ 
negentf   quo   tibi  festa  sonent;   V  5.  132:    qui   Christo   adquirit  quod 
sibi    munus    erit?      Friedr.  Leo   (Monum.  Germ.  A.  A.  IV  S.  41  j) 
zählt  dies  unter  die  Fälle,   wo  sibi  statt  Uli  steht;    durch  die  pos- 
sessive Bedeutung  ist  der  Wechsel  noch  leichter  erklärt    VI  2:  hos 
sibi  participes   per    pia    vota    facit.      Gesta    Theoderici   reg^i* 
203.  15:    aliquantos    sibi   satellites    assumit.      Fredegar:    106.  33* 
copulan  s    Waldetradam    sibi   uxorem  =  sich    zum  Weibe    oder  ^** 
seinem  Weibe    verbindend;     95.  18:    si  tibi  potuero  Francos  ff^' 
fare  =   deine  oder   für   dich;    150:    ufiiversas  sibi  subditas  genf^-^- 
Daneben    sind    schon   im   klassischen  Latein    Fälle,    in    denen  ui^' 
zweifelhaft  vuhi  den  Possessiv  ausdrückt.     Den  Uebergang  machen 
vielleicht    die  Sätze,    in   denen   zum  Begriflfswort  ein  Prädikat  iri  "^  ^ 
so  dafs   est   die  Copula   zwischen  Subjekt   und  Prädikat  wird  ur»^^ 
mihi  allein  steht:  Bucolic.  7.  9:  caper  tibi  salvos  et  haedi\   Tibul  ^- 
2.  5.  121:    tibi  sint  intonsi^    Phoebe  y   capilli\     2.  7.  4:    mollis  sii  nú 
somnus\  Ca  tu  11.  64.  330:  quae  tibi  ...  mcntem  perfundat,    Oder  d^ 
Begriffswort    ist    in   prädikative   Stellung    gedrängt:    haec  mihi  jíc-^^^ 
divitiae  (Gesta  Theod.  reg.  208).      Mit   anderen  Verben:    olii  àu^^*^ 
quies    acules    et  fe r reus    urget    somnus    Verg.  X  745;    0    mihi  i^- 
quam    molliter    ossa   quiescant   Bue.  X  33;    flct  sibi  dementes  tarn 
luisse    inanus    Tib.  1   10.  56;    non    tibi    barba    nitíty    non    tibi 
cornasi  1  4.  4  U.S.W.     Aus  späteren  Autoren:    Eugippius  (V.Sev — ^  ' 
cuius    habt  tat  ores    unicum    sibi    re  medium  fore    crediderunt^    ut  8. 
redd  i    sibi    unicum   f ilium   p  ree  aba  tur    incolumem    10.  32;     ad  .* 
augmentum    salvatoris    mihi    dona    proficiant    9.  37.       Caesar  v( 
Arélate:    unus quisque    sibi  vitam    ae ternani    siait   in    corpore  suo 
sacarlo  isto  egit  vel  meruit,    ita  recepturus  erit  in  illa  die  iudicii^  h<^ 
bona    et  mali  mala    211.      Martin   v.  Bracar  a:    Domno  beatùsir^^^ 
ac   mihi  desiderantissimo   in  Christo  fr  atri   l.  i.     Vulgata:  cogi^ 
bant  mala   mihi  (Ps.  40.  5).      Ausonius:    tertius   herum   mihi 


ZUR  SYNTAX  DES  RUM.  POSSESSIV-PRONOMENS  ¡.  PEKS. 


435 


múgiíUr  (Cotnmemor.  professor,  q).  Jordanes  hist.  Rom.:  ywa 
ftlkitali  tibi  Totila  comptrla  51.  16  ;  quod  tenuis  mihi  est  Spi- 
ritus 53.  8;  Hist.  Get.:  me  ...  cognoscent  tx  vicina  loca  sibi  vinum 
ntgotiantes  127.9.  Venant.  Fortun.  Ill  17  dum  tarnen  alta  peto 
resontt  mihi  in  aure  Ga/lus  gtsta  beata  viri;  IV  [43  patuit  quam 
sit  tibi  celta  polettas\  IX  lO  coniuratus  sum  sibi  pellicitut;  V.  Mart. 
IV  677  hinc  tibi  Brinid  fiuens  Her  est;  1  34  non  prattexta  mihi 
rutilât  toga;  li  410  lectio  nunc  resonans  sibi,  nunc  oratio  current 
(bald  ertönt  sein  Lesen,  bald  flicrst  sein  Gebet  dahin).  Leges: 
Formulae  Andecavc-nses  5.  26  domno  mihi  ilio  ntcnon  et  coniux  sua 
illa;  Form.  Visigothîcae  57g.  6  Dominis  Sanctis  ...  ei  posi  äeum  nobis 
fortissimis patronis.  Marculf  73.  35  Dto  sibi  teste.  Fredegar  79.  i 
ut  ipsum  sibi  adoptarent  in  ßlium;  131.  19  satva  Uli  fuit  contra  per- 
sonas iniquitas;  250  testatus  fui  libi;  96.  18  ut  melius  Constaníinopale 
mihi  argentum  mercarel;  96.  43  Theudorus  eredetarius  sibi  puer  (auch 
96.  iq);  85.  22  ff.  si  imperatur  effeciut  fuero,  lu  mihi  eris  agiata  . . . 
si  sóror  mea  libi  agusla  . . ,  scias  inter  me  el  Aulunia  placuisse,  si  ego 
ejficior  impcralur,  ipsa  sit  mihi  agusta.  Gesta  Theoderìci  (ex 
Aimonio  bausta)  211.  3  naiumt/ue  puerum  sibi  adoptant  in  filium; 
210.  34  videi  ab  umblUco  sibi  procedere  urbarem,  Widukînd  aus 
Corvey:  penes  meliores  vero  nobis  unclio  el  diadema  sit  (26);  quid 
si  de  isto  pulvere  sinum  tibi  impleo  (v,  1,;  libi  sinum)  (5);  Thiadricum 
ungunt  sibt  in  regem  (9);  se  libi  non  dominum  sed  amicum  demandai  (9), 
Schreiben  Innocenz'  JII.  1202;  çutm  fh.  Chr.  dominus  noster  vicarium 
sibi  subsliluil  (Doc,  priv.  I  6).  Abtretungsakt  des  Grafen  Celü  1265: 
servala  et  retenta  sibi  profirittale  (Doc  priv.  I  2.  80}. 

12.  Nun  zeigt  aber  auch  das  Lateinische  mitunter  eine  pleo- 
nastische  Verwendung  des  Dativs:  mea  mihi  ancillas  (Rodens 
712);  tuos  tibi  servos  tuo  arbilralu  serviat  (Bacch.  992};  suas  sibi 
segeles  (Cic.  Verres  lU  69);  panem  autopyron  de  suo  sili  (Petron.  66); 
cum  sua  sibi  milione  (Minntius  Felix),  Nach  Landgraf  kommt  diese 
Form  seit  dem  Ende  des  2.  Jh.  häuBger  vor;  es  ist  mir  nicht  ge- 
glückt mehr  als  einen  einzigen  Beleg  in  mil  tel  lateinischen  Autoren 
zu  finden:  domno  mihi  locali  meo  ilio  (Form.  Andecavenses  4.  2^). 

Bei  dem  Mangel  an  älteren  rumänischen  oder  lateinischen 
Denkmälern  aus  Rumänien  können  wir  nicht  beurteilen,  inwieweit 
das  Rumänische  selbständig  vorgeht  oder  ererbtes  Gut  bewahrt 
Der  übereinstimmende,  wenn  auch  quantitativ  verschiedene  Ge- 
branch des  unbetonten  Dativs  in  allen  Sprachen  läfst  auf  Erbgut 
schliefsen.  In  diesem  Falle  lagen  alle  bisher  erwähnten  Formen 
nebeneinander,  und  jeder  Autor  traf  nach  eigenem  Belieben  seine 
Auswahl. 

13.  Mit  dem  Reichtum  des  unkuldvierten  Idioms,  das  noch 
keine  einheitliche  Prägung  zu  litterariachem  Gebrauch  erfahren  hat, 
verfügt  nämlich  das  Rumänische  um  das  Jahr  1600'  über  nicht 
weniger  als  XI  verschiedene  Typen,    im  ganzen   18  Möglich- 

■  Die  cp£ier  auftrcteiiJeD  Formeo  sind  in  [|]  gcictit. 


436  BUSE  RICHTER, 

k  ei  ten,  das  Possessiwerhâltnis  fur  die  3.  Person  auszudrucken;  fur 
die  I.  und  2.  Person  sind  einige  Einschränkungen  zu  machen^  vgl. 
§  9.     Sie  sind: 

Einfache  Formen. 
I.  säu. 

i)    a)  mit  unartikuliertem  Substantiv: 

domnU'Säu,  iaiä-säu,  fratesu  (Megl.),  istr.  seP  kql*  ihre  Pierde- 

2)    b)  mit  artikuliertem  Subsantiv: 

s/ântul  säu  (Seh.  104.  42),  glasul  säu  (Vor.  43.  5),  pämaniid  «^ 
da  hasna  sa  (Levit.  4,  C.  B.  I  6)  die  Erde  wird   ihre  Frucht  geb^^ 
fiul  säu  (Moxa  350.  31),  muierea  sä,  urekile  sale  (Seh.  57.  5),  gref^^^' 
Uh  sah  (Seh.  67.  22),   sufletulû  säu  (Vor.  162.  l). 

[In  den  Basme  passim;    arom.  el  frate  s^u  (Arom.  8.258.1  3'1 

[3)    c)  mit  a: 

Da    feminine   Beispiele    grundsätzlich    ausgeschlossen  bleit 
müssen,   nur  ein  einziges  Mal:    Oamini  a  sai  (Seh.  149.4),  wo 
aber  ein  Sehreibfehler  sein  könnte.     Coresi  hat  an  derselben  Ste^B-^ 
Oamini  sai,   vgl.  hierzu   das  S.  429  Gesagte.     Bacmeisters  Aiisic=^-^^ 
(R.  Jb.  IV  71.  22),    dafs   die   zu   a   lui  analogisch   gebildete  For       "^ 
a  SÌU  allgemein   rumänisch   gewesen  sein  könnte,  ist  audi 
ihm  nur  auf  dies  eine  Beispiel  aus  der  Litteratur  gestutzt 

[Gewöhnlich   ist  a   bei  slèu   hingegen   im  IR.:  a  i  fie  dou 
(R.  Jb.  I  130.  Il)  deine  beiden  Schwestern;  voi  ^ste  améC  (128.  i 
ihr  seid  die  meinigen;  und  so  auch:  he  vqr  mpre  saki  din  asi 
(150.  i)    dafs  jeder   seinen   Esel   mitbringen   wird;    asé  fili  (Ros 
XXI  253.  U).]] 

4)  d)  mit  al\ 
scaunul  sfântu  al  säu  (Sch.  46.  9);    hogataie  a  sa  (48.  7);  w  -^/«^ 

a  sa  (105.  45);  cu  al  säu  prefu  (Vor.  105.  10)  mit  seinem  Werte— ^ 

\cu  al  säu  närav  (Cond.  uvae  64)  durch  seine  (schlechte) 
wohnheit.] 

U.   lui. 

5)  a)  einfach: 

perir ea  lui,     luna  nu  va  da  lumina  él  (Matth.  24.  29)  der  M^^  ^ 

wird  sein  Licht  nicht  geben. 

[IR.:  la  luì  wç/a  (R.  Jb.  I  128.  17)  zu  seiner  Mutter.]  ^        ^ 

In  der  alten  Sprache  mufs  das  Substantiv  vor  lux  nicht  art*-     ^\. 

liert  sein:  rane  loru  (Sch.  63.  8)  ihre  Wunden;  nedereptaie  lor  {^Z  "       ''' 

dereptaie  lui  (104.  45);  agìuiorlu  lor  (77.  35). 

6)  b)  mit  a:  _  ^^ 
locul  sfântu  a  lui  (Sch.  23.  3);  numele  sfântu  a  lui  (104.  3)     V,-^er 

heiliger    Name;    unu    boiarinü    a    lui   (Moxa   366.  8)    einer   se?^      ^ 
Grofsen,   vgl.  Haçdeu   (C.  B.  I  424),    wo   viele   Fälle   von   a     ^ 
Mase,  verzeichnet   sind,    a   aber   als   fem.  Artikel    und   die   g: 
Wendung  als  unregelmäfsig  bezeichnet  wird. 

[Im  Arom.  die  weitaus  geläufigste  Form:  suturile  a  Pei  (A-^"^  ' 
S.  242.  7.  6);   fratele  a  n'ou  (258.  3.  4)  mein  Bruder;    di  fraif^  ^ 


ZUR  SYNTAX  DBS  RUM.  POSSESS IV-PRONOMBNS  ¡.  PERS.  4J7 

ft  (Z20.  2.  5)  von  deiaem  Gelde;  tra  sHaptiUt  a  lui  (Rumun.  Unter- 
suchungen XVIII  4)  wegen  seiner  Sünden.] 


7) 


lit  ah 


:  al  ¡or  aivânia  {Doc.  XV,  C  B.  I  88.  io)  mit  iiirem  Wort; 
unû  fecorä  ala  mim  (Moia  368.  34);  alü  ei  satu  (C.  B.  I  127.  3)  sein 
Dorf;  cu  ai  ¡or  ocki  (Mattb,  20.  34)  mit  ihren  Augen;  ilupre  al  lui 
lucni  (Gasler  I  44.  14)  nach  seiner  Arbeit;  a  ti  plinire  {fkithea,  Ps. 
49,  II  bei  Bianü)  ihre  Fülle. 

III.    Unbetonter  Dativ    als  Vertreter    des  Possessiv-Pro- 
nomens. 

8.  a)  Enklitisch  (eventuell  proklilisch)  am  gramma- 
tischen Wort  oder  am  Verb. 

Meistens  reflexiv: 

ifl-f  fie  Moldovénul  mafia  (C.  R.  I  59.  z)  dafs  der  Moldauer 
sein  Gut  behalte;  se-'(i  luniji  capultt  (Vor.  30.  14)  dafs  du  dir  das 
Ilanpt  scherst;  iiinre  esci  ci  fi  osändesci sq(u¡í¡  (13O.  3)  wer  bist  du, 
dafs  du  deinen  Bruder  tadelst;  <lB  fä  ucisi  un  frale  (Mosa  352.  19) 
er  tötete  einen  seiner  Brüder;  Ci  fì-au  blesUmal  paria  fil  (C.  B.  Il 
324.  29)  die  ihre  Eltern  verflucht  haben;  alunce  fi  ífi  dimonulií 
{Dosoft,  Viaja  Sf.  29.  h,  21)  da  verliers  sie  ihr  Dämon,  vgl.  Lacea 
in  R.  Jb.  V  92,  der  ;/  in  diesen  und  ähnlichen  Fällen  für  bedeu- 
tungslos hält. 

[IR.:  tu  mi  ai  gpinlsüe  Iqt  {R.  Jb.  I  142.  5)  du  hast  mir  die 
Opanken  genommen;  Ol  Wal.:  ni  intrarS  oih  tu  agru  (OlWal.  I  7) 
meine  Schafe  brachen  in  den  Acker;  ni  am  dsonUe  tu  xtane  (XUI  4) 
mein  Schatz  ist  in  der  Fremde,] 

Nicht  reflexiv: 

u'au  aimt  pulirt  tä-i  plai/scS  capul  {C.  B.  I  52.  8)  sie  halten 
nicht  die  Macht,  sein  Leben  loszukaufen;  dtaca-i  väzura  Rumleanil 
via\ä  poretascä  (Moxa  35g.  9)  als  die  Römer  sein  schweinisches 
Leben  sahen;  cä-i  cuno^lea  in  sitale  (Moxa  366.  16)  Leontie  erkannte 
in  den  Sternen  seiner  Toch  1er;  taia(i-i  caput  (C.  B.  II  155.  3)  schnei- 
det ihm  den  Kopf  ab. 

[/(■-a  venitü  iuhitulii  la  pòrta  {Volkslied  bei  Marianü  N.  491.  3) 
dein  Geliebter  ist  an  deine  Thüre  gekommen;  Mgl.:  iou-ls  ¡"m  têt" 
(VI.  Mgl.  72.  12)  ich  bin  deine  Tante;  i'  Is-o  ar<f  dt'iaua  (75.  9) 
dafs  es  dir  den  Stiel  verbrenne;  Arom.:  ku  trandäfila  Is  lu  nCn" 
(Arom.  S.  74.  47.  8)  mit  der  Rose  in  deiner  Hand.] 

9)   b)  Enklitisch  am  Substantiv. 

Das  Substantiv  bleibt  meistens  unartikuliert. 

lucrarä-mi  (Seh.  17.  45)  mein  Wirken;  muiare-fl  (Moxa  394.  17); 
UcS-fi  (404.  18);  ¡a  moarte'fi  (373.  15);  Swa  grijea  bärbatuiui-^i 
{347.  19)  E.  diente  ihrem  Manne;  beim  Plural:  gonitorü-mi  (ßrii. 
30.  16}  meine  Verfolger;  so(ii-fi  (Moxa  361.  5),  vgl.  Harden  3,425, 

[inemü-fi  (Dos.  9.  107);  aqvetluti  {==  aeestü-li)  va  fire  inj'etia- 
lorlu  (AIeJti  189)  dieser  wird  dein  Lehrer  sein;  pentru  /a(a-fi  albi- 
foarä  (Cînlece  Mold,  126.  3)  für  dein  weifses  Gesicht;  maica-ji  la 
ghtrghif  cotta  (13.  17}  deine  Mutter  stickte  am  Rahmen; 


438  BUSE  RICUTEK, 

frurnfä  verde  de  pi  OiiU 

Din  anuìu  optíÍ'<feí!í''P''OpHí 

Mulfí  voinici  sángele-fí  varsä 
(Soldatenlied  bei  Maiianu,  înmorm.  31.  29)   Grünes  Lanb  am  O^^ 
im  Jahre  (18)88  vergossen  viele  Helden  ihr  Blut; 

Sini^orU'i  suspina 

ochi^orii'i  lacrima 
(Doine  S.  488.  14)  ihr  junger  Busen  seufzt,  ihre  Aeuglein  wein^*» 
mätu^ä-mi  Sfcclüy  groapa  sä  k  sapu  (Cond,  uvae  150)  dafs  ich  mei».^ 
Base,  der  Roten  Rübe,  das  Grab  graben  werde;  /tícele  nü  BiáiC'^ 
(146)  meine  Töchter,  die  Rettiche.  Im  DR.  nach  Tiktin  (Gram.  ^ 
S.  49)  jetzt  nur  noch  in  bestimmten  Lokutionen:  parie^mi  meim 
seits,  imprejuru^i  im  Kreise  um  ihn;  nach  den  oben  gegeben 
Beispielen  aber  ist  diese  Bemerkung  wohl  auf  die  Schriftsprache  ei 
zuschränken.  Arom.:  s^  b^neadz^  fumeaVa  is  (Arom.  S.  281,  129.1  '^^ 
deine  Familie  soll  leben;  la  guif  P  (S.  250,  123.1)  nach  sein. 
Höhle;  tru  falsa  «'  me  ò^s*^  (S.  16,  13.  io),  also  Dativ  und  A 
sativ:  er  kufste  mich  mir  auf  die  Wange;  moarlea  ku  okl't  nUvid^^  ^ 
(S.  28,  2^,  5)  ich  sah  den  Tod  mit  meinen  Augen;  gura  u  la^^mtt 
ar^ndurik*  (S.  30,  27.  8)  dein  Mund  ist  ein  Schwälbchen.  Im  01W.:^b1. 
die  häufigste  Form  (vgl.  Weigand,  OlWal.  S.  78).] 

10)  c)  Unabhängig: 

tn  vitata  f«  (Seh.  131.  13);  Ca  lacov  ale^e  fi>  domnul  fi  Jsra^^^i 
în  doslotmae  pe  (134.  4)  quoniam  lacob  elegit  sibi  Dominus,  Isr^^-el 
in  possessionem  sibi;  pasare  afta  pe  casa  (83.  4)  der  Vogel  fiiM^^et 
sein  Nest. 

11)  IV.  Unbetonter  Dativ  als  Dativ  des  Zieles  mit  d^  ^ 
Verbum  existentiae,  also  der  echte  Vertreter  von  mihi  est: 

mi  e  foame   ich  habe  Hunger;    fi  e  dorul  du  hast  Sehnsuc-^*  » 
agluiorlu   hn  fii  (Dos.,   Prosaversion  der  Ps.  26.9,   Gaster  I  24     .''^ 
sä  (i  fie  mila  dumnitale  (C.B.  I  173.  4)    dafs   deine  Herrlichkeit    *^gv 
barmen  habe;  sä  fie  lui  sänäiaie  fi*  erläciune päcatelor  (C.  B.  II  155-   ^    [ 
ihm  werde  Gesundheit  und  Erlassung  der  Sünden;  päcaiu  lui  î*^ 
(Vor.  131.  3). 

\de   la  cine   î(i  esie  viéafa  (1777,  Gaster  II  m.  19)    von  W 
hast  du  dein  Leben;  IR.:  mie  i  milç  (R.  Jb.  I  S.  146.  9);  lui  ^ 
fome  (144.  6).^ 

12)  V.    Betonter   Dativ   des   Zieles  (Zweckes)    als  V 
treter  des  Possessivs: 

domnul  mie  easie  agluioriu  (Seh.  passim);  iäe  luì  urêchia  (Ma^ 
26.  51)    schneidet   ihm   das   Ohr   ab;    legafi  lui  mânile  ^i  picoa 
(Matth.  22,  13)  bindet  ihm  Hände  und  Füfse. 

[Viski  János   1697:  jeu  szemt  czie  Dumnedzeu  ptäernik  (49. 
bei  Bianü  XLIIl)  ich  bin  dein  mächtiger  Herrgott.] 

13)  VI.   Ersatz    des   Possessivs    durch    ¿/^  +  Accusa 
des  Personale: 

In  der  ganzen  altrumänischen  Zeit  ist  de  statt  Genetiv  selt:-^ 
auch  mit  einem  Substantiv:  De  Çeu  laudu  gräire  (Seh.  55.  11)      ^-^^ 


ZDR  SYNTAX  DES  RUM.  POSSESSIV-PROSOMENS  J.  PERS. 


439 


lobe  das  Wort  Gottes;  pre  mißocü  de  sUrbäloart  ta  (73.  4)  in  medio 
solemnilatis  tuae;  pri  mijloeü  dt  pUmiinlu  (75.  li);  valí  di  piàngere 
{83.  7}  Tha!  der  Thräiien,  das  schon  nicht  mehr  ganz  hergehört; 
casa  de  Dgmnul  (i3Z,  9,  bei  Coresi  domnului)  das  Haus  Gottes;  in 
loca  de  pare  (Seh.  19.  4)  sicut  escam  panis;  cri  ce  era  de  Pavelu 
(Vor.  z6.  7)  die  Anliänger  des  P.¡  ce  e  de  Pavelu  (68.  10,  Belgrader 
Bibel  t=  lurrulä  ¡ui  Pavelil)  die  Angelegenheit  P.'s.  Mit  dem  Pro- 
nomen kommt  es  fast  gar  nicht  vor;  wenn  es  steht,  so  isl  es 
prädikativ:  ee  t  de  voi  (Vor.  62.  14,  Belgr-  Bibel:  iucru!  vosiru. 
Bukarester  Bibel:  cele  ce  sìnda  de  vot)  eure  Angelegenheit;  moartä 
îasie   de  ¡i'mre   (120.  6,    Belgr.  Bibel:    moartä'  1    iniru    leof,    Bukar. 

iihcfi)    dabei    (von  ihm  her)    ist   der  Tod. 

wo    f/i  +  Acc    den    objektiven    Genetiv 

-  (Seh.  30.  20,    bei  Coresi:  /rico(i/oru  de 

■r  dir  fürchten;  /n'cofii  Je  /ine  vä^tc-me  {Seh.  118,  74); 

nele  /Hu  (60.  6);  pre  mißocü  de  Une,  Eghypte  (134.  9) 


Bibel:    moar/ea   iasle    , 
Hierzu    kommen    Fäll 
ausdrückt:    /emu\ilor  de  I 
lire)  die  sich  \ 
lemu¡iÍor  de  t 


1  medio  tui;  /eriee  de  bärbatu  ee-i  este  de  tire  aglulorìulu  (83.  6, 
Coresi:  aglulorìulu  dt  tine)  glücklicher  Mann,  der  deine  Hilfe  hat 
=  dem  von  dir  aus  Hilfe  kommt  [OlWal.:  de  line  n'eas/e  dor  (0\V. 
IV  10)],  wo  überall  die  Enlstfhung  der  Wendung  noch  klar  zu 
Tage  liegt:  von  dir  her,  von  dir. 

14)  VII.  Substantiv  +  Possessiv  im  Nominativ  vertreten 
den  possessiven  Genetiv: 

f«  /rupul  maicä-sa  (Mosa  357,  20)  im  Leibe  seiner  Muller, 
vgl.  Haçdeu,  C.  B.  I  S.425. 

[sä  iau  eapä  fratre  mni  (Doine  4g5,  106)  dafs  ich  das  Haupt 
meines  Bruders  nehme;  auch  mä-^i  findet  sich  als  Genetiv;  in  den 
Maroc -Dialekten  ist  diese  Form  die  gewöhnliche,  vgl.  Weigand, 
R.  Jb.  IV  292.] 

Gelegentlich  steht  das  Substantiv  im  Genetiv:  ^i-li  puse  Tulie 
mäscärie  coconüoril-fl  (Moxa  356.  34)  TuUiua  machte  ihn  zum  Possen- 
reifser  seiner  Kinder. 

[Corbea,  Ps.  II 4.  5  rugei-mi  glasS  (Bianü  LUI)  die  Stimme 
meiner  Bitte.] 


dea  2 


Fleonastiscbe  Formen. 
15)  Vm.  Betonter  und  unbetoi 


r  Dativ  (doppelter  Dativ 


sä  le  fie  lor  direplä  ocinä  (C.  B.  I  28.  5)  dafs  es  ihr  recht- 
mäfsiges  Erbe  sei;  lui  i  fu  moar/ta  ca  unii  somnli  (Moxa  362.  14) 
sein  Tod  war  (ihm  wurde  ein  Tod  zu  teil)  wie  ein  Schlaf;  hierzu 
vergleicht  sich:  sä-l  fie  prii/ina  fttorului  (Moxa  366.  8)  dafs  er  ein 
Freund  des  Kindes  sei;  sä  nu  pofte^ti  vecinului-läu  nice  muiare-i 
nece  faia-i  (C  B.  II  lot.  8)  dafs  du  nicht  begehrst  deines  Nächsten 
Weib  noch  seine  Magd;  hingegen  scheint  mir:  ^i-i  fu  mila  lui 
Dumnezeu  (Moxa  375.  5)  ihm  wurde  Gottes  Gnade  au  teil,  gegen 
Ha^deu's  Deutung  (S.  422,  §  54)  kein  doppeltes  Daliv-Pronomen, 
da  lui  zu  Dumneaeu  gehört  (statt  Dumneuului). 


440  EU5B  BICETER, 

[Arom,:  dumntdzcu  !ii¿  ^  P  Va  bona  (Arom.  S.  84,  55.  2)  Go« 
nehme  ihm  sein  Leben.] 

16)  IX.  Possessiv  und  betonter  Dativ: 

furili  (ûi/ura  mie  ¡a  ¡irulul  mieu  (Scb.  15.  6)  die  Diebe  fielen 
mir  in  mein  Gebiet 

17)  X.  Possessiv  und  unbetonter  Dativ. 

a)  enklitisch  am  Verb: 

laiä-fi-u  pacatele  lall  (Maltb.  8,  2)  deine  Sunden  werden  dir 
erlassen:  a-f'  las«  muiearí  lui  {Mallh.  19.  3)  sein  Weib  «u  vier- 
lassen;  iloarû  itprasi-^i  vre  giunü  caraire  ta  {Seh.  118.  q.  eines  der 
sehr  seltenen  Beispiele  (ur  unbetonten  Dativ  der  3.  Fers,  im  Seh.) 
wird  etwa  der  Jüngling  seinen  Weg  bessern?;  pasdrí  aSä-^ä  ti eatS 
(Coresi  %'i.  4)  der  Vogel  findet  sein  Nest;  elu  ni-i  kapul  noslnt 
(C.  B.  II  122.  14)  er  ist  unser  Haapt;  acfSla-0  Heise  pre  mumä-sa 
(Moxa  359.  7)  dieser  lötete  seine  Mutter;  pust-'p  mäinrule  sale 
(Vor.  98.  4)  er  legte  seine  Hände. 

b)  enklitisch   am  Possessiv: 

pre  Irupul  ¡iu-^i  (C  B.  II  228,  12)  über  ihren  Körper;  in  viafií 
liliali  {Coresi  131.  13);   f;i  dostoimcie  lui^ä  (134.  4). 

[/j  hoalii  naa-ml  (Dos.  6.  24)  in  meiner  Krankheit.] 

18)  XL  Betonter  Dativ -J- ¿/r  der  näheren  Bestimmung, 
des  Zweckes: 

cace  c'au  fast  lui  de  mojie  (Doc  XIX,  C.  B.  1  II 3.  3)  welche 
ihm  gehört  haben  als  sein  Gut;  ca  sa 'i  hie  lui  taie  de  mope  (113.  ^) 
dafs  ihm  das  Dorf  als  sein  Gut  gehöre,  also  betonter  und  unbe- 
tonter Dativ  und  de.     Dies  sind  m.  W,  die  einzigen  Belege. 

19)  XIL  Possessiver  Genetiv  -\- säu  in  der  Bedeutung  des 
Artikels:  ■ 

nur  bei  Moxa:  /¿fjd  impera(ia  fraiiivsSu  lui  Altxúndru  ^ifiu-säu 
lui  Koslanlinü  {391.  22)  er  liefs  die  Herrschaft  dem  Bruder  des  A. 
und  Sohn  des  K.  (^  des  Konstantins  seinem  Sohn). 
Hierzu  kommt  noch  bei  Dosofteiu: 

[20)    XIIL  Doppelter  unbetonter  Dativ: 

earile  {  aä  lanulu-(i ponineile  toaie  (7.  20)  die,  welche  alle  deine 
Befehle  gehalten  haben;  cS  rni'di  etrcalu-mi  intma  'n  rindul  {16.  9) 
du  hast  meine  Seele  umgarnt,  also  einer  proklitisch,  einer  enklitisch.] 

Als  einselne  Fälle  seien  erwähnt:  ea4ura  ipre  cerüiea  lu  Pa- 
velu  (Vor.  2¿.  14,  ebenso  in  der  Belgr.  Bibel,  in  der  Bukar.:  ca4mdä 
pre  grumätu  lui  pavelu)  also:  sie  ñelen  um  den  Hals  des  P.;  ca 
pre  0  maieä  a  lui  (Moxa  373.  12)  wie  seine  Mutter,  das  sich  dem 
ital.  una  sua  moglie  vergleicht.!  [Aehnlich:  ca  un  lata  ee-(i  sunt 
(Creanga,  Gaster  II  349.  29)  als  dein  Vater.]  Endlich:  mie  : 
mila  (Gasíer  I  52.  24);  {i  se  cara  de  la  Dumne</eu  mSueare  fie  (i 
103,  2ì)  und  sie  verlangen  von  Gott  ihre  Speise. 


ZCR  SYNTAX  DES  BUM.  POSSESStV-rROSOMENS  3.  PERS.         44  1 

14.  Von  diesen  Formen  sind  noch  15  lebend,  nämlich  i),  2), 
4) — g),  ii) — 17).  Zieht  man  die  andern  romanischen  Sprachen 
zum  Vergleiche  heran,  so  steht  selbst  das  formenreiche  Altfranzö- 
sische  hinter  dem  Rumänischen  zurück,  denn  es  verfügt  nur  über 
sieben  possessive  A  us  drucks  weisen.  Italienisch  und  Spanisch- Portu- 
giesisch nur  über  je  fünf.'  Es  darf  aber  nicht  übersehen  werden, 
dafs  diese  mannigfachen  Formen  nicht  etwa  wie  jetzt  im  Rumä- 
nischen oder  wie  in  den  anderen  allen  und  neuen  Sprachen  eine 
stilistische  Abwechslung  ermöglichten,  indem  sie  in  einem  und  dem- 
selben Schriftstücke  neben  einander  gebraucht  wurden.  Vielmehr 
finden  sie  sich  in  den  verschiedensten  Mischungsverhältnissen  zwar 
zu  der  gleichen  Zeit,  aber  nicht  bei  den  gleichen  Autoren,  der 
eine  verwendet  blofs  die  einen,    der  andere  wieder  andere. 

Coresi  (in  dmi  Evangelien)  setzt  fast  ausschliefslich  /ui, 
im  Matthäus  findet  sich  nur  3  mal  unbetonter  Dativ,  und  5  mal  säii, 
und  zwar  nur  bei  iaiâ  und  miimä,^  in  den  bei  Gaster  1  enthal- 
tenen Proben  kein  einziges  Mal.  Ebenso  verwendet  Greceanu  in 
der  Bukarester  Bibel  1688  (in  den  bei  Sbiera  (Cod.  Vor.)  und  bei 
Gaster  I  enthaltenen  Stücken!)  ausschliefslich  /u;'.  In  den  Psalmen 
hingegen  gehen  Coresi  und  Scheyanu  im  engsten  Einklang. 

Scheyanu;  in  der  grofsen  Mehrzahl  der  Fälle  einfaches  /»/ 
und  sau,  selten  mit  a  oder  ai,  etwa  dreimal  unbetonter  Dativ,  ein- 
mal pleon  astisch. 

Voroneteanu:  die  verschiedenen  Typen  von  /«/  und  läu, 
unbetonter  Dativ,  der  sichtlich  bei  der  2.  Pers,  bevorzugt  ist:  54mal 
Possessiv  gegen  12  mal  unbetonter  Dativ,  während  bei  der  3.  Pers, 
das  Verhällnis  ^  84  :  13  ist.  Einige  Male  kommt  unbetonter 
Dativ  -J-  Possessiv  vor. 

Michael  Moxa  bedient  sich  fast  aller  aufgezählten  Formen; 
jedoch  wendet  er  ääu  nur  bei  Personalbezeichnungen  an,  ausge- 
nommen einmal  :  Jacu  Dummstu  omul  at  mJnä  ¡u¿  . . .  pre  kìpul 
obrasului  säu,  p'-í  puse  u.  s.  w.  (346.  1 8)  Gott  schuf  den  Menschen 
mit  seiner  Hand  nach  der  Form  seines  Angesichtes  und  stellte 
ihn  . . .,  wo  vielleicht  der  Schreiber  -fl  (fb)  wegen  des  nachfol- 
genden ;iV  ausgelassen   hatte,   und  tSu  späterer  Zusatz  ¡st.    Ein 


'  Altlri.:  I)  betontes  Possesriv,  1)  unbetontes  Poisessiv,  3)  pOBicssiver 
Dativ  (mit  a).  4)  Obliquas,  J)  unbetonlet  Dativ  (tn  viel  geringerer  Ausdeli- 
Bang),  Ú)  pleoDastiscbea  Possessiv  4-  Dativ,  7)  Genetiv  (mit  di),  wovon  fünf 
Typen  erhalten  sind;  i)  i)  (seilen),  S)  6)  7}.  Italien,  Spanien,  Portugal: 
1)  Possessiv,  2}  unbetODter  Daliv,  in  Portag.  in  weit  ausgedehnterem  Mafse 
dIi  in  den  übrigen  wcsUicIien  Sprachen;  vgl.  übrigens  Calderón,  Alcalde  de 
Zalamea:  aun  no  le  vean  la  caino  (I  $[1):  _^0  te  hallar/ la  disculpa  (III  Ö94); 
3)  plconastisches  Possessiv,  ¡talienisth  mil  a  (Dativ}  oder  mit  Genetiv  (ge- 
schwunden), spanisch  und  porlag.  mit  de  (Genetiv);  4)  Genetiv:  ital.  la  casa 
di  Ita,  span,  la  dt  el,  portug.  a  de  elle;  5)  pleonuljlcbe»  Foneuiv  +Aaierí 
(geschwunden),  vgl.  ML.  HI  §371,  Tobler  II  79. 

*  iaiänr-i3u  (U  21),  mumSnieí  ¡ale  (XIV  IO),  latS-sSu  lau  mumS-ta 
[XV  4],   tatam  lui  au  mums-la  (XV  5). 


442 


ELISB  RICHTBR, 


Freund  pleonastischer  Aasdrucksweise^  hat  er  sämtliche  pleonastísche 
Verbindungen  angewendet;  auch  der  einfache  unbetonte  Dativ  findet 
sich  bei  ihm  zum  ersten  Male  häufiger. 

Dosofteiu  setzt  in  seiner  gereimten  Version  der  Psalmen  fast 
ausschliefslich  den  unbetonten  Dativ  statt  des  Possessivs;  seine 
Sprache  hat  dadurch  etwas  Verkûnsteltes,  Einförmiges^  wovon  die 
Prosaversion  vorteilhaft  absticht.  Er  gestattet  sich  noch  eine  wei- 
tere Freiheit,  indem  er  den  unbetonten  Dativ  nach  Belieben 
auch  beim  eingeleiteten  Objekt  verwendet:  dt'n  òrafe^ft  (S.  4) 
in  deinen  Armen;  cu  sfìnia^fi  fafä  (15.  38);  l^i(í  ^tse  cä/rä  slugä 
(Viafa  Sf.  118.  25)  und  er  sagte  seinem  Diener;  ^i^mi  ausi  ^i  de  sus' 
pinuri  (Gaster  I  242.  i)  und  er  hörte  mein  Seufzen.  So  auch  noch 
Corbea:  înnainté  /éfet-fì  (Bianû  LI  2)  vor  dein  Angesicht;  ca  sä-fi 
ttmblu  in  cale  (LIl  18)  dafs  ich  auf  deinem  Wege  wandle;  în  spur^ 
caia' fi  faptä  (L  40)  durch  deine  schmutzige  That.  Und  auch  beim 
Objekt,  das  dem  Satze  vorausgestellt  ist:  mila^  sä^p  arate  (46.  21) 
dafs  er  sein  Mitleid  zeige;  pizma^ii  sä-tni  càute  (53.  33)  dafs  ich 
meine  Feinde  sehe. 

Ueberall  wird  noch  das  Herumtappen  und  -tasten  der  Autoren 
bemerkbar,  die  keine  fertige  Sprache  vorfinden  und  bald  mehr 
bald  weniger  auf  Stelzen  gehen.  Was  speziell  das  Verhältnis  von 
lui  und  säu  anbelangt,  so  ist  es: 

¿uiisüu        im:  bei  PersonalbezcichnuDgen ; 

100  :  47     Scheyanu 
100  :  60    VoroD. 
Moxa 
Von  den  Dokumenten  in  C.  B. 

kommen  nur  in  Betracht: 
No.  IX 
XI 


lui  :  süu 

3:    7 
18  :  70 


I 

4 

4 
I 

I 

I 

2 

75 
100 

I 

«3 

13 
20 

6 

4 

S 
20 


o 
o 
o 
o 
I 
I 
o 

50 
81 


I» 


I» 


»> 


II 


XV 

XXV 

XXIX 


>  Bd.  I,  aus  der  Walachei 


M    XXX 

I,  vili 

e.  B. 

Texte  des  II.  Bds. 
von  diesen  speziell: 
8     Predigt  (1600) 
22     Cugetarï  în  óra  mor^iï 

0  Cal.  Maicei  D.  la  Jad. 
4     Sfta  Vinere 

8  Costin  (1670) 

2     Dascalul  (1650)  etc. 

1  Creanga 
25  Cantemir 


aus  der  Moldau 


worunter  P.:     25  :  31 


Moldauische  Texte 
bei  Gaster 


3 

0 

4 

»7 
I 

I 
3 


o 

5 
10 

3 
3 

7 
9 


8:33 


1  Vgl.  Hafdeu,  C.  B.  I  413  flf. 


74  :  ■-     r.i- 
100  :  î^:. 


50  :  50     A.-31:  -• 
5  :  18     Ne  ""-2;. 

Ein  bestimiLiv:    :.-.  .-.. 
VergleidiLMi  nicht  z.fi'i::. 
der  cinztílnt.-n  Texic  ú'j     .   -.. 
d  au  í  seh  en  Texten   Líi    .:  -■     - 
in  Anbetracht  der  führeii'jr^;    . 
geistigen  Leben    der  KuiiíüI:-: 
erklären,    dafs    der   Geîrc.:._': 
^¡. räche  so  sehr  zugenüir:::*^':    .  _. 
í'.ür.cig  abnahm.    Hier  is:  :.-::....      ::     . 
lis.  et*,  en,    suus   beir.ah'.-    ré.*.:    i.. 
'•rTeii'Miungen    beschri.!.i::    v--,- 
s.::  ivMich    nach    die^-'.    •:'!.«.  *■ 
i-a  -    ::i:.j    in  dem  Mc.'v.-  c.---:r-'.     ^ 
vtrcie.    In  dieser  Bvi>. :.:-:.£•:- r  *:.    l,  .-.    .- 
ca.s  der  Gebrauch  ".'.:.  r^-:  Jii  '    '.  -    .-. 
genommen    habe,    v.äj.r-.-r'i    -.•     *     :  - 
(rher  zugenommer-  :.á:. 

16.     Die    \'*:f:Á.::.,:z;í:. 
mod'-rr.en  'I>x:f:r.   :::-:.:  1.    '  .-      •       -     -. 
(l«rr    r.ura.    b*:;    -.ir.-r     -,    -    -    '.^  . 
bli-iheri   lij:.'-'.-:,   c<i  ■';:    -•:.■..        *  - 
rend    iin   .M.rurr.c-..   ,     :.    -  -  - 

denselbeii  firi::.':";*./^  .    • -.  .- 
>tatit»rt  word'L  -;r.'..    .^'    -- -.-     .-     ••    -- 
Erscheinung  Cur::*:  '::."..-.   li    ^.  .>.--. - 
stände    zu    erfr.ir-:.     r;::.        .'    %    --.. 
seltner  ah  -.:r.¿'-;.¿.--:-.        ..-.-.   -.  .-. -.    ^.^ 

^U       I.  A    ••■•■.*:<.■      '..ila.  ^       ».4.4.1  .*.    .  ...  ■    . 

bra-. h    b.eibt    ur.':     Iâ'-.      •       :. -. --       -^ 
Plura!    weit    -i^-ltr.*:!    '.^.rK''.\T:.>.      \ 
Plural  b^tor.t  v.»r'::r-.     •'.   :.-...*•-.    \  .   '   , 
er  überhaupt  r.ur  z'.:   r.  ar-::.'.  .-. .    .r.. 
nicht    g'ínüg*^:..      ;  ür    *'..-.   '*  .- '.'.  j,'-.   -      . 
ginn  dieses  Jahrh-:r.^i':r' .    ■.-;     .'  -     :  <.    ^. 
und    Itali';ni=:ch^.'.    *\'<.7...     •  < .     "- ■  -   •/- 
(Negruzzi;    ihr   r':;  .:.«:r    B','>-      í-    -*  -  -, 
ihrem     alten    IIe>i'r.v:rr.'- .     z.     .•  •  »:  ^- 

»  Gram.  Istor.  S.  '.'/',. 


444 


EÎ.ISE  RICHTER, 


die  Tbatsache,  dafs  der  possessive  Ausdruck  fSr  den  Plural  nicht 
parallel  geht  mit  dem  für  den  Singular,  auch  im  Afra.-Prov.  nach- 
weisbar, wo  possessiver  Obllqiius  im  Singular  gewöhnlich,  im  Plural 
selten  oder  nie  siebt.' 

Aus  all'  den  oben  gemachten  Vergi  ci  chu  nge  a  ergiebt  sich, 
dafs  die  Variationen  im  Gebrauch  der  beiden  Pronomina  zuletzt 
unter  die  stilistischen  Eigentümlichkeiten  der  einzelnen 
Autoren  zu  zählen  sind.  Wenn  Coresi  im  Evangelium  blors  lui 
anwendet,  so  wollte  er  damit  vielleicht  einen  besonders  volkstüm- 
lichen Ton  treffen,  im  Gegensatz  zum  Psalter,  in  dem  die  pathe- 
tische Differenzierung  sehr  wohl  angebracht  war,  und  in  dem  er 
mit  dem  Scheyanu  so  vollkommen  übereinstimmt,  dafs  es  scheint, 
er  habe  diesen  mit  geringfügigen  Aenderungen*  in  seine  Bibel- 
übersetzung eingefügt;  dafs  er  aber  seiner  Sprache  eine  gewisse 
Gewalt  angethan  hat,  beweist  das  Unterdrücken  von  s3u  auch  bei 
Perso  na  Ibezoichn  ungen,  worin  eine  ganz  individuelle  Eigenheit 
von  ihm  zu  sehen  ist.  Der  Bearbeiter  der  Bukarester  Bibei  hielt 
sich  dann,  wie  es  scheint,  strenger  an  ihn  als  der  der  Belgrader.^ 

Eine  gewisse  Freiheit  zeigt  sich  auch  in  den  Dokumenten  und 
in  allen  oben  er^vahnten  Schriften,  indem  der  eine  Autor  ganz  nach 
Belieben  eine  andere  Verhältm'sziffer  erzielt  als  der  andere.  Durch- 
aus individuell  ist  auch  die  Abwechslung  aus  ästhetischen 
Gründen,  die  bald  mehr  bald  weniger  regelmäTsig  angewendet 
wird,  K.  B,  bei  Alecsandri;  ûchù  lui  mari  fi  ìn/iligenfi,  nariU-sale 
largì  fi  Irandaßlii,  picioareU  lui  stih^in  fi  ntrvoast,  toada  lui  pleioasä, 
tuaflimpírul  slu  selbaiec  fi  lot  odala  blandtfa  lui  sub  mäna  omuiui 
¡ìnt  probt  ved(rale  de  tángele  arabesc  ce  eurge  hi  vinelc  lui  (Calat.  105) 
seine  grofsen  und  intelligenten  Aogen,  seine  weiten  rosenroten 
Nasenlöcher,  seine  dünnen  nervigen  Füfse,  sein  zottiger  Schwan«, 
seine  wilde  Unruhe  und  zugleich  seine  Sanftmut  unter  der  Hand 
des  Mannes  sind  wahrhafte  Beweise  des  arabischen  Blutes,  das  in 
seinen  Adern  läuft.  Cdnd  se  gândea  ia  rufinea  ce  rlmäsese  asuprä 
numelu'i  siu  in  casa  pärinjilor  ei  (Basmo  124.  6}  iveim  sie  sich  der 
Schmach  erinnerlo,  die  in  ihrem  Vaterhause  an  ihrem  Namen 
haftete.  Andere  Autoren  verwenden  so  lange  dasselbe  Pronomen, 
bis  sie  der  Sinn  zu  einer  Aenderung  zwingt,  z,  B.  GolescG,  Pilde, 
Alexius,  oder  Omir,  Prosaübersetzung  der  Odyssee  (Gaster  II), 

17.  Innerhalb  der  einzelnen  Dialekte  lassen  sich  prinzi- 
pielle Unterschiede  nicht  ßnden,  wohl    aber    quantitative, 


I 


I  Vgl.  ML.  m  §  42. 

*  Di«  würde  erkiárcn,  dab  einerseiCs  Coresi's  Psalter  Spuren  von  Rbota- 
dsmus  aufweist,  im  Gegenaacz  zu  seiiieD  acdercn  Stacken,  anitrerseits  dais 
diese  mehrere  stilislische  Ëi);enheiten  haben,  die  sich  im  Psalter  Cores- 
Scheyana  nicht  finden,  2..  B.  Veiwendung  des  Fut.  exact.,  oder  asyndetitdier 
Perfekta  für  PartÌEÌpialkansiriiktioD-|-Fetreki,  ferner  die  moderne  Stellm^  de* 
tonlosen  Objeklspronomen  vor  dem  Veib  (.'3  le  vesel¿se3  dafs  er  sich  erfreue)  I 
g^eo  die  alten  um  lichete  im  Seh.:  ¡5  veseleascS-ie  etc. 

■  Ueber  .dts  AbhöDgigkeitsverhiltais  der  BitMln  vgl.  Gast«  I  5,  xxn. 


ZUR  SYMTAX  DES  RUM.  P0SSESS1V-PR0N0M£NS  3.  P£KS.         445 

im  Gebrauch  der  beliebtesten  Formen.  Im  ganzen  rumänischen 
Sprachgebiete  haben  lui  (resp.  a  lui)  und  der  unbetonte  Dativ 
¿8  Ueberge wicht,  und  zwar  so,  dafs  beide  in  ziemlich  gleich- 
mäfsiger  Verteilung  im  DR.  auftreteD,  von  den  Dialekten  aber  ent- 
weder a  lui  (Arom.,  Megl.,  IR.)  oder  der  unbetonte  Dativ 
(Ol Wal.,  Maroàdialekte)  bevorzugt  wird. 

Dies    einmütige    Vorgehen    der    Mundarten    einerseits, 
andrerseits  die  individuelle  Verschiedenheit  bei   den   ein- 
zelnen Autoren  lassen  slavischen  Einflufs  als  ausgeschlossen 
erscheinen.    Das  Âltbulgarische  ist  reich  an  Pronominalformen,  ver- 
wendet (wie  es   bei   flüchtiger  Beobachtung  scheint)   svoi  und  ego 
\       ziemlich  entsprechend  den  lat  suus  und  eius^  es  könnte  also  keine 
I        Verarmung  des  Vokabulars  herbeiführen;    wenn  slavischer  Einflufs 
.       Oberhaupt  zu  konstatieren  ist,   so  könnte  allenfalls  die  Bildung  ai 
m^^  (Vor.  26.  2)   erwähnt  werden,    die   dem  altbulgarischen  svot 
iemu  (bei  Leskien)  nachgebildet  scheint 

« 

18.  In  der  ersten  Hälfte  des  1 7.  Jahrhunderts  festigt  sich  all- 
geinadi  der  Sprachgebrauch  und  seit  dem  18.  Jahrhundert  finden 
^fir  ihn  in  der  Anwendung  der  verschiedenen  pronominalen  Aus- 
drucke so,  wie  er  ziemlich  unverändert  bis  in  die  neue  Zeit  dauert 
• —  bis  zum  Auftauchen  der  ^y«x -Theorie. 

Proklamiert  wurde  sie,  wie  es  scheint,  zum  ersten  Male  1826  > 

voTi  Joannis  Alexi   in  seiner  Granmiatica  dacoromana   sive  vala- 

diica.    Ganz   auf  der  lateinischen  Grammatik  fufsend,    bezeichnet 

er   4äu  als  Reflexivpronomen  {intorquéiôre)    und   erledigt   es   mit  fb 

zusammen  (S.  l88  —  89)  durch  die  Erklärung:  pronomen  reciprocum 

àtihibiiur  quando  requiiur  ut  actio  ex  parte  agentis  seu  actionem  ponentis 

^felligaiur.    Während  Diez  diesen  Satz  kennt  und  ungläubig  citiert,^ 

Scheint  er  im  Rumänischen  selbst  zunächst  weder  praktisch   noch 

ätich  irgendwie  theoretisch  nachweisbaren  Einflufs  ausgeübt  zu  haben. 

^  den  Grammatiken  von  Clemens,  Eliade,  Pumnul,  in  Cipariu's 

Elemente,  bei  Popo  vi  ci  Barcianu  findet  sich  keine  Anspielung 

*^^^iif;   nicht  einmal  der  lateintolle  Lauri  an  sagt  etwas  darüber, 

**^^  er,   der  sogar  ein  rumänisches  Fem.  pl.  larum  <  illarum  auf- 

***^fellen  wagte  —  „ä  ut  0,  m  reticetur"  u.  s.  w.,    ihm  löst  sich  die 

gari2e  historische  Grammatik  in  eine  orthographische  Frage  auf  — , 

^\   hatte  sich  diese  Aehnlichkeit  gewifs  nicht  entgehen  lassen.    Auch 

^'^«istisch   ist   kein  Unterschied   zu   bemerken   bis  zu  den  Arbeiten 

^^   letzten  Zeit,    und   auch   in   diesen   finden   sich  bekanntlich  in 

^^faer   Zahl    „Verstöfse   gegen   die  Regel",    resp.  Rücksichtnahme 

Ij.**^   cien  Sprachgebrauch.    Erst  Cipariu  wirft  1877  neuerdings  die 

'^^^  auf,  ob  sau  anders  als  auf  das  Subjekt  des  Satzes  bezogen 

^**ct^n  köime,    und  verneint   sie   mit   der  Begründung,    dafs   für 

3.^  ^  Im  Lexicon   de  la  Buda  1825   findet  sich  keine  Erwähnung;    frühere 

^^^^xnatiken  waren  nur  nicht  zugänglich. 

^  m  S.  73,  I.  Auflage  unverändert  gleich  den  späteren. 


446  ELISE  RICHTE», 

säu  dieselben  Regeln  gelten  mürsten  als  fur  sf,  „von  dem  d 
stammt".'  Wie  widerwillig  aber  dio  Sprache  diesem  Verdikte  gegen- 
über steht,  beweist  nichts  deutlicher  als  der  Lehrsatz,  der  einen 
Verstofs  gegen  sich  selbst  enthält:  „Di  act  urmesa,  ca  stu  it  con- 
corda cu  sustanlivulu  proprìu  ori  in  ce  easu  it  fie,  dar  reftrenli'a  luì 
e  làlu  dcun'a  la  suhicctulu  propuseliunti  tale"  {daraus  folgt,  dafs  teu 
mit  dem  Beziehungsworte  in  was  immer  für  einem  Falle  überein- 
stimmt, jedocli  bezieht  es  sich  immer  auf  das  Subjekt  seines  Satzes), 
Da  nun  rtfcrtnti'a  Subjekt  des  Satzes  ist,  propusetiunei  sich  aber 
auf  das  aufserhalb  des  Satzes  stehende  sen  bezieht,  hätte  er  nach 
seiner  eigenen  Lehre  ¡ui  statt  sale  setzen  müssen.  Da  aber  der 
Salz  und  das  Wort,  das  in  ihm  steht,  das  sein  Subjekt  ausmacht, 
im  innersten  Zusammenhang  und  Abb  an  gigkeil  s  verhält  ni  s  zu  ein- 
ander stehen,  ist  säu  in  diesem  Falle  der  passendere,  sprach- 
gerechtere Ausdruck  gewesen  und  deswegen  hat  ihn  Ciparia  — 
vielleicht  unwillkürlich  —  gesetzt, 

Tiktin,  in  seiner  Grammatik  (1895),  hält  zwar  auch  an  der 
Rücksicht  auf  das  Subjekt  fest,  durchbricht  aber  diese  Regel  selbst 
durch  zwei  Konstatierungen:  1)  alitlurea  cu  sää  se  in¡rtbuinl¿za  fi 
proti,  pers.  lui,  eì,  pria  care  adtstaorì  sì  fi'  pôle  precisa  mai  bitte  per- 
sóna proprielariuluì  (I.  Etymologia  g  177)  neben  iiïu  wird  auch  das 
Personalpronomen  ha  ti  gebraucht,  durch  das  man  häufig  die 
Person  des  Uesitzers  deutlicher  ausdrücken  kann.  2)  In  dtasebi  st 
aplica  incontra  rtguìei  a)  säü  sa  in  unire  directa  eu  cuvinie  nearüeu- 
laie,  ¿)  lui,  el  cátid  tsle  a  si  accentua  possessivul  (II.  Sintasa  §  390). 
Insbesondere  werden  gegen  die  Regel  angewendet:  a)  säü  ta  in 
direkter  Verbindung  mit  unattikulierlen  Worten;  b)  lui  ei,  wenn 
das  Possessiv  beloni  werden  soll. 

Philipide  endlich  (Gram.  El.  1897)  gehl  wieder  davon  ab 
und  erklärt  beide  Pronomina  für  völlig  gleichwertig. 


I 
I 
I 


:  Werke 


I   AbkürxuBgei 


le  AIcciBbdri,  O  primbUre  U  inun|i  ^  Boisec. 

—  CftletQrie  In  Africa, 

lele  B.  o  m  Hu  i  lo  r  (Iipiretcu). 
S,   Psallhca  Schciani  = 
er,   Malthäiu-Eviingeliuni  (Arch,  gtott.  SU)  = 

Chicstomiilhie  Roumaine  = 

Condemnalîo  uvac  (Z.  HI). 
>fteU,   Pwltiret  (ÜiaDll)  = 
—  für  Corbea,  Viski  Jmo«  ^ 

leu,   CuvÍDie  aa  BltrSDl  = 

»nü  J.  F.,   NuDla  la  Romínli  = 
—  Inmotmlatarca  la  Rom&oii. 

*  Grammttica  Itmbei  Rom.  11,  tinlellea,  S.  iSo — iSi, 


ZOR  STMfAX  DBS  RUH.  POSSESSIV-PRONOMCNS  3.  PSRS.         447 

Sline  ano,  Istoria  filologici  RomftnS. 

Sblera,  Codicele  Voroneteann  ss  Vor. 

Settstos  £.  D.  O.,  Clntece  MoldoTcnefti. 

'Weigand,  Die  Aromunen  =  Arom. 

—  VUcho-Meglen  =r  VI.  Me  gl. 

—  Nouvelles  recherches  tur  le  Roaman  dlstrìe 

(Romania  XXI). 

—  Die  Olympo-Walachen  =  Ol  Wal. 

—  Jahresbericht  des  Instituts   for   Rumän.  Sprache 

I— VI=  R.Jb. 

Miklosich,  Rumänische  Untersuchungen  (Denkschriften  der 

A.  d.  W.  Wien  XXXII). 
Sion,  Opérele  princepului  Cantemir. 


1825.  Lexiconul  de   la  Buda. 

1826.  Joannis  Alexi,  Grammatica  dacoromana  sive  valachica. 
1836.  Andreas  Clemens,   Die  Walachische  Sprache. 

1840.  A.  Trebon.  Laurian,  Tentamen  criiicum  in  originem,  derivationem 

et  ibrmam  linguae  Romanae. 
i^i*  J.Eliade,  Paralelismu  tntre  dialectele  Romanu  ci  italianu. 
'^54*  Cipa  ri  u,  Elemente  de  limba  R. 
1^5^.  S  ab  bas  Popovici   Barcianu,  Theoret.-praktische  Grammatik  der 

Rum.  Sprache. 
'^4<  Aron  Pumnul,  Grammatik  der  Rum.  Sprache. 
'^70.  Cipariu,  Gramatec'a  limbei  Romanae  I. 
»«77.        -  —  -  -        n. 

'«94.  Manli u,   Gramática  istorica. 
'«95.  Tiktin,   Gramática  romàna 

—  Studien  zur  Rom.  Philologie. 

—  Stellung  der  tonlosen  Pronomina  (Z.  IX). 
^7*   Philipide,  Gramática  elementara. 


^chsler  Th.,  Rumänisch  •  Deutsche  Elementar -Grammatik. 

f  skien,   Handbuch  des  Altbnlgarischen. 

*^2,   Grammatik  der  Rom.  Sprachen  III,  1842. 

^yer-Lûbke,  Grammatik  der  Romanischen  Sprachen  II.  III  =  ML. 
^  —  Litteraturblatt  (1886,  Cod.  Vor.). 

J7**ssafia,   Deutsche  Litteraturzeitung  1882  (Coresi). 
^  ^  ^I  er,  Vermischte  Beiträge  II. 

^^  **Uchardt,  Slavo  -  Deutsches  und  Slavo  •  Italienisches. 
^  ^^Ice,  Rumänien,  Land  und  Leute. 

^^^er,  Rumänische  Litteraturgeschichte  (Gr.  Gr.). 


*spari,  Kirchenhistorische  Anecdota: 

Pirmin-^ 
Caesar  von  Arélate. 


^  Enthält  keine  Beispiele  für  tibi. 


448      KLISI  RICHTXR9  ZUR  SYNTAX  DES  RUM.  POS&-PSON.  3. 

Martin  t.  Bracara's  Schrift  de  correctíone  msticorom 
Anonymi  Ravenatis  Cosmographia.^ 
Monnmenta  Germaniae  histórica. 
Nene  Folge. 

Auetores  antiqnissimi  L 

Landolfns.^    Paolos,  historia  Rom.^ 
Ei^ppios,  Vita  SeverinL 
Scriptores  rerom   Merovingicarom: 
I.  Gregor  v.  Toors.* 
n.  Freddar.     Historia  Daretis  Fr^  de  orìgine  Franc'     Gesta 
Theodorìd  regis. 
Aoctores  antiqoissimi  IV. 

Venantios  Fortonatos. 
Aoctores  antiqoissimi  V. 

Jordanes.    Aosonios. 
Leges: 

n.  I.  2.  Capitolaiia  regom  irancomm. 

5.  Additamenta  ad  capitolaiia  regom  franoonnn. 
V.  Formolae  AndecaTenses.    Formolae  Visgotfaicae.    Marcolf.' 
Alte  Folge. 

HL  Widokind  Conreiens.    Annales  S.  Germani  Paris.'    Erdieni* 
pert.    Historia  Langobé' 
Docomente  privitóre  la  istoria  Rom&nilor  I  I.  2.  Il  l.  2. 
Landgraf  H.,  Der  Dativos  ethicos  (Arch,  t  Lat.  Lei.  Vm). 


DR.  =  Dacorumânisch.    IR.  =s  Istrommänisrh.    OW.  sss  Olympowalachisch. 

Arom.  =  Aromonisch.    MegL  =  Meglen. 


^  Enthält  keine  Beispiele  für  sibL 

Elise  Richter. 


BemeTlnmgen  zu  einer  Gesoliicbte  der  franzäsiscben 


I 


Von  Carl  Vorelzsch,  der  sich  an  der  Erforschung  des  fran- 
zösischen Heldenepos  schon  melirfach  in  hervorragender  Weise  be- 
teiligt hat,  liegt  seit  kurzem  ein  stattlicher  Band  vor,  der  über 
Komposition  und  Quellen  des  „Huon  von  Bordeaux"  handelt.  Der 
Veifasser  eröffnet  damit  eine  Sammlung,  die  er  „Epische  Studien: 
Beiträge  zur  Geschichte  der  fri.  Meldensage  und  Heldendichtung" 
betitelt  hat.  Sein  letztes  Ziel  ist  eine  „Geschichte  der  frz.  Helden- 
sage", oder,  da  nach  seiner  Anschauung  die  Ependichter  ihren 
Stoff  vornehmlich  ans  der  Sage  geschöpft  haben,  eine  „Stoff- 
geschichle  des  frz.  Heldenepos".  Das  Programm  dieses  Werkes 
hat  er  schon  in  der  Tübinger  .\jitrittsvorIesung  vom  Jahr  1894 
entworfen.  Nun  gedenkt  er  durch  ausführliche  Untersuchungen 
lehrreicher  Einzel  problème  die  geplante  Gesamtdarstellung  vorzu- 
bereiten. Diesem  Zwfeck  sollen  die  „Epischen  Studien"  dienen. 
Angesichts  der  hohen  und  schönen  Aufgabe,  die  sich  der  Verfasser 
gestellt  hat,  dürfte  jetït  die  Gelegenheit  sein,  eine  Reihe  Fragen 
zur  Sprache  zu  bringen,  die  im  Rahmen  einer  „Geschichte  der 
frz.  Heldensage"  berücksichtigt  zu  werden  verdienen.  Vorelzsch 
hat,  wie  er  ausdrücklich  bemerkt,  eine  „Sloffgeschichte"  im  Auge; 
darauf  will  er  seine  Aufgabe  beschränken-  Will  man  aber  fest- 
stellen, was  jeder  Dichter  aus  seinem  Stoffe  gemacht,  wanim  er 
eben  diesen  und  keinen  andern  gewählt  und  warum  er  denselben 
so  oder  so  abgeändert  hat,  dann  läfst  sich  die  Frage  nach  dem 
Thema  des  Dichters  nicht  umgehen.  Bet  der  Bestimmung  seines 
Themas  pßegt  sich  jeder  Künstler  gemeiniglich  nach  seinem  Publi- 
kum zu  richten.  Manche  Gelehrte  haben  auf  diese  und  andere 
Dinge,  die  von  entscheidender  Wichligkeil  sind,  bisher  weniger 
geachtet  Deshalb  sollen  diese  Fragen  hier  im  Zusammenhang 
besprochen  werden.  Teilweise  habe  ich  darüber  schon  gehandelt 
in  VoIhnöUers  Jahresbericht,  wo  ich  in  dem  Abschnitt  „Germa- 
nisches in  der  altfraniösischen  Dichtung  1891 — q6"  über  die 
älteren  Arbeiten  des  Verfassers  referiert  habe.  Auf  diesen  Aufsatz 
(Vollmöller  IV.  Bd.,  2.  Teil,  S.  416 — 26)  sei  hier  von  vornherein 
verwiesen. 

I.  Am  lebhaftesten  erörtert  wurde  in  den  letzten  Jahren  die 
Frage    nach    den    Quellen    der    Ependichter.      Haben    wir    als 

ZckadB.  £  »K  PUL  XXV.  29 


450 


WECHSSLER, 


Zwischenglied  ïwisdien  don  gestbichüichon  Ereignissen  und  den 
Epen  lyrisch-epische  Lieder  anzusetzen,  oder  Sagen  d.  h.  Volts- 
ûberlieferuDgen ,  oder  die  Berichte  der  Histoiiographen?  Dazu  sind 
neuerdings  zwei  weitere  Anschauungen  vermitlelnder  Nalur  ge- 
kommen. Voretzsch  widmet  vorzugsweise  diesen  letzteren  einen 
einleitenden  Teil  seines  Buches,  betitelt  „Kritische  Bemerkungen 
über  Begriff  und  Bedeutung  der  Sage". 

a)  Einige  der  grolsen  Heldenepen  hei  Indem,  Griechen,  Ger- 
manen ,  Franzosen ,  Finnen  und  Karakirgisen ,  erwiesen  sich ,  als 
man  ihre  Komposition  genauer  prüfte,  zum  Teil  aus  kleineren 
ursprünglich  selbständigen  Dichtungen  zusammengestellt.  Hier  steht 
am  Anfang  Friedrich  August  Wolfs  berühmte  Hometkritik.  Zuerst 
Lachmann  machte  daraus  ein  System,  als  er  die  Methode  Wolfs 
an  Nibelungen  und  llias  durchführte  und  die  ursprünglichen  Einzel- 
lieder im  Wortlaut  wiederherzustellen  versuchte.  Von  Lachmann 
stammt  die  sogenannte  „Liedertheorie".  Sie  wurde  von  G.  Paris 
auf  die  altfrz.  Epen  angewendet  und  bis  heute  mit  Entschieden- 
heit vertreten:  canlilenae,  chants  lyrico-lpiquts,  chants  contemporains, 
als  eine  Art  Romanzen  gedacht,  bildeten  nach  ihm  die  notwendige 
Vorstufe  der  Epen.  Ich  habe  schon  in  Vollmötlers  Jahresbericht 
(S.  421)  darauf  hingewiesen,  dafs  der  Gedanke,  Epen  aus  lyrischen 
Liedern  hervorgehen  zu  lassen,  in  einer  bestimmten  ästhetischen 
Doktrin  wurzelt.  Es  war  im  letzten  Grunde  Herders  Lehre  von 
der  Priorität  der  Lyrik.' 

b)  Zuerst  bei  den  Germanisten  regte  sich  der  Widerspruch 
gegen  die  Lieder  theo  rie.  Zwar  erkannte  man  die  Fälle  au,  wo 
sich  einzelne  Komposition  steile  in  der  Thal  als  ursprünglich  selb- 
ständige Dichtungen  erweisen  liefsen.  Aber  man  sträubte  sich 
gegen  die  dogmatische  Durchführung  dieses  Gedankens.  Zwisclien 
den  ältesten  Gedichten  überhaupt  und  dem  geschichtlichen  Er- 
eignis setzte  man  als  Mittelglied  mündliche  Volksüberlieferungen 
ein,  die  „Sage"  im  engeren  Sinn  des  Wortes.'  Unter  anderen 
vertrat  auch  Uhland  diesen  Standpunkt.  Schon  früher  gab  A.  W. 
Schlegel  seine  klassische  Begriffsbestimmung  der  Sage,  in  sdn«r 
berühmten  Recension  der  altdeutschen  Wälder  der  Brüder  Grimm, 
vom  Jahre  1815.  Er  sagte  hier:^*  „Die  ältesten  Heldenlieder 
haben  fast  immer  eine  geschichtliche  Grundlage  oder  wenigstens 
Veranlassung,  und  diese  war  aus  der  Sage  geschöpft  Unter  der 
Sage  verstehen  wir  das  Andenken  merkwürdiger  Begebenheiten, 
wie  es  sich  von  einem  Geschlecht  und  zuweilen  von  einem  Volk 
zum  andern  fortpflanzt  ...  Vorliebe  oder  Abneigung,  dann  der 
dem  menschlichen  Geist  besonders  in  der  ersten  Frische  der  Ejn- 

'  Vgl.  Herders  „Lyra"  (Terpsichore  î.TeiJ)  in  Suphan-Redlicli  XXVU    \ 
(Poel.Werke  III),  Berlin  l8gl,  S.  [7g.    Bezeicbneoderweise  eioffnet  L.  Gautiei 
■eine  Épopées  fr.  mit  dieser  These  (I>,  ä.  4 — 5). 

'  üebei  den  verschiedenen  Wortiïno  der  „Sage"  vgl.  mcia  Refeial  im 
Jlbreibcricbt  S.417. 

*  ed.  Böckiag  XII,  S.  3S7. 


I 
I 


BEMBRKUNGEV  ZC  ËIN&R  GESCUICOTe  DER  FRZ.  HELDENSAGE.      45  I 

bíldungskraft  inwohnende  Hang  zum  Wunderbaren,  brachten  Ueber- 
treibungen  hervor,  und  die  Rubmbegietde  rafste  sie  willig  auf. 
Wer  hätte  nicht  gern  vernommen ,  wer  hätte  bezweifeln  mögen, 
dafs  das  kriegerische  Volk,  zu  dem  er  gehörte,  von  einem  über- 
naliitlichen  Hei  den  geschlecht  abstamme?  . . .  Aus  obigen  Umständen 
erhellet,  wie  die  Sage,  noch  ehe  sie  dichterisch  behandelt  wurde, 
schon  in  gewissem  Grade  den  Fotderungen  der  Poesie  entsprach, 
so  dafs  der  Dichter  nur  kühnlioh  in  derselben  Richtung  fortzugehn 
brauchte,"  Bei  den  Romanisten  wies  nach  Uhland  P.  Meyer  nach- 
drücklich auf  die  Bedeutung  der  Sage  für  die  Entstehung  des 
Heldenepos  hin.  Doch  blieb  bis  heute  die  Liedertheorie  hier  in 
un  geschwächtem  Ansehen,  obwohl  H.  Suchier  und  mit  besonderem 
Nachdruck  auch  Voretzsch  die  Berechtigung  dieser  Lehre  angc- 
Kweifeit  halten.  Da  ist  l-s  denn  von  Interesse,  dafs  Voretzsch 
im  vorliegenden  Bande  zeigt,  wie  G.  Paris  sowohl  als  L.  Gautier 
frülier  neben  den  Liedern  auch  die  tradition  orale  =  ¡igtnde  als 
Quelle  der  Epcndichter  angenommen  haben  (S.  3 — 11). 

c)  Diesen  beitlen  Theorieen  hat  es,  wenigstens  in  ihrer  älteren 
Formulierung,  nicht  zum  Vorteil  gereicht,  dafs  sie  mehr  auf  dem 
Boden  kunst philosophischer  Lehren  als  aus  der  Praxis  des  Litterar- 
hlstorikers  erwachsen  waren,  Wolfs  und  seiner  Nachfolger  Lieder- 
tbeorie  stütste  sich,  wie  bemerkt,  auf  die  Ueberzeugung  vom 
höheren  Alter  der  Lyrik.  Die  Brüder  Grimm  und  die  meisten 
Romantiker,  so  auch  Ludwig  Uhland,  standen  der  Lehre  Schellings 
nahe,  dafs  die  Poesie  in  ihrer  Entwicklung  vom  unbewufsten 
Schaffen  ausgehe  und  erst  später  bewufst  erzeugt  werde.  Auch 
Hegels  Konzeption  des  objektiven  Volksgeistes  wirkte  mafsgebend 
ein.  Die  Hegeische  Schule,  so  Fr.  Th.  Vischer,  trug  den  Satz  vor, 
dafs  die  älteste  Poesie,  Sage,  Märchen  und  Mythus,  nicht  von  In- 
dividualitäten, sondern  vom  Volksgeist  selber  unbewufst  geschaffen 
sei.  Schliefslich  machte  sich  eine  Zeitlang  der  Einliufs  von  Stein- 
thals Völkerpsychologie  gellend.  Man  schrieb  der  Sage  sogar  eine 
Art  Selbst thätigkeit  zu.  indem  man  vom  „Walten  der  Sage"  und 
ähnlichem  sprach.  Auch  Voretzsch  hat  sich,  wohl  unter  der  Ein- 
wirkung Uhlandf^,  wenigstens  im  Ausdruck  von  solchen  Vorstellungen 
nicht  ganz  frei  gehalten;  in  meinem  Referat  (S.  417 — 418)  habe 
ich  meine  Einwendungen  dagegen  geltend  gemacht.  Y&  wäre  ein 
wichtiger  Beitrag  zur  tleschichte  der  neueren  Philologie,  wenn  man 
diesen  Einflüssen  metaphysischer  Spekulation  auf  die  Litteratur- 
geschichle  im  einzelnen  nachgehen  wollte.  Gemeinsam  war  allen 
diesen  Anschauungen,  gleichviel  ob  sie  sich  an  Schelling,  Hegel 
oder  Steintha!  anlehnten,  und  ob  sie  sich  in  der  Liedertheorie 
oder  in  der  Sagenlheorie  bemerklich  machten,  der  eine  grund- 
sätzliche Irrtum,  dafs  man  der  künstlerischen  Individualität,  durch 
die  allein  ein  ästhetisch  Wertvolles  erzeugt  wird,  ihren  Platz  be- 
stritt Zuerst  hat  kein  geringerer  als  A.  W.  Schlegel  seine  Stimme 
dagegen  erhoben.    Er  schrieb:'  „Die  Sage  und  votksmafsige  Dich- 


ed.  Bocking  XU,  8,385. 


39« 


452 


E.  WBCEISSLER, 


tung  war  allerdings  das  Gesamte  igen  tum  der  Zeiten  und  Völker, 
aber  nicht  eben  so  ihre  gemeinsame  Hervorbringung.  Was  man 
an  Zeilallem  und  Völkern  rühmt,  löset  sich  immer  bei  näherer  Be- 
trachtung in  die  Eigenschaften  und  Handlungen  einzelner  Menseben 
auf;  utid  soll  man  hiebei  der  Anhäufung  und  Wiederholung  dea 
Gemeinen,  oder  dem  seltenen  Auftreten  des  A ufserord entlichen 
den  gröfsten  Einnufs  zuschreiben?  .  .  .  Die  Steine  sind  nicht  der 
Thurm:  diesen  schuf  der  Entwurf  des  Baumeisters."  Trotz  diesen 
klaren  und  deutlichen  Ausführungen  Schlegels  drang  die  Vorstellung 
von  einem  „unbewufst  schaffenden  Volksdichter"  in  viele  litteiar- 
histoiische  Darstellungen  auch  der  neueren  Zeil  ein.  Ich  habe 
meinerseits  zu  zeigen  versucht  {Vollmöller  IV,  2,  S.  41S),  dafs  die 
Sage  £war  Eigentum  des  Volks,  aber  das  Werk  dichterisch  be- 
gabter Persönlichkeiten  innerhalb  desselben  ist 

Aus  dem  begrei Hieben  Widerstreben  gegen  Voraussetzungen 
wie  die  geschilderten  glaube  ich  es  verstehen  zu  können,  dafs 
Ph.  Aug.  Becker  die  Lieder  sowohl  als  die  Sagen  rundweg  ab- 
lehnte und  geschriebene  Geschichtswerke  als  einzige  Quellen  der 
Dichter  annahm.  Er  gelangte  zu  diesem  Schlufs  in  seiner  RecenUon 
des  Ogier  von  Voretzsch  (LgrPh  18Q5,  Sp.  409),  wo  er  folgeiider- 
mafsen  schrieb:  „Für  mich  besteht  kein  Zweifel  —  aber  ich  hege 
nur  geringe  Hoffnung,  mit  meiner  Ansicht  ohne  schweren  Kampf 
durchzudringen  —  dafs  der  epische  Ogier  .  .  .  eine  verba Itnismäfsig 
junge  Schöpfung  ist.  .  . .  Der  Dichter,  der  dieses  £pos  verfafste, 
entnahm  seinen  Stoff  weder  einem  älteren  Liede  oder  einer  Reihe 
von  Liedern,  noch  einer  fertigen  Sage,  sondern  er  schuf  seinen 
Heldentypus  und  dessen  abenteuerliche  Geschichte  mit  schöpfe- 
rischer Dichterkrafï.  Des  Dichters  Quellen  waren  einerseits  irgend 
welche  karo  tingi  seh  en  Annalen  .  .  .,  anderseits  das  Sagenmaterial, 
das  sich  um  den  heiligen  Othgerius  von  Meaux  angesammelt  hatte." 
Ge  seh  ich  ts  werke  und  Legenden  waren  nach  Becker  auch  die  Quellen 
für  die  Willielmsepen  :  eine  vorepische  „Sage"  von  Wilhelm  dem 
Heiligen  läugnet  er  geradezu  (Wilhelm  der  Heilige  S.  66  ff.}.  — 
Freilich  ist  es  kaum  möglich,  mit  dieser  Erklärung  die  'Iliatsache 
KU  vereinigen,  dafs  in  den  Epen  das  Historische  ebenso  spärlich 
wie  entstellt  enthalten  ist.  So  hat  denn  Becker  in  seinen  neuesten 
Arbeiten  diese  These  wesentlich  eingeschränkt.  Sie  wird  aber  für 
die  Geschichte  unseres  Problems  stets  von  Interesse  bleiben  als 
eine  Reaktion  gegen  die  Form,  in  der  die  Lieder-  und  die  Sagen- 
theorio  bisher  wiederholt  aufgetreten  sind. 

d)  Eine  vermittelnde  und  nicht  dogmatisch  verallgemeinernde 
Ansicht  stammt  von  Gustav  Gröber.  Voretzsch  bespricht  sie 
S.  12 — 30.  Auch  nach  Grober  sind  vor  den  Epen  kürzere  Dich- 
tungen entstanden,  die  „Zeilgedichte".  Diese  wurden  aber  nicht 
etwa  von  den  Epikern  als  Quellen  benützt,  sondern  die  beiden 
Gattungen  blieben  von  einander  unabhängig.  Das  älteste  Zeit- 
gedicht, von  dem  wh  wissen,  ist  das  sog.  Farolied,  das  älteste 
Denkmal  der  Epik  das  Haager  Fragment     Als  ein  Drittes  koaunt 


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BZUEREDNGEN  ZD  BINER  GESCHICHTE  DER  FRZ.  HELDENSAGE.      453 

mündliche  Uebetliefetung  in  Betracht,  die  sowohl  von  den  Epikern 
als  von  den  Chronisten  als  Quelle  benutzt  worden  ist.  Voretisch 
erklärt  sich  mit  dieser  Anschauung  in  der  Hriuptsache  einverstanden, 
nur  dafs  er  die  für  das  Zeitgedicht  vorgebrachten  Belege  answeifelt 
und  der  Sage  eine  gröfsere  Bedeutung  zuerkennen  tniichte,  als  dies 
Gröber  thut. 

e)  Als  eine  Weiterbildung  der  Gröberschen  Gedanken  stellt 
sich  die  Ansicht  dar,  die  Fr.  Ed.  Schneegans  neuerdings  vorge- 
schlagen hat  Auch  er  erkennt  die  Volkssage  nicht  als  hauptsäch- 
liche Quelle  der  Epen  an.  Um  dies  zu  beweisen,  nimmt  er  an, 
die  ältesten  Epen  seien  immer  kurz  nach  den  geschichtlichen  Vor- 
gängen entstanden,  als  eine  annähernd  treue  Geschichtserzählung. 
Dagegen  waren  die  Volkssagen  von  Anfang  an  reich  an  mythischen, 
märchenhaften  und  novel  lisi  i  sehen  Elementen.  Dieser  Unterschied 
beruhte  darauf,  dafs  die  Epen  aristokratische  Sundespoesie,  die 
Sagen  der  Besitz  der  untern  sozialen  Schichten  gewesen  seien. 
Erst  als  die  Epen  von  oben  nach  unten  ausgebreitet  wurden, 
wurden  auch  sie  mit  den  phantastischen  Stoffen  der  Volkssage 
durchsetzt.  —  Was  hier  über  den  exklusiv  aristokratischen  Charakter 
der  Epik  gesagt  wird,  ist  gewifs  richtig,  das  übrige  aber  zeigt 
sich  als  Hypothese,  die  den  Thatsachen  nicht  entspricht.  Voretzsch 
weist  (S.  31  —  47)  nach,  dafs  schon  die  ältesten  Epen,  von  denen 
wir  wissen ,  von  der  geschichtlichen  Wahrheit  weit  entfernt  sind 
und  der  phantastischen  Elemente  so  wenig  wie  die  Sagen  ent- 
behren. — 

So  sehr  die  Meinungen  über  die  Quellen  der  Ependichter 
heute  auseinandergehen,  scheint  doch  eine  baldige  Verständigung 
nicht  ausgeschlossen.  Voretzsch  seinerseits  ist  bereit,  auch  andere 
Möglichkeiten  im  einzelnen  Falle  anzuerkennen.  Eine  einzige  Aus- 
nahme werfe  eine  sonst  noch  so  einleuchtende  Theorie  Über  den 
Haufen.  Wogegen  er  ankämpft,  das  sind  die  „ aprì orìstì sehen" 
Lehren.  Und  man  wird  ihm  hier  kaum  widersprechen  können. 
Die  Dichter  pflegen  ihre  Stoffe  zu  nehmen,  wo  und  wie  sie  die- 
selben finden.  Theorieen  von  allgemeiner  Be  webkrall  für  die 
Quellen  irgend  einer  weitverzweigten  Gattung  lassen  sich  meines 
Erachtens  überhaupt  nicht  aufstellen. 

Ich  habe  hier  die  allgemeinen  Richtlinien  der  Entwicklang 
der  frz.  Heldensage  darzustellen  versucht,  so  wie  sie  der  Verfasser, 
wofern  ich  ihn  recht  verstanden  habe,  im  Sinne  hat  Zur  Erläu- 
terung sei  nur  bemerkt,  dafs  die  fetten  Striche  den  häufigsten  Weg 
der  Entwicklung  anzeigen,  die  unterbrochenen  Striche  andere  als 
möglich  nachgewiesene  Beziehungen.  Allgemein  angenommen  wird 
heute  eine  Scheidung  der  Epen  nach  sogenannten  Stamm-  oder 
Originalepen  und  abgeleiteten  oder  litterarischen  Epen,  Jene  setzen 
keine  ältere  epische  Bearbeitung  ihres  Stoffes  voraus,  diese  aber 
sind  erst  nach  dem  Muster  fertiger  VVerke  desselben  oder  ähnlichen 
Inhalts  geschaffen.  Die  Quellenfrage  in  unserem  Sinne  gilt  daher 
überhaupt   nur    für   die   Dichtungen    der    ersten  Art,     Ich    möchte 


454 


E.  WECBSSLBR, 


die  Namen  „primäre"  und  „sekundäre"  Epen  vorschlagen,  da  diese 
Bezeichnungen  durchaus  unzweideutig  sind,  „Origina lepen",  d,  h. 
Werke  in  der  ursprünglichen  Fassung,  sind  uns  aas  älterer  Zeit 
überhaupt  keine  überiierert,  „Slammepen"  drückt  nicht  den  Gegen- 
satz gegen  die  sekundären  Epen  aus,  sondern  nur  den  zu  den 
später  hinzugefiigti'n  Teilen  eines  Zyklus, 

In  die  Sage  werden  erfahrungsgemäfs  allerlei  phantastische 
lilemente  aufgc-nomraen,  Il'ÌIs  AltüberüerLTtes,  teils  Zeitgeschicht- 
liches. Manches  stammt  aus  heidtiischen  Mythen;  diese  Motive 
wurden  aber  schwerlich  ihres  religiösen  Charakters  wegen  einver- 
leibt, sondern  um  ihres  ästhetischen  Wertes  willen.'  Die  mythischen, 
märchenhaften,  novellistischen,  schwaukhaflen  oder  zeilgeschicht- 
lichen Bestandteile  machen  manchmal  das  Ganze  einer  Sage  aus, 
so  dafs  nur  der  Name  des  geschichtlichen  Helden  bleibL  Oft 
wurden  auch  allere  Sagen  fertig  auf  jüngere  historische  Personen 
übertragen.  Diese  mannigfachen  Quellen  bleiben  audi  dem  Ge- 
schichtschreiber nicht  durchaus  fremd;  doch  benätzt  er  vorzugs- 
weise schriftliche  Quellen,  ältere  Gesch ich Is werke,  kanonische 
Schriften,  H  eil  ige  niegen  den  und  klassische  oder  míUclaiterliche 
Profani  i  ttera  tur.  Und  allerlei  Zeitgeschichtliches  wird  auch  vom  i 
Historiogtaphen  verwendet.  ■ 

Die    primären    Epen    scheiden    sich    in  zwei  Gruppen:    solchsl 
mit    einfacher    und    solche    mit    mehrfacher    Handlung    (die    sich  1 
technisch    zu    einander    verhalten   wie  Novelle    und  Roman).     Von 
der  ersten  Art  sind  z.  B.  einige  von  Voretzsch  losgelöste  „Branchen" 
des  Ogierepos,   von  der  zweiten  ist  das  Rolandslied.     G.  Paris  hat 
die  Arlusroraane,  wo  derselbe  Unterschied  vorliegt,   in  episodische 
und    biographische    eingeteilt.      Dieselben    Kamen    empfehlen    sich 
vielleicht   auch    hier.      Und    ich    möchte   vermuten,    dafs   die    epi- 
sodischen  Epen   den    mit    der   Sage    vertrauten   Hörern    in    Einem 
Stück    vorgetragen ,    die    gröfseren    dagegen    in    Vortragsabschnitte  J 
zerlegt   worden    sind    (darüber  siehe   unten).     Das  wechselnde  B^V 
dürfnis    scheint   zu    den    beiden  Gattungen    geführt  zu  haben,    die^ 
sich    nur   in  der  poetischen  Technik  unterschieden,   jedenfalls  von 
Beginn    an    neben    einander   existierten.     Diese  episodischen  Epen 
sind  übrigens,  wie  ich  oben  andeutete,   die  realen  Ausgangspunkte 
der  Liedertheorie  gewesen. 

Bei  den  sekundären  Epen  haben  wir  selbständige  Neubearbei- 
tungen   zu    trennen    von    blofsen    Kompilationen,    worin    die    über- 
nommenen Werke  nur  äufserlich  einander  angepafst  werden.    Huon 
einerseits   und  Ogier    andererseits    sind    von  Voretzsch    als    Muster  i 
dieser  beiden  Arten  aufgezeigt  worden.  ■ 

Zuletzt  sind  auf  der  Tabelle  die  Nachbildungen  in  jüngeren  J 
Zeilaltern  eingezeichnet.  Bojardo  und  Ariosi,  auch  Victor  Hugo  | 
^vä^en  hier  als  Beispiele  anzuführen.     Es  sind  die  manchmal  sog&- 


I 


BSMERKÜN6EII  ZV  EINER  GESCHICHTE  DER  FRZ.  HELDENSAGE.      455 

nannten  „Kunstepen"  im  engeren  Sinne  des  Worts,  d.  h.  Erneue- 
rungen innerhalb  jüngerer  Kultur%-erhältnisse,  aus  denen  der  Dichter 
seine  Hörer  mit  Absiebt  ¡n  die  früheren  zurûckverselzt. 

2.  Aufmerlisamer  als  man  es  bisher  that,  hat  Voretzsch  die 
Komposition  des  Huon  betrachteL  Er  kommt,  im  Anscblufs  an 
Sarans  Ergebnisse  in  seiner  Abhandlung  über  den  Wigaloís,  zu 
dem  bemerkenswerten  Resultat  (S.  151),  dafs  der  Dichter  des  Huon 
die  fünfteilige  Kompositionstechnik  der  Artusromane  sorgfältig  nach- 
geahmt bal.  Im  alten  Heldenepos  herrschte  das  Nacheinander: 
eine  Episode  löste  die  andere  ab,  ob  auch  die  Teile  lose  auseìn- 
anderlìelen.  Im  ältesten  Arlusroman  wird  noch  dieselbe  Kom- 
position geübt:  so  in  den  früheren  Tristan  romanen  und  im  Lan- 
zelel  des  Ulrich  von  Zatzikoven.  Nach  Saran  (Paul  und  Biaunes 
Beiträge  XXI,  S,  agoff.)  hat  besonders  Crestien  die  Technik  des 
Nebeneinander  ausgebildet:  durch  Einschachtelung  wurden  die  ein- 
zelnen Handlungen  zu  einer  unlösbaren  Einheit  zusammengefügt. 

3.  Nach  Voretzscb  hat  der  Huondichter  in  der  Hauptsache 
zwei  ältere  Werke  in  einander  verarbeitet,  den  „Urhuon"  und 
den  „Urhugo".  Im  ersteren,  von  dem  uns  ein  Auszug  in  der 
Turiner  Lothringerha.  erhalten  ist,  wurde  die  Mordlhal  eines  Grofsen 
am  Pariser  Hof,  seine  Verbannung  und  Heirat  mit  einer  ausländi- 
schen Königstochter  erzählt.  Das  letztere  Werk  war  eine  ursprüng- 
lich fränkische  Braut  fahrtsage,  deren  Held  mit  Hülfe  seines  elbischen 
Vaters  Alberich  ein  Ungeheuer  erschlägt  und  eine  Prinzessin  zur 
Frau  gewinnt.  Diese  fränkische  Sage  liegt  andererseits  auch  dem 
deutschen  Ortnil  zu  Grunde.  Der  Huondichter  benutzte  sie  in 
Form  eines  Epos.  Es  überrascht,  dafs  G.  Paris,  in  einem  gleich- 
zeitig erschienenen  Aufsatz,'  hier  eine  Sage  annimmt.  Voretzsch 
bemerkt  darüber  in  einem  Nachtrag:  „Wir  scheinen  die  Rollen  ge- 
tauscht zu  haben". 

Anfser  diesen  beiden  Hauptquellen  macht  Vorelzsch  wahr- 
scheinlich, dafs  der  Huondichter  eine  lange  Reihe  beliebter  Helden- 
epen und  ebenso  die  wichtigsten  Artusromane  gekannt  und  stofflich 
benützt  habe.ï  Hier  wird  der  Leser  wohl  im  Ganzen,  nicht  aber 
in  allen  Einzelfällen  zustimmen.  Wertvoll  erscheint  mir  unter 
anderem  der  Nachweis,  dafs  die  tiestalt  Aubetons  manche  Züge 
aus  den  bretonischen  Feensagen  empfangen  habe.  In  der  That 
war  zur  Zeit  des  Huondichters  in  Frankreich  die  germanische 
Mythologie  nicht  mehr  lebendig.  Da  war  es  nur  natürlich,  dafs 
man  sich  Alberich  nach  Art  keltischer  Mythen  figuren  vorstellte. 
Ich  hatte  kürzlich  die  Vermutung  geäufsert,  dafs  an  .\uberon  viel- 
leicht nur  noch  der  Name  germanisch  sei.'  Uebrigens  zeigt  der 
französische  Auberon  merkwürdige  Uebereinstimmungen  mit  Merlin. 

Ueber  den  engl»  am  Thor  von  Daonostre,  die  beiden  Kupfer- 

'  Romania  1900,  S.  ¡09— Il 8. 

*  5.410  ist  eine  Filialionstabclle  der  benützten  Werke  beigegeben. 

'  VoIlmSUets  Jahresbericht  IV,  l,  S.  384. 


45fi  E.  WECM5SLER, 

manner,  die  beständig  mit  ihren  Keulen  losschlagen,  giebt  Voretzscb 
einen  längeren  Exkurs  {S.  132  — 138).  7x  nimmt  Benützung  dea 
Lancelot,  Ivain  und  ursptü  11  glichen  Wigalois  an.  Dort  ñndet  sich 
aber  nirgends  das  Moiiv  dieser  Kupfermänncr.  Dagegen  im  Prosa- 
lancelot wird  die  Burg  Dolereuse  Guarde  von  drei  Kupft-rriesen 
bewacht.  Der  erste  steht  auf  dem  inneren  Thor  und  fallt  herab, 
sobald  Lancelot  die  Muhrzahl  der  ¡hm  unten  entgegenstehenden 
zwanzig  Ritler  besiegt  hat;  doch  trifft  das  Ungeheuer  nicht  Lancelot. 
sondern  einen  dieser  Riller.  Hurnach,  als  Lancelot,  um  die  Be- 
wohner der  Burg  zu  erlösen,  das  letzte  uud  schwerste  Abentener 
besteht  und  in  die  drei  Gelasse  eines  tiefen  Kellers  eindringt,  wird 
ihm  vor  der  Thüre  dw  ïweiien  Gelasses  der  Eintritt  durch  zwei 
beständig  losschlagende  KupCermänner  gewehrt;  doch  tritt  er  un- 
verletzt ein.  Im  letzten  Gclafs  überreicht  ihm  eine  kupferne  Jung- 
trau einen  Schlüssel.'  Ich  will  nicht  behaupten,  dafs  diese  Branche 
des  Prosalancelot  vom  Huondichler  benützt  worden  sei.  Jedenfalls 
aber  hat  er  die  zwei  schlagenden  Kupfennanner  aus  keinem  der 
von  Voretzsch  angezogenen  Romane  entnommen,  sondern  in  irgend 
einem  andern  Artusroman  vorgefunden.  Ich  erinnere  mich,  diesem 
Motiv  noch  öfter  begegnet  au  sein. 

Vorelzs<;h  betont  mit  Grund,  dafs  das  erhaltene  Huonepos 
trotz  der  vielen  stofflichen  Entlehnungen  nicht  eine  Kompilation, 
sondern  eine  gut  komponierte  Neuschöpfung  sei  (S.  53  ff.).  Doch 
sind  der  inneren  Widersprüche  mehr  als  er  anüunehmen  geneigt 
ist.  Als  die  lüsterne  Esclarmonde  zu  Huon  in  den  Kerker  tritt 
und  ihre  Wünsche  sofort  befriedigen  möchte,  weigert  er  sich  aufs 
schrofTste  und  wird  erst  durch  mehrtägigen  Hunger  dahin  gebracht, 
der  Heidin  die  Ehe  zu  versprechen.  Auf  der  Meerfahrt  dagegen 
vollzieht  Huon  die  Ehe  mit  der  noch  ungetauften  Heidin,  trotz 
Auberons  strengem  Verbot;  Esclarmonde  erinnert  ihn  umsonst 
daran,  ringt  flehend  die  Hände  und  rauft  sich  das  Haar.  Hernach 
in  der  Abtei  unweit  Bordeaux  schläft  Huon  in  einem  andern 
Zimmer,  um  an  diesem  heiligen  Ort  nichts  Unerlaubtes  zu  begehen 
(Guessard  S.  175,  20a,  270).  —  Ferner  am  Ende  des  Gedichts, 
nachdem  er  unter  vielen  Gefahren  sein  angestammtes  Herzogtum 
Gascogne  wieder  erlangt  hat,  wird  er  von  Auberon  zum  Nachfolger 
in  seinem  Feenreich  ernannt  und  mufs  versprechen,  in  drei  Jahren 
dahin  aufzubrechen.  An  diesen  und  andern  Widersprüchen  er- 
kennen wir,  dafs  der  Huondichter  das  Thema  des  alten  Huon- 
gedichtes  verschoben  hat.  Der  gläubige  Heidenbek ehrer  des  Helden- 
epos wird  ihm  zum  Minnediener  und  abenteuerlustigen  Ritter.  Und 
dem  Herzogtum,  um  dessen  Besitz  sich  die  Handlung  des  alten 
Epos  gedreht  hat,  zieht  Huon  hier  das  fabelhafte  Zauberreich  im 
Orient  vor.  Voretzsch  meint  daher,  eine  „leitende  Idee  fehle  ganz" 
und  der  Dichter  habe  nur  die  Absicht  zu  unterhalten  {S,  73  ff.). 
Ich  kann  dieser  Ansicht  nicht  beistimmen.    Der  Huondichter  behält 


I 


1  Ich  utiere  nach  meinen Euerpten  au«  ff. 344:  rol.ais^ff.  and  fol.  aajcff. 


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BEUEREUNGBN  ZU  EINER  GESCHICRTE  DER  FBZ.  HELDENSAGE.       457 

wenigstens  sein  eigenes  Thema  fest  im  Auge  und  führt  es  sorglaltìg 
durch.  Nur  dafs  im  Urhuon  ein  Thema  verschiedener  Art  gegeben 
war.  Beide  haben  sich  dann  gekreii/t,  ohne  dafs  der  Dichter  und 
seine  Hörer  daran  Anstofs  genommen  hätten.  Diese  Themata  will 
ich  versuchen  näher  festzustellen.  Vorher  aber  bleibt  zu  erwägen, 
an  welches  Publikum  die  Ependichler  der  älteren  Zeit  sich  ge- 
wendet haben. 

4.  In  Frankreich  entwickelte  sich  eine  Laienbildung  zuerst 
an  den  Höfen  des  feudalen  Adels,  am  Hof  des  Königs  als  höchsten 
Lehiisherm  wie  an  denen  der  untn  it  tel  baren  und  mittelbaren  Kron- 
vassallen,  der  Herzöge,  Grafen  und  Freiherm.  Die  Feudalität,' 
getragen  von  den  ursprünglich  fränkischen  Adelsgeschlechtern,  hatte 
sich  im  10.  Jh.  zu  solcher  Macht  erhoben,  dafs  die  Kirche  wirt- 
schaftlich schwer  geschädigt  und  auch  als  Kulturfaklor  in  ihrer 
beherrschenden  Stellung  eingeschränkt  wurde.  Neben  den  Bischof- 
slädten  und  Abteien  als  den  älteren  Kulturzentren  gedieh  an  den 
feudalen  Höfen  eine  eigentümliche  Bildung,  die  sich  von  der 
geistlichen  mehr  und  mehr  unabhängig  machte.  Courtoisie  nannte 
man  später  diese  älteste  Laienbildung  der  neueren  Zeit  Fs  war 
eine  Welt  an  seh  au  img  und  Lebensauffassung  von  ganz  unkirchlicher 
und  im  Grunde  auch  un  christ  li  eher  Art.  Laien  rech  tspflege  und 
Kriegswesen  bildeten  die  feste  Grundlage.  Auf  dem  Lehenrecht 
beruhte  alle  staatliche  und  gesellschaftliche  Ordnung.  Seine  Kennt- 
nis und  Wahrung  war  die  vornehmste  Aufgabe  der  feudalen  Ge- 
sellschaft, Durch  beständige  Kriege  sicherte  und  erweiterte  man 
seinen  Besitz.  Tapferkeit  und  Gewandtheit  in  der  Führung  der 
Waffen  waren  darum  der  zweite  unveräufaerliche  Bestandteil  feu- 
daler Bildung.  Das  Lehenrecht  war  von  Natur  privatrechtlich,  es 
betraf  Beziehungen  von  Person  zu  Person.  Auf  persönliche  Tüchtig- 
keit war  demnach  alles  begründet,  nur  sie  versprach  Schutz  und 
Sicherheit 

In  den  Kreisen  dieses  Feudaiadels  wurden  die  französischen 
Heldenepen  zuerst  gedichtet  und  vorgetragen.  Es  war  eine  aus- 
schliefslich  aristokratische,  eine  Feudalpoesie.  Der  Kirche  war 
sie  wenig  genehm:  umsonst  versuchte  man  die  Epen  durch  Le- 
genden wie  den  Leodegar  und  Alexius  zu  verdrängen.  Auch 
waren  viele  Bistümer  und  Abteien  von  Laien,  Angehörigen  der 
Feudalilüt,  besetzt.  Diese  Kreise  mögen  an  der  Entstehung 
der  Galtung  wesentlich  beteiligt  gewesen  sein.^  Erst  später  ge- 
langte feudale  Bildung  und  feudale  Poesie  auch  in  die  Städte, 
auch  hier  zunächst  nur  zu  den  borgeois,  den  Patriziern.  Klein- 
bürger und  Bauern  hatten  im  Zeitalter  der  Feudalität  dringendere 
Sorgen,  als  ästhetische  Genüsse  zu  pSegen.  Die  Vilains  werden 
vom  Kpendichter  überhaupt  nicht  erwähnt    oder  aber  mit  Schimpf 


I'  Man    pBeel 
damit  aber  aiir  die 
»  Vgl.  d' 


att   von   Feudalität   vom  Rittertum   zu    sprechen 
lie  mililätiscbe  Gtiindlage  du  feudalen  Gesellschaft. 
kri^eriidieQ  Erzbischof  Turpin  im  Holaadslied. 


458  &  WECUSSLBRy 

und  Spott  bedacht^  Der  Hochadel  und  teilweise  die  hohe  Geist- 
lichkeit, hernach  die  Patrizier,  dies  war  das  Pablikam,  far  das 
der  Ependichter  wirkte.  Erst  in  der  Zeit  des  Niedergangs,  als 
andere  poetische  Gattungen  an  den  Höfen  in  Mode  kamen,  trugen 
die  Spielleute  die  „zersungenen''  Epen  auch  ins  niedere  Volk. 

5.  Weltanschauung  und  Lebensauffassung  des  Feudal- 
adels bildeten  demgemäfs  das  Thema  des  französischen  Epos. 
Nach  Lchenrecht  werden  alle  menschlichen  Verhältnisse  beurteilt 
und  geschildert  Die  lehen rech tl ¡die  Terminologie  wird  der  Grond- 
stock  der  neuen  Dichtersprache.  Nicht  sittliche,  sondern  rechtlicbe 
Konflikte  sind  es,  die  von  den  Epikern  geschildert  werden;  ähn- 
lich wie  in  der  Ilias  und  im  Nibelungenlied.  Oftmals  mifsverstehen 
wir  eines  dieser  Epen,  wenn  wir  von  der  Rechtsfrage  absehen. 

Ist  das  Recht  verletzt,  so  können  nur  Krieg  und  Zweikampf 
die  Ehre  des  Verletzten  wiederherstellen.  So  sind  Mord  und  Tot- 
schlag das  häufigste  Motiv  der  Ependichter  geworden. 

Und  wie  alle  Rechtsordnung  sich  in  persönliche  Verpflich- 
tungen auflöste,  so  finden  wir  in  den  Epen  alles  Geschehen  aas 
Liebe  und  Hais,  Neigung  und  Widerwillen  Einzelner  erklärt.  Dardi 
diese  seine  Natur  war  das  Lehenrecht  weit  entfernt,  den  Diditer 
vor  undankbare  Aufgaben  zu  stellen,  im  Gegenteil  bot  es  ihm  die 
reichste  Fülle  poetischer  Konflikte. 

In  Wirklichkeit  brachte,  wie  man  weifs,  das  Zeitalter  der  Feu- 
dalität  oflmals  heillose  Anarchie.  Alles  Recht  war  auf  ein  persön- 
liches Treu  Verhältnis  zwischen  Senior  und  Vassall  begründet  Darum 
war  Treue  die  Kardinal tugend  der  feudalen  Gesellschaft,  Verrat 
=  Felonie  das  Kardinal  verbrechen  .2  Dichterische  Gestaltungskraft 
konnte  sich  keine  lohnenderen  Motive  wünschen.  Und  die  feu- 
dalen Herren  konnten  und  wollten  nichts  anderes  lieber  gepriesen 
hören  als  die  Vassal lentreue,  und  nichts  so  gebrandmarkt  wie  den 
Verrat  am  Herrn.  Nicht  blofs  zur  Unterhaltung  hielten  und  be- 
lohnten sie  den  Dichter  an  ihrem  Hofe.  Der  lehrhafte  Zweck 
mochte  raancrhem  Fürsten  das  allein  wesentliche  sein,  und  dies 
umsomehr  da  die  Bande  persönlicher  Treue  im  Leben  so  oft  g^^ 
l »rochen  wurden.  Fine  unverkennbare  didaktische  Tendenz  wohnt 
der  ganzen  feudalen  Epik  inne.  So  materiell  die  Wirklichkeit,  ^^ 
ideell  war  die  Dichtung. 

Aus  diesen  Voraussetzungen  begreift  sich  jede  Zeile  üná']ed^ 
Wort   des  Rolandslieds.     Auf  der   einen  Seite  verrät  Canelón  ay*^ 
Hafs   gegen    seinen    Stiefsohn    Roland    und    um    Geld   seine  M*^' 
vassallen  und  mittelbar  den  kaiserlichen  Herrn  an  den  Feind;  a-*^ 
der   andern    weigert   sich  Roland    als  Führer  der  Nachhut,   als  ^ 
schwer    bedrängt   ist,    in   sein  Horn    zu  stofsen    und    dadurch  d^' 
Hauptheer  herbeizurufen,  für  dessen  ungehinderten  Abzug  er  Sor^ 
zu  tragen  hat.     /V/r  sun  seígnur  deit  hum  suffrir  desireiz  e  eniìif^ 


^  Vgl.  die  lesenswerte  Studie  von  Josef  Falk  in  den  Mélanges  de  phil 
logie  romane  dédiés  à  Carl  Wahlund.    M&con  1896,  S.  109 — 122. 
•  Vgl.  L.  Gantier,  Épopées  I',  S.  27. 


BDORKUNOSN  ZU  UNIR  OESCHICBTE  DER  FRZ.  HELD8NSAOE.      459 

t  graust  caìn  e  grami  frei»;  sin  deit  hum  perdre  e  del  quir  e  del  peilA 
Diese  Worte  Rolands  sind  das  Motto  des  ganzen  Gedichts.  Und 
die  Vernrteilang  und  Hinrichtung  des  Verräters,  deren  ausfûhr- 
lidie  Sdiildemng  uns  heute  befremdet,  wurde  von  den  damaligen 
Hörern  mit  besonderer  Befriedigung  vernommen. 

Anders  ist  die  rechtliche  Lage  des  Kaisers  in  der  Mehrzahl 
der  Vassallenepen.  Im  Girart  von  Roussillon  und  Girart  von  Vienne 
—  beide  Dichtungen  behandeln  dasselbe  Thema  —  gerät  der 
Kaiser  gegen  seinen  Vassallen  dadurch  ins  Unrecht,  dafs  er  sich 
mit  einer  Frau  vermählt,  die  jenen  hebt  Daraus  folgt  in  beiden 
WeriLen  grofses  Unheil  für  Herrn  und  Vassall.  Girart  verliert  da- 
durch ein  ihm  zugesichertes  Land.  Im  Girart  von  Vienne  wird  der 
Konflikt  noch  verschärft  Als  nämlich  der  Held  zum  Symbol  der 
Haldignng  des  Kaisers  Fufs  küssen  will,  veranlafst  ihn  die  Kaiserin 
dordi  eine  Täuschung,  den  ihrigen  zu  küssen,  und  rühmt  sich 
benach  dieser  Beschimpfung. 

Im  Raol  von  Cambrai  beginnt  der  Konflikt  damit,  dafs  Ludwig 
dem  nachgebomen  Raol,  Sohn  des  Grafen  von  Cambrai,  seine 
angestammte  Grafschaft  entzieht,  also  die  Erblichkeit  des  Lehens 
antastet  Später  entzieht  er,  um  Raol  zu  entschädigen,  den  vier 
Söbnen  des  Grafen  Herbert  von  Vermandois  ihr  Lehen.  YAn  jahre- 
langer erbitterter  Kampf  um  dieses  Lehen  ist  die  Folge.  In  dessen 
Verbraf  verliert  Raol  das  Leben. 

£in  Rechtsstreit  bildete   auch  das  Thema  des  von  Voretzsch 
erschlossenen   Urhuon.     Die   zwei  jungen   Söhne   des   vor   sieben 
Jahren  verstorbenen  Herzogs  Sewin  von  Gascogne  haben  es  durch 
Unkenntnis   die   ganze  Zeit  über  versäumt,    bei    einem   der  Hof- 
feste Kaiser   Karls    zu    huldigen,    gleich    ihrem   Vater    bei  Tisch 
Vassallendienst  zu  leisten  und  sich  im  Besitz  des  kaiserlichen  Lehens 
Gascogne  bestätigen   zu   lassen.     So  hat  Amauri,   der  selbst  nach 
dem  Königtum  trachtet,  leichtes  Spiel,  die  pflichtvergessenen  Vas- 
sallen   bei   Karl    und    dem    soeben    zum  l'hronfolger    bestimmten 
^lot  der    beabsichtigten  Untreue   zu    beschuldigen.     Die   beiden 
hatten  ihr  Lehen   sofort  verwirkt,    wenn   nicht  Nales   den  Kaiser 
S^beten  hätte,    die   beiden   erst   gütlich   durch   Gesandte   an   ihre 
^assallenpflicht  erinnern  zu  lassen.     £s  geschieht,  und  die  Brüder 
^lilaren  sich  sofort  bereit,  dem  Lehensherrn  durch  den  schuldigen 
Fofskufs  zu  huldigen.     Auf  dem  Wege  überfallt  Carlot  die  Unge- 
fustelen,   verwundet  Gerart   den  jüngeren   und   fallt   durch  Huon, 
"^  ihn  nicht  erkennt     Die  Bruder  gelangen  nach  Paris.     Huon 
^*^t  den  Ueberfall    und   wird   vom  Kaiser   seines  Schutzes  vcr- 
^cbert    Amauri  bringt  Carlots  Leiche  und  behauptet,   Huon  habe 
r*®8en  wissentlich   getötet.     Huon   bestreitet   es.     Der  gerichtliche 
^^eikampf  entscheidet  zu  seinen  Gunsten.     Aber  niemand  hat  das 
^^tandnis   des   sterbenden  Amauri   gehört     Daher   zweifelt  Karl 
***  <ier  Richtigkeit  des  Gottesurteils  und  verbannt  Huon  für  immer 


^  ed.  Gautier  v.  loio  und  1117. 


46o  E.  WECHSSLER, 

aus  Frankreich.  Doch  mildert  er,  auf  das  Einschreiten  der  Pen, 
dieses  Urleil  dahin  ab,  dafa  Huon  eine  unmögliche  Aufgabe  er- 
füllen soll:  komme  er  ohne  die  Beweise  der  vollbrachten  That 
wieder,  solle  er  ohne  Prozefs  gehängt  werden.  Der  jüngere  Rruder 
Gerart  erhält  das  väterliche  Lehen  und  verheiratet  sich  standes- 
gemäfs.  Er  glaubt  den  Bruder  tot  und  sich  im  festen  Besitz  der 
Herrschaft,  als  dieser  nach  der  glücklichen  Lösung  der  Aufgabe 
wiederkehrt  Fest  entschlossen,  auf  das  Herzogtum  nicht  freiwillig 
EU  verzichten,  weifs  er  dem  arglosen  Huon  die  Beweise  der  That 
KU  rauben,  setzt  ihn  gefangen,  lötet  seine  Begleiter  und  erhebt 
beim  Kaiser  Klage,  der  Verbannte  sei  entgegen  dem  Verbot  heim- 
gekehrt. Huons  Leben  ist  verwirkt.  Er  erbietet  sich  zum  gericht- 
lichen Kampf  gegen  Gerart  und  dessen  Schwiegervater  Gibouait 
gemeinsam.  Mit  seinem  Sieg  über  diese  und  deren  Tod  und  Ge- 
ständnis schlofs  das  alte  Huon  epos.  Ira  erhaltenen  Gedicht  ist 
vom  Dichter  statt  des  Gottesurteils  das  zeitgeschichtliche  Motiv 
der  Perskammer  eingesetzt.  Huon  hatte  sich  bereit  erklärt,  seinem 
Bruder  die  Hälfte  des  Herzogtums  zu  überlassen;  dies  scheint  ein 
alter,  charakteristischer  Zug.  Neu  angefügt  ist  schliefslich  Auberons 
Dazwisch  enku  n  ft. 

Dies  war  das  Tliema  des  alten  feudalen  Gedichts.  Die  Hand- 
lung bewegte  sich  darin  um  den  Besitz  des  Herzogtums  Gascogne, 
erst  zwischen  Karl  und  den  Herzogssöhnen,  dann  ttnter  diesen 
selbst.  Um  sein  Erbe  antreten  zu  können,  vollbringt  Huon  das 
grofse  Wagnis  im  Ausland;  um  es  zu  behalten,  wagt  Gerart  Ehre 
und  Leben.  Einen  Umschlag  im  Charakter  des  letzteren  vermag 
ich  nicht  zu  finden,  wie  Voretzsch  (S.  75)  annimmt.  Dafs  um  ein 
Herzogtum  auch  dein  Brader  die  Treue  gebrochen  wird,  konnte 
den  damaligen  Hörern  nicht  auffallen.  Karl  femer  tritt  nicht,  wie 
Voretzsch  meint,  „alles  Recht  mit  Föfscn",  sondern  ist  formell  in 
seinem  Rechi,  wie  auch  die  Pers  anerkennen. 

Dieses  juristische  Thema  hat  auch  der  Dichter  des  erhaltenen 
Huon  beibehalten,  ja  sogar  die  Perskammer  und  ihre  Sitzung  noch 
hinzugefügt.  Andererseits  aber  wollte  er  seinen  Helden  nach  Art 
der  modischen  Hinne-  und  Abenteuerromane  schildern  und  prägte 
damit  dem  Ganzen  ein  neues  Thema  auf.  Sein  Werk  gehört  im 
Grunde  nicht  mehr  zur  Gattung  der  feudalen  Epen,  sondern  eu 
den  modernen  Minn  crom  anen.  Den  Höhepunkt  der  Handlung 
innerhalb  des  neuen  Themas  bildet  die  Verletzung  des  Keusch- 
hoilsgebots  und  der  Seesturm.  Die  Liebenden  werden  getrennt 
und  wahren  einander  auch  in  schwerer  Gefahr  die  Treue.  Esclar- 
monde  schätzt  gegen  einen  aufgedrungenen  Gatten  ein  Gelübde 
vor,  und  Huon  verzichtet  gern  auf  den  Besitz  der  schönen  Prinzessin, 
die  sich  im  Schachspiel  freiwillig  von  ihm  hat  schlagen  lassen. 

Das  Mifsverhältnis  des  alten  und  des  neuen  Themas  wird  von 
den  Hörern  so  wenig  wie  vom  Dichter  gefühlt  worden  sein.  Dieses 
Erzeugnis  der  Spätzeit  sollte  weniger  durch  anregenden  Gedanken- 
gehalt  als   durch   bunte  Fülle  des  Stof^  fesseln.     Und  dieses  Zid 


I 
I 


I 


BEUBRKUSGEN  ZU  EINER  GESCHICHTE  DER  FRZ.  HELDENSAGE.      46 1 

wurde  am  leichtesten  erreicht,  indem  man  zugleich  den  alten  und 
den  neuen  Geschmack  befriedigte. 

6.  Aelter  als  der  Lehenverband  war  der  Familienverband, 
die  parenléA  Er  reicht  noch  in  die  germanisclie  Zeit  Burück.  Ihm 
und  seiner  Macht  ist  es  zuzuschreiben,  dafs  die  Lehen,  die  ur- 
sprünglich mit  dem  Tode  des  Belehnten  erloschen,  Irflh  erblich 
wurden.  Die  Familieninteressen  konnten  sich  seitdem  innerhalb 
der  Feudalität  mehr  und  mehr  geltend  machen.  Diese  Entwick- 
lung zeigt  sich  besonders  in  den  Vassal  le  ne  pen,  wie  dem  Lothringer- 
epos, wo  die  Bordelois  und  Loherenc  sich  in  Blutfehde  gegen- 
überstehen. Ja  die  Ependichter  versuchten,  später  fast  sämtliche 
Personen  einer  Dichtung  zu  zwei  feindlichen  G escbl echtem  zu- 
sammenzufassen. So  läfst  insbesondere  der  H  non  dich  ter  seinen 
Helden  überall  mit  Verwandten  aller  Art,  Oheimen  und  Cousinen, 
unerwartet  zusammentreffen:  ein  wesentliches  Merkmal  der  jüngeren 
EpL-n,  wie  Voretzsch  richtig  bemerkt.  Schliefslicb  versuchten  die 
Urheber  der  grofsen  Zyklen  auch  die  Personen  mehrerer  Epen 
unter  einander  in  Verwandtschaft  zu  bringen.  Drei  grofse  Familien 
waren  schliefslich  das  Ergebnis:  die  bönigliche,  die  der  treuen 
und  die  der  verräterischen  Vassallcn.  Sogar  in  Artusromanen,  im 
Prosairistan  und  Prosalancelot  machte  sich  dieses  Bestreben  geltend. 
Es  hatte  seinen  realen  Grund  in  der  überragenden  politischen  Be- 
deutung, welche  einige  grofse  Fürstengeschl echter  in  Frankreich 
erlangt  hatten. 

7.  Die  älteren  Epen  zeigen  meist  eine  eifrige  Parteinahme 
für  dieses  oder  jenes  Fürstenhaus.  Es  lag  in  der  Natur  der  Dinge, 
dafs  der  Ependichter,  der  an  einem  feudalen  Hofe  dichtete,  dessen 
politisch -dynastische  Interessen  offen  oder  verhüllt  vertrat. 
Vorliebe  und  Mifsgunst  der  einzelnen  Hofdichter  erscheinen  stets 
so  deutlich,  dafs  wir  an  der  bestimmten  Absicht  nicht  zweifeln 
können.  Im  Rolandsliede  und  andern  Werken  der  sogenannten 
Königsgeste  werden  die  Angeiiörigen  des  Karolin  gerhause  s  auf 
Kosten  seiner  Feinde  verherrlichL  Hier  werden  die  Pflichten  des 
Vasallen  gegen  den  liôchslen  Lehensherrn  betont.  Umgekehrt 
werden  in  den  Vassallenepen  die  Mitglieder  der  herzoglichen  und 
gräflichen  Familien  als  musterhafte  Helden  gepriesen  und  die 
Könige,  der  grofse  Karl  nicht  ausgenommen,  als  schwach  und 
haltlos,  oft  sogar  als  ungerecht  und  böswillig  geschildert.  Wir 
hören  hier  beständig  von  den  Pflichten  des  Herrn  gegen  seine 
Vassalien  und  von  Kränkungen  der  letzteren.  So  erkläre  ich  mir 
z,  B.  das  Charakterbild  Ludwigs  im  Krónungsejios.  Wenn  Kaiser 
Karl,  und  mehr  noch  sein  Sohn  Carlot,  im  Ogier  und  ähnlich  im 
Huon  so  schlechtes  Licht  erhalten,  möchte  ich  nicht  mit  Voretzsch 
(S.  75 — 76)  irgend  welche  ästhetische  Kritik  üben.  Es  ist  beidemal 
eine  Invektive  des  Vassallendichters  gegen  das  Königshaus.    Mancher 


lufdie^himi/if  luiückführen  wollen. 


462 

schroffe  Widerspruch  mit  der  Geschichte,  den  man  bisher  dem 
„Walten  der  Sage"  zuzuschreiben  geneigt  war,  dürfte  sich  auf 
diesem  Wege  aulhellen  lasscD.  Die  alte  Einteilung  in  die  drei 
Gesten  findet  hier  eine  innere  Begründung,  Wenigstens  bei  den 
älteren  Epen  wird  uns  die  Frage  cui  6ono?  immer  wesentlich  fördern. 
Uebrigens  schrieb  A.W.Schlegel'  vor  langen  Jahren:  „Wir  sind 
so  weit  entfernt,  alle  Abweichungen  der  Sage  blofs  den  Umwand- 
lungen der  blindlings  wirkenden  Zeit  beizumessen,  dafs  wir  viel- 
mehr in  nicht  wenigen  die  absichtlichen  Erñndungen  einzelner 
Dichter  sehen,  welcbe  dem  Ahnenstolze  dieses  oder  jenes  Fürsten, 
oder  seinen  Ansprüchen  auf  erweiterte  Herrschaft  schmeicheln 
wollten.  Wir  glauben  sogar  die  politischen  Zwecke  zu  erraten,  zu 
deren  Behuf  manche  Heldendichtungen,  wo  nicht  zuerst  ersonnen, 
so  doch  erneuert  und  in   Umlauf  gebracht  worden  sind." 

8.  Wir  erhalten  damit  ein  wertvolles  Kriterium  für  Ort  tind 
Zeit  der  Abfassung  eines  F.pos.  Die  ursprünglichen  Redaktionen 
der  älteren  Kpen  sind  meines  Wissens  in  keinem  einzigen  Fall 
sprachlich  unverändert  überliefert  So  läfst  sich  hier  aus  sprach- 
lichen und  metrischen  Kriterien  nichts  Sicheres  gewinnen.  Der 
Fürstenhof  aber,  nach  dem  die  politisch -dynastischen  Interessen 
einer  Dichtung  weisen,  wird  in  jedem  Falle  als  der  Ort  ernstlich 
in  Frage  zu  ziehen  sein,  wo  dieselbe  gedichtet  und  zuerst  vorge- 
tragen wurde  (unbeschadet  ihrer  späteren  Verbreitung).  Und  da 
ergiebt  sich  uns,  wenn  wir  die  erhaltenen  Werke  überblicken,  eine 
gewisse  Anzahl  feudaler  Höfe,  die  wiederholt  in  Betracht  kommen. 
Nächst  Paris  sind  es  vorzugsweise  süd französische  Fürstenhöfe  (Nar- 
bonne.  Orange,  Bordeaux,  Blaia  (Blaivies),  Vienne  und  andere. 
Was  ferner  die  Abfassungszcit  betrifft,  so  dürften  sich  Öfter  Ueber- 
e  ins  ti  mm  ungen  zeitgenössischer  politischer  Konstellationen  mit  den 
Situationen  der  Epen  ergeben. 

G.  Gröber  ist  geneigt,  manche  Werke  der  Königsgeste,  wie 
das  Rolandslied,  zeitlich  möglichst  nahe  an  die  gescliicht lieben 
Personen  und  Ereignisse  zu  rücken:^  nur  zur  Zeit  der  staatlichen 
Blûte,^  nicht  während  des  Niedergangs  des  Karolingerreichs  können 
nach  ihm  die  älteren  Epen  entstanden  sein.  Ich  möchte  die 
Richtigkeit  dieser  Begründung  bezweifeln.^  Die  Geschichte  aller 
Völker  lehrt  uns,  dafs  die  beschaulieben  Künste,'  so  auch  die 
Poesie,  selten  gleichzeitig  mit  grofsen  staatlichen  und  kriegerischen 
Tbaten    gedeihen,    vielmehr    im    besondem    politische    Dichtungen 

>  ed.  Böcking  XII,  3S7. 

'  Fri.  LiLcrilurgeichichtc  S.  453. 

PBei  mir  steht  von  stiatlicher  Blüte  nichti.     Hrsg.] 
Die  folgenüen  AusführuDgen   sLimmea  ta   meiner  Kenntnis   der  I.age 
Frankreichs   in   der   Zeit  «om  9. — 11.  Jh.  so  wenig,    itafi   ich   dem  Verfasser 
in  seiner  Konstrukliun  nicht  folgen  kann.     Hriig  ] 

['  Ich  spreche  auch  nicht  von  bcsc  bauli  chea  Küotten  unit  von  Gleich- 
teitigkdt,  »ondem  von  gewisseD  SlimmuDgeu  des  Volkes,  die  mir  Voraui- 
leUuog  fax  eine  aaiionalpatriotiiche  Ucldendicbtung  zu  sein  scheinen.    Htq^J 


r 


BEUBRE[;írGE^r  zu  BINER  GSSCHICHTS  DSK  FKZ.  HELDENSAGE.       463 

diesen  als  ihr  Nachklang  folgen  oder  aber  neuen  Aufschwung  vorbe- 
reiten. Gerade  die  Regierungszeit  der  französischen  Karolinger  and 
ällesten  Kapetinger  kann,  wie  mir  scheint,  Veranlassung  gegeben 
haiien,  nach  rüctiwärts  zu  blicken  auf  die  ruhmreiche  Vergangen- 
heit und  aus  den  Leistungen  der  Vorfahren  Mut  und  Trost  für 
die  Gegenwart  zu  schöpfen.  Frankreich  seit  Karl  dem  Kahlen 
bis  vor  Philipp  Augusts  zielbewufster  und  erfolgreicher  Regierung 
war  von  der  Machtfülle  eines  Pipin,  Karl  und  Ludwig  so  weit 
entfernt,  und  stand  gegen  das  kaiserliche  Deutschland  so  sehr 
zurück,  dafs  die  dichterische  Verherrlichung  des  weit  beherrschenden 
Kaiser  Karl  der  Ausdruck  politischer  Wünsche  und  Hoffnungen 
genannt  werden  kann.  In  der  Schlacht  bei  Bouvines  mafsen  sich 
ïuni  ersten  Male  die  Franzosen  siegreich  mit  den  baiserlichen 
Deutschen.  Der  Traum  begann  Wirklichkeit  zu  werden.  Kurz 
zuvor  war  die  alte  Karlssage  für  die  mafsgebenden  Kreise  zur 
blofseu  Unterhai  tu  ngs  li  tteratur  geworden, 

9.  Die  Frage  nach  der  ursprünglichen  Heimat  der  einzelnen 
Epen  ¡st  unlösbar  verknüpft  mit  der  alten  Streitfrage,  ob  es  aufser 
den  wenigen  überlieferten  Epen  in  provenzali  scher  Sprache  eine 
umfangreichere  provenzalische  Epik  gegeben  habe,  ob  z,  B.  die 
WÜhelmsepen  zuerst  provenzalisch  abgefafst  gewesen  seien.  Eine 
grofse  Anzahl  gerade  d^r  wertvollsten  Dichtungen  würden  dann 
dem  Süden  angehören.  Für  die  Beantwortung  dieses  Problems 
hat  uns  Franz  Saran  kürxücb  einen  beachtenswerten  Fingerieig 
gegeben.'  Er  schlägt  vor,  in  das  Mittelalter  den  Begriff  der 
„Gattungssprache"  einzuführen.  So  seien  in  Griechenland  für  die 
einzelnen  poetischen  Gattungen  bestimmte  Mundarten  üblich  ge- 
worden, nachdem  hervorragende  Dichter  diese  Mundarten  zu 
Kunstsprachen  für  bestimmte  Gattungen  ausgebildet  halten.  Es 
¡st  eine  bekannte  Thatsache,  dafs  der  attische  Tragiker  dorische 
Cborlieder  dichtete  und  in  seine  Tragödien  einlegte.  Die  Misch- 
sprache Homers  war  noch  im  alexandrin  ¡sehen  Zeitalter  die  Sprache 
des  Epos  schlechthin.  Eine  solche  poetische  Gatlungssprache  gab 
es  im  Mittelalter  auf  der  P}'renaenhalb¡nsel.  Alfonso  X.  von  Spanien 
beteiligte  sich  eifrig  an  der  kasti  lian  ¡sehen  Lilteratur;  nur  für  seine 
Lyrik,  die  weltliche  wie  die  geistliche,  bediente  er  sich  des  Galizisch- 
Portugiesischen ,  das  von  einer  zahlreichen  Dichterscbule  für  diese 
Gattung  ausgebildet  worden  war. 

Sollte  Aehnliches  auch  in  Frankreich  der  Fall  gewesen  sein? 
Die  bekannte  Bemerkung  des  Ramon  Vidal,  das  Französische  sei 
für  Romane  und  Pastourellen,  das  Provenzalische  für  Minnelieder 
und  Sirventese  besser  geeignet,  scheint  solche  Verhältnisse  voraus- 
zusetzen. Vom  Provcnzalischen  jedenfalls  steht  es  fest,  dafs  es 
für  Minnesinger  aus  italischem,  katalanischem  und  auch  notdfran- 
zösischem  Sprachgebiet  die  anfangs  allein  mögliche  Gattungssprache 
gewesen  ist     Schon  Wilhelm  IX.  von  Poitou,    der  älteste  l'rouba- 

*  Gomaoiicbcc  Jahrcsbciicht  1S99,  S.  ^q. 


464  E>  WECHSSLER, 

dour,  dessen  Werke  uns  zu  einem  Teil  überliefert  sind,  bedieate 
sich  nicht  des  Poitevinischen  oder  einer  andern  nördlichen  Mund* 
alt,  sondern  der  bereits  damals  ausgebildeten  provenía lischen 
Dichtersprache  auf  limousinischer  Grundlage.  Andererseits  war 
das  Französische  die  Gattungssprache  des  Epos.  Wir  sehen  dies 
besonders  an  den  fraoKösischen  Epen  in  Oberi  tauen.  Ob  auch 
Süd  französisch  e  Dichter  sich  im  £pos  des  Französischen  bedient 
haben,  bliebe  noch  za  untersuchen.  Die  EJcistenz  so  vieler  fran- 
zösischer Heldenepen,  worin  südliche  Helden  und  südliche  Herrscher- 
familien gefeiert  werden,  wäre  damit  kein  Problem  mehr. 

Heldenepos  und  Minnesang  waren  höfische'  Gallungen.  Das 
gebildete  Publikum,  für  welches  dieselben  bestimmt  waren,  mochte 
ohnedies  beide  Kultursprachen  Frankreichs  beherrschen.  So  boten 
sich  dem  sprachlichen  Verständnis  keinerlei  Schwierigkeiten,  Die 
französischen  Epen,  gleichviel  wo  entstanden,  waren  im  Norden 
und  Süden  gleich  wilJIcomraen.  Von  der  Beliebtheit  der  Epik  im 
Süden  zeugen  uns  die  zahlreichen  Anspielungen  der  Troubadours, 
auf  die  man  längst  aufmerksam  geworden  ist.  Umgekehrt  wurden 
provenzalische  Minnesinger  an  nord  französischen  und  dem  eng- 
iiächen  Hofe  aufgenommen,  und  besangen  dort  die  Fürstinnen  in 
proven  za!  i  seh  er  .Sprache.  Erst  im  leUten  Drittel  des  12.  jhs.  be- 
gann man  den  Minnesang  in  französischer  Sprache  zu  pflegen. 
Und  im  13.  Jh.,  als  sich  infolge  der  AI bigensei kriege  das  Ueber- 
gewicht  des  Nordens  über  den  Süden  mehr  und  mehr  geltend 
machte,  wurde  die  provenzalische  Kulmrsprache  allmähtig  zurück- 
gedrängt. 

Damit  wird  uns  ein  merkwürdiger  Zusammenhang  zwischen 
Heldenepos  und  Minnesang  klar.  Es  mufs  auffalk-n,  dafs  dieselben 
Kulturzentren  die  Heimal  wertvoller  Epen  und  hen  orragender 
Minnelieder  gewesen  sind.  In  Narbonne,  dem  Brennpunkt  der 
Aimeri-Epen,  wurde  die  Vizgräfin  Ermengard  von  Peter  Rogier 
und  andern  Troubadours  besungen.  In  Blaia,  von  dessen  Grafen- 
haus die  Geste  de  Bloivies  handelt,^  lebte  Jaufré  Rudel,  der  Held 
der  schönsten  Troubadournovelle.  Graf  Raîmbaut  von  Orange 
stammte  aus  derselben  Grafschaft,  deren  Namen  Wilhelm  der  Hei- 
lige trug.  Auch  Toulouse,  Bordeaux,  Vienne  und  andere  Höfe 
wären  liier  zu  nennen,  nach  denen  sowohl  frz,  Epen  wie  proven- 
zalische Lieder  weisen. 

Aber  auch  ein  innerer  Zusammenhang  zwischen  Heldenepos 
und  Minnesang  wird  sich  uns  ergeben,  wenn  wir  erwägen,  dafs 
diesen  beiden  Galtungen  feudaler  Hofpoësie  dieselbe  Tendena  ge- 
meinsam ist     Wie   immer   man  sonst  über  das  Wesen  des  Minne- 


'  Mod  Lat  sich  gtwohut,  Minnesang  und  Minneroman  als  „höfische  Dlcb- 
tune"  dem  sogeoannlen  „Volkaepos"  eeBenüberzusl eilen.  Dieses  aber  ist  fen- 
dale Ilofpoëae  nicht  niioder  aU  jene  beiden  Gattungen.  Beucr  wötde  man 
tliun,  dieselben  als  Minnepoesie  zn  bezeicbnen,  da  der  Fnuendiensl  ihr  ^meiD- 
sames  Meikmal  aosroacht.     Vgl.  meine  Gralïage  S.  jlfT. 

•  Vgl.  G.  Parii,  Kcvue  hisloiiquc  LIII,  1893,  S.  216  Anm, 


JCUNOBN  za  KIMEK  6BS 


E  DER  FRZ.  HKLDSNSÂQÏ      40< 


sangs  denken  mag,  eine  panegyrische  und  politisch-dynastische 
Spitze  läTst  sich  dieser  Verehrung  fürstlicher  Damen  kaum  ab- 
sprechen. Vertrat  der  Sirventcsdichter  in  politischen  Liedern  die 
Sache  seines  Herrn,  so  feierte  der  Minnesinger  die  Vorzüge  der 
Herrin.  Weist  vereinigte  der  Troubadour  in  sich  diese  doppelte 
Aufgabe.  Ja,  einige  der  bedeutendsten  wagten  es  sogar,  beide 
Themen  in  demselben  Liede  zu  verbinden, 

Heldenepos  und  Minnesang  unterschieden  sich,  wie  mir  scheint, 
vor  allem  darin,  dafs  das  Epos  mit  seinem  kriegerisch -politischen 
Inhalt  vorzugsweise  für  Männer,  das  Minnelied  mit  seiner  Liebes- 
psychologie zunächst  für  fu  in  gebildete  Frauen  bestimmt  war.  In 
Südfrankreich,  wo  das  römische  Erbrecht  nicht  durch  das  germa- 
nische verdräng!  worden  war,  konnten  Frauen  das  ererbte  Lehen 
antreten  und  selbständig  regieren.  So  war  hier  die  rechtliche 
Stellung  der  weiblichen  Angehörigen  des  Hochadels  wesentlich 
anders  als  im  Norden.  Damit  stimmt  merkwürdig  überein  die  ver- 
schiedene Auffassung  und  Würdigung  der  Frau  im  Epos  einerseits 
und  im  Minnelied  andererseits.  Doch  darf  nicht  unerwähnt  bleiben, 
dafs  die  aus  dem  Süden  stammenden  Epen  hierin  dem  Minnesang 
näher  stehen.  Im  alten  Rolandslied,  das  sicher  im  Norden  verfafst 
ist,  tritt  überhaupt  keine  Frau  innerhalb  der  Handlung  hervor; 
Rolands  Braut  Alda  ist  erst  später  aus  einem  andern  Epos  ein- 
geschoben worden.  Dagegen  sind  Eussent  und  Bertha  im  Girart 
von  Roussillon,  und  ähnlich  Guibourc  in  Aliscans  mit  sichtlicher 
Vorliebe  geschildert.  Insbesondere  in  Girarts  Verhältnis  zu  seiner 
Herrin  und  früheren  Braut,  der  Kaiserin  Eussent,  glaube  ich  eine 
Art  Vorahnung  des  späteren  Frauendienstes  zu  ßnden. 

Sollte  sich  diese  Annahme  einer  epischen  und  einer  lyrischen 
Gattungssprache  Frankreichs  bei  näherer  Prüfung  bewähren,  so 
stünden  al  [französisch  e  und  al  ipro  venza  lische  Liiteratur  nicht  mehr 
in  scharfer  Trennung  neben  einander.  Wie  Frankreichs  mittel- 
alterliche Kultur  überhaupt,  würde  sich  uns  auch  seine  Poesie  als 
geschichtliche  Einheit  erweisen.'  Und  die  Gelehrten  hätten  Recht, 
welche  sich  gewöhnt  haben,  die  Geschichte  der  franziisischen  und 
der  Provenza  lisch  en  Litteralur  im  Zusammenhang  zu  behandeln. 

IO.  Wer  aber  waren  die  Verfasser  der  älteren  Heldenepen, 
von  Roland,  Isembart  und  Gormund,  Krönungsepos,  Aliscans? 
Oder,  um  die  Frage  genauer  zu  formulieren,  was  war  ihr  Bil- 
dungsstand und  wie  ihre  gesellschaftliche  Stellung? 

Haben    wir    uns,    mit    Gröber,^    Krieger    als    die  Verfasser  zu 

■  Die  drei  hiuptsächlicbcD  poèii^chen  Gattungen  im  mitlcUlterlichen 
Fraobrcidi,  die  rings  in  die  Nachbailäoder  bia^iuadrangen,  lind  ïlcldenepos, 
MinneaiLiig  und  Mianeroman.  Noidrronkreícb  isl  die  Ilcimiil  der  ersten  Gltlung, 
d«r  Süden  die  der  zweiten;  und  wieder  im  Norden  entstand  sos  einer  Uebci- 
ttaguDg  der  Minne  auf  ilie  Teudalen  Kitler  die  dritte.  leb  habe  diese  Ent- 
Wicklung  darzolegen  verBuchl  in  meiner  Gralsage  S.  49 — 53. 

*  Fri.  Liigrädi.  S.  456.  [Bei  mir  steht  von  „eiiifacheD  Soldates"  nichts. 
Hrsg.] 


B.  Phil.  ) 


30 


466  B.  WBCHKLKR, 


denkeD,  einfache  Soldaten,  die  als  Augenzeugen  dai  Miteití^'' 
schilderten,  gleich  Weiimbert,  dem  Gewährsmann  des  Mâuchs  vci<i 
St.  Galten?  So  wären  es  also  Dilettanten,  nicht  Benifsdichlti  f^ 
Wesen.  Aber  vermochten  solche  die  hochentwickelte  Techiiik,  li^ 
uns  schon  in  den  ältesten  Werken  begegnet,  ohne  weiter«  b<* 
handhaben  oder  gai  zu  schaffen?  Die  künstlerischen  KenDlQÌu£< 
die  zur  Abfassung  auch  eines  mittelmäfsigen  £p>os  nötig  waren« 
können  nur  durch  berufsmäfsige  Tradition  und  schulmäfsigc  Mit- 
teilung ausgebildet  und  bewahrt  worden  sein.  Diesen  Kriegsieuien, 
welche  Gröber'  im  Sinne  hat,  möchte  ich,  mit  VorelKSch,  nidit 
die  SchafTung  von  Epen,  wohl  aber  die  Pflege  der  Sage  vonugv 
weise  zuschreiben. 

Oder  haben  wir  uns  unter  den  Verfassern  die  vìelbesprocheoen 
Spielleute  t'a  denken,  hislnones  —  joglion,  Leute,  die  vom  Vortrage 
von  Dichtung  und  Musik  und  allerlei  SchnurTpfeifereien  lebten  ilod 
wandernd  die  Höfe,  Städte  und  das  piatte  Land  durchicgen? 
Dem  widerspricht  die  durchaus  ernsthafte,  auf  Recht  und  Sitte 
gerichtete  Lebensauffassung,  mit  der  die  Dichter  in  älterer  Zeil 
ihrem  Tliema  gegenüberstehen.  Dem  widerspricht  die  feierliche 
Würde  dfs  Vortrags,  das  freimütige,  oft  kühne  Urteil  über  bocb- 
siehende  Personen,  die  sichere  Deherrschung  der  stand esgemafsett 
Lebensformen,  und  nicht  zuletzt  der  feine  künstlerische  Geschmack.. 
Die  Ependichter  haben  wir  unter  den  GebildeLsten  ihrer  Zeit,  unter 
den  geisligcn  Wortführern  zu  suchen,  nicht  aber  unter  iahrendea 
Leuten  und  armen  „Tellerleckern".  Der  Büdungsstand  und  dk 
gesellschaftliche  Stellung,  die  sich  in  den  Epen  der  besseren  DichtM 
offenbaren,  weisen  nicht  auf  die  Strafse,  sondern  auf  die  kultarellen 
Brennpunkte. 

Sollen  wir  daher  mit  L.  Gautier'  kurzweg  clercs  als  die  Ur- 
heber der  Heldenepen  vermuten.  Dichter  wie  die  des  Leodegar 
und  des  Alexius?  Gerade  diese  Beispiele  Gauliers  zeigen  una 
deutlich  den  unüberbrückbaren  Gegensatz  zwischen  kirchlichen 
Legenden  und  feudalen  Epen.  Dort  wird  die  kirchliche  Welt- 
anschaunng,  und  als  ihr  Hauptleil  die  Askese  gepredigt-  Hier 
dagegen  schäumt  der  Wille  zum  Leben,  weltliche  Thatkraft  oik^í 
Thatendrang.  Und,  wenn  ich  nicht  irre,  wollte  die  Kirche  gerade 
die  Welllust,  die  hier  gedeiht,  durch  ihre  Lcgendenlitteratui  bft-. 
kämpfen.     Von  kirchlichem  Leben  und    aufrichtiger  WeltentSBgniv 

['  Bei  mir  hcifíi  es  I.  c.  :    „Also  in  den  Reiben  von  Krt(g«m  . . .  v^'- 
das   fii.  Heldengedicht  seinen  Ursprung   geh»bi   haben   und   gioii   gewori 
sein".     Und  Hcnigs  Aich.  L  c.   S.  33t;  „Und  da  für  das  gcrinette  litlmii*^ 
Erzeugnis,  auch  fur  dai  sog.  Volkslied,  ein  wenn  auch  noch  so  i^rinj;«  Gi 
sprachlidiea  Bewurslseins  und  litleiaríschea  VcisUndes  eifordcrlkh  iil,  mtt' 
diese  Eigenschaflen  auch  den  eislin  dichtendco  Bewund«rcni  KjuU  d.  Gr-  — 
(unter  den  Franzosen)  . . .  nicht  abgespiochen  weiden  kònnen".    Dab  <•  d'^ 
leriscb   faefahigle  Krieger   unter  den  Kämpfern  der  Karolinceneit  g«h,   *^ 
an«  das  ihythmische  lit.  Zeilgedicbl   im  Volkston  des  Krìegeri  AngilbciS    J* 
die  Schlacht  von  Fontenoy  vom  Jahie  S41  {%.  Grundrib  II  1,  l&S).     Hr^- J 

'  Epopiei  11',  S.  40 — 45. 


I 

I 


BBUBRKUNGBN  ZV  BINER  GESCHICHTE  DER  FRZ.  HELDEMSAGE.      4Ó7 

vermag  ich  in  der  französischen  Epik  wenig  za  finden.  In  den 
verschiedenen  Moniages  sehe  ich  im  Gegenteil  einen  Prolest  gegen 
die  mönchische  Zumutung,  sich  einen  Helden  wie  Wilhelm  in  der 
Klause  eingesperrt  zu  denken. 

Wohl  aber  besafsen  die  Ependichlet  ohne  Zweifel  geistliche 
Bildung;  in  diesem  Sinn  also  waren  sie  í/í«.'  Sie  hatten  sich 
die  höchste  mögliche  BilduTigsstufe  erworben,  die  eben  nur  von 
der  Kirche  bezogen  werden  konnte;  oder,  in  die  heutige  Sprache 
übersetzt,    sie    besafsen    „akademische    Bildung".^      So   erkläre    ich 

den  ausgesprochen  christlichen  Charakter  der  in.  Epik  und 
die  z.  B.  im  Rolandslied  unläugbare  Benutzung  heiliger  Schriften, 
"  :  der  Bibel  insbesondere.  Ein  cierc  war  überdies  jener  Turoldus, 
r  am  Rolandslied  als  Redaktor  oder  Verfasser  beteiligt  ist.^  Cierc 
nennt  sich  ausdrücklich  Bertrant  von  Bar  sur  Aube.  Suchier  be- 
merkt dazu  :  „Dafs  er  ein  Kleriker  gewesen  ist,  würde  ohne  seine 
bestimmte  Angabe  niemand  vermuten".*  Auch  der  Verfasser  des 
Loth ringere pos  befafs  nach  F.  Lot  ,.uiie  certaine  instruction".^ 

Aber  die  frz.  Epiker  waren  weit  entfernt,  ihre  geistliche  Bil- 
dung in  den  Dienst  der  Kirche  zu  stellen  und  etwa  Legenden 
wie  den  Alexius  zu  verfassen.  Vielmehr  wurzelten  sie  mtt  all  ihren 
Anschauungen  in  dem  Leben  der  feudalen  Höfe,  wo  Rechtspflege, 
Krieg  und  Jagd  das  Ziel  und  die  Aufgaben  des  Maimes  dar- 
stellten, und  christlicher  Glaubenseifer  sich  ausschliefslich  in  den 
Fehden  mit  den  Mohamedanem  Spaniens  und  den  germanischen 
Wikingern  bethütigte.  In  diesem  Kreise,  als  Mitglieder  der  maisniée, 
müssen  sie  gelebt  und  gedichtet  haben.  Grofsenteils  auch  mögen 
sie,  wie  Bertrant,  dem  Adel  von  Geburt  angehört  haben,  wenigstem 
dem  niedern  Adel,  als  Sohne  eines  Kastellans  oder  Vavassors, 
Oder  aber  errangen  sie  sich  ähnlich  einem  Bernhard  von  Venta- 
dom  trotz  unfreier  Abkunft  durch  Begabung  und  Leistungen  die 
Hoffähigkeit.  Sie  safsen  mit  zu  Gericht  im  Rate  der  Vassallcn, 
und  logen  mit  dem  Fürsten  zur  Fehde  und  auf  die  Jagd.  So 
nennt  sich  Raimbert  von  Paris,  Redaktor  des  Ogierepos,  einen 
Edelmann.^  So  wird  auch  Taillefer,  der  bei  Hastinga  dem  Nor- 
mannenheer voranritt  und  aus  dem  Rolandsliede  sang,  noble  vassal 
genannt^ 

Jetzt  erinnern  wir  uns  ähnlicher  Gestalten  aus  dem  deutschen 
Heldenepos,  Volkers  im  Nibelungenlied  und  Hotands  in  der  Gudrun. 
Damit  werden  wir  unmittelbar  auf  das  gemein  germani  sehe  Amt 
des    tkcfi    zurückgeführt,    des    bochan  gesehenen    Hofdichters,    den 

'  Hertz,  Spielmaaasbucb*  5.  4. 

*  Aach  Fr.  Kaufftnann  erichlicrit  für  das  Hildebraadslied  ciocc  vor- 
nehmen und  geistlich  gebildeten  Verfasiei.     Sieveriband  S.  I7S. 

'  Suchier,  Frz.  Lilgesch.  S.  15. 

*  Frz.  Litgesch,  S.  2S.  55. 

»  Rom.  XXVIII.  1899,  S.  279.  Vergi,  auch  Aimcn  ed.  Demaison 
S.  LXXVIU. 

*  Gautier,  Epopíeí  11^,  S.  46. 

*  Freymoad,  Jongleurs  et  MénealreU  S.  13 — 14. 
30» 


468  E.  WECHSSLER, 

schon  Hertz  >  als  Vorläufer  dei  mittelalterlichen  Dichter  bezeichnet 
hat.  Das  frz.  Epos  wird  heute  allgemein  als  christliche  Fortsetzung 
verlorener  fränkischer  Epen  aufgefafst.  So  trat  auch  der  fiz.  Epiker 
an  die  Stelle  des  fränkischen  sl:ofi.  Nur  dafü  er  sich  von  diesem 
durch  seine  christliche  Schulbildung  unterschied.  Seine  soziale 
Stellung  war  dieselbe.  Ein  besonderer  Namu  scheint  für  ihn  nicht 
üblich  geworden  zu  sein.  Vermutlich  nannte  man  ihn  kurzweg 
eiere,  oder  aber  begriff  man  ihn  unter  die  übrigen  Vassailen  am 
Hofe  mit  ein?  (Vielleicht  auch  liiefs  er  chanltor})  So  konnte  es 
geschehen,  dafs  ihn  die  Kirche  mit  dem  Namen  der  luterà  ri  sehen 
Zwischenhändler,  der  histriones,  bezeichnete.  Erst  in  Südfraakreich 
und  zunächst  nur  für  den  Minnesänger  kam  eine  Bezeichnung  auf, 
durch  die  auch  äufserlich  der  Dichter  vom  Spielmann  geschiedea 
wurde;  es  war  der  Name  irobaJor,  der  früh  nach  dein  Norden 
kam  und  dort  weitere  Ausdehnung  erhallen  zu  haben  scheint 

Nach  Bildung,  Lebensstellung  und  Leistungen  weitab  von  d^i 
Epikern  der  feudalen  Hofgesellschaft  standen  die  Spielleute, 
lebten  vom  Vortrag  und  der  Verbreitung  dieser  Epen  und  anderer 
Dichtungen.  Als  Zwischenhändler  übernahmen  sie  die  Aufgabe, 
die  heute*  dem  Buchdrucker  und  Buchhändler  zukommt  Zwei 
Gruppen  lassen  sich  unter  ihnen  erkennen,  die  aber  nicht  scharf 
geschieden  waren.  Manche  waren  an  einem  Fürslenhofe  dauernd 
angestellt;  sie  hiefsen  meneslrel,  Bedienstete.  Diese  belhätiglen 
sich  teilweise  auch  als  Dichter,  suchten  es  also  den  andern  nach- 
zuthun.  Sie  bedienten  sich  dabei  der  überlieferten  Technik  und 
der  zahlreich  vorhandenen  Muster.  Bekannte  poetische  Vertreter 
dieses  Standes  sind  Eätrumcn,  der  mausirel  corlcis  des  Admirals 
Gaudisse,  und  Pinchonnet  im  Cléomades,  auch  Daurel  in  Daort;] 
und  Beton.  Die  berühmtesten  ménestrel,  von  denen  wir  wissen, 
sind  Jean  Bodel  aus  Arras  und  Baudouin  und  Jean  aus  Conde, 
ferner  Adenet  der  Spielmannskönig.  Auch  der  Huondichter  gehört 
zu  ihnen;  er  hat  im  Estrumen  ein  Bild  seines  Standes  gezeichnet, 
wobei  er  freilich  weniger  der  Wirklichkeit  als  seinen  Wünscheu 
gefolgt  sein  wird.  Aus  dem  Nibelungenlied  sind  Werbel  und 
Swemmel,  die  Hofspielleute  König  Etzels;**k¡er_^zu  nennen.  Diese 
meneilrel  pflegten  die  Poesie,  soweit  sie  sich  "dîwau  beteiligten, 
mehr  nur  des  Gelderwerbs  wegen  und  als  Unterhaltungstitteratur, 
Um  hohe  didaktische  Ziele  oder  die  kluge  Vertretung  politisch- 
dynastischer  Zwecke  war  e,=i  ihnen  kaum  mehr  zu  thun.  Sie  ver- 
hielten sich  zu  den  Nachfolgern  des  skop  wie  heute  der  Journalist 
zum  Dichter. 

Gesellschaftlich  tiefer  als  der  Hofspielmann  stand  der  Fahrende, 
joglior  schlechthin.  Er  mufste  seinen  Unterhalt  suchen,  wie  er  iha 
&nd,  und  wenn  nötig  auch  das  Gewerbe  des  Possanreifsera  aus- 
üben. Selten  trat  er  als  Dichter  auf;  wenn  es  geschah,  travestie- 
rend oder  parodierend.     Derbe  Komik  war  sein  liebstes  Thema. 


I 


'  äpieianumibucb'  . 


Dort  weitere  Littetatui. 


BSMEREUNGBN  ZU  EINER  GESCHICHTE  DER  FRZ.  HELDENSAGE.      469 

Auch  der  mmetirtl  mufste,  wenn  sein  Herr  starb  oder  ihn 
entliera,  sein  Brot  anderwärts  suchen.  Der  Estrumen  im  Huon 
gerät  in  diese  Lage.  Eine  feste  Grenze  zwischen  dem  ansässigen 
und  dem  fahrenden  Spielmann  bestand  nicht.  So  wurden  denn 
auch  die  Namen  bald  promiscue  gebraucht.  Auch  diesen  wechseln- 
den Sprachgebrauch  beobachten  wir  im  Huon. 

Sobald  ein  Epos  in  die  Hände  der  Spielleute  geraten  war, 
konnten  Entstellungen  im  mündlichen  Vortrag  nicht  ausbleiben. 
Und  als  an  den  Feudalhöfeo  Minnesang  und  Minneroman  in  Mode 
kamen  und  die  alte  Epik  allmählig  aus  den  mafsgebenden  Adels- 
kreisen verdrängt  wurde,  war  der  Verderbnis  Thür  und  Thor  ge- 
öffnet. Erst  wurden  die  stolzen  Werke  den  Patriziern  der  Städte, 
dann  den  Kleinbörgern  und  schliefslich  den  vilains  jeder  Art  aus- 
geliefert. Wir  können  an  manchem  Epos  verfolgen,  wie  es  „zer- 
sungen", d.  h.  erweitert  oder  verstümmelt  wurde.  Für  den  gedank- 
lichen Gehalt  war  in  den  unleren  Schichten  keinerlei  Verständnis 
mehr,  ebenso  wenig  für  die  künstlerischen  Ausdrucksmittel.  Das 
rein  stoflliche  Interesse  blieb  übrig.  Je  mehr  das  Adelsepos  „Volks- 
epos" wurde,  Gemeingut  der  niederen  Volkskreise,  desto  mehr 
wurde  es  entstellt.  Am  Anfang  hatten  grofse  dichterische  Persön- 
lichkeiten gestanden,  am  Ende  nahm  die  Menge  das  wertvolle  Gut 
in  Besitz.  Von  oben  nach  unten,  von  engen  Zentren  ins  Weite 
ging  der  Weg,  den  die  Heldenepen  nahmen.  Es  ist  der  erfahrungs- 
mäfsige  Gang  aller  Kulturentwicklung. 

11.  Wann  aber  traten  französische  Hofdichter  an  Stelle  der 
fränkischen  skopasi  Mit  andern  Worten,  in  welche  Zeit  ist  der 
Anfang  des  französischen  Heldenepos  ku  setzen?  Wie  wir  sahen, 
war  dieses  nach  Wesen  und  Entstehung  höfische  Dichtung.  So 
können  wir  um  den  Zeitpunkt  nicht  verlegen  sein.  Erst  als  das 
Galloromaoische  anstatt  des  Fränkischen  Hofsprache  geworden  war, 
kann  ein  romanisches  Heldenepos  gedichtet  worden  sein.  Wann 
die  fränkischen  Eroberer  ihre  germanische  Sprache  aufgegeben 
haben,  darüber  fehlen  meines  Wissens  eingehende  Untersuchungen. 
Karl  der  Grofse  und  sein  Hof  sprachen  als  Auslrasier  Fränkisch  ; 
und  wohl  noch  Ludwig  der  Fromme.  Die  Strafsburger  Eide  842 
zeigen  die  neustrischen  Franken  bereits  romanisiert  Nach  allge- 
meiner Ansicht  vollzog  sich  dieser  durch  Zweisprachigkeit  der 
Franken  vorbereileie  Sprachenlau  seh  unter  Karl  dem  Kahlen.  Mit 
der  Trennung  von  den  ausschliefslich  germanischen  Landesleilen 
wurde  das  Gal  loromanisch  e  allgemeine  Landes-,  auch  Hofsprache; 
ähnlich  wie  seit  den  Ereignissen  des  Jahres  1866  das  Deutschtum 
in  Oesterreich-Ungam  in  seinem  Besitzstand  bedroht  wird.  Ich 
treffe  also  mit  Hermann  Suchier  zusammen,  der  den  Beginn  des 
frz.  Heldenepos  erst  ins  neunte  Jh.  verlegt,  nicht  aber  ins  achte 
oder  gar  ins  sechste,  wie  andere  Gelehrte  wollen. 

12,  Warum  hat  sich  auf  deutschem  Boden  kein  Epos  von 
den  Karolingern  entwickelt?     Diese  Frage,   obzwar  sie  nur  akade- 


470 


E.  VBCaSSLCR, 


r  Alt  Ht,  fi»deft  muer  wieder  sur  Prâfmg  besaos.'  Einige 
Kaibcq¡én  md  vìeUeìclu  aodi  Gedichte  waren  vochandea.  Der 
bekannte  Mönch  von  St.  Gallen  and  einige  aDdere  Zeagnine  be- 
lecbtigen  ans  za  dieser  Annahme.'  Es  bestand  jedenfalls  einmal 
ein  Gedicht  in  altbochdeotscber  Sprache  aber  Karls  AnrñcLen  gegen 
das  von  Desdeños  and  Olker  t-erteidigle  Patia.  Aach  Voretxsch 
râomt  das  ein.*  Aber  eine  eigentliche  Epik  von  Karl  oder  äber- 
banpt  ans  diesem  Zeitrauoi,  etwa  über  Widukind,  von  dem  üaneo- 
iöscbe  Dichter  so  viel  erzählten,  kam  in  DeotsdlilaQd  nicht  eut 
Reife.  Hier  bescluänkle  deh  das  epische  Cot  andi  noch  später 
anf  eine  Heldensage  und  Heldendichtnng  ans  dem  Zeitalter  der 
Vôlkervandening.  Walther  und  HUdegund,  Hagen  und  Siegfried. 
Dietrich  von  Bern  und  der  Hunnenkönig  Etzel  blieben  die  Helden 
auch  der  deutschen  Epik  des   ■  2.  Jahrhunderts. 

Wenn  die  Kämpfe  im  Zeitalter  der  Karolinger  za  einem 
deotechen  Heldenepos  nicht  geführt  hat>en,  so  môdite  i^  dea 
Grund  nicht  etwa  in  der  politischen  Gegnerschaft  der  Alemannen, 
Baiem  and  Sachsen  gegen  Kart  den  Grofsen  etbltcken-  Wie  Elzel 
hätte  der  Kaiser  Karl  auch  als  Feind  ins  deutsche  Epos  gelangen 
können.  Wir  scheint  die  Ursache  t-iclmehr  in  den  allgemeinen 
Btldungsverbältnissen  Deutschlands  zu  liegen.  In  der  ahd.  Sprach- 
penode —  das  ïeigt  uns  besonders  deutlich  Keiles  Literatur- 
geschichte —  gab  es  in  Deutschland  thatsächlicb  nur  eine  latei- 
nisch-kirchliche Bildung  und  Litterator.  Noch  fehlte  eine  von  der 
Kirche  unabhängige  Laienbildung,  es  fehlte  eine  deutsche  Kunst- 
und  Kult  Ursprache.  Ja  die  Kirche  beherrschte  das  geistige  Leben 
so  unumschränkt,  dafs  sogar  die  vorhandenen  alten  Epen,  die 
Werke  der  alten  skopas  aus  dem  Zeitalter  der  Völkerwanderung 
von  den  mafsgebenden  Bildungsstätten  ausgeschlossen  und  einigen 
abseits  liegenden  Höfen  überlassen  blieben.  Dort,  in  der  Hand 
ungebildeter  Dichter,  wurden  jene  Epen  viel&ch  entstellt  und  ver- 
wirrt Nur  vereinEelt  taucht  diese  poetische  Gattung  in  der  latei- 
nischen Lilteratur  auf:  es  ist  der  WaUharius  mattu/ûrttt  und  das 
ans  bezeugte  lateinische  Nibelungengedicht 

Eist  im  Laufe  des  1 2.  Jh.  gelangte  die  Laienbildung  der  fran- 
zösischen Feudalität  auch  nach  Deutschland  herüber.  Jetit  erst 
machten  sich  die  Hofkreise  von  der  kirchlichen  Bevormundung 
frei.  Aber  a!s  ein  deutscher  Fürst  das  Kolandslied  übertragen  liefs, 
da  arbeitete  der  Uebersetzer  das  feudale  Epos  sorgfältig  im  kirch- 
lichen Sinne  um.  Und  nur  langsam  wich  die  ivirche  aus  ihrer 
beherrschenden  Stellung.  Erst  unter  Friedrídi  Barbarossa  brach 
franiösische  Bildung  und  Gesittung  unaulbaltsam  herein.  Jetit  erst 
war  auch  fur  die  einheimischen  Epen  die  Zeit  der  Wiederbei- 
Stellung  gekommeiL    Aber  an  den  hofìsch  verjüngten  Werken  blieben 


i 


*  Grober,  Fti.  Litgesch.  S.  456. 

»  Bemheim,  Preub.  Jahrböcbei  LXXXI  (1895,  J.  I 

•  Ogitt  S.  19. 


S.  345-358-  ^1 


BI1ISRKUN6BN  ZO  EINSR  OBSCHICHTB  DER  FRZ.  HELDENSAGE.      47  I 

die  Spuren  langer  Vernachlässigung  antilgbar  haften.    In  den  weit- 
ms  meisten   Fällen   zogen    es   statt   dessen    die  deutschen  Hof- 
teeise  vor,  sich  fertige  £pen   nnd  Romane  aus  Frankreich  über- 
tragen zn  lassen. 

13.  Die  £pen  wurden,  wenn  sie  gröfseren  Umfang  hatten,  in 
Vortragsabschnitte  geteilt  und  abschnittweise  vorgetragen.^  In 
mdireren  Werken,  so  im  Huon  (Guessard  S.  33,  148  und  164) 
werden  die  Pausen  ausdrücklich  angemerkt.  Mit  der  Disposition 
des  Ganzen  brauchten  sich  diese  Rhapsodieen  nicht  zu  decken. 
Im  Hnon  wem'gstens  scheinen  die  Einschnitte  absichtlich  mitten  in 
die  Erzählung  verlegt  worden  zu  sein.  So  wurde  die  Spaimung 
der  Hörer  besser  wach  erhalten. 

Aas  der  Gewohnheit  dieser  Einteilung  für  den  Vortrag  erklärt 
vdi,  wie  mir  scheint,  ein  eigentümlicher  Stilgebrauch  des  Helden- 
epoi  Voretzsch  (S.  77)  madit  darauf  aufmerksam,  dafs  im  Huon 
oft  eine  Erzählung  mit  denselben  oder  ähnlichen  Worten  wieder- 
holt werde,  so  der  Ueberfall  und  Tod  des  Carlot  Aber  diese 
Wiederholung,  die  nidit  weniger  als  drei  Textseiten  einnimmt,  be- 
findet sich  unmittelbar  nach  dem  ersten  Vortragsabschnitt  (Guessard 
&33).  Der  Dichter  fand  es  geraten,  zu  Beginn  der  zweiten 
Rhapsodie,  nachdem  er  die  Hörer  um  Ruhe  gebeten  hatte,  das 
entscheidende  Ereignis,  mit  dessen  Erzählung  er  Tags  zuvor  ab- 
gesdilossen  hatte,  nochmals  und  zwar  durch  Huon  selt>er  vortragen 
XQ  lassen.  Aehnliche  Fälle  finden  sich  öfter.  Dieser  Brauch  der 
Wiederholungen  ergab  sich  aus  der  Art  und  Weise  des  Vortrags. 


Auf  diese  knappen  Bemerkungen  will  ich  mich  an  dieser  Stelle 
heschränken.  Sie  wurden,  wie  ich  oben  vorausschickte,  veranlafst 
ond  angeregt  durch  die  von  Carl  Voretzsch  begonnenen  „Epischen 
Studien**,  als  eine  Sammlung  von  Vorarbeiten  zu  einer  Geschichte 
der  französischen  Heldensage.  Meine  Absicht  war,  das  was  ich 
hier  darzulegen  versucht  habe,  zur  Diskussion  zu  stellen.  Später 
^nke  ich  einen  oder  den  andern  Punkt  ausführlicher  zu  begründen. 


^  lieber  Vortragsabschnitte  bei  Crestien  vgl.  meine  Gralsage  S.  159 — 161. 


Eduard  Wechsslbr. 


Der  Frosaroiiian  Ysaye  le  Triste. 

(Forlseuuog;   t.  S,  175  ff.) 

311.  Eines  Tages  erscheint  Ardanl  d'Acre  vor  Ysayes  Schlofs 
und  fordert  Yreult  heraus,  um  den  Kampf,  der  damals  durch  Ysaye 
geschlichtet  wurde,  zur  Entscheidung  zu  bringen. 

312.  Der  Kampf  beginnt  und  bleibt  lange  Zeit  unentschieden. 
Da  erscheint  Ysayes  Pferd  und  beifst  Ardant  in  die  Hüfte.  Um 
vom  Pferde  nicht  wieder  belästigt  zu  werden,  setzen  sie  den  Kampf 
auf  dem  Schlofshofe  (ort.  Hier  siegt  Yreult  und  schlägt  Ardant 
das  Haupt  ab.  Diesen  Erfolg  läfst  Vreull  auf  dem  Schlosse  Ardants 
melden.    Unter  Klagen  holen  die  Knappen  Ardants  den  Leichnam. 

313.  Es  ist  Himmelfahrt.  Eine  grofse  Anzahl  Ritter  und 
Damen  sind  in  Blamir  versammelt. 

314.  Es  findet  ein  grofsartiges  Turnier  statt.  Marc  tötet 
seinen  Vetter,  den  König  von  Agimal,  er  spaltet  Condely  d'Arbise, 
dem  Gouverneur  von  Louvresep,  den  Schädel  und  wirft  Estrahier 
aus  dem  Sattel. 

315.  Da  ruft  Estrahier:  Tues  le  faiûx  chamliir.  Sofort  ist 
Marc  von  allen  Seiten  umringt. 

316.  Marc  verteidigt  sich  tapfer.  Nach  langem  Kampfe  giebt 
Estrahier  sich  Marc  gegenüber  zu  erkennen. 

317.  Estrahier  verzichtet  jetzt,  weiter  mit  Marc  zu  kämpfen. 

318.  Auf  einem  anderen  Teile  des  Kampfplatzes  befinden  sich 
Hergault,  Menet   und  andere, 

319.  Hierhin  wendet  sich  nun  Marc  und  stöfsl  auf  Berangier 
de  haulte  forest,  den  er  nach  kurzem  Kampfe  tötet. 

320.  Marc  ficht  wie  wahnsinnig.  Alles  weicht  vor  der  Wucht 
seiner  Hiebe  zurück. 

321.  Da  erscheint  Estrahier  wieder  und  versetzt  Marc  einen 
wuchtigen  Hieb.  Marc  kann  diesen  nicht  erwidern,  er  fällt  schwer 
verletzt  vom  Pferde.  Estrahier  glaubt,  dafs  Marc  dieses  absicht- 
lich ihut,  und  erklärt  sich  als  besiegt,  indem  er  Marc  sein  Pferd 
überreicht. 

322.  Alle  Damen  sind  darin  einig,  dafs  Estrahier  ein  tapferer 
Ritter  ist,  dafs  aber  Marc  die  Ehre  des  Tages  gebührt. 

323.  Am  folgenden  Morgen,  als  alle  Ritter  wieder  auf  dem 
Kampfplatze  sind,  meldet  eine  Dame  einen  Ritter  an,  der  mit 
mehreren  Rittern  fechten  wolle.  Der  Ritter  erscheint  und  Icämpit 
zuerst  gegen  Marc,  dem  er  den  Schild  spaltet 


DER    PR05AKOUAN    YSAYE   LH   TRISTE.  473 

324.  Dann  besiegt  er  nach  einander  Menet,  Alexander  de 
Gales,   Desraes   de  l'ombre.     Da   der  Ritter   nun   keinen   Gegner 

mehr  findet,  reitet  er  schnell  mr  Stadt  ïurûck. 

325.  Die  Königin  von  Logres  und  der  König  von  Irland  ver- 
teilen Preise  an  Eslrahier  und  Hergault.  Hierauf  bittet  Marc 
Estrahier,  er  möge  ihn  zum  Ritter  schlagen. 

326.  Estrahier  will  Hergault  diese  Ehre  übertragen. 

327.  Auf  die  Bitte  Yrions  hin  schlägt  nun  Kstrahier  Marc 
zum  Ritter.  Dann  kommt  das  Gespräch  auf  den  fremden  Ritter. 
Niemand  bat  ihn  erkannt  Da  sagt  Hergault,  der  fremde  Ritter 
werde  nach  dem  Essen  wieder  erscheinen. 

328.  Nach  dem  i^sen  erscheint  die  Dame  mit  dem  Ritter 
wieder.  Marc  kämpft  gegen  ihn  und  wirft  ihn  aus  dem  Sattel. 
Der  fremde  Ritter  wird  nun  entwaffnet  und  man  erkennt  zum 
gröfsten  Erstaunen  in  ihm  Hergault.  Am  folgenden  Tage  rüsten 
sich  die  Ritter  zur  Heimkehr. 

329.  Tronc  wird  von  Elias  streng  gefangen  gehalten.  Er 
sinnt  über  seine  Flucht  nach  und  kommt  nach  15  Tagen  auf  die 
Idee,  sich  tot  zu  stellen. 

330.  Ein  anderer  Gefangener,  der  bei  ¡hm  war,  ruft  den 
Kerkermeister  und  meldet  ihm,  daf:.  Tronc  tot  sei.  Elias  läfst  nun 
Tronc  herausholen  und  auf  den  Hof  legen.  Sobald  nun  Tronc 
sich  unbeobachtet  fühll,  begiebt  er  sich  nach  dem  Kerker  zurück, 
befreit  den  anderen  Gefangenen  und  flieht. 

331.  Saine  Flucht  wird  von  Elias  bemerkt.  Tronc  wird  ver- 
folgt, aber  niemand  kann  ihn  einholen.  Eine  halbe  Stunde  vor 
dem  Schlosse  Ysayes  begegnet  Tronc  einem  Ritter,  den  Tsayea 
Pferd  übel  zugerichtet  hat.  Diesen  Ritter  verhöhnt  er.  Vor  dem 
Schlosse  findet  er  das  Pferd.  Er  geht  zu  Yreull,  erzählt  diesem 
seine  Abenteuer  und  erkundigt  sich  dann  nach  Vsaye. 

332.  Yreult  erzählt  nun,  dafs  Ysaye  aufgebrochen  sei,  um 
Tronc  zti  suchen,  aber  noch  nicht  zurückgekehrt  sei.  Da  sagt  ihm 
Tronc,  er  wisse,  dafs  Ysaye  sich  in  Sorlion  befinde.  Yseult  solle 
sich  nach  Sorlion  aufmachen.  Wenn  er  dann  Vsaye  gefunden 
habe,  solle  er  ihm  einen  mit  Kraut  eingeriebenen  Ring  an  den 
Eweilen  Finger  der  rechten  Hand  stecken.  Dann  werde  Ysaye 
gesunden.     Yreult  will  dies  thun. 

333.  Marc  wird  vom  Volke  sehr  geliebt,  von  den  Grofsen 
des  Reiches  aber  gehafst.  Diese,  namentlich  Bertrand  de  Vignes, 
Ferraud  d'Orme,  Florent  de  Lyon  und  Bernard  d'Yvoire,  stiften 
eine  Verschwörung  gegen  Marc  an. 

334.  Bernard  d'Yvoire   macht  den  Vorschlag,    Marcs  Ehrgeiz 
itacheln  und  ihn  zu  Ysaac  le  lombari  au  senden.     Dieser  be- 
sitze ein  Zimmer,  worin  niemand  zu  schlafen  wage  und  aus  welchem 
noch  niemand  heil  herausgekommen  sei. 

335.  Marc,  der  nichts  Böses  ahnt,  führt  ihren  Vorschlag  aus. 
Er  bcgiebt  sich  in  das  erwähnte  Zimmer,  schliefst  sich  ein,  zündet 
Kenen  an  und  fängt  an  2U  essen  und  zu  trinken.   Da  auf  einmal 


474 


ZEIDLEK, 


wird  der  Tisch  omgeworfen,  ein  grofses  Geräusch  ^ht  darch  das 
Zimmer,  der  Tisch  richtet  sich  wieder  auf,  ßllt  wieder  um  und 
die  Kerzen  erlöschen. 

336.  Am  folgenden  Morgen  geht  Marc  wieder  in  das  Zimmer. 
Ks  passiert  ihm  dasselbe,  er  wejfs  nicht,  wie  ihm  geschieht,  und 
wird  wahnsinnig. 

337.  Marc  wird  fortgeführt,  Yrion  ist  sehr  erstaunt,  dafs  ein 
solch  starker  Mann  wie  Marc  nicht  allen  Gefahren  Widersland 
leisten  kann. 

338.  Vier  Monate  dauert  es,  ehe  Marc  sich  von  seinem 
Schrecken  erholL  Er  will  nun  wieder  in  das  Zimmer  gehen,  aber 
Yrion  rät  ihm  ab  und  läfst  einen  religieux  Annas  holen. 

33g.  Der  Geistliche  und  Marc  begeben  sich  in  ein  besonderes 
Zimmer. 

340.  Marc  beichtet  ihm  seine  Sunden  und  erhält  Absolution. 

341.  Am  Abend  desselben  Tages  begiebl  sich  nun  Marc  voll- 
ständig gerüstet  wieder  in  das  Haus  Isaacs.  Der  Teufel  erscheint 
und  beñehit  Marc,  sich  zu  entfernen.  Da  stürzt  Marc  auf  ihn  los. 
£r  entflieht,  steckt  aber  zuvor  noch  das  Haus  in  Brand. 

342.  Als  Marc  am  Hofe  Yrions  alles  erzählt,  was  ihm  passiert 
ist,  sind  alle  Zuhörer  höchst  erstaunt. 

343.  Es  ist  JohanniszeiL  Da  trifft  am  Hofe  Yrions  die  Nach- 
richt ein,  28  Könige  seien  gelandet,  um  Yrion  und  sein  Volk  ta 
bekämpfen.  Unter  diesen  befanden  sich  Esprohan,  admiral  de  Perse, 
Pharaon  (son  ßls),  le  rouge  lyon  {son  nepvcu,  roi  de  nubye),  le 
roí  d'Ascalle,  le  rol  de  Seville,  die  Könige  von  Honguerie,  Espaigne, 
Arragon,  Bougie,  Cartage. 

344.  Yrion  und  vier  Ritter  verkleiden  sich  als  Boten,  um  sich 
lum  Admiral  zu  begeben.  In  der  Nähe  des  Hafens  treffen  sie 
zwölf  Männer  und  Frauen,  die  ihnen  sagen,  dafs  1000  Sarazenen 
in  der  Nähe  sind.  Bald  darauf  stofsen  sie  auch  auf  Sarazenen, 
die  ihnen  mit  dem  Ruf:  Hola,  chelifs,  rauiez-voui  entgegeneilen. 

345.  Yrion  teilt  diesen  nun  mit,  dafs  sie  Boten  des  Königs 
Yrion  von  Blamir  seien  und  den  Admiral  zu  sprechen  wünschten. 
Sie  werden  zu  diesem  geführt  und  fragen  ihn,  aus  welchem  Grande 
er  das  Land  verwüste.  Da  erklärt  ihnen  der  Admiral,  er  sei  ge- 
kommen, alle  diejenigen  auszurotten,  die  nicht  zu  Mahomet,  Jupiter, 
Tervagant  und  Apollon  schwören  wollten.  Seine  Gölter  seien  aus 
Gold,  die  der  Christen  nur  gemalte  Bilder.  Die  Christen  könnten 
lange  warten,  ehe  ihre  Götter  einmal  zu  ihnen  sprächen.  Da  sagt 
Yrion,  das  habe  Gott  durch  seine  Apostel  gethan,  die  alles  auf- 
geschrieben hätten,  wie  sich  die  Christen  zu  verhalten  haben. 

346.  Da  sagt  der  Admiral,  man  könne  alles  Mögliche  auf- 
schreiben, und  erwidert  Yrion,  er  glaube  an  das  Geschriebene  nicht 
und  wolle  deshalb  diejenigen,  die  daran  glauben,  ausrotten. 

347.  Yrion  schlägt  nun  einen  viermonatlichen  Waffenstillstand 
vor.  In  dieser  Zeit  solle  eine  Kommission  von  je  zwölf  Geistlichen 
beider  Religionen   entscheiden,   welche   Religion  die  bessere   sei. 


I 


DBR  PROSAROlfAN  TSAT£  LE  TRISTB.  475 

Die  besseie  Religkm  solle  danû  von  beiden  Parteien  angenommen 
vexden.    Mit  diesem  Vorschlag  ist  der  Admiral  einverstanden. 

348.  Hergo,  der  von  dem  Einfalle  der  Sarazenen  gehört  hat» 
ist  inzwischen  mit  15000  Mann  in  Blamir  eingetroffen.  —  Der 
Admiral  erfahrt,  dafs  Marc  der  tapferste  Mann  von  ganz  Blamir 
ist    £r  ist  deshalb  neugierig,  ihn  kennen  zu  lernen. 

349.  Von  Marc  erfahrt  auch  Orimonde,  die  Tochter  des  Ad- 
mirals. Sie  sagt,  sie  werde  nicht  eher  froh  werden,  bevor  sie  Marc 
nicht  gesehen  habe.  Sie  schickt  deshalb  einen  Boten  mit  einem 
Bnef  za  Marc. 

35a  Der  Bote  trifit  Marc  bei  Tisch  an  und  überreicht  ihm 
den  Brief,  den  sich  Marc  von  Hergault  vorlesen  läfst. 

351.  Orimonde  bittet  Marc,  ihren  ires  cher  e  amy,  er  möge  zu 
ihr  konmien,  sie  liebe  ihn  unsterblich. 

352.  Marc  antwortet  dem  Boten,  er  werde  sofort  kommen. 
Er  schenkt  dem  Boten  vier  marcs  und  ein  Pferd.  Marc  ist  er- 
staunt, dafs  Orimonde  die  Sprache  von  Blamir  (Englisch)  kenne. 
Yrion  erklärt  ihm  darauf,  sie  sei  im  Alter  von  12  — 18  Jahren  an 
seinem  Hofe  durch  Marthe  unterrichtet  worden.  Der  Bote  meldet 
nun  seinen  Erfolg  der  schönen  Orimonde  und  sagt  ihr,  Marc  sehe 
ans,  ab  ob  er  eher  Menschen  fressen,  als  ein  Weib  lieben  könne. 
Dadurch  wird  aber  Orimondes  Liet)e  nicht  beeinträchtigt.  Kurz 
darauf  lassen  sich  zwei  Ritter  beim  Admiral  anmelden ,  die  in  der 
Absicht  gekommen  sind,  einen  Zweikampf  mit  den  Sarazenen  zu 
bestehen.  Von  ihrem  Vater  erfährt  nun  Orimonde,  dafs  Marc  und 
Hergault  die  beiden  Recken  sind.  Sofort  eilt  sie  hinaus,  dem 
Kampfe  beizuwohnen. 

353.  Auf  dem  Kampfplatz  wird  sie  von  Marc  begrûfst  Sie 
dankt  ihm  und  reicht  ihm  ihren  Aermel  mit  den  Worten:  Portez 
pour  ¡amour  de  moy  ma  manche  au  bout  de  votre  lance. 

354.  Darauf  beginnt  der  Kampf.  Marc  tötet  Mador,  roi  de 
b  haulte  marche,  und  wirft  Jonatas,  roi  d'Yvorie,  vom  Pferde. 

355.  Dann  bohrt  Marc  dem  Bruder  des  Königs  von  Spanien, 
Ysoré,  das  Herz  aus  dem  Leibe  und  führt  das  Pferd  desselben  der 
amende  zu,  die  es  dankbar  annimmt  Hergault  tötet  Lucan,  roi 
d'Aigremoire,  und  Tules,  roi  de  la  Marche. 

356.  Als  nun  Marc  noch  den  „roten  Löwen'S  den  König  von 
^obien,  tötet,  verbietet  der  Admiral  den  Kampf.  Nun  überreicht 
^'^c  seinen  Schild  und  seine  Lanze  der  Orimonde.  Als  ihr  Vater 
^ese  Wafienstûcke  später  bei  ihr  bemerkt  und  sie  nach  der  Her- 
fenft  derselben    fragt,   antwortet   sie:   pere,   le  hon  chevalier  le  m'a 

357.  Nach  dem  Turnier  treffen  Marc  und  Orimonde  zusammen, 
l^cl  Orimonde  fragt  Marc,  ob  er  ihr  amy  werden  wolle.  Da  sagt 
*^  Marc,  wenn  sie  Christin  werden  würde,  wolle  er  gern  ihren 
Wunsch  erfüllen.  Er  liebe  sie  sehr,  aber  die  Liebe  zu  seinem  Gott 
^i   doch  gröfser  als  diejenige,  die  er  zu  ihr  gefafst  habe. 


476 


ZEIDLBB, 


358.  Als  Orimonde  dieses  hört,  ist  aie  so  wütend,  dafs  sie 
kein  Wort  hervorbringen  kann.     Marc  und  Hergault  reiseo  ab. 

359.  Yreult  begiebl  sich  räch  Sorlion  und  findet  Ysaye  auf 
dem  Schlofshofe,  Er  sieht  gerade,  wie  Ysaye  einen  Hund  füttert, 
geht  auf  ihn  zu  und  (ragt  ihn  nach  seinem  Namen.  „Maistre  Jehan" 
sagt  Ysaye  und  legt  sich  neben  seinen  Hund  auf  die  Erde,  ohne 
sich  weiter  um  Yreult  zu  kümmern. 

360.  Yreult  richtet  nun  noch  einige  Fragen  an  Ysaye  und 
ist  über  dessen  verwirrte  Antworten  sehr  erstaunt. 

361.  Yreult  weint  über  Ysaye.  Dieser  aber  stöfst  ihn  von 
sich  mit  dem  Bemerken,  er  solle  nicht  so  zärtlich  sein.  Da  zeigt 
ihm  Yreult  den  erwähnten  Ring,  und  da  Ysaye  diesen  gern  haben 
möchte,  setzt  er  ihm  denselben  auf  den  zweiten  Finger  der  rechten 
Hand.  Dann  reibt  er  den  Ring  mit  einem  Kraut  ein.  Ysaye  ¡st 
geheilt  Als  er  nun  erkennt,  in  welchem  Zustande  er  früher  ge- 
wesen ist,  fcingt  er  an  zu  weinen.  Yreult  aber  tröstet  ihn,  und 
beide  brechen  auf.  Marthe  hat  aber  den  Namen  Ysayes  von  Yreult 
gehört,  und  ihre  Vermutung  wird  noch  von  einem  Knappen  be- 
Iträfligt,  der  gehört  hat,  wie  Yreult  den  Blödsinnigen  mit  Ysaye  le 
triste  angeredet  hat. 

362.  Marthe  schreibt  nun  sofort  einen  Brief  an  Ysaye  und 
schickt  einen  Boten  damit  ab.  Der  Knappe  trifft  Ysaye  und  Yreult 
in  einem  hoslel  und  überreicht  den  Brief  Marthes.  Da  meldet  die 
Wirtin,  dafs  ein  Zwerg  angekommen  sei,  der  ein  teuflisches  Aus- 
sehen habe,  und  ist  aufs  höchste  erstaunt,  als  Ysaye  ihr  sagt,  dafs 
dieser  Zwerg  sein  Page  sei. 

363.  Da  tritt  Tronc  ein.  Ysaye  küfst  ihn  und  redet  ihn  mit 
loyal  amy  an,  worüber  der  Wirt  lacht.  Darauf  bittet  Ysaye  Tronc, 
den  Brief  Marthes  ihm  vorzulesen.  Tronc  ihut  dies  und  liest: 
Marthe  bittet  Gott,  der  Adam  und  Eva  schuf,  er  möge  sie,  die 
Unglückliche,  schützen.  Sie  klagt  über  ihren  Freund,  den  sie 
immer  geliebt  habe  und  um  den  sie  jetzt  in  Trauer  lebe,  Sie  bat 
einen  grofscn  Traum  gehabt.  Jeunesse  sei  zu  ihr  gekommen,  mit 
ihr  Doulx  regard,  der  ihr  Herz  mit  cordes  d'alyer  (ËIsbeerbaum) 
fesselte.  Zu  ihrer  Linken  stellte  sich  Loyauté  und  schiefst  einen 
Pfeil  auf  sie  ab,  der  ihr  ins  Herz  dringt,  ohne  die  Haut  lu  ver- 
letzen. Loyauté  sagt  ¡hr,  ihr  Freund  habe  sie  geschickt,  um  ihr 
zu  zeigen,  dafs  durchaus  nicht  diejenigen  im  Paradiese  sind,  die 
da  lieben  und  geliebt  haben.     Dann  tröstet  sie  Marthe: 


s  parfa 


¡orps. 


I 
I 
I 
I 


Darauf  erscheint  Beau  Maintieng,  ein  schöner  Mann  mit  hellen  Augen, 
weifsen  Zähnen  u.  s.  w.  Er  kniet  vor  Marthe  nieder  und  sagt  kein 
Wort.  Sie  will  ihn  erheben,  er  sträubt  sich  und  sie  setit  sich  neben 
ihn  zur  Erde.  Zu  ihm  redet  sie  nun  von  Frauen,  die  k 
gelernt  haben,  und  sagt: 

miadii  sait  qui  tels  ùxats  prite. 


:  sein  sien  nenen      ^k 
die  kein  Unglâck    ^H 


DER   PROSAROUAN    YSAYE   LE   TRISTE. 


477 


Der  Liebesgott  und  ihr  Freund  haben  Beau  Maintieng  gescbickL 
Jetzt  thut  letzterer  seinen  Mund  auf  und  redet  ihr  viel  von  der 
Liebe  vor.  Da  denkt  Marthe  an  ihren  Freund  und  erzählt  Beau 
Maiotieng,  dafs  sie  ihres  Freundes  wegen  Gedichte  vcrfafst,  das 
Meer  überächritten  und  vid  Unglück  erduldet  habe.  Da  erscheint 
der  Freund  selbst  und  Marthe  macht  ihm  heftige  Vorwürle.  Auf 
ihren  Wanderungen  seien  ihr  Vre,  Tristesse  und  Dampiiage  begegnet 
und  faulten  ihr  Unglück  zugefügt.  Ein  escuyer,  Despoir,  habe  sich 
za  den  dreien  gesellt,  und  mit  diesen  habe  sie  sich  aufgemacht, 
um  ihn  zu  suchen.  Vre  habe  ihr  vorgeworfen,  dafs  sie  einen 
Mann  liebe,  der  sie  hasse,  Tristesse  habe  ihr  geäagt,  sie  solle 
weinen,  denn  sie  habe  ihr  Unglück  selbst  verschuldeL  Als  das 
Tristesse  gesagt  habe,  sei  es  ihr  schwarz  vor  den  Augen  geworden. 
Da  sei  zu  ihrer  Pein  Merencoly  mit  ihren  loo  Armen  erschienen. 
Sie  habe  sich  nun  an  Desesperance  gewandL  Diese  aber  habe 
ihr  gesagt,  sie  sei  zum  Martyrium  geboren,  und  ¡hr  den  Rat  ge- 
geben, sich  zu  ertranken.  Sie  habe  diesen  Rat  befolgen  wollen, 
da  sei  ein  Ritter  Compaignie  erschienen  und  habe  sie  getröstet. 
Sie  sei  nun  mit  Compaignie  gegangen.  Als  sie  an  einer  vertrock- 
neten Wiese  vorbeigekommen  seien,  sei  ein  altes  hageres  Weib 
Malheurete  gekommen  und  habe  ihnen  ihre  Not  geklagt  und  von 
ihrer  Schwester  Paouvrete  und  ihrer  Mutter  Diserte  gesprochen. 
Da  sei  aber  auch  Reconfort  erschienen  und  habe  sie  getröstet: 

Oa  doit  pocItT  ducs  maoli  et  Tois 

Pour  mettre  peine  a  tjvoir 

Son  amy,  car  mjeuli  vault  qu'avoir. 
Auf  einem  anderen  Wege  sei  ihr  eine  reiche  Frau  begegnet,  die 
das  Vermögen  von  too  Königen  hesafs.  Diese  habe  sie  um  Al- 
mosen angesprochen,  habe  aber  keine  Antwort  bekommen.  Von 
einer  zweiten  Dame,  die  in  Gold  und  Silber  gekleidet  war,  sei  sie 
auch  zurückgewiesen  worden,  ebenso  von  einem  ihr  folgenden 
Ritter,  der  ihr  erklärt,  die  erste  Dame  sei  Richesse,  die  zweite 
Avarice  gewesen.  Er  sei  der  Sohn  der  letzteren  und  heifse  Orgeul. 
Anne  bekämen  von  ihnen  nichts,  nur  Bischöfe  und  Grafen. 

Va  len  a  un  hospital  rendre. 

a  Hospital  geführt  und  zwar  zum  König 
Am  Schlufs   des  Gedichtes   bittet  sie  nun 
Ysaye,  er  möge  nach  Sorlion  kommen  und  sie  holen. 

364.  Ysaye  und  Yreult  sind  über  das  Gedicht  sehr  erstaunt 
und  können  sich  nicht  erklären,  wie  ein  Weib  solche  Worte  schreiben 
kaim.  Da  sagt  ihnen  Tronc,  das  habe  die  Liebe  fertig  gebracht, 
die  gröfser  sei  als  der  engten  eines  Mannes.  Dann  bittet  er  Ysaye, 
Marthe  holen  zu  dürfen,  bittet  aber  auch  Ysaye,  Marthe  nicht  bei 
sich  zu  behalten,   da  er  sonst  ihn  verlassen  müsse. 

365.  Tronc  geht  zu  Es  trahi  er,  der  über  Troncs  häfsliches 
Aussehen  sich  sehr  wundert  und  ihn  ihn  nach  seinem  Stande  fragt. 
Da    sagt    Tronc,    er    sei    miuülrel   und   sänge  so  scliön,    da£i  alle 


Pauvreté  habe  sie  i 
Estrahier   von  Sorlion. 


478  ZBIDLBR, 

Damen,  die  ihn  hörten,  ihn  kûfsten.  Der  König  lacht  darüber 
und  führt  Tronc  zu  den  Damen.  Als  Marthe  Tronc  sieht,  ist  sie 
sehr  erfreunt  Nun  fragt  Tronc  den  König,  ob  er  Yvoire  küssen 
dürfe.  Der  König  gestattet  es  ihm.  Da  sagt  Yvoire,  sie  werde 
wahnsinnig,  wenn  der  Zwerg  dies  thun  werde. 

366.  Da  sagt  Tronc,  er  werde  nun  die  schönste  unter  den 
Damen  aussuchen.  £r  wählt  Marthe,  und  indem  er  zu  ihr 
sagt:  votre  paix  est  faite,  kûlst  er  sie  100  Mal.  Dann  fragt  er 
Marthe,  ob  sie  mit  ihm  gbhen  wolle,  worauf  sie  bereitwilligst  ein- 
geht Tronc  holt  nun  Ysaye  und  Yreult,  eilt  ihnen  voraus  und 
meldet  dem  König,  dafs  zwei  Ritter  kommen  werden,  um  Marthe 
zu  holen. 

367.  Die  beiden  Ritter  erscheinen  gerüstet  Ysaye  setzt  Marthe 
aufs  Pferd  und  bricht  auf.  Estrahier  ist  wütend  auf  Tronc,  und 
Yvoire  weint,  ihre  Freundin  verlieren  zu  müssen. 

368.  Estrahier  verfolgt  nun  mit  60  Rittern  Ysaye,  Yreult  und 
Tronc.  £s  kommt  zu  einem  erbitterten  Kampf.  Ysaye  tötet  Rancm 
d'Inde  und  Durant  du  noir  bal. 

369.  Am  Abend  flieht  Estrahier  mit  seinen  Leuten.  Ysaye 
tötet  auf  der  Flucht  noch  den  Neffen  des  Köm'gs  von  Schottland, 
Setas  d'isle  noire. 

370.  Nach  dem  Kampfe  fragt  Ysaye  den  König,  wie  ihm  zu 
Mute  sei,  worauf  dieser  ihm  entgegnet,  es  sei  ihm  sdion  manches 
Mal  besser  gewesen.     Da  drückt  ihm  Ysaye  sein  Mitgefühl  aas. 

371.  Ysaye  und  Yreult  bieten  nun  dem  König  ihre  Begleitung 
bis  zur  Stadt  an,  die  der  König  gern  annimmt. 

372.  An  der  Stadtgrenze  angekommen,  bedankt  sich  Estrahier 
und  sagt,  er  habe  noch  nie  solche  courtoisie  angetroffen  wie  die- 
jenige, die  ihm  Ysaye  habe  zu  teil  werden  lassen.  Nur  einmal 
habe  ihn  ein  Ritter  Marc,  der  nepveu  (?)  des  Königs  Yrion,  so 
ehrenvoll  behandelt  und  ihm  den  ersten  Preis  im  Turnier  von 
Blamir  und  Miradir  durch  seine  courtoisie  verschafft.  Ysaye  und 
Yreult  entfernen  sich.  Estrahier  kehrt  in  seinen  Palast  zurück,  wo 
er  auf  die  Frage  nach  seinem  Befinden  erwidert:  Jay  este  en  leur 
volunte  de  estre  occis  ou  non. 

373.  Estrahier  erzählt  nun  den  Hergang  des  Kampfes  und 
übermittelt  auch  den  Gruís  á^^.fol  (Ysaye).  Im  Laufe  der  Unter- 
redung klärt  es  sich  auf,  dafs  man  es  mit  Ysaye  le  triste  und 
Marthe  zu  thun  gehabt  hat 

374.  Ysaye,  Yreult,  Tronc  und  Marthe  reiten  nun  die  ganie 
Nacht  hindurch,  betreten  die  forest  lande  und  kommen  vor  das 
Schlofs  Baruts  le  breton,  woselbst  sie  Unterkunft  finden. 

375.  Barut  bewirtet  sie  und  erfahrt  von  ihnen,  dafs  sie  vom 
Hofe  Estrahiers  kommen.  Er  fragt  sie  nun,  ob  dort  noch  der 
Narr  sei,  der  ihm  sehr  viel  Spafs  gemacht  habe,  worauf  Yreult 
ihm  erwidert,  der  Narr  sei  fort.  Die  vier  Reisebegleiter  schlafen 
nun  eine  Zeitlang,  dann  reiten  sie  weiter. 

376.  Kaum  haben  sie  das  Schlofs  verlassen,   als  ein  Knappe 


W  DER   PKOSAROMAN   VSAYE   LE   TKISTE.  47g 

I  Hscheint,  der  von  einem  Ritter  des  Königreichs  Blamir  abgesandt 
ist,  um  aus  dem  Schlosse  Lebensmittel  zu  holen.  Kurze  Zeit 
hierauf  erscheint  der  Ritter  selbst.  Er  ist  wütend  darüber,  dafs 
Barut  am  Anfang  des  Waldes  ein  Kreuz  hat  errichten  lassen  mit 
der  Warnung,  dafs  jeder  Ritter,  der  den  Wald  betrete,  sein  Pferd 
verliere. 

377.  Er  fordert  deshalb  Barut  zum  Kampfe  heraus.  Nach 
[  kurzem  Kampfe  wird  Barut  besiegt. 

378.  Der  Ritter  erblickt  nun  Tronc  und  erkundigt  sich  nach 
Ysaye.  Zu  Ysaye  geführt,  küfst  er  dessen  Fufs  und  giebt  sich  als 
Hergault  zu  erkennen.  Auch  grüfst  er  Marthe.  Dann  erklärt  er 
Ysaye,  er  befinde  sich  auf  dem  Wege  nach  Sorlion,  um  Estiahier 
zur  Hilfe  gegen  die  Sarazenen  herbeizuholen,  die  bei  Lardmois  in 

I  Blamir  eingefallen  seien. 

379.  Bestürzt  über  dies»!  Nachricht,  bescbliefst  Vsaye,  dem 
König  Yrion  sofort  zu  Hilfe  zu  eilen, 

380.  Tronc  aber  rät  Ysaye,  zunächst  noch  einige  befreundete 
Ritter  herbeizuholen.  Er  selbst  will  die  Mission  übernehmen  und 
folgende  Ritter  angehen;  le  desoreilliì  de  la  Joyeuse  Garde,  Menet 
le  mecogneu,  Paumatt  Ic  vermeil,  Garlus  de  la  forest  aux  lyons, 
die  vier  Söhne  der  dame  de  belle  garde,  le  sot  sage,  Brandor  de 
Gaunes,  Festion  le  blond,  Dryamont  du  hault  hurt  und  Oriant  le 
grieu  d' Orean  ie. 

381.  Ysaye,  Yreult,  Marthe  und  Tronc  verabschieden  sich 
I  von  Hergault  und  reiten  nach  Ysayes  Schlofs,  woselbst  sie  von 
'  den  riòaulis  freudig  empfangen  werden. 

382.  Orimonde  bittet  Marc  wiederum  zu  sich  und  fragt  ihn 
abermals,  ob  er  ihr  amy  werden  wolle.  Da  Mate  ihr  aber  wieder 
erklärt,  er  werde  dies  nur  unter  der  Bedingung  ihun.  dafs  sie 
Christin  werde,  veiläfst  sie  das  Zimmer  und  bittet  Marc,  einst- 
weilen noch  zu  bleiben. 

383.  Sie  begiebl  sich  nun  zu  sechs  Rittern:  Cansdor,  Mour- 
driant,  Granault  d'Inde,  Nabigor  de  Betanie,  Satur  de  Berlieu,  le 
Toy  d'Inde,  und  bittet  diese,  Marc  in  einem  Thale  aufzulauern  und 

I  zu  tüten,  wozu  sich  diese  gern  bereit  erklären.  Darauf  begiebt  sie 
\  sich  wieder  zu  Marc  und  erklärt  ihm,  sie  werde  ihre  Religion  nicht 
L  ändern.  Marc,  der  sofort  ahnt,  dafs  Orimonde  etwas  gegen  ihn 
I  im  Schilde  führt,  bedroht  sie  mit  dem  Tode,  falls  ihm  von  ihrer 
f  Seite  etwas  zu  Leide  geschehe. 

384.  Marc  entfernt  sich  und  erreicht  in  der  Nacht  ein  Thal. 
Hier  stürzen  sich  sechs  Riller  auf  ihn.  Auf  seine  Frage,  von  wem 
sie  abgesandt  seien,  antworten  sie  ihm,  sie  kämen  im  Auftrage 
Orimondes.  Der  Kampf  ¡st  ein  sehr  erbitterter.  Marc  tötet  zu- 
nächst Granault. 

t(85.  Hierauf  fallen  noch  drei  Sarazenen  unter  den  Hieben 
I.  Mourdriact  und  Cansdor  leben  noch.  Cansdor  macht  nun 
Iriant  den  Vorschlag,  sich  zu  ergeben,  worauf  aber  Mourdriant 
irlet:   Myeuix  tun//  mourir  a  honrtcur  que  vivre  a  hoitU, 


I 

1 

I 


I 


li 
I 


480  ZSIDLBR» 

386.  Marc  hört  sie  sprechen  und  ist  über  die  ¡oyauüe  Moor- 
driants  sehr  erfreut 

387.  Als  Mourdriant  sich  nun  ihm  gegenüber  zum  Kampfe 
aufstellt,  weigert  sich  Marc,  mit  ihm  zu  kämpfen,  und  bittet  die 
beiden  Brüder,  vom  Kampfe  abzulassen,  der  Orimonde  aber  die 
Häupter  der  Gefallenen  zu  überreichen.  Dieses  Anerbieten  weist 
Mourdriant  zurück  und  es  kommt  wieder  zum  Kampf. 

388.  Marc  spaltet  Cansdor,  der  entfliehen  will,  den  Sdiädd, 
Mourdriant  aber  bittet  er  nochmals,  den  Kampf  aufzugeben,  da  es 
ihm  schmerzlich  sein  würde,  einen  Ritter  von  der  ¡qyaulie  Moor- 
driants  getötet  zu  haben. 

389.  Da  erklärt  Mourdriant,  er  sei  der  gefahrlichste  Gegner 
des  Christengottes  und  nehme  von  keinem  Christen  Gnade  an. 
Da  reifst  ihm  Marc  den  Helm  herunter  und  schlagt  ihm  den  Kopf 
ab.  Dann  reitet  er  nach  Blamir.  Hier  schwört  er  Orimonde 
Rache. 

390.  Am  folgenden  Tage  tritt  der  Admiral  in  Orimondes 
Zimmer  und  berichtet  ihr,  was  in  der  Nacht  sich  zugetragen  bat 
Da  erscheint  Marc  und  erklärt  dem  Admiral,  dafs  Orímonde  ihn 
habe  ermorden  lassen  wollen.  Sie  möge  sich  in  acht  nehmen,  er 
würde  ihr  den  Kopf  abschlagen.  Dann  entfernt  er  sich  wieder. 
Auf  ihres  Vaters  Frage,  was  sich  zugetragen  habe,  erklärt  sie  ihm 
alles,  was  sie  zu  dem  Schritte,  Marc  zu  ermorden,  geführt  hat 
Um  nun  der  Rache  Marcs  zu  entgehen,  macht  sie  ihrem  Vater 
den  Vorschlag,  sie  auf  einem  Schlosse  zu  verbergen  und  sie  an 
der  Tafel  durch  ein  anderes  Mädchen  zu  ersetzen,  die  aber  die- 
selbe Kleidung  wie  Orimonde  tragen  solle.  Mit  diesem  Vorschlage 
ist  der  Admiral  einverstanden. 

391.  Als  Ysaye  und  Marthe  wieder  glücklich  vereint  sind, 
fordert  Yreult  Ysaye  eines  Tages  auf,  sich  ein  wenig  aufserbalb 
des  Schlosses  zu  belustigen.  Sie  verlassen  das  Schlofs.  Marthe, 
die  die  beiden  von  einem  Fenster  aus  beobachtet,  sieht,  ^^ie 
200  Ritter  sich  Ysaye  und  Yreult  nähern.  Da  sie  für  Ysayes 
Leben  fürchtet,  läfst  sie  sich  von  den  ribaulis  rüsten  und  eilt 
Ysaye  zu  Hülfe. 

392.  Ysaye  glaubt  Feinde  vor  sich  zu  haben,  wird  aber  bald 
eines  besseren  belehrt,  denn  Paumart,  Menet  und  ie  desoreilU  treten 
auf  ihn  zu  und  erklären  ihm,  dafs  sie  sich  auf  dem  Wege  nach 
Blamir  befinden,  um  Yrion  Hilfe  zu  bringen.  Da  erscheint  Marthe 
und  kämpft  mit  Paumart.  Ysaye  beruhigt  Marthe.  Nun  reiten 
Ysaye,  Yreult,  Marthe  und  die  200  Ritter  nach  dem  Schlosse. 
Am  folgenden  Tage  erscheinen  noch   ICXX)  Ritter. 

393.  Tronc  hatte  seinen  Auftrag  gut  ausgeführt  Er  konnte 
leider  noch  nicht  zu  Ysaye  zurückkehren,  da  er  sich  noch  des 
Auftrags  an  Oriant  von  Orcanie  entledigen  mufste. 

394.  Hergaul t  kommt  zu  Estrahier  und  teilt  ihm  sein  An- 
liegen mit.  Estrahier  hat  wenig  Lust,  Yrion  zu  helfen,  da  Ysaye 
zwei    seiner   besten    Ritter   getötet   habe.     Er   ist   schliefslich  abei 


I 


DER   PKOSAROMAN   YSAYE  LE   TKI5TE.  4S1 

bereit,  an  dem  Kampfe  gingen  die  Sarazenen  leilsunehinen,  da  ihm 
Marc,  (1er  Sohn  Ysaj-es,  einstmals  grofse  courtoisie  bewiesen  habe. 
Hierauf  kehrt  Hergault  nach  Blamir  zurück,  wo  er  Vrion  und  Marc 
sehr  pemi/t  antrifft. 

395.  Hergault  erzählt  nun  den  Erfolg  seiner  Reise,  dafs  er 
Ysaye  und  Marthe  getroffen  liabe  und  dafs  Estrahier  mit  vielen 
Truppen  eintreffen  werde.  Darüber  ist  Vrion  sehr  erfreut.  Marc 
aber  bleibt  pensif.  Da  nimmt  Hergault  Marc  zur  Seite  und  fragt 
ihn  nach  dem  Grunde  seiner  Traurigkeit.  Unter  dem  Siegel  der 
Verschwiegenheit  erzählt  ihm  nun  Marc,  dafs  er  die  Absicht  habe, 
Orimonde  zu  ermorden.  Er  wolle  noch  am  selbigen  Tage  nach 
dem  Lager  des  Admirals  aufbrechen.  Hergault  bietet  ¡hm  hierzu 
seine  Hilfe  an. 

396.  Sie  reiten  drei  Tage  und  drei  Nachte.  Von  einem  Sara- 
üenen  erfahren  sie,  dafs  Orimonde  sich  nicht  mehr  bei  ihrem  Vater, 
sondern  in  einem  einsamen  Turm  in  der  Nahe  des  sarazenischen 
Lagers  befinde.  Hergault  schlägt  nun  vor  umzukehren,  aber  Marc 
will  zuvor  noch  dem  Admiral  einen  Streich  spielen.  Sie  reiten 
also  beide  nach  dem  Pal  aste  des  Admirals  und  finden  diesen 
gerade  an  dt:r  Tafel.  Zur  Seite  des  Admirals  erblickt  Marc  ein 
Mädchen,  das  genau  so  gekleidet  ist  wie  Ortmonde.  £r  hält  sie 
fur  Orimonde,  geht  auf  sie  los  und  spaltet  ihr  den  Schädel.  Da 
-springen  alle  Sarazenen  auf  Marc  los,  der  sich  wie  ein  Rasender 
verteidigt. 

397.  Marc  kämpft  bis  in  dfe  Dunkelheit  hinein.  Da  erst  ge- 
lingt  es  ihm  und  Hergauit  zu  entfliehen.  Der  Admiral,  der  in 
Todesangst  geschwebt  hat,  befiehlt  nun  sofort  3000  Mann  aufzu- 
brechen, alle  Klöster  zu  verbrennen,  alle  Christen  zu  töten  und 
Marc  tot  oder  lebendig  einzuliefern.  Die  jooo  Sarazenen  machen 
sich  sofort  zur  Verfolgung  Marcs  auf  und  nehmen  500  brennende 
Kerzen  mit. 

398.  Marc  und  Hergault  erblicken  bald  die  Lichter  und  er- 
kennen ihre  Feinde.  Marc  ist  entschlossen,  den  Sarazenen  Wider- 
sland zu  leisten,  aber  Hergault  rät  ihm,  weiter  zu  reiten.  Da  treffen 
sie  zwei  Ritter,  welche  sie  in  der  Dunkelheit  für  Sarazenen  halten. 
Der  eine  wird  verwundet  und  stirbt,  ohne  den  Stich  gespürt  zu 
haben.  Der  andere  wird  vom  Pferd  geworfen  und  giebt  sich  als 
ein  chrisllicber  Ritter  zu  erkennen,  der  ausgezogen  sei,  pour  scavoir 
l'fttal  de  Marc. 

399.  Der  tote  Ritter  heifst  Guillaume  de  belle  isle,  der  lebende 
Henry  de  Lyon.  Henry  klärt  nun  den  Irrtum  betreffs  der  Er- 
mordung Orimondes  auf,  worauf  Marc  erklärt,  er  wolle  niemand 
mehr  töten.  Wenn  er  dies  verspreche,  fahrt  Henry  fort,  so  werde 
er  Marc  und  Hergault  zu  Orimonde  führen,  die  in  der  Nähe  sich 
in  einem  Turm  befinde.  Marc  verspricht,  Orimonde  nicht  löten  zu 
wollen,  und  wird  nun  samt  Hergault  von  Henry  nach  dem  Turm 
geführt.  Hier  angekommen,  ruft  Henry  der  Orimonde  auf  sara- 
zenisch eim'ge  Worte  zu. 


482  ZSIDLER, 

400.  £r  erzählt  ihr,  die  sich  an  einem  Fenster  befindet,  dafs 
Marc  die  falsche  Orimonde  getötet»  32  Sarazenen  erschlagen  und 
den  Admiral  selbst  verwundet  habe.  £r  (Henry)  sei  nmi  gekommen, 
um  mit  zwei  Rittern  sie  gegen  etwaige  Angriñe  Marcs  zu  sdiützen. 
Sie  möge  schnell  önnen,  denn  Marc  sei  schon  in  der  Nähe.  Orí- 
monde  läfst  öffnen,  die  drei  Ritter  treten  ein  und  geben  sich  nno 
als  Hergault,  Henry  und  Marc,  der  den  Sarazenen  vielen  Sdiaden 
zugefügt  habe,  zu  erkennen.  Als  die  in  dem  Turm  beñndlicben 
Sarazenen  den  Namen  Marcs  hören,  springen  sie  aus  den  Fenstern. 
Diejenigen,  die  nicht  zu  entkommen  vermögen,  werden  vonHeniy 
und  Hergault  getötet  Marc  tritt  nun  vor  Orimonde  und  sagt  ihr, 
ihr  Ende  sei  gekommen.  Orimonde  antwortet  ihm,  sie  habe  den 
Tod  verdient.  Da  fühlt  Marc  Mitleid  und  schenkt  ihr  das  Leben. 
Orimonde  erzählt  ihm  nun,  weshalb  sie  ihn  habe  löten  wollen.  Sie 
habe  jedes  Zeichen  der  Erinnerung  an  ihn  verwischen  wollen,  so 
sehr  habe  sie  ihn  geliebt.  Nachher  habe  sie  aber  ihren  Plan  be- 
reut und  den  Wunsch  gehabt,  Christin  zu  werden.  Als  Marc  dieses 
hört,  ist  er  sehr  erfreut  und  verspricht  ihr,  sie  zu  heiraten.  Am 
folgenden  Morgen  erscheinen  die  Sarazenen.  Sie  erblicken  die 
Leichen  und  erfahren  von  einem  an  der  Erde  liegenden  halbtoten 
Glaubensgenossen,  dafs  Marc  und  zwei  andere  Christen  sich  im  Tnrm 
befinden.  Dies  melden  sie  dem  Admiral,  der  sofort  20000 Mann 
zur  Belagerung  des  Turmes  abschickt. 

401.  König  Yrion  erfahrt  bald  von  dem  Herannahen  des  sara- 
zenischen Heeres  und  von  der  Belagerung  des  Turmes.  Er  reitet 
mit  4000  Reitern  den  Feinden  entgegen.  Da  melden  ihm  vier 
Ritter,  dafs  der  König  Estrahier  mit  4000  Mann  erschienen  und 
bereits  in  den  Kampf  mit  den  Sarazenen  verwickelt  sei. 

402.  Nach  kurzer  Zeit  stöfst  Yrion  auf  500  Sarazenen.  Die 
Feinde  werden  zurückgeschlagen,  Yrion  selbst  tötet  den  Anführer 
derselben,  Guille  d'Ofage. 

403.  Yrion  eilt  Estrahier  zu  Hilfe.  Es  entbrennt  ein  furcht- 
barer Karuj)f.  Yrion  und  Estrahier  werden  schlicfslich  besiegt  uno 
sie  nebst  2500  ihrer  Leute  gefangen  ins  Land  der  Sarazenen 
(Spanien)  geführt. 

404.  Während  die  Sarazenen  um  den  Turm,  jetzt  nur  nod* 
4000  Mann  stark,  die  gr(>fsten  Anstrengungen  machen,  sich  dc^ 
Turmes  zu  bemächtigen,  verleben  die  Insassen  desselben  fröhliche? 
Tage.  Jn  der  Gesellschaft  Orimondes  befinden  sich  Englentine, 
eine  Nichte  des  Admirals,  Sardine,  die  Tochter  des  Königs  von 
Spanien,  und  drei  Dienerinnen.  Während  nun  Marc  sich  in  Ori- 
monde verliebte,  fafsten  Hergo  zu  Englentine  und  Henry  zu  Sar- 
dine grofse  Zuneigung. 

405.  Im  Kriegsrat  erklärt  der  Admiral,  er  wolle  die  Ge 
fangenen  ins  Exil  schicken,  Marc  und  seine  Genossen  zu  Tod 
martern  und  seine  Tochter  verbrennen  lassen.  Sein  Heer  woll 
er   in    drei  Teile   zerlegen.     Der  erste  Teil  solle  die  Stadt  Blami 


DER  PROSAROMAN  YSAYK  LE  TRISTE.  483 

der  zweite   die  Umgebung  von   Blamir   und   der  dritte  Teil  solle 
den  Tann  angreifen. 

406.  Hierauf  erklärt  Castor  de  Castille,  dafs  man  unmöglich 
das  Heer  in  drei  Teile  zerlegen  könne.  Das  Heer  sei  zu  sehr 
geschwächt  und  von  den  18  Königen»  die  ins  Feld  gezogen  seien, 
lebten  nur  noch  sieben.  Die  übrigen  seien  von  Marc  getötet.  Es 
werde  so  leicht  niemand  das  Kommando  gegen  Marc  übernehmen, 
denn  dieser  sei  allein  1000  Mann  wert.  Er  mache  den  Vorschlag, 
zosammen  zu  halten  und  das  Land  Stück  für  Stück  dem  Feinde 
abzunehmen. 

407.  Dieser  Vorschlag  wird  angenommen  und  zunächst  der 
Kampf  gegen  den  Turm  beschlossen.  Wer  als  Erster  in  den  Turm 
eindringe,  solle  ein  Königreich  bekommen. 

408.  Als  der  König  von  Schottland  von  dem  Tode  seines 
Neffen  Setas  erfahrt,  beruft  er  Fagon,  den  König  von  Irland, 
Darigas,  Grafen  von  Holland,  und  Hosegant,  den  Grafen  von  Ze- 
lande, zu  sich  und  berät  mit  ihnen,  wie  sie  den  Tod  des  Setas 
lachen  könnten. 

409.  Hvsegant  übernimmt  es,  den  Tod  seines  Bruders  zu 
radien.  Mit  40  Rittern,  unter  ihnen  der  König  von  Schottland, 
Fagon  und  Dangas,  bricht  er  zunächst  nach  Sorlion  auf,  um  den 
Namen  des  Mörders  zu  erfahren.  Yvoire  nennt  ihm  den  Namen: 
Ysaye  le  triste  und  bittet  ihn,  ihre  Freundin  Chrestienne  (Marthe) 
zurückzubringen.  Die  Ritter  verlassen  Sorlion  und  kommen  in  die 
londe  /ores/,  wo  sie  einen  verwundeten  Ritter  ohne  Pferd  antreffen. 
Von  diesem  erfahren  sie,  dafs  Barut  ihn  besiegt  und  des  Pferdes 
beraubt  habe.  Sofort  begiebt  sich  der  conte  de  Zelande  in  den 
Wald,  um  gegen  Barut  zu  kämpfen.  Er  fordert  Barut  heraus,  wird 
aber  besiegt.  Barut  will  ihm  das  Haupt  abschlagen,  wenn  er  ihm 
Dicht  den  Grund  angebe,  der  ihn  veranlafst  habe,  in  den  Wald 
einzudringen.  Da  erzählt  ihm  Hosegant,  er  befinde  sich  auf  dem 
Wege  zu  Ysaye  le  triste,  um  gegen  diesen  zu  kämpfen.  Sofort 
giebt  sich  Barut,  der  Freund  Ysayes,  als  dessen  Feind  aus  und 
eriahrt  nun  von  Hosegant,  dafs  dieser  mit  40  Rittern  aus  Schott- 
land herbeigeeilt  sei,  um  den  Tod  seines  Bruders  Setas  an  Ysaye 
'tt  rächen.  Barut  erklärt  sich  bereit,  an  dem  Kampfe  gegen  Ysaye 
teilzunehmen  und  lädt  die  40  Ritter  ein,  auf  seinem  Schlosse  zu 
venireilen. 

410.  Die  40  Ritter,  welche  am  Rande  des  Waldes  gewartet 
^ben,  reiten  nun  in  den  Wald,  um  event.  Hosegant  Hilfe  zu 
brnigen.  Als  der  König  von  Schottland  seinen  Neffen  ohne 
Helm  erblickt,  stürzt  er  auf  Barut.  Hosegant  jedoch  beruhigt  ihn, 
iodem  er  ihm  erklärt,  Barut  sei  auch  ein  Feind  Ysayes.  Nun  reiten 
die  40  Ritter  weiter  und  erreichen  nach  zwei  Tagen  das  Schlofs 
Ysayes. 

411.  Sobald  die  Schotten  den  Wald  verlassen  haben,  reitet 
Barut  zu  Yreult  und  Marthe,  da  er  weifs,  dafs  Ysaye  nach  Blamir 
aofg^rochen   ist     Yreult  erblickt  ihn   vom  Fenster  aus,    hält  ihn 

31* 


484  ZEIDLER, 

aber  für  einen  Feind  und  eilt  itim  gewappnet  entgegen.     Es  kommt  ] 
2um  Kampf.    Bürut  wird  aus  dem  Saltel  geworfen.    Erst  nach  dem 
Kampfe  erkennt  Vroult  Barut   und   drückt  ihm  sein  Bedauern  aus. 
Nun    erzählt  Barut,    dafs   er    eine   wichtige  Nachricht   bringe.     Sie    I 
begeben    sich    aufs    Schlofs,    wo    Marthe    Barut    mit    einem    Kufs 
begrüfst. 

412.  Barut  erzählt  nun  von  dem  Plane  der  Schotten  und 
erklärt  sich  bereit,  Yreull  im  Kampfe  gegen  dieselben  lu  unter- 
stützen. Auch  die  beiden  rtbauUs ,  die  den  Tag  über  nur  mit 
Würfeln  spielen,  erklären  sich  freudig  zum  Kampfe  bereit. 

413.  Marthe  bittet  nun  Yreult,  die  Rüstung  Ysayes  anzulegen.  ' 
dann  würden  die  Feinde  eingeschüchtert,  die  rilmii/ls  aber  ermutigt  ' 
werden.  Vreult  aber  weigert  sich,  indem  er  sagt,  wenn  er  falle,  | 
sei  Ysayc  blamiert 

414.  Nun   billet   ihn   auch  Barut,  die  Rüstung  Ysayes  anza-  1 
legen.    Scbliefslich  erklärt  sich  Yreult  dazu  bereit,  heftet  aber  drei 
Eberiühne   an    den  Schild  Ysajes,    so    dafs  Ysayes  Ruhm   iiivmals 
gesclimälert  werden  könne,  wenn  er  (Yreult)  unterliege. 

415.  Auf  Ysayes  Schlofs  er.scheineu  nun  auch  ein  Riller  Edor 
und  eine  Dame  Gaudine.  Edor  ist  derjenige  Riller,  den  Barut 
kurz  vorher  besiegt  haL  Sie  sind  gekommen,  um  Ysaye  zu  bitten, 
den  Mann  der  Gaudine,  der  ein  Sohn  der  Dame  de  belle  gante 
sei,  aus  der  Gewalt  von  vier  Riesen  zn  befreien.  Marilie  bedauert, 
dafs  Ysaye  nicht  helfen  kann,  da  er  nach  Blamir  in  den  Krieg 
gezogen  ist,  billel  aber  Edor  und  Caudine,  auf  dem  Schlosse  2U 
bleiben, 

416.  Plötzlich  erblickt  Desraes,  der  eine  ribauil,  die  Feinde. 
Yreult  und  die  ribaulls  rüsten  sich.  Nun  bietet  sich  auch  Edor 
zum  Kampfe  an. 

417.  Hosegant  ersclieint  vor  dem  Schlosse  und  ruft  den  Portier. 
Banit  fragt  ihn,  was  er  begehre,  worauf  Hosegant  erwidert,  er  er- 
bitle  die  Hilfe  des  Schlofsherrn  gegen  den  König  von  Viesroche, 
der  ihn  nebst  40  Rittern  aus  dem  Lande  vertrieben  habe. 

418.  Nun  erklärt  Barut,  dafs  Hosegaut  alles  gelogen  babe, 
und  ruft  ihm  zu,  er  solle  sich  mil  seinen  40  Geßhrlen  zum  Kampfe 
gegen  fünf  im  Schlosse  befindliche  Ritter  rüsten.  Yreult  bittet  nun 
Marthe  und  Gaudine,  während  des  Kampfes  einen  Korb  aus  dem 
Fenster  h  era  bjiu  lassen ,  um  die  Rüstungen  der  besiegten  Kilter 
darin  in  Empfang  nehmen  zu  können. 

419.  Der  Kampf  beginnt.  Die  Feinde  werden  bis  auf  acht 
Mann  veruicbtel,  die  Rüstungen  derselben  in  den  Korb  gelegt, 
den  die  beiden  Frauen  hochziehen,  leeren  und  wieder  herablassen. 
Während  des  Kampfes  wird  Yreult  vom  König  von  Schottland  ver- 
wundet.    Der  König  aber  büfst  dafür  ein  Auge  ein. 

420.  Schliefslich  werden  noch  die  letzten  acht  Schotten  be- 
siegt und  nach  dem  Korbe  geschickt. 

421.  Die  gefangenen  Feinde  werden  ins  Schlofs  gebracht. 
Die  fünf  Insassen  dee  Schlosses  hatten  nur  wenige  Verluste  zu  be- 


DER   PBOSAROMAN   YSAYE   LE   TRISTE.  485 

klagen.     Der  rtbault  Oultrageux    halle    einen  Arm    gebrochen    and 


Edor 


a  Fufse  * 


indet  worden.    Desraea  aber 


r  gefall 


422.  Drei  Tage  nach  der  Einnahme  des  Turms  seitens  t 
sieht  letzlerer,  wie  ein  Pfeil  durch  ein  Fensler  in  ava  Saal  des 
Turmes  fliegt,  Marc  nimmt  den  Pfeil  und  erblickt  einen  daran 
hängenden  Brief,  den  er  der  Orimonde  überreicht. 

423.  In  diesem  Briefe  teilt  Clarus  de  Trigan  der  Orimonde 
mit,  dafs  Yrion  und  Estraliier  geschlagen  und  gefangen  nach  Spanien 
geschJckt  seien  und  dafs  am  nächsten  Tage  der  Turm  angegrifl'en 
werde.  Wenn  sie  aus  der  Gewalt  Marcs  fliehen  wolle,  sei  er  be- 
reil,  sie  zu  reiten.  Sie  solle  ihm  nur  Antwort  durch  den  Pfeil  zu 
teil  werden  lassen,  den  sie  in  der  Richtung  nach  den  Sümpfen 
hin  abschiefsen  müsse. 

424.  Orimonde  erklärt  nun  Marc,  sie  werde  nicht  von  ihm 
weichen,  lieber  die  Nachricht  von  der  Cîefangennahme  Yrions  und 
Estrahiers  und  von  dem  künftigen  Angrïflê  auf  den  Turm  sind  alle 
Insassen  des  Turmes  aufgebracht.  Man  rät  bin  und  her,  was  zu 
ihun  sei.  Da  erfafsl  eine  der  Dienerinnen,  Alyor,  die  Situation. 
Sie  erscheint  mit  einer  gerösteten  Rohrdommel  {6a/or)  auf  silberner 
Platte!  m  Saal  und  hebt  an  ku  reden. 

Zur  Zeit  Alexanders  legte  man  Pfauongelübde  ab.  Alexander 
war  der  berühmteste  Held  seiner  Zeit,  jetzt  ist  Marc  der  bedeu- 
tendste. l'T  mufs  dem  Beispiele  Alexanders  gemäfs  ebenfalls  ein 
solches  Gelübde  ablegen,  jedoch  mufs  ein  iriiar  hier  den  Pfau  ver- 
treten. Marc  antwortet  Ijierauf,  die  Ehre,  den  ersten  Schwur  zn 
leisten,  gebühre  Hergault,  dem  Sieger  in  dem  Turnier  zwischen 
Blamir  und  Miradir.  Er  tiabe  gesehen,  wie  Hergault  sechs  Schwerter 
zerbrochen  und  vier  Grafen  getötet  habe.  Auch  er  sei  beinahe 
durch  einen  Schwertstreich  Hergaults  ums  Leben  gekommen.  Her- 
gault enlgegnet  nun  Marc,  zwischen  Marc  und  ihm  gebe  es  keinen 
Vergleich.  Marc  sei  souverain  in  allen  Schlachten  und  Turnieren. 
Wenn  aber  Marc  nicht  zuerst  sein  Gelübde  ablegen  wolle,  so  müsse 
es  Henr)'  ihun.     Sein  Ruhm  werde  gepriesen: 

En  puille  et  en  Calabre,  en  prussc,  en  fommenie 
Et  en  ticälouä  pays  de  sy  en  ctmenye. 
Henry  aber  weigert  sich.    Da  sich  die  drei  Helden  streiten,  bittet 
Alyor  Orimonde,  Marc  zu  veranlassen,  als  erster  das  Gelübde  ab- 
zulegen.    Orimonde  bittet  nun  Marc,  worauf  dieser  sagt: 

Vouer  convieni 

quiknt  me  souvient 

que  amy  e  ay. 
Darm  gelobt  er  bei  der  Rohrdommel,  er  werde  nach  der  Mahlzeit 
m  das  Zelt  des  Admirais  sich  begeben,  um  dessen  Pferd  zu  holen. 
Den  Admiral  selbst  will  er  töten.  In  einem  Buche  lesend,  wiU  er 
den  Weg  nach  dem  Zelte  antreten.  Den  Bruder  Orimondes  will 
er  gefangen  vor  Oriroonde  führen.  Zum  Schlufs  singt  er  folgendes 
Rondeau; 


488  ZEIDLER» 

tígten,  dasselbe  zu  thun,  das  er  im  Schilde  führe.    Die  Saiazeiven 
möchten  sich  rüsten,  um  ihn  zu  empfangen. 

427.  Der  Admiral  lacht  über  die  Kühnheit  Marcs,  beñeblt 
aber,  das  Thor  des  Lagers  mit  20cxx>  Mann  zu  besetzen  und 
Marc  bei  seinem  Eintritt  gefangen  zu  nehmen.  '  Marc  siebt  die 
Vorbereitungen  der  Feinde  und  singt  vor  Freude. 

428.  Die  drei  Helden  hüllen  sich  in  Seide.  Marc  und  Her- 
gault  nehmen  Axt  und  Schwert,  Henry  einen  Baumzweig.  Den 
Damen  befehlen  sie,  ihnen  zu  folgen.  Die  Dienerinnen  sollten  den 
Turm  bewachen  und  ihnen  helfen,  es  sei  ja  artillerie  de  ionie  mmn 
vorhanden. 

429.  Nun  verlassen  sie  den  Turm.  Marc  stürzt  sich  auf  das 
Gros  der  Feinde,  Hergault  nach  dem  Zelte  des  Admirals  hin  and 
Henry  gegen  die  ouvriers. 

430.  Marc  stöfst  zunächst  auf  200  Mann  unter  Führung  des 
Maradus  du  blanc  port  Diese  fliehen  beim  Anblick  Marcs.  Der 
Führer  wird  gefangen  zu  Orimonde  geschickt  Nun  wird  Marc 
von  den  Marschällen  Saphur  und  Atir  und  deren  Truppen  ange- 
griffen. Marc  kämpft  tapfer  mit  der  Axt,  und  als  er  diese  verliert, 
mit  dem  Schwerte.  Schliefslich  gelingt  es  ihm,  sich  durch  die 
Feinde  hindurchzuschlagen  und  den  Marstall  des  Admirals  zu 
erreichen. 

431.  Als  der  Admiral  die  Gefahr,  die  ihm  durch  Marc  droht, 
erkennt,  ermuntert  er  seinen  Sohn  Pharaon,  den  schönsten  Mann 
aus  40  Königreichen,  zur  Rettung  der  sarazenischen  Ehre  den 
Kampf  gegen  Marc  aufzunehmen.  Sofort  reitet  Pharaon  in  Be- 
gleitung der  Könige  von  Seville  und  Bougie  Marc  entgegen. 

432.  Marc  und  Pharaon  begegnen  sich  im  Stalle,  Sie  geben 
sich  zu  erkennen  und  verabreden  einen  regelrechten  Zweikampff 
der  zwischen  den  Zelten  und  dem  Turm  stattfinden  soll.  Dem 
Sieger  solle  das  Pferd  des  Admirals  als  Preis  zufallen.  Der  Zwei- 
kampf findet  statt.  Orimonde  sieht,  was  vor  sich  geht,  sieht  ihren 
Bruder  im  Kampfe  mit  Marc.  Sie  hält  aber  ihr  Gelübde,  Marc 
die  Lanze  zu  bringen. 

433.  Der  Zweikampf  entscheidet  sich  zu  Ungunsten  Pharaon»« 
Schwer  verwundet  wird  Pharaon  vom  Kampfplatze  getragen.  D^ 
erscheint  Orimonde  und  überreicht  Marc  die  versprochene  Lan2^- 
Dem  Marquis  von  Hudoye,  der  den  Versuch  macht,  Orimonde  2^ 
rauben,  spaltet  Marc  den  Schädel.  Da  kehrt  Orimonde  unbehelli^ 
nach  dem  Turm  zurück,  wo  die  drei  Dienerinnen  Alyor,  Parianx^^ 
und  Esclade  gerade  damit  beschäftigt  sind,  die  Rohrdommel  cai^ 
köstlichen  Steinen  zu  schmücken. 

434.  Hergault  gelangt  zum  Zelte  des  Admirals,  das  der  Köai^ 
von  Seville  mit  1000  Mann  besetzt  hält.  Da  der  König  Hergati^^ 
den  Eintritt  verweigert,  versetzt  ihm  dieser  einen  so  waGhtig"^^ 
Hieb,  dafs  das  Pferd  scheut  und  in  die  Sümpfe  rennt.  Die  3*^ 
deckung  eilt  sofort  nach,  um  den  König  vor  einem  Unfall  ^^ 
schützen.    So  gelangt  Hergault  unbehelligt  zum  Admiral,  der  gerani 


DER  PROSAROMAN   YSAYE   LE   TKISTS.  489 


rmit  dem  König  von  Morianne  spielt  Hergault  verhöhnt  nun  den 
Admiral,  indem  er  ihm  sagt,  er  halle  den  Chrislen  eine  grofse 
Freude  durch  sein  Ersclieinen  bereitet,  denn  er  habe  ihnen  schöne 
Frauen  mitgebracht.  Der  Admiral  solle  sich  schümen  zu  spielen, 
während  sein  Sohn  kämpfe.  Wenn  er  nicht  unbewaffnet  wäre, 
würde  er  (Hergault)  ihn  erschlagen.  Da  ruft  der  Admiral  um 
Hilfe,  und  Hergault  ist  in  kurzer  Zeit  von  allen  Seiten  umringt. 
Hergault  wäic  sicher  gelötet  worden,  wenn  nicht  die  Saracene» 
bei    der  Ankunft    des    verwundeten    Pharaon    vom    Kampfe    abge- 

I  lassen  hatten. 
435.  Hergault  begiebt  sich  mm  nach  dem  Stalle,  um  das 
Pferd  des  Admirals  zu  holen.  F.r  nimmt  aber  das  Pferd  Pharaons, 
da  er  Henry  die  Ehre  lassen  will,  das  Pferd  des  Admirals  in  Besitz 
zu  nehmen.  Darauf  reitet  er  nach  dem  Turm  zurück,  wo  ihn 
En  gl  en  li  ne  erwarteL 
436.  Da  Hergault  hört,  dafs  Marc  noch  nicht  zurückgekehrt 
ist,  eilt  er  ihm  zu  Hilfe.  Hierbei  stöfst  er  zunächst  auf  die  Truppen 
des  Königs  von  Carlhago.  Er  besiegt  den  König  selbst,  worauf 
dessen  Truppen  den  Kampfplatz  verlassen,  car  caloil  la  couslume. 
Dann  reitet  er  zu  Marc,  de.ssen  Mut  durch  die  Anwesenheil  Her- 
gaults  noch  bedeutend  vermehrt  wird. 
437.  Englentine  bemerkt,  wie  Hergault  im  Kampfe  seine  Lanze 
verliert  Sie  eilt  zu  ihm,  hebt  die  Lanze  auf,  geht  dann  zu  ihrem 
Oheim,  dem  Admiral,  und  macht  ihm  Vorwürfe  darüber,  dafs  er 
seine  Tochter  nicht  gut  habe  bewachen  lassen.  Diese,  sowie  Sar- 
dine und  sie,  seien  von  Christen  beschützt  worden.  Sie  seien 
»infolge  dcssfii  ebenfalls  Christen  geworden  und  hätten  den  Knl- 
Echlufs  gefafst,  ihre  Beschützer  zu  heiraten. 
438.  Sie  erzählt  ihm  ferner,  dafs  Hergault  den  König  von 
Carlhago  getötet  habe.  Bei  dieser  Nachricht  wird  der  Admiral 
wütend,  denn  dieser  König  halte  die  meisten  Truppen  herbei- 
geführt, und  er  erklärt  der  Englentine,  dafs  in  drei  Tagen  der 
Tod  des  Königs  gerächt  sein  werde.  Englenline  sieht  nun  dem 
Kampfe  zu,  und  Hergault  ist  sehr  erfreut,  dafs  seine  Geliebte  ihr 
Gelübde  gehalten  hat 

(Schlufs  folj;t.) 

J.  Zeiplek. 


VERMISCHTES. 

Zur  Wortgeschichte. 

Lat  torta,  tarlarum 
¡ÍU   Zlwhr.   XXIV,  250  f.). 

Im  Süd  französischen  sind  aufser  lorco  noch  ¡ourtihado,  ¡ourtihoun 
mit  torto  synonym,  und  sie  gehen  doch  auch  zweifellos  auf  torqutrt 
zurück.  Wir  müssen  eine  frühe  Scheidung  von  tortus  „gewunden", 
[tortiim  „Unrcchl")  und  Içrla  annehmen.  E.  Seelmann  Die  Aus- 
sprache des  Lateins  S,  gs  zahlt  unter  die  durch  das  Romanische 
bestätigten  oder  neu  ersch  loasen  en  Wortformen  mit  langem  0  vor  r 
-\-  Kons,  auch  tòrta;  aber  das  Romanische  beweist  nur  für  ein 
lat.  torta,  der  Römer  braucht  nicht  durchaus  t^rta,  er  kann  audi 
(prta  gesprochen  haben,  und,  handelte  es  sich  nur  um  Einwirkung 
der  folgenden  Konsonanten  Verbindung,  so  würde  diese  sich  auch 
in  lorliis  gellend  gemacht  haben.  Wir  kommen  also  über  die  An- 
nahme einer  Worleinmischung  nicht  hinweg.  Von  turren  wäre 
nun  wohl  neben  tostm  ein  *lprtus  denkbar;  nur  läfst  sich  ein 
solches  nicht  mit  Sicherheil  aus  den  romanischen  Formen  port. 
(¡turrar,  span,  aturar,  turrar,  südital.  alturrart,  -i  [alturrtre  bei 
Meyer-Lübke  Gr.  I  §  zzo  ist  ein  Druckfehler)  erschliefscn ,  da  die 
Möglichkeit  besteht  dafs  sich  u  in  unbetonter  Silbe  entwickelt  hat 
und  dann  in  die  betonte  {allurru)  eingedrungen  ist. 

Ich  brauchte  nicht  blofs  zu  vermuthen  dafs  tarlarum  ein  altes 
Wort  im  Lateinischen  ist;  es  ist  belegt,  wenigstens  in  einer  Ab- 
leitung. Pelagonius  sagt  in  seiner  Ars  veterinaria  g  zbo:  „lino  di- 
ligenter  tartaraii  constringes"  ;  vgl.  dazu  die  Anmerkung  von  ^L  Ihm 
(Ausgabe  von  1892).  Obwohl  dies  Wort  längst  in  den  lateinischen 
Wörterbüchern  sieht,  ist  es  wie  es  scheint  allen  Romanisten  die 
des    romanischen  Wortes  gedenken,    bis   auf  das  Diet.  gén.  herab, 

^      *      ■  H. SCHUCHARDT. 


KâXvfifia,  xoXvfißäv,  (?)  xaXa)ç  im  Romanischen. 

Im  Altgriecliiscben    bedeutet    xáXv/i/ia    „Hüllu",  „Bedeckung", 
und  auch  schon  insbesondere  eine  solche  des  Kopfes,   wenigstens 


I 


I 


U.  SCHUCiiAKDr,  xáív/ifia,  xolvfttiâ !•,(?)  xáíw¡:  IM  ROM.     491 

ibei  Frauen;  fur  das  Neugriechische  gibt  Legiand  neben  „voile" 
an:  „bonnef,  „calotte".  Es  stimmt  demnach  im  Sinn  zu  dem 
Slammgleichen  xaXvxtça,  das  schon  im  Altgriechischen  so  viel  ist 
wie  „Haube",  „Kapuze",  in  lateinischen  Glossan  als  „eaUsIra,  genus 
mitrae"  erscheint  und  vielleicht  im  franz.  calcile  (mundartl.  und  alt 
auch  Cullile;  das  spät  belegte  íaU  dütfie  daraus  abgezogen  sein) 
ilal.  cal(i)otla,  ven.  rom.  galota  fortlebt.'  In  der  lateinischen  Litteratur 
taucht  das  Wort  nur  einmal  auf,  nämlich  bei  Martianus  Capeila: 
ijpsa  vero  tecto  capite  lácteo  quodam  caìymmate  praeiiitcbat."  Wenn 
von  Oppian  xàXvftfta  für  eine  bestimmte  Netzart  gesagt  wird,  über 
die  wir  nicht  weiter  unterrichtet  sind,  so  liegt  wohl  schon  hier  die 
engere  Bedeutung  von  „Haube"  oder  „Kapuze"  zu  Grunde.  Diese 
Vermutung  stützt  sich  gegenseitig  mit  der  andern  dafs  xáZvfifta  im 
span,  cahaia  und  dem  daher  entlehnten  port,  calimba  erhallen  ist. 
Hierunter  scheint  nämlich  ursprünglich  der  Sack  eines  mit  Flügeln 
versehenen  Zugnetzes,  und  zwar  der  (span.)  Jábega,  (port.)  Chávega 
verstanden  worden  zu  sein.  Eine  derartige  Bezeichnung  hat  durch- 
aus nichts  Tefremdendes;  ich  erinnere  vor  Allem  an  das  cogolo  im 
Nordwesten  der  Adria,  welches  (eig.  „Kapuze")  den  Sack  eines 
Zugnetzes,  zum  Teil  auch  dieses  in  seiner  Gänze  bezeichnet.  Im 
Portugiesischen  nun  bezieht  sich  cnlimia  wenigstens  heutzutage  nur 
auf  den  hintersten,  engstmaschigen  Teil  des  Sackes  der  Cbävega; 
der  zunächst  davor  liegende  heifst  conlra-calimba.  Eine  ent- 
sprechende Benennung  für  den  hintersten  Teil  der  in  Andalusien 
und  Murcien  gebräuchlichen  Jábega  ist  capir  ole  (eig.  „Kappe", 
„Kapuze").  Für  meine  Annahme  dafs  der  Name  calimba  von  dem 
ganzen  Sack  auf  dessen  hintersten  Teil  übertragen  worden  ist, 
darf  ich  mich  auf  andere  Fälle  berufen  wo  ein  und  derselbe  Name 
bald  diese  bald  jene  Verwendung  hat;  so  ¡st  port  cerûa  der  Sack 
der  Chávega,  span,  corona  der  Sack  des  Boliche  von  Alicante,  der 
zweithinlerste  Sacktuil  des  gewöhnlichen  Boliche  sowie  der  anda- 
tusischen  Jábega,  der  hinterste  Sackleil  der  Jábega  von  Valencia, 
sowie  des  katalanischen  Bon,  ital.  corona  der  hinterste  Sackleil  der 
Sciabica  von  Portoferrajo ,  so  port,  copo  der  Sack  der  Chávega, 
Span,  copo  der  des  Sedal,  franz.  coup  (nach  Duhamel  1, 11,  148''.  154'') 
der  des  gtofsen  Boulier  wie  des  Gangui,  span,  copo  der  hinterste 
Sackteil  des  katalanischen  Bou,  und  Labernia  erklärt  das  kaL  cpp: 
,1a  part  mes  espessa  del  ßlat  y  també  tot  lo  filai".  Mit  port. 
taiime  „Belauf  des  Schiffes"  (vielleicht  =  caübre)  hat  port,  calimba 
ilíichts  zu  thun;  woher  sein  b  stammt,  ist  nicht  mit  Sicherheit  fest- 


>  Die  »US  bullkhcn  GründcD  scboD  von  Litici  beanstandete  Hcilcilimg 
■OS  calaulica  wird  von  Körung  in  der  iweiteo  Ausgabe  bevorzugt;  man  kSoate 
de  alletdingR  durch  Hinweis  tai  spanisch-  oder  afrikaniich-arabUche  Wärter 
wie  kallaulah,  ialût^  mit  der  Bed.  „Kapuze",  „Barelt"  o.  ä.  (Simoncl  S.  -Je] 
llBtMQ  (bei  Rigulini-Bulle  lese  ich:  „callotta,  eigendich  Tüthea  Käppchen  [der 
Morgenlinder]").  Die  am  cri.icicn  Orle  S.  77  erwähutcn  demselben  Spiachkreis 
ongdiörigeii  Wolter  galmûn.  qalmíinah,  galmûnah  „Kapuie"  gehen  möglichet- 
vdK  auf  xòXvfifLa.  tuiûck. 


492  VERMISCHTES.      ZUR  WORTGBSCHICHTB. 

zustellen,  vielleicht  aus  dem  später  zu  erwähnenden  span.  V^rfy 
ca/umbar,  vielleicht  aus  irgend  einem  der  port  Wörter  afrikanischen 
Ursprungs  wie  calimbé ^  cachimbo,  cacimba.  Ohne  b  finde  ich  ge- 
schrieben port  calimeira,  worunter  das  kleine  Fahrzeug  zu  ver- 
stehen ist  welches  die  Calimba  oder,  allgemeiner  gesagt,  den  Sack 
der  Chávega  begleitet  Ganz  im  gleichen  Sinne  braucht  der  Spanier 
calima  ;  ich  halte  es  aber  für  angezeigt  die  Worte  von  Saftei  II,  23 
selbst  wiederzugeben:  „se  dice  Calima,  b  ponerse  <f  rj/Zma  [in  dieser 
Verbindung  scheint  calima  noch  die  ursprungliche  Geltung  zu  haben] 
el  barco  de  la  Enviada,  quando  se  coloca  detras  de  la  Xavega 
que  está  calada,  y  por  medio  de  una  cuerda  sostiene  el  copo 
lleno  ó  muy  cargado  de  peces  ayudando  á  sacar  la  red".  Die 
Enviada  ist  ein  kleines  Fahrzeug  welches  die  gefangenen  Fisdie 
von  den  Fischerbooten  ans  Land  bringt;  III,  136  sagt  Sañez  von 
der  Enviada  der  Jábega:  „algunas  ocasiones  sirve  de  Calima^ y  aber 
der  Unterschied  zwischen  Enviada  und  Calima  ist  mir  nicht  klar, 
auch  die  portugiesische  Enviadeira  ist,  der  Beschreibung  zufolge, 
nichts  Anderes  als  die  Calimeira.  Das  span,  calima  hat  eine  zweite 
Bedeutung;  es  bezeichnet  das  oder  die  Korkstûcke  die  an  der 
Oberleine  über  der  Sacköffnung  des  Boliche  oder  der  Jábega  an- 
gebracht sind;  wo  drei  derselben  vorhanden  sind,  heifst  das 
mittlere,  gröfste  calimete  (auch  kat  calimot  bei  Labemia).  Der  Über- 
gang „Sack"  ¡  „Korkkrone  der  Sacköffhung**  entbehrt  ebenfalls  der 
Analogieen  nicht.  Der  Sack  wird  im  Französischen  u.  A.  mauh 
genannt,  südfrz.  mancho,  margo  („la  Margue,  Manche  ou  Poche*' 
Duh.  I,  li,  152*);  aber  das  Wort  gilt  in  Südfrankreich  auch  fur  die 
Öffnung  des  Sackes:  „la  Margue  ou  Gorge  de  la  manche"  (Dnh. 
1»  ii>  153*;  vgl.  I,  II,  I46^  151*.  156*),  und  anderseits  bezeichnet 
wieder  gorge  die  betreffende  Korkkrone  beim  grofsen  Gangui 
(l\  Gourret  Les  pêcheries  et  les  poissons  de  la  Méditerranée  S.  132)- 
Von  einer  dritten  Bedeutung  des  span,  calima  spreche  ich  deshalb 
zuletzt  weil  sie  den  Ausgangspunkt  für  Entwickelungen  in  den 
verwandten  Sprachen  bildet.  Calima  ist  nämlich  auch  die  rosen- 
kranzartige Schnur  von  Korkstücken  (einem  Dutzend,  mehr  oder 
weniger)  welche  dem  Boliche  oder  der  Jábega  als  Boje  dient  und 
die  auch  sospesa  heifst;  s.  Sañez  I,  204  (dazu  Taf.  XXIII,  i,  Hund 
3,  K),  401  (dazu  Taf.  LIV,  i).  Diese  Boje  kann  kaum  nach  den 
Schwimmern  über  der  Sacköffnung  benannt  worden  sein;  denn 
sie  besitzt  zwar  eine  allgemeine  Ähnlichkeit  mit  ihnen,  übt  aber 
eine  ganz  andere  Funktion  aus.  Da  sie  an  einer  Leine  die  voo 
dem  Ring  hinter  dem  Sack  ausgeht,  befestigt  ist,  so  steht  sie 
gerade  über  der  Calimba,  deutet  an  w^o  diese  ist  und  hat  offenbar 
daher  ihren  Namen. 

Ich    habe    oben    (S.  346)    dargethan   wie   die  Benennung  ^^ 
Boje   auf  die   Bojenleine    übergeht     Siz.  caloma    bedeutet  „Boj^^. 
leine";    da   Mortillaro    hinzusetzt   „per   la   pesca    di   varie   sorti 
pesci,   e  principalmente    delle    sarde",   so    wird   vor  Allem  an    ^ 
Menaida  (siz.  ??iinaiia)  zu  denken  sein,   und   in  der  That  wird  ^^ 


H.  SCHUCHARDT»  xálv/£/ia,  XOXvflßav,  (?)  xáXcOC  IM  ROM.      493 

Targioni  Tozzetü  I,  i,  394  die  calomma  ausdrücklich  für  die  Menaida 
von  Neapel  erwähnt  Die  Menaida  oder  wie  sie  anderswo  heifsen 
magi  ist  ein  von  der  Jábega  durchaus  abweichendes  Netz,  eine 
stehende  Wand,  die  nicht  eine  Boje,  sondern  mehrere  in  gröfseren 
Zwischenräumen  über  ihr  angebrachte  (die  nicht  mit  den  Schwimmern 
der  Oberleine  zu  verwechseln  sind)  erfordert.  Wenn  bei  Traina 
BL  caiunuddi  erklärt  wird  als  „piccole  corde  attaccate  ai  lati  della 
tratta^  so  kann  ich,  da,  dem  Namen  zum  Trotz,  die  sizilische 
Tratta  kein  Zug-,  sondern  ein  Stell  netz  ist,  nur  an  zwei  Endbojen- 
Icinen  denken.  Das  bedarf  aber,  da  Tratta  und  Menaida  das- 
selbe sind  (wie  bei  Targioni  Tozzetti  I,  i,  6 1 2  ausdrücklich  für  Catania 
angegeben  ist),  noch  weiterer  Aufklärung.  An  dieser  Stelle,  weil 
ich  keine  bessere  weifs,  erwähne  ich  den  Ausdruck  calo  ma  ^  mit 
welchem  nach  Saûez  II,  201  bei  der  eigenthümlichen  Angelfìscherei 
NCafietas*'  in  den  Salzseen  wie  dem  von  Valencia  die  Leine  vom 
Rohr  bis  zum  Kork  bezeichnet  wird  (mit  caia  vom  Kork  bis  zum 
Angelhaken);  er  mufs  aus  Sûditalien  stammen,  als  katalanischen 
finde  ich  ihn  nirgends  angegeben.  Aus  Sûditalien  ist  jedenfalls 
der  Ausdruck  für  Netzbojenleine  (franz.  enarJ)  in  Südfrankreich 
eingeführt  worden:  couloumot  oder  wie  Gourret  schreibt,  colomé  oder 
tindomé,  der  sie  nicht  nur  beim  Sardinal  (S.  198),  sondern  auch 
bei  der  Thonnaire  Flottante  (S.  209)  erwähnt.  Dies  Wort  ist 
ñbrígens  auch  nach  seinem  Heimatland  zurückgekehrt;  die  Bojen- 
leine  (für  Netze  und  Palangers)  heifst,  wie  ich  aus  Mitteilungen 
ersehe  die  ich  Herrn  P.  Wilski  verdanke,  neugr.  xaXovfia.  Ebenso 
dalni.-serb.  koluma  oder  kaluma  (Zore  S.  352).  In  dieser  Bedeutung 
fehlt  das  Wort  dem  Akademischen  Wörterbuch;  doch  ist  es  hier 
in  einer  andern  verzeichnet  welche  derselben  Quelle  (S.  368)  ent- 
nommen ist:  „drei  zusammengebundene  und  mit  Gras  aufgeputzte 
Rensen".  Wahrscheinlich  vermittelt  hier  der  Name  der  Reusen- 
hojenleine.  Dieser  findet  sich  nämlich  im  Ital.  als  caluma ,  „funi- 
cella fatta  d*erba,  a  cui  s'attacca  la  nassa  per  gettarla  in  mare** 
(Tommaseo-Bellini).  Nicht  die  Bojenleine  des  Palangers,  sondern 
die  Angelgrundleine  selbst  ist  die  bei  Targioni  Tozzetti  I,  i,  178  für 
Livorno  genannte  caluma:  „ogni  coffa  contiene  circa  metri  500  di 
diurna f  ogni  Caluma  porta  150  a  200  ami^\  Und  weiter  be- 
deutet siz.  caloma  „fune  annessa  alla  freccia  da  pescare,  forse: 
^fl»ft2*«  (Traina).  Was  das  sein  soll,  dessen  bin  ich  nicht  ganz 
Sicher;  ich  vermute  es  ist  damit  der  Strick  der  Traffinera  gemeint 
^eidie  auf  Thun-  und  Schwertfische  geworfen  wird.  (Erzherzog 
Ludwig  Salvator)  Die  Liparischen  Inseln  Vili,  128  sagt  davon: 
•»Die  Stange  bleibt  in  der  Hand,  und  man  läfst  nun  den  starken 
^^ck  laufen,  der  an  der  Schlinge  des  Eisens  befestigt  war,  bis 
^er  Fisch  ermüdet  ist  und  man  ihn  dann  langsam  zum  Boote 
^eranzieht"  (s.  Fig.  13  auf  der  Tafel  nach  S.  124).  Der  Name 
^^ffintra  ist  mir  sonst  nur,  bei  Traina  begegnet,  der  ihn  auch  aus 
•lûer  besondern  Quelle  schöpfte,  und  zwar  mit  der  Erklärung 
^truniento  da  pigliar  delfini:  delfiniera".     Das  Geräte,  welches,  in 


494  VERMISCHTES.      ZOR  WORT6BSCHICBTB. 

ähnlicher  Form  auch  anderswo,   so  im  Norden  der  Adria  bekannt 
ist  (A.  Ive   entsinnt  sich   aus  Rovigno  der  Bezeichnung  calom  fôr 
den  Strick,   nicht   an   der  Harpune,   sondern   an  der  Fischgabel), 
scheint  was  die  südlichen  Striche  anlangt  hauptsächlich  in  der  Meer- 
enge von  Messina  gebraucht  zu  werden,  und  zwar  gegen  Schvert- 
fìsche;    Duhamel    I,  iii,  14   bemerkt   dazu:    „Ce    dard   est  attacbé 
une   corde,   longue   de  120  brasses,   que   le    Maitre   Pêcheur  file, 
jusqu*  à  ce  que  le  poisson  soit  afifoibli  par  la  perte  de  son  sang* 
(vgl.  auch  M.  Lindeman  in  Brehms  Thierleben  ^  VIII,  84).    Wie  die 
^lenaida   an  den  Bojenleinen   ins  Wasser  gelassen  (siz.  muddarih 
caiomi  „cominciar  a  tuffar  le   reti   nell'acqua"),   und   durch  deren 
Verkürzung   oder  Verlängerung  höher  oder  tiefer  gestellt  wird,  so 
wird    der    Fisch    an    der    Harpunenleine    fortgelassen,    und  auch 
durch  zeitweiliges  Anziehen  ermüdet,  was  man  beim  Angeln  „drillen* 
nennt.     So   heifst   es   im    Kalabrischen   von   Reggio    (also  an  der 
Meerenge    von   Messina):    dari  caloma^    „parlando    di   pesca,  è  la 
corda   che   si  lascia  a  mare  al  pesce   già   preso,   onde  stancarlo", 
und    dann   übertragen:    „parlando    d'afñiri,   menar  le   cose  perle 
lunghe,   dare  speranze,  o  belle  promesse"  (Morisani).     Ebenso  sii 
dari  caloma^   „frapporre  ostacoli  con  ciarle  e  perditempi:  menar  a 
lungo,   badare"  (Traina);    aber  im  Anhang  führt  Traina  eine  ganx 
andere  Geltung  an:    „dar  retta",  und  als  die  eigentliche:  „mollare 
le   funi   delle   reti".     Neap,  dart  calomma   ist   nach   Rocco  so  viel 
wie    „dar   la   briglia   sul   collo"   und   der   erste  Beleg   den  er  ans 
Cuorvo    (Anfang    des    18.  Jhrs.)    dafür    gibt,    läfst    die    Harpunen- 
fischerei noch  deutlich  durchblicken;   es  wird  ein  Füllen  ermüdet: 
„Lo    pollitro  ....  I   A  lo   quale   se   dace   la   calomma  |  Azzò  che 
sfuria  quanto  pote  e  bole  |  Pe  nzi  che  la  stracquczza  lo  sdellomraa| 
E  ghiie  corrianno  chiù  non  pole".     In  den  übrigen  Stellen  die  er 
anführt,  hat  die  Wendung  durchaus  übertragenen  Sinn,  aber  einen 
(;lwas  andern  in  der  ältesten,  aus  dem  Pentamcrone  entDommenen: 
„Te  dà    pasto  e  calomma,  |  Te  dà  viento  a  la  vela"  (es   wird  das 
Benehmen    eines    Schmeichlers    geschildert)    als    in    der   Paganos: 
„Dammo    tiempo  a  lo    tiempo;  |  Dammo  a    chisse   calomma",  und 
Nvicderura  weicht  davon  die  Färbung  in  der  Palonibas  ab:  „te  piace 
darelc    calomma  |  Ed   ajute    li    cane  a  la   sagliuta".     Hier  ist  das 
„die    Zügel    schiefsen  lassen"   kaum    verschieden    von    „antreiben**! 
„hetzen".     Und    so    erklärt   es   sich    dafs  d'  Ambra    als   Bedeutung 
von  cahwima  —  allerdings   nur  mit  der  Anführung  aus  Cuorvo  — 
—    angibt:    „incitamento",    „sprone",   „invito**;     dafs    er   ate  als 
eigentliche  Bedeutung   voransetzt:    „caldo",   „caldezza",   das  beruht 
auf  seiner  falschen  Gleichsetzung  von  calomma  mit  calimma.    Ro<:co 
leitet    das  dare  caìoffima    nicht    sowohl   aus  der  Fischersprache,  a^* 
aus    der   Schifl'ersprache    ab;    aber    weder    bei    ihm    noch   in  dei^ 
andern    neapelschen    Wörterbüchern    ist    calomma    aufserhalb  jent?^ 
Redensart  belegt.     In  der  That  aber  mufs  das  Wort  in  Sûditalie*^ 
auch    ein    herabzulassendes  SchifFslau    bezeichnet  haben  oder  noc*^ 
bezeichnen,    und    zwar    zunächst   wohl    bei    Schiffern    die  zugleic^*^ 


¡áiv/ífta,  xoiv/ißav,  (?)  xáXmc  im  rom.    495 


^B  Fischer  waren.    Wie   es  mit  kat.  (Reggio)  „calotna,   fane,   canape, 

^F  corda"  steht    weifs    ich    nicht    zu  sagen.     Bei  S.  Mete  L' ellenismo 

nei    dialetti    della    Calabria  Media    {Monteleone  1891)  S.  iz    finde 

ich:   „aver  la  calóma  vuol  dire  avere    il  budello  grosso   quanto  una 

gomena".     Entlehnt    ist  gen.    eú/ümma    „fune    per    discendere"    als 

I  Seemannsausdruck  (bei  Olivieri,  nicht  hei  Casaccia).  Ebenso  süd- 
frani.  ca/a(u)mo  „câbleau,  câble  servant  a  remorquer",  wofür  Mistral 
auf  neap,  eahma,  verweist  Sehr  auffällig  ist  dafs  das  sie.  talûma 
auch  in  den  Kreis  ländlicher  Beschäftigung  eingedrungen  ist;  es 
bezeichnet  das  Zugsei!  des  Ochsenwagens,  und  catunuri  heifst  der 
welcher  das  erste  Ochsen  paar  führt. 
Von  diesem  caluma  oder  calema  der  italienischen  Mundarten 
ist  ein  Verb  calumare  (veraltet  calomare)  abgeleitet,  welches  schon 
seit  älterer  Zeit  der  Litteratursprache  und  nicht  blofs  als  streng 
seemännischer  Kuniitausdruclc  angehört.  Pantera  L' armata  navale 
(1614)  erklärt  es:  „lasciar  lunga  la  gomena  o  quai  si   voglia  altra 

I  fune  in  mare".  Etwas  genauer  Pique  in  seinem  Di  u  on  ario  di 
marina  (1878);  „mollare,  allentare  ed  anche  (are  sconere  la  gomena 
o  qualunque  altra  fune  in  mare,  filandola  poco  a  poco."  Schon 
Ariosto  aber  halte  das  Wort  gebraucht:  „e  caluma  la  gomotia" 
(Cf.  XIX,  53).  Zur  Zeit  Oudins  {1660)  wenigstens  kannte  auch 
das  Spanische  calomar  „lascher  la  gumène  ou  autre  cordage,  filer". 
Ans  dem  calumare  eines  Taues  hat  sich  dann  das  calumare  von 
Etwas  an  einem  Tau  entwickelt;  gen.  calümma  bt  nach  Olivieri 
„calare,  il  far  calare  checchessia"  mit  der  notwendigen  Ergänzung 
bei  Casaccia:  „abbassare  per  mezio  d'  una  fune  un  qualche  oggetto". 
Nicht  vergessen  ist  die  ursprüngliche  Ueziehimg  auf  das  Netz  bei 
Traina:  eúlumari  „mollare,  allentare  ed  anche  far  correre,  tirare 
da  un  luogo  all'  altro  un  cavo,  una  rete,  una  barca  a  poco  a  poco" 
und  bei  BoerioT  calumar  le  cardi  0  le  gomene  „allentarle,  ed  anche 
tirare  da  un  luogo  all'  altro  un  cavo,  una  rete,  una  barca".  Vom 
Netz  ist  bei  Petrocchi  nicht  die  Rede,  nur  von  Tau  und  Barke. 
Zami^aldi  gibt  {äx  calumare  auch  an:  „dello  d¡  bandiera,  abbassarla" 
(Sp.  223  A).  Schliefslich  wird  das  Verb,  reflexiv,  auch  auf  den 
Menschen  angewendet  :  calumarli  „lasciarsi  correre  dall'  allo  in 
basso  lungo  una  fune  tenendovisi  aggrappati  colle  mani  o  coi 
piedi  a  fine  di  moderare  la  velocità  della  caduta"  (Piqué).  Daran 
schliefst  sich  eng  das  in  Venezien  übliche  calumarle  drio  a  uno 
„Einem  (oder  vielleicht  häufiger:  Einer)  nachschleichen".  Hingegen 
fallt  in  die  Sphäre  der  Fischerei,  freilich  calomma  in  dem  hier 
nicht  belegten  Sinne  von  „Angelschnur"  voraussehend,  neap,  acca- 
^btmmare  „lasciare  andare  l'amo  e  l'esca  per  prendere  il  pesce", 
tbei  Rocco  mit  einer  Stelle  aus  Lorenzi  belegt.'  Dann  im  ùber- 
I  bagenen  Sinn:  „mit  Köder  fangen",  „ködern"  {aecalommarese   „sich 


'  Am  EnJe  meiner  Unlrrsuchuiii;  mlime  ich  wahr  —  wie  mir  Ähnlictits 
■t-ldion   öflers   geschehen   ist   —   Ail^   auf  das   von  mir  aurgespüitc  Grundwort 
tttxtixfi^a  „Nell"  ichon  von  Rocco  vetvriMUi  wird. 


496  VERMISCHTES.      ZUR  WORTGESCHICHTE. 

ködern    lassen'*).      In    den    beiden    hierfür    beigebrachten  Stelleo 
nimmt   d'  Ambra   irrigerweise  —  und   zwar  anscheinend  indem  er 
de   Ritis,    der    mir  nicht   zur   Hand   ist,    folgt    —   die  Bed.  ^• 
citare",   „porre  in  brio"   an   und   zwar   als  Grundbedeutung:  „dar 
calore",  „rinfocolare".     Bei  Andreoli  liest  man  dann:  t/tccalimmûn^ 
riscaldare,   incalorire"    und   weiter  Nichts.     Auch   siz.  calumari))^ 
deutet  „ködern"  im  u.  S.;  calumarisi  oder  accaiumarist  erklärt  Traina 
mit  „sotto  mettersi",  das  scheint  auf  den  an  der  Harpuneuleine  er- 
müdeten   Fisch    zurückzugehen.      Bedeutungen    die   von   den  ur* 
sprünglichen    sehr    entfernt    liegen,    verzeichnet    Kosovitz  for  die 
Tricster  Mundart:  „accoccolare  [wohl  wie  im  Folgenden  fur  „accoc- 
care"],   calumare;   met   appiccare;   calumar  pugni  —  e   simili  — 
applicare,   appoggiare,   assestare,   inzeppare,   lasciar  andare  pugni, 
ecc."  (dazu  calumada  „accoccolamento,  accoccolata,  accoccolatura"). 
Dem  Triester   spricht   ofifenbar   der   dalmatische  Serbe   nach  wenn 
er  sagt:   kalumaj  mu   dvije   pesti    (Akad.  Wtb.)    „versetz  ihm  zud 
Fäuste";  ka ¡umaii  hdii  sonst,  zu  Ragusa  wenigstens,  den  eigentlicben 
Sinn  „nach  und  nach  (ein  Seil,  eine  Kette  u.  dgL)  ins  Meer  lassen^ 
auf  der  Insel  Giuppana  (nicht  sehr  weit  von  Ragusa)  braucht  man 
es   in  Bezug   auf  das   nasse  Netz   das   seiner   ganzen  Lange  nach 
von  Hand   zu  Hand  gereicht   wird   um   zum  Trocknen  aufgehängt 
zu    werden   (Zore   S.  335).     Auch   in   Südfrankreich    hat   sich  das 
Verb  begrifflich  auf  eigentümliche  Weise  entwickelt:  coulouma  „pré- 
cipiter, jeter  de  haut  en  bas,  jeter  pêle-mêle,  verser**;   u  coulimi 
„se  précipiter";  „«'«i*  couloumai  un  pouet  (G.  Zerbin),  j'en  ai  vidé  un 
pot".  —  Von   diesem  Verb  sind   wieder,   ohne  Suffìx,   Substantive 
abgeleitet     Boerio  bucht   als  Ausdruck  der  Schiffersprache:  caku 
„rallentamento,   e  dicesi   del  corso    della   barca,    specialmente  per 
discesa".     In   allgemeinerer  Verwendung  steht   calumo    „la  quantità 
o  lunghezza  di  una  gomena  o  d'altra  fune  uscita  da  bordo;  quindi 
il  calumo    di    una   catena  o  di   una   gomena  e  il  tratto   di  questa 
gomena  compreso  tra  T  áncora  e  1*  occhio  di  prua"  (Piqué).    Daher 
tûrk.  kahma  „Haufen  zusammengerollter  Ankertaue". 

Ich  denke,  die  Verzweigung  dieser  Formen  und  Bedeutungen 
ist  eine  so  klare  und  sichere  dafs  sie,  auch  wenn  man  kleine  Laut« 
Ungesetzlichkeiten  entdecken    sollte,  keinem  Widerspruch  begegnen 
wird.     Wenn    ich    hier    nun    doch   nicht    abschliefse,    so  veranlafsl 
mich  dazu  der  Umstand  dafs  die  Erkenntnis  woher  ein  Wort  kommt, 
erst    durch    die  Erkenntnis  wie  es  daher    kommt,    wirklichen  Wert 
erhält,    und    dafs  wiederum  die  Wanderung  selbst  interessanter  ist 
als  die  Rastpunkte.     Kein  Wort  aber  legt  seinen  Weg  zurück  ohne 
von    andern  Wörtern    beeinflufst   zu   sein;   jedes    hat    seine   Heliei 
oder  Hemmer.     Mistral  setzt  zu  coulouma  das  griech.  xoXvfißav  in 
Kl  .mniern;  und  in  der  That,  wenn  es  auch  nicht  selbst  ein  direkter 
Abkömmling  von  ihm  ist,    so  ist  es  doch  in  der  Bedeutung  durch 
einen  Abkömmling    von    ihm   beeinflufst  worden,    der   bis  heute  in 
Asturien  lebt:  calumbar  oder  da  das  Verb  nur  reflexiv  vorzukommen 
scheint,  calumbase  „untertauchen"  (Tolhausen  hat  calumbarse  in  sein 


H.  SCHUCHARDT,  xálvfi/ia,  xoXv/ißäVt  (?)  xàXœq  im  rom.    497 

SfNinìsches  Wörterbuch  aufgenommen).  Anderseits  verrät  coulouma 
auch  eine  gewisse  begriffliche  Einwirkung  seitens  des  Verbs  coula. 
Eine  solche  liegt  aber  noch  deutlicher  vor  bei  calumare  seitens 
co/sr^.  Jenes  ist  seinem  eigentlichen  Sinne  nach  fast  ganz  mit 
diesem  synonjrm;  zum  Teil  auch  im  übertragenen  Sinn,  so  kann 
man  ven.  calarse  und  calumane  drio  a  uno  ohne  Unterschied  sagen. 
Im  Sprachgefühl,  zum  Mindesten  in  dem  der  Lexikographen  ist  calu" 
man  eine  Ableitung  von  calare  \  Zambaldi  setzt  zwischen  beide  ein 
Sabstantiv  *calume.  Nun,  wir  haben  zwar  nicht  caluma,  aber  doch 
ein  caluma  und  wenn  dieses  auch  nicht  von  calare  stammt,  so  ist 
es  doch,  indem  es  vor  Allem  ein  herabgelassenes  Seil  oder  Leine 
bezeichnet,  nicht  unabhängig  von  ihm  geblieben.  Und  wenn  end- 
lich bei  caluma  =  calima  im  weiten  Umfang  die  ursprüngliche 
Bedeutung  verloren  gegangen  und  durch  die  von  „Seil"  verdrängt 
worden  ist,  so  mag  das  mit  auf  Rechnung  von  andern  Wörtern 
fnr  „Seil"  kommen  welche  gleichen  Anlaut  zeigen  ;  span.  port,  cala 
«Zagseil  bei  verschiedenen  Zugnetzen"  (daher  calón,  calao  „Spreiz- 
knûppel"),  (span.)  „Saumleine  bei  gewissen  andern",  „der  Teil  der 
Angelschnur  bei  der  Cañetasfischerei  der  zwischen  dem  Kork  und 
dem  Angelhaken  liegt"  (s.  oben  S.  493),  port  Calabre  „Kabeltau", 
calahre/e  „Zugleine  eines  gewissen  Zugnetzes",  calabrote  „dünnes 
Ankertau",  span,  calabrote  dass.,  „Wurfankertau",  „Greling",  „Fang- 
leine zum  Fischen"  (Tolh.)  tarent,  calári  „funicelle  di  pelo  di  capra 
e  becco  attaccate  alle  reti  della  sciabica".  Ich  halte  es  nicht 
für  unmöglich  dafs  hierbei  irgendwie  das  griechische  xaXœç  „Seil" 
im  Spiele  ist,  bemerke  aber  dafs  cala  wie  es  im  Romanischen  mit 
andern  Bedeutungen  (z.  B.  „Netzlegung**,  „Netzzug")  sicherlich  ein 
Postverbale  von  calare  ist,  so  es  auch  mit  den  angegebenen  sein 
*ird.  Port  (span.)  catabre  kann  nichts  Andres  sein  als  prov. 
colaòre  j  xaxaßoXrj]  es  muís  also  diesem  Worte  die  Bedeutung 
»Kabel"  eig.  „zum  Niederreissen  bestimmtes  Tau"  sich  angeheftet 
haben  auch  ohne  dafs  wie  bei  altfranz.  caable  eine  formale  Ver- 
tuschung mit  ^capulum  eintrat 

In  Italien  und  zwar  im  nördlichen  gibt  es  ein  Verb  calumare 
(=  Span,  columbrar")  „beschauen"  u.  s.  w.,  welches  mit  dem  eben 
^rochenen  Nichts  gemein  hat  als  die  Lautform  und  auch  räum- 
lich sich  wohl  nur  in  Venedig  mit  ihm  berührt  Wohl  aber  besitzt 
^  Spanische  aufser  dem  schon  erwähnten  calomar  =  ital.  calumare 
noch  ein  Verb  andern  Ursprungs  das  ihm  lautlich  angeglichen 
forden  ist  Port  celeuma  \  xiXevfia  bedeutet  „Geschrei  oder  Ge- 
sang der  Matrosen  bei  der  Arbeit",  davon  das  Verb  celeumar;  da- 
für (salorta),  salomear,  span,  {saloma),  salomar  „gritar  el  contramaestre 
ó  guardian  diciendo  varias  retahilas,  para  que  al  responder  á  ellas, 
tiren  todos  á  un  tiempo  del  cabo  que  tienen  en  la  mano".  Indem 
das  langsam  angezogene  Tau  die  Vorstellung  des  langsam  nach- 
l^elassenem  erweckte,  entstand  die  span.  Nebenform  calomar,  viel- 
eicht eigentlich  eine  katalanische  (Labern ia  verzeichnet  sie). 

Nachtr.    Eine  Reise  in  Süditalien  hat  mir  über  Manches  hier 

ZmtMcbi.  l  rom.  Phfl.  XXV.  32 


498  VERMlSCttTES.      ZOR  WORTGESCHICHTE. 

Berührte  weitere  Aufklärung  verschaffl.  Für  jetzt  bemerke  ich  nnr 
dafs  das  siz.  calumeddi  kaum  die  Stricke  der  grofsen  Endbojen  bei 
der  Tratta  bedeuten  kann;  wahrscheinlidi  haben  wir  an  ein  Synonym 
von  nalurali,  nalurairddi  zu  denken,  das  heirst  an  die  horizontal 
verlaufenden  Enden  der  Netzstücke,  die  zu  deren  Verbindung  dienen. 
In  Trapani  beuaonte  mir  ein  Fischer  die  Einfassungsleinen  der 
Netze  mit  calomi,  wofür  zu  Palerwo  und  anderswo  bremi  gesagt 
wird,  ein  Wort,  das  aber  seinerseiis  an  gewissen  Orten  den  Sinn 
von  calami  und  auch  von  Zugseilen  hat.  „    scuuchardt. 


Franz.  gttideatt. 
Richtig  stellt  Thomas  Essais  de  philologie  franvaise  S.  314 
CTig\.  iíddíe  zu  (tíhz,  griideau;  zweifelhaft  ist  es  oti  jenes  von 
herkommt;  abzulehnen  ist  die  Herleitung  dieses  vom  deutschen 
Kii/ei.  Mn  noch  flejfsigeres  Herumblättern  in  deutsch -fremdsprach- 
lichen Wörterbüchern,  wie  denen  von  Mozin-  Peschier,  Sachs, 
Valentini,  Tolhausen  u.  s.  w.  oder  dem  Deutschen  Wörterbuch, 
nämlich  dem  Grimmschen  würde  Thomas  auf  das  Wort  Keutel 
(dessen  sich  z.  B.  Luther  bedient  hat)  mit  den  Nebenformen  KeidrI, 
Kitdel  geführt  haben,  welches  den  Sack  in  der  Mitte  eines  Zug- 
nelzes  (Wate)  bezeichnet  Im  Kuiischen  and  im  Frischen  Haff 
aber  ist  der  Ktultl,  Ktiteì,  Kiidel  (von  den  drei  für  dort  angegebenen 
Formen  wird  wohl  nur  die  letzte  volkstümlich  sein)  ein  Zugnelz 
ohne  Flügel,  das  sich  also  als  Sack  und  zwar  als  sehr  langen,  im 
Hinterteil,  wie  die  Reusen,  mit  einer  Einkehle  versehenen  darstellt; 
das  Litauische  hat  das  Wort  in  der  Fonn  kiitdtlis  entlehnt.  Das 
D.  Wtb.  bringt  an  einer  andern  Stelle,  auf  die  an  der  ersteren  kean 
Bezug  genommen  wird,  mhd.  (westmitteld.)  iuA/,  im  Sinne  von 
„Reuse"  „Bunge"  oder  „Fischliehäller";  die  Form  ist  eine  nieder- 
deutsche, die  sich  als  mnd.  bei  Schiller-Lübbcn  in  einem  ent- 
sprechenden Sinne  und  bei  GralT  aus  einem  nicht  weiter  bezeichneten 
alten  nd.  Glossar  ^  „gurgustium"  (man  denke  an  dessen  mittd- 
latcinische  Bedeutung)  findet.  Dieses  kudtl  würde  freilich  im  Nhd. 
Kullef  zu  lauten  haben,  wie  das  in  demselben  Glossar  vorkommende 
(udth  „sepia"  Kutltlfisch  ¡st  (vgl.  engl,  ctillle  (ûr  altes  und  mund- 
artliches cudeU,  (udlc,  coodU  u.  a.).  Aber  bei  der  Dunkelheit  dia 
noch  über  der  Herkunft  von  Keutel  schwebt,  habe  ich  doch  ge- 
glaubt auf  dies  sinn-  und  laulähnliche  Wort  hinweisen  zu  dürfen. 
Wegen  der  Bedeutung  die  ich  bei  M oïïn- Peschier  u.  A.  für  Keulel 
angegebrn  finde:  „Recht  oder  l'lalz  zum  Fischen"  verweise  ich  auf 
Mus  gleich  unten.  j¡    schuCHARDT. 

Franz.  hinif,  räche  (Fischerspr.). 
Im  Griechischen    bedeutet  ¡iiikoi^    das  Auswerfen    des    Netzes, 
den  Zug  mit  dem  Nctic,  die  Menge  der  bei  einem  Zuge  gefangenen 


I 


A 


H.  SCHUCHARDT,   FRANZ.  GUIlïEAti;    FRANZ.  BœUP,   VACHE.      499 


r  Fische  und  endlich  das  NetK  selbst.  Das  Ist  holus  durile  alle  diese 
Bedeutungen  gehallt  haben ,  wenn  audi  nur  eine  davon  in  der 
Littcratur  belegt  ist.  Wenigstens  sind  sie  dem  Mittellatein  und 
dem  Romanischen  nicht  fremd.  In  den  teils  lateinischen  teils 
italienischen  zu  verschiedenen  Zeiten  von  1356  bis  1529  abgefafsten 
Statuten  von  Gaeta,  lesen  wir,  zufolge  den  Auszügen  die  Targioni 
Tozzelti  I,  1,379fr.  gegeben  hat:  nullus  patronus  retiarum  possit 
auferre  bolum  alteri  patrono  retiaram  qui  esset  ante  eum  —  pjsces 
quos  ceperit  in  ¿0/0  ptedicio  —  ¡Ui  patrono  seu  sciabeche  cuius 
est  bolum  predictum  —  si  aliquis  patronus  haberet  primum  bolum 
—  liceat  tunc  ipsi  secundo  poneré  mlum  suum  —  poneret  bolum 
nsqae  ad  qualuor  saulas  [fault  heifsen   die  Stücke  aus  denen  die 

I  Zugleinen  bestehen,  heute  je  gegen  80  Meter  lang]  —  dimictere 
bolum  et  redire  et  cedere  locum  ìDi  qui  esset  ante  eum  u.  s,  w.;  quelli 
die  hanno  il  volo  primo  —  sia  suo  il  volo  —  se  ...  .  dice:  io 
voglio  questo  volo;  s'intenda  suo  questo  colo  —  il  volo  sia  alle 
Bignè,  alia  Tesa  —  perda  lutte  le  vola  a  dietro,  ciò  è  la  Tesa, 
il  Molo  e  le  Piaggie  a  dietro,  ma  non  la  Piaggia  et  le  Bignè  u.  s.  w. 
Aìso  das  Wort  bezeichnet  den  Nelzwurf  oder  auch  das  Recht  da- 

»lauf,  den  Platz  dafür.  Ebenso  ist  kat.  bol:  i)  Netzwurf  {span. 
„echar  un  bol"),  und  zwar  handelt  es  sich  dabei  um  die  Jábega, 
ein  Zugnetz  mit  Sack  und  Flügeln;  2)  Ort  des  Netzwurfes  „el  pa- 
rage á  propòsito  en  que  se  reda  y  sobre  que  echan  suertes  los 
patrones,  para  saber  quai  debe  empezar  primero  en  el  bol  ó  bola, 
que  tienen  sus  nombres  propios  con  que  se  distingue  la  variación 
que    localmente    hay   entre  unos  y  otros"  Sañez  I,  260  f.).     Zu  Ali- 

Í  cante  aber  heifst,  wie  a.  a.  O.  bemerkt  wird,  die  Jábega  selbst  bol, 
und  so  zu  Valencia  der  Boliche  oder  Arte  Real,  ein  der  JAbega 
nahe  verwandtes  Netz.  Im  Südfranzösischen  lautet  das  Wort  je 
nach  den  Mundarten  bol,  bou,  von,  auch  bau  (ebenso  bau  neben 
¿OK,  bol  \  bolus  „Siegelerde") 'und  'bedeutet  1)  Netzwurf,  2)  Ort  des 
rletzwurfes,  3)  Fischbeule  eines  Fahrzeugs.  Es  wird  aber  4)  früher 
auch  für  ein  bestimmtes  Netz  und  zwar  für  das  (grofse)  Gangui 
gegolten  haben;  Azais  bemerkt  dafs  man  hauptsächlich  bei  der 
Fischerei  mit  ihm  den  Ausdruck  bol  brauche:  a  loa  bol,  a  fach  un 
btl  bol,  a  mes  lou  bol  en  UrroS)  Dieses  Nelz  und  sein  Name  bou 
fanden  etwa  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts  in  Katalonien  Eingang. 
SaRez  I,  30Ó  f.  bezeichnet  das  als  eine  unbeglaubigte  Überlieferung 
die  man  von  irgend  einem  alten  Fischer  zu  Barcelona  vernommen 
habe;  ebenso  wenig  Vertrauen  flöfst  ihm  eine  ha Tid schriftliche  Notiz 
ein  derzufolge  der  Bou  1719  von  der  französischen  Küste  ge- 
kommen sei;  und  wenn  er  selbst  in  Katalonien  gehört  balle  dafs 
r  40  oder  50  Jahren  (der  erste  Band  von  Sañez  erschien  1791) 
'  ein  gewisser  Conil  den  Bou  dort  eingefiihrt  habe,  so  widerlegt  er 
I  das  mit  Urkunden  von  1726  und  1736,  in  denen  schon  des  Netzes 

159=  vom 


500 


VERMISCHTES.      ZL'R  WORTGESCHICHTB. 


Erwälinutig  geschieht.  Er  zeigt  im  Folgenden  die  Mögliebkeil  dafs 
der  Boa  aus  dem  Gunguil  sieb  an  Ort  und  Stelle  entwickelt  habe, 
will  aber  schliefülich  die  Frage  des  Ursprungs  nicht  enl^cbeiden. 
(ianguil  und  Bou  sind  nämlich  nahe  verwandt;  in  KatalonieD 
werden,  oder  wurden  zur  Zeit  von  Sailez,  die  beiden  Namen  aus- 
einandergehalten, in  SiidTrankreich  wird  das  zweite  Netz  als  eine 
Unterart  des  ersten  {grand  gangui)  benannt,  und  auch  in  einer 
Entscheidung  des  ObLTgerichtshors  von  Valencia  von  1736  ist  die 
Rede  von  der  „pesquera  del  Gánguil,  ó  por  otro  nombre  cl  Bou", 
Für  mich  gibt  der  Nanae  bou  den  Ausschlag.  Derselbe  bàtte  in 
Katalonien  liol  lauten  sollen;  aber  bou  befestigte  sich  indem  es  sich 
an  bou  „Ochs"  anklammerte.  So  wurde  dann  bau  auch  als  Neli< 
name  im  Spanischen  mit  buey  wiedergegeben  (insbesondere  in 
Andalusien).  Den  Namen  des  Netzes  pflegt  auch  das  zugehörige 
Fahrzeug  zu  tragen;  da  aber  hier  zwei  Fahrzeuge  und  zwar  ganz 
gleichbeschaffene  das  Netz  bedienten,  so  heifst  es  baus,  bueyti  oder 
parelio  dt  bous,  pareja  de  huyes  oder  kurzweg  partila,  purtja  (die 
butyts  oder  parejas  kommen  schon  in  einer  königlichen  Verordnung 
von  1726  für  Barcelona  vor).'  Dieser  Sprachgebrauch  ging  dann 
ins  Südfranzösische  über:  daTs  in  dem  bctreßenden  Sinn  aller- 
dings nicht  belegbare  bou  wurde  durch  biou  oder  buou  (zu  Nizza 
übrigens  bou)  verdr¿ng[.  Vor  Allem  als  Bezeichnung  des  Fahr- 
zeugs, aber  wohl  nicht  ausschüerslicb,  wie  man  aus  Mistral  enl- 
uehmen  könnte:  „bateau  de  pêche  ....  sert  à  trainer  dans  la 
mer  le  filet  nommé  gàngui".'^  Gourret  überschreibt  den  bezñglicfaen 
Abschnitt:  „Bœuf  ou  Grand  Gaiigui";  er  sagt:  „les  boeufs  ne  peuvent 
Être  traînés"  (S.  140)  und  spricht  vom  „Slet  bœuf^'  und  den  „bateaux 
bieufs".  Duhamel  I,  11,  154^'  betitelt  den  §  5:  „De  la  pêche  au 
Gangui,  dile  du  Bœuf;  des  Bam/s;  ou  aux  Bœufs".  Wenn  nun 
Gourret  auch  sagt:  „bette"  oder  „mouré  de  pouar  [es  sind  dies 
Arten  von  Falirzeugen]  servant  à  la  pêche  des  bœufs"  (S.  138.  140), 
so  kann  man  bei  bteufs  nicht  gut  an  die  Fahrzeuge  denken,  aber 
noch  weniger  ans  Netz  {es  müfsle  heifaen  au  bttuf),  —  die  Be- 
lîedeutung  des  Wortes  ist  ganz  verwaschen.  Duhamel  gibt  an 
der  angeführten  Stelle,  wohl  als  Erster,  die  Erklärung:  „on  a 
comparé  les  deux  bateaux  qui  traînent  de  concert  un  même  filet, 
à  une  paire  de  Buufs  qui  sont  attelés  à  une  voiture".  Er  legt 
weiter  kein  Gewicht  auf  diese  Vermutung,  die  von  Andern,  wie 
Sañez,  Mistral,  Gourret  mit  gtörserer  Bestimmtheit  wiederholt  worden 
ist;  und  sie  dürfte  in  der  That  unhaltbar  sein.  Ob  wohl  irgend 
einem  Islrianer  oder  Dalmatiner  bei  dem  alltäglichen  Anblick  der 
paarweise  die  Coccia  ziehenden  Bragozzi  der  Chioggiolen  der  Ge- 
danke   an    ein  Ochsenpaar  gekommen    ist?     Nicht  die  Vorstellung 

*  Targioni  Toiictii  I,  11, 1)65  Atim.  eiwäbot  die  „Alle  de  poicju  dd 
Bou",  alt  „portata  in  Ispagna  e  in  Portogallo";  aus  letzterem  L«nil  veiiDag 
ich  die  cmspTcchende  BEnennung  nicbt  nachiu weisen. 

*  Nach  TnltiauMQ  wüide  »uch  diS  SpauiKhe  betonen    gánguil  - 
ei  betont  gangmU. 


I 


H.  SCHUCHARDT,  OSTITAL.  TOGNA;  ITAL.  VOLANTINO   ETC.      5OI 

bat  das  Wort  hervorgerufen,  sondern  das  Wort  die  Vorstellung, 
imd  der  „Ochs**  hat  schh'efslich  eine  „Kuh"  nach  sich  gezogen. 
Die  vache  sagt  Gourret  S.  150  „est  un  fìlet  de  même  espèce  que 
le  hœuf,  mais  plus  petit;  au  lieu  d'être  remorqué  par  deux  bateaux, 
il  ne  l'est  que  par  un  seul'*.  Bei  Mistral  fìndet  sich  unter  d.  W. 
vaco:  y^aire  la  vaco,  se  dit  d'une  tartane  qui  traîne  un  filet  de 
pèche,  par  opposition  à  /cure  ¡ou  òuou,  qui  se  dit  de  deux  tartanes 
qui  traînent  un  filet  de  conserve".  Hie  und  da  ist  der  „Ochs"  zu 
einem  „Büffel"  geworden  :  „la  pesca  chiamata  di  conserva  a  coppia, 
0  a  Buffa/a**  (Genua  1776),  „di  pescare  ...  di  conserva,  a  coppia 
0  a  bufala**'  (Livorno,  1767)  bei  Targioni  Tozzetti  1,  i,  63.  195.  In 
Katalonien  heifst  ein  kleinerer  Bou  houét  und  holivét  (Safiez  I,  390)  ; 
im  letzteren  Namen  hat  sich  wohl  bolichi  eingemischt  Auch  der 
Name  eines  in  Sizilien  gewöhnlichen  Fahrzeugs,  einer  Art  schwer- 
filiiger  Tartane,  bovo  (s.  F.  Lafitte  et  J.  Servonnet  Le  Golfe  de 
Gabès  en  1888  S.  877  ff.  PI.  IX),  das  allerdings  nicht  unmittelbar 
dem  Fischfang  dient,  ist  offenbar  nur  ein  italianisiertes  bou. 

Ich  bemerke  noch  dafs  der  Name  fisca,  wie  jedes  der  drei 
spiudrcieckigen  Netzteile  heifst  welche  oben  und  unten  von  der  Öff- 
nung des  Sackes  vom  Bou  mit  der  Spitze  nach  hinten  gehen  (Sañez 
1,209.  326  f.),  nicht  katalanisch  ist,  sondern  aus  dem  Südfranzö- 
sisdien  stammt.  Allerdings  heifst  beim  Boeuf  jener  Teil  guiroun, 
aber  bei  der  Thonnaire  bedeutet ^xr^,  flisco  {=flisco,  fisch  „Fetzen") 
das  nnten  angesetzte  Stück  alten  Netzes. 

Wenn   im  Französischen   der  nur  auf  einer  Seite  bezeichnete 

Würfel  boeuf  heifst  oder  hiefs  (gewöhnlicher  farmei),  so  könnte  man 

aöch  an  bolus  „Wurf  des  Würfels"  (ßoXlc  bedeutet  dieses  und,  spät, 

auch  den  Würfel)  denken;  aber  es  fehlt  an  nachweisbaren  Zwischen- 

^^^^^'  H.  SCHÜCHARDT. 


OstitaL  togna;  itaL  volantino  (Fischerspr.). 

In  Dalmazien,  zu  Fiume,  zu  Triest,  zu  Venedig  und  zu  Tarent 

Wahrscheinlich  auch  in  den  zwischen  liegenden  Seestädten)  bedeutet 

^^gna  die   einfache  aus  Hanf  oder  Pferdehaar  angefertigte  Angel- 

*^ne  mit  einem  oder  mehreren  Angelhaken;  die  Verschiedenheiten 

^ie  sie  sei   es  an  den  einzelnen  Orten,    sei  es  —  und  diese  nur 

^Dd  wesentliche  —  mit  Hinsicht   auf  die    zu    fangenden   Fische 

dofweist  kommen  hier  nicht  in  Betracht.     Die  Hauptsache  ist  dafs 

eigentlich  die  aus  der  Hand  geworfene  Leine  darunter  verstanden 

wird;    zu  Venedig  und  Triest  allerdings,   den  Wörterbüchern  von 

Boerio   und  Kosovitz   zufolge,    nicht  nur  diese,    sondern  auch  die 

Legangel    (filaccione).     Das   Wort   stammt   aus   dem  Griechischen, 

wo  cbtSTOVià,  JttTOVià  {Uxaçkaroç  A.  6  BvC,.  setzt  zu  letzterem: 

ix  TOV  nerœ  rò   (dnrœ)    die   Angelleine    bedeutet     Und   zwar 

nicht   die   an  der  Rute  befestigte,   welche  oQfilöi,    açfiiôi  {oçfita) 

beiist     Wenn  N,  Apostolidès   La  pêche  en  Grèce  S.  56  sagt,   die 


502  VERMISCHTES.     ZUR  WORTQBSCHICHTB. 

bei  dem  Fang  des  Wrackfisches  saerst  geworfene  und  dann  xg¿^ 
Stein  und  Boje  im  Wasser  gelassene  Angelleine  föbre  den  Nam^ 
áxBTOVíá,  so  soll  dies  ofifenbar  nidit  bedeuten  dais  dieser  Naotf 
hierauf  beschränkt  sei.  So  wird,  nadi  Mitteilung  des  Herrn  P.Wikl^ 
auch  die  Hauptleine  des  Palangers  (xaçoYciài)  genannt  DenAa" 
fang  des  griechischen  Wortes  liefsen  die  Italiener  ablallen;  ú^ 
dachten  an  Togna  \  Antonia.  Die  Entlehnung  ist  alt  Sdion  ioi 
lateinischen  Teil  des  Libro  rosso  von  Tarrent  (15.  Jhrh.?)  findet 
sich  togna  Targioni  Tozzetti  I,  n,  75.  78.  Boerio  dtiert  togna  aas 
einer  der  Satiren  Varotaris,  die  1671  im  Druck  erschienen. 

Für  das   abgegebene  Wort  hat  Griechenland  von  Italien  ein 

entsprechendes  eingetauscht  und  es  eben&lls  recht  unkenntlich  ^ 

macht      Als    synonym   mit    faJxBTOVià   verzeichnen    namlidi  die 

Wörterbücher  ßoXra;  den  feineren  Unterschied,  welcher  sicherlidi 

besteht,  kann  ich  vorderhand  nicht  angeben.     Apostolidès  erwähnt 

das  Wort  nicht;    aufser  oQfilâi  und  áxetoviá  nur  noch  xa^iz^ 

G.  Meyer  Neugriech.  Stud.  IV,  19  stellt  ßoXxa  „Angelschnur**  ohne 

Weiteres  mit  ßoXra  „Umhergehen**,  „Geschätzsalve**  (aus  Legrand; 

dieser  übersetzt  allerdings  ßokra  mit  „bordée**;  aber  unter  „bordée** 

sagt   er:    „route   d'un    vaisseau   qui   louvoie**  ....  ßoXxa,  also  = 

„Schlag**,  „Gang*')  zusammen;  aber  ich  glaube,  es  würde  ihm  nidit 

möglich  gewesen  sein,  die  erste  Bedeutung  des  griechischen  Wortes 

mit  seinen  andern  oder  irgend  einer  des  itaL  voliOt   sei  es  sdbst 

mit  Heranziehung  aller  Mundarten,  zu  vermitteln,  und  audi  meine 

Phantasie   reicht   dazu  nicht   aus.     Es   liegt  hier   einer   der  nicht 

ganz  seltenen  Fälle  vor  in  denen  wir,  um  den  Ursprung  eines  Wortes 

zu  entdecken,    zuerst  nicht  den  Laut,   sondern  die  Bedeutung  ins 

Auge  fassen  müssen.    BoXra  ist  ungriediisch  und  kann  kaum  aas 

einer   andern   Sprache   entlehnt   sein   als  einer  romanischen.    Nun 

gibt   es   aber  nur  ein  Wort  gleicher  oder  ähnlicher  Bedeutung  im 

Romanischen:  ital.  volantino^  siz.  bulanttnu,  sûdsard.  bolentinu,  siz.  iipar. 

vulintinuy    Span,  holantin^    val.  volanti  „Angelschnur**,    d.  h.  gewisse 

Arten    derselben    (ausführlichste  Beschreibung    der    spanischen  bei 

Sañez  I,  2Ò1  —  275).    Ich  vermute  dafs  dieses  Wort  ein  Deminutiv 

von  ital.  span,  volante  (jetzt  ital.  volano)  „Federball"  ist    Bei  Targioni 

Tozzetti  1,  II,  II,  unter  der  Fischerei  von  Calabria  citeriore,  heifst  es: 

„nel  Volantino  h  una  penna  bianca  o  una  branca  (osso?)  di  Seppia^ 

und  es  wird  hinzugefügt    dafs  traina  gleichbedeutend  mit  volantino 

ist.    In  dem  Werke  des  P>zherzogs  Ludwig  Salvator  Die  Lipanschen 

Inseln  Vili,  12Ò  finde  ich:    „Die  Trajna  ist  eine  mit  einer  weifsen 

Feder  versehene  Angel.  . . .   Ähnlich  derselben,  nur  stärker,  ist  die 

Lei  I za   der  Tunnacchi  ...  als  Köder   hängt  man   neben  die  Feder 

eine   gesalzene    Branca   di   Polpo"   (s.  dazu  Fig.  6  und  4    auf  der 

Taf.  nach  S.  124;    auch    die    Neufundländer   Thunfisch doppelangel 

bei  Duhamel  I,  i  Taf.  II,  Fig.  2  ist  gefiedert)  ;    die   beiden   daselbst 

beschriebenen  und  abgebildeten  Vulintinu  sind  ohne  Federn.    Wenn 

jenes   griechische  Wort   durch  Anlehnung  an  ein  italienisches  eine 

Silbe  verlor,    so  konnte  auch  für  volantino  mifsverständlich  *  voltino 


H.  SCHUCHARTDy  SPAN.  CAZARETB,  PORT.  CAÇARBTE.  503 

gesagt  und  daraus  ein  voiia  abgezogen  werden.  Damit  gebe  ich 
aber  die  Herleitung  keineswegs  als  sichere;  ich  meine  nur  dafs  man 
iwischen  zwei  Unwahrscheinlichkeiten  die  geringere  zu  wählen  habe. 

H.   SCHÜCHARDT. 


Span,  cojsarete,  port  caçarete  (Fischerspr.). 

Dieses  Wort  welches  einen  bestimmten  Teil  bald  des  Flügels 
bald  des  Sackes  bei  verschiedenen  Zugnetzen  mit  Sack  bedeutet, 
habe  ich  RonL  £tym.  11,  175  mit  span,  cazar  in  Zusammenhang  ge- 
bracht; ich  halte  das  jetzt  für  unrichtig.  Zu  Neapel  heifst  nämlich 
ein  Teil  des  Flügels  der  Sciabica  castelleUOt  und  zwar  der  zwischen 
dem  realtello  (vom)  und  mappiUllo  (hinten)  (Targioni  Tozzetti  I, 
I»  392)  und  entspricht  dem  span,  cazante  zwischen  reclaro  und 
sardinal  beim  Boliche,  zwischen  cazarete  claro  und  sardinal  beim 
Bon,  zwischen  raigal  und  arcanela  beim  Sedal  und  der  andalu- 
aschen  Jábega,  zwischen  regal  und  colls  bei  der  Jábega  von  Va- 
lencia (Saflez  I,  203.  278.  311.  11,213.  V,  286.  365.  368),  dem 
port  caçarete  zwischen  regalo  und  encáñela  bei  den  Artes  de  arra- 
star  (Baldaque  da  Silva  S.  243).  Offenbar  übersetzt  castelletto  das 
túMttreie  des  Ostens,  welches  auf  arab.  qa^r^  ital.  cassero,  span,  al' 
(aar,  port  alcàçar,  ^er,  ^ere  zurückgeht 

Nachtr.  Inzwischen  habe  ich  in  Sizih'en  und  Kalabrien  cazd' 
fütu  u.  ä.  für  entsprechende  Netzteile  erfragt  Die  romanische 
Terminologie  der  Zugnetze  soll  später  im  Zusammenhang  erläutert 
werden. 

H.  SCHUCUARDT. 


Frz.  Glaise,  voges.  iyrossçy. 

Oie  Besprechung  dieser  beiden  Wörter  bildet  eine  Ergänzung 
^  meinen  Untersuchungen  über  die  Schicksale  von  lat  ty  im  Fran- 
^^chen;  ein  paar  andere  nachträgliche  Bemerkungen  finden  sich 
Literaturblatt  21,  336. 

Qlaise. 

Ueber   das  Wort  habe  ich  mich  bisher  nicht  geäufsert,   weil 
ich  der  Ansicht  bin,  dafs  dasselbe  nicht  lateinischen,  sondern  kel- 
tischen Ursprungs  ist,  und  weil  es  sogar  zweifelhaft  ist,  ob  das  te 
von  gliteus  et3rmologischem  keltischen  ti  entspricht.    Da  indessen 
ffl  dem   dem  Dictionnaire  Général  beigegebenen  Traité  de  la  for- 
mation de  la  langue,  §  406,  glaise  als  Beleg   für   den  Lautwandel 
von  lat  ty>  i  aufgeführt  ist,  so  scheint  es  geboten,  auf  die  Frage 
näher  einzugehen. 

Schuchardt  hat  Ztschr.  23,  196  gezeigt,  dafs  frz.  lie,  südfrz.  ligo 
mit  Thurneysen,   Keltoromanisches  S.  66,   auf  ein  galloromanisches 


504  VERMISCHTBS.     ZUR  WORTGBSCHICHTB. 

liga  zurückzuführen  sei  und  dafs  dasselbe ,  mit  Suffix  »id  (i/)' 
weitergebildet,  in  Oberitalien  als  *ligida  oder  *lidiga  fortlebt f 
als  Grundbedeutung  wird  , schlammiger  Niederschlag  ans  del^ 
Wassers  auch  ,  feiner  FlufssandS  ,  Hefe  S  ,  Bodensatz*  im  Allgemeinen^ 
nachgewiesen.  Ich  bin  der  Ansicht,  dafs  sowohl  frz.  /üe  {mluef) 
als  auch  g/ise,  glaise  auf  dasselbe  keltische  Substrat  zuruckgäieii« 
Die  Gleichung  /tsi  =  lü  stützt  sich  auf  Folgendes: 

a)  Jaubert  (Supplément)   giebt,   User  pour   l'inusité  Ktr,  près 
Usés  , couverts  de  limon',  lu  aber  mit  der  Bedeutung  , dépôt  limo- 
neux'.    Man   vergleiche  damit  bei  Mistral   prov.  liso  f.  «dépôt  de 
terre  fìne  ou  de  sable  fìn  laissé  par  l'eau  d'une  rivière',  lituo  , limon, 
vase'   und   anderseits  enligar  , couvrir  de  vase,  de  limon',   zu  Ugi 
,vase'. 

b)  lise  ,lie  de  vin'  in  Lûttich  (s.  Grandgagnage  und  Bulletin 
de  la  Société  liégeoise  de  Littérat.  Wallonne,  2.  Ser.  Bd.  16),  in  Ñamar 
lige  »levure,  ferment'  ist  augenscheinUch  dasselbe  Wort  wie  frz.  lie, 

e)  Das  Dictionnaire  Béarnais  von  Lespy  und  Raymond  ver- 
zeichnet lisi  m.  sorte  de  substance  blanchâtre  sur  les  viandes  éven- 
tées, écume  blanche  sur  le  vin  qui  commence  à  tourner.  Durch 
die  Vergleichung  mit  //b,  s.  f.  espèce  d'écume  blanche  qui  se  re- 
marque sur  le  vin  qui  est  sur  le  point  de  tourner  (bei  Vayssier, 
Dictionnaire  de  PAveyron,  Rodez  1879),  wird  die  Identität  beider 
Wörter  evident.  Zur  Ableitung  mit  dem  mäimlichen  Suffìx  -el Ins 
in  lis'l  vergleiche  man  Haches  (=  Hages)  mase  plur.  ,lie  de  vin', 
bei  Labourasse,  Glossaire  de  la  Meuse. 

Der  j-Laut  läfst  sich  auf  folgende  Weise  erklären  :  Ansprechend 
ist  Thurneysens  Annahme  (1.  c.  11*^  v.  lai),  lleis  ,Lied'  hänge  mit 
ir.  laid  zusammen,  in  dem  das  d  als  interdentale  Spirans  gesprochen 
worden  wäre;  in  dem  romanischen  lais  wäre  keltisches  d  (oder  M) 
durch  s  wiedergegeben  worden.  Ich  nehme  an,  dafs  in  ähnlicher 
Weise  in  ligida,  ligda  das  als  Ô  gesprochene  d  zu  s  wurde. 
Auch  IMeyer-Lübke  erklärt  Rom.  Gram.  11  28  das  z  von  binz,  gucz 
aus  germanischem  J. 

Folgende  Gründe  sprechen  für  die  Gleichung  glaise,  glise  = 
lise  (letzteres  wird  im  Dictionnaire  General  als  ,même  mot  que 
glaise^  bezeichnet). 

i)  in  glaise  und  g  lise  liegt  derselbe  Wechsel  von  e  und  /  vor 
wie  in  He  und  verwandten  Bildungen  wie  nordital.  Icdga,  leda,  Ua 
(s.  Schuchardt  1.  c). 

2)  lise  kommt  mit  derselben  Bedeutung  wie  glise  vor,  so  in 
Lalanne's  Dictionnaire  du  Poitou  als  Adjektiv:  terre  lize  , argile, 
terre  grasse*.  Im  Dictionn.  Gónér.  wird  zu  einer  Stelle  des  Roman 
de  Thebes  lise  als  Variante  für  glise  bezeichnet. 

3)  In  Erto  (vgl.  Ztschr.  16,  329)  bedeutet  leda  Kreide,  was  zu 
gliteus  ,de  creda*,  g  lit  eu  s  ,cretaceus'  bei  Du  Gange  pafst.  Auch 
die  Kreide  ist  ein  Niederschlag  aus  dem  Wasser,  Lehm,  feuchter 
Thon  mit  Sand  vermengt. 

4)  In   nprov.  greso,  greo   , tartre,  sédiment'   erblicke  ich  das"^ 


A.  HORNING,  FRZ.  GLAISE,  VOGES.  BROSSEY.  505 

%\be  Wort  wie  giaise.  Wandel  von  I  zìi  r  kommt  z.  B.  in  Mentone 
vor.  Jaubert  hat  neben  glene  f.  «collection  d'épis  ramassés  en  gla- 
nant* auch  grenée  s«  f.  ,  poignée  d'épis  ramassés  à  la  suite  des 
moissonneurs*.  Boucoiran,  Dictionnaire  des  Idiomes  Méridionaux, 
giebt  gresù  ,lie,  dépôt,  crasse,  tartre*.  Es  sind  dieselben  Bedeu- 
tnngen,  die  fur  liga  festgestellt  sind. 

5)  Du  Gange  v.  glis  verzeichnet  nach  Johan  de  Janna  gl  i  s, 
glidis  ,mufia  pañis  vel  vini*.  Dieses  glis  lâfst  sich  von  den  oben 
unter  c)  erwähten  lùè^  lio  , espèce  d'écume  blanche  sur  la  viande, 
le  vin'  nicht  trennen. 

Etwas  Sicheres  über  das  Verhältnis  der  Formen  mit  g  (glise) 
m  denen  ohne  g  {lise)  vermag  ich  freilich  nicht  mitzuteilen.  Ich 
mnis  midi  damit  begnügen,  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  nicht  litiga 
durch  Metathese  zu  glitj[a  werden  koimte.  Man  wird  mir  aber 
zageben  müssen,  dafs  das  etwa  auf  die  angegebene  Weise  ent- 
standene //  des  keltischen  Wortes  etwas  ganz  anderes  ist  als  z.  B. 
die  Laute  /i  in  einem  lateinischen  Worte  wie  capi  ti  um.  Möglich 
ist  aber  auch,  dafs  in  gl  it  eus  te  die  interdentale  Spirans  wieder- 
giebt.  Mit  einem  Worte,  glaise  kann  nicht  als  Beleg  für  die  ße- 
bandlnng  von  lat  //  verwendet  werden.  Läge  (y  >  i  zu  Grunde, 
so  muíste  übrigens  wallonisches  lise  in  Lûttich  lix  lauten,  nicht  lise, 
l^glaesum  ,Bemstein*,  das  gleichfalls  hierher  zu  gehören  scheint, 
«cigtx,  nicht  //. 

Neben  verwandten  Formen  mit  -/-,  liia\  nita,  nií6,  die 
Scbachardt  von  *lig(i)ta  herleitet,  giebt  es  solche  mit  anlau- 
tendem gif  die  m.  £.  auf  dieselbe  Grundform  zurückgehen:  in 
puejras  gletier  ,lieu  où  il  y  a  de  l'argile*,  in  den  Alpen  das  Ad- 
jektiv gletf  gleiiOf  bei  Laianne  das  Adjektiv  gliet^  g  Heile  ,(pain)  sans 
levain«,  bei  Du  Gange  s.  v.  glotonus  gleie  ,sordes,  spurcitia*  (vgl. 
Dodi  bei  Godefroy  g  laie  ,boue*). 

Brossçy  f. 

Dies  Wort,  das  ,  charretée  de  fumiée*  bedeutet,  wurde  von  mir 
"^^^  Herbst  1900  in  Waldersbach  und  Saales  gehört,  zwei  Ortschaften 
der  Vogesen,  welche  in  meinen  Ostfranzösischen  Grenzdialekten 
Diit  ein  und  d^2  bezeichnet  sind.  Dasselbe  ist  eine  Weiterbildung 
oes  in  denselben  Orten  gebräuchlichen  òrp  birotium,  einem  zwei- 
raderigen  Wagen  um  Mist  zu  fahren;  der  òro  hat  eine  Deichsel  in 
^er  Mitte,  während  die  ¿aräl  , charrette*  ein  zweiräd eriger  Wagen 
°"^  Sielen  (brancards)  ist  Der  Infin.  orassi  ,Mist  fahren*,  den  ich 
Ztschr.  18,  234  nach  Adam  und  Thiriat  citierte,  ist  dagegen  in 
waldersbach  und  Saales  unbekannt  Unser  Wort,  dessen  Etymon 
gesichert  ist  (es  ist  auch  rätisch  und  beamesisch,  vgl.  l  c;  über 
södostfranz.  òfrosse   birotia^   s.  Ztschr.  24,  552)    setzt    altlothring. 

.         ^  Dafs  auch  das  deutsche  Leiten  hierher  gehört,  dafür  giebt  Island,  l^pj'a 

^^'  (s.  Kluge's  Wörterbuch)  einen  deutlichen  Fingerzeig. 
p      ^  *  Herr  H.  Urtel   machte  mich  darauf  aufmerksam,   dafs  in  dem  lexique 

*^<>Ì5-Francais  von   J.  Thévenin   (Patois   de  Vaudioux,   Jura)   sich   weitere 


506  YBRMISCHTES.     ZUR  WORTGESCUICBTX. 

*6eraz  mit  sdiarfem  s,  resp.  x  voraus;  eme  Ableitang  von  *oeraâ 
hätte  za  brohçy  (=  frz.  heroùiée)^  nicfat  zu  brossfy  gefôbrt.  Die 
EndiiDg  -ey  entspricht  aírz.  -/VV  und  beg^net  nor  in  Partidp.  von 
Verben  auf  'ür,  während  -ata  sich  zu  -ay  entwickelte. 

A.  Horning. 


Andare,  aUer. 

1.  Laut  und  Bedeutung  dieses  Verbums  sind  nun,  wie  mir 
scheint,  so  genügend  erörtert  worden,  dafs  es  wohl  gestattet  ist, 
ohne  weitere  Begründung  eine  neue  Konjektur  zur  Diskussion  zu 
stellen. 

2.  Neben  vecio  kann  eine  Neubildung  T€ki/o  so  gut  vermutet 
werden,  wie  neben  ach  agiio  existiert    am{pi)reki'iar€  ergäbe  andare. 

3.  Fr.  T.  Cooper  citiert  in  seinem  Werke  „Word  Formation 
in  the  Roman  Sermo  Plebeius"  P-  242  u.  f.  eine  grofse  Anzahl  von 
Verbalableitungen  auf  -mare',  es  seien  erwähnt:  wtugtnare,  aginare, 
ludnare.     Ein  niciit  belegtes  amrektnare  ergäbe  awtnare, 

4.  ambi-  (nach  beiden,  dann:  nach  allen  Seiten)  findet  sidi 
z.  B.  noch  in  ambages,  amplecior,  amptäo,  anqut'ro.  In  amputo  >• 
frz.  enter  hat  es  im  Spradibewufstsein  seine  Bedeutung  als  Prä- 
position verloren  wie  in  frz.  coudre  das  am. 

5.  vlho  heifst  nach  Freund:  mit  dem  Körper,  zu  Wagen,  Pferde, 
Schifie  u.  dgl.  tragen,  fahren,  fuhren.  Im  Passiv  wird  das  Verbum 
fur  alle  Arten  des  sich  Bewegens  gebraucht  advehulo  ergäbe  aller. 
Was  den  Bedeutungswandel  anbetrifft  ver^'eise  ich  auf  das  rumän. 
Si  duct,  sc  aduce  »gehen*  und  das  deutsche  »fahr  wohl*,  ,eiu  fah- 
render Schuler*. 

6.  Das  Ergebnis  dieser  Auffassung  wäre  also: 

vehi 


ad-  am- 


advthulare  amvehinare        amrehùare 

I 

a¡/er  amnar,  anar        andare. 


J.  Ulrich. 


Altengad.  cnj^it-r. 

In  dem  von  mir  edierten  altoberengadinischen  Drama  Susanna 
(Frauenfeld  188S)  heifst  es  w.  1401 — 02: 

B«îe{:e  für  da.«  Wert  hndcn:  S.  12  barrasse  s.  f.  ridelle:  S.  24  Jfbarousst  ,ôter 
les  ridelles  de  la  roiiiire*;  S.  24  embariiu^si  , meure  les  ridelles  à  la  voiture*; 
S.  95  •  sixpplémcni^«  :  barrcucha  s.  f.  ,1e  contena  des  ridelles*. 


J.  ULRICH,   ANDARB,  ALLRR;   A.  E3IGADL  CCPIIZ  KIC  507 

Âlg  aù  cupiiz  *lg  vaia  davatpUz, 

CK  els  d*  chiaiwürgias  et  wuatzoegmtas  stm  piaams, 

vv.  1431  —  32: 

Aini  in  *g  muond  ais  cupiiz  *ig  caars^ 
chia  nun  £  sœgm'a  oter  co  *ls  signuors. 

In   einem  Briefe,   den  Georg  Jenatsch    an   die  Gemeinde  Sent   nn 
Unterengadin  schreibt  (£.  Hafiter,  Urknndenbncfa,  Qiar  1892,  P- 1-^) 

heifst  es: 

Dalg  temps  nus  crajajvons  da  essar  ümqualchi»sa  scM  as  tschan^ 
tschavüa  per  otra  vycL,  mu  haviand  cupetz  pruvo  chia  da  nus  i^s 
vessa  nun  pudains  Onguotta  et  chia  stuvains  dopender  da  oter  s  prim-' 
dps  schi  stuvains  müder  la  Chiantun, 

£s  geht  aus  den  Stdl^i  hervor,  dais  cupiiz  ein  Wort  der  Be- 
kräftigung ist;  ich  glanbe  nicht  fehl  zo  greifen,  wenn  ich  darin 
cum  pectore  =  veramente  sehe,  ohne  indessen  mich  entsdieiden  za 
wollen,  ob  es  sich  am  cum  pectus  oder  cum  pectu  +  adv.  s  handelt; 
das  letztere  ist  wahrscheinlicher. 

J.  Ulrich. 


Engad.  padimer 

(in  reflexiver  Bedeutung)  vergleidit  Pallioppi  mit  frz.  badiner  (!). 
Das  Wort  bedeutet  ,sich  gedulden'.  Wem  das  rumänische  Wort 
páiima,  allerdings  in  der  Bedeutung  , Leidenschaft,  Wut',  bekannt 
ist,  wird  nicht  daran  zweifeln,  dafs  das  von  Cihac  vorgeschlagene 
Etymon  Jiàd^rjfia  auch  für  das  engad.  Wort  paisL  Was  die  Be- 
deutungsentwicklung anbetrifft,  mag  an  iL  sofferenza  =  pazienza, 
Schweizerdeutsch  ,sich  leiden*  =  , Geduld  haben'  erinnert  werden. 

J.  Ulrich. 


BESPRECHUNGEN. 


Romania.    No.  ii6,  Octobre  1900. 

A.  Longnon,    Un  vestige  de  P épopée  mérovingienne,    La  chatuon  it 
Vabbé  Dagobert  nennt  der  Verfasser  eine  dem  Floovant  an  die  Seile  gcstdlle 
chans)n  de  geste  aus  der  Merovingerzeit,  die  er  in  dem  Liber  de  composiUom 
castri  Ambaziae,   vor  II 54   (gedruckt   in  Chroniques  des  contes  d^ Anjou  ^^ 
Marchegay   und  Salmon),    bezeugt    erkennt.     Ihr   sei    eine    Cantilena  voraos* 
gegangen  y    der    zufolge,    abweichend    von    den    geschichtlichen    Nachrichten, 
Dagobert  II.  der  Heilige,  den  der  Hausmeier  Grimoald  in  ein  Kloster  bracbte. 
um  seinen  Sohn  Cbildebert  an  seiner  Stelle  zum  König  zu  machen,  im  Kloster 
verblieben,  als  Abt  desselben  gestorben  wäre  und  seinen  Oheim  Chlodwig  H. 
in  einem  Kampfe  gegen  Kaiser  Justinian  mit  50000  Mann  unterstützt  hatte. 
Das  sieht  aber  auch  einer  Klosterlegende  nicht  unähnlich.     L.  verwendet  bd 
seiner    Demonstration    das    von   mir   Grundrifs  II  l,  449    fur    epische  Ueber* 
liefcTung  geltend  gemachte,  von  der  erbwörtlichen  Form  historischer  Personen* 
namen   hergenommene   Argument.     Doch  zeigt  nur   die   Schreibang  Giimodos 
für  Grimoaldus   in  dem  Liber  de  composilione  solche  erbwörlliche  Fonn  (vgl« 
dazu   übrigens    Grimol    im   Polyptychon   Irminonis).      Dagegen    erscheint   der 
Name  Dagoberlus,  der  Daubert,  Dobert  erbwörtlich  lauten  konnte,  aber,  durch 
Vermittelung    von    Dagibcrt,    französisch    Daibert    (Name    eines   Bischofs    ^'^ 
Bourges  bei  Richer  im  Ausgang  des  lO.  Jhs.)   lautete,   in   jenem  Text  in  d«î 
Chronistenschreibung,  und  den  Namen  ChiMebert  mit  der  Schreibung  des  Iil>*' 
Eduardus    zu    vermitteln,    ist    L.    nicht   gelungen.      Der   Beweis   für   das  nc*** 
Merowingerepos  scheint  mir  daher  nicht  erbracht  zu  sein. 

E.  Galtier,  Byzantina.  Gelehrter  Nachweis  von  orientalischen  P*^' 
allclen  zu  all  fr.  Er¿ahIungsstoffen,  besonders  zu  Marieuwundern  und  zu  Heilige **' 
legenden,  die  aus  dem  Orient  eingeführt  zu  sein  scheinen. 

P.  Meyer,    Le  psautier   de    Lambert    le   Bègue.     Lambert,   der  Slii*^*-"^ 
der  Beguinen   (f  1177),   wird   als   Uebersetzer    der  Apostelgeschichte  und  *^^^ 
paulinischen  Briefe  in  seiner,    der  lütticher  Mundart,   in    einer   neuen,  zu  v»^ 
anonymen  hinzutretenden  Hs.  seiner  frz.  Psalmenübersetzung,  Brit.  Mus.  K^^' 
21 114,    die  M.  eingehend    beschreibt,   in  Umschriften   zu   einem  Bild  von  il^*** 
bezeichnet,   auf  dem  L.  sich  als  Verfasser   der  Psalmenübersetzung  nicht  n»^*' 
sondern    auch    als    Erfinder    einer    ingeniösen    Kalendertafel    (imraerwährcncJ^'*^ 
Kalender)   nennt,    die    auch    andere  Hss.    seiner  Psalraenbcarbeitung   cnthalt^^' 
In  ihre    28  I-ängs-  und  19  Querfelder    (für   den    28 jährigen  Sonnen-  und  d^^ 
19jährigen  Mond-Cyclus)   sind   35    einzelne  Buchstaben   oder   Konsonant  "**** 


ROMANIA   NO.  1 1 6.  509 

Vokal  in  mehrfacher  Wiederholung  eingeschrieben,  deren  Sinn  nnd  Zweck 
^  ans  einem  in  den  Hss.  ebenfalls  überlieferten  Osterkalender  ermittelt,  in 
dem  die  35  Tage,  auf  die  Oitem  fallen  kann,  mit  eben  denselben  35  Bach- 
staben oder  Buchstabengmppen  bezeichnet  sind.  Sie  setzen  zwei  Hexameter 
und  doige  Fûfse  eines  dritten  zusammen,  in  denen  sich  Lambert  wiederum  als 
Erfinder  seines  Kalenders  nennt.  Der  Kalender  beginnt  in  der  ersten  der 
28  Laogsfelder  mit  dem  Jahre  11 40,  in  der  zweiten  mit  dem  Jahre  1168  n.s.f.; 
er  wird  daher  zwischen  1140  und  1168  entworfen  sein.  M.  teilt  noch  zwei 
Gebote  an  Christus  in  Versen  aus  der  Hs.  mit  und  fügt  noch  eine  Bemerkung 
betr.  eine  Lambert  beigelegte  Schrift  Anti£^aphum  bei.  G.  G. 

C.  Salvioni,  A  Proposito  di  amie  zeigt,   dais  der  Konsonantenwechsel 

-co,  -éi  im  Italienischen  in   viel  weiterem  Umfange    besteht,   als   man    bisher 

wuisle,  und  giebt  zahlreiche  Beispiele  von  der  Umgestaltung  der  Singularform 

nach  der  Pluralform  bei  diesen  Typen  sowohl  wie  bei  manchen  andern.     Die 

Frage,  in  wie  weit  die  heutigen  ¿r'- Formen  erst  analogisch  seien,   wird  nur 

gestreift,  sie  scheint  mir  wichtiger  zu  sein,  als  der  Verfasser  wohl  annimmt. 

Die  Vermutung,  dafs  span,  lombriz  ebenfalls  ein  Plural   sei,  möchte  ich   mit 

greiserer  Bestimmtheit  aussprechen.    Ich  glaube,  dafs  wie  naricoé  -f  x  ein  narit 

liervorgerufcn  hat  (Rom.  Gr.  H.  S.  457),  so  ¡ombrici  4-  J  zu  lombrizes  geworden 

eiiicn  Sing,  lofnbris  bekommen  habe,  halte  übrigens   dafür,   dafs  auch   die  s- 

Formen  von  formicae  (Rom.  Gr.  II.  S.  23)  s?ch  ähnlich  erklaren.   Den  Vokativ 

bmbricâ,  den  Salv.   heranzieht,    wurde  ich    als  ungebräuchlich  freilich  aus- 

schilten.    Alb.  Pevris  ist  weder  mit  -ici  noch  -ice  vereinbar,   auch   in  v  aus 

90  mehr  als  aufiallig.    Ein  Anhang  behandelt  luportièu  *  Hopfen  '   aus  ¡upo- 

Urtica.  ^  W.  Meykr-Lübkk. 

MELANGES.  P.  Toynbee,  Tartar  cloths  (Inferno  17,  14—17).  T. 
weist  die  tartarischen  Gewebe,  von  denen  Dante  an  jener  Stelle  einen  Ver- 
gleich hernimmt,  im  13. — 14.  Jh.  als  allgemein  bekannt  und  geschätzt  nach. 

A.Longnon,  Les  deux  Coquülart,  stellt  an  der  Hand  von  Dokumenten 
^  dafs  der  ältere  der  beiden  von  G.  Paris  erkannten  Guillaume  Coquillart, 
<lcr  Uebersetzer  von  Josephus'  Antiquitates  judaicae,  des  übermütigen  Rheimser 
I^chters  und  Kanonikus*  der  Notrcdame-Kirche  zu  Rheims  Vater  war,  und 
^  der  Name  Guillaume  Coquillart  unter  den  Beamten  von  Rheims  bis  Ende 
^  16.  Jhs.  wiederholt  anzutreffen  ist.  G.  G. 

Oliver  M.  Johnston,  Development  of  latin  e  into  ç  in  Tuscan  mente 
'"^  mento  forms  nimmt  an,  dafs  -mento  von  mente  beeinflusst  sei,  dieses 
^  §  von  den  Endungen  betonter  Formen  von  dimenticare,  rammentare, 
^'^ovare  u.  s.  w.  bekommen  habe. 

R.  J.  Cuerva,  Acudia,  angeblich  die  Bezeichnung  des  Leuchtkäfers  wird 
***  einfaches  Mifsvcrständnis  der  3.  Sing.  Imperi  von  acudir  erwiesen. 

Ch.  Joret,  Norm,  écaré  *  ausser  sich  bringen'  zu  anord.  skyarr  *furcbt- 
^^^\  engl,  to  scare,  W.  Meyer -Lübke. 

COMPTES  RENDUS.  Forschungen  tur  romanischen  Philologie-,  Fest- 
8*he  fur  Suchier  (G.  P.;  A.  Thomas);  Bruckner,  Characteristik  der  ger- 
^fischen  Elemente  im  Italienischen  (Cipriani);  Le  Bestiaire  de  Philippe  de 
^^n  p.  p.  Walberg  (G.  P.);  Le  chevalier  à  Vépée  éd.  by  Armstrong 
(G« P.);  Juan  Manuel,  El  libro  de  los  enxiemplos  del  conde  Lucanor,  Text 
>U  dem  Nachlasse   von  H.  Knust,  hcrausg.  von  Birch-Hirschfeld  (Maria 


512  BESPRECHUNGEN.     B.WIESE, 

zeit,  Don  a  doni,  Di  uno  sconosciuto  poema  eretico  della  seconda  metà 
del  Cinquecento.  Provenzal,  /  riformatori  della  bella  letteratura  tfcUiana: 
Eustachio  Manfredi,  Giampietro  Zanotti,  Fernando  Antonio  Ghedini,  Fran' 
Cesco  Maria  Zanotti,  Studio  di  storia  letteraria  bolognese  mi  sec.  XVI II. 
Marchesi,  /  romanzi  de IV  abate  Chiari.  Anzoletti,  Maria  Gaetana 
Agnesi,  D'Ancona  e  Bacci,  Manuale  della  letteratura  italiana.  Voi.  IV, 
Nuova  edizione  interamente  rifatta.  Ostermann,  La  poesia  dialettale  in 
Friuli,  Renard,  La  méthode  scientifique  de  l* histoire  littéraire.  Croce, 
l^es i  fondamentali  di  un*  Estetica  come  scienza  dell*  espressione  e  linguistica 
generale. 

ANNUNZI  ANALITICI,   PUBBLICAZIONI  NUZIALI 

COMUNICAZIONI  ED  APPUNTI: 

V.  Clan,  Un  codice  del  „De  Principatu**  di  Mario  Salomoni,  In  Er- 
gänzung zu  seinem  Aufsatze  „Un  trattatista  del  „Principe"  a  tempo  di 
N.  Machiavelli"  (vgl.  Lbl.  für  germ.  u.  rom.  Phil.  XXII  Sp.  17)  beschreibt  Cian 
hier  eine  ihm  inzwischen  bekannt  gewordene  prachtvoll  ausgeführte  Hand- 
schrift des  „De  Principatu",  jedenfalls  das  Widmungsexemplar  an  Leo  X. 
Unter  anderem  stellt  er  dabei  fest,  daCs  die  Abweichungen  des  pariser  Druckes 
von  der  Handschrift  nur  formaler  Natur  sind,  dafs  also  seine  Vermutung 
einer  redaktionellen  Aenderung  an  einigen  Stellen  nicht  zutrifft.  G.  Agnelli, 
//  cuore  di  Vincenzo  Monti,  Das  Herz  Montis  wird  jetzt  auf  der  städtischen 
Bibliothek  in  Ferrara  aufbewahrt.  Agnelli  gicbt  eine  kurze  Darstellung,  wie 
es  dorthin  gelangt  ist. 

CRONACA: 

Periodici,  kurze  Mitteilungen,  neuerschienene  Bücher,  Nachruf  für  Gio- 
vanni Andrea  Scartazzini. 

Berthold  Wiese. 


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1.  Hess.  .\ntii|uai'iat,  EllwangCn  (niirllcmbcrg) 

senilel  auf  V^rUnircE  gratis  und  traoXo  K*ì*\-^k: 

Rhaetoromanische  Büchersammlung 

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mit  den  ältesten  rhaetoromanischen  Drucken. 

■V    Kntnhtgo  von  allen  IVissenücbnfteD  gratis  nnd  franhu.  'VM 

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Soeben  ist  oracliioDen:                                                                                ^^H 

Lais  et  Deseorts  Francai»  ■ 

du  XIII"  siMo.                          H 
^^    Texto   ot    MusiqiH»    ^Ê 

^^^^t                                                      pnr                                          ^^^^^^1 

^^"                     Pnifi-sseiir  ii  l"nniversitó  de  Tnnloiisc                      ^^^^H 

IjOuitB  I}i-tin<lin  et  I*iei*re  A-xtlyi'y           ^H 

A  fL-hi  vistali  -  ralf'O^rapiiPS.                                           ^^H 

(M ('-laueres  <lr   ^iilsirohi^ii'  C'ritiijUO.)                     ^H 

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H.  Welter,  Buchhandlung,  Paris,  4  Rue  Bernard -PalissyH 

Juni                               ^H 

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■ 

n„,ri.  .n..  F.hrh.rril  Kdrr»    lbll>  >.  K. 

1 

Ausgegeben  den  16.  Septemlaßr  f§01. 


11 


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ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ROMMISCHE  PHLOLO&IE 


HERAUSGEGEBEN 


VOM 


Dr.  GUSTÁY  GROBER, 

PUOFRSSOK    AN    DRR    UNIVERSITÄT   STRASSHrk<>    i.  E. 


1901. 


XXV.  BAND.     5.  HEFT. 


HALLE 

M  AX    N  I  E  M  K  Y  K  K. 
77/78  GR.  STEINSTRASSE. 

igoi. 

Die  Zeitschrift  erscheint  in  Bänden  (von  6  Heften)  zu  25  Mark. 


INHALT. 


Sdtc 
P.  Toldo,  Études  sur'  la  poésie  burlesque  française  de  la  Renaissance. 

Schlufs  (19.  2.  00) 513 

Carolina  Michaí^lis  de  Vasconcellos,  Randglossen  zum  altportugie- 

siscben  Liederbuch.    Forts.  (18.4.  00) 533 

B.  Jabekg,    Péjorative   Bedeutungsentwicklung  im  Französischen.     Mit 

BerûcksicbtiguDg  allgemeiner  Fragen  der  Semasiologie  (18.  5.  01}  561 
W.  Meyer -LÜBKE,  Oskiscb  dat,  ital.  da,  sard,  dot  (r.3.  01)  .     .     .     .    602 

VERMISCHTES. 

W.  Meyer -LÜBKE,  Frz.  scieur  de  long  (1.3.  01) 611 

A.  Horning,  Voges.  lur,  burgund.  Idvre  (17.  2.  01) 612 

—  Afrz.  heuce»  nfrz.  esse  (17. 2.  Ol) 614 

W.^ciivcnMiDT,  FicUtum,  fecatum)ßcütum-\-hepäteP  (1^,^,  Ol)      .     .  615 

BESPRECHUNGEN. 
Theodor   Gartner,    Genelin,  Dr.  P.,   Germanische  Bcstandtheile   des 

rätoromanischen  (surselvischen)  Wortschatzes  (19.  12.'  00)     .     .     617 

—  JTuonder,    Josef,    Der  Vokalismus    der   Mundart    von    Disentis 

(1.4.  Ol) 622 

—  Candrian,  J.  J.,  Der  Dialekt  von  Bivio-Stalla  (1.4.  Ol)   .     .     .     627 
E.  KoscHwiTZ,  Eiligen  Herzog,  Materialien  zu  einer  neuprovençalischen 

Syntax  {4.  I.  Ol) 630 

Km.  Wai.hkk(ì,    André  G.  Ott  (de  Zurich),   Étude   sur   les   couleurs    tn 

vieux   français  (19.  2.  01  ) 033 

ilHiNKicii  ScHNKF.GANS,    Siudi    glottologici   italiani    diretti    da    Giacomo 

de  Gregorio.    I.  (4.9.  00) 636 


Manuskripte    für    die  Zeitschrift    sind    an   den  Heransgeber, 
Strafsbiirg  i.  Eis., 

Universitätsplatz  8 

zu  senden.    An  die  Verlagsbuchhandlung  Max  Niemeyer  in  Halle 
sind    alle  Honorar  und    Sonderabzüge  angehenden   Anfragen  und 

Wünsche  zu  richten. 


Etudes  sur  la  poécde  bmlesqne  française  de  la  Benaissance. 

(Fin.) 

Description  burlesque  des  villes. 

Cest  là  un  genre  d'un  caractère  assez  plaisant  et  qui  donna 
à  la  littérature  des  deux  pays,  lltalie  et  la  France,  des  pièces  de 
quelque  valeur  littéraire.  Rappelons,  dans  la  foule,  Antoine  Pucci,^ 
qui  en  plein  XIV*  siècle,  dédia  à  la  description  du  Mercato  Vecchio 
de  Florence  un  petit  tableau  de  genre.  Il  y  a  là  la  dame  des  halles, 
vendant  à  la  cri^  sa  marchandise  et  se  prenant  de  paroles,  avec  ses 
compagnes.  On  y  voit  aussi  le  mendiant  étalant  ses  plaies  et  ses 
misères,  les  joueurs  venant  aux  mains,  les  badauds,  chantant  au 
soleil  et  les  filous  faisant  leur  pèche  dans  les  poches  des  sots: 

„Donne  di  mal  affare,  uomini  vani 

Malandrin  vi  son,  zanajuoli  e  goffi 

E  tignosi  e  scabbiosi  accattapani." 

Et  le  marché  devient  de  plus  en  plus  animé;  on  y  vend  de  la 
viande,  des  pigeons,  des  lapins,  on  se  presse,  on  se  bouscule,  on 
críe,  on  fait  du  tapage: 

„Qui  v'  ba  cbi  vende  taglieri  e  scodelle, 

Chi  vende  liscio,  ed  ewi  il  calzaiuolo, 

Cbl  vende  calze  e  cappelline  belle.« 

Le  Pistoia  2  décrit,  à  son  tour,  les  lieux  qu'il  visite,  et  surtout  les 
femmes,  sans  épargner  celles  de  Florence: 

„Chi  vede  loro  il  petto,  il  viso  e  '1  mento 

Paion  vesciche  secche  senza  vento." 

Louis  Pulci  nous  a  laissé  ses  souvenirs  personnels  de  Milan,  de 
Naples  et  de  Venise ^  et  le  Burchiello*  s'en  prend  à  cette  der- 
nière ville: 

„Non  son  tanti  babbion  nel  Mantovano, 

Ne  salci,  né  ranocchi  in  Ferrarese, 
Né  tante  barbe  in  Ungheria  paese, 
Né  tanta  poveraglia  è  in  Milano  . . . 
Quant'  è  in  Vinegia  zazzere,  e  cammini." 


*  cfr.  Raccolta  di  rime  antiche  toscane.  Voi.  Ili  p.  305. 
'  éd.  Renier  p.  16  sqq.  174.  193. 

>  éd.  Rossi  1758   Sonetti  di  Matteo  Franco   e  di  Luigi  Pulci   p.  85,  93, 
8.  6.  87.  94. 

^  éd.  citée  p.  90  sqq. 

i.  COBB.  PhO.  XX Y^  33 


s  14  P-  TOLi 

Essayant  tous  les  genres  du  burlesque,  le  Bcmi  sot  peindre 
aussi  avec  beaucoup  de  verve  les  lieux  où  il  vivait.  Il  chanta 
partant  les  „fanghi  immortali"  de  Vérone,  ce  dont  il  eut  l'air  de 
se  repentir  ensuite.  Il  n'oublia  non  plus  de  dédier  plusieurs  vers 
à  une  certaine  „badia"  dont: 

„ogni  stanîa  è  a 

Camera,  sain,  tinello,  e  spedali 

Ma  sopra  tutto  stalla  naturale.' 
Le  Mauro   dans    son  voyage    de  Rome    et  le  Dolce  dans  sa  lei 
à  „messer  Daniello  Buonriccio"    dócrivent    les    Ueuí  qu'ils    visiti 
toujours    de  manière   á  en  faire  ressortir  le  côté  burlesqi 
le  capiloh  de  l'Orsilago  „sopra  il  buon  esser  di  Livorno" 

„Letto  di  Tebbrì  e  Dido  di  moria" 
on  ne  fait  certainement  pas  l'apologie  de  cette  ville,  qu'on  gratili« 
des    litres    de    „cloaca    o    puzzolente   avello".     Les    habitants   ont, 
si  l'on  veut  lui  en  croire,  toute  sorte  de  vices: 

„Qui  la  bravura  stü,  qui  1'  odio  aperto. 

Qui  con  la  fraude  l'avarila  regna, 

Qui  le  fatiche  altrui  stan  senza  merlo. 

Qui  porta  Bacco,  e  Venere  I'  inBegna, 

Qui  la  bilancia  sotto  sopra  è  volta, 

Qui  non  è  cosa  di  notiiia  degna." 
Ferrare  n'échappa  non  plus  à  la  médisance  des  poètes  sat 
et  au  XV=  siècle,  on  s'amusait  ¡\  la  tourner  en  ridicule.' 
Toujours  à  la  mSme  époque,  on  a  une  description 
di  Corfu  d'un  auteur  incertain,  oit  cette  î!e  est,  on  ne  pourrait  plus 
maltraitée  surtout  á  cause  de  l'ignorance  de  ses  habitants.  La 
description  est  assez  soignée,  dans  l'énumération  des  choses  notables 
et  il  n'y  a  rien  de  burlesque  dans  ce  que  le  pof^te  chante  de  ta 
misère  des  paysans  de  cette  region  jadis  si  florissante.  Dans  no 
autre  capitolo,  un  poète  anonyme  se  rejouit,  de  „la  partenza  da 
Roma",  à  cause  de  l'air  vicié  et  Rome  avec  ses  ruines  inspire 
nombre  d'auteurs  burlesques,  satiriques  et  sérieux;  au  nombre  dtf 
ces  derniers  on  ne  saurait  oublier  le  Castiglione. 

Giulio  Strozzi  compose  à  son  tour  un  capiloh  sur  la  ville 
Varsavie,  qui   est    représentée    comme    une  sorte   de  purgatoire 
mieux  d'enfer.    Les  Polonais  sont  peints  en  brigands,  qui  dévaliseidl 
les  voyageurs  et  pour  ce  qui  est  de  la  propreté  des 

„Il  naso  non  su  piii  dove  ucearlo, 

E  íon  le  strade  cosi  scbue,  e  lorde, 

Che  ne  sento  il  fetore  a  ritce Ontario." 
En  France  ce  genre  crut  bientôt    d'une  vigourtîuse  poussée  et  sutÉ 
garder,  dans  son  ensemble,  une  physionomie  assez  originale. 


Ion« 

un   gidtilic 

itants  ont, 

satmqtieli^H 
de  la  dttff^ 


'  cfr.  ce  qu'en  dit  M.  Ludovic  Frati  dam  le  Giom.  Stor,  della  leti,  ¡i 


POéSIB  BURLESQUE  FRANÇAISE   DB  LA  RENAISSANCE,  515 

à  Joachim  du  Bellay  l'honneur  de  l'avoir  initié.  ^  Dans  son  séjour 
forcé  en  Italie,  loin  de  cette  France,  qu'il  chérissait  si  fort  et  du 
cercle  joyaux  et  bruyant  d'amis,  où  il  trônait  jadis  à  côté  de 
Ronsard,  notre  poète  se  crut  dans  une  condition  semblable  à  celle 
d'Ovide  au  milieu  des  barbares.  Ces  décombres  d'une  grandeur 
passée  peut-être  pour  toujours,  cette  désolation  des  rues,  où  la 
victoire  passait  jadis  sur  son  char  triomphal,  cette  cour  luxueuse 
da  Pontife  si  peu  en  harmonie,  avec  le  caractère  primitif  du 
christianisme,  tout  cela  assombri  par  l'éloignement  de  sa  patrie,  in- 
spirait à  Du  Bellay  les  regrets  les  plus  cuisants. 

Dans  le  sonnet  du  Castiglione,   que  nous   venons  de  citer,  le 
poète  s'écrie,  entre  autres  choses: 

„Colossi,  archi,  teatri,  opre  divine, 
Trionfai  pompe,  gloriose  e  liete, 
In  poco  cener  por  converse  siete, 
£  fatte  al  volgo  vii  favola  alfine." 

C'est  là  le  motif  dominant  de  Du  Bellay,  mais  il  ne  faut  pas 
onblier  la  différence  des  sentiments  des  deux  auteurs,  l'un  regar- 
dant avec  douleur  sa  patrie  ravagée  par  les  étrangers,  l'autre, 
étranger  lui-même,  et  indifférent  au  sort  d'une  nation  qu'il  mé- 
prisait du  fonds  de  son  âme.  Les  Regrets  ont  donc  un  caractère 
sartout  mélancolique:  ce  sont  les  Trisiia  de  Du  Bellay,  mais  on 
7  trouve  aussi  des  pages  inspirées  à  la  muse  satirique  et  burlesque. 
La  corruption  du  clergé  le  frappe  d'étonnement.  „L'ambition,  la 
^ne,  la  feintise"  dominent  les  prélats,  dit-il,  et  il  connaît  assez 
bien  les  vices  même  les  plus  secrets  des  cardinaux  devant  qui  il 
doit  se  courber,  s'il  parle,  avec  malignité  de  „cet  Ascagne"  que  le 
cardinal  Caraffe  „aymoit  plus  que  ses  yeux". 

Mais  le  poète  français  se  fait  bientôt  à  cette  vie  libertine  et 
alors  la  satire  cesse  et  cède  sa  place  à  une  sorte  de  lyrisme  bur- 
lesque. C'est  au  milieu  des  fêtes  et  des  amours  faciles  que  les 
heures  de  cet  exil,  pas  trop  malheureux  après  tout,  s'écoulent  assez 
rapidement  pour  notre  poète.  Il  ne  craint  que  la  transformation  de 
53-  «barbe  françoise  en  barbe  italienne",  allusion  évidente  au  „mal 
<1^  &it  peler"  et  auquel  il  regrette  que  les  français  aient  donné 
leur  nom.  Et  ici  le  burlesque  commence.  Ces  cardinaux  paraissent 
les  maîtres  du  monde,  mais  il  suffit  que  le  pape  soit  indisposé, 
pour  que  leur  visage  s'altère  et  il  les  voit: 

„pallir  lors  qae  sa  Saincteté 
Crache  dans  un  hassin,  et  d'un  visage  blanc 
Cautement  espier  s'il  y  a  point  de  sang, 
Puis  d'un  petit  soubriz  feindre  une  scureté." 

^  Conclave  auquel  il  assiste,  lui  oflöre  un  autre  spectacle  étrange: 

j*  *  Sur   l'influence    italienne    dans   l'œuvre    de    Joachim    du    Bellay    cfr. 

jj*  ^Hamard  dans  les  mémoires  de  Vuniversité  de  Lille  (VIII.  24)  et  ce  qu'en 
J>  Vianey  dans  la  Revue  de  Vhist,  de  la  France  VIII  pp.  151  sq. 

33* 


5l6  p.  TOLDO, 

„H  tail  bon  voir  (Paschal)  nn  conclave  serré. 

Et  l'ime  chambre  ì  l'antr«  également  Toiòne 

D'aDticbambre  servir,  de  salle  et  de  cuiäne 

Ed  on  petit  recoing  de  dix  pied«  en  caire: 

D  fait  bon  voir  autour  le  palais  cmmDri, 

El  briguer  la  dedans  ceste  tionpe  dirine, 

L'uD  par  ambition,  l'aatie  par  bonne  mine. 

Et  par  despit  de  l'nn.  eitre  l'autre  adoii; 

□  lait  bon  voir  dehon  toute  la  ville  en  ames, 

Ciier  le  Pape  est  Tait,  donner  de  fsuli  alarmes, 

Saccager  tm  palais:  mais  plus  que  tont  cela 

Fait  boD  voir,  qoi  de  l'un,  qoi  de  l'autre  se  vante 

Qui  met  pour  œitui-cy,  qui  met  pour  ceslni-lä 

Et  pour  moins  d'un  escn  dix  cardinaux  en  vente." 
Et  celle  succession  d'un  pontife  à  l'autre  et  cette  rivalité  des  car- 
dinaux sont  souvent  souillées  des  crimes: 

„ïleurem  qui  peult  long  temps  sans  danger  de  poison 
Jouir  d'un  chapeau  rouge  ou  des  clefs  de  Saincl  Pitrre!" 
Le  spectacle    de  la  ville    n'est  pas    seulement   douloureux  pour  les 
andennes   ruines.     Rome    se    présente    aas    yeus    de    notie    poète 
aptes   les  horreurs    du  sac  célèbre.     Partout  de  la  misere,    parfont 
des  cris  de  détresse: 

„On  ne  void  que  soldats,  et  morrions  en  teste  . . . 

Et  Rome  tous  les  jours  n'attend  qu'an  autre  sac" 
Malgré  tout  cela,  le  peuple  s'intéresse  encore  à  la  politique,  conuae 
du  temps,  où  il  dominait  l'univers: 

,Jci  le  vil  faquin  discourt  des  faicts  du  monde" 
et  il  a  vite  oublié  ses  misères  lorsque  l'occasion  se  présente  de 
s'amuser,  dans  l'inconscience  tranquille  de  l'avenir.  Du  Bellay  lui- 
même  c^t  cntratoé  par  le  carnaval,  qui  frémit  dans  les  nies  et 
passe  sous  les  arcs  de  triomphe  destinés  désormais  à  contempler 
celui  de  la  folie  humaine: 

„Allons  baller  en  masque,  allons  DOUs  ponrmener,  H 

Allons  voir  Marc  Antoine,  on  Zany  boufTonner,  ^H 

Avec  son  magniftqae  i  la  venltiemic  .  ■ .  ^H 

Voyons  d'ocuTc  parfumez  nn  orage  grcsler  S 

Et  la  fusée  ardente  silver  menu  par  l'air," 
Le  poète  assiste  aussi  à  la  chasse  aux  taureaux,  courtine  les  pré- 
lats les  plus  en  crédit,  fait  „l'habile  homme",  visite  „d'huis  en  bus 
la  Marthe  ou  la  Victoire"  et  lorsqu'il  loge  le  diable  dans  sa  bourse, 
il  sait  retrouver  le  quartier  des  juifs.  D'ailleurs  dans  deux  sonnets, 
qui  ont  cette  forme  caractéristique  empruntée  au  Bemî,  de  ne 
former  qu'une  longue  période,  dont  le  ^ens  reste  suspendu  jusqu'au 
dernier  vers,  le  poite  peint  de  main  de  maiUe  la  vie  de  Rome 
et  celle  qu'il  méne.  Dans  le  premier,  adressé  à  Morel,  ¡1  dit  que 
„tout   le   bien  qu'en   trois  ans  à  Rome  j'ay  appris"  consiste  à  sa- 


POÉSDS  BT7RLBSQUE  FRANÇAISB  DE  LA  RSNAISSANCB.  517 

voir  courtiser  les  créanciers,  à  cacher  sa  pensée  comme  sa  pire 
ennemie  et  à  vivre  avec  tout  le  monde.  Dans  l'autre  encore  plus 
consn  et  qui  commence: 

„Marcher  d'un  grave  pas,  et  d'un  grave  lourci'* 

il  décrit  la  prudence  et  la  gravité  des  gentilshommes  de  la  cour 
de  Rome,  aussi  bien  que  leurs  cérémonies  et  leur  pauvreté  cachée 
avec  fierté.     Du  Bellay   s'amuse  encore  à  contempler   la   toilette 
des  courtisanes  de  la  ville  étemelle;  il  les  voit  ,^iier  de  nuict  en 
masque'*  et  on  peut  dire  qu'elles  l'intéressent  autant  et  plus  encore 
que  les  „superbes  ruines''.     Pour  lui  „de  Vénus  la  grand'  bande 
lascive"  dresse  „de  tous  costez   mil  appas  amoureux'*  et  ce  qu'il 
dit  de  la  Curta   ne  l'empêche  point  de  '  s'adresser  aux  cardinaux 
avec  cette  humilité  quelque  peu  rampante,   dont  il  avait  appris  le 
secreti  dit-il,  à  l'ombre  du  Colisée.    Les  noms  glorieux  des  anciens 
romains  appliqués  à  leurs  descendants  lui  suggèrent  des  considé- 
rations d'ordre  varié: 

,  Jl  me  fache  d'ouïr 

Nommer  une  Thaïs  da  nom  d'une  Lucrèce" 

et  ce  qui  le  fâche  encore  davantage  c'est  de  voir  les  cardi- 
naax  et  les  pontifes  issus  des  familles  les  plus  vulgaires.  On  voit, 
«•éoie-t-il: 

„ . . .  trainer  après  lay  on  long  orgueil  romain 
Celui,  de  qui  le  pere  a  l'ampouUe  en  la  main 
Et  l'aiguillon  au  poing  se  courbe  à  la  charrue." 

Id,  de  même  qu'en  d'autres  considérations  de  cette  nature,  on 
est  obligé  d'avouer  que  notre  poète  n'a  pas  le  sentiment  de  la 
modernité:  au  milieu  des  villes  étrangères  et  d'une  civilisation,  qui 
brille  encore  d'une  vive  splendeur,  il  reste  toujours  le  bon  Angevin 
änx  idées  simples,  parlant  le  langage  de  sa  patrie  et  dédaignant 
tonte  comparaison  entre  la  vie  et  les  mœurs  de  l'Italie  et  celles 
de  la  France: 

„Ce  n'est  le  fleuve  Thusque  au  superbe  rivage, 
Ce  n'est  l'air  des  Latins,  ny  le  mont  Palatin, 
Qui  ores  (mon  Ronsard)  me  fait  parler  latin, 
Changeant  à  l'estranger  mon  naturel  langage.*' 

^e  Rome  il  passe  aux  autres  villes  et  aux  autres  peuples  de  la 
Péninsnle.  Il  a  une  page  affectueuse  dédiée  à  Urbin,  mais  c'est 
^  seulement  qu'il  ne  se  plaint  pas  de  l'Italie.  Partout  ailleurs  il 
^  trouve  que  des  sujets  ridicules  ou  dignes  de  mépris.  Dans  les 
vers  qu'il  adresse  à  Magny,  Du  Bellay  se  moque  des  personnages 
"®  la  république  vénitienne,  qu'il  gratifìe  du  titre  de  „coïons 
"^^goifiques"  et  il  regarde  d-un  air  goguenard: 

„Leur  saint  Marc,  leur  Palais,  leur  Realte,  leur  port. 
Leurs  changes,  leurs  profits,  leur  banque  et  leurs  trafiques.** 

"^s  ce  qui  excite  surtout  sa  veine  moqueuse: 

„C'est  quand  ces  vieux  coquz  vont  espouser  la  mer, 
Dont  ilz  sont  les  maris  et  le  Turc  l'adultere." 


JlS  p.  TOLDO, 

Dans  un  autre  sonnet  où,  (de  meme  que  l'Alamanni  dans  une  < 
ses  satures),  il  peint  le  caractère  des  regions  italiennes,  aussi  bien  q^ 
celui  des  dilférentes  nations,  „l'usurière  avarice"  du  Florentin,  la 
folie  du  Sienois,  ,Ja  rare  vérité"  du  Génois,  „la  trop  cante  malice" 
du  Vénitien,  „la  vanité"  du  Napolitain,  et  la  „poitronnerie"  do  Ro- 
main ne  sont  pas  épargnées.  Mais  il  n'épaïque  pas  non  plus,  Q 
faut  en  convenir,  „l'Anglois  mutin,  le  traistre  Bourguignon,  t'iadiscret 
François,  !e  superbe  Espagnol  et  l'yvrongne  Thodesqne".  Dans  ta 
nouvelle  mam'èrt  de  faire  son  profit  des  ¡ellres,  il  s'en  prend  â  ses 
compatriotes,  qui  n'ont  de  l'admiration  que  pour  ce  qai  vient  \ 
ritaUe.  Le  poète  rran<,-ais  qui  veut  parcourir  une  brillante  c 
doit  tout  d'abord  vbiter  la  Péninsule: 

„Car  c'est  àt  lì  i^nc  vient  la  noe  marchandUe, 
Qu'en  béant  on  admire,  et  que  si  baolt  on  prise," 

Il  pariera,  avec  connaissance  de  cause,  de  Rome,  de  Pavîe^  i 
Venise,  il  louera  à  tont  propos  les  étrangers  et  mépriserB  sa  patii 
revenant: 

„Italie  □  ansù 
De  geste«,  et  d'habiU,  de  port  el  de  langage." 

Enfin  chez  Du  Bellay  la  satire  l'emporte  souvent  sur  le  burlesque 
mais  le  burlesque  y  a  aussi  sa  part. 

Le  cadet  Angoulevent  dans  ses  satyres  bastardes  et  autres  unterà 
[alastres  {Paris,  1615)  dédie  deus  sonnets  à  Venise,  qu'on  peut 
rapprocher  de  celui  de  Du  Bellay.  Dans  le  premier  il  raille  les 
„magnifiques",  mal  „troussez  et  vestus"  et  il  peint,  sous  un 
vais  jour,  les  mœurs  des  patriciennes  de  la  République.  D 
l'autre  la  méthode  de  la  suspension  du  sens  jusqu'au  dernier  v 
révèle  la  source  directe  italienne: 

„S'ectremesler  en  rond  dedans  udc  Moresque, 

Ouïr  quelque  Zani,  faire  mille  discours, 

Voir  messer  Julio  trompé  de  se«  amours, 

Et  pour  nne  Signore  ainer  oae  fantesqae. 

Aller  voir  l'Angela  ou  In  belle  Tudesqne, 

El  pour  se  bien  monter  chevaucber  le  velours. 

Pratiquer  les  caqucz  et  dans  les  carrefours 

Chanter  quelque  sonnet  ou  quelque  Romanesque, 

Follasirer  toute  nulci  dedans  une  gondole, 

Et  pour  donner  martel  manquer  de  sa  parole. 

Apprendre  les  sîlflets  et  les  slices  cognus, 

Remarquer  l'Arélin  et  le  mettre  en  pratique 

Et  brer  enlretenir  l'une  et  l'autre  Venus, 

Voili  les  passetemps  que  prend  le  Magnilique." 
On  est  bien  loin,  on  le  voit,  soit  pour  la  forme,  soit  pour  la 
pensée  des  satires  de  Du  Bellay  et  malgré  l'allusion  à  la  gondole 
et  aux  Zanni,  Venise  ne  paraît  pas  aus  yeux  du  lecteur. 


r 


I 


POÉSIE   BURLESQUE   FRANÇAISE   DE   LA   RENAISSANCE.  519 

y/  Vers    la    même    époque    (Fans,    1617),    le    sieur    Annibal    de 

L'Ortigne,  provençal,  peignait  les  différentes  cours,  qu'il  venait 
de  visiter.  Il  chante  parlant  la  coût  de  France  et  celles  d'Espagne, 
d'Angleterre,  de  Flandre,  de  Savoie,  de  Toscane  et  de  Rome  en 
de  petits  tableaux  quelque  peu  monotones.  A  Rome  il  soupire 
la  France,    d'autant   plus   qu'il    n'a    su    se    frayer    un  chemin   à  la 

»fortune: 
„Je  mis  saoul  de  voir  Rome,  il  eit  temps  que  j'en  sorte 
Dys  quatorze  mois  que  je  cionppU  dedans. 
Oq  chérit  plus  icy  le$  humeurs  des  Pidins, 
Des  Piestrea  et  des  Clers,  que  de  ceux  de  ma  sorte." 

Il  ne  manque  pas  de  faire  la  comparaison,  devenue  désormais 
obügatoire,  entre  la  grandeur  passée  de  la  république  romaine  et 
sa  misère  présente.  Il  voit  au  milieu  des  ruines  la  jeunesse  se 
promener  „les  yeux  fichez  contre  une  jalousie"  transformés  en 
„Adonis",  mais  c'est  avec  les  sentiments  d'un  bon  catholique  qu'il 
prend  part  aux  fêtes  religieuses,  dont  la  magnificence  paraît  l'éblouir. 
'  Rome    est    surtout    présente    à    l'esprit    de    tous    ces    poètes 

voyageurs.  Dans  les  vanités  bibliographiques  publié<?s  par  Edouard 
Tricotel  {Paris,  1863),  on  trouve  vingt-quatre  sonnets  de  Grevin 
sur  Rome,  dont  l'inspiration  est  toujours  la  même: 

„C'est  Rome  qui  fut  grande  eu  pompe  et  majesté, 
Et  ores  n'est  plus  rien  qu'une  ville  destruite." 

Sur  les  ruines  de  l'empire  des  Césars,  on  a  élevé  le  trône  des 
pontifes  „changeant  le  temporel  en  spiritualité";  mais  le  nouvel 
état,  dit-il,  a  lui  aussi  sa  base  ébranlée  et  menace  de  s'écrouler 
d'un  moment  à  l'autre. 

On  trouve  chez  d'autres  poètes  des  allusions  aux  pays  qti'ils 
visitent,  mais  c'est  seulement  au  XVIP  siècle  que  l'on  voit  ce  genre 
de  satire  se  transformer   en  véritable  poésie  burlesque.     Le  maître 
dans    ce    genre    est   t^e   Saint    Amant,    qui    dans  ses    compositions 
s'inspira  toujours  plus  on  moins    directement  à  l'Italie,    et  cheï  lui 
il    ne    s'agit   plus    de    quelques   sonnets    ou    d'autres   petites  pièces 
poétiques  de  courte  haleine.    Sa  Rome  ridicule  est  un  véritable  petit 
poème,   de  même   que    ce  qu'il  écrivit  sur  Albion.     A  la  fin  du  sa 
Romt  ridicule.  Saint  Amant  cite  le  distique  d'Erasme: 
„Roma,  vale,  vidi:  saus  est  vidisse:  revertas 
Cum  Icno,  merctrii,  seurt»,  eiaaedus  ero." 
et  la  pièce  latine  in  Romam  du  Scaliger,  qui  commence: 
„Spure um  cadaver  prìstiuae  venustatis." 

Malgré    ces  exemples,   il  n'y  a  rien  toutefois    de   sérieux    dans   ce 
que   le   poète  français  écrit  sur  l'ancienne  maîtresse  de  l'Univers. 
Il  se  moque  de  ses  légendes,  de  son  Tibre  où 
„le  moindre  p 


L 


A  peine  ■  If 


libre" 


¡IO  p.  TOLDO, 

et    qu'il    pourrait   malgré    sa  „bedaine"    sauter  „à  cloche-pied", 
rit  aussi  da  Cotisée 

„Execrable  reste  des  Golhs 

Nid  de  leiaids  et  d'escaigols" 
et  le  seul  monument,    qui    lui    paraisse  digne   de  quelque  louange^ 
c'est  celui  de  Pasquin.    Ailleurs,  dans  un  sonnet,  il  se   plaint  de  ce 
qu'il  fait  lourd  à  Rome,  en  été,  ce  qui  n'est  pas  convenable  à  son 
naturel  de  buveur. 

Son  po6me  sur  Albion',  il  le  composa  à  Londres  en  1644,  á 
l'époque  où  Cliarles  I  luttait  déjà  contre  son  peuple.  Le  poète, 
en  bon  royaliste,  critique  „ces  malignes  Testes- ron  des"  et  „Messieurs 
les  parlementaires",  mais  sa  critique  est  fade  de  même  que  tout 
le  reste  de  la  composition,  qui  paraît  faite  sur  commande  et  cer- 
tainement sans  aucun  enthousiasme.  C'est  seulement  en  évoquant 
le  souvenir  de  Jeanne  d'Arc  que  Saint  Amant  paraît  s'animer, 
mais  c'est  pour  retomber  ensuite  dans  ses  plaisanteries  monotones 
ou  de  mauvais  goût.  11  critique  te  théâtre  anglais  et  les  femmes 
anglaises.  Celles-ci  passent  leur  temps,  d'après  sa  description,  en 
sacrtñant  à  Bacchus  dans  les  temples  de  la  déesse  de  l'Amour, 
Pour  ce  qui  est  de  leur  toilette  et  de  leur  propreté,  il  assure  que 
„leur  charbon  de  terre,  Put  bien  moins  qu'elles  ne  font".  Qnant 
au  climat: 

D'objets  tristes  et  funèbres: 
Je  n'y  mange  qu'en  tenibra 
Et  n'y  bois  que  des  frimas." 
Ce  qui  le  choque  surtout  c'est  la  rudesse  anglaise: 
„On  n'y  marche  dans  les  villes 
Que  SUT  dd  cailloux  pointus; 
On  n'y  voit  qoe  pas  tortus 
£1  que  morgues  inciviles. 
U,  pour  le  baut  du  pav£, 

P«r  le  cboc  d'an  coude  rogue 

El  l'autre  avec  un  french-dogut 

Est  entrepris  et  bravé." 
Rien  n'est,  à  son  avis,  aussi  grossier  que  l'abord  des  anglaise 
n'y  a  rien   de  plus  detestable    que  leur  cuisine.     L'auteur    coi 
par  tes  louanges  de  la  royauté,  se  déclarant  prêt  à  la  servir: 

„Ou  de  la  plume,  ou  du  glaive" 
pourvu  de  n'en  Ctre  pas  oublié,  ce  qui  fait  comprendre  dans  quel 
but  désintéressé,  il  composait  ces  vers.  Ensuite,  dans  deux  sonnets, 
il  nous  conte  comment  on  l'a  volé  à  Londres 

„Pour  avoir  pris  trop  de  liqueur" 
ce  qui  ne  l'empëchc  pas    de    critiquer,    de  nouveau,    le  beau  ! 
de  ce  pays  „entaché.   Du  vice  de   l'yvrognerie".     Enfin  même  le^^l 


r 


POÉSIE   BURLESQUE   FRANÇAISE   DE  LA   RENAISSANCE.  Jìl 

barbiers  de  l'Angleterre  augmentent  sa  mauvaise  humear.  Dans 
son  Barhtrot,  il  nous  décrit  un  de  ces  personnages,  qui  emploie 
pour  serviette  „un  vieux  haillon  de  mouchoir"  et  qui 

,.A  iait  pour  laver  ma  ttoogoe, 

D'un  pot  de  chambre  un  bassin." 

La  description  de  „la  puante  savonnette"  et  du  „musc  de  son 
haleine"  aussi  bien  que  la  perle  de  ses  moustaches  complotent  ce 
tableau  assez  vif  et  d'un  réalisme  outré. 

Un  autre  tableau,  de  ville,  mais  cette  fois  il  ne  s'agit  plus 
d'un  pays  étranger,  nous  est  présenté  par  Scarron,  dans  son  sonnet 
sur  Paris,  oili  il  parle  de  l'amas  confus  de  maisons,  des  rues 
crottées,  des  filles  perdues,  des  voleurs  de  nuit  et  de  l'embarras 
et  du  bruit  des  voilures  et  des  chevaux.  Saraiin,  s'adressant 
au  comte  de  Fiesque,  éloigné  de  la  cour,  entreprend  de  même  la 
description  de  son  „Paris  sans  pair,  mesme  en  dépit  de  Rome". 
La  France  a  tâché  fort  souvent,  mais  toujours  en  vain,  de  corriger 
cet  enfant  très  beau  mais  aussi  fort  gâté,  qui  joue  gros  jeu,  passe 
la  nuit  en 

„lofnmes  lieux,  tavernes  et  brelans" 

et  ne  se  soucie  que  de  s'amuser:  mais  le  poète,  de  même  que  la 
mère  France,  lui  pardonne  ses  équipées  et  le  regarde  d'un  oeil 
attendri 

C'est  vers  cette  époque  que  la  description  burlesque  des 
villes,  atteignit  le  période  le  plus  élevé  de  sa  vogue.  Berthaud 
publie  eu  1653  „la  ville  de  Paris  en  vers  burlesques,  contenant 
les  Galantcriiîs  du  Palais,  la  chicane  des  plaideurs,  les  Hlouteries 
du  Pont-neuf,  l'éloquence  des  harangcres  de  la  Halle,  l'adresse 
des  servantes  qui  (errent  la  mulle,  l'inventaire  de  la  Friperie,  le 
haut  stile  des  secretaires  de  St.  Innocent  et  plusieurs  choses  de 
cette  nature".  Celle  première  partie  est  suivie  d'une  autre  due  à 
Colletet  et  non  moins  burlesque,  où  il  s'agit  des  tracas  de  Paris 
et  plus  exactement  de  la  Foire  Saint  Laurent  (Scarron  avait  déjà 
composé  sa  Foire  de  St.  Germain).  Il  y  décrit;  „Les  marionnettes. 
Les  subtilitez  du  Pont-neuf.  Le  départ  des  coches.  L'intrigue 
des  servantes.  Le  pain  de  Gouesse.  L'affetterie  des  bourgeoises 
de  Paris.  Le  vin  d'Espagne.  Les  mauvais  lieux  qu'on  fait  sauter. 
I,es  crieurs  d'eau-de-vie.  Les  Aveugles.  Les  Gobelins.  Les 
Etrennes".  Il  y  avait  là  de  quoi  allécher  la  curiosité  du  public 
d'autant  plus  que  l'auteur  avait  l'air  de  servir  de  cicérone  à  un 
étranger  et  de  l'exposer  à  plusieurs  aventures.  II  y  a  certaine- 
ment aujourd'hui  un  certain  plaisir  à  parcourir  ces  pages,  qui 
nous  font  vivre  à  Paris  en  plein  dix-septième  siècle  et  la  variété 
des  types  et  des  spectacles  qui  se  présentent  à  nos  yeux  est  très 
intéressante  et  en  même  temps  instructive.  Ce  Pont-neuf,  de  nos 
jours  si  tranquille,  était  alors  le  rendez-vous  de  la  filouitrit  pari- 
sienne et  de  toute  l'engeance  de  Tabarin,    On  y  voyait  toute  sorte 


522  P-  TOLDOS 

de  charlatans,  de  filons,  de  mardiaiids  M^PongiBents  et  cTemplátTe" 

d'arracheurs  de  dents: 

„Des  fripiers,  libraires,  pedans. 

Des  clunteurs  de  chansons  noa^dOes, 

D'entremetteurs  de  damoiselles. 

De  coupe-bourse,  d'argoders. 

De  maîtres  de  sales  metiers, 

D'operatears  et  de  chxmiqaes, 

Ec  de  médecins  spagiriqnes. 

De  ñns  joueurs  de  gobelets. 

De  ceui  qui  rendent  des  poulets** 

et  cette  foule  si  étrange  et  si  variée  entoure  le  paavre  étranger 
lui  offrant  à  grands  cris  ses  marchandises  et  ses  services.  Le  dâ- 
logue  de  tous  ces  gens  est  rempli  d'une  verre  endiablée.  Il  j 
a.  un  gascon  qui  parle  son  patois,  un  suisse  à  Faccent  ridiciik; 
des  filous  qui  ont  l'oeii  an  guet  et  de  là  on  passe  an  palais  oà, 
entre  autres  choses,  Ton  entend  la  plaidoirie  de  la  femme  d'an 
armurier  qui  veut  être  démariée.  La  raison  fort  vulgaire  de  ce 
divorce  ou  la  retrouve  dans  tous  les  recneiis  de  contes  plaisants 
de  l'époque  et  dans  les  farces  du  moyen  âge.  Arrêtons-nous  avec 
notre  étranger  à  la  buvette  du  Palais,  où  Ton  éconte  les  chi- 
caneurs et  où  Ton  assiste  à  leur  repas.  En  sortant  de  là,  noas 
nous  trouvons  au  milieu  des  embarras  de  Paris  „nn  sabat  dia- 
bolique'' dans  la  fange,  à  l'heure  caractéristique  da  mîdL  Un  tel 
est  renversé  par  terre  et  se  trouve: 

„Couche  tout  plat  dans  un  ruisseau. 

Sa  perruque  estoit  barbouillée 

Toute  sale  et  toute  mouillée: 

Knfm  jamais  enfarinc 

Ne  s'tstoit  veu  plus  estonné, 

Ouand  il  consideroit  ses  bottes 

Il  les  voy  oit  pleines  de  crottes: 

Il  a  voit  perdu  son  chapeau, 

Il  avoit  traîne  son  manteau 

Par  un  des  bouts  dedans  la  fange.** 

On  rf,t/f,M  \t''.  í:oí  Ijers  se  prendre  de  paroles  et  venir  aux  mains, 
tari'li;  /jii'iin  /' riv;iíri  public  compose,  pour  un  de  ses  clients,  one 
i'  ttr<  ;iifi'/iir<  11^,'-  'ri  haut  style,  où  il  dit  à  la  belle  que  le  feu  de 
:.';  ;  y  HZ,  il  ;illiirfi''v  rintcrieur  de  son  microcosme  et  lui  donne  une 
iitifi  ..,i  ;i  ::i  /  Í /iriiplííjué'r,  rappelant  celle  de  Figaro,  dans  le  Barbier 
ilr  Srvillr.  i.;i  •-.'•rvanti:  „qui  ferre  la  mule",  c'est  à  dire  qui  fait 
(lan-,<:r  l'ari.«:  du  |)arii<:r  rst  d'un  comique  achevé  et  est  snivie  par 
h;  vrndiMir  iTirnagiîs,  ijui  possède  si  on  veut  lui  ajouter  foi,  bien 
plus  d<!  trésors  (ju(;  la  pinacothèque  la  plus  riche  d'Italie.  Il  dé- 
clare (ju'il  peut  vendn;  à  peu  d'argent  les  tableaux: 

„de  Carivage 
De  Titian  et  du  Garage 


r 


POÉSIE   BURLESQUE   FRANÇAISE   DE   LA    RENAISSANCE.  523 

J'ai  des  pieces  de  Tintoret, 

Du  Fannaiian,  d'Albert  Duret 

J'ai  la  Danae  de  Farnese 

Dem  grands  desseins  de  Vercnesse" 
et  ainsi  de  suite  de  Michel-Ange,  du  Raphaël  et  les  chefs-d'ceuvre 
de  toute  nation.  On  entend  aux  halles  les  cris  désordonRés  des 
marchanda  des  deux  sexes  et  la  rue  de  la  Huchette,  que  le  poète 
nous  lait  parcourir,  n'est  qu'un  réduit  de  voleurs  et  de  prostituées. 
C'est  là  un  coin  caractéristique  du  vieux  Paris,  maintenaut  disparu. 
Dans  la  seconde  partie  de  ce  Paris  burlesque,  publiée  par 
Colletet  en  1658,  il  y  a  évidemment  l'intention  de  continuer  l'œuvre 
de  Berthaud,  mais  comme  le  nouvel  écrivain  croit  que  le  champ 
de  la  description  de  la  ville  en  elle-même  avait  été  suffisamment 
exploité  par  son  prédécesseur,  il  se  borne  à  la  représentation  de 
certains  épisodes,  qui  doivent  à  son  avis  compléter  le  tableau  de 
Bertbaud.  Nous  assistons,  avec  Colletet,  au  théâtre  des  marionettes 
et  l'on  voit  que  la  passion  pour  Guignol  et  sa  lignée  n'était  pas 
moins  vive  alors  que  de  nos  jours.  La  fuite  d'un  prisonnier,  une 
querelle  dans  un  cabaret,  un  ivrogne  qui  nous  coridoic  et  d'autres 
scènes  pareilles  sont  peintes  avec  vivacité  et  naturel.  Le  départ 
d'un  omnibus  de  cette  époque  n'est  pas  moins  intéressant.  Cette 
effroyable  machine: 

„Où  grands  fusils  sont  attachez. 

Estuiti  des  chapeaui  accocheï, 

FaBniers  et  oiides  qui  brandilleot, 

Chables  et  cordes  qui  pendillent" 

menace,  à  tout  motnent,  l'incolumité  des  voyageurs,  dont  les  types 
différents  égayent  notre  poète.  Bref,  tous  les  incidents,  qui  peuvent 
avoir  lieu  dans  une  grande  ville,  sont  ici  reproduits,  comme  dans 
les  /ails  dêoirs  d'un  de  nos  journaux,  vols,  meurtres,  aventures 
galantes  tout  passe  sous  les  yeux  de  la  foule,  qui  s'arrête  un 
moment,  regarde,  demande  et  continue  sa  marche  poussée  par  le 
travail  ou  par  le  plaisir.  Ça  et  là  on  trouve  quelques  traits  sati- 
riques contre  le  luxe  ridicule  de  la  bourgeoisie,  contre  l'exagé- 
ration de  la  mode  et  la  vue  des  désordres  d'une  maison  de  dé- 
bauche suggère  aussi  à  notre  écrivain  des  considérations  morales. 
Enfm,  comme  dans  le  tond  de  tableau,  entouré  de  ses  gardes, 
révéré  de  tout  le  monde,  on  voit  passer  le  roi,  pour  qui  le  poète 
dépense  largement  tous  les  adjectifs  les  plus  choisis  de  son  voca- 
bulaire. 

Une  troisième  composition  sur  Paris  est  celle  qui  porte  pour 
titre  ¡a  chronique  seandaliuse  au  Paris  ridicult  de  C.  Le  Petit  (Co- 
logne, 1668).  Ici  l'auteur  menace  d'écraser  la  grande  ville,  sous 
le  faix  du  ridicule.  Je  veux,  dit-il,  „par  une  bonne  satire,  Estriller 
Paris  á  plaisir",  et  sa  „muse  berueuse"  commence  par  se  moquer 
du  Louvre,  ce  qui  lui  permet  de  parler  de  la  cour  et  des  courti- 
sans „ces  allrapeurs  de  pensions",  pour  qui  le  poète  ne  demontre 


L 


5^4  p.  TOUX), 

évidenmient  ancone  sîmpathie.    UHòtd  de  Boorgogxifl^  Gfr  tfwa»w»  s. 
célèbre  se  transfonne^  sons  la  plnme  de  Le  Petit  en.  JoacdbA  pafaiic 
rojaliaé^:    tons   les  monnznents,  palais^  mes^  pfanri  anblasBiit  os 
procès  de  degradatkmY  qoi  finit  par  Îatigmer  le  i^t^mtr     Wn  parf^wt 
dn  palais  Mazarin,  il  dit,  par  exemple: 

„La  madsaa  est  asKx  jofie 
Et  la  cage  vaut  bien  Vdatan^ 
Qoe  le  Totsiiiage  ea  tA  beau 
n  me  semble  cstre  ea  Icafîe: 
n  me  cbagríne  sealement 
Qoe  derrière  cefle  vT  Amami 
Elle  soit  de  cette  manière: 
Mais  je  ne  m'estomaqrie  de  cobl 
SU  est  logé  sur  le  derrsere 
N'est  ce  pas  im  Tralïm?** 

Le  Valer j  on  gibet  loi  soggère  dea  redeûana  fiar  tBaSmwmttmtf^  ^ 
cdles  qa^an  philanthrope  poonait  fiure  de  nos  jams  sor  mi  tei 
snjet.  On  voit,  dit-il,  en  regardant  oetse  w«aâ-^wm>  xvec  con^iafr- 
sanee,  qcf  on  rendait  jadis  jnstîce  et  ü  »  ptamt  d&  ce  qoTde  z» 
fi»ictionne  pins  comme  auparavant.  Ceat  AntneHn^m.  ^^R  irait  pa 
admirer  la  Gmlhtime,  qoi  comme  chance  Le  Gmatir 

„Fa  la  teita  a  dreci  m2a 

3fe9B  ia  âla.** 

Devant  le  dmecière  de  Saint  Innocent  il  s^ecxâe  qoe 

„Toutes  les  ceates  jaos  corveile 
y«  sont  pas   iefians  ce  jeu  cr.** 

I-Ä  Pont-r*i*nî  reçoit  rie  ncuTçaa  le  ::rrí   ie   ,^»i*   ie  iicuar*  -t    m 
viç^-^e  ^ixut  antre  ^pigrarnTr.e.  ncn  oicizá  inule  i  rea'jiiv^*r 


•»  -  • 


u  s-iâse   le  Zins  .russes  joœs 


"»■ 


Par   ieasos  —    rae  par    ;e*H%mfe.^ 

N'i  !e  Cheval   di*  broche,    :û   La  Seine    ne    rrravesac   y^-nn»»  sises- 
cr>ri^  che«  nctr^  'ècrivair..     ditü   ienii;re 


^  pcnr  yt   V"  "^^  "^  ^  'isîice  I  se  berne   k   a  pemiit»?    ts 
'V>nv**r'-i    -l' in    ^anrieaa,      L"^:  c¿i-Z  leu   ie  Forrs  ::e   ieN*3it  3^  -h 
i   v^ti^í  -^zc'VUi    :r::ç    :.:cLri:nne    aas.   ±2^r;axiCîs  ie  l'brzrcoiï.    à   e 

,.^»ie    :»;  -rfnuUesr  ä   íc   -.tisi  îlr 

Moia   m  li  7  put.  icr*inr=   t'*cT 

iCm  ^rniiii  3er  xe  iear  -1^   na  raiìle^ 

JCaiìpi   >iGe  iia^i^aiLé  accar-aie.   max  70^  rcu   ie  ^«san;   a 
"j'jMvmc    uie    Le    P-tct    ijne    s.   TÙle    im^    ìicìi    rae    :imr 
?4rjsien.     2i  lanr   ie  S:ir^  lame  srii  r*riri  anrnksif.   ir«c  -«wi^ 
ì«r«»  ie  TCíOCOí.  . 'jnmtsLsxe  ie  ?ic2>   cm  f  losic  sl^i 


poésie   BDRLESQtJE   FRANÇAISE   DE   LA    RBKAISSANCE.  525 

„Rome,  Loodics,  Naples,  Madrid 

Cologne,  Gaad,  Vailladolid, 

Le  grand  Caire,  et  Constantinople, 

FiH  de  liry  moindtes  que  des  bourgs 

Danseroienl  en  champ  de  sinopie 

Dans  le  moindre  de  ses  Fauibonrgs." 
Pour  lui,  comme   pour   ses  prédt-cesseurs,   comme  plus  tard  pour 
Boileau,  Us  embarras  de  Paris,  offrent  un  champ  très  riche  à  l'ob- 
servation.    Que  „d'attirail  et  de  mcsléel"     A  tout  moment  oa  est 
heurté  et  l'on  est  exposé  au  danger  d'être  écrasé: 

„Be  toni  e  oste  z  on  me  dit  garre 

Et  je  ne  sçay  duquel  tourner 

Dans  cet  horrible  tinlamarre 

On  n'eotcndroit  pas  Dieu  tonner. 

Qae  d'embacas  el  que  de  erolleal 

Je  suii  pris  comme  en  un  clapied, 

O  que  de  cavitiers  ï  pied 

Faute  de  ctevaui  el  de  bottes!  ..." 
Un  cocher  lui  dÉchire  son  habit,    la  boue  l'éclaboussé  et  dans  un 
moment  de   dépit  il   rappelle   l'étimologiiï   de   Lulòce,  mais   c'est 
pour  s'écrier  ensuite  que: 

„Le  plus  fameux  hiros  n'ont  eu 

Qu^  des  Daissances  tres  obscures." 
Notre  poète  en  avait  évidemment   aus  professeurs    de   son  époque, 
car  c'est  avec  une  aigreur   qui  n'est  pas  déguisée,   qu'il  parle  de 
l'Université,  une  sorte  „d'arche  de  Noé": 

„Quelle  estrange  enciclopedie 

De  gucui  Ì  ceintucons  pendans, 


:  de  c 


i  de  F 


Que  de  rossignols  d'Arcadie, 

Que  de  grimaui  espoussellez, 

Que  de  pliilosophea  crotlei! 

Que  de  discours  i.  teste  verle. 

Je  crois  qu'en  despit  du  destin 

La  Sorbonne  à  couché  ouverte; 

Tous  les  unes  parlent  latin." 
L'an  leur  conclue  son  long  discours  s'excusant  de  ce  qu'il  n'a 
dit  que  la  moindre  partie  des  maux  de  sa  ville  „sans  parler  du 
mal  françois",  mais  on  n'a  pas  de  peine  à  s'apercevoir  qu'avant 
de  quitter  son  sujet  il  donne  encore,  avec  complaisante,  un  coup 
d'oeil  à  la  splendeur  du  Louvre  et  au  mouvement  fiévreux  de  sa 
chère  ville. 

Cette  description  de  Paris  est  suivie  par  celle  d'autres  pays, 
qui  ne  diffèrent  guère  entr'elles.  En  1666,  on  imprima  la  ViHe 
d'AmsUrdam  ett  vtri  burksquts  selon  ¡a  visite  de  six  jours  d'une 
semaine,    c'est-à-dire    tous   tes  jonrs  à  l'exception  du  dimanche  par 


526  p.  TOLDO, 

Pierre  le  Jolle  (éd.  d'Amsterdam).  Ce  petit  poème  est  précédé 
d'une  épìtre  adressée  „à  tres-vilains,  tres  sales,  tres  lonrds,  tres 
mal-propres  et  tres-ignorants  messieurs  les  boûenrs  et  careáis  des 
canaux  d'Amsterdam'*,  où  Ton  dit,  entre  autres  choses  que  „ronvrage 
estant  sans  politesse,  à  qui  Teussé-je  pu  mieux  aproprier  qa'à 
vous  venerables  Salopes?".  Une  autre  préface  en  vers  expose  au 
lecteurs,  comment  s'étant  endormi  la  Muse  l'éveilla  brusquement 
par  un  „beau  soufñet"  en  lui  disant: 

„Fagotte  moy  une  semaine 

Qui  ne  contienne  qae  six  jours.*' 

Aidé  alors  par  cette  muse  la  „muse  du  bon  Pantagruel'*  —  et 
Tœuvre  de  Rabelais  se  présente  à  tout  moment  à  Tesprit  de  notre 
poète  —  il  nous  promène  au  travers  de  la  ville,  et  nous  visitons 
avec  lui  les  instituts  de  bienfaisance,  la  maison  des  fous,  les  prisons, 
les  différents  quartiers  y  compris  celui  des  juifs,  le  port,  où  l'on 
voit  les  navires  venant  de  Tlnde  ou  sur  le  point  de  partir  etc. 
La  description  est  fort  minutieuse  et  ne  manque  point  d'une  cer- 
taine importance  historique.  La  course  en  traineau,  les  patins,  les 
bonnes  qui  lavent  la  maison  tous  les  samedis,  enfin  les  détails 
caractéristiques  de  la  vie  hollandaise  ne  sont  point  négligés,  mais 
le  côté  burlesque  du  poème  ne  vaut  pas  grand*  chose  et  on  peut 
croire  que  le  brouillard  du  pays  a  refroidi  Tesprit  français  de 
notre  poète. 

Pour  en  finir  avec  ce  genre  littéraire,  rappelons  en  passant 
La  ville  de  Lyon  en  vers  burlesques  par  monsieur  P.  B.  (Lyon,  1693) 
et  ce  monsieur  P.  B,  n'est  que  l'éditeur  même  Pierre  Bouchard, 
qui  s'intéresse  surtout  de  nous  citer  les  livres  qui  ont  cours  à 
son  époque. 

Si  le  burlesque  italien  a  pu  avoir  quelque  influence  en  France 
dans  les  débuts  de  ce  genre,  il  faut  reconnaître  qu'ensuite  cette 
influence  à  diminué.  Ces  petits  poèmes  descriptifs  des  villes 
appartiennent  en  propre  aux  auteurs  plaisants  de  cette  époque  et 
ont  un  caractère  tout  à  fait  populaire. 


Les  Enigmes.     Péle-méle. 

L(*s  énigmes  forment  une  sorte  de  plaisanterie,  très  à  la  mo^^ 
dans  l'Italie  de  la  Renaissance.    Leur  apparence  est  assez  souve*^ 
obscène   et  le  fonds    de  la  plaisanterie  consiste  précisément,   d3^ 
cette  apparence  contrastant  avec  le  sens  innocent,   qu'on  explicj^^ 
ensuite.    Je  rappelle,  au  nombre  de  ces  poètes  d'énigmes  Madoni^' 
Dafne,    le  Dini,    le  Grazzini,   le  Bembo,   le  Doni,    le  Parabosco    ^ 
le  Straparola,^  mais  celui,  qui  l'emporte  sur  tous  les  autres,  surto ^ 

^  La  littérature  populaire  itiliennc,  française,  espagnole,  allemande  raiT^ 
lait  de  ces  recueils.  Voyez  ce  qu'en  disent  M»"  Pitre  dans  ses  „Indovinel^ 
dubbi,  scioglilingua  del  popolo  siciliano"  Torino,  1897  *^  Baldassar  CastiglioC^ 
de  même  que  le  Bargagli  cn  parlant  des  conversations  de  Tépoque,  cfr.  aus  - 


POÉSIE   BURLESQUE   FRANÇAISE   DE   LA   RENAISSANCE. 


^M  lorsqu'il  s'agit  de  forger  une  devinelte  ayant  un  aspect  lîbeitin 
^P  c'est  le  Risoluto.  Dans  sa  „Dichiaraiione"  il  oous  veut  bien  per- 
suader qu'il  ne  s'agit  que  des  choses  les  plus  simples  et  les  plus 
honnêtes,  mais  la  lecture  de  ces  sonnets,  qui  formait  jadis  le 
charme  de  sociétés  assez  choisies,  ne  saurait  se  répéter  de  nos 
jours  devant  personne.  En  France  les  énigmes  ne  sont  pas  moins 
nombreux  qu'en  Italie.  On  en  trouve  en  vers  et  en  prose  dans 
une  foule  de  recueils  et  je  rappelle,  en  passant,  à  deus  époques 
différentes,  celles  du  cadet  Angoulevent  et  de  Desmarets,  Le 
premier  se  plaît  à  cacher  „Sotto  il  velame  delli  versi  strani"  le 
sein  d'une  dame,  „les  grains  d'une  grenade,  la  mcschc  d'une  bougie 
de  cire  blanche.  le  verre,  une  cheminée,  une  chaire,  le  feu  et  le 
chapeau"  sans  s'amuser  aux  quiprçquo  obscònes.  11  n'en  est  pas 
de  même  du  cadet  Angoulevent,  digne  élève  du  Resoluto  et  des 
devinettes  renfermées  par  exemple  dans  le  cabiitti  tatin'^ue  (une 
cloche,  uue  femme  qui  pile,  le  cordonnier,  le  luth). 

Le  reste  des  sujets  dont  nous  allons  nous  occuper  ne  saurait 
être  classine  que  d'une  manière  indéterminée.  Remy  Belleau,  par 
exemple,  après  avoir  combattu  les  cloches  de  même  que  l'Allori, 
chante  un  hymne  au  st/ßel  et  ici,  au  moins  pour  le  thème,  il  mo 
paraît  assez  original. 

Ïjs  sifflet  a,  tout  d'abord,  pour  lui  le  grand  mérite  d'indiquer 
oil  l'on  vend  la  liquetit  de  Bacchus,  dont  il  fait,  à  ce  qu'il  paraît 
beaucoup  de  compte: 

„Quand  par  Ion  bruit  sans  bouchon  l'on  enlcDiI 
Aussi  soudain  oii  le  bon  via  se  vend." 

Mais  ce  siÎHet  a  encore  une  foule  d'autres  vertus  précieuses.  Le  coq, 
comme  un  sifflet,  reveille  tout  le  monde  et  annonce  que  le  moment 
est  arrivé  pour  le  travail: 

„Les  chiens  coutans  s'animent  au  sifTlei" 

il  indique  l'attention,  l'ordre,  la  vie  et  avec  un  peu  de  fautaisie 
on  comprend,  sans  trop  de  peine,  combien  de  mérites  on  peut 
découvrir  en  lui.  Ce  qu'il  y  a  de  bien  méritoire  dans  notre  poêle, 
outre  une  certaine  spontanéité  de  forme  et  un  sens  de  modération 
qui  lui  empêche  de  tomber  dans  les  exagérations  ridicules  des 
autres  poètes,  c'est  la  décence  du  langage  et  de  la  pensée.  Lors- 
qu'on sort  dégoûté  de  la  lecture  de  certains  capitoli  d'Italie,  ou 
des  recueils  obscènes  du  temps  tel  que  les  Mui<s  gaiUardei,  on 
peut  respirer  à  son  aise,  en  lisant  ces  bluette»  légères  de  notre 
auteur,  qui  sait  se  passer  de  cette  plaisanterie  ordurièrc  si  facile 
à  inventer  et  que  seulement  une  certaine  vulgarité  d'esprit  peut 
retrouver  agréable. 

^b  Ginseppc  Rua:   Le  piacevoli  nulli  dello  Siraparola,   Roma,  189S,   p.  IZSsqq. 

^B  M.  Ciao  dans  les  Molli  ined.  e  ¡eoHoieiuli  ai  F.  Bembo.  Venezia,  [SS8,  passim. 

^K  et  Gueliini  duis  son  ¿lude  sur  Croce,  Bologna,  1S79,  p.  40S. 
^H  '  cfr.  recueil  dt£ :  SonettÎ  del  Burchiello,  dcIBclÚncioiii  etc.,  Londres,  1715. 


528  p.  TOLDO, 

Un  autre  poète,  Pierre  l'Eguillard  esalte  les  Barbet  roustes 
(Paris,  1576)  et  il  chante  bien  entendu  les  barbes  rousses  à  pré- 
férence des  barbes  noires  ou  des  blondes,  parce  qu'il  sait  de  se 
mettre  par  là  en  contradiction  évidente  avec  l'avis  de  tout  le. 
monde.  Son  procédé  est  d'ailleurs,  on  ne  pourrait  plus  simple. 
Il  suffit  pour  lui  de  démontrer  l'importance  du  rouge,  comme 
couleur,  pour  en  tirer  la  conséquence  que  cette  couleur  doit 
donner  aus  barbes  une  supériorité  absolue  et  incontestable.  Si 
au  lieu  du  rouge,  il  avait  choisi  le  bleu  du  ciel  et  de  la  mer,  il 
aurait  pu  tirer  la  conclusion  que  le  célèbre  Barbe-Bleu  était  joli, 
comme  un  ange. 

Adam  fut  fait  de  terre  rouge,  David  fut  „rousseau",  d'autres 
personnages  illustres  eurent  cette  couleur  et  le  savant  aide  le 
poi'te  pour  ajouter  une  foule  de  postules  en  latin  à  l'appui  de 
ce  qu'il  avance.    D'ailleurs  il  a  des  argumentations  de  cette  force: 

„Je  m'esbahi  poutquoy  l'on  injuiie  _ 

Celoy  qui  a  barbe  rouge  au  menton  . . .  ^Ê 

C'ett  ä  grand  ton  qu'il  esl  ainsi  gabé;  ^| 

Car  pour  poitcT  poil  de  rouge  teintUTe,  ^| 

U  ne  l'a  pas  surprins  ni  dcsrobi." 

Enfin  quoi  de  plus  utile  et  de  plus  célèbre  que  le  vin  rouge 
pétillant  dans  les  verres  et  auquel  les  poètes  de  tout  le  monde 
ont  dédié  leurs  vers  les  plus  vifs?  Et  la  lumière  du  soleil, 
vivifiant  la  nature  n'est-elle  pas  rouge  aussi  bien  que  la  rose  la 
reine  des  fleurs  et  le  lion  le  roi  des  aiiimausî  L'aigle  même  a 
son  plumage  quelque  peu  rougeätre  et  parmi  les  fruits  ceus  qui 
sont  le  plus  appétissants,  savoir  la  cerise,  la  framboise,  la  pêche  ont 
à  peu  près  cette  couleur.  Bref,  c'est  là  la  couleur  de  la  barbe  du 
divin  Sauveur,  c'est  là  la  couleur  qui  anime  la  joue  de  la  vierge. 

Jean  Godard  célèbre  un  sujet,  qui  avait  déjà  intéressé  Mathieu 
Francesi  et  chante  l'utilité  des  gants.  Son  développement  l'em- 
porte de  beaucoup  sur  celui  de  son  prédécesseur,  mais  l'énumé- 
ration  des  types  différents  de  gants  et  les  souvenirs  de  ceux  par- 
fumés de  Rome  peut  bien  faire  supposer  que  la  pièce  italieni 
lui  était  bien  connue. 

Vénus  s'étant  piquée  fît  coudre  aux  Graces 
„un  cuir  ä  la  façon 

De  ICI  mains  . .  . 

DepaU  1m  putnins  roys  s'en  servÎTEnt  almi, 

Et  puii  toute  leur  court,  puis  toul  te  peuple 

I^  sujet  penuet  à  l'auleur  de  chanter  la  beauté  de  la  n 

faire  l'énumération  des  gants  à  la  mode  de  son  temps.    Outre  1 

gants  de  Vondûme  et  ceus  parfumés,  dont  nous  venons  de  parlera 

„U'autret  il  y  en  a,  bien  richemenl  brodés 

Uc  ioye  ou  de  fit  d'or.  ï  l'egnille  et  au  dés 

En  ¡iclil  cntteUï  rt  mjgnud«  peinture." 


POllsiE   HUKLESQtJE   FRANÇAISE    DE   Ul    RENAISSANCE.  529 


^B  Saosovino  avait  chanté  les  bottes.  Isaac  da  Ryer  célèbre,  dans 
^f  son  Temps  ptrdu  (1624},  Us  bouts  à  Vausmonùr,  qui  ont  le  mérite 
de  garder  noire  santé,  de  nous  protéger  contre  la  boue  et  de 
donner  une  belle  taille  aux  personnes  même  !es  plus  petites.  Tou- 
jours au  début  du  XV1I°  siècle,  ces  sujets  fades  et  dépourvus  de 
tout  intérêt  occupent  nombre  de  recueils  burlesques.  Un  anonyme 
chante  it  Rien,  un  autre  Quelque  those,  s'opposant  au  premier,  par 
de  justes  raisons: 

Toucher,  flairer,  goasler,  Dy  entendre,  ny  voir: 
Quelque  chose  se  Toit,  se  conçoit,  s'oit,  se  toache 
Se  flailc  par  le  nei,  se  gousle  par  la  bouche 
Quelque  chose  se  trouve  en  ce  monde  en  tous  lieui 
Son  essence  se  voit  en  l'eau,  l'aii,  terre  et  deux" 
et   en    effet    celui    qui    aliait   à  la  recherche   du    rien   finit  par  re- 
trouver quelque  chose. 

Un  troisième  écrivain,  qui  se  cache  sous  le  pseudonyme  de 
Franciloque  entreprit  bien  plus  tard  l'apologie  d'un  sujet  de  la 
mfime  famille.  Son  Möge  de  Car  en  prose  est  „dédié  à  la  langue 
francise"  et  composé  „à  l'usage  des  personnes  qui  se  servent  de 
car  et  qui  s'intéressent  aux  beauté  de  la  langue"  (Paris,  1731). 
Le  sujet  est  bien  vite  expliqué.  „Cherchez,  dit  l'auteur,  tant  qu'il 
vous  plaira,  vous  ne  trouverez  jamais  de  mot  qui  ait  été  reçu  avec 
ime  approbation  si  générale  et  aussi  constante  que  Car  l'a  été". 

Glissons  rapidement  sur  ces  extravagances.  Le  chevalier  de 
l'Hermite,  ce  courtisan  bien  connu  de  Richelieu,  dédia  plusieurs 
vers  aux  pendans  d'oreilles  des  femmes 

„Et  la  Dature  ce  pend  ans 
Ne  leur  a  donni  des  oreilles 
Que  pour  y  mettre  des  pendans 
Comme  du  vin  dans  des  bouteilles," 

Un  anonyme,  on  voit  que  les  anonymes  abondent  parce  que  ces 
pièces  ne  valaient  pas  la  peine  qu'on  en  déclarât  la  paternité,  entre- 
prit l'éloge  de  la  barre,  qu'on  peut  lire  dans  un  très  rare  recueil 
conservé  à  la  Mazarine.  Dans  le  début  on  dit  que  pour  louer  ce 
sujet  il  faudrait  „la  trompette  de  Ferrare"  et  l'on  voit  que  l'Italie 
est  presque  toujours  présente  à  l'esprit  de  ces  écrivains.  Quoi  de 
plus  beau,  lorsqu'on  a  bien  barré  sa  porte,  que  de  pouvoir  dormir 
tranquillement?  Une  bane  ou  cadenas  assure  nos  coffres,  notre 
argent  aussi  bien  que  nos  secrets.  Les  chevaliers  se  glorifient  de 
rompre  „leur  bois  en  la  barrière" 

„Les  barricades  de  renom 

Contre  l'au thorite  royale 

Maigri  ta  barre  humble  et  loyale 

Ont  d'elle  encore  pris  leur  nom." 
Et  ici  le  poète,   en  suivant  maint  modèle,   commence  à  rechercher 
les  origines  de  sa  barre  qu'il  trouve,  bien  entendu,  dans  la  mytho- 

Zciuchr.  C  ism.  PliiL  XXV.  34 


I 
I 


53o  p.  TOLDO, 

logie.  La  barre  fut  de  m^e  qne  t'ortie  et  tant  d'antres  choses 
qne  nons  venons  de  voir,  une  nymphe  à  la  beauté  incomparable. 
Mais  cette  sìmpbe  était  dédaigneuse  et  avec  un  aulre  sonveDÎT'f 
de  l'Arioste,  le  poète  nous  parle  de  l'amour  qui 

„ a  dïQi  Inicls  au  ciiquois, 

L'un  est  d'or  ì  poincte  acerbe, 

L'antre  J«  plomb  d'iaegnl  chou, 

Celuy  d'or  les  cceuis  sçait  attnire, 

Celnj  de  plomb  fait  le  (ontraire, 

L'un  aymer  l'autre  fuît  hayr." 
Mais  les  dieux  de  l'Olympe  n'auraient  su  endurer  tant  de  rigaei 
dans  une  divinité  si  modeste  et  ils  s'empressent  partant  de  la  puni 
Ainsi  la  Banre: 

„Qui  oc  tiiil  conte  dts  amatiî, 

Vit  transronner  en  (otteresse 

Tous  ses  humains  Uneameas." 
Cest   pour    cela    que   mCme    aujourd'hui    elle   repousse   les  voltura 
de  tout  genre.     Dans  la  conclusion,    notrt:  auteur  paraît  s'inspirer 
encore  de  ce  que  l'Arioste  disant  dans  sa  dédicace; 

„Ni  che  poco  io  vi  dia  da  imputar  sono. 

Se  quanto  posso  dar,  tutti  vi  dono." 
Mon  cher  Mortier,   dit  l'Anonyme,   en   s'adressant  ¿  l'ami   auqaal; 
il  a  dédié  sa  pièce 

„Regarde  í  la  volonti  bonne, 
Et  non  pu  i  et  que  je  donne, 
Je  donne  tout  ce  que  je  puis." 
Les  amourî  du  compas  et  de  la  regle  et  ceux  du  soleil  et  de  t'omhrc 
par  Deamarets  (voy.  éd.  Paris,  1640)  n'appartiennent  pas  entière- 
ment au  genre  que  nous  a\'ODS  examiné  jusqu'ici,  mais  s'il  n'y  a 
[las  le  paradoxe,  il  y  a  certainement  ce  qui  plus  est  l'absurde  et 
l'extravagance  poussé  jusqu'au  délite. 

La  scie  et  le  compas  sont  issus  du  cerveau  de  Perdrix,  neven 
de  Dédale: 

„La  Sde  en  forme  d'arc,  d'un  cry  conlinael, 

D'nn  naturel  entrant  et  mordant  et  cruel, 

Mon^troit  un  rang  it  dents,  long  suplice  dei  aibro. 

Et  capable  d'ouvrir  le  c<rur  mesme  des  maibrei. 

Son  frète  le  Compas  fiil  pourveu  seulement 

De  jambes  et  de  leste  et  marcha  jasicment, 

Tournant  de  tous  costei  pat  ordre  et  par  mesure, 

El  toujours  de  ses  pas  traçant  quelque  ñgnte-" 

Quant  à  la  règle,    elle   marche   droit,    le  port  grave   et   représente 

l'équité.     Comme  le  compas  et  la  régie  visent  au  même  but,    rien 

de  plus  naturel  qu'ils  se  prennent  d'amour  l'un  pour  l'autre;.     H  j 

a  toutefois    une    diRiculté,    car   la  règle   née,    comme   elle    dit    des 

baisers  du  soleil  et  de  l'ombre,  déclare  ne  savoir  quoi  faire: 

„D'un  amant  qui  n'antoit  que  les  pied: 


I 


X,  neven 

À 


POÉSIE    BURLESQUE    FKANÇMSE   DE   LA   RENAISSANCE.  53  I 


rMais  ce  sont  des  caprices  de  jeune  fille  qu'on  rangera  bientôt  à 
la  raison.  Le  compas  lui  assure,  avec  toute  la  modestie  possible, 
que  malgré  son  apparence,  il  est  à  même  de  la  rendre  mère  de 
beaucoup  d'enfants.  Elle  enfantera  surtout  une  fille  illustre  „la 
belle  architecture",  qui  rendra  son  nom  célèbre  dans  tout  l'univers. 
La  règle  a  toujours  l'air  de  s'en  douter  mais: 

„Le  compas  aussi  tost  sut  un  pied  se  diessa, 
E(  de  l'iulre  en  tournant  un  grand  cercle  Imça, 
La  Regle  en  tut  ravie,  et  soudain  se  vint  mettre 
Dans  le  milieu  du  cercle  et  <ît  le  diamètre. 
Son  amant  l'embrassa,  l'ayant  &  sa  mctcy, 
Tanlost  l'élargissant  et  tautost  raccourcy: 
El  l'on  vid  naístre  alors  de  leurs  doctes  postures 
TniDgles  et  quarrel  el  mille  autres  figures." 
En  plein  XVIII'  siècle    un  anonyme  se   fait  l'apologiste  de  la 
livrée,    dans   un  volume  „Imprimé  en  Europe,    aus  dépens   des  la- 
quais" (  1 745)-     „Le    petit    ouvrage,    dit    l'auteur,    qu'on    donne    au 
public  doit  sa  naissance  moins  i  l'envie   de  relever  le  domestique 
à  ses  yeux  qu'à  la  dispute  de  quelques  personnes  qui  soutenoient 
qu'il  n'y  avoit  plus  de  matière  sur  laquelle  on  n'eflt  écrit."    Et  en 
effet    ces   personnes    n'avaient   pas    tous    les    torts    car    les  mérites 
des  valets  avaient  été  déjà  célébrés  en  Italie  par  Muzio,  poète  du 
XVP  siècle,    dans  sa  satire,    portant   pour  titre  „il  poco  conto  che 
si  fa  dei  servi". 

Cette  pièce  n'est  pas  tout  à  fait  paradoxale;  on  y  passe  en 
revue  les  mérites  des  classes  sociales  inférieures,  les  héroïsmes  de 
Spartacus  et  de  ses  camarades,  l'affection  sincère  envers  leurs 
maîtres  d'autres  valets  d'une  époque  plus  récente  et  l'esprit  philo- 
sophique du  siècle  des  Encyclopédistes  se  fait  jour  au  travers  de 
la  plaisanterie. 

On  voit  que  la  poésie  burlesque  eut  en  France,  une  vie  assez 
résistante  mais  le  période  le  plus  élevé  de  sa  gloire  ne  dépasse 
pas  la  première  moitié  du  XVII'  siècle.  Lorsqu'on  arrive  à  chanter 
le  Rien,  quelque  (hose  ou  d'autres  sottises  pareilles  il  faut  avouer 
que  l'épuisement  de  la  verve  plaisante  a  déjà  commencé.  M^me  le 
rire  le  plus  fou,  s'il  prétend  au  titre  d'œuvre  artistique,  doit  avoir 
pour  point  de  départ  une  cause  rationelle,  fondée  sur  l'observation 
des  faits  réels  et  du  côté  plaisant  de  la  vie  humaine.  C'est  seule- 
ment, à  celte  condition,  que  le  burlesque  peut  avoir  une  place 
honorable  à  côté  de  la  satire. 

Cette  revue,  toule  rapide  qu'elle  est,  doit  suffire  pour  nous 
faire  comprendre  que  la  poésie  burlesque  en  France  ne  se  re- 
commande pas  ¿  la  critique  par  des  œuvres  d'un  mérite  fort  dis- 
tingué. Il  y  a  assez  de  variété  dans  les  genres  mais  il  y  a  aussi 
beaucoup  de  monotonie  et  d'uniformité  de  méthode  et  le  style 
de  ces  pièces  est  en  général  d'une  faiblesse  extrême.  En  d'autres 
^^     formes,    la  littérature  burlesque    de  la  France    a   donne    des  chefs- 

L ^ 


I 


53^  ^*  TOLDO,   POÉSIE  BURLESQUE  FRANÇAISB. 

d'œuvre  et  Rabelais  suffit  pour  la  gloire  du  genre.  Mais  son 
école  a  été  malheureuse;  elle  a  pris  trop  à  la  lettre  le  conseil 
de  rire  joyeusement  et  bruyamment  de  toute  chose,  sans  songer 
que  le  maître  avait  recommandé  aussi  de  tirer  du  rire  la  sua' 
stantique  moelle. 

Cependant  pour  la  critique  il  n'y  a  pas  d*œavre  littéraire  qui 
n'ait  son  prix  et  celle  dont  nous  venons  de  nous  occuper  nous 
aide,  pour  sa  part,  à  l'étude  des  mœurs  et  nous  apprend  à  quoi 
s'amusaient  nos  pères  de  la  Renaissance.  Et  il  ne  faut  oublier  non 
plus  que  pour  la  plupart  de  ces  écrivains  le  burlesque  était  une 
sorte  de  passe-temps,  auquel  ils  n'attribuaient  fort  souvent  aucune 
importance  artistique.  Ces  sonnets,  ces  hymnes,  écrits  à  la  hâte» 
pour  le  plaisir  d'un  moment,  ne  portent  quelquefois  pas  même  le 
nom  de  leurs  auteurs,  bluettes  légères  et  vite  oublié^  faisant  le 
charme  de  la  fin  d'un  repas  ou  d'une  heure  de  loisir. 


P.  Toldo. 


SandgloBsen  zum  altportugiesìschen  Lìedeibuch. 

VII.   Eine  Jerusalempilgerin  und  andre  Kreuzfahrer. 

Auch  mit  dem  Hauptgegenstand  dieser  Untersuchung  hat  Lollis 
sich  beschäftigen  müssen,'  weil  der  widerspruchsvolle  Monarch  in 
einer  seiner  realistischen  Reimereien  den  Frauennamen  Balleira 
angebracht  hat.  Desgleichen  hat  er  einen  Bück  auf  gegen  zwanzig 
Ultramar-Lieder  verschiedner  Zeitgenossen  geworfen,  weil  Bat- 
tei ra  in  einem  derselben  als  Kreuzfahrenn  {crueaiii]  bezeichnet 
ist;  lauter  schnöde  Spott-  und  Schmäh ge dichte,  in  denen  Magnaten, 
Troubadours  und  Spie  Heute  sich  um  die  Wette  daran  ergötzen, 
Anklagen  und  Verleumdungen  bald  gegen  jene  Söldnerin  der  Liebe 
Hl  schleudern,  in  unverhülltester  oder  in  umschriebner  Weise  — 
pahdinamnile  ou  per  palavras  aihirlas  que  ajan  dous  enlatdimentat^  — ; 
bald  gegen  ihren  Kumpan  Pero  d'Ambroa;  bald  gegen  andre 
wirklieb  oder  angeblich  ins  heilige  Land  gezogene  Hispanier  beider- 
lei Geschlechts. 

Dabei  ist  der  Forscher  zu  der  Ueberzeugung  gekommen,  dafs 
Maria  Baiteira's  Blütezeit  —  ihr  mominlo  di  gloria,  der  Zeitpunkt 
also  auch  für  das  um  sie  aufgeführte  viclscenige  Schmähtoumier  — 
dicht  vor  und  dicht  nach  126g  fällt.  Der  Kreuzzug,  von  dem  sie 
heimgekehrt  sein  soll  —  noch  kein  hochbejahrtes,  doch  ein  bereits 
verblühendes  und  darum  zu  Spott  und  Hohn  herausforderndes 
Weib  —  mufs  daher  der  letzte  Ludwigs  des  Heiligen  oder  die 
mifsgliickte,  ihm  als  Vorspiel  vorangegangene  peninsulare  Espedition 
des  Aragonesen  D.  Jaime  gewesen  sein,  weil  es  die  einzigen  ans 
den  Tagen  Alfons'  X.  sind,  an  dessen  Hofe  alle  Beteiligten  nach 
weisbar  gelebt  haben.  Das  wäre  nach  Abschlufs  seiner  gesetz- 
geberischen Thätigkeit.  Um  die  harten  Strafandrohungen,  mit 
welchen  in  den  Sielt  Partidas  die  Verfasser  von  Pamphleten  in 
Prosa  oder  Vers  bedroht  sind  (VU,  9,  3 — 4  und  20  —  21),  und  um 
die  Bestimmungen  im  Espejo  und  Futro  Real  (IV,  3,  2)  über  catamat 
und  palabras  villanas,  feas,  desaguisadas  halte  sich  also  Alfons  X, 
und  die  ganze  sich  um  ihn  schaarende  Dichtergemeinde  keinen 
Pfifferling  gekümmert.     Eine  Möglichkeit,  die  ¡ch  nicht  bestreite. 

I»  Stud.  Fil.  Rom.  IV  31—36  und  56—58. 
'  Auch   »llponugiesisch   bis   ins   IS^  J''-   •''■win  "•'  ^'^   entspreeheode 
Fonnel  paadinho  ou  per  paiiairas  caberlas  im  Gcbianch,  wie  am  den  Orde- 
naçSts  JU/oniinas  zu  ersehen  ist. 


I 


S34 


CASOUKA   ine  H  ASUS   DB   VASCOKCKIXOS, 


Etne   tMtaerdings  za  Ta^   gekom 


Orígüíalitrininde   ; 


0   dm     i^ 


iommene 
L  Zuname  □. 
völtQtich    Maria    Balleìra   genannte-  Söldaeria 
Ereni  bereits  im  Jahre  1257  genommen  hatte. 

A.  Maitinei  Salaiar,  ein  gclehner  Gallizier,  der  es  sieb 
Aufgi^  gemacht  hat,  in  den  reichen  Archivea  seines 
Vaterlandes  des  Spuren  der  galliiisch- portugiesischen  Tronbadoor^ 
sowie  útx  vûn  ihnen  besungenen  Personen  nachzugehen,  ond  der 
nns  benita  einige  Fruchte  dieser  Thätigkeil  bieten  konnte,*  Ëuid 
unter  den  Papieren  des  allen  nnd  ansehnlichen  Cislerzienserldosten 
Sobrado  einen  die  Balteiia  betreffenden  Vertrag.  Der  onbestnil- 
bare  Wert  desselben  bestimmle  ibn,  den  Text  wortgetreu  sbzn- 
dracken  und  denselben  zu  interpretieren.' 

Dafs  Balteira  nur  ein  Deck-,  Neck-  oder  Kampfname  ist, 
die  Trägerin  desselben  aber  eigentlich  Maria  Perei  biefs,  balte 
sich  aus  dem  Vei^eich  einiger  Lieder*  (ur  jeden  sorgsamen  Lesa 
bereits  ergeben.  Jetzt  erfahrt  man,  dafs  diese  Maria  Perez  ein 
Anrecht  auf  den  Adelslitel  Jona  hatte,  der  ihr  übrigens  einmal 
von  Pero  d'Ambroa  beigelegt  wird.»  Nicht  ohne  Staunen,  so 
belesen  man  auch  in  hispanischen  Adels-  und  Liederbüchern,  Ur- 
kunden und  Gesellen  des  13.  Jhs.  nnd  so  vertraut  man  dadurcb 
mit  dem  Bas-fonds  mittelalterlich  barbarischer  Sitten  geworden 
sein  mag. 

D.  Maria  Perez,  aus  einer  der  gallitischeu  Ortschaften  Gui- 
marañes  —  falls  ich  den  Namen  des  Vaters  D.  Pedro  Joham 
de  Guimaranes  richtig  verstehe  — .  Tochter  einer  D.  Azenda 
Pelaez'  —  wiederum  wenn  ich  die  Abbreviatur  da  vor  dem  Namen 
richtig  löse  —  veräufserte  im  J.  1257  (biw.  1295)  ein  Latifundium 
(Jurdade),  das  ihr  mütterliches  Erbti^  ausgemacht  zu  haben  scheint, 
an  das  Kloster  Sobrado,  dessen  damaliger  .\bt  übrigens  gleichfalls 
ein  Pérez  war. 

Als  Zahlung  erhält  sie  ans  den  ^UlteIn  des  Klosters  und  des 
dazu  gehörigen  Landgutes  Granja  de  Carvaiho  Torlo  (im  Thale 
Aianga    bei  Betanzos)    2jo  sofort  zu  zahleude  Solidos.     Aurserdeni 


'  CV  64,  U29;  CB  1606.  1509, 

•  CV  982.  1070.  Ue?,  1203. 

•  yograet  Gallegos  in  Ar.  Crit.  I  ij:— 334.  —  ^'  Monjes  de  GaUem    \ 
en  la  Édad-ileâia  ib.  345.  J 

•  La  Eäad-Mtdta  en    Galida:    Una   GaUfffj  iyMtv  en    el  «yfc  X///J 

in  Jî/f,  Crii.  II  198^304.  ■ 

'  OV  1187  und  U7e  nebst  CB  1504  und  IMe. 

•  CV  1181,  —  In  CV  1196  babeo  wir  die  Bcieictmung  tenhor  verninl- 
licb  «nf  ille  FrniDdiD  D'Ambtoa's  íu  beliehen.     Stehe  unten  S.  549  Anm.  1. 

'  Üb  der  Name  wirklich,  wie  idsii  uminiint,  eine  Modifikaiion  ron 
/éoldt  itlí  Die  AdttsliQcber  bielcn  AstnJa.  .-benda,  OstnJa,  OusenJa, 
Autinda.  —  Eine  D,  Outenda  Paes  hatte  im  Eiorerslândiùs  mit  ihrer  Tochter 
I).  Xiollbe  Hetei,  ein  M  enseben  aller  luvot,  in  Porinyil  das  Kloster  Macieir». 
Diu  mit  SchenkuOKCD  bedacht.  Ideniiläi  mit  der  Matter  der  Balieira  lilsl 
•ich  OUI  vnmaten,  da  der  Name  des  Mannen  in  der  ron  S.  Ros«  ite  Vilertio 
Im  Elue.  »,  V.  familial  auigeichriebeneti  Urkunde  nichl  enrâbiit  wird. 


RANDGLOSSEN  ZUM   ALTPOKT.  UBDBRBUCH.  535 

haben  die  Mönche  in  ihr  Hans  zu  Annea  oder  Armeá,^  dem  ab- 
getretenen Gute,  auf  dem  sie  zu  leben  fortfuhr,  stets  vor  Ablauf 
des  Jahres,  bedeutende  Leistungen  an  Kleidern,  Pelzwerk,  Schuh- 
zeug und  an  Mundvorrat  zu  liefern:  Getreide  (Weizen,  Gerste, 
Hirse);  Fleisch-  und  Milch tiere  (zwei  Mastschweine,  zwei  Hammel, 
fönf  Ziegen);  Gemüse,  Obst,  Butter,  Käse  und  Wein.  In  den 
Sonmiermonaten  wöchentlich  ein  grofses  Mafs  saurer  Milch  ;  in  der 
Fastenzeit  Fisch  und  Sardinen,  Vegetabilien  und  Honig,  und  zwar 
in  gleichen  Mengen,  wie  sie  den  Klosterbrüdern  zukamen.  Zu 
Ostern,  Weihnachten  und  im  Elarneval  noch  einen  besonders  guten 
Trunk.  Ferner  verpflichteten  sich  die  Mönche,  sie  im  Kloster  zu 
beerdigen  und  ihr  das  Totenamt  wie  jedem  der  externen  Zu- 
gehörigen zu  bestellen. 

Als  Entgelt  für  den  ihr  gewährten  Ordensschutz  hat  D.  Maria 

Ferez  Linnen  für  das  Refektorium  zu  spinnen:  jährlich  ein  Tisch- 

tnd)  (manie/),   acht  Ellen  lang  und  fünf  Ellen  breit,   natürlich  aus 

dem  ihr  gelieferten  Flachs.    Sie  schuldet  überdies  noch  andre  weib- 

lidie  Dienstleistungen  :  devedes  fazer  serviço  ao  mosUiro  fielmente  assim 

com»  fanùliaria  et  amiga.     Welcher  Art  diese  Dienste  waren,  weifs 

der  Herausgeber  nicht.     Wohl   aber    dafs   ein  Jahrhundert   später 

(1347)  der  Merino  Mayor  de  Galicia  diese  traditionelle  Klausel, 

zn  deren  Erfüllung  Frauen  mehrere  Tage   hinter  einander  in  der 

Granja  de  Cárvalho  Torto  zurückgehalten  zu  werden  pflegten,  als 

futro  malo  e  deshonesto  verbot 

Es  folgt  dann  eine  Formel,  welche  für  uns  besonders  wichtig 
ist,  weil  durch  sie  die  Identität  gerade  dieser  D.  Maria  Perez  mit 
der  Sôldnerin  des  Liederbuches  aufser  Frage  gestellt  wird,  trotz- 
dem der  Beiname  Balteira^  nicht  darin  steht.  Sie  lautet:  et  eia  ¿ 
cnaada.  Genau  wie  im  1176.  Liede  des  vatikanischen  Buches. 
IWi  bedeutet  diese  Wendung  keineswegs,  sie  sei  bereits  als 
^ozfahrerin  in  Palästina  gewesen,  sondern  nur:  sie  habe  ein 
Gelübde  abgelegt,  dorthin  zu  gehen;  zur  öflentlichen  Feststellung 
dieses  Entschlusses  aber  habe  sie  auf  der  Schulter  das  rote  Kreuz  ^ 
setragen  und  füge  deshalb  in  amtlichen  Schriftstücken  ihrem  Namen 
<&  betreffende  Aussage  hinzu.  Verwirklicht  sie  ihren  Entschlufs, 
^^JDMnt  sie  am  Kreuzzug  teil  —  se  for  na  cruzada  — ,  so  haben  ihr 
^  Mönche  200  Solidos  auszuzahlen.     Geht   sie   aber   nicht,   und 


*  Beide  Formen  kommen  in  Gallizten  vor.  In  dem  alten  Schriftstück 
***^  fehlen  natürlich  die  Accente.  —  Im  Liederbuch  haben  wir  den  alfon- 
»WKhen  Spiclmann  Pero  d'Armea:  CV  669 -681.  809—812.  1134. 

'  Balte  ira  kann    l)  die  Frau   eines   nach   seinem  Gürtlerhandwerk   be- 

Jf"öiten  Balteiro  bezeichnen.     (Von  einem  Sohn   der  Balteira  ist  C V  1197 

^  Kede;    von  einem  Manne   niemals.)    Im    14.  Jh.  gab   es   Familien   dieses 

^^ll^^cns,   der  noch  heute   in  Gallizien  gebräuchlich   ist.     Doch   ist  das   bei 

r^^l^uia  Perez  nicht  eben  wahrscheinlich.     Oder   2)   eine   aus  Balteira  gc- 

^^'^ge.    Im  Distrikt  Coruna   allein   giebt  es   deren   drei.     Aber  auch  3)  eine 

li'tdträgerin.     Im  Westen,   wo  individuelle  Uebernamcn   eine  alte  nationale 

'^'^Hclktang  sind,  dürfte  diese  Deutung  die  wahrscheinlichere  sein. 

»  Vgl.  Here.  U  239. 


536  CAROLINA   MICHAELIS    DE   VASCONCELLOS, 

hat  aus  diesem  Grunde  Gelder  zu  zahlen  —  Reu-  oder  Bafsgeld? 
vielleicht  Reisegeld  für  eine  Stellvertreterin?  —  so  erhält  sie  di?- 
selbea  aus  der  Granja  nebst  zehn  Soldos  als  Zuschois  zar  Aus- 
rüstung.! 

Aus  den  Gedichten  ergiebt  sich,  daís  es  sich  um  das  Heilige 
Land  handelt  Dafs  sonst  auch  an  die  südspanische  iloraria 
oder  an  Algarve  allen  de  la  mar  gedacht  werden  könnte,  liegt 
auf  der  Hand.  Jeder  Feldzug  gegen  den  Islam  wurde  als  Kreaz- 
zag  betrachtet,  gepredigt  und  in  päpstlichen  Ballen  mit  Indul- 
genzen  belohnt^ 

Der  gallizische  Herausgeber  nimmt  an  (offenbar  unter  dem 
Eindruck  der  treiflichen  italienischen  Studie),  unsre  im  J.  1257  als 
Crusada  bezeichnete  D.  Maria  Perez  habe  schon  vorher  beabsichtigt, 
am  ersten  Kreuzïuge  Ludwigs  des  Heiligen  teiliunehmen  —  das 
vfäre  vor  1248!^ — ,  sei  jedoch  erst  zwanzig  Jahre  späier  dazu  ge- 
kommen, ihr  Gelöbnis  zu  erfüllen,  und  zwar  indem  sie  sich  dem 
schon  oben  erwähnten  Zuge  anschlofs,  den  der  Aragonese  D.  Jaime 
mit  peninsularen  Mannen  und  kastÜischer  Unterstützung  unteroabm. 
In  Begleitung  ihres  damaligen  Genossen,  des  Spielmanns  Pero  de 
Ambroa,  sei  sie  1269  thetsächlich  aufgebrochen.*  Während  dies«? 
Hasenfufs  sich  aber,  aus  Furcht  vor  Meer-  und  Kriegsgefahr,  ÌD 
Montpellier  versteckt  hielt, *  sei  die  kühne  Söldnerin  and  Ordens- 
schwester mit  einem  Teil  der  Flotte  wirklich  in  die  Levante  ge- 
kommen. 

Nach  ihrer  und  Pero  d'Ambroa's  Rückkehr  wäre  die  Kreuz- 
Fahrerin  von  neuem  ein  Spielzeug  für  die  Leidenschaften  und 
Schmähsucbl  der  Höflinge  geworden  —  so  mufs  man  folgern,  da 
auch  in  den  Augen  von  Matlinez  Salazai  sämtliche  Balteíra-  mid 
Ultramar -Lieder  aus  dem  Jahre  1269,  oder  aas  den  unmittelbar 
folgenden  stammen. 

Er  nimmt  femer  an,  aufser  dem  Namen  Balteira  habe  die 
berühmteste  unter  den  Hetären  vom  Hofe  Alfons'  X.  auch  noch 
den  Namen  Marinha,  mit  dem  mir  undurchsichtigen  —  mög- 
licherweise in  seiner  zweiten  Hälfte  verderbten,  wahrscheinlich  aber 
unsaubren  —  Zusatz  JMíJouíhi  gefuhrL''    Eine  dieses  Zeichens  wird 


nf^re 


cmaJa  tt  ficar 
na  ttestidtera.  et 
dt  „von  den  Ib 


>  Die  Stelle  ist  niclit  ganz  klu;  el  se  eia 
et  euHiT  aa  dar  dineyrei  darenlct  da  Granat,  . 
daj'uda    da  granna  X  toldos.     Vidleicht    bedeutet   en  pre. 
Ulte  Kleidung  au^rsetilen  SummcD"? 

*  Vgl.  Schumacher  i83  und  196,  Esp.  Sagt.  XXm  400  and  Heic  n 
J]9  und  J93,  Dm  einige  Beispiele  von  hundeilen  aniulahren. 

*  Seil  1144  wurde  geworben  and  gerüilet.  Schon  I1J9  halte  Thibsnt 
von  Navatia  einen  Kreuuug  geplant;  1251  Tálate  auch  Ferdinand  der  Heilige 
den  Gedanken  ios  Auge,  den  GlaobenUcind  stall  auf  tpiai^cheni  Boden  im 
Orient  IQ  brkimpfcn. 

*  Dafi  jegliche  direkte  Anspieinng  »nf  dnc  gemeinsanie  Rctsc  beider 
rehll,  Kl  gWicii  hier  bemeikt. 

>  CV 10O4  und  UeS. 

*  Eher  könnte  man  aur  den  Gedanken  kommen,  Balleiri  sei  aiich  die 
Maria  Leve  der  Lieder  CB  1504.  1546  und  1648.    Dodi  dôiftea  sich  ^eidie 


RANDGLOSSEN   ZDM    ALTFORT.  LIEDERRUCII. 


537 


nämlich  von  dem  neidisch-eifersüchtigen  Pedro  Amigo  bei  Pero 
d'Ambroa  verklagt,  sie  habe  des  letzteren  fatales  Reise -Geheimnis 
ausposaunt'  Um  dasselbe  aber  kann,  wie  Salazar  bemerkt,  nur 
dessen  eigenste  amiga  e  companheìra  gewofst  haben. 

Ueberdies  glaubt  er,  mehrere  von  ihm  entdeckte  Urkunden 
über  Verkäufe  und  Schenkungen  an  das  Klostej  S.  Maria  de  Mon- 
fero,  die  in  den  Jahren  1261  (err.  1361),  1263,  1280,  1281  und 
1285  von  einer  Maria  Perez  ausgingen  {einmal  in  Gemeinschaft 
mit  ihrem  Bruder  Martim  Perez),  auf  Balteira  beziehen  und  ihr 
daher  bedeutenden  Grundbesitz  auch  in  Puente-de-Ume  und  Be- 
tanzos  zusprechen  au  müssen. 

Diese  Identiñzierung  der  Beschenkerin  oder  Beschenkerinnen 
dea  Klosters  Wonfero  mit  der  /amiliar  i  amiga  des  Klosti-r-i  So- 
brado sowie  die  dadurch  bedingte  Verlängerung  ihr&i  l.rbeiis  bis 
1285  darf  ich  füglich  als  unwahrscheinlich  bei  Seite  lasm-n,  weil 
der  Name  aufserordenllich  trivial  ist,'  die  Dokumente  von  1261 — 
1 285  aber  ihre  Maria  Perez  niemals  als  Tochter  des  D.  Pedro  Joham 
de  Guimaranes  und  der  D,  Azenda  Pelaez,  noch  als  Balteira,  noch 
als  cruzada  kennzeichnen.     Quoii  gratis  asserilur,  gratis  ntgalur. 

Die  Möglichkeit,  eine  Kreuzfahrerin,  die  mit  „Verzeihung"  {per- 
don  oder  indulgencias)  beladen  vom  heiligen  Lande  heimgekehrt  sei, 
und  als  Ordensschwester  mit  geregeltem  Hauswesen  Im  gallizischen 
Armea  wohnte,  habe  trotzdem  ihr  Liebealeben  am  kasUlischen  Hofe 
fortgesetzt,^  möchte  ich  bestreiten,  wenn  auch  nicht  allzu  ent- 
schieden. Den  Grund,  welcher  zur  Beseitigung  einer  selbständigen 
Marinha  Mejouchi  geführt  hat,  halte  ich  nicht  für  stichfest,  die 
Sache  aber  für  zu  unwesentlich,  um  sie  zu  erörtern.  Gegen 
zweierlei  erhebe  ich  Einwendungen:  gegen  die  Verlegung  der 
Balleira-Lieder  und  aller  übrigen  Ultramar- Gedichte  in  das  Jahr 
1269.  Und  ebenso  gegen  ihre  Verhenlichung  als  rühmenswerte 
Patriotin.     Von  dieser  sei  hier  zuerst  die  Rede, 

l)  Die  Freude  über  seinen  Fund  hat  den  Entdecker  nämlich 
verleitet,  aus  dem  Opfer  mittelalterlicher  Schmähsucht  und  Fleisch- 
lichkeit eine  Heldin  zu  machen;  dieselbe  freigebig  mit  schmückenden 
Beiworten  wie  fermosissima,  animosa,  valiente  auszustatten  und  zu 
den  Höhen  emporzuschnellen,  zu  denen  Sage  und  Poesie  die  durch 
ihr    tragisches    Geschick    und    echte    Mannesliebe   verklärte  Gestalt 

Beeeboisse   und    CharakleriÛËe    bei    mehreren    desaelben    Berufes    wiederholt 

'  CV  U9T 

■  JÜDgslhia  hat  Ayrei  de  S.!  (in  seiner  liefflichen  hislorUthen  Mono- 
graphie über  den  Entdecker  der  Acoren,  Frey  GoD(alo  Velho,  Lisb.  iSqS) 
in  Balteira  eine  andre  Maria  Perei  erkennen  wollen  —  Tochter  des  Gonzalo 
Martins  dicto  trabador  de  Santarim,  von  dem  in  Randgttisse  III  die  Rede  war. 
Eine  Dame  also,  die  mit  ^cm  adligen  Troubadour  Jolo  Vclho  de  Pcdragaes 
€a¡  LiebesvethäUnU  hatte,  welcbeni  der  im  J.  1310  Icgiümierte  Joio  Eatines 
Velho  entstammt  (p.  51   und  I2j;  Doe.  XXXJ). 

■  CV  1070  «igt  sie  OB/'  a  porta  del  rey.  In  CV  1185  wird  Burgos 
gctunnl. 


I  FakBx  IB  1200  aacfc  i 

r  Fna  g^ 
■  (fUiseli  md  dta  Móndi  «on  UonUa. 
tloB^  «ckSdnt  duob  «eriacbL  ZwötoB  aa  dai  —""H-  SfÑd- 
«obb  nk  den  da  abaalcMiliAe  Gwd  FenaBdes  de  Jerena  vor 
1385  Mia  Gockick  wrtnipftp.*  DBros  dib  die  Balleini,  wie  jene 
beiden,  selber  SpietvobikäaMe  genbt  hätfc,  «iaen  wir  freScb 
BicbU,  «ie  am  ibediMpC  jeder  Beweb  daftr  feUi,  dafo  fwM^'j'j  ■ . 
ia  PocMgieaiKfaM  gkAAwit  ña  Proïenafiicben,  den  am%  den 
bäd^ca  "mwanliiii  beider  Bera&aiten  ediäiikiieo  Nebeasñn 
nm  J^iaraa  aad  amtUrâ  gebabt  faaL^ 
jtc^alrix  md  wtfa/««»  beaitb  aacfa  anf  der  Balbinad 
So  X.  BL  in  dea  tatrrr innren  Palast -Vcrordnangen  des  Eroboas 
«oa  Valcoda  (Tarr^oaa  1239),  die  indivi  der  königtidi  porto- 
gictiicfam  Hantordairag  von  Jabre  1 258  la  Gnmde  liegen  mögen, 
b  dcD  eniereD  beiât  es:  JÜite  tiatmwmt  ^md  »m  a«r  aHqmk 
almt  heme  nte  domma  dnnu  aìiftàd  «¿km  J»€aial»ri  MÍ  jiailaíria 
lige  tolidataria  tòt  tnliti  iahalje;  u4  «wr  n/  «ä»  ««Mb  ^mritf 
tligtre  ti  habere  ae  Jiuere  títmn  wam  jtaUatarem  tt  dart  t&i  ^mi 
voltttrií.  ,  .  .  llcm  tlotuiínut  quod  Hulltu  /«eulaím-  me€  J^cmlairix  mee 
túláalaria  pretmiet  vtl  futuri  ntc  ala  qua  «¿im  /wtríi  tMaíarim 
tedtanl  ad  mmam  militii  tut  domina  aHevjut  tue  ad  gmtùfe  ttnat- 
dem,  ntc  jaceanl  cum  aliena  deminanait  ñ  «w  teto  vii  m  mma  d«ma 
tue  OKuUntur  aliquem  tonmdtm.* 


>  Bei  Malia,  in  Biogr.  Vn  und  LXXVI  heilst  es:  t  prêt  frr  mailer 
una  soudadiira  que  menet  ab  a  lenOtmßi  fer  corti!  jne  raiùt 
¡htlma  mania:  ftrt  fo  bella  et  ensenhada  et  eidetiene  ¡i  genita  e  gratta 
earn  era  ti.  —  Oagcgen  «ìtd  im  Caiw.  H.  berichtet  {Siud.  FU.  Rem.  XIV 
^41):  Gauettm  JaidUl  ti  artet  outramar  e  à  menel  domp»a  guilUbma 
^era  toa  maiUtr  et  era  ettada  louJadeira.  —  Fiidiu  le&e  I190 — 1140^ 
Der  KjeuuDg.  id  dem  et  luiiog,  wild  der  vieite  gcwam  *da.  —  IMe  Heint 
ver  1 199  beteitt  Tallzagen. 

*  Slud.  m.  Rom.  I.  e.  No.  158. 
»  Ib.  No.  160.  —  Cf.  Philippiohn  X  6, 

*  Cane.  BatHa  No.  555  — 566, 

*  Nur  von  eioct  eállizÍKhen  Sineetio  {ointalrà)  ÍILajaí  P«ru  tUS  het 
■ich  bla  jei/l  di«  Spur  gcrundcn.     S,  At.  Crii.  374  —  5.  —  Die  Braóchneag 

'    "it  foculalrix  ccbeinl  iblicb  gewesen  eh  sein.  S.  Hïli,  Tram.  26a  m.\. 


*  Ib.  p.i6j. 


I 


A 


RANDGLOSSBN   ZUU   ALTPORT.  LIEDERBUCH. 


539 


In  der  spateren  hingegen  sind  die  Paragraphen  über  die 
SpielleuCe  und  Troubadours  —  die  ich  schon  mehrfach  benutst 
habe  —  von  denen  über  die  weiblichen  Freu  den  bringer  getrennt. 
Soldadtiras  nom  andtm  em  casa  dtl  Rey  ...  e  se  vûrem  soìdadtiras 
a  casa  del  Rry,  nom  tslem  hi  lenom  per  Ira  dias  i  se  Ihes  il  Rty 
quiser  dar  algo  di-iko;  senom  vaäo-se.^ 

Dazu  kommt  ein  andres  Dekret  vom  Jahre  1261,  aus  dem  or- 
hellt,  dafs  manche  Söldnerin  reizvoil  und  gebildet  genug  war,  um 
zur  Hoftafel  zu  Gaste  befohlen  zu  werden,  während  ihre  jüngere 
Gehülñn  {manceba)  einen  untergeordneten  sozialen  Kang  einnahm: 
e  se  íoldadeira  for  ronuydada  nom  lette  comtigo  manceba,  mm  oiiiro 
hörnern  hu  for  el  Rey^  Die  vermutlich  zwischen  beiden  hegende 
Bestimmung  Ferdinand's  111.  oder  Alfons'  X.  ist  mir  unbekannt. 

Auch  aus  den  Adeisbüchern  ergiebt  sich,  dafs  einzelne  ihres 
Standes  aus  der  Masse  hervorragten.'  Was  in  den  Liederbüchern 
in  Dutzenden  von  .Schmähliedern  von  ihnen  berichtet  wird,  giebt 
von  ihrer  Bildung  und  Siile  keinen  vorteilhaften  Begriff.  Dem  Worte 
selbst  begegnet  man  nicht  häufig.*  Ob  wir  es  mit  soldado  oder 
mit  soldada  zu  verknüpfen  haben ,  ist  nicht  ganz  leicht  zu  sagen. ^ 
Soldatenliebchen  bedeutet  es  Jedenfalls  in  den  gereimten  Ein- 
lagen der  Historia  Troyana,  wo  Briseis  bei  der  Trennung  von 
Troilus  ausruft: 


1  yo 


1  tal  D 


cuydé  tr  a  la  altiergada, 

ca  nna  vil  sotdadera 

tcrtii  Uias  dcioiira<la 

de  yr  asy  beuir  en  bui?9le 

como  yié  yo,  mesquina!* 
Und  auch  die  Balteira  finden  wir  zeitweise  im  Feldlager  an  der 
Maurengrenze  (die  sie  mehrfach  überschritten  zu  haben  scheint), 
gleichwie  eine  andere  Soldadeira,  die  sich  mit  den  Armbrust- 
schützen des  Königs  zu  messen  und  den  feindlichen  Genetes  zu 
raufen  liebte.^ 

2)  Der  Plan  zur  Orientfabrt,  falls  man  dieselbe  nicht  als  Ver- 
gnügungs-,   sondern  aR  Kreuz-  und  Bufsfahrt  auffassen  will,   steht 


'  P.  M.  H.:  Uges  p.  199  (5  II). 


Mb., 


,307. 


r   Soldadeira   Ciara 


P.  AL  H.:   Script.  311,   wo   von   der   Hi 
Vicente  mit  einem  Adligen  die  Rede  ist. 

'  CVlOeS.  UO8.  1203.  67  (wo  ¡olâideyra.  du  I-ollii  stehen  läfst, 
ein  ofTeobarer  Fehler  ¡st).  CV  1103  zeigt  nns  die  soldadeira  Marinha  Crespo 
im  Königssclilals;  CV  1166  eine  andere  Maiinha  Lopei  im  Palast  des  tlertn 
von  Biscaia,  D.  Lopa  Diaz. 

•  Im  Cune,  sind  saldo  nnd  soldada  Vài  Sold  sehr  hiufig.  Soldado  kommt 
nicht  vor.  Doch  ist  soldadeira  keine  selbständige  Ableitung,  weder  von  dem 
einen  ooch  von  dem  andern,  sondern,  wie  die  ip»n.,  kat.,  pro*.  Formen  zeigen, 
als  Terliges  Wort  aus  dem  Mitlcllat.  übemoiiunen  worden.  —  Vgl  Hetculano 
IV  431. 

•  Rrsae  Hisp.  V  p.  Jî. 

•  OV78. 


540 


CAROLINA   MICHAELIS   DE   VASCONCELLOS, 


ZU  dem  Pakt  mit  dem  Kloster,  für  den  man  bei  einer  büfsendea 
Magdalena  die  Motive  doch  nicht  weitab  zu  suchen  braucht,  wahr^ 
Bcheinlich  in  enger  Beziehung,  Die  Klostergemeinschaft  dürfte  nur 
auf  Grund  des  Kreuz -Gelöbnisses  und  Preisgabe  ihres  Vermögens 
gewährt  worden  sein.  Beide  fallen  aber  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  in  eine  Zeit,  wo  die  Soldadeira  ihre  Rolle  in  den  ver- 
schiedenen  Hof-  und  Feldlagern  für  ausgespielt  zu  halten  und 
sich  nach  Ruhe  auf  dem  mütterlichen  Erbgute  unter  dem  Schutze 
frommer  Mönche  zu  sehnen  Grund  hatte.  Wozu  sonst  der  Ge- 
danke an  Tod  und  Begräbnis?  Wozu  die  Leistung  an  Naturalien 
und  an  Kleidern,  sowie  an  Flachs  für  ihren  Haushalt  zu  Armea, 
(alls  sie  dort  nicht  zu  wohnen  und  zu  spinnen  gedachte?  Woxa 
die  Ausbedingung  der  anderweitigen  personlichen  Dienste  ihrer- 
seits? Diese  Erwägung  aber  maclit  auch  den  Aufschub  des  Ver- 
sprechens bis  126g  ebenso  unwahrscheinlich  wie  relative  Jugend 
bei  und  nach  der  Erfüllung  desselben,  oder  gar  Fortführung  des 
alten  Lebenswandels.  Nach  Aussage  von  Freund  und  Feind  war 
ja  die  Gallizierin,  als  man  sie  in  Versen  zu  verspotten  begann, 
schon  recht  lange  Zeit  und  an  recht  vielen  Orten  in  Andalusien, 
Kastilien,  Leon,  Aragonien  und  Navarra  ihrem  Erwerbe  nachge- 
gangen, all  überall  Unehre  (duonrat)  einheimsend.  Selbst  im 
Maurenlande,  wie  ich  schon  andeutete,  wo  auch  ihr  Glaube  schad- 
haft geworden  zu  sein  scheint.* 

3)  Die  Behauptung,  Balleira  habe  sich  126g  auf  der  Flotte 
des  Königs  von  Aragonien  eingeschifft,  stützt  sich  erstens  auf  das 
schon  besprochene  Wort  cmzada,  zweitens  auf  die  Nennung  des 
Hafenplalzes  Acre  {für  Acca  Accon,  nach  der  franz.  Form  Saint- Jean 
d'Acre)  in  einem  Ambroa-Liede.s  drittens  auf  die  des  südfranz. 
Monipdiier  in  zwei  anderen.'  Auch  die  Erwähnung  von  MarseiUt 
in  einem  der  Ultramar-Lieder*  (das  freilich  weder  zur  Balteira 
noch  zu  Pero  d'Ambroa  in  Beziehung  steht)  wird  als  Bestätigung 
angesehen. 

Mancherlei  spricht  thatsächlich  zu  Gunsten  dieser  Auffassung, 
das  leugne  ich  nicht.  Unter  allen  im  13.  Jh.  geplanten  oder  ver- 
wirklichten Kreuzzugen  war  der  von  D,  Jaime  unternommene  auf  der 
Halbinsel  der  po[>ulârste.  War  er  doch  von  Jaime's  eigenem  Sohn 
—  dem  Erzbischof  von  Toledo  {D.  Sancho)  —  gepredigt  worden) 
Hatten  doch  proven zaliche  und  katalanische  Troubadours  dea 
Helden   Eifer   gespornt!^     Und   waren    es   doch  nur  peuinsalare 

'  Dftbd  sei  nn  die  slercolypen  Roman zendroh unge q  eiianert:  mora 
(bxw.  morù\  me  quitra  tornar  allende  la  morería,  die,  im  Munde  sowohl  der 
D.  Urracft  und  D.  Lnmbra,  als  auch  des  Coode  Claros  oder  des  ver- 
liebt» Cofflpifieto,  ungefähr  dasselbe  bedeuten  wie  das  norddculsche :  „s*ist 
jtnm  katholisch  werden". 

•  OV  10B7.  '  CV  1068  und  1195.  '  OB  148. 

•  Guillcm  de  Ccrveira  in  dem  Sirvenlís:  Si  tot  letra  no  say  {Mila  368)!  ' 
Oulltem  de  Mur:  D'  un  sirventes  far  me  sia  Dieus  guitt  (ib.  374);  Olivier  j 
el  Tcmplaiio:  Mstal  aurai  lonctemps  en  pessamen  (ib.  3S1). 


I 
I 

I 


r 


KANOGLOSSEN    Zl/M    A  I. TPORT,  LIEDERBUCH.  54 1 

Krieger,  die  sich  diesmal,  »ach  verschiedenen  mifsglucklen  Ver- 
suchen (1239,  1244,  1251).  wirklich  auf  den  Weg  ins  Gelobte  Land 
machten:  daninter  300  Magnaten,  wie  z.  B.  D.  Juan  Nunez  de  Lara 
mit  800  Mannen.'  Selbst  Alfons  X.  hatie  loo  Tempelriitet  abge- 
sandt, und  zwar  unter  dem  Grofsmeisler  Pay  Peres  Correa,  so  dafs 
auch  Portugal  indirekt  mitbeteiligt  war.  In  30  LangschilTen  und 
einigen  Galeeren  brach  man  am  4.  September  1269  von  Barcelona 
aur.  Mit  dem  König  gingen  zwei  seiner  Bastarde;  Fernán  Sanchez 
und  Pedro  Fernandez.  Der  Sturm  aber  packte  die  Flotte  unweit 
von  Mallorca  und  zwang  einen  Teil  der  Fahrzeuge  zur  Umkehr 
und  Landung  an  der  französischen  Küste,  bei  Aiguës- Mortes.  Von 
da  aus  machte  En  Jaime  den  Ritt  nach  dem  nahen  Montpellier, 
seiner  Geburtsstadt  —  eine  Einzelheit,  die  Lollis  nicht  anrührL 
Bei  einem  neuen  A  u  sfa  h  rts  versuch  stürmte  es  abermals  17  Tage 
lang.  Auf  Bitten  des  Volke.1  stand  nun  der  König  von  seinem 
Vorhaben  ab.  Der  Rest  der  Flotte  unter  Feman  Sanchez  hatte 
jedoch  die  Fahrt  fortgesetzt  und  war  in  Acca  eingelaufen.  Laut 
W  il  ken  kam  Pedro  Fernandez  nach  Ptolemais.'  Freilich  ohne 
etwas  auszurichten.  Nach  vergeblichem  Harren  auf  den  obersten 
Kriegsherrn  wurde  die  Rückfahrt  angetreten,  wobei  in  Sizilien  an- 
gelaufen ward.  Karl  von  Anjou  schlug  bei  dieser  Gelegenheit 
Feman  Sanchez  zum  Ritter,  was  den  schon  heftigen  Hafs  des 
Bruders  aufs  höchste  steigerte. 

Wohl  möglich,  dafs  ein  so  gründlich  mifsglückteT  Kreuzzug 
Stoff  zu  Spöttereien  hergab,  wie  auch  dafs  mancher,  der  sich's  in 
Südfrankreich  lange  wohl  sein  liefs,  nachher  prahlte,  er  sei  in  Acca 
gewesen,  dann  aber  über  die  Ereignisse  nicht  Rede  zu  stehen 
wufste  und  in  seiner  Not  Lügenmärchen  erfand.  Besonders  CB  148 
und  CT  11S6  passen  ausgezeichnet  hierher. 

Sogar  der  von  Lollis  nicht  verwertete  Hinweis  auf  die  Tar- 
taren und  den  Grofs-Khan  im  Ambroa-Liede  CV  1108  liefse  sich 
mit  Montpellier  und  Acre  als  Indicium  anführen,  da  D.  Jaime  ge- 
rade durch  Botschaften  des  angeblich  zum  Christentum  bekehrten 
Tartarenfursten  (1266)  und  des  Michael  Paleólogos  (1268}  zu  seiner 
Unternehmung  gereizt  worden  war. 

Hinzugefügt  sei,  dafs,  als  Ludwig  der  Heilige  und  Thibaut  V. 
von  Navarra  im  nächsten  Jahre  ihren  Zug  unternahmen,  viele  Kata- 
lanen sich  ihnen  anschlössen,  und  zwar  in  Aiguës- Mortes.  Nach- 
weislich z.T.  dieselben,  die  1269  un  verrichteter  Sache  umgekehrt 
waren  und  somit  ihr  Gelübde  nicht  erfüllt  hatten,  wie  z.  B.  D.  Juan 
_  NuQez  de  Lara.     Sie    teilten   dann  naturgemäfs  alle  Schicksale  der 

^L         letzten,  nach  Tunis  gerichteten  Kreuzfahrerllotte. 
H  4]    In  den  Balteira- Liedern  selbst  fehlt  jedoch  jeder  Hinweis 

^M         auf  die    Ereignisse    der   Jahre  1269   und  1270.      Ueberhaupt    fällt 
H        darin    kein  Wort,   das  auf  Krieg   deutete.     Sonst   läge   es  aufser- 

L 


542 


CAROLINA   MICHAELIS   1 


Ï   VASCONCSLIOS, 


ordentlich  viel  näher,  uns  die  Alfons  X.  persönlich  bekannte  Gallì- 
iderìn  im  J,  1257  als  seine  Fahrtgenossin  auf  jenem  Zu^e  nach  Tonis 
gegen  EI-Muslansir-billäh'  vorzustellen,  den  der  König  selbst  als 
cruzada  bezeichnet  haLï 

Wie  die  Sache  liegt,  ist  es  jeduch  wahrscheiaÜcher,  es  bandle 
sich,  statt  um  einen  der  sieben  Kreuzzäge  oder  eine  Expedition 
nach  Afrika,  um  eine  der  siebenzig  mal  sieben  Fahrten  fronuner 
Pilger  aus  dem  Abendland,  die  sich  im  Mittelalter  vor,  wäh- 
rend und  nach  den  Kreuzzügen ,  unabhängig  davon ,  nach  dem 
heiligen  Grabe  ergossen.^  Dem  widerspriclit  iieineswegs  das  im 
Liedc  angewandte  Wort  cruzada,  noch  die  im  Kloslerpakt  fal- 
lenden Formeln  tl  tía  i  cruzada  —  cl  se  for  na  crttaada.  Ver- 
schiedene Einzeizûge  sprechen  sogar  für  diese  Auslegung,  Joam 
Baveca  nennt  z.  B.  des  Genossen  Pero  d'Ambroa  Orientfahrt  aus- 
drucklich eine  Wallfahrt  (ri}»iiina)'  nach  dem  Jordanäufs  und  stellt 
sie  auf  eine  Stufe  mit  der  ïweiten,  von  eben  demselben  Spielmann 
gleich  kühn  geplanten  und  gleich  feige  unterbrochenen  Pilgerreise 
nach  S.  Maria  de  Rocamador.''  Als  palmiiro  charakterisiert  ihn 
auch  Pedro  Araigo/'  Desgleichen  bezieht  sich  alles,  was  Martim 
Soares  dem  Soeir'  Eannes  als  Quintessenz  des  von  ihm  ver- 
breiteten lügnerischen  Reiseberichtes  vorhält,  auf  eine  derartige  nur 
fromme  Unlemehmung,'  Auch  dieser  fingierte  jerusalemfabrer  wird 
als  Pilgrim  bezeichnet  Blofs  dafür  fehlt  mir  zunächst  der  sichere 
Beleg,  dafs  cruzada,  wie  ich  voraussetze,  auch  auf  blofse  Pilgerreisen 
angewendet  worden  ist  (und  cruzado  oder  cruce  signalut)  auf  blofse 
Wallfahrer).  Die  Anwendung  des  Wortes  im  Balteira- Dokument 
Von  1257  und  im  Testament  des  Kñoigs  D,  Denis  vom  J.  1299 
kann  nicht  dafür  gelten,  obschon  in  beiden  Fällen  ein  bestimmter 
ICreuzzug,  so  viel  ich  weifs,  nicht  in  Sicht  war. 

Wie  man  es  mit  der  ursprünglichen  Unterscheidung  zwischen 
Romfahrer  (romtu)  und  Palmenbringer  (paímíiro)  längst  nicht  mehr 
genau  nahm,  sondern  beide  Bezeichnungen,  )>esonders  aber  remeu, 
auf  jeglichen  Wallfahrer  anwandte,  gleichviel  ob  er  nach  der  Tiber- 
stadt,   nach  Jerusalem^    oder    nach    Santiago,^    nach   Rocamador" 

■  Uebcr  diesen  weaig  bezeugten  Kreuuug  s.  Schirrmacher  I  483  —  484 
und  dazu  441   uud  477.     Er  warde  seit  125J  {¡eplant. 

•  In  der  Urkunde,  in  welcher  Alfans  bei  einem  tl6a  geplanten  aenen 
Zug  nach  Arríba  den  Galliiicr  D.  Juan  Garcia  de  Villamayor  zu  Minem  Ad- 
miral und  „Adelantado  mayor  de  la  mar"  ernennt,  benulit  er  die  Redewendung: 
for  gran  sabor  gut  avernos  de  Inar  adelante  el  fecho  dl  la  cruzada  dalindt 
el  mar  a  servicio  de  Dios  e  exallalion  de  la  chrüiianäad  {Memorial  Hist. 
I  p.  16). 

»  Im  8.  Jh.  lahUman  ihrer  6;  im  9.:  Il;  im  IO.:  16;  im  II.:  117.  Und 
auch  im  u.  und  IJ.  waren  sie  aur<; erordentlich  uhlreicb. 

'  CV  1066. 

'  Des  in  allpoitu;;.  Urkunden  oftmals  erwähnten  Wallfahrtsortes  gedenken 
die  VerfasKT  von  CV  889  und  CB  115.  ' 

•  CV  UeS.  '  CB  143.  »  CM  33.  46.  383. 

•  cuse.  ITC  316.  266.  278;  CV4fi6. 
»  CM  8.  22.  147.  168.  267.  331.  343.  873. 


I 


I 


RANUGtOSSEN   i 


543 


roder  Montserrat'  einen  frommen  ßufsgang  antrat,  so  bediente  man 
sich  der  beiden  Ausdrücke,  und  sogar  des  noch  unbestimmteren 
ptltgrin  (CV  1013)1  a^ch  dann  ohne  Bedenken,  wenn  man  vom 
wirklichen  Kreuzfahrer  sprach,  der  an  den  heiligen  Statten  nicht 
nur  l:)eten  und  büfsen,  sondern  hauptsächlich  an  Schlachten  gegen 
die  Ungläubigen  teilzunehmen  gewillt  war.^  Umgekehrt  aber  ver- 
wertete man  crusar-st,  filhar  a  cruz*  in  Fallen,  wo  es  sich  aus- 
schliefslich  um  Bufsubungen  und  Samari lerdienste  ia  Hospitälern 
in  Kriegs-  oder  Friedenszeit  handelte.^  —  Die  in  Portugal  meist 
gebrauchten  Redewendungen  ir  aalem  mar  (CT  1067),  passar  alem- 
mar  (ib.).  aniiar  sobrt  mar  (CV  1004),  ir  a  Ultramar  (1057,  1296) 
lassen  beide  Deutungen  zu,  und  noch  eine  dritte:  „nach  Afrika 
liehen",  in  den  Kampf  gegen  die  Ungläubigen  dort.^  Manchmal 
freilich  auch  als  ihr  Freund  und  Bundesgenosse,  wie  1200  Sancho 
von  Navarra,  1259  die  Infanten  D.  Enrique  (Arrigo)  und  D.  Fadrique, 

Als  bufsende  Teilnehmerin  an  einer  Pilgerfahrt,  als  dienst- 
eifrige barmherzige  Schwester  etwa  im  internationalen  Hospital  zu 
Acca,  wo  D.  Sancha,  eine  Tochtt;r  Don  Jaime's,  bis  an  ihr  Ende 
fromme  Werke  verrichtete.'  würde  man  sich  die  reuige  Soldadtira 
and  familiar  t  ûmiga  do  convenía  de  Sobrado  gem  vorstellen,  und 
wäre  es  auch  nut  für  eng  begrenzte  Jahresfrist. 

Dafs  auch  die  Pilgerschiffe,  seit  iigi  Acca  in  die  Hände  der 
Christen  gekommen,  besonders  aber  sobald  es  zum  Sitze  des  Jo- 
hann! ter-Ordens  geworden  war,  meisthin  an  diesem  uralten  Ver- 
bin dun  gspnnkte  zwischen  Europa  und  Asien  landeten,  ist  aus  der 
mittelalterlichen  Reise!  i  Itera  tur  hinlänglich  bekannt,     Romeros  (bzw. 

I  Romeas)  de  Acre  war  sogar  eine  übliche  Bezeichnung  für  die  Pilger 
geworden.»  Dafür  dafs  die  hispanischen  Troubadours  um  so  ele- 
mentare Thatsachen  wufsten,  könnte  ich  als  Beweis  einige  Marieo- 
ieder  des  Königs  anführen."     Sollte,  wie  in  CB  143,  ganz  im  All- 


1  0JIB8. 

•  CT  1018.  —  PtUgrÌH,  Peregrin.  Peìtngrin  w»rd  ¡n  Kaslilien  za- 
aSchst  Uebcmame,  dann  Fami  tien  name.  —  Desgleichen  in  Portugal  und  Aragon 
Jtomeu.  —  VeI.   ScriJ-t.  163.  178;  ib.  28.   187. 

•  CV  1118.  '  CV  1199. 
'  Ib.  und  IIQB.     Naiürlich   war  crucesigHalut  auch  jeder,   der   für  das 

ehnslliche  Spanien  ins  Feld  10g,  Das  Kieui  gegen  die  Sarraienen  licfs  ¡n 
1  beschäfiigenden  Frist  Gregor  IX.  (lijfi),  Klemcns  IV.  (1163)  und 
Innocenz  V.  (1176)  predigen.  Vgl.  Heicnlino  II  339,  Scbirrmacher  494,  579. 
'  Boapiele  weiter  unten.  Ein  Unlerscbicd  zwischen  AUm-mar  nad 
Ultramar  ist  nicht  vorhanden.  Beide  haben  zaerst  Afrika  nnd  Asien, 
ipiter  auch  Amerika  bezeichnet.  Mit  Bezug  auf  die  Mauren  in  Afrika  ist 
jedoch  biufiger  aUm-mar  (il/emif  la  mar)  angewendet  worden,  besonders 
seit  nach  der  Eiobcrung  von  Ceuta  die  betreffende  Formel  in  den  Tile]  der 
porlugicsisebeo  Könige  überjting.  ^  Alfons  X.  sprichl  noch  des  oflem  von 
mmras  de  Ultramar  (CU  401). 

I'  S.  Don  Juan  Mannal.     Tratado    ¡obre    las  Armas   in    Bibl.  Aul.  Elf. 
m  p,  3S9  sq. 
•  Esf.  Sagr.  XXIII  406.  —  Der  König  von  Acca  hatte  ührigens  1134 
KJnen  Weg  nach  Santiago  über  Toledo  genommen  {ib.  400). 
'  CM  33.  4e.  3BS  etc. 


544  CAROLINA   U1CBAÌU.1S   DE    VASCO NCBLLOS, 

gemeinen  irgend  ein  östlicher  Mittel meerhaf en  (rat  aUm'Hutr]  ■ 
Gegensatz  zu  einem  weslUclieii  (aquim)  angeführt  werden,  so  terfii 
man  unwillkürlich  auf  jenen  als  den  bekannlesten  Namen.  UonSt 
wäre  es  auch,  daran  zu  erinnern,  dafs  von  den  eigentlichen  Kreu 
fahrerflotte II  nicht  biofs  die  hispanische  i  ìóg  dort  Anker  geworfM 
hat,    sondern  z.B.  auch    1228  diejenige  Kaiser  Friedrichs. 

Es  bliebe  somit  nut  Montpellier  als  Stütxe  für  die  Anfliusimf 
des  italienischen  Gelehrten  übrig.  Doch  höchsiens  fur  die  Ambroi- 
Fahrt ,  da ,  wie  ich  schon  sagte,  auch  nicht  eine  Phrase  falli, 
welche  auf  eine  gemeinschaftliche  Expedition  Balteira's  mil  den 
Spielmann  schliefsen  liefse.  —  Dieser  selbst  scheint  zweimal  Had) 
Südfrankreich  gekommen  zu  sein,  zn  Wasser  und  in  Lande.  Dock 
auch  hier  ist  zu  bemerken,  dafs  Mompiihr  MompttUr  Mamfnli  ia 
portugiesisch- gal lizischeo  Liedern  und  Urkunden  an  und  far  ndi 
die  meistgenannte  südfranzösiscbe  Stadt  war,  da  Kauflente,  Aenli 
und  Theologen  in  regem  Verkehr  mit  ihr  standen.'  Es  beweist 
darum  nicht  viel  mehr  als  die  Erwähnung  Acca's,  Etwas  Andaei 
wäre  es,  stände  Aiguës- Alarles  im  Gedichte. 

5)  Selbst  dafür  dafs  Maria  üalteira  ihr  Gelübde  gebaltui  \ai, 
fehlt  der  Beweis.  Nur  als  crwe  sígnala  kennen  wir  sie.  Und  nO 
von  ihrer  Absicht  oder  von  der  Dringlichkeil,  eine  weite  Fahrt  [/« 
longa  carrcira)  anzutreten,  spricht  Pedr'  Amigo  in  dem,  »uch 
nach  der  Ansicht  von  Loi  lis  und  Salazar,  vor  der  Fahrt  enlstandenai 
Lied  CV  1197.  Auf  Schwanken  ihrerseits  läfst  es  schliefsen,  àìSk 
sie  vorher  als  echte  Galliztenn  ein  Orakel  befragte.  Die  AmwMl 
des  Dichters:  „zum  Fortgehen  seien  die  Vogelzeichen  gut,  doA 
rale  er  nicht,  wiederzukehren",  konnte  kaum  derber  ausfallen.  DitB- 
Bleibens  war  eben  nicht  mehr  im  kasiilischen  Mofjager.  Da)  n 
der  Fahrt  entstandene  Spottlied  CV  U76  aber  läfsl  mindeBe« 
zwiefache  Auslegung  zu.  Dafs  Feto  da  Ponte  sich  mit  »  '  ~ 
Erörterungen  an  einen  Dritten  wendet,  ohne  denselben  zu  t 
(was  gegen  allen  Brauch  wäre),  leuchtet  mir  nicht  ein,  Elwa  I 
den  Abt  des  Klosters,  dem  Maria  Perez  sich  verpQichtct  halU 
oder  an  Pero  d'Ambroa?     Ich  fasse  daher  in  Z.  i  : 

Maria  Perez  a  vossi  criuadi 
den  Frauennamen  als  übliche  Anrede,  setze  danach  ein 
und  verstehe:  „Maria  Perez,  Eure  Kreuzfahrerin,  d.  h.  die  » 
Euch  an  Eurer  Statt  ausgesandte  und  von  Euch  besoldete,  ist 
beladen  mit  Ablafs  heimgekehrt,  dafs  .  .  ■"  Die  Möglichkeit,  d 
eine  Stellvertreterin  gesendet  werden  würde,  hatten  ja  schon  i 
Mönche  von  Sobrado  ins  Auge  gefafst:  El  se  tia  non  fgr  . , 
fiear  . .  .  t  ouuer  a  dar  Jinharos  .  .  .* 

■  P.  M.  H.:  Zí¿-«I  193;  CV  1073. 1116:  CBIBT?;  CM83.iaS.a 
271.  318. 

■  NachtrSglicb  Sehe  ich,  áah  ich  micb  diesmal  aa  Braga'i  TeilgeUilRBiM 
geballen  habe.  Bei  Monaci  steht  nassa.  In  diesem  Falle  sprSche  abo  Fet^M 
da  Ponte  zu  den  Kumpanea  und  eriählte  Îbneo  von  der  Heiiokthr  der  m^^ 
Ablafs-Bullen   betadeneo   Pílgerin.  —   Dali   die   datierbarcB  C        " 


RANDGLOSSEN   ZCM    ALffuRT.  LIEDlîKBtXU.  545 

KÍD  historisches  Beispiel  für  die  Zulässigkeit  solcher  (im  Süden 
auf  allen  Gebieten  beliebten)  Stellung  einer  Ersatzpersou  aach  bei 
Kreuzfahrer-  and  Pilger -Gel  üb  dtn  ¡st  bekannt.  Ich  erinnere  an 
König  Denis,  der  1299  bestimmle,  nach  seinem  Tode  solle  ein 
ehrenwerter  Bitter  nach  Palästina  gehen  und  dort  an  seiner  Statt 
iwei  Jahre  lang  dem  Heiland  dienen:' 

„Ilcm  maodo  que  um  cavaleíio,  que  seja  homem  de  boa  vida  e  de  ver- 
gonfa,  que  vi  poi  mi  i  Ierra  sama  d'  Uluamai  e  que  Cítee  hi  da\a  anuos 
coroptidos,  servindo  a  Drus  por  minha  alma,  se  a  cruiada  for'  ...  E 
mando  que  eaias  trei  mil  libras  dem-nas  meus  leslameDteiros  a  JoSo  Simhom, 
mea  mei  rinda- mor,  se  quiscr  e  poder  sii  ir  por  mi;  senSo,  dé-uas  a  outro  que 
D  fafa  ben  e  leulmente.  Item  mando  a  quem  eslee  era  Roma  duas  quaien- 
tenos  e  ande  lodalas  estasses  por  minha  alma,  mil  libras".* 

Hier  bin  auch  ich  der  Ansicbl,  dafs  der  König,  des  guten 
Glaubens,  man  würde  das  heih'ge  Grab  zurückerobern,  an  Kriegs- 
dienste in  einem  wirklichen  Kreuzzug  gedacht  bat. 

Die  Vermutung,  die  weiter  oben  genannte  Marinha  könne 
Balteira's  Stellvertreterin  gewesen  sein,  spreche  ich  zögernd  aus. 
Ihr  Name  kommt  jedenfalls  ausschliefslich  mit  Rücksicht  auf  Am- 
broa's  angebliche  Orieotfahrt  in  der  schon  erwähnten  Schmäherei 
CV  1189  vor.     Sonst  niemals. 

6)  Wann  aber?  Pilgerschiffe  begleiteten  sicherlich  die  kleine 
Kreuz fabrerllotte  von  1269  und  die  gröfsere  von  1270,  wie  meist- 
hin  die  abendländischen  Geschwader  [2.  B.  1248).  In  diesem  Falle 
wäre  Balteira  wirklich  von  spätestens  1257  bis  12Ó9  eine  cruzada 
geblieben,  d.  h.  eine  durch  freiwiUiges  Gelübde  zur  Pilger- Kreuz- 
fahrt verpflichtete. 

Für  die  auf  sie  gemünzten  Lieder  unabhängig  von  der  Kreuz- 
fahrt ein  Datum  zu  finden,  ist  schwer. 

Ein  einziger  historischer  Name  kommt  vor,  schliefst  aber  leider 
keine  genaue  Zeitangabe  in  sich:  Fi-d-escalkola,  in  dem  schon  von 
Cesare  de  Lollis  als  di/ficolltssimo  gekennzeichneten  Liede  CB  1608. 
Was  es  mit  dem  Verhältnis  der  Balteira  zu  den  maurischen 
Recken  dieses  Namens  —  den  Beni-EscaÜola  (Escaliula  —  hchka- 
lyula  —  Aschkafyoh)  —  für  eine  Bewandtnis  hat,*    welcher  dieses 

Spielmauns  die  Zeil  von   IZ3Ú  bis  ¡2  umfassen,    sei   auch   hier  in  Erinnenmg 
gebracht. 

>  JJist.  Gen.,  Provas  I  101;  Mon.  Lus.  XVII  e.  51  und  53  nebst  App., 
doch  mit  Abweichungen  im  Text  und  einigen  (unmafsge blichen)  Etöitetungen. 

*  Diese  Wendung  ist  nicht  mil  der  im  BaJleira- Dokument  gebtauchten 
Formel  identisch. 

*  Ob  sein  WUle  eriùUt  ward  oder  nicht,  ist  far  unsem  Zweck  gleich- 
gältig.  Ich  weifs  nur,  dafs  ein  gewisset  Aytes  Marlins  —  escri-uän  da  puri- 
dadi  del  Rey  D.  Denis  e  leu  vice-chunçarel  —  auf  dem  Wege  nach  Jeru- 
salem begraben  liegt  —  Aíon.  Íhí.  XVI  CSI. 

*  Auch  im  Adelsbuch  witd  det  hybride,  im  andalusischen  Feldlaget 
FeidinanJ's  und  seines  Nachfolger»  übliche  Name  benolii  {Script.  iJo\,  Die 
arabischen  Geschichlsschrcibei  bedienen  sich  naturlicb  der  Fonn  Sem  {Bani)- 
Eica.'iula.   V.  Cunde  IV  c.  7  und  ij.  —  Dak  Atgote  irtiamlieh  einmal  Eita- 

Ztiuehr.  1  rom.  PliîL  XXV.  le 


r^dMofenhai^pi?),  ds  Itei  Psuñrck  i 


■irtiwhii  <^Jw  I  f  II  r      Dm  VcnccL  «»  ic^  «ci^  wir 

BMdE^U«  HiAawd  Abdib,  Abri  H»n.  Ata  fakv:  («cki^ 
SShM  <ks  Altea  oda^  Patriaichca!%  ^lhrm^fcalll  ^b  Wifit  c^T 


Ak  TanlkB  des  ni  i24¿  ait  da  T^m^ii  v 


Till'     ' '-    '-^ '-->-" -j-*--^^"--^ — ic -"•   r  . 

•OB  Msroook  n  ^  ^rfainilirhf  acxtoat,  Md  >k  vKh  dne 
Sece  bd  Aïoli  de  Be»  Zaâda  Oêb  mhm  Znde^  die  Bev-EKafeb 


Kaa^de,  W  dem  «fie  II  «A  m  dn  Tasca  F* 


k¿K  ick  n  ite  '■^'*-—  1 

In  «Beadbea  T^e  wâA  ifc  BrMpalr  «rf  Jm«^  and  Xeres* 
ia  MBBM  BaheJn-Cedkbtty  d.  h.  al»  m  <fie  Jalve  1x45 — 46  (fanr. 
izmV  —  Cad  dedttb  vcmMe  kb,  dsb  Ae  ■ 
GalBMfiB  bi  J.  1257  <>«"»  »f  ii«wb^<r«  elf  J^r.  1 
lU  ab«  aaf  eiae  viel  tangere  FnC  hal^eM  Ticäais  is  Hol-  od 
Fe^Jbg^  fT^rfcMîrtlr  "wl  <<>— >ti»M  «oU  ande  won  komi^ 

Ich  lane  obd  eñie  w— arwdM  Oebcnicbt  faleen  xneot  Sber 
£e  ffaäarM-tieda,  datia  aber  die  Catf^pn  ¿  rZfr:^Mr,  nebot 
átigea  Nadoi^ten  ober  ahe  pmintalwe  }esanlem-Fabnx.    Hör 

mfU  («irilcklK  fir  Ete»»»it?}.  ám  mmitt  Ibi  &£i«M!la  tf.  So)  a^Ma«.  iri 
■Acaba  ImmAi.  —  StknaK^s  boMttA  Ai  .iiAMUiai  (ilgk  S^àOÊM 
Ö97V   OrffW«  (696). 

<  Coade  IV  c  7.  —    Spam  (1194  ***<b  DarM^dl   181«  Oaca  aM 

■  C¿  Here,  n  sia.  —  AxUMck  iti.  —  Vri.  OVSOT.  «SS.  1MB  aal 
CB  1600.  16SS. 

•  Es  blabt  friiScb  imaldkan,  ob  «a  dek  «m  Ae  beñlMU  Sud«  «Sas 
Nmcas  huddi,  die  ii^i  {«»Ict  1254)  ia  <fic  ^lade  da  OiiMlea  M,  awh- 
lur  jcdocà  IB  »daluacbca  A^uad  xwiAmflben  «crdes  MaEnc  (<>m,  Jv, 
C4:  CMMBaadMCl.  I>ca>  aaek  ^m  ^ada  baifeaU«  Ork  Xetc« 
de  Sadoraia,  Xeres  de  Badalhaacc  laifiii  »  anbot  vcfdca.  —  Dad 
weh  bei  da  Eìaathae  t.  IL  «iw  Sadoraia  tpidtc  AHoas  X.  aocb  ab  labal 
«tec  bovena^cad«  KoDc,  m  dab  «etIlUb  diesa  Sice  »eai  aod  lif  u  la 
mama  Ben^aanc  ftùt.  VeL  &ri^.  166:  [jlJntr  /i^n  A'  Cattra]  /«  cv« 
ff  jfaiKf  db«  Jgêiua  fw  d^^  /n  r<7  dt  CasUUa  em  Umf  dti  rrty  Jtm 
Fèrmamd«  tm  Bixmrt*  it  SuJtrmim  ¡ai  UÌmì  cam  tt  rr^  ApmtAfmi  t 
MifrM  FM.  —  DA«  BUatea  de  Bsdalboace  tjL  ib.  S.  ISS-  ^        ' 


s.  1S5.  »«yg^^^ 


KAN 


ZL'M    ALIPOKT,  LIEDEkÜUCH. 


wenige  Probeslücke   drucke   i 
Leser  nicht  den  Geschmack  ¡ 


547 
1  dem  freundlichen 


icli    diesm¿il  ab, 
1  verderben. 

L  ßalteira-Licder:  CV  84  von  Alfons  X.;  8B2  von  Pero 
Garcia  Burgales;  1070  von  Johan  Baveca;  U2e  und  U3l  von 
Pero  d'Ambroa;  von  eben  demselben  CB  1674;  CV  1176  von 
Pero  da  Ponte;  U98.  1197,  1203  von  Pedr'  Amigo;  CB  1604 
von  Fernán  Velho:  1509  von  Pedr'  Amigo  und  Vaasco  Perea 
Pardal;  1606  nur  von  lelzlctem.  Zu  diesen  (sämtlich  von  de 
Lollis  verwerteten)  käme  noch  €3  1546  von  Johan  Vaasques 
und  1613  von  Pero  Mafaldo.  Und  vielleicht  noch  471t>U  von 
Alfons  X. 

CV  64.  König  Alfons  hat  Balteira  eine  Holzb'eferung  als  Ge- 
schenk anweisen  lassen.  Anscheinend  zum  Häuserbau,  da  von 
Treppen  {ttcaleirat)  und  Balken  {gaía'í)  die  Rede  ist.  —  Schen- 
kungen von  gutem  Bauholz  wurden  auch  im  13.  Jh..  dem  Anschein 
nach,  hoch  veranschlagt.  Im  ersten  Testament  des  Sancho  Capello 
vermacht  der  König  den  Dominikanern  zu  Santarem;  de  mea  madeira 
de  VÜxbona  ei  de  aliis  meis  lods  quanta  inde  eis  fuerÜ  necessaria. 
Vgl.  CV  1081  und  1159,  die  sich  gegenseitig  vervollständigen. 

CV  982.  Balteira  ist  eine  ungläubige,  got  tesi  äslerliche  und 
abergläubische  Wörfelspielerin.  —  Damit  ist  sie  als  zur  tafuraria 
gehörig  gekennzeichnet.  Man  vergleiche  in  CV  1129  die  Hin- 
weise auf  das  Ansehen,  das  sie  im  Maurenlande  geniefst;  in 
CB  1509  die  Spöttereien  über  die  vom  Patriarchen  von  Mecca  an 
sie  übertragene  Ermächtigung  zu  „ächten"  und  „entächten'" 
oder  zu  „verdammen"  und  „entdammen".  Dazu  CB  1604 
nebst  CV  1131  und  1197  über  ihre  frommen  Anwandlungen  und 
deren  unlautre  Veranlassung  und  Folge.  Ich  erinnere  an  Part. 
VII  z8:  De  los  que  denuesian  a  Dios  {vgl.  CM  238,  dessen  Ueber- 
schrift  irrtümlich  über  291  steht),  sowie  an  das  Ordmamienlo  dt 
las  Tafurerias,  das  Magister  Roldan  im  Auftrag  Alfons'  X.  aus- 
arbeitete.^ Darin  heifst  es:  ßz  este  libro  ....  por  que  se  viide  tl 
descreer  e  se  escusen  las  muertes  e  lai  peleas  e  las  tafurerias.  E 
tubo  por  bien  el  rey,  tomo  sabidor  e  entendiendo  todos  los  bienes,  gue 
wiesen  cada  uno  pena  e  escarmiento  de  descreer.  Kap.  I  handelt:  De 
los  que  deserten  en  Dios. 

CV  1070.  Vor  des  Königs  Thür  {ant'  a  porta  del  rey)  bat 
Balteira  den  Joham  Baveca  geschmäht,  weil  er  selber  eine  Alle 
schmähte.  Doch  wohl  eben  unsre  Balteira?  —  Andere  Altemnde, 
gleicher  Gattung,    kommen    freilich   auch   vor:    z.  B.  Urraca  Lopes 

>  D«r  in  eseomungar  and  sottar  «teckende  Doppckinn  verlangt  eine 
treffendere  Ueberseuung. 

■  S.  Ofuseules  Legales  l8j6,  Bd.  II  2l6— 3JI.  —  Vgl.  Ord.  Äf.  V.  I. 
wo  es  heifil:  gualquer  que  arrenegor,  díscrer,  *(■  pesar  de  Deot  ou  de  lua 
sania  /¿  .. .  pague  lo  cruzadas.  Noch  im  16.  Jb.  wür  deserir  (Qr  „lästern" 
und  .¿uchcn"  der  volksübliche  Ausdruck.  Sehr  beliebt  war  descrer  Jas  Caste- 
Ihatiot  und  detcreio  de  meu  avS  lerla  —  da  minka  aii6  ¡orla  —  de  meu  pat 


548  CAROUNA   MICHAELIS   DE   VA  SCO  NC  ELLOS, 

1122;  Marínha  Sabugal  1128.  Vgl.  CB  1606.  —  Die  Erwähnung 
der  Grenzmark  (fronleira),  hier  wie  in  CV  1203,  versetzt  uns  in 
die  Zeit  der  aodalusischen  Eroberungen. 

CV  1129.  Wer  Ealleira  rächen  will  an  allen  denen,  welche 
ihr  auf  Erden  —  in  Leon,  Kastilien,  Aragon,  Navarra  und  im 
Maurenlatide  —  Unehre  angethan  haben,  der  soll  nicht  bei  ibin 
(Pudr' Amigo)  beginnen,  sintemal  er  gerade  in  sie  vernarrt  sei  (/«< 
ando  por   eh  sandeu). 

CV  118L  Die  „Dame",  die  er  (Pero  d'Ambroa)'  besingt,  iet 
in  einen  Scholaren  verliebt  Was  sie  tn  cas  del  rey  gewonnen  hat 
und  was  er  selber  ihr  gegeben,  das  zerrinnt  jetzt  unter  den  Händen 
ihres  Klerikers,  Darob  freut  sich  Ambroa.  —  Denn  ist  sie  erst 
arm,  so  ist  die  gewitzte  Alte  nur  noch  zur  ¡Kupplerin  taaglich. 
{para  alcayotaT").  . 

CV  1176.  Die  aus  Ultramar  mit  „Ablafsbriefen"  {^m/obi)î  be-J 
laden  heimgekehrte  cruzada  wird  bestohkn.  Ihr  Koffer  {mae/a)  hat' 
kein  Schlofs  (vgl.  CV  1100).  —  Die  Wortspiele  bedürfen  keiner 
Erklärung. 

CV  1198.  Pero  d'Ambroa  und  Pedr' Amigo  teilen  sich 
kameradschaftlich  in  Balteira's  GunsL  —  Ihr  Name  wird  nicht  ge- 
nannt, doch  bezi^ugen  andre  Schmähgedichte  ihre  Beziehungen  za 
den  beiden  Spiel  leu  ten. 

CV  11Ô7.  Pedr'  Amigo,  der  Augur,  sagt  aus  Vogelflug  and 
Niesen  wahr,  dafs  Balteira  zwar  gehen,  doch  nicht  wiederkehren 
solle.    Ihres  ezcolar  wird  abermals  gedacht.    Dazu  auch  ihres  Sohnes. 

CV  1203.  Spott  auf  einen  von  der  andalusischen  Grenzmark 
[da  fronleira)  gekommenen  Pedro  Ordoüez,  weil  er  eindrin^cb 
nach  Balteira  gefragt  hat. 

CB  1S04.    Balteira  hat  gebeichtet  und  sich  der  Kirche,    d.  h. 
einem  Kleriker,    in    die   Arme    geworfen,    um    den    Dätaon    los  sn 
sein,    der    sie    bislang   geplagt   hat.     Nur   ihrem  Kleriker    wird 
nunmehr  dienen;    nur  ihrem  Kleriker  Almosen  geben. 

CB  1606.  Balteira  soll  beim  König  verklagt  werden,  weil  dñ| 
Waare,  die  sie  verkauft,  nicht  vollwertig  ist. 

CB  1S09.  Woher  hat  Balteira  die  Macht,  zu  exkommuniziuien,;] 
d.  h.  die  Leute  zu  goltverlafsnen  Sündern  zu  machen?  Schon  vor: 
der  Zeit  König  Ferdinands  besafs  sie  dieselbe,  vermochte  jedocb"' 
nicht  zu  absolvieren  (doppelsinniges  soilar  ^  lösen  and  los- 
lassen). Der  Patriarch  Fidescalhola  hat  ihr  diese  Macht  übertragen: 
darum  ist  es  ihm  in  Jaen  und  Xeres  schlecht  ergangen.  Nan  und 
Dimmer  will  der  Dichter  glauben,  die  von  Gott  seinem  Stellvertreter 
in  Rom  verliehene  Macht  könne  Balteira  aus  Mecca  zugekommen 
sein.^     Uebrigens  kümmere   sie   selber  sich  weder  um  Mecca  noch 

1  behandle  ich  im  CA  Kap.  VI, 


I 


a  d'Am 


'  Pero,  oder  Pci 
Biogr,  38. 

'  Perdät  war  das  nationale  und  populäre  Wotl  für  indulgrntia  ^  Ab- 
Iflfs  und  Ablafsbrief.  —  H.  Herculano  II  339  a.  393;    Cron.  Alf.  XI  p.  309. 

■  Hier  iCcht  Mecca,   ala  die  bekumteie  Stille,  für  Bagdad.     Wenig- 


RANDGLOSSEN   ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  549 

mn  Rom.  —  In  der  Formel  esie  poder  ernie  tempo  del  rey  \  don  Fer^ 
nandò  ja  IM  virón  aver  steckt  gewifslich,  wie  De  LoUis  vermutete, 
eine  beabsichtigte  Uebertreibung.  —  Vor  Ferdinand  regierte  in 
Kastilien  Enrique  L  1214 — 12 17.  In  Leon  seit  11 88  und  bis  1230 
Alfons  IX.  —  Jedenfalls  fehlt  uns  jede  weitere  Aussage  über  ihren 
Wandel  und  Handel  vor  1230,  oder  gar  vor  1214I 

CB 1618.  Klagen  über  die  üblen  Folgen,  die  der  Umgang 
mit  Maria  Perez  fur  den  Dichter  gehabt  hat. 

CB  1546.  Spott  auf  Habgier  und  Käuflichkeit  der  alten  Vor- 
gängerin der  Celestina. 

CB  1674.  Zweideutiges  Spiel  mit  dem  Worte  tirar.  Balteira 
hat  ihre  Künste  mit  denen  der  königl.  ballistarios  an  der  andalu- 
sischen  Grenze  gemessen. 

CB  471^.  Bericht  des  Königs  Alfons  über  einen  Streit  zwischen 
Ambroa  und  einer  ihm  Zürnenden,  die  sich  rühmt,  niemals  be- 
leidigt worden  zu  sein,  ohne  sich  gerächt  zu  haben.  Ihr  Name 
wurde  wahrscheinlich  in  der  fehlenden  Anfangszeile  genannt.  Der 
Köm'g  tritt  für  Ambroa  ein.  Als  dessen  Partnerinnen  kennen  wir 
nur  Balteira  und  Marinha. 

IL  Ultramar-Lieder:   CV  1004*  von  D.  GonçaT  Eannes 

do  Vinhal;    1067*  Pero  Gomes  Barroso;  1066*  Joham  Ba- 

"veca;    1118  Affons' Eannes  do  Cotom  (vgl.  1116);    1180*  Pero 

d' Ambroa;  1196*.  1198  1199 ^  Pedr' Amigo;  1018  Joham  Soa- 

res  Coelho;    CB  148  Martim  Soares.     Dazu  noch  CV  67  von 

Alfons  X.  und  die  zeitlich  und  sachlich  aus  dem  bisher  erwähnten 

Dichterkreis   heraustretenden  Lieder  CV  906  und  907  von  Este- 

vam  da  Guarda.     Die  meisten  sind  Scherzlieder  {Joguetes),     Die 

mit  einem  Sternchen  bezeichneten  beziehen  sich  auf  Ambroa.     Im 

Folgeoden  andre  ich  die  Ordnung  aus  sachlichen  Gründen. 

CV  1118.  Cotom  verspottet  drei  Jerusalemfahrer,  von  denen 
einer  den  Namen  Paay  Rengel  führt,  weil  sie  durch  Gottes  Milde 
wd  eigne  Klugheit  einem  grofsen  Blutbade  im  heiligen  Lande 
entronnen  sind.  Immer  und  überall  sind  sie  angekonmien,  nach- 
dem die  Gefahr  vorüber  war:  einen  Posttag  zu  spät.  Wo?  das  ist 
die  Frage.  In  den  angeführten  Ortschaften  mufs  der  Witz  stecken, 
der  sonst  nirgends  zu  spüren  ist  Sie  heifsen  Alcor,  Bland  i  z, 
tamariz,  Mormoion,  vier  Landungsstellen;  Josaffas,  Ultra- 
>Qar,  Belleem,  ab  Sdilachtorte.  lieber  die  letzten  drei  ist  nicht 
^  streiten.  Sie  sind  gemeinverständlich.  Wohl  aber  über  die 
erstgenannten. 

Im  Glauben,  Blandís  stehe  für  Blandís  Brandis  (afrz.  Brandis) 
^  sei  Brinditi  (Brundisium)  ^  d.  b.  der  italienische  Ilafenplatz, 
^  welchem   die  Jemsalempüger  zum   gröfsten  Teile   ihre   Fahrt 

*te  war  CS  sonst  Sitte  za  behaupten,  der  Kalif  ron  Bai^dad  ^aldac;  sei 
Otter  den  Manren  was  noter  den  Christen  der  Papst.  Cf.  Cr  on.  Alf.  XI  p.  214. 
*  Da&  der  VerÛMcr  dieser  Lieder  andenraru,  im  CV  ^^SÍn  und  lâ03, 
^Balteira  verfaôlint  hat,  ward  in  Ueberûcht  I  gtvágL  Möglich,  dais  a:;ch 
^  Q96  Pero  da  Ponte  asf  ôe  ab  ani  die  Herrin  D'Ambroa^s  mspyth. 


5  so  CAROLINA  MICHABUS  DB  VASCONCBIXOSy 

gemeinsam  anzutreten  pflegten,  inde  vertus  Terram  Sanciam  comwm» 
nittr  navigaturt  vermutete  und  suchte  ich,  etwas  verwundert  über 
die  Kenntnisse  des  gallizischen  Spielmanns, ^  auch  in  den  übrigen 
Namen  weitere  Hafenplätze  des  Mittelmeers,  welche  von  Orient- 
flotten  nachweislich  berührt  worden  sind,  und  befragte  zu  diesem 
Zwecke  alte  Chronisten  und  Geographen,  freundlichst  unterstützt 
von  einer  Berliner  Gelehrten^  und  dem  gründlichsten  europäischen 
Kenner  der  Krenzzüge. 

In  dem  durch  den  Reim  (auf  senhâr  matar)  gesicherten  Mor 
läfst  sich  das  von  Herrn  Prof.  Dr.  R.  Röhricht  vorgeschlagene  Alghôr 
oder  Gor,  wie  die  Chronisten  und  Araber  das  ganze  tiefe  Jordan- 
thal   benennen,    unter  keinen   Umständen    erkennen,    da   es  kein 
Hafenplatz    ist.      Eher    noch    das    afrikanische    Alcol   oder  Alcolh 
zwischen    Bugia   und   Bona,    woselbst   z.  B.  Peter  III.  von  Aragon 
im  J.  1282  landete,  bevor  er  zum  Angriff  auf  Sizilien  schritt  Doch 
hatte  es  für  die  eigentlichen  Kreuzfahrer  geringe  Bedeutung. 

Tamariz  (in  der  Vorlage  Tamaris)  erinnert  zwar  an  Tamyras, 
den  Dahr^d'Damur,  der  durch  Volksetymologie  zum  flumen  amrts 
in  den  Pilgerberichten  des  12.  und  13.  Jhs.  geworden  war.  Aber 
doch  sehr  obenhin,  da  der  Accent  ein  andrer  ist.  Auch  war 
Tafivçaç  gleichfalls  kein  Hafenplatz,  wo  Schiffe  hätten  anlegten 
können. 

Für  Mormoion  sind  nicht  einmal  solche  phantasievolle  Identi- 
fizierungen auf  den  blofsen  Gleichklang  hin  möglich. 

Als  Prof.  Röhricht  dann  meine  negativen  Resultate  bestätigte, 
hinzufügend,  dafs  in  Josaphat  (Jotapatd)  und  zu  Bethlehem  über- 
haupt keine  Schlachten  stattgefunden  haben,  gab  ich  meinen  Ge- 
danken eine  ganz  andre  Richtung.  Den  Notbehelf  verschmähend, 
die  Namen  seien  arg  verschrieben  oder  gar  erfunden,  unternahm 
ich  es  zu  ergründen,  ob  Spott  und  Scherz  gerade  darin  zu  finden 
sei,  dafs  die  Stationen  der  angeblichen  Orientfahrt  auf  heimatlichem 
Boden,  in  nächster  Nähe,  situiert  und  jedem  Hörer  wohlbekannt 
waren.  Dafs  die  angeblichen  Siege  in  lächerlich  vaguer  Weise  nach 
Clini  mar  y  an  so  weltbekannte  Stätten  wie  Josaphat  und  Bät^^ 
verlegt    wurden,    würde    damit    im   Einklang    stehen.      Die  Pilg^' 

*  In  einer  Tenzone,  in  der  Co  torn  sich  seines  Wertes  als  KriegsmaaH 
rühmt,  ruft  ihm  der  friedlich  jjesinnte  Pero  da  Ponte  etwas  zu,  das  vMicor»^ 
Uon  (CV  550)  endet.  Dafs  wir  dabei  an  Richard  Löwenherz  und  den  dritte^* 
Kreuzzug  (1190)  zu  denken  haben,  ist  höchst  unwahrscheinlich.  Wenig»i«o* 
nur  in  dem  Sinne,  dafs  der  Name  des  Helden  sprichwöitlich  geworden  war  un« 
von  Da  Ponte  spöttisch  auf  Cotoni  angewendet  wurde.  Vgl.  CA  Biogr.  XXXV- 

*  Fräulein  Bertha  von  der  I-age,  Verfasserin  musterhafter  Studien  «¿^^ 
die  Genesius' Legende  (Berlin  1898  und  1899).  Vgl.  Romania  XXVIII,  i5° 
und  646. 

'  Noch  viel  weniger  Cairo,  wie  Braga  angegeben  hatte  {Cane.  Vat,  Rf^t. 
p.  XLIII),  oder  gar  das  jedem  Hispanier  vertraute  Algharb  Algarve. 

*  Es  steht  im  Reime  zu  diz  und  Blandiz.  Diz  ist  unabänderHch.  I"^ 
Hinblick  auf  die  absolute  Reinheit  der  Reime  im  Cane,  und  auch  weil  span. 
Ortschaften  häufiger  auf  -iz  als  auf  -Is  ausgehen,  muiis  man  Tamaris  setzen. 


r 


RANDGLOSSEN   ZUU    ALTPORT.  LIROERBDCH. 


55» 


batten  eben  geflunkert,  und  schwächlich  geflunkert,  gleichwie 
Soeir'  Eannes,  auf  den  einer  der  Zeitgenossen  des  Cotom  ein 
Lied  gemünzt  bat  (s.  u.  GB  143);  und  der  Partner  der  Balteira, 
Pero  d'Ambroa,  von  dessen  Lügenmärchen  verschiedene  Trouba- 
dours ÏU  eTEählen  wufslen  (CV  1066.  1057.  U80.  1195.  1199).  Sie 
alle  waren  ruhig  im  Lande  geblieben,  in  irgend  einem  Winkel 
versleckt  (woraus  nicht  mit  Notwendigkeit  folgt,  dafs  sie  sich  auch 
redlich  genährt  hätten);  oder  sie  hatten  eine  kleine  Landreise 
unternommen.' 

Und  da  (inde  icb  denn  auch  wirklieb  Alcor,  Mormojon  sowie 
Tamariz.  —  Blanda  allein  babe  icb  bis  jetzt  nicht  entdeckt.*  Alcor, 
früher  Vill-Alba  dt  Alear,  heute  5.  Cecilia  de  Alear,  liegt  unweit  von 
Falencia,  und  Mormojon  {Torre  de  M.)  ebenda:  beide  in  alten 
Zeiten  bedeutender  als  heute.^  Auch  ein  Tamariz  giebt  es  in  nur 
mäfsiger  Entfernung,  in  den  berühmten    Tierras  dt  Campos* 

Warum  diese  Wahl?  Cotom  war  ein  Gallizicr  und  residierte 
am  Hofe  des  kastüischen  Monarchen,  dem  er  übrigens  auch  als 
lidador  ins  F<?ldlager  folgte.*  Falencia  war  daher  oftmals  sein 
AufcnthaltsorL     Er  selber  sagt  ausdrücklich: 

As  misa  joreada«  vedes  quaes  son, 

e  meus  amigos,  me  I  ed' i  femeaça: 

de  CastH  a  Burgos,  e  end'  a  Palença, 

e  de  Pa!eD;a  sair-mi  a  Carrion, 

e  end'  a  Casijo  etc' 
Aufserdem    klingen    die    gewählten   Namen    an    Orientaliachea    an. 
Dafs    sie    alle    durchaus    binnenländische    Ortschaften    sind,    sollte 
vielleicht  zur  Erböbung  des  Humors  beitragen? 

Die  Zeit,  wo  Cotom  eu  Falencia  auf  der  Bank  der  Spoiler 
gesessen  haben  kann,  ist,  wie  gesagt,  die  Ferdinands  des  Heiligen. 
Kaum  noch  die  allererste  Regierungsziiit  dt-s  Nachfolgers:  sein 
dichterischer  Nacblafs  ging,  ais  der  unweise  Gelehrte  noch  profane 


i»? 


Enig  Abiandit.  —  Nut  Brandarii  —  laL  Branderilium  (Es/>. 
Sagr.  XX,  6l)  —  (Pontevedra  und  CoruSa).  Das  gäbe  emen  präcbligen  Reim 
lu  Tamarii.  Es  wäre  bei  der  Abscbcift  für  Caiacci  die  Abbreviatur  (Sr  ar 
ausgernllen;  Branit-à.  Auch  würde  es  ins  Versmab  passen,  TalU  wir  die  nielli 
unbedingt  notwendige  Piäp.  a  streichen  und  lesen:  De  como  non  miraren 
Srandarit  (statt  ablandií).  —  Mit  dem  Gedanken,  Ilice  bandle  es  sich  um 
den  Hafenplati  Brunditium.  und  die  hispanischen  Pilger  seien  bii  dorthin 
f^elangt.  kann  ich  mich  nicht  befreunden.  Er  pafst  weder  zu  meiner  Auf- 
fasBunc,   noch  (mit  seinem  RaA-s]  in  den  Reim. 

'  AlcÔT  wurde  z.  B.  1117  im  Kampfe  des  Grafen  Alvaro  gegen  Hein- 
rich I.  von  Alfonsa  Telles  verleidigt.  Rod.  Toi.  IX  e.  3.  —  Mormajon  spielt 
in  den  Romanzen  vom  Grafen  Feman  Gonzalez  eine  Rolle.  S.  Wolf-Pelayo 
No.  17:  Btun  Cende  Feman  Gomalei. 

*  Andre  gleichnamige  Stidtchen  bei  Valladolid  und  in  Galliiien  (CoruBa). 
»  CTMÖ. 

•  Ib.6G0. 


k 


552  CAROtlNA   SnCHAEOS    DE   VASC0NCELL05, 

Lieder  verfarsle,  in  die  Hand  des  Pero  da  Ponte  über,  der  schon 
vorher  die  Höhe  seiner  litterarischen  Laufbahn  erreicht  hatte 
(1236 — 1252).'  Noch  anter  Ferdinand  können  aber  sowohl  die 
Sevillastreiter  Vinhal  und  Barroso,  als  auch  die  vom  Tartaren- 
einfall  redenden  und  Joäo  Femaodes  verlachenden  Troubadours 
Coelho  und  Martim  Scares,  sowie  Pedr'  Amigo,  Baveca, 
d'Ambroa,  Soeir'  Eannes  sich  wohl  zu  Palencia.  oiit  Colom 
und  Da  Ponte  getroffen  haben. 

CV  1013.  Der  ebengenannte  Joflo  Femandes  ist  eine  viel  ver- 
lachte Persönlichkeit,  wegen  schlechten  Wuchses  (als  corettnda)  and 
mauren ähnlichen  Aussehens,  vielleicht  wirklich  als  Sprosse  eino 
Mischehe.  Unter  andera  auch  von  Cotoni  (CV  U49)  und  Mart 
Scares  (CV  B75.  978)  und  dem  viel  gewanderten  portugiesischen 
Joäo  Soares  Coelho.  Die  Tartareo  haben  Europa  in  Schrecken, 
gesetzt;  selbst  der  Maure  greift  zum  Kreuz:  Johan  Ftmanda  a 
mouro  cruzado^  Wahrscheinlich  in  dem,  gleich  nach  dem  Falle 
Jerusalems,  geplanten  und  vorbereiteten  Zuge  Ludwigs  voti  Frank- 
reich,  der  audi  im  Südwesten  einigen  Wiederhall  fand.  Benutite 
doch  der  portugiesische  Thronforderer  Alfons  IlL  diese  Gelegen- 
heit, um  sich  von  Boulogne  über  Paris  unauffällig  nach  Lissabon 
einzuschiffen  —  nachdem  er  sich  durch  päpsdiche  Bulle  zur  Teil- 
nahme am  KreuKZuge  und  dann  zur  Bekämpfung  des  Islam  in 
Spanien,  unter  gleichen  Indulgenzen  wie  die  Orienlfahrer,  hatte 
auffordern  lassen  —  um  schliefslich  Bürgerkrieg  im  eignen  Lande 
zu  entfachen  und  dem  Bruder  Krone  und  Land  abzunehmen.' 

CVUG8.  Pedr' Amigo  spottet  des  Pero  d'Ambroa,  weil  der- 
selbe mit  Joham  Baveca  eine  Tenzone  gedichtet  hat,  dabei  aber 
nicht  regelrecht  hei  der  Stange  {raion)  geblieben  ist.  Der  Streit 
drehte  sich  um  das  heilige  Land,  mit  dem  beide  gut  Bescheid  xa 
wissen  behauptet  haben,  und  ferner  um  den  Grofs-Khan.  Ans 
dem  Wonlaut  gi-ht  nicht  deutlich  hervor,  ob  es  sich  um  zwei  oder 
drei  verschiedene  Streilgedichle  handelt,  oder,  wie  der  Haupt- 
gedanke wahrscheinlich  macht,  nur  um  eines.  Das  Lied  CB  1B74 
kann  nicht  gemeint  sein.  Auih  CV  1066,  von  dem  nur  eine 
Strophe  Baveca's  übrig  ist ,  sieht  nicht  wie  ein  Tenzonen fragment 
aus.  Mit  Baveca  hatte  Pedr'  Amigo  übrigens  ein  stilgerechtes 
Partimen  verfafst  (CV  836).  Fr  dichtete  noch  1274  (CB  15Ö0). 
Der  Hinweis  auf  den  Grofs-Khan  kann  die  Ereignisse  von 
aber  auch  die  von   1266 — 6g  betreffen, 

CV  1066,    In  der  soeben  erwähnten  Strophe  wird  Ambroa  voa^ 
Baveca    beschuldigt,    auf  seiner    angebUchen  Wallfahrt    nach 
Jordanflusse   in  Montpellier    sitzen    geblieben   zu    sein.     Auf    einer' 


'  Vel.  Here,  in,  391. 


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RANDGLOSSEN   ZUM    ALTPORT.  tlEOERBCCH. 


553 


andern  Romaria  soll  der  offenbar  zu  weiten  SpielroannsreUen  wenig 
angelegle  Genosse  blofs  bis  zum  Puy  de  Roland  gekommen  sein.' 

CV IIBS.  Hier  verlacht  der  Verfasser  der  1198.  Cantiga  de 
tscarnho,  und  zwar  zu  Burgos,  die  von  Baveca  gerügten  Auf- 
schneidereien des  falschen  Palmtiro.  Es  heifst  abermals,  Ambroa 
habe  ruhig  in  Montpellier  Standquartier  gehalten,  so  viele  Zeit, 
als  ein  Pilger  zur  Jera  sal  emfahrt  zu  brauchen  pñegt.  Die  Anfangs- 
zeile lautet  bei  Monaci  und  Braga:  Qutn  mi-ora  quistsst  crtiidr. 
Ich  schlage  vor,  qutn  durch  se  zu  ersetzen  und  in  quistsse  i.  Sg. 
zu  suchen:  „Wenn  ich  das  Kreuzzeichen  anlegen  wollte". 

CV  1199.  Vorgebend,  er  glaube  an  Ambroa's  Behauptungen, 
höhnt  Pedr'  Amigo,  indem  er  noch  einmal  dasselbe  Thema  an- 
schlägt, und  zwar  einer  Soldadeira  gegenüber:  Ambroa  beschuldige 
dieselbe,  d,  h.  die  uns  bekannte  Marinha,  die  Märe  verbreitet  zu 
haben,  er  sei  gar  nicht  in  Ultramar  gewesen,  Sie  solle  sich  vor 
ihm  hüten.  Zweierlei  sei  bezeugt:  dafs  er  in  foca  dt  uta  das 
-  Kreuz  genommen  habe  —  filhou  a  cruz  pera  Jerusalem;  und 
zweitens  dafs  er  müde  und  matt  wie  ein  echter  Pilgrim  heim- 
gekehrt sei  —  come  romeu  que  ven  cansado.  —  Aus  dem  ange- 
gebenen Ortsnamen  weifs  ich  leider  nichts  zu  machen.  Für  das 
portug.  Sacavcm  kenne  ich  die  archaische  Vorform  nicht.  Auch 
lieg!  es  viel  zu  abseits  von  dem  Wege,  auf  den  die  Liedergnippe 
uns  weist.  An  Zocodover  ist  nicht  zu  denken,  da  der  Reim  in 
-én  gesichert  ist  Ob  etwa  (oea  de  geen  der  Marktplatz  von  jaén 
ist?  Die  Zeile  würde  Zweisilbigkeit  des  Namens  vertragen: 
Peto  d'Anibtii(a)  en  coca  de  Gecb. 

CV  1130.  Es  ist  Ambroa's  Antwort  auf  Pedr'  Amigo's  Necke- 
reien, Offenbar  erst  nach  einer  .Spanne  Zeil.  F.r  gedenkt  des 
Spottes  des  andern  auf  ihn  quando  vin  d' Cllramar,  hall  also 
seine  Aussagen  über  die  Jerusalemfahrt  aufrecht.  Dann  erinnert 
er  an  eigne  ältere  Spottverse  über  den  Kameraden,  als  dieser  sich 
einmal  in  frommer  Anwandlung  in  eine  Einsiedelei  zurückgezogen 
hatte  (CV  Ua8).  Nachdem  er  zuerst  gedroht  hat,  lenkl  er  be- 
gütigend ein.  Auf  diese  Weise  schlug  er  vielleicht  noch  zwei 
andre  Angreifer  aus  dem  Felde,  die  zu  hoch  standen,  als  dafs  er 
ihnen  direkt  entgegen  treten  konnte.  Ich  meine  die  Sevillastreiter 
und  Günstlinge  Alfons'  X,:  D.  Gonial'  Eannes  do  Vinhal  und 
Pero  Gomes  Barroso, 

CV1004.    Der  erste  der  beiden,  über  dessen  datierbare  Ge- 
dichte  aus  dem  Jahre   1259  ich  anderwürts  Rechenschaft  abgelegt 
hal>e,^   scherzt,    unter  Bezugnahme   auf  CV  1066.  1189.  1198.  1195 
und  ähnliche  verlorene  Stücke,  indem  er  sagt: 
Pero  d'Ambroa,  lempr(e)  oï  cantir 
qae  DUDca  vos  indaates  sobre  mar. 


554  CAROUNA    MICHAEUS   DE   VASCONCELLOS, 

Auch  seine  Furchtlosigkeit  auf  dem  Meere  sei  eine  vielbesaDgene 
Sache.  Gröblich  schmähend  fügt  er  dann  hinzu:  ein  MeemngeCùm 
(cafan  ^  Hausen,    oder  Scheeren-  und  Stachel-Hummer  = 

lobagunlo)  müsse  soin  Vater  gewesen  sein.' 

CV 1057.  Der  zweite  sagt  kurzweg:  „Ich  meioerseits  habe 
Euch  nichts  von  Uebennt-er  noch  von  Acre  vorgesungen,  aus  dem 
höchst  einfachen  Grunde,  weil  Ihr  niemals  dort  gewesen  seid: 

que  nunca  vos  passastes  alèni-mBr. 

CB  143  (=  CA  886).  Gleiche,  berechtigte  oder  verleumde* 
rische  Vorwürfe,  wie  man  sie  am  kastilischen  Hofe  gegen  Pero  d'Am- 
broa  erhob,  wurden  auch  gegen  den  Ritler  Sueir'  Eannes  geschleu- 
dert, anscheinend  in  Portugal,  jedenfalls  von  Portugiesen.  Und 
ZiTar  von  Martim  Scares,  der  um  1241  als  Bekrittler  des  Mauren 
Joäo  Fernandes  (s.  oben)  und  ungefähr  um  dieselbe  Zeil  oder 
früher  als  Ankläger  des  Ruy  Gomes  de  Briteiros  (CB  144  = 
CA  S98),î  so\ne  im  Verkehr  mit  Cotom  (CV  966)  auftrilt.  Um 
seiner  Beïichungen  zu  den  Brüdern  Pero  Velho  und  Paay  Soaie= 
de  Taveiroos  willen  haben  wir  ihn  zur  den  ältesten  vor-alfonsi- 
nischen  Troubadours  zu  schlagen,  von  denen  Lieder  überliefert  sind 

Eingedenk  des  Sprichworts:  Wenn  einer  eine  Reise  thnt, 
BO  kann  er  was  erzählen,  auf  portugiesisch:  De  longos  vías. 
longos  mentiras,  das  ein  andrer  zum  Ausgangspunkt  einiger  Spoit- 
verse  gemacht  hat  (CV  979),  schilt  er  den  Soeir'  Eannes  einen 
Aufschneider, 3  Eine  Reihe  geographischer  Namen,  diesmal  aus  Por- 
tugal, Spanien,  Südfrankreich  und  von  jensi.-its  des  Meeres,  werden 
in  buntem  Gemisch  so  durcheinander  gerüttelt,  dafs  ein  völlig 
sinnloses  Itinerario  entsieht.  Zu  Santarem  am  Tejo,  Loulé  im  Al- 
garve, Coirà  (^  Coria)  und  Galisteu  im  span,  Estremadura,  Mar- 
seille, Rocamador,  Acre  kommen  noch  drei  schwer  zu  bestimmende 
Ortschaften.*  Die  nach  Spanien  versetzten  Türken  des  Kaisers 
und  der  vom  Sultan  dem  christlichen  Pilger  erteilte  AblaTs  {pírdon) 
vervollständigen  das  Quiproquo.  Wer  unter  dem  Kaiser  Atfons  X. 
suchen  und  das  Gedicht  daraufhin  zwischen  1257  und  75  selten 
wollte,  könnte  sich  daher  irren.  Sicher  scheint  die  Identität  des 
CavülUiro-chtifador  Soeir'  Eannes  mil  dem  gleichnamigen  CavalUira- 

'  Das  Erste  Wort  ist,  nach  Ausweis  der  Wörterbücher,   ooch  beute  ein 
rohes  Schimpfwort  —   Als  aUunha   kommt  n  trolidem,   oder  gerade  damm, 
auch  vor,   und  zwar  fur  den  h  och  udì  i  gun  Valet  der  D.  María  Ayres  de  For-    ' 
nelk».     P.  M.  M.:  Script.  17Ú. 

•  Vgl.  Randglesst  XVII. 

>  Zu  chu/adar  chufa  chufar  vgl.  CV  108S.  1195.  1106.  1154. 

'  Ein  BelTurado  liegt  bei  Leiría;  ein  berühmteres  (such  Bilfurado  j^- 
schiiebcQ,  I.  B.  Cren.  Ar«. /T  Kap.  XIV)  bei  Burgos  ;  heute  BcloratJo,  früher 
Torre  de  Belfotado,  lat.  Turris  biUi  feraminis.  —  Rod.  Toi.  IX  Kap.  8.  — 
Nogueirol  kann  das  portug,  Nogueiró  (Minho)  oder  das  gallicische  Nogueí- 
roa  »ein.  —  Aus  den  Buchstaben  fam  ror  Its  weifs  ich  nichts  heraoiicbtcn. 
Momperler  nnd  Momorjon  fallen  mir  wieder  ein,  doch  ohne  Nullen, 
Einee  ösiücben  Miltelmeerbafen  darin  zu  lochen  —  uro  Sinn  in  den  Unsiim 
ED  bringen  —  wfire  ein  überBassiges  Beginnen. 


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RAKDOLOSSEN   ZUM    ALTPORT.  LIEDERBUCH.  555 

troDador,  der  von  Verschiedenen  aus  dem  Kreise  der  BaUeira- 
Schmäher  ah  untauglicher  Poet  verlacht  worden  war.  Da  Pero  da 
Ponte,  Colom  und  Martim  Soares  darunter  sind,  d.  h.  lauter  alte 
Poeten,  ist  es,  auch  von  diesem  Punkte  aus  betrachtet,  wahr- 
scheinlich, dafs  die  Beziehungen  Alfons'  X.  zu  Maria  Perez  ganz 
in  den  Anfang  seiner  Regierung,  oder  in  seme  Infantenzeit  fallen.' 

Das  sind  die  durchweg  seichten  Reimereien,  die  sich  millel- 
bar  oder  unmittelbar  auf  Kreuzzüge  und  fromme  Orientfahrten 
beziehen.  Andre  giebt  es  nicht  Auch  nicht  auf  den  Kampf 
gegen  die  Andersgläubigen  in  der  Halbinsel,  wenn  wir  die  Lob- 
lieder Da  Ponte's  auf  den  Eroberer  von  Sevilla,  den  von  Valencia, 
sowie  Teil'  AfTonso  und  Lopo  Diaz,  abziehen.  Kein  frommes  Dank- 
gebel.  Kein  Aufgebot.  Kein  enthusiastischer  Schlachtgesang.  Keine 
Siegerhymne.  Kein  Lobspruch.  Keine  Itraftvolle  Rüge.  Keine  Spur 
überhaupt  von  jenem  kriegerischen  Riltersinn,  der  den  schönsten 
Abschnitt  des  Mittelalters  bezeichnet;  kein  Anklang  an  die  lange 
Reihe  markiger  und  gefälliger  provenzalischer  KreuxÜeder,  die  ein 
Jahrhundert  hindurch  (von  I187  bis  1270)  nicht  ohne  Einilufs  auf 
jene  Weltbewegung  erschallten. 

Nur  lockre  und  anrüchige  Schmählieder  oder  unschuldige 
Scherzchen,  Dabei  aber  stets  eine  Fülle  von  Anspielungen  auf 
Thatsächliches  —  jenes  Streben  nach  Wahrem,  Wirklichem,  Natür- 
lichem, nach  photographisch  treuer  Nachbildung,  das  der  ganzen 
portugiesischen  Litteratur  bis  in  ihr  Meisterwerk  hinein  das  Gepräge 
giebt  Wären  nicht  die  Wald-  und  Wiesenduft  atmenden,  in  ihter 
Schlichtheit  so  ansprechenden  Tanz-  und  SangesM'eiscn  der  gallizisch- 
portugiesischen  Mädchen lieder  —  es  fände  sich  kaum  Jemand,  der 
die  Beschädigung  mit  dieser  Troubadour-Dichtung  nicht  auf  halbem 
Wege  ermüdet  liegen  liefse. 

Als  vervollständigende  Illustration  füge  ich  der  Liederauslese 
die  wenigen  auf  Palästina  bezüglichen  Stellen  aus  den  Adelsbüchem 
hinzu,  die  ich  mir  angemerkt  habe.  Sie  betreffen  Büfser,  was 
nicht  sagen  will,  dafs  diese  nicht  auch  das  Schwert  geschwungen 
hätten.  Der  erste  in  der  portugiesischen  Geschichte,  der  zur  Sühne 
schwerer  Schuld  das  Kri:uz  ergritf,  ist  Fernán  Peres,  der  Graf  von 

■  In  CT  983  wird  im  Ocicnt  ein  Meister  gesucht,  der  Tiir  einen  Feraun 
Diaz  ein  kansüicbes  Auge  heiiustellen  verslünde.  No.  806.  807  anil  1087 
beziehen  sieb,  dem  Anschein  nach,  auf  einen  Handelsmann,  wozu  ich  bemerke, 
dab  mit  der  LEvante  (oder  mit  Flundern)  11aadei&|>eschäite  betreibende  portu. 
gicbische  Kautherren  ipso  facta  Rillerrechle  hallen.  Vgl.  Here.  IV  31S.  — 
¡r  alim-mar  wird  in  den  belreffrnden  Schríltstücken  mit  transmarinare 
«riedergegebeo.  In  No.  1116  ist  von  einem  Aiit  in  der  Tracht  von  Mont- 
pellier die  Rede,  dessen  Duklothut  als  capello  d"  Ultramar  bezeichnet  wird. 
Wo  sonst  noch  aUn  und  a^uén  vorkommt  (wie  z.  B.  CV  334.  318.  807. 
868.  1141},  bezieht  sich  letzteres  auf  den  AurenlhaluoTt  des  Kedendea  und 
aof  die  Fremde  im  Allgemeineit, 


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55»  CASOUMA  WCHAEUS  DC 

Trava  und  Trattátnar  —  0  mílhor  hörnern  ^  Etfnim  fmt  rT*f  ' 

feiu  —  was  man  mit  allermächtigst  in  obóaeta  ~ 

Vcrbindong   mit   D.  Theresa,   der  Wittwe  Hemii^i 

Ut  bckanitU    Im  Kampfe  g^gcn  Afioiuo  Hennqnea  1128  bei  Val 

Vm    uiiltrlcgen,    mufsl»?  er  Porloga!    für  ' 

in  furniltniia  peccalorum,    tenie   conlrictu   et  kumäiaU  ttfirü» 

JcTUiialcin.'     Was    aber  seine  Thaten  dort,  bei  eïiraigef  Ti 

aro  zweiten  Krcuzmg,  vt-rlautel,  ist  mir  unbekannt. 

Das  KloKtcr,  dessen  Schutiempfohtene  die  Krenctrâgeriii  BaK 
teira  war,  dankt  übrigens  seine  Kntslehung  mittelbar  dieseni  ^alli- 
xÍHclien  Magnaten.  Romanhaft  wird  berichtet,  er  habe  die  Kön^ia 
noincm  Bruder  D.  Bermudo  Pires  Podestade  abspenstig  gemadit, 
worauf  dieser  sich  mit  der  leiblichen  Tochter  der  Königin  (Tberesa 
Menriciiies)  vermählte  —  eine  als  blutschänderisch  betracjitete  Ver- 
bindung, die  er  durch  iiründung  des  Klosters  Sobrado  sôbnte.- 

Den  Don  üoni,alo  Mendos  de  Sousa,  einen  entarteten  Enkel 
düs  guten  (¡rafen  D.  Mendo,  trieb  eine  schlimmere  Cewalttbat  an 
d(T  eigenen  Schwester  —  auf  die  ich  in  Rundgiosse  XVI  Bezog  in 
iinlimi'U  habe  —  noch  in  den  wirren  und  wilden  Tagen  des  Sancho 
Capello  zur  Bufsfahrt.*  In  seiner  Begleitung  befanden  sich  ein 
gcwinNcr  Fcmam  Lopes,  der  Brudetsohn  der  in  CA  142  nnd  143* 
gefeierton  Guiomar  Aflbnso  Gata,  und  D,  Concaio  Gomes  de  Bii- 
toiros,  drr  Unider  des  ehrgeizigen  Ruy,  der  seinerseits  für  Frauen- 
ruub  (ienugtlmung  zu  geben  halte.  Kr  ward  äbdgens  w.ährend 
der  Knhrl  im  Schiffe  erschlagen,^ 

D.  Aflbnso  de  Portugal,  der  Grofsmeister  der  Hospitaliier,  von 
dem  in  Randglotu  11  die  Rede  war,  und  der  Grofsprior  desselben 
Ordens  I),  Frei  Alvaro  Gonçalves  de  Pereira,  der  Vater  des  Nunal- 
vares  (ijlî).'  der  von  Rhodos  aus  Türken  und  Syrer  bekämpfte, 
geliiVren  itiditfkt  auch  hierher.  Bei  allen  übrigen  hat  aUm-mar 
dio  Bedcutund  Nunl-Afrika.^ 

\s  bleibt  wahr,  tlafs  in  den  Zeiten  der  Rteonquista,  selbst  von 
den  miftwrgnügten  Ricv>shom(^  sidi  nur  der  eine  und  der  andre 
luicti  Jerusalem  hin  verirrte.'* 

'  P.  M.  II.:  Setifl.  VA  ■>«<>  3**' 

fiflM  t*n»  Vmr*m*r.     Ct  H«c.   _ 

•  Ib.  3»;  Ä/»'  '**  A—*/^/^ 
kuwtBifl  ibrt  d«.  Ktaw.   !■  ■!••  B-«»*^  _  „_.    . 

ud  Gm»  BsrrM  h.  -ein«  //..'*"*  W-  ,*Ä«-«ir-i* 

I  '''  ;''■     ■    t  '■..<■.,»»,  lon  dun  es  ip.  ;<>;)  Ueitst:  aaltnt-tnar  foy 

^fl).  1  ,  ,</,ri)i>r(f' ■•••7  *M ''<>''':  beim  lofuiten  D.  Jdsd, 

ftlfl^i'  ..   ri'ii>lcr  (p.  111):    «<"■   bei   dcasCD   Bumetträgei 


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RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPÙKT.  UEDBRBUCH.  557 

Noch  eiomal  das  Ergebnis  meiner  Untersuchung:  die  gallizisch- 
portugiesischeu  Ultramar- Lieder  lassen  sich  keineswegs  insgesamt 
auf  die  Ereignisse  von  1269  (bzw.  1266 — 1270)  beziehen.  Mehrere 
entstanden  wenn  nicht  vor  1236  (wie  CV 1U8),  doch  bald  nach 
1241;  vielleicht  bei  der  nach  dem  Falle  von  Jerusalem  entstandüuen 
Kreuzzugsbewegung  (CV  1018).  Für  Ballcira  sieht  das  Datum  1257 
als  Abschlufs  ihrer  Laufbahn  im  Hof-  und  Feldlager  der  kaslilischen 
Monarchen  fest;  1246  (Jacii)  als  Zeit  ihrer  Erfolge  ebenda.  — 
Dadurch  werden  auch  für  ihren  Kumpan  Pero  d'Ambroa  die  gleichen 
Zeilbestimm  ungen  die  wahrsch  ein  lieberen.'  Eher  als  um  einen  der 
sieben  oder  acht  Hauptkreuzzüge  handelt  es  sicli  bei  ihrer  vielleìclit 
nur  geplanten  Fahrt  um  eine  der  kleineren  Unternehmungen  Al- 
fons'  X.;  wahrscheinlich  jedoch  um  einen  der  ungezählten  Pilger- 
züge  des  13.  Jh.,  die  ja,  da  Jerusalem  das  vermutliche  Ziel  ist, 
auch  nicht  ohne  Kriegsnot  und  -gefahr  zu  denken  sind. 

Ist  das  richtig,  so  dichtete  Alfons  der  Weise  sein  Balteira- 
Lied  als  Infant,  und  nicht  als  König  —  eine  nicht  unwichtige 
Kntschcidung,  die  ich  jedoch  hier  noch  keineswegs  als  gesichert 
anzusehen  bitte.' 

Anhang. 
(46.)    Pedr' Amigo. 
CVU97. 
Maria  Bai U ira  qac  se  quería 
ir  ja  d'  aqui  vco-me  prejuntar 
se  salila  ja-ijue  d'  agayraria, 
Ca  non  podia  mais  aqai  andar 
5     E  disi -Ih' cu  logu'entoD;  „Quant' eu  «ey: 
Maria  Perei,  eu  vo'-ìo  ditey." 
£  diss'  eia  logu*  i  que  mi-o  gracia. 

E  dix'  eu:  ,.poÌs  vus  ides  vossa  via 
¿a  quEB  IcUades  o  Voss' escolar? 
IO    ou  vosso  nìWì  e  vüssa  companbiaP" 
„Di^b'  eia  por  éa  vus  maud'  eu  calar 
qne  vejadas  nos  aguiros  que  eì 

IJ  E  diii  Ih' cu:  „¿Cada  que  vus  deilades 

que  esturmftdoï  soedcs  d'aver?" 
E  diss' eia:  „Duus  ci;  beu-o  sabiides 
e  un  ei  quando  [me]  guero  mover; 

'  Der  von  I..0IIÌS  aufgeslcllte  Sati;  tu/li  i  componimenti  che  volgvna 
in/orno  ad  una  di  guelfe  villime  della  maledìcintit  poetica  dMona  reitrin- 
geni  in/arno  ai/a  sleisa  dala,  aßrossimalivamenle  ñndet  bier,  doch  natöilidi 
nichl  auf  alle  Uluamar-Lieder,  ihre  Anwendung. 

'  VbI.  CA  Kap.  VI  Biogr.  XXXV. 


558  CAROLINA  mCSAlUS  DB 

maif  eite  noe  mÌ  ea  bti  dqwrtli;* 
20    E  dix'  ea:  „Com  doot  bea  poded—  fr; 
mais  im  manda  lol  qoa  [n«] 


E  cUzi-lh'  ea:  ^.Pob  agvbo  oitodw^ 
das  aves  tos  ar  conven  a  nber 
TOS  que  tan  longa  caneira  fflhadfu.* 
2$    Diss"  eia:  »»Eaao  tos  qoci*  ea  diaer 
Ei  feiynellia  sempr*  ao  lair*'' 
E  dixi*Ui'  en:  ^fiem  podedes  vos  ir 
con  fèrìvelha;  meis  nanea  tonadea.** 

2  ueoitu  —  i  da  guytariu  —  9  afa?  kùmâes  «m  m/stsdMrn  —  io  <9 
pankSa  —  13  corner  —  17  li^  —  20^ilf»tf /arfffräaifar  Mr  —  26/^17^ 
neika  —  28  ftri  uelka. 

Es  bleibt  nnentschieden,  wie  der  valuiaferiaclie  Vo^  liei6t  oad  sa 
welche  Gattung  wir  su  denkea  babea.  CÊrmMm  würde  beide  Male  doi  Vos 
um  eine  Silbe  su  Irarx  madiea  mid  kiie  Aeaderaagea  enchdachcn:  la  Z.26 
etwa  semßr\f];   in  Z.2S:  «mix  nwtem  [vm]  i9rmmdts, 

(47.)  Fernem  Velho. 

GB160A. 

Marim  /Vr«i  te  mamfrrtna 
[e]n  ootTO  dia,  ca  por  pesa  dor 
se  sentin  e  \o¿  a  Nostro  Seahor 
prometea  polo  asal  ea  qee  aadoa 
S    que  tevesa*  aa  derig*  a  aea  poder 
polos  pecados  qne  Ud  bi  &Kr 
o  demo  con  que  x*  eia  sempc*  aadoa. 

Mienfestou-se,  ca  dit  que  s*  acboa 
pecador  muìt\  e  por  én  rogador 
IO     toi  log'  a  deus;  ea  teve  por  melhor 
de  guardar  a  el  ca  o  que  agaardoa; 
a  mentre  vìva  dìi  que  quer  teer 
un  clerico  con  que  se  defender 
{vossjt  do  demo  que  sempre  gaaidoa. 

In  H  pois  quo  qne  ben  seus  pecados  catoa 

de  sa  moii>j  our'  da  gran  pSTor 

e  d'  c&molnar  cut*  eia  ^an  sabor; 

e  loguVuion  un  clérigo  ñlboa 

e  deu  •  Ih'  a  c^ma  en  que  sol  jater 
^o     e  di:  «^ae  o  terrà  mentre  TÌTer\ 

ce  csia  e  que  o  por  I>eus  ñlboa. 

K  pois  qse  **  cïîe  pràio  cMueçoa 
asir  elf*  a:r.Sot5  os'**  grand*  aawr: 
'«.vm*  osvY*  5-es:pr'aV  òeoM»  auior 


■>% 


RANDGLOSSEN  ZUM   ALTPORT.  LIEDERBUCH.  559 

mais  pois  que  viu  o  clérigo  caer 
antr'  eles  ambos,  ouv'  i  a  perder 
o  demo  desque  s'  eia  confessou. 

2  Neutro  dia  —  4  pormeteu  —  endou  —  12  teer  —  16  Dessa  mor 
touuela  grä  pauor  —  18  ctigo  —  20  tetra  —  21  E  esta  farà  todo  p  di 
fi/hou  —  22  começon  —  23  Antrela  senpro  d,  m.  —  25  derigo 

(48.)    Vasco  Perez  Pardal  und  Pedr*  Amigo. 

CB1509. 

Pedr*  Amigo,  quero  de  vos  saber 
üa  cousa  que  vus  ora  direi. 
E[u]  venho  vus  preguntar,  porque  sei 
que  saberedes  recado  dizer, 
5     de  Balteira  que  vej'  aqui  andar 
e  vejo -Ibi  muitos  escomungar 
^izede:  ¿quen  Ihi  deu  end'  o  poder? 

Vaasco  Perez,  quant'  eu  aprender 
pudi  d'  esto,  ben  vo'-lo  contarei. 
10    Este  poder  ante  tempo  del  rd 
Don  Femando  ja  Ibi  virón  aver. 
Mais  non  avia  poder  de  soltar, 
mais  foi  pois  o  patriarca  buscar 
Fi  -  d'- Escalbola  que  Ihi  fez  fazer. 

15  Pedr'  Amigo,  sei  m'  eu  esto  mui  ben 

que  Balteira  nunca  ome  soltou 

e  vi -Ih'  eu  muitos  que  escomungou 

que  Ihi  peitaron  grand'  algo  por  én 

que  os  soltass';  e  direi -vus  eu  al: 
20    Fi-d'-Escalhola  non  á  poder  tal 

per  que  soit'  ergo  os  que  por  seus  ten. 

Vaasco  Perez,  ben  de  Meca  ven 
este  poder,  e  poi'- lo  outorgou 
o  patriarca,  des  i  mal  levou 
25     sobre  si  quanto  se  fez  en  Jaén 
e  en  Eixures  u  se  fez  multo  mal, 
e  porén  met  en  escomunhon  quai 
xi  quer  meter,  e  quai  quer  saca  én. 

Pedr*  Amigo,  esto  vus  creo  eu 
30    que  o  poder  que  Deu  en  Roma  deu 
que  o  Balteira  tal  de  Meca  ten. 

Vaasco  Perez,  ach'  eu  Meca  sen 
poder  e  o  que  Deus  en  Roma  deu 
diz  Balteira  que  todo  non  é  ren. 

2  Hunha  —  5  ueiàq  —  12  Wiederholt  —  13  Ä«  —  18  fey  caro  — 
12  Per  ^  sol  tergo  seo  /»*  so  ^  te  —  32  V.  P,  aceu 


56o      CAROLINA  MICHAELIS  DE  VASCOMCSLLOS,   RANDGLOSSEN. 

(49.)    Joan  Baveca. 

cvioee. 

Però  d'AmbrOa  prometea  de  pran 
que  fosse  romeu  de  Santa  Maria 
e  acabou  assi  sa  romaria 
com'  acabou  a  do  fnime  Jordan: 
5     ca  entonce  ata  Mompylher  chegon 
e  ora  per  Ronçavales  passon 
e  tomou-se  do  polo  de  Roldan. 

I  promeseu  —    2  scä  —    5  te  monpylier 

(50.)    Affonso  do  Cotom. 

CV1118. 

Paay  Rengel  e  outros  dous  romeas 
de  gran  ventura,  non  vistes  mayor 
guareçeram  ora  loado  a  Deus 
que  non  morreron  por  Nostro  Senhor 
5     en  Uà  lide  que  foy  en  Josaías: 
a  lide  foy  com'  oj'  e  como  eras 
prenderán  eles  terra  no  Alcor. 

£  ben -nos  quais  Deus  de  morte  guardar 
Paay  Rengel  e  outros  dous  enton 
IO    d' tla  lide  que  foy  en  Ultramar, 
que  non  chegaran  aquela  sazon. 
E  vedes  ora  por  quanto  ñcou: 
que  o  dia  que  s'  a  lide  juntou 
prenderán  eles  port'  a  Morraoion. 

15  De  como  non  entraron  a  Blandiz 

(per  que  pederán  na  lide  seer) 

ca  os  quis  Deus  de  morte  guarecer 

per  com'  agora  Paay  Rengel  diz. 

E  guareceron  de  morte  por  en 
20     que  quand*  a  lide  foy  en  Bclcen 

aportaron  eles  en  Tamariz. 

3  guareçara  —    8  jE*  ben  uos  —   9  ptny  —    10  Decorno  —   \'¡  '^^ 
18  pae  rre¿'^l  —    20  em  reìlem  —    21   tamaris. 

Carolina  Michaelis  de  Vasconcellos. 


FejoratÌTe  BedeutmigBentwìckluiig  im  Französisclien. 

Mit  Berücksichligung  allgemeiner  Fragen  der 
Semasiologie. 

ERSTER    TEIL. 
Einleitung. 
I.    Bibliographie. 
I.  Wörterbücher.     Aufser  den    bekannten  grôfsern  Wörler- 
büchern    (Du    Gange,    Diez,     La    Curne    de    Sainte-Palaye, 
Godefroy,  Körting,  Littré,  Sachs- VÜlatte,    Halzfeld  Dar- 
mesteter  &  Thomas  (dtiert  als  Diet.  gén.  =  Dictionnaire  général) 
benutzte  ich  bei  der  Abfassung  der  vorliegenden  Arbeit  besonders: 
Christian  Wilhelm  Kritïinger,    Neues  französisch- deutsches 
Sprich  Wörterbuch.     Leipzig  und  liudissin   1743.     (Sehr  reich- 
haltig für  die  derbe  Volkssprache  und  ObscÖnes.) 
Ch,-L.  Livet,    Lexique    de    la    langue  de  Molière,    comparée   à 
celle  des  écrivains  de  son  temps,   3  Bände.  Paris  1895 — 1897. 
Villatte,  Parisismen.    5.  Auflage.    Berlin  1899. 

Weitere  gelegentlich  herbeigezogene  Wörterbücher  und  andere 
philologische  Hülfsmittel  werden  an  ihrer  Stelle  genannt  werden. 

Meine  Bdspielsammlung  entstammt  zum  gröfsten  Teile  dem 
ausgezeichneten  Wörterbuche  von  Ilatzfeld  Darmesteler  &  Thomas. 
Dasselbe  eignet  sich  durch  seine  Bedeulungsklassifikationen  gana 
besonders  als  Ausgangspunkt  semasiologischer  Untersuchungen.  Ich 
habe  es  systematisch  durchgesehen  und  alle  mir  auffallenden  Bei- 
spiele pejorativer  Bedeutungsuntwieklung  notiert.  Manche  ent- 
stammen der  Lektüre,  andere  mündlicher  Quelle  und  eine  nicht 
unbedeutende  Anzahl  (vor  allem  die  meisten  Paral  lei  beispie  le  aus 
andern  Sprachen)  der  Verarbeitung  si?masio  logisch  er  Lilteratur.  In 
letzterem  Falle  ¡st  die  Quelle  angegeben,  sobald  es  sich  um  aus- 
führlicher besprochene  Beispiele  oder  um  ganze  Gruppen  solcher 
handelt.  Nur  im  Allfranzösischen  vorkommende  Wörter  habe  ich 
nicht  prinzipiell  ausgeschlossen;  es  ergab  sich  aber  bei  der  Zu- 
grundelegung des  Dictionnaire  général  von  selbst  eine  mehr  nur 
gelegentliche  Berücksichtigung  derselben. 

Prinzipiell  habe  ich  dagegen  alle  diejenigen  Beispiele  unter- 
drückt, die  nicht  etymologisch  gesichert  dastehen.  Wer  in  der 
Semasiologie   auf  etymologisch  unsicherer  Basis  baut,    fälscht  seine 

Ztiuctu.  C  IDD.  PiúL  XXV.  16 


564  K.  JABSRGy 

1885.  Wegener,  Ph.,  Untersuchungen  über  die  Grundfragen  des 
Sprachiebens.     Halle  1885. 

(1886.  Paul,  Prinzipien.    2.  Auflage.     Halle  1886.) 

1886.  Darmesteter,  Arsène,  La  vie  des  mots.  Paris  1886.  (Ich 
benutzte  die  5.  unverändert  abgedruckte  Auflage  von  1892.) 

1887.  G.  Paris,  Ausführliche  Besprechung  des  Werkes  von  Danne* 
steter  im  Journal  des  Savants  1887  S.  65 — 77,  149—158, 
241 — 249. 

1887.  M.  Bréal,  Besprechung  desselben  Werkes  in  der  Revae 
des  deux  mondes  1887,  Bd.  82,  S.  187  fí.  unter  dem  Titti 
„L^histoire  des  mots".  (In  etwas  gekürzter  Form  wieder  ab- 
gedruckt in  Sémantique  S.  305  —  339.) 

1888.  Hecht,  Max,  Griechische  Bedeutungslehre,  eine  Aufgabe 
der  klassischen  Philologie.    Leipzig  1888. 

Vgl.  dazu  Jahrb.  f.  Phil.  u.  Päd.  1888  2.  AbUg.  Anhang 
1 — 13  als  Erwiderung  auf  eine  Kritik  von  Zacher. 
Vgl.  Heys  Kritik,  Semas.  Studien  S.  98 — 193  (1892). 
1890.    Heer  de  gen,  F.,  Lateinische  Semasiologie.     Berlin,  (ÍNry 
1 890.    IL  Bd.  der  Neuausgabe  von  Reisigs  Vorlesungen  durch 
Hagen,  Heerdegen,  Schmalz  und  Landgraf.    S.  39— 154  ist 
ganz  neu  und  trägt  den  Titel:    Grundzûge  der  lateinischen 
Bedeutungslehre.     (Von  mir  citiert  als  Heerd.  Grdz.) 

1890.  Franz,  Gerh.,  Ueber  den  Bedeutungswandel  lateinischer 
Wörter  im  Französischen.  Progr.  d.  Wettiner  Gymn.  Dres- 
den  1890. 

1891.  v.  d.  Gabelentz,  Georg,  Die  Sprachwissenschaft,  ihre  Auf- 
gaben, Methoden  und  bisherigen  Ergebnisse.  Leipzig  1891« 
Vgl.  besonders  S.  40  ff.,   189  ff.,  221  ff.,  319  ff. 

1892.  Hey,  Oskar,  Semasio logische  Studien.  (Fleckeisens  Jahrb. 
f.  klass.  Philo!.,  Supplementband  XVUI  S.  S3— 212.  Vgl.  be- 
sonders S.  83  — 121:  Allgemeiner  Teil.) 

1893.  Schröder,  Fr.,  Zur  griechischen  Bedeutungslehre.  Prog^- 
Gebweiler  1893. 

1893.  Morgenroth,  K.,  Zum  Bedeutungswandel  im  Französisch^^ 
L    (Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt.  XV  S.  1  —  23.) 

1894.  Thomas,  R.,  Ueber  die  Möglichkeiten  des  Bedeulun¿5=; 
wechseis  L  (Blätter  für  das  Gymnasialschul weson  Bd.  XS^ 
S.  705  —  732.     Fortsetzg.  s.  1896.) 

1894.  Schmidt,  Karl,  Die  Gründe  des  Bedeutungswandels.  Proj^^ 
des  königl.  Realgymnasiums.    Berlin  1894. 

Vgl.  die  ausführlichen  Besprechungen  von  Hey,  Arcb*^ 
f.  lat.  Lexikogr.  u.  Gramm.  IX,  200 — 230,  Morgenrot^ 
Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt  XVII,  17 — 27. 

1894.  Hey,  O.,  Die  Semasiologie,  Rückblick  und  Ausblick.  Arcl>* 
f.  lat.  Lexikogr.  u.  Gramm.  IX,  193 — 230. 

1895.  Stöcklein,  Johann,  Untersuchungen  zur  Bedeutungsieh i"* 
Progr.  des  Gymnas.  Dillingen  1895.  (1897  in  München  ^ 
Dissertation  erschienen.) 


PEJORATIVE  BEDEUTÜNGSENTWICKLÜNG  IM  FRANZÖS.  565 

1896.  Thomas,  R.,  Ueber  die  Möglichkeiten  des  Bedeutungs- 
wechsels II.  (Bl.  f  d.  Gymn.-Sch.  XXXII,  1—27). 

1897.  Bréal,  M^  Essai  de  Sémantique.  Paris  1897.  (Die  bereits 
genannten  Artikel  desselben  Verfassers  sind  in  wenig  ver- 
änderter Form  in  dieses  Buch  übergegangen.) 

(1898.  Paul,  H.,  Prinzipien  der  Sprachgeschichte.  3.  Auflage. 
Halle  1898.) 

1898.  Stöcklein,  Joh.,  Bedeutungswandel  der  Wörter,  seine  Ent- 
stehung und  Entwicklung.  Ein  Versuch.  München,  Lin- 
dauer 1898. 

1900.  Morgen roth,  K.,  Zum  Bedeutungswandel  im  Französischen 
IL   (Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt.  XXII,  39  —  55.) 

1900.  Wundt,  W.,  Völkerpsychologie.  Bd.  I.  Die  Sprache.  Leip- 
zig 1900.     2.  Teil  S.  420 — 583  (Bedeutungswandel). 

1900.  Er d mann,  Karl  Otto,  Die  Bedeutung  des  Wortes.  Leip- 
zig 1900. 

3.  Spezielle  Abhandlungen. 

1859  ^*  i860.  Wackernagel,  Deutsche  Apellativnamen.  (Ger- 
mania rv  u.  V.) 

1861.  Lazarus,  M.,  Verdichten  des  Denkens  in  der  Geschichte. 
(Ztschr.  f.  Völkerpsych.  u.  Spr.  II,  54 — 62.) 

1866.  Tob  1er,  L.,  Aesthetisches  und  Ethisches  im  Sprachgebrauch. 
(Ztschr.  f.  Völkerpsych.  u.  Spr.  VI,  385 — 428.) 

1872.  Sachse,  Ueber  Wechsel  und  Wandel  der  Wortbedeutungen 
im  Deutschen.  (Herrigs  Archiv  f.  d.  Studium  d.  neuem  Spr. 
u.  Litt  I,  431  —  462.) 

1876.  Darm  es  teter,  A.,  Sur  quelques  bizarres  transformations  de 
sens  dans  certains  mots.  (Revue  philosophique  II,  1876, 
S.  519  —  522.  Abgedruckt  in  Darmesteter,  Reliques  scienti- 
fiques.   Paris  1890,  II,  88 — 91.) 

1889.  Müller,  Carl,  Ueber  den  Bedeutungswandel  der  Worte. 
(Ztschr.  f.  d.  deutschen  Unterricht  III,  307  —  332.) 

1890.  Thomsen,  E.,  Ueber  die  Bedeutungsentwicklung  der  Scheide- 
wörter des  Französischen.     Diss.  Kiel   1890. 

i8q2.  Schneider,  Engelbert,  Semasiologische  Beiträge.  I.  Progr. 

des  Gymn.  Mainz   1892.     (Ausdruck  der  Gefühle.) 
1894.  Tobi  er,   A.,   Verblümter   Ausdruck   und   Wortspiel    in    alt- 

französiscfaer  Rede.     (Vermischte  Beiträge  zur  französischen 

Grammatik  II,  192  —  240.     Leipzig   1894.) 

'894.  Stöcklein,  J.,  Zusammenhang  zwischen  Sprache  und  Volks- 
charakter.   (Blätter  f.  d.  Gymn.-Schulwesen  XXX,  335 — 356.) 

1896.  Erdmann,  Karl,  Vorstellungswert  und  Gefühlswert  der 
Worte.  (Beilage  zur  Allg.  Zeitung  1896  N'*  222  und  223. 
Etwas  verändert  abgedruckt  in  dem  oben  genannten  Buche.) 

'°99'  Bökemann,  Walter,  Französischer  Euphemismus-  Diss. 
Berlin  1899. 


566  K.  JABSRO» 

1899.  Cu  er  S,  H.,    Bildung   und   Bedentmigswandel  iranzösischer 
Infinitive.     Progr.  Frankfurt  1899,  bes.  S.XXX— XXXXIL 

1900.  Munch,  Wilhelm,  Sprache  und  Ethik.  (Ztschr.  f.  d  deut- 
schen Unterricht  XIV,  53  —  76.) 

Speziell  die  pejorative  Bedeutungsentwicklung  behandeln: 

1865.  Müller,  Eduard,  Ein  pessimistischer  Zug  in  der  Entwick- 
lung  der  Wortbedeutungen.  (Zur  englischen  Etymologie. 
Coethen   1865  S.  23  —  35.) 

1893.  Bechstein,  Reinhold,  Ein  pessimistischer  Zug  in  der  £nt- 
Wickelung   der  Wortbedeutungen.     (Pfeiffers  Germania  VII, 

330—354.) 
1898.   Nitzsche,  Max,   Ueber  Qualitätsverschlechtenmg  französi- 

scher  Wörter  und  Redensarten.     Diss.  Leipzig  1898. 

Vgl.  die  Besprechung  von  Dittrich,  Ztschr.  f.  frz.  Spr.  0. 

Litt.  XXI,  153—160. 

Von  den  auf  der  vorigen  und  auf  dieser  Seite  angeführten 
Autoren  handeln  ausführlicher  von  der  Bedeutungsverschlimmenmg: 
L.Tobler,  Sachse,  C  Müller  und  W.  Munch.  Man  vergleiche 
femer  Trench  S.  73fF.,  Manno  und  Littré  (Pathologie  verbale) 
passim,  Lehmann  S.  40  —  59,  Darmesteter  (Vie  des  mots)  S.  loi 
— 103,  105 — 108,  Franz  S.  17 — 19,  Schmidt  besonders  S.  lot 
S.  39  flf.,  Bréal  (Sémantique)  S.  i  io  flf.,  Wundt  S.  445 — 449  (Wert- 
beurteilung) S.  528 — 536  (Gefühlswirkungen  beim  Bedeutungswandel). 
Auch  sonst  ist  die  Bedeutungsverschlimmerung  häufig  bemerkt 
worden,  und  es  werden  beiläufig  da  und  dort  ein  paar  Beispiele 
gegeben.  Thukydides  III,  82  klagt  über  die  Verkehrung  der 
sittlichen  Begriffe  infolge  der  Schrecken  des  peloponnesischeQ 
Krieges.  An  ihn  anschliefsend  wettert  J.  G.  Radi  of  (Teutschkund- 
liehe  Forschungen  und  Erheiterungen  für  Gebildete.  IL  Berlin  182Ò 
S.  177 — 181  Umkehrung  der  Begriffe  infolge  staatischer  Umwäl- 
zungen) über  Verblassung  und  Verschlimmerung  ethischer  Begriffe 
in  dem  Deutschen  seiner  Zeit.  Er  citiert  auch  Plato  und  Saliust 
Die  aus  letzterem  angeführte  Stelle  entstammt  Catilina  LU  (Rede 
Gate's).  Von  älteren  Erwähnungen  der  Bedeutungsverschi immerung 
nenne  ich  noch: 

Cicero,  De  off.  I,  37  (hostis)  und  Epistolae  ad  fam.  IX,  22  (Ob- 

scoena). 
Aulus  Gellius,  Noctes  Atticae  XII,  9. 
E.  Pasquier,  Recherches  1.  VIII  c.  19. 

Leonhard  Meister,  Bey  träge  zur  Geschichte  der  teutschcn 
Spr.  u.  Nationallitt.  L  Tl.  London  1777  (auch  Heidelberg  ijS^^ 
druckt  S.  270 — 272  die  Bemerkungen  von  v.  Gemmiiig^^^^ 
(Briefe  nebst  andern  poetischen  und  prosaischen  Stücken. 
Frankfurt  u.  Leipzig  1753)  ab.  Ebendort  wird  auf  Schubarts 
Teutsche  Chronik  3.  Jahrg.,  S.  567  (1776)  verwiesen. 
Sto  seh,  Besondere  Veränderung  der  ehemaligen  Bedeutung 
einiger  deutscher  Wörter  (Berlinische  Monatsschrift,  hgg-  ^'• 
Gedike  und  Biester.  Jahrg.  1783,  Bd.  II  S.  85— 92,  184— 19^)' 


PEJORATIVE  BBDSÜTUNGSENTWICKLÜN6  IM  FRANZÖS.  567 

Nach  obigen  Angaben  sind  die  Litteratumachweise  von 
C  Müller,  Ztschr.  f.  d.  deutschen  Unterricht  III,  313  ff.  und  Dittrich, 
Ztschr.  f.  fr.  Spr.  n.  Xitt  XXI,  153  zu  präcisieren.  Den  Namen 
Nemeitz  (C.  Müller  S.  313)  finde  ich  weder  in  dem  angegebenen 
noch  in  dem  folgenden  Jahrg.  der  Beri.  Monatsschrift,  v.  Gem- 
mingen, Schubart,  Hillmer  (Bemerkungen  und  Vorschläge  zur 
Beriditignng  der  deutschen  Sprache  1793),  O.  Kares  (Poesie  und 
Moral  im  Sprachschatz.  Essen  1882)  und  der  Artikel  der  Kölner 
Zeitung  No.  1046  (6.  Nov.  1898),  die  alle  von  Dittrich  a.  a.  O.  S.  153 
genannt  werden,  waren  mir  nicht  zugänglich. 

n.  Besprechung  der  neuem  semasiologiBchen  Litteratur. 

Vor  drei  Jahren  erschien  Max  Ni  tz seh  es  Dissertation  über 
Qualitätsverschlechterung  französischer  Wörter  und  Redensarten. 
Es  bedarf  einer  Rechtfertigung,  wenn  ich  nach  so  kurzem  Zwischen- 
raum eine  Neubearbeitung  desselben  Themas  veröffentliche.  Zwei 
Gründe  bewegen  mich  dazu  :  Erstens  hatte  ich  die  Sammlung  meines 
Beispielmaterials  zum  gröfsten  Teil  beendet,  als  Nitzsche^s  Disser- 
tation erschien.  Mein  Material  ist  in  manchen  Dingen  von  dem- 
jenigen Nitzsche's  verschieden.  Zweitens  weicht  meine  Betrachtungs- 
weise bedeutend  von  derjenigen  meines  Vorgängers  ab. 

Dittrich  wirft  Nitzsche  in  seiner  Kritik  (Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u. 
Litt.  XXI,  159)  ungenügende  Kenntnis  der  semasiologischen 
Litteratur  vor.  In  der  That  hat  sich  Nitzsche  darauf  beschränkt, 
die  bei  Morgenroth,  Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt.  XV,  i  ff.  angeführten 
Werke  zu  Rate  zu  ziehen.  So  sind  ihm  die  tüchtigen  Arbeiten 
der  klassischen  Philologie  entgangen.  Lehmann  kennt  er  nur 
durch  seine  Dissertation.  Die  im  darauffolgenden  Jahre  erschienene 
vollständige  Arbeit  herbeizuziehen,  die  er  bei  Morgenroth  citiert 
fand,  hielt  er  nicht  für  notwendig.  Infolgedessen  blieb  ihm  der 
Abschnitt  über  die  Bedeutungsverschlechterung,  einer  der  besten 
in  Lehmanns  Buch,  unbekannt  Daher  die  von  Dittrich  a.  a.  O. 
S.  154  konstatierten  Lücken,  daher  die  Behauptung,  eine  grupi)en- 
weise  Anordnung  der  Beispiele  pejorativer  Bedeutungsentwicklung 
existiere  noch  nicht 

Nitzsche's  Nachlässigkeit  ist  um  so  mehr  zu  tadeln,  als  die 
semasiologische  Litteratur  bis  jetzt  eine  verbal tnismäfsig  geringe 
Ausdehnung  erreicht  hat  Mit  jeder  neuen  Arbeit  ist  aber  ein 
kleiner  Fortschritt  zu  verzeichnen.  Deshalb  haben  für  die  roma- 
nische Philologie  auch  diejenigen  Werke  Bedeutung,  die  nicht 
speziell  auf  ihrem  Boden  entstanden  sind. 

Mit  der  nachfolgenden  Besprechung  der  neuem  semasiologi- 
schen Litteratur  verfolge  ich  einerseits  den  Zweck,  den  Romanisten 
auch  mit  dem  auf  andern  Gebieten  Erschienenen  bekannt  zu  machen.^ 
Andrerseits  ist  es  mir  darum  zu  thun,   meinen  Vorgängern  gegen- 


^  Gemäis  der  Ton  Dittrich  a.  a.  O.  S.  159  aufgestellten  Forderung  einer 
Centralisation  der  semasiologischen  Forschung. 


568  K.  JABERO, 

Über  Stellung  zu  nehmen.    Ich  beschränke  mich  dabei  im  Wesent- 
lichen auf  die  von  Morgenroth  a.  a.  O.  nicht  erwähnten  Arbeiten.  — 
Man  hat  sich  bei  der  Betrachtang  eines  einzelnen  Bedeatungs- 
wandels  folgende  Fragen  gestellt: 

i)  Welches    ist    das   logische  Verhältnis    zwischen  der 
neuen  und  der  alten  Bedeutung? 

2)  Wie  hat  sich  der  Bedeutungswandel  vollzogen? 

3)  Warum  ist  er  eingetreten? 

Zur  Erläuterung  wähle  ich  ein  Wort,  dessen  neue  Bedentang 
nicht  in  den  allgemeinen  Sprachgebrauch  gedrungen,  dessen  Ent- 
wicklung aber  gerade  deshalb  durchsichtiger  ist. 

remède  „Heilmittel"  wird  nach  Darmesteter,  Vie  des  mots  S.  166 
(vgl.  auch  den  Diet,  gén.)  hie  und  da  in  der  Bedeutung  „KljstiV 
verwendet.  Die  Beantwortung  der  obigen  Fragen  ergiebt  Fol- 
gendes : 

i)  „Heilmittel"  ist  ein  allgemeinerer  Begriff  als  „Klystier". 
„Klystier"  besitzt  einen  reichem  Vorstellungsinhalt  als  „Heilmittel". 
Die  Bedeutungsveränderung  besteht  also  in  einer  Verengung  des 
Umfangs  mit  gleichzeitiger  Bereicherung  des  Inhalts  der 
Bedeutung. 

2)  Die  Vorstellung  „Klystier"  tritt  ins  Bewufstsein  und  ver- 
langt eine  Benennung.  Da  lavement  als  unpassend  erscheint,  gilt 
es,  ein  neues  Wort  zu  finden.  Mit  der  Vorstellung  „Klystier" 
associiert  sich  wegen  der  Gemeinsamkeit  des  Vorstellungselementes 
„Heilung"  die  Vorstellung  „Heilmittel".  Infolgedessen  wird  das 
mit  letzterer  associierte  Wort  {remède)  auf  erstere  übertragen.  So- 
weit, was  den  Sprechenden  betrifft.  In  dem  Hörenden  tritt 
zunächst  die  Vorstellung  „Heilmittel"  ins  Bewufstsein.  Die  Situation 
aber  veranlafst  ihn,  die  von  dem  Sprechenden  vollzogene  Association 
in  umgekehrter  Richtung  zu  wiederholen.  So  gelangt  auch  er  dazu, 
das  Wort  remède  mit  der  Vorstellung  „Klystier"  zu  verbinden.' 
Die  Bedeutungsveränderung  ist  die  Folge  einer  bewufsten  Ueber- 
tragung  auf  Grund  eines  Associationsprocesses. 

3)  „Klystier"  hat  die  ihm  zukommende  Benennung  iovmtnl 
nicht  erhalten,  weil  dieses  Wort  die  mit  ihm  associierte,  ästhetisch 
unangenehme  Vorstellung  zu  unmittelbar  ins  Bewufstsein  rief.  Grund 
der  Wahl  eines  neuen  W^ortes  ist  somit  das  Schamgefühl. 
Warum  die  Association  gerade  auf  remède  führte  und  nicht  irgend 
einen  andern  unter  den  möglichen  Wegen  einschlug,  ist  bei  dem 
vorliegenden  Beispiele  kaum  zu  sagen.  In  andern  Fällen  mag  die 
historische  Interpretation  Auskunft  geben. 

Je  nachdem  nun  die  erste  oder  die  beiden  andern  der  oben 
angeführten  Fragen  im  Vordergrunde  des  Interesses  stehen,  er- 
kennen wir  in  der  semasiologischen  Litteratur  zwei  Betrachtungs- 
weisen: 


^  Wie   die   individuell   vollzogene  Bcdeutimgsveränderung   in  den  a"iî^' 
meinen  Sprachgebrauch  dringt,  soll  später  gezeigt  werden. 


PEJORATIVE   BEDEUTÜNGS ENTWICKLUNG    IM    FRAN7ÖS.  56g 

.    Logische  Betrachtungsweise. 
!.    Psychologisch-historische  Betrachtungsweise. 
Da    die  Frage    nach    den    dem  Bedeutungswandel    zu  Grunde 
liegenden    psychologischen  (und  sprachlichen)  Vorgängen    eng   mit 
der  Frage  nach  seinen  Gründen  zusammenhängt,  sind  meist  beide 
gemeinsam    behandelt    worden.     Eine  Trennung    ist    deshalb    auch 
I   fur  die  nachfolgende  Besprechung  nicht  ratsam. 

I.    Logische    Betrachtungsweise. 
Der  Hauptvertretet    der   logischen  Betrachtungsweise   ist  Fer- 
dinand   Heerdegen,    der    in   seinen  „Untersuchungen   zur  talei- 
nischen    Semasiologie"    mit   allem  Nachdruck   die  Semasiologie   als 
philologisch-historische     Disciplin     gefordert     und     ihr    im 
,  Hefte  ihre  Stelle  innerhalb  der  Grammatik  angewiesen  hat.    S.  47 
fafst  er  seine  Resultate  folgend  e  rmafsen  zusammen: 
Der  gesamte  grammatische  Stoff  zerfällt  in: 
I.   Lehre  vom  Wort  für  sich  oder  Wortlehre. 

1.  Formenlehre  des  Wortes  für  sich.  d.i.  F,tymologie 
(worunter  auch  Laut-  und  Wortbildungsichre  mit  inbe- 
griffen). 

2.  Funktionslehre  des  Wortes  für  sich  —  Semasio- 
logie. 

ü.   Lehre  vom  Wort  als  Glied   des  Satzes  oder  kurzweg 
Satzlehre. 

1.  Formenlehre  des  Wortes  im  Salze  —  Flexionslehre. 

2.  Funktionslehre  des  Wortes  im  Satze  —  Syntax. 
Die  Existenz   von  Uebergängen    oder  Verbindungen   bestreitet 

Heerdegen  nicht.    Man  darf  der  Behauptung  zustimmen,  dafs  dies 
an  der  Wissenschaft! i chk ei t  seiner  Einteilung  nichts  ändere.' 

Das  2.  Heft  der  Untersuchungen  bespricht  die  allgemeineu 
Prinzipien  des  Bedeutungswandels,  das  3.  giebt  ein  lexikalisches 
Beispiel. 

Die  Resultate    d«  Untersuchungen    werden    in  den  „Grund- 
zügen   der    lateinischen    Bedeutung  lehre"    zusammengefafst. 
Heerdegeo  anerkennt  drei  Prinzipien  des  Bedeutungs Wechsels: 
I.   Determination.     (Spezialisienmg,  Bedeutungsverengerung.) 
II,   Translation.^     (Bedeuiungsuhertragnng.) 
IIL   Substitution.     (Bedeutungsvetallgemeiiierung.) 
Musterbeispiele: 
L  Äot/t's  Fremder  —  Feind, 3    Vgl.  poisan  Trank  —  Gifttranlt.* 
U.  fingere    bilden    (kneten)  —  dichten.*     Vgl.  brouiller  mischen, 
trüben  —  entzweien. 

■  Vgl.  dazu  auch  Grundiüge  S.41  ff.  (18^). 

*  Den  im  3.  Hefte  der  UotcTEUch ungen  (S.  30)  eingeführten  Aufdruck 
AssocialioD  verläf^t  Heerdegen  aus  praktischen  Gründen. 

'  Heerdegen,  Gnmdïûgc  S.  56. 

•  Wobei  ichdie  spätere  VeralfeemeinerurigGifttr.'iDk^-Giftaurser  acht  lasse 
'  HecrdegCD  a.  a.  O.  S.  45  und  58. 


S70  K.  JABBRG» 

III.  dkere.  Die  absterbende  allgemeine  Bedeutung  von  orare  (das 
sich  von  „sprechen"  zu  „bitten*^  spezialisierte)  wird  von  Hun 
aufgenommen,  das  ursprünglich  ein  geistiges  Zeigen  oder 
Weisen  bedeutete  (vgl.  griech.  ôuxvivaC).^  Vgl  nager^  das, 
ursprünglich  =  naviguer,  die  Bedeutung  des  verschwindenden 
noiur  (=  natare)  übernimmt.^ 

Die  Substitution  „darf  nicht  prinzipiell  mit  den  beiden  andern 
auf  eine  Linie  gestellt  werden;  die  Geltung,  die  ihr  zukommt,  läist 
sich  nicht  als  eine  regelmäfsige,  sondern  nur  als  eine  subsidiäre 
bezeichnen"  (Grdz.  S.  93).  Sie  ist  nicht  unabhängig,  sondern 
bedingt  durch  den  Bedeutungswechsel  eines  andern  Wortes.  Nor 
äufserlich  ist  sie  der  Determination  entgegengesetzt,  indnn  sie 
vom  Speziellen  zum  Allgemeinen  führt;  von  der  Translation  unter- 
scheidet sie  sich  dadurch,  dafs  ein  Uebergang  in  eine  andere 
Sphäre  nicht  stattfindet.^  So  gelangt  Heerdegen  dazu,  die  beiden 
ersten  Prinzipien  als  unabhängigen  oder  freien  Bedeutungs- 
wandel dem  abhängigen  oder  bedingten  Bedeutungswandel 
(Substitution)  gegenüberzustellen.  „Noch  ein  weiteres,  sei  es 
unabhängiges  und  selbständiges,  sei  es  subsidiäres  Prinzip  aufser 
den  drei  genannten  glauben  wir  nicht  annehmen  zu  dürfen"  be- 
merkt er  ausdrücklich  S.  95  der  Grundzüge. 

Die  bisher  besprochenen  Erscheinungen  fafst  Heerdegen  als 
realen  Bedeutungswandel  zusammen  und  stellt  diesen  dem 
formalen  oder  modalen  Bedeutungswandel*  gegenüber,  der 
nicht  die  Wurzelbedeutung  als  solche  trifft,  „sondern  nur  die  Mo- 
dalität, in  welcher  diese  Wurzelbedeutung  auftritt",  also  die  Suffixe. 
Den  formalen  Bedeutungswandel  weist  er  der  Wortbildungslehre 
zu.  Ich  habe  mich  in  der  vorliegenden  Arbeit  auf  den  realen 
Bedeutungswandel  beschrankt,  trotzdem  mir  auch  der  modale  dem 
(lebiete  der  Semasiologie  anzugehören  scheint.^ 

IL  Paul  ^  bedient  sich,  abgesehen  von  einigen  Andeutungen, 
S.  92  ff.  wie  Heerdegen  ausschliefslich  der  logischen  Beürachtungs- 
weise.     Er  unterscheidet: 

I.  Spezialisierung  der  Bedeutung  durch  Verengung  des 
Umfangs  und  Bereicherung  des  Inhalts.  LisO  Klug- 
heit —  ruse.  Vgl.  poison  Trank  —  Gifttrank. 
II.  Beschränkung  auf  einen  Teil  des  Vorstellungs- 
haltes, die  also  eine  Erweiterung  des  Umfanges  be- 
dingt, fertige  zur  Fahrt  bereit  —  bereit.  Vgl.  dame  Frau 
von  edler  Abkunft  —  Frau. 

»  Heerdegen  a.  a.  O.  S.  90  ff.  Vgl.  auch  das  3.  Heft  der  UntcrsuchangcD, 
Erlangen  i88r  (Lexikalisches  Beispiel). 

'^  Darmesteter,  Vie  des  mois  S.  137. 

3  Zu  dieser  merkwürdig  einseitigen  AufTassimg  der  BedeutungsveraUil^' 
meinerung  s.  unten  S.  572. 

*  Untersuchungen  II  S.  38  ff.     Grundzüge  S.  1 1 7  ff. 

*  Vgl.  unten  S.  594  ff. 

®  Prinzipien  der  Sprachgeschichte*  IV.  Kap.  S.  67  ff. 
7  Paul  a.  a.  O.  S.  80.         »  a.  a.  O.  S.  83. 


PEJORATIVE  BEDSÜTUNGSEMTWICKLÜNG  IM  FRANZÖS.  57  I 

nL  Uebertragung  anf  das  räumlich,  zeitlich  oder  kausal 
mit  dem  Grundbegriff  Verknüpfte,  erschrecken^^  eigent- 
lich „aufspringen'^    Vgl.  craindre  von  tremeré. 

Heerdegen  hatte  sich  S.  60  fil  der  Grundzûge  gegen  Pauls  un- 
bestimmte Definition  der  IL  Hauptart  des  Bedeutungswandels  ge- 
wendet, die  in  der  2.  Auflage  der  Prinzipien  lautete:  „Beschränkung 
auf  einen  Teil  des  ursprünglichen  Inhaltes,  womit  sich  aber  zu- 
gleich in  der  Regel  Bereicherung  nach  einer  andern  Seite  hin 
verbindef^,  wozu  Beispiele  bildlichen  Ausdrucks  (Metaphern)  ge- 
geben wurden.  In  der  3.  Auflage  nahm  Paul  die  von  Heerdegen 
geforderte  präcisere  Fassung  auf.  Man  hat  den  Eindruck,  er  sei 
dadurch  in  Verlegenheit  geraten,  wo  er  nun  die  Metapher  unter- 
bringen solle.  In  der  That  erhält  sie  eine  künstlich  konstruierte 
Zwischenstellung  zwischen  I  imd  II,  die  in  folgender  Weise  be- 
gründet wird:  In  Fuchs^  =  fuchsrotes  Pferd  hat  wie  bei  II  eine 
Beschränkung  auf  einen  Teil  des  Vorstellungsinhaltes  von  Fiuhs  =■ 
vulpes  stattgefunden  (vulpes  —  Tier  von  fuchsroter  Farbe),  zugleich 
aber  eine  Verengung  des  Umfangs  wie  bei  I  (nicht  Tier  von  fuchs- 
roter Farbe  überhaupt,  sondern  Pferd  von  fuchsroter  Farbe). 
Die  Darstellung  ist  deshalb  eine  künstliche,  weil  in  Wirklichkeit  die 
Bedeutung  „Tier  von  fuchsroter  Farbe''  gar  nicht  existiert  hat 

Von  Verengung  und  Erweiterung,  scheint  mir,  kann  man  nur 
sprechen,  wenn  die  beiden  verglichenen  Begrifie  der  gleichen  Be- 
grifissphäre  angehören.  Dies  ist  bei  den  Bedeutungen  von  Fuchs 
nicht  der  Fall.  Dieselben  stehen  nicht  im  Verhältnis  der  Ueber- 
oder  Unterordnung  wie  Trank  —  Gifttrank  und  Frau  von 
edler  Abkunft  —  Frau,  sondern  im  Verhältnis  der  Nebenord- 
nirng  wie  tremeré  —  craindre.^ 

Ich  möchte  mich  daher,  wenn  es  auf  eine  rein  logische  Ein- 
teilung ankommt,  derjenigen  von  Thomas  (Bl.  f.  d.  Gymn.-Sch. 
XXX  S.  720  zusammengefafst)  anschliefsen  : 

I.  Bedeutungswandel     innerhalb     derselben     Begriffs- 
sphäre. 

a)  Vom  genus  zur  species  —  Spezialisierung  (Determi- 
nation, Verengerung).    Vgl.  poison, 

b)  Von  der  spedes  zum  genus  —  Generalisierung   (Ver- 
allgemeinerung).   Vgl.  dame, 

IL  Bedeutungswandel  durch  Uebergang  in  eine  andere 
Begriffssphäre. 

a)  Durch  rein  gedankliche  Vermittlung  der  Begriffe  —  Me- 
tapher.   Vgl.  brouiller. 

b)  Durch  Vermittlung  auf  Grund  sachlichen  Zusammenhangs 
—  Metonymie.    Vgl.  craindre, 

*  Paul,  Prinzipien  S.  90. 
>  a.  a.  O.  S.  86. 

'  Vgl.  Thomas,  Bl.  C  d.  Gymn.-Sch.  XXX  S.  721.     Davon  abweichend 
^cy,  Rückblick  und  Ausblick  S.  195. 


572  K.  JABSRO, 

,, Metapher''  und  „Meton3rmie''  sind  um  der  Bequemlichkeit 
und  Kürze  willen  aus  der  traditionellen  Rhetorik  herûbergenonmiene 
Ausdrucke,  die,  wie  man  sieht,  bei  Thomas  eine  neue  Bedeutung 
erhalten. 

Lehmanns  Einteilung  beruht  im  Wesentlichen  auf  den  obeo 
genannten  Grundformen  des  Bedeutungswandels.  Die  Inkonse- 
quenzen, die  er  sich  bei  der  Einordnung  seiner  Beispiele  za 
Schulden  kommen  iäfst,  beweisen,  wie  schwierig  die  Anwendung 
eines  rein  logischen  Systems  ist. 

In  dem  „Conditions  logiques"  betitelten  Kapitel  seines  Boches 
gelangt  Darmesteter,  lange  vor  Thomas,  zu  denselben  Resultaten 
wie  dieser: 

1.  Synecdoque:   Restrictions  de  sens.    S.  54  flf. 

2.  Synecdoque:   Extensions  de  sens.    S.  60  ff. 

3.  Métaphore.    S.  63  ff. 

4.  Métonymie.    S.  62  f. 

Eine  praktische  Zusammenstellung  von  Beispielen,  die  sich 
auf  eine  logische  Klassifikation  stützen  wurde,  mûfste  wohl  neben 
Verengerung  und  Erweiterung  eine  dritte  Kategorie  aufstellen,  die 
beide  vereinigt,  um  diejenigen  Beispiele  unterzubringen,  bei  denen 
successive  Verengerung  und  Erweiterung  stattgefunden  hat  Bei- 
spiel: maréchal,  nach  dem  Diet  gén. 

i^  Anciennt.    Domestique  chargé  du  soin  des  chevaux. 

2^  Officier  qui  a  soin  des  chevaux. 

30  Officier  de  cavalerie. 

40  P.  ext.    Nom  donné  à  divers  officiers  généraux. 

Wir  konstatieren  hier  zunächst  eine  Verengerung,  dann  eine  E^' 
Weiterung  und  hierauf  mehrere  parallele  Verengerungen.  (Die  Be- 
zeichnung Par  extension  wendet  der  Diet  gén.  in  wenig  präcis^^ 
Weise  an.)  Das  Resultat  ist  eine  Verschiebung  der  Bedeutung- 
Ich  mt)chte  dafür  die  Bezeichnung  „Transformation"  vorschlag^^' 
um  eine  Verwechslung  mit  dem  bei  der  psychologischen  Betra^»^* 
tungsweise  verwendeten  Terminus  „Verschiebung"  zu  vermeidcr^- 

Das  System  von  Heerdegen  bedarf  in  einem  Punkte,  den  J*^ 
bisluîr   übergangen    habe,    noch    der   Erörterung.     Alle    Nachfol^ 
Heerdegens    stimmen    darin    überein,    dafs   sie  neben  die  beding 
Bedeutungserweiterung    (s.  oben  S.  570)    eine   unabhängige   stellest 
Besonders    Hey    (Semasiologische  Studien  S.  92)    thut   überzeugeJt^ 
dar,    dafs    es    nicht    nur    neben    der   bedingten    auch    eine    una 
hängige    Bedeutungserweiterung,     sondern    auch    neben    d^ 
freien    eine   bedingte    Determination    gebe.     Beispiele    für 
letztere  bietet  die  häufig  besprochene  Erscheinung  der  Bedeutun| 
differenzierung.      Für    die    erstere    (die    unabhängige    Bedeutung^T"^ 
erweiterung)    nennt    Hey    viriiis    Mannhaftigkeit  —  Vortrefl'lichke=¿^ 


*  Vgl.  V.  d.  Gabelentz,  Die  Sprachwissenschaft  S.  230:  „Die  Verschi 
bung  wird  in  der  Regel  nach  Raupenart  durch  abwechselnde  Streckung  ui 
Zusammenziehung  vor  sich  gehen." 


r 


PEJORATIVE    BEUBUTDSGSBNTWICKLUNG   IM   FRANZÖS.  573 

in  jeder  Beziehung.  Weitere  Beispiele  bei  Schröder,  Zur  griech. 
Bedeutungslehre  S.  4  und  Darmester,  Vie  des  mots  5.  úi.  Charak- 
teristische Beispiele  für  das  Französische;  panitr,  Brotkorb  —  Korb, 
boucher,  maichand  de  viande  de  bouc  —  marchand  de  n'importe 
quelle  viande. 

Die  Bemerkung  Heys  ist  zweifellos  richtig;  allein  er  hätte  bei- 
fügen können,  dais  der  Unterschied  zwischen  freiem  und  bedingtem 
Bedeutungswandel  bei  einer  logischen  Klassifikation  gar  nicht  in 
Betracht  kommt  Heerdegen  macht  sich  einer  Inkonsequenz  schul- 
dig, indem  er  in  einem  Falle  die  Kausalität  als  Fiuteilungsgrund 
verwendet,  während  sich  seine  Einteilung  im  übrigen  nur  auf  das 
logische  Verhältnis  zwischen  alt<;r  und  neuer  Bedeutung  stützt  — 

Der  logischen  Betrachtungsweise  haftet  ein  Gruudfehler  au: 
Sie  zwingt  der  Sprache  einen  ihrem  Wesen  fremden  Mafsslab  auf. 
Von  ihrem  Standpunkte  aus  können  wir  wohl  eine  Veränderung 
nachträglich  beurteilen,  nicht  sie  erklären.  Daher  kommt  es,  dafs 
ihre  Vertreter  instinktiv  andere,  dem  Wesen  des  Bedeutungswandels 
angemessenere  Gesichtspunkte  herbeiziehen  (vgl.  das  eben  zu  Heer- 
degen  und  oben  S.  572  zu  Lehmatm  Ocmerkte)  oder  dafs  sie  künst' 
licli  konstruieren  (vgl,  oticn  S.  571}.' 

2.    Psychologisch-historische  Betrachtungsweise. 
Heerdegen   definiert  S.  44   der   Grundzüge   die  Aufgabe  der 
Semasiologie  in  folgender  Weise:    „Aufgabe  dieser  Disciplin  ist  es, 
die  in  der  Entwickelung  der  einzelnen  Wortbedeutungen  herrschen- 
den Analogiecu^  festzustellen",  und  genauer  S,  71  f.: 
„I.    Bestimmung    des  gesamten,    konzentrischen,    bez.  successiven 
Verhältnisses  der  Wortbedeut ungen. ^ 

2.  Bestimmung  des  Zeitpunktes,  wann,  und  der  Umstände,  unter 
denen  die  neue  Wortbedeutung  aufkam. 

3.  Bestimmung   des   Zeilpunktes    und    der  Umstünde   des  even- 
tuellen Absterbens  einer  altem  Bedeutung," 

Sollte  aber  damit  die  Aufgabe  der  Semasiologie  erschöpft  sein? 
Sollte  sie  beschränkt  bleiben  auf  die  blofse  Feststellung  von  Daten 
und  äufserlicben  Analogieen?  Dann  wäre  sie  eine  recht  enge  Dis- 
ciplin  und  halte  vor  der  wissenschaftlichen  Lexitographie, 
welche  die  Bedeutungen  eines  Wortes  in  historisch -genetischer 
Reihenfolge  giebt,  nur  wenig  voraus, 

Heerdegens  Prinzipien  liefern  uns  wohl  praktische  Schachteln 
mit  Fächern  und  Unterabteilungen,  deren  Nutzen  für  eine  über- 
sichtliche Einordnung   ^er  Beispiele  nicht  zu  verkennen  ist;    allein 

'  Man  lese  übi:r  die  Nachteile  einer  logiscbea  Klissinkution  die  trefl- 
licheD  Bemeikungen  von  Wandt,  Völkerpsychologie  I,  l,  444  Í. 

■  Unter  ADalogieen  versieht  er  dabei,  wie  am  dem  Voihergehcodcn  lu 
eiielletl  ist,  die  Sufierlichen  Fonnea  des  Bedeatungswandeli, 

'  Vgl.  Darmesteler,  Vie  des  mois  S.  7j  ÍT.:  Modiñcatioos  complexes: 
Riyonnement,  Enchaînement, 


574  ^  JABKRG, 

von  den  psychischen  Vorgängen,  die  zum  Bedeutungswandel 
führen,  und  von  ihren  Gründen  erfahren  wir  nichts.  Das  innerste 
Wesen  des  Bedeutungswandels,  der  Zusammenhang  mit  der  geistigen 
Entwicklung  des  Menschen,  bleibt  unberührt  In  diesen  einzu- 
dringen gestattet  uns  nur  die  historisch-psychologische  Be- 
trachtungsweise, die  an  Stelle  der  formalen  Analogien  des 
psychischen  Geschehens  und  Analogien  des  Kausal- 
zusammenhanges setzt. 

In    scharfem    Gegensatz    zu    Heerdegen    stehen    die    in  der 
„Griechischen   Bedeutungslehre'^    (1888)    niedergelegten    Ansichten 
von  Hecht.     Ich   nenne   ihn  hier  an  erster  Stelle,   indem  ich  die 
von   Morgenroth  ^   besprochenen   Arbeiten   seiner  Vorgänger  über- 
gehe.    Er   scheint   übrigens   Darmesteter  imd  Rosenstein   ebenso- 
wenig wie  Paul  und  Heerdegen  gekannt  zu  haben.     Seine  Arbeit 
ist  deshalb  durchaus  selbständig,   aber  in  manchen  Punkten  etwas 
einseitig.     Als  Verdienst   mufs   ihm   angerechnet   werden,   dais  er 
die    psychologisch -historische    Betrachtungsweise    in    den    Vorder- 
grund des  Interesses  gerückt  hat    Nachfolger  und  Kritiker  ^  hätten 
dies  ausdrücklicher  hervorheben  dürfen,   um  so  mehr  als  der  Ein- 
ñufs  Hechts  sich  in  ihren  Schriften  deutlich  geltend  macht   Heer- 
degen nennt  das  Buch  „eine  trotz  mancher  Mängel  verdienstlidie 
und  zeitgemäfse  Schrift". 

Den  Kritikern  Hechts  ist  meistenteils  beizustinmien.  Er  láist 
sich  da  und  dort  unbegreifliche  Widersprüche  und  Einseitigkeiten 
zu  Schulden  kommen.  Hier  zwei  Beispiele:  S.  41  sagt  er,  die  Ent- 
wicklung der  Dialekte  lasse  die  Bedeutungen  unberührt  (I).  Daza 
eine  Fufsnote,  die  erklärt,  wie  dialektisch  verschiedene  Bedeutungen 
entstehen  können,  und  zum  Schlüsse  die  Bemerkung,  das  Ende 
werde  lehren,  ob  und  wie  weit  mundartliche  Verschiedenheiten  der 
Bedeutung  vorhanden  seien.  S.  18  wird  die  paradoxale  Behauptung 
aufgestellt,  die  modernen  Sprachen  seien  zu  semasiologischer  Unter- 
suchung ungeeignet. 

Trotzdem    bleibt  der  Grundgedanke  des  Buches  richtig  (gan^ 
abgesehen  von  manchen  anregenden  Ideen  im  lunzelnen),  und  dies 
ist  doch  wohl  das  Wesentlichste.    „Gesetzliches  seelisches  G e* 
schehn  in  der  Bedeutungsentwicklung  wirksam  zu  zeigen*» 
sagt  Hecht  S.  63,    „ist   die   letzte  Aufgabe   der   Bedeutung^' 
ehre."     Und  genauer  S.  72: 

I.    Nachweis  des  Zusammenhangs  zwischen 

a)  Kulturfortschritt, 

b)  Fortschritt  der  Naturbeobachtung 
einerseits   und   der    Bedeutungsentwicklung  andre 
seits 

1  Vgl.  Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt.  XV  S.  I  ff. 

*  Hey,  Semasiologische  Studien  (1892)  S.  100  ff.,    Schröder,  Griech. 
deutungsichre  (1893)  passim,   Stöcklein,  Untersuchungen  zur  lat.  Bcdeutui^    P' 
lehte  (1897)  ^-  12  ff. 


PIJORATIVB  BEDEUTUNGSBNTWICKLUN6  IM  FRANZÖS.  573 

2.   Darlegung  des  psychischen  Geschehens  bei 

a)  dem  momentanen  Schöpfungsakt, 

b)  der  allmählichen  Begriffsumbildnng  andrerseits. 
Beispiele,     a)  Für  den  Zusammenhang  zwischen  Kul- 

tnrfortschritt  und  Bedeutungsentwicklung  (S.  52).    Aus  dem 
Gebiete  der  Baukunst: 
xà^^è  Kalk  (alte  Bedeutung:  Kies,  kleine  Bruchsteine). 
xovla  Kalk,  Mörtel  (alte  Bedeutg.:  Staub). 
féçavoç  Hebemaschine  (alte  Bedeutg.:  Kranich). 
Vgl.  agrafe  andennt  crochet  —  archit.  „morceau  de  fer  ou  de 
bronce   qui  sert  à  relier   ensemble  deux  pierres'*  (Klammer, 
Elrampe).^ 
aiguäle  Nadel  —  Dachstuhlsäule.  ^ 

ancre  Anker  —  archit  „pièce   de  fer  placée  à  l'extrémité  d'un 

chaînage  pour  maintenir  Técartement  des  murs".^ 

£s  genügt,  einen  Blick  in  ein  technologisches  Wörterbuch  zu 

werfen,  um  sich  zu  überzeugen,  welche  Unmasse  von  Bedeutungs- 

änderungen  (besonders  Determinationen  und  Metaphern)  durch  die 

Rulturentwicklung  veranlafst  wird. 

b)   Für   den  Zusammenhang    zwischen   Fortschritt    in 
der  Natarbeobachtung  und  Bedeutungsentwicklung.  Hecht 
S.59f.: 
lóijpoq  Nacken  —  Hügel. 
^wç  Rückgrat  —  Bergrücken. 
xoiif¡  Haar  —  Laub. 
Vgl.  mamelon  Brustwarze  —  sommet  arrondi  d'une  colline,  d'une 

montagne. 
crête  Kamm  eines  Hahnes  —  Kamm  eines  Berges. 
quenouille  Spindel  —  tige  de  certaines  plantes. 

Sehr  instruktiv  für  die  volkstümliche  Naturbcobachtung  sind 
die  dialektischen  Pflanzennamen.  Für  lierre  finden  wir  z.  H.  im 
nordwestlichen  Frankreich  den  Typus  broui  (Verbalsubstantiv  von 
brouter,  eigentlich  =  pousse  verte,  vgl.  Godefroy,  Suppl.  unter  brosi. 
Diet  gén.  unter  òrou/),  in  der  Schweiz  und  den  angrenzenden 
Teilen  Frankreichs  den  Typus  terrestrem,  in  den  nördlichen  Vogesen 
und  dem  südlichen  Belgien  Verbalsubstantiva  von  ramper,'^ 

Die  „fortschreitende  Kultur  und  die  immer  neue  Erscheinungen 
offenbarende  Natur**  geben  nur  den  Anstofs  zum  Bedeutungs- 
wandel: Indem  sie  dem  Geiste  neue  Vorstellungen  zuführen,  rufen 
sie  das  Bedürfnis  nach  ihrer  Benennung  hervor.  Die  schaffende 
Kraft  aber  ist  die  Seele.  Somit  ist  die  Psychologie  die 
wahre  Grundlage  der  Bedeutungslehre  (a.  a.  O  S.  63). 

.  *  8.  Diet,  gén.,  VioUct-lc-Duc,  Dictionnaire  de  TArchitecture  française 
,'?  ^«  au  XVI«  siècle  t.  I    und  Röhrig,  Dictionnaire  technologique  français- 

»"«mand-anglais.   Wiesbaden  1887. 

Y  ..  '  Gilliéron,  Material  zum  Atlas  linguistique  de  la  France,  dcssi-n 
J^ffcntlichung  in  nächster  Zeit  beginnen  wird  (Vorlesungsnotizcn).  Man 
^'Sleiche  auch  Rolland,  Eng.,  Flore  populaire,  Paris  1896  ff. 


576  K.  JABSR6, 

Nachdem  Hecht  (a.  a.  O.  S.  64)  dargethan,  dais  auch  beim  Be- 
deutungswechsel infolge  rein  äufseriicher,  willkürlicher  Umgestaltung 
der  Dinge  {xwérj  Hundsfellmûtze  —  Helm)  psjdiisches  Geschehen 
mitwirkt,  unterscheidet  er  zwei  Arten  der  seelischen  Bethätigung 
(a.a.O.  S.  65  — 71): 

1.  Entstehung  einer  neuen  Bedeutung  durch  den  psy- 
chischen Akt  der  Vorstellungsverbindung: 

xéXîjç   Renner  —  Schnellschiif  (Yacht).     Vgl.  hrouüUr  mischen, 
trüben  —  entzweien. 

II.     Entstehung    einer    neuen    Bedeutung    durch    all- 
mähliche  Umbildung   der  Vorstellungen: 

¿Q^xi]  bei  Homer  Vorzüglichkeit  und  Tüchtigkeit  im  allg^neinen 

—  bei  Hesiod  Tugend  in  entschieden  moralischem  Sinne. 
TQayœôla  Bocksopfergesang  —  Tragödie  (mit  einer  Reihe  von 

Zwischenstufen). 
Vgl.  outrage  afrz.  was   über   das   gewöhnliche   Mafs   hinausgeht, 
sowohl   nach   der  guten  als  auch  nach  der  schlechten  Set 

—  nfrz.  Schimpf. 

roman  Werk  in  romanischer  Sprache  —  Roman.  ^ 

Eine  weitere  Einteilung  giebt  Hecht  nicht  Er  beschränkt  sich 
auf  den  Hinweis,  dafs  bei  der  Feststellung  der  Gesetze  für  L  das 
logisch  verschieden  geartete  Verhältnis  zwischen  der  Vorstellung  der 
alten  und  der  Vorstellung  der  neuen  Bedeutung  mafsgebend  sei 

Hiezu  zwei  Bemerkungen:  i.  Jeder  Bedeutungswandel  beruht 
doch  wohl  auf  einer  Vorstellungsverbindung.  Als  Merkmal  von  L 
ist  diese  Erscheinung  daher  ungeeignet.  Besser  spricht  Hedil  in 
den  darauffolgenden  Erläuterungen  (S.  66)  von  einer  Repro- 
duktion der  alten  Vorstellung  durch  die  neue.  „Wenn  xilt^ 
neben  Renner  auch  Yacht  bedeutet,  so  konnte  z.  B.  die  Bedeutung 
Yacht  nur  dadurch  zu  stände  kommen,  dafs  ein  über  das  Meer 
hineilendes  Schnellschiif  die  Vorstellung  des  Renners  in  Erinnerung 
brachte."  Charakteristika  von  I.  und  II.  bleiben  somit:  Psychischer 
Akt  —  allmähliche  Umbildung. 

2.  Es  ist  nicht  einzusehen,  warum  bei  einer  streng  psycho- 
logischen Behandlung  des  Bedeutungswandels  logische  Ge- 
sichtspunkte für  die  Feststellung  der  Gesetze  für  1.  mafsgebend 
sein  sollen. 

Auf  einem  Mifsverständnis   beruht   es,    wenn    Hey    (Semasio^* 
Studien   S.  100)    seinem   Vorgänger   eine   Vermengung   der  beide^^ 
oben  S.  574  f.  genannten  Gesichtspunkte  (Aeufsere  Anlässe  des  B^' 
deutungswandels  —  Psychisches  Geschehen  beim  Bedeutungswand^M 
vorwirft  und  die   Herbeiziehung  stofflicher  Quellen   eine  glückli«^*^^ 
Inkonsequenz  nennt.     Das  Mifsverständnis  kommt  daher,  dafs  H-^^ 
den  eben  unter  2.  kritisierten  Hinweis  Hechts  auch  auf  II.  bezií^*^  ' 
worüber  der  Verfasser  gar  nichts  Näheres  bemerkt 


^  Zwischenstufen  s.  G.  Paris,  Journal  des  Savants  1887,  S.  246 f.,  Voci** 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  X,  485  ff.,  dazu  G.  Paris,  Romania  XVI,  157. 


PEJORATIVE  BEDEUTUNGSENTWICKLUNG   IM   FRANZÖS.         577 

Die  1892  in  Fleckeisens  Jahrbüchern  f.  klass.  Phil.  (S.  84 — 212) 
reröfifentlichten  „Semasiologischen  Studien"  von  O.  Hey  schliefsen 
ach  unmittelbar  an  Hechts  Buch  an.  Den  Hauptteil  bildet  eine 
angehende  Besprechung  der  Bedeutungsdifferenzierung  im  Latei- 
lischen.  Uns  interessiert  hier  vor  allem  die  Einleitung.  Von  einer 
ECritik  der  Heerdegen*schen  Prinzipien  ausgehend  gelangt  Hey  zu 
lem  Schlüsse:  Die  Kategorien  der  möglichen  Formen  sind 
Bu  ersetzen  durch  die  Kategorien  der  möglichen  Gründe 
des  Bedeutungswandels  (a.a.O.  S.  95).  Für  die  Aufstellung 
solcher  Kategorien  ergeben  sich  folgende  drei  Hauptgesichtspunkte 
[a.a.O.  S.  loi  f.): 

I.  Bedeutungswandel  infolge  einer  allmählichen,  in  seinen  ein- 
Eelnen  Stadien  nicht  ins  Bcwufstsein  tretenden  Umbildung  eines 
Objekts,  resp.  Um-  oder  Ausbildung  eines  Begriffes  (Ob- 
jektes der  innem  geistigen  Welt),  wobei  die  Seele  aktiv  gar  nicht 
beteiligt  ist.  Beispiele:  rçaycoâla  Bocksopfergesang  —  Tragödie. 
OQsri^  Tüchtigkeit  —  Tugend.  Vgl.  roman  Werk  in  romanischer 
Spradie  —  Roman,  outrage  was  über  das  gewöhnliche  Mafs  hinaus- 
geht —  Schimpf. 

II.  Bedeutungswandel  ohne  alle  Beziehung  auf  Veränderungen 
der  objektiven  Welt,  in  einem  (bewufsten  oder  unbewufsten)  Akt 
der  Seele  bestehend,  welcher  ein  Wort  auf  einen  ihm  bisher 
fremden,  neuen  Begriff  bezieht.  Beispiel:  vahiudo  Befinden  — 
Krankheit  Vgl.  poison  Trank  —  Gifttrank  ^  (vgl.  remède  oben 
S.  568). 

III.  Zusammenwirken  des  subjektiven  und  des  objek- 
tiven Elements,  indem  Natur  und  Kultur  dem  menschlichen 
Bcwufstsein  die  Objekte  (der  äufsem  sowie  der  innem  Welt)  auf- 
drängen, die  Onomatothesie  derselben  aber  unter  Benutzung  des 
vorhandenen  Sprachmaterials  durch  einen  kombinatorischen  Akt  der 
Seele  erfolgt.  Beispiele:  Xoç>oç  Nacken  —  Hügel,  fingere  bilden 
(kneten)  —  erdichten.  Vgl.  mamelon  Brustwarze  —  sommet  arrondi 
d'une  colline,  d'une  montagne,  brouiller  trüben,  mischen  —  ent- 
zweien. 

Bei  I.  wird  die  Sichtung  des  Materials  nach  stofflichen, 
bei  11.  nach  rein  psychologischen,  bei  III.  nach  empirisch- 
psychologischen (individuellen,  philologischen)  Ana- 
logien zu  geschehen  haben.  Die  Beobachtung  des  objektiven 
Einflusses  auf  die  Bedeutungsänderung  liefert  (kultur) historische, 
die  Beobachtung  des  subjektiven  Einflusses  psychologische  That- 
sachen.  Die  Mifslichkeit  seiner  Prinzipien  für  den  praktischen  Ge- 
brauch sieht  Hey  wohl  ein  (die  Feststellung  der  Gründe  ist  oft 
ODinöglich);    er   hält   sie   aber   gleichwohl    für  bestimmend    für  die 

^  Ich  gebe  ein  dem  lateinischen  Hey's  analoges  französisches  Beispiel, 
ohne  damit  weder  fur  das  eine  noch  für  das  andere  eine  Entstehung  durch 
«neu  ^tt  der  Seele  (im  Sinne  Hey's)  verbürgen  zu  wollen.  Vgl.  Heerdegen, 
^*^-   S.  106  und  Stöcklein,  Untersuchungen  zur  Bedeutungslehre  S.  6. 


.  1  ram.  Phfl.  XXV.  3^ 


578  K.  JABERO, 

Gesichtspunkte,  unter  denen  das  empirische  Detail  zu  behandeln 
ist.  Vor  der  Bekanntschaft  mit  diesem  ist  eine  weitere  Dispositii» 
des  Gebietes  verfrüht.  Dieselbe  wird  eine  durch  den  Charakter 
des  empirischen  Materials  bedingte  Modifikation  der 
Idealform  sein,  die  uns  in  den  oben  angeführten  Prinzipien 
vorliegt 

Hey's  Gesichtspunkte  sind  dieselben,  von  denen,  wenn  aadi 
in  etwas  veränderter  Form,  die  Erörterungen  von  Schröder, 
Griechische  Bedeutungslehre  (1893)  und  von  Thomas,  Ueber  die 
Möglichkeiten  des  Bedeutungswandels  II.  (Bl.  f.  d.  Gymn.-Sch.  XXXII, 
193 — 219)  ausgehen.  Im  Archiv  f.  lat.  Lexikogr.  u.  Gramm.  IX,  196 
fafst  Hey  selbst  seine  Kategorien  I  und  111  zusammen  als  den  aaf 
objektiven  Thatsachen^  beruhenden  Bedeutungswechsel  und 
stellt  ihn  dem  auf  subjektiven  Thatsachen  beruhenden  gegen- 
über. So  gelangt  er  zu  den  beiden  Hauptarten,  die  schon  Daime- 
steter,  Vie  des  mots^  unterschieden  hatte: 

I.  Changements   historiques,   dus   à    des   causes  objectives,  ex- 
térieures à  Tesprit. 
II.  Modifications   psychologiques,   dues  à  des  causes  subjectives, 
intimes  (s.  a.  a.  O.  S.  90). 

Dabei  fafst  allerdings  Darmesteter  die  zweite  Hauptart  in  einem 
weiteren  Sinne  als  Hey,  soviel  aus  den  angeführten  Beispielen  ZQ 
ersehen  ¡st.  — 

Giebt  es  überhaupt  einen  Bedeutungswandel  infolge  spontaner 
Geistesthätigkeit,  ohne  alle  Beziehung  zu  den  Veränderungen  der 
objektiven  Welt?  Hey  antwortet  mit  ja,  wie  aus  den  obigen  Aus- 
führungen zu  ersehen  ¡st,  und  er  rechnet  dazu  unter  anderem  den 
Euphemismus.  Zu  den  beiden  von  Hecht  (s.  oben  S.  574)  unter- 
sch¡edcnen  Momenten  der  Kultur  und  der  Natur  kommt  nach 
¡hm  ein  drittes,  das  psychische  Moment.  Dasselbe  ¡st,  sagt  er, 
n¡cht  qualitat¡v,  sondern  nur  quant¡tat¡v  von  ph¡lolog¡scher  Be- 
deutung (d.  h.  charakteristisch  für  eine  einzelne  Sprache),  da  die 
Vorbedingungen  für  alle  Sprachen  dieselben  sind. 

Hecht    dagegen    leugnet  (a.  a.  O.  S.  63  Anmerkung)   ausdrück- 
lich die  Existenz  eines  rein  psychischen  Bedeutungswandels.^    „Dena 
auch  in  rein  geistiger  Sphäre  bei  Wörtern  von  religiöser,  sittlicher, 
psychologischer  Bedeutung  bewegt  der  Geist  den  Begriff  in  seiueni 
Jùitwicklungsgange  nicht  mit  unabhängiger  Selbstbestimmung,  soli- 
dem   unter    dem  Kinflufs    von  Anregungen  und  Anlässen   der  ver- 
sch¡edensten  Art  weiter."     Ich  stimme  Hecht  und  Morgenroth  bei» 


*  Dabei  wird  etwas  ungeschickt,  wie  mir  scheint,  dem  auf  rein  obje- 
tiven Verhältnissen  beiuhenden  Bedeutungswandel  gegenüber,  III.  als  liurcb 
„Milthätigkeit  des  Sprachvermögens  zu  stände  gebracht"  defìniert.  DasSpracb- 
vermögen  ist  bei  jedem  Bedeutungswandel  thätig. 

'  Chapitre  III  (S.  88  — 113):  Actions  psychologiques. 

^  Der  gleichen  Ansicht  ist  Morgenroth,  Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt  XV. 
S.  2  ff.,  besonders  S.  4  ff.  Zu  derselben  Frage  vgl.  Wundt,  Völkerpsychologie 
I,  2,  441  in  Hey's  Sinn. 


r 


PEJORATIVE   bEDEUTUNGSBNT WICKLUNG   IM    FRANZÖS. 


579 


insofern  sie  behaupten,  dafe  der  psydiiscbe  Zustand  eines  Volkes 
nicht  unabhängig  sei  von  der  Natur,  von  den  speziellen  Lebens- 
bedingungen, kurz  von  den  mannigfaltigsten  äuFsem  Verhältnissen, 
dafs  infolge  dessen  auch  der  scheinbar  rein  psychische  Be- 
deutungswandes  historisch  heeinflufst  sei. 

Indem  Hey  zugi:stebt,  dafs  das  psychologische  Moment  quan- 
titativ von  philologischer  Bedeutung  sei,  giebt  er  indirekt  seine 
Abhängigkeit  von  äufsem  Bedingungen  zu.  So  wird  man  den 
Euphemismus  in  höheren  Ständen  ausgebildeter  finden  als  in  nie- 
drigeren. Tugendhafte  Handlungen,  sagt  Morgenroth,'  müssen 
erst  erscheinen,  bevor  Wort  und  Begriff  Tugend  entstehen  können. 
Die  Entwicklung  des  Begriffes  Kunsl  (um  das  von  VVundt.  Völker- 
psychologie I,  z,  S.  441  genannte  Beispiel  zu  nehmen)  begleitet  eine 
lange,  historische  Evolution. 

Allein  wenn  wir,  wie  in  der  vorliegenden  Arbeit,  eine  praktische 
Klassifikation  der  Beispiele  des  Bedeutungswandels  anstreben ,  dann 
dürfen  wir  nicht  mit  dem  unbestimmten  Begriffe  der  Bedingungen 
arbeilen,  der  uns  immer  weiter  und  weiter  ins  Allgemeine  führt; 
sondern  wir  müssen  nach  dem  Grunde  der  ersten  Verwendung 
eines  Wortes  in  einem  von  dem  ursprünglichen  abweichenden  Stime 
fragen.  Als  solcher  werden  sich  in  dem  einen  Falle  bestimmte, 
historische  Verhältnisse  [romiin)  ergeben,  in  dem  andern  psycho- 
logische Vorgäoge  {poison,  vgl.  remide  oben  S.  568),  nicht  unab- 
hängig von  historischen  Verhältnissen,  aber  nur  indirekt  durch 
sie  bedingt.  — 

Die  Programm  arbeit  von  Schröder,  Zur  griechischen  Be- 
deutungslehre (1853)  enthält,  wenn  auch  die  konsequente  Durch- 
führung eines  Systems  fehlt,  manchen  sehr  anregenden  Gedanken. 
Besonders  nachahmenswert  ist  das  Bestreben,  bei  der  Erklärung 
der  semasiologischen  Vorgänge  auf  die  natürlichen  Bedingungen, 
das  Leben  der  Wärter  im  Sprachzusammenbange,  zurücküugehen 
und  die  Spuren  der  ersten  occasionellen  Bedeutungsänderung  auf- 
zusuchen. Dadurcii  wird  Schröder  vcraniafst,  vor  allem  den  Stand- 
punkt des  Hörers  von  dem  Standpunkte  des  Sprechers  zu 
trennen.  Dieser  Unterschied  ist  gewifs  für  die  Erklärung  des  Be- 
deutungswandels von  grofser  Wichtigkeit.  Als  Haupteinteilungs- 
grund  aber  scheint  er  mir  ungeeignet  Was  Schröder  den  un- 
merklichen, auf  veränderter  Auffassung  beruhenden  Be- 
deutungswechsel (I.)'^  nennt,  geht  keineswegs  immer  vom  Hören- 
den aus.  Schroder  deutet  dies  gelegentlich  (a.  a.  O.  S.  8)  selbst 
an,  wenn  er  zu  rcafcpäia  {vgl.  roman)  und  ähnlichen  Beispielen 
bemerkt,  dieselben  gehören  genau  genommen  eigentlich  nicht  hie- 
her,  da  sie  nicht  auf  einem  Mi fs Verständnis  des  Hörenden,  sondern 
auf  einer  allerdings   uabewufsten   Neuerung  dea  Redenden  be- 

■  ..  n.  O.  S.  5. 

'  Gegeosali:  Bede  u  tun  gsverändeiun  gen,  die  vom  Sprechen - 
dea  aaxgehcD  (II.}. 


580  K.  JABERG» 

ruhlcD.     Ich   erinnere  an   die  Entwicklung  ethischer  Begriffe  (vom 
Verfasser   ebenfalls   hieher  gezählt),    deren  BedeutungsäudeiuLg  in 
der  vertiefenden  Reflexion  des  Sprechenden  ebensosehr  ihren  Grund 
hat,    als   in    der   veränderten  Auffassung  des  Hörenden.     Beispiel: 
¿ctTTj.     Vgl.  oulrage\  humbU^  humilis  im  Lateinischen  tadelud  ge- 
braucht,   wird    unter   dem  Einflufs   der    christlichen  Anschauungeo 
zu   einer   lobenswerten   Eigenschaft     Unmerkiichkeit   und  ver- 
änderte  Auffassung   durch   den   Hörenden   sind   somit  zwei 
Eigenschaften,    die   sich   nicht   decken.     Die  eine  oder  die  andere 
ist  bei  einer  konsequenten  Einteilung  zu  streichen. 

Die    erste    eingehende   Klassifikation    der    Ursachen    des  Be- 
deutungswandels  auf  Grund   eines   ausgedehnten    Beispielmateriais 
aus  verschiedenen  Sprachen   lieferte   1894   Karl   Schmidt  in  der 
Programmarbeit    „Die    Gründe    des    Bedeutungswandels".     Daza 
schrieben  eingehende  Besprechungen  O.Hey,  Archiv  f.  latLex.  u. 
Gramm.  IX,  200 — 230  und  Morgenroth,  Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt. 
XVH2,  17 — 27.   Während  der  erstere  die  Klassifikation  von  Schmidt 
fast  ohne  Widerspruch  annimmt  und  sich  auf  eine  Kritik  der  latei- 
nischen Beispiele   beschränkt,   wendet  sich   der  letztere  hauptsäch- 
lich  gegen   die  Einteilung.     Gewifs  sind  die  meisten  von  Morgen- 
roth erhobenen  Einwände  begründet.    Er  hätte  aber  doch  Schmidts 
Verdienst  hervorheben  dürfen,  das  unbestreitbar  darin  besteht,  dafs 
er  zum  ersten  Male  eine  gröfsere  Anzahl  von  Bedeutungsänderungen 
nach   ihren  Gründen   zu   ordnen   gesucht   hat     Vor  ihm  war  dies 
nur    andeutungsweise    geschehen.     Morgen roth s    eigene   Unter- 
suchung, *    wichtiger  als  alle  vorhergehenden,    setzt  sich  nicht  eine 
Klassifikation    zum  Ziele,    sondern    eine   möglichst  vollständige  Zu- 
sammenstellung.    Daher   die    allgemeineren  Titel:    A.   Die  psycho- 
physiologischen,    B.    Die   Kulturbedingen    des   Bedeutungswandels. 
Schmidt    hat    mit    der  Masse    der  Beispiele    mehr  erreicht,  als  mit 
theoretischen    Erörterungen    möglich   gewesen    wäre.      Es   ist  aber 
nicht    aufser  Acht   zu    lassen,    dafs    bei   eingehender   Untcrsucliur.g 
manche    Beispiele    gestrichen ,    viele    anders    eingeordnet    werden 
müssen.     In    derselben  Weise,    wie    dies  Hey    für    die    lateinischen 
Beispiele    gethan,    wären    auch    die  Beispiele   aus  andern  Sprachen 
kritisch  nachzuprüfen.     Schmidt  ist  da  und  dort  in  der  Benutzung 
der    semasiologischen    Litteratur,    der    sein    Material    zum   gruisti;!^ 
Teile    entstammt,    etwas    zu    wenig    vorsichtig    gewesen.     Wünsch* 
bar  wären  häufigere   Quellenangaben  zur  Erleichterung  des  Nach- 
prüfens. 

Thomas,  lieber  die  Möglichkeiten  des  Bedeutungswandels  1Í- 
(vgl.  oben  S.  578)  1896  führt  den  Bedeutungswandel  im  Wesent- 
lichen auf  dieselben  Gründe  zurück  wie  Schmidt,  vertieft  aber  ihre 
Betrachtung  und  fafst  sie  nach  allgemeineren  Gesichtspunkten  zu- 
sammen. Eine  eingehende  Erörterung  des  Verhältnisses,  in  dem 
die  vorliegende  Arbeit   zu   den  Untersuchungen    von  Schmidt  und 


Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt.  XV,  8  £f. 


PEJORATIVE  BBDEÜTIJHGSENTWICBXUNG  IM  FRANZÖS.  58 1 

Dmas  steht,  würde  zu  weit  fähren.  Wie  viel  ich  ihnen  zu  danken 
>e,  wird  sich  aus  dem  zweiten  speziellen  Teile  von  selbst  er- 
en. Um  eine  Vergleichung  mit  Thomas  zu  erleichtem,  gebe 
die  Zusammenstellung  der  Resultate  seiner  Untersuchung^ 
der: 

I.  Die  Bedeutung  ändert  sich,  indem  der  mit  dem 
Worte  bezeichnete  Begriff  in  sich  eine  Veränderung 
erleidet.     Vgl.  outrage ,  roman  (vgl.  oben  S.  576). 

L  Die  Bedeutung  ändert  sich  durch  das  Bedürfnis 
einer  neuen  Bezeichnung 

i)  für  einen  neuen  Begriff.    Vgl.  mamelon  (s.  oben  S.  575), 
2)  für  einen  bereits  bekannten  und  benannten  Begriff,  dessen 

Bezeichnung  abkommt  (Substitution).    Grund  des  Wechsels 

der  Bezeichnung: 

a)  Streben  nach  Kürze  und  Vereinfachung.  Vgl.  palais  für 
palais  de  justice, 

b)  Streben  nach  Deutlichkeit  und  Kraft.  Vgl.  assommer 
totschlagen  —  langweilen. 

c)  Streben  nach  Vermeidung  des  einem  Gefühle  Anstöfsigen. 
Vgl.  poison  (vgl.  remède  oben  S.  568). 

IL  Die  Bedeutung  ändert  sich  durch  veränderte  Auf- 
fassung der  Wörter  (Umdeutung)  infolge  ihres  Zu- 
sammenlebens in  der  Sprache. 

i)  Beeinflussung  durch  irgendwie  nahestehende  Wortindivi- 
duen, vermittelt 

a)  rein  lautlich  —  volksetymologisch.  Vgl.  miniature  (im 
17.  Jahrh.  auch  hie  und  da  mignature  geschrieben), 
wird  aus  peinture  au  minium  —  peinture  très  fine  unter 
Einflufs  von  mignard  (Darmesteter,  Vie  des  mots  S.  131). 

b)  lautlich  begrifflich  —  etymologisch.  Vgl.  orient^  erhält 
seine  Bedeutung  „Glanz  einer  Perle"  von  dem  Adjektiv 
oriental  (perles  orientales).  Vgl.  Darmesteter,  a.a.O.  S.  129. 

c)  rein  begrifflich  —  synonymisch,  adversativ.  Vgl.  con- 
venir,  das  im  Altfranzösischen  absolute  und  moralische 
Notwendigkeit  bezeichnet,  beschränkt  sich  auf  letztere, 
während  erstere  von  falloir  übernommen  wird  (vgl. 
Darmesteter,  a.  a.  O.  S.  1 34). 

2)  Beeinflussung  durch  den  syntaktischen  Zusammenhang,  be- 
sonders durch  die  Phrase.  Vgl.  rien  etwas  —  nichts, 
unter  dem  Einflufs  der  häufigen  Verbindung  mit  der  Ne- 
gation (Darmesteter,  a.  a.  O.  S.  124). 

Etwas  abseits  von  den  bisher  Genannten  steht  Stöcklein, 
-I'suchungen  zur  lateinischen  Bedeutungslehre  1895  und  Be- 
^xigswandel  der  Wörter  1898,  letzteres  Werkchen  populärer  ge- 


*  Die  Gesichtspunkte   von   Schmidt   findet  man  in   Morgenroths  Kritik 
**iïiengefafst 


582  K.  JABERO, 

fafst.  Beide  enthalten  über  Aufgabe  und  Methode  der  Semasio- 
logie sehr  viel  Beherzigenswertes.  Stöcklein  weist  besonders  auf 
die  Wichtigkeit  des  Satzzusammenhangs  und  der  veränderten  Aof- 
fassung  des  Hörenden  hin.  Nach  ihm  hat  der  Semasiologe  vor 
allem  nach  Uebergangsbedeutungen  zu  forschen.  Seine  Beispiele 
sind  sehr  instruktiv. 

Charakteristisch  ist  besonders  folgende  Stelle  (Untersuchungen 
S.  28):  „Unser  Grundsatz  muís  sein:  ein  einziger  Fall,  genau  unter- 
sucht,   so  dafs  man  bei  demselben  wirklich  erkennt,    auf  welchem 
Wege  und  auf  welche  Weise  das  Wort  seine  Bedeutung  wechselte^ 
ist  ein  gröfserer  Gewinn  als  ein  ganzes  Buch  voll  schöner  Theorien, 
womit  jedoch  kein  einziger  Bedeutungswechsel  befriedigend  erklärt 
ist,    oder  umgekehrt:    als   eine    Unmasse   von    Beispielen  des  Be- 
deutungswandels,  die  man  aber  fast  ebenso  gut  auch  im  Lexikon 
findet.     Dieses   wie  jenes  Verfahren  ist  unrichtig."     Der  Verfasser 
vergifst  dabei,  dafs  man  ebensowenig  von  einem  Beispiel  auf  eine 
Regel,   als   von  einem  Experiment  auf  ein  physikalisches  Gesetz 
schliefsen  kann,  und  dafs  eine  Thatsache,  die  bei  der  Vergleicbong 
mehrerer   Beispiele   in   die   Augen  springt,    im   einzelnen  Fall  oh 
unerklärt  bleibt,   auch   wenn  man  ihn  noch  so  genau  ontersocbt 
Damit  soll   die  Warnung,   die  in  Obigem  enthalten  ist,  nicht  aas 
dem  Winde   geschlagen  sein:    Man  verlasse  sich  in  der  Semasio- 
logie  nicht  auf  leichtsinniges  Konstruieren   und  gerate  nicht  ins 
Allgemeine. 

Von  Stocklein  entlehne  ich  den  Ausdruck  Adäquation.  & 
versteht  darunter  die  Angleichung  der  Bedeutung  eines  Wortes  an 
die  Vorstellungen,  die  bei  der  Anwendung  auf  bestimmte  Gegen- 
stände, Handlungen  u.  s.  f.  geweckt  werden.  Durch  Adäquation 
erklärt  sich  z.  B.  nach  Stöcklein  das  Verblassen  der  Vorstellung 
des  Ziehens  in  Stiefel  anziehen,  Hosen  anziehen  und  das  Henor- 
treten  der  ursprünglichen  Nebenvorstellung  des  Bekleidens,  so  dafs 
man  nun  auch  sagen  kann  eine  Weste  anziehen,  einen  Kragen  an- 
ziehen u.  s.  f.  Sehr  deulich  ist  die  Adäquation  auch  bei  den  in  die 
Sprache  aufgenommenen  Metaphern.  Sie  ist  vollendet,  sobald  das 
Wort  die  ursprüngliche  Vorstellung  nicht  mehr  wachruft  (vgl.  r^* 
va  ¡et).  Aehnlich  in  den  Klassen-  resp.  Berufssprachen  (vgl.  corroy^^ 
afrz.  bereiten,  heute  besonders  gerben).  Es  ist  bequem,  für  diese 
Erscheinung,  auf  die  Darmesteter*  schon  1876  hingewiesen  batí 
einen  technischen  Ausdruck  zu  besitzen. 

Morgenroth,   Zum  Bedeutungswandel   im  Französischen  U-* 


*  Reliques  scientifiques  II,  88 — 91,  s.  oben  S.  565. 

*  Man  vergleiche  auch  Morgenroths  ersten,  wertvollen  Artikel,  Ztschr.  i. 
frz.  Spr.  u.  Litt.  X V  S  i — 23.  Ich  verzichte  auf  eine  Besprechung  desselbiO' 
da  er  leicht  zugänglich  ist  und  ich  nur  in  Einzelheiten  Einwände  zu  erheben 
hätte.  Nebenbei  bemerkt  sei,  dafs  die  Beispiele  für  den  Trieb  zur  Gnipp^°' 
bildung  (2)  mit  Ausnahme  einiger  weniger,  die  ich  dem  Differenzierunp^tn'^'^ 
zuschreiben  würde,  doch  wohl  identisch  sind  mit  den  Beispielen  für  die  £0^' 
faltung   des  Bewufstscins   nach   einer  bestimmten  Ordnung  (4).  —  Inhalt  "<s 


! 


PBJORATIVB  BBDBUTUNQSKNTWICKLUNG  DI  FRANZÖS.  583 

(Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt  XXn,  39—55)  teilt,  ahnlich  wie  R.  Thomas, 
die  Gründe  des  Bedeutungswandels  in  drei  Kategorien  (a.  a.  O. 
S.  39  f.). 

I.  Einwirkung    der    Aufsenwelt    und    der    historischen 

Vorgänge. 
IL  Intellektuelle,  ethische  und  ästhetische  Bedürfnisse. 
III.  Die  durch  die  Vorstellungen  selbst  bedingten  Vor- 
gänge. 

1.  Verschmelzung  von  Vorstellungsgruppen,  rien  etwas  — 
nichts. 

2.  Beeinflussung  einer  Vorstellungsgruppe  durch  eine  andere. 
orient,  beeinflufst  durch  oriental, 

3.  Vergessen  von  Vorstellungen,  die  im  Bewufstsein  Hem- 
mungen erleiden.  Wichtigster  Fall:  Vergessen  der  ur- 
sprünglichen Bedeutung  infolge  häufiger  Verbindung  eines 
Wortes  mit  andern  Vorstellungen,     tête  aus  testa. 

Nachdem  Morgenroth  die  III.  Klasse  etwas  näher  besprochen 
hat,^  stellt  er  sich  die  Aufgabe,  „die  Arten  des  Bedeutungswandels, 
nämlich  die  Erweiterung  und  Verengerung  der  einzelnen  Vor- 
stellungsgruppen sowie  die  Begriffs-  und  Wortverschiebungen  im 
Zosammenhalte  mit  ihren  Ursachen  einer  eingehenden  Prüfung  zu 
unterziehen"  (a.a.O.  S.  42).     Er  unterscheidet: 

A.  Erweiterung  und  Verengerung  der  einzelnen  Vor- 
stellungsgruppen, panier  Brotkorb  —  Korb,  poison  Trank 
—  Gifttrank. 

B.  Verschiebung  der  Wörter,  der  Begriffszeichen,  auf 
andere  Begriffe  und  der  Begriffe  auf  andere  Wörter. 

I.  Verschiebung  eines  Begriffes  auf  ein  anderes  Wort  (Sub- 
stitution), filie,  ersetzt  durch  jeune  fille,  caput  durch  testa 
u.  s.  f. 

IL  Verschiebung  eines  Wortes  auf  einen  andern  Begriff,  liber- 
tin  Freigeist  —  celui  qui  a  des  mœurs  déréglées,  grisette 
grauer  Stoflf  —  Grisette,     grue  Kranich  —  Krahn  u.  s.  f. 

Eine  ausführliche  Untereinteilung  erfährt  nur  B  IL  In  der- 
selben liegt  der  Schwerpunkt  der  Abhandlung.  Ich  mufs  mich  auf 
eine  Kritik  der  Haupteinteilung  beschränken. 

A.  wird  folgendermafsen  erläutert:  „Erweiterungen  und  Ver- 
engungen der  einzelnen  Vorstellungsgruppen,  aus  denen  die  Be- 
griffe entstehen,  vollziehen  sich  im  allgemeinen  mit  unmerkbarer 
Langsamkeit  und  folgen  der  geschichtlichen  Entwicklung,    aus  der 

ArtikeU:  l.  Besprechung  der  bis  1892  erschienenen  wichtigeren  semasio- 
logischcn  Arbeiten  (Heerdegen  und  Hecht  ausgenommen),  2.  Stellungnahme  zu 
gewissen  prinzipiellen  Fragen  (vgl.  oben  S.  579),  3.  möglichst  vollständige  Dar- 
stellung der  psycho  •  physiologischen  und  kulturellen  Bedingungen  des  Bedeu- 
tungswandels. 

*  Warum    die    beiden    ersten   Klassen    „keiner   weiteren   Erklärung  be- 
dfirfcn«,  sehe  ich  nicht  ein. 


584  K.  JABEROy 

sie  ZU   erklären  sind"  (a.  a.  O.  S.  42).     Nach  Morgenroths  eigener 
These  ^  ist  jeder  Bedeutungswandel   durch   geschichtliche  Entwick- 
lung  zu    erklären.     Wir   sehen   also  darin  nichts  für  A.  besonders 
Charakteristisches.  £s  bleiben  als  Hauptmerkmale:  i.  Verschiebungen 
innerhalb    der  Vorstellungsgruppen,     2.  Unmerkbare    Langsamkeit 
dieser  Vorgänge.     Dieser   allgemeineren   Definition    (die  A.  mit  L 
bei  Thomas,   s.  oben  S.  581,  identifizieren  würde)  legt  Morgenroth 
eine,  wie  mir  scheint,  für  das  Wesen  des  Bedeutungswandels  neben- 
sächliche Beschränkung   auf,   indem   er  die  Verschiebungen  inner- 
halb der  Vorstellungsgruppen   auf  Erweiterung  und  Verengung  re- 
duziert    Infolgedessen  gerät  S.  4.)  die  Erscheinung,   dafs  oft  eine 
Bezeichnung   für   einen  Begriñ  auf  eine  damit  verknüpfte  Neben- 
vorstellung  übergeht   und   sie  so  zum  selbständigen  Begriff  erhebt 
(vgl.  libertin)^   in   die  Gesellschaft   von  ganz  disparaten  Beispielen 
(Stoffe,    nach   dem  Herkunftsort   bezeichnet;    Personen   nach  dem 
Stoffe,  mit  dem  sie  bekleidet  sind  u.  s.  f.). 

B  I.  charakterisiert  sich  dadurch,  dafs  alte  Begriffe  neu 
benannt  werden.^  Man  erw^artet  also,  dafs  B  II.  diejenigen  Falle 
umfasse,  in  denen  neue  Begriffe  benannt  werden.  Dies  trifit 
im  allgemeinen  auch  zu,  wie  aus  den  Beispielen  zu  ersehen  ist, 
wird  aber  nicht  ausdrücklich  gesagt.  Die  Ueberschriften  „Ver- 
schiebung eines  Begriffes  auf  ein  anderes  Wort"  (B  I.)  und  „Ver- 
schiebung eines  Wortes  auf  einen  andern  Begriff"  (B  II.)  scheinen 
mir  unglücklich  gewählt;  denn  bei  B  I.  haben  wir  es  ebenso  got 
wie  bei  B  II.  mit  Verschiebung  eines  Wortes  auf  einen  andern  Be- 
griff zu  thun,  wenn  wir  die  Bedeutungsänderung  konsequent  vom 
Gesichtspunkte  des  Wortes  aus  beurteilen.  Man  vergleiche  die 
beiden  Beispiele  houie  Kugel  —  populär  Kopf  (B  I.  S.  44);  mmà^ 
Brustwarze  —  Hügelkuppe.  Sie  unterscheiden  sich  nur  dadurch, 
dafs  der  zweite  Begriff  bei  B  I.  alt,  bei  B  II.  neu  ist.  Allein  richtig 
scheint  mir  somit: 

B  I.  Verschiebung    eines  Wortes    auf  einen  andern,  be- 
reits benannten  Begriff  [boule). 
B  11.  Verschiebung  eines  Wortes  auf  einen  andern,  noch 
nicht  benannten  Begriff  [mamelon). 

Wollte  Morgenroth    mit    seiner  Ausdrucksweise  der  Schwierig- 
keit aus  dem  Wege  gehen,  im  einzelnen  Falle  zu  entscheiden,  ob 

^  „So  scheint  es  demnach  besonders  wichtig  i  die  Entwickclun}:  ^^^ 
fjrofsen  Kreise  menschlichen  Interesses:  „Religion,  Sitte,  Recht,  Staat,  Kän>tc. 
Wissenschaften,  Gewerbe,  Handel,  Ackerbau,  Spiel  und  Krieg"  zu  vorfoli:^"' 
um  durch  dieselben  die  Wandlungen  der  Wortbedcutimgen  /u  erklären.  Di^* 
mufs  als  eigentliche  Aufgabe  der  Bedeutungslehre  erfafst  werden,  welch^*^ 
gegenüber  alle  übrigen  in  den  Hintergrund  treten"  (Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  L\^^- 
XV,  22). 

2  Die  Beispiele  Vandale,  crésus,  céladon  nehme  ich  aus,  da  sie  auf_t>^' 
wufster  Uebertragung  beruhen.  Dagegen  sind  libertin  analog  die  Beispi«'^ 
für  Alter  —  Herrschaft,  Vorrang;  Jugend  —  Unterwürfigkeit,  Dienstbarkeit. 

^  stimmt   also,    wie   auch    die  Vergleichung    der   von  Morgenroih  auig*^' 
zählten  Gründe  ergiebt,  mit  II,  2  bei  Thomas  übercin  (s.  oben  S.  581). 


I 


PEJORATIVE    BEDEDTCNGSENTmCKLrNG    IM    FRANZÖS.  585 

der  Begriff,  um  den  es  sich  handelt,  bereits  einen  Namen  besafs 
oder  nicht?  — 

Man  ist  etwas  überrasr;ht,  in  dem  zweiten  Artikel  von  Morgen- 
roth eine  psychologische  Klassifikalion  zu  finden,  nachdem  er  im 
ersten  (S.  2  f.)  festgestellt  hati  Eine  sogenannte  psychologische 
Klassifiziening  der  Bedeutungsentwiclceiungen  nach  äurseren  und 
inneren  Associationen  könnte  nur  einen  sehr  geringen  Wert  haben, 
„weil  der  psychische  Mechanismus  allein  nichts  erklärt  und  die 
sprachlichen  Associationen  im  Dienste  des  Willens  stehen,  welcher 
im  einzelnen  Falle  immer  diejenige  erfafst ,  welche  den  grörsten 
Gefühlswert  für  das  Bewurslsein  besitzt".  Löst  sich  der  Wider- 
spruch darin,  dafs  Morgenroth  in  einem  drillen  Artikel  systematisch 
an  die  Ztschr.  f.  frz.  Spr.  u.  Litt.  XXII  ',  55  formulierten  und  in  seini'n 
Arbeiten  oft  beröhrten  Fragen  heranzutreten  gedenkt,  in  deren  Be- 
antwortung ihm  die  eigentliche  Aufgabe  der  Bedeutungslehre  (vgl. 
oben  S.  584  Anm.  1}  zu  bestehen  scheint? 

Im  Einzelnen  wäre  da  und  dort  mehr  philologische  Kritik 
wünschenswert.  (Ich  greife  aufs  Geratewohl  heraus  S.  46:  das  Suffix 
-a<e,  -asse  ist  von  -acea,  nicht  •aca4s  abzuleiten;  crevasse,  culasse, 
rosaci  sind  nicht  pejorativ  afficiert;  S.  47:  die  Etymologie  von  sortir 
steht  keineswegs  fest;  potle  {poiie)  hiefs  zunächt  heizbares  Zimmer, 
dann  Ofen,  nicht  umgekehrt  etc.)  Besonders  die  von  Lehmann 
übernommenen  Beispiele  sollten  nachgeprüft  werden. 

Die  letzte  und  eingehendste  Besprechung  der  psychologischen 
Bedingungen  des  Bedeutungswandels  finden  wir  bei  \Vundt,  Völker- 
psychologie I,  2,  420— 583  (VIII.  Kap.:  Bedeutungswandel).  S.  487 
— 567  giebt  der  Verfasser  eine  Klassifikation  auf  rein  psycho- 
logischer Grundlage.     Er  unterscheidet  zunächst: 

A.  den  correlaliven  Bedeutungswandel, 

B.  den  selbständigen  Bedeutungswandel." 

Der  erstere  charakterisiert  sich  dadurch,  dafs  mit  den  Be- 
deutungsveränderungen Lautveränderungen  in  Wechsel- 
beziehung stehen.  Dazu  giebt  Wundt  S.  422 — 425  ausschliefs- 
lich  Beispiele  von  Bedeutungsdifferemtierung,  Es  geht  aber  aus 
Späterem  (besonders  S.  485  f.)  hervor,  dafs  er  auch  die  Bedeutungs- 
veränderungen hieherzählt,  die  mit  der  Wortbildung  verbunden  sind. 

Der  selbständige  Bedeutungswandel  wird  S.  426  definiert: 
„Unter  selbständigem  oder  eigentlichem  Bedeutungswandel  ver- 
stehen wir  alle  diejenigen  Bedeutungsänderungen ,  die  unabhängig 
von  etwaigen  Lautänderungen  vermöge  einer  in  den  ur- 
sprünglichen Eigenschaften  der  Begriffe  begründeten 
Entwicklung  erfolgen." 

Wundt  geht  nur  auf  den  selbständigen  Bedeutungswandel 
näher  ein,  schliefst  aber  die  correlativcn  Bedeutungsänderungen 
nicht  konsequent  aus.^     Der  erstere  zerfällt  in: 

'  Aehnlich  HeCTdegen;  formaler  and  realer  Bedeulongswandel  (ve), 
oben  S.  570). 

*  Vgl.  a.  B.  O.  S.  54],  S,  546  ff.,  S.  56z  f.,  Kach  sonst  eelcgenlljcli. 


586  K.  JABBROy 

I.  den  regulären  Bedeutungswandel» 
II.  den  singulären  Bedeutungswandel. 

Typische  Beispiele: 
I.  pecunia  Viehherde  —  Geld.  Mit  dem  Uebergang  des  Tausdi- 
verkehrs  in  den  Geldverkehr  ging  der  Name  des  wichtigsten 
Tauschobjektes  auf  das  an  seine  Stelle  tretende  gemünzte 
Geld  über.  Der  alte  und  der  neue  Begriff  sind  in  dem 
Merkmal,  auf  das  es  ankommt  (Verwendung  als  Tauschmittel), 
identisch  (a.  a.  O.  S.  431). 

Vgl.  plume   Vogelfeder   —    Stahlfeder,    infolge    der  Ver- 
wendung zum  Schreiben  (a.  a.  O.  S.  498). 
IL  Mercurius  Gölterbote  —  schnellster  Planet 

moneta  Münzstätte  nach  dem  in  der  Nähe  befindlichen  Tempel 
der  Juno  Moneta  in  Rom  (a.  a.  O.  S.  430). 

Vgl.   coqueluche    Art    capuchon    —    P!pidemischer  Husten, 
wegen    dessen   man   sich   den  Kopf  mit  einer  coqueluche 
bedeckte  (Diet.  gen.). 
grh)e  Streik,    nach  der  Place  de  la  Grève  in  Paris,  wo  sich 
die  Arbeitslosen  zu  versammeln  pflegten. 
Folgendes   sind   nach  S.  426 — 432  die  Merkmale  der  beiden 
Hauptarten  des  Bedeutungswandels: 

L  geht  auf  allgemeingültige  Gesetze  der  Begriffsentwicklong 
zurück,  II.  beruht  auf  ganz  individuellen  oder  mindestens  nach 
dem  Umfang  ihrer  Verbreitung  sehr  beschränkten  Motiven.*  (Vgl. 
S.  486:  Die  Veränderungen  des  regulären  Bedeutungswandels 
sind  die  hauptsächlichsten  Hûlfsmittel  der  allgemeinen  Begrifis- 
en t Wicklung,  während  der  singulare  mehr  in  einzelnen  Fallen 
und  für  besondere  Begriffsgebiete  ergänzend  eingreift.) 

I.  ist  ein  Bedeutungs Wechsel.  Die  neue  Bedeutug  erscheint 
als  eine  aus  der  alten  hervorgewachsene.  II.  ist  eine  Bedeutungs- 
Übertragung.  Die  neue  Bedeutung  erscheint  als  eine  der  allen 
äufserlich  aufgepflanzte. 

Bei  1.  ist  der  Vorgang  allmählich  und  stetig,  bei  II.  i^^ 
er  plötzlich.  Der  Augenblick  der  Entstehung  läfst  sich  zuweilen 
direkt  nachweisen. 

I.  weist  auf  mehrmalige,   11.  auf  einmalige  Entstehung  be- 
stiminttT  Motive  (womit   nicht  notwendigerweise    ein  Einzelner  der 
Urheber    der    Begriffsübertragung   ist.    Vgl.  moneta).     Der  Vorgai^S 
hat    bei  1.  den  Charakter    einer  Triebhandlung,    bei  11.  denjenigen, 
einer  willkürlichen  Handlung. 

I.  ist   die   Geschichte   eines   Begriffs,    II.  in    erster  Linie  G^* 
schichte  eines  Wortes. 

Ergänzen  wir  dazu  noch  aus  S.  58if.:    Bei  I.  sind  die  Asso- 
ciationen   in    der  Regel   simultane,    bei  II.  successive,  oft  erst 

^  Was  a.a.O.  S.  428  beigefügt  wird:  eine  in  den  ursprünglichen  Eii:«^* 
Schäften  der  Begriffe  bc^^ründete  Entwicklung   lasse   sich   beim  singulären  H«- 
deulung-.wandel    nicht    nachweisen,    steht    mit    der    oben  S.  585    cilierien  l-'^* 
linition  des  selbständigen  Bedeutungswandels  im  Widerspruch. 


PEJORATIVE   BKDEÜTUNGSENTWICKLDNG    lU    FRANZÖS. 


587 


durch  „Reflexion"  eDlstandene;  und  zum  Schlüsse  aus  der  speziellen 
Besprechung  von 

I.  :  Wesentliches  Kriterium  des  legulären  Bedeutungswandels 
ist,  „dafs  er  alle  jenen  Veränderungen  der  Worlbedeul ungen  in 
sich  schlierst,  welche  durch  die  innerhalb  einer  Sprachgemeinschaft 
allgemein  gültig  auftretenden  allmählichen  Veränderungen  der  Apper- 
ception erfolgen"  (a.a.O.  S.  487).     Von 

II.:  Der  singulare  Bedeutungswandei  ist  in  der  Regel  ebenso 
gut  motiviert  wie  irgend  eine  Erscheinung  des  regulären  Hedeu- 
tungswandels:  „und  als  der  einzige  Unterschied  bleibt  der  zurück, 
dafs  die  Ursachen,  die  ihn  bestimmen,  einem  in  dieser  Combination 
nur  einmal  vorhanden  gewesenen  Zusammenflufs  von  Bedingungen 
ihren  Ursprung  verdanken".  Die  dabei  wirkenden  Associationen 
gehen  nicht  aus  den  innerhalb  einer  bestimmten  Gemeinschaft  all- 
gemein gültigen  Bedingungen  der  Apperception ,  sondern  aus  indi- 
viduell beschränkten  hervor  (a.  a.  O.  S.  542). 

Man  wird  ohne  weiteres  zugeben,  dafs  die  Unterscheidung 
eine  im  Wesen  des  Bedeutungswandels  tief  begründete  ist:  Der 
reguläre  Bedeutungswandel  stellt  uns  die  Aktion  der  Gesamtheit, 
der  singulare  die  Wirkung  des  Einzelnen  auf  die  Gesamtheit  dar. 
Zugleich  treten  aber  auch  die  Schwierigkeiten  zu  Tage:  Zwischen 
Collectiv-  und  Individua! Wirkung  giebt  es  eine  Menge  Zwischen- 
glieder; wo  ist  die  Grenze  zu  ziehen?  Die  Schwierigkeit  der  Ein- 
ordnung erscheint  bei  der  geringen  Anzahl  und  der  sorgfältigen 
Auswahl  der  Beispiele  von  Wnndt  natürlich  kleiner  als  sie  in  Wirk- 
lichkeit ist;  gleichwohl  läfst  sie  sich  schon  nach  diesen  beurteilen.' 

Unte  rein  teil  ung: 
I.  Regulärer  Bedeutungswandel  (S.  487— 541). 

1.  Assimilativer  Bedeutungswandel.  Durch  Assimilation, 
d,  h.  eine  zwischen  Kindrucks-  und  Erinnerung.icl ementen 
des  gleichen  Sinnesgebietes  sich  abspielende  Association. 
picds  d'un  fauteuil,  pieds  d'une  chaise,  pUds  d'une  table 
u.  s.  f.  ¡lit  aus  testa,  Topf,  Scherbe.  (Von  früher  ange- 
führten Beispielen  vgl.  múrkhal,  roman,  ùulrage,  huinbie,) 

2.  Complícativer  Bedeutungswandel,  Durch  Compli- 
cation, die  in  einer  Association  von  Empfindungselementen 
verschiedener  Sinnesgebiete  bestehl.  aeulum  und  grave  in 
der  Anwendung  auf  Töne,  craindre  aus  tremeré  {vgl. 
Irouiller). 

3.  Gefühlswirkungen.  pHlre  zu  Fufs  —  armselig,  merci 
Lohn  —  Gnade. 


'  Wiiadt  iclbst  weist  übrigens  mehrmala  ^ur  Ucbergänge  hin.  S.  499 
Aamerkg.:  Die  ve rwic keltere  und  d»um  mehr  dem  Singulären  tich  näheiade 
Beschaffenheit  ...  S.511  und  .^.537!.,  S.  55S,  S.562:  Mangel  einer  achurren 
Grenze  zwischen  CompHcBlionen  und  willküdich  erfuntienen  bildlichen  Be- 
zeichnupgcD.  S.  544:  Die  Namengebuag  dutch  singulüre  Asaociatianen  spielt 
in  dos  Gebiet  des  canclaiivcn  BedentungiwandeU  fiber. 


588  K.  JABERO, 

4.  Associative  Verdichtungen,    rien  etwas  —  nichts  (syn- 
taktische  Association),     poison   Trank   —   Giittrank   (Ver- 
wendungsassociation). 
Gefühlswirkung  und  associative  Verdichtungen  treten  als  mit- 
wirkende  Faktoren    auch    hei    andern  Arten    des   Bedeutungswan- 
dels auf. 

II.  Singularer  Bedeutungswandel  (S.  541 — 567). 

1.  Namengehung  nach  singulären  Associationen,    k 
luneiies  Brille,  eigentlich  „die  Möndchen". 

2.  Singulare  Namenübertragungen.  momias,  oben  S.^%^, 
Chauvin  (Verallgemeinerung  eines  Eigennamens). 

3.  Aufgenommene   und   einverleibte  Metaphern,    che^ 
valet  eigentlich  Pferdchen.* 

Hier   einige   Beispiele   zu   der   oben   S.  587    3.  Alinea  aufge- 
stellten  Behauptung: 

S.  502   wird   als  Beispiel   des  assimilativen  Bedeutungswandels 
mit  wechselnder  dominierender  Vorstellung  iêie  genannt:  Gefafs  — 
Schädel  —  Kopf   (analog  dem  deutschen  Kopf,    das   ursprünglich 
ein   Trinkgefafs   bezeichnete).     Im   „Volksdialekt"    habe   sich  eine 
Art  Ersatz  für  die  verloren  gegangene  Beziehung  des  Schädels  wr 
Schale  in  boule  (eigentlich  Blase)  gebildet.^    Man  bemerke  zunächst, 
dafs    sich  Wundt    durch    die    Etymologie   von   botüe   (lat  bulk  = 
Blase)  zu  der  irrtümlichen  Annahme  verleiten  läfst,  der  Bedeutungs- 
übergang sei  hier  wie  bei  /esla  durch  die  dominierende  Vorstellung 
des  Hohlen  vermittelt  worden.    Frz.  boule  hat  aber  nie  etwas  anderes 
bedeutet   als  Kugel.     Leitend  ist  also   die  Vorstellung  der  Form.' 
Der  komische  Effekt  besteht,  wenn  ich  mich  nicht  irre,  darin,  dafs 
man  sich   den  Kopf  losgetrennt  vom  Körper  vorstellt.*     Sicher  ist, 
dafs  ein  komischer  Effekt  mit  dem  Worte  erzielt  wird.    Man  ersetzt 
wissentlich  /eVe  durch  boidle.     Deutet  dies  aber  nicht  auf  singulären 
Ursprung  hin   und  läfst  für  die  Verdrängung  von  chie/  durch  tcsli 
Aehnliches    vermuten ?í*  —    Ist    der  Umstand,    dafs   die  Vogelfeder 
zum  Schreiben  benutzt  wurde,    nicht  ebenso  zufallig  wie  derjenige, 
dafs    der    I^eryll    zur    Correklion    der    Fehler    weitsichtiger  Augen 

*  Leider  mufs  ich  von  einer  Würdignnfj  der  psychologisclien  Grundlage 
obiger  Einttiluni^,  in  Wiindts  Darstellung  des  Wesentlichsten,  hier  absehen, 
da  ich  mit  den  Resultaten  der  Psychologie  nicht  genügend  vertraut  bin.  Pcm 
Ikginne  der  vorliegenden  Arbeit  ging  ich  von  rein  philologischen  Gesicbtí' 
punkten  aus;  erst  im  weitern  Verlaufe  drängte  sich  mir  die  Ueberzeugun{:  au!, 
dafs  die  Betrachtung  psychologisch  vertieft  werden  müsse.  Es  hing  von  âuf>f"' 
Umständen  ab,  dafs  ich  das  Versäumte  nur  unvollständig  nachholen  konnte. 

*  Darmesteter,  Vie  des  mots  S.  164:  „La  langue  populaire  aujourd'hui 
remplace  de  nouveau  t^fe,  devenu  trop  abstrait,  par  bouU.^* 

3  Als  Schulknaben  verwendeten  wir  ähnlich  Kürbis.  Vgl.  auch  die  fran- 
zösischen Argotausdrücke  calebasse,  coloquinte,  poire,  couatche,  citronnade 
{citron),  cibo t4 lot  und  ciboulotte  (ciboule),  pomme,  balle  (Schwob  u.  Guicvsse, 
Etude  sur  l'argot  français  in  Mémoires  de  la  soc.  de  linguistique  de  Pai^^ 
VII,  50). 

*  Vgl.  il  a  perdu  la  boule. 

^  Vgl.  auch  das  deutsche  Schädel  grob  =  Kopf. 


PUJOKATIVE   lìEUEUTUNtiSENT WICKLUNG    IM   FKANZÖS. 


589 


I 
I 


I 


diente?'  Und  ist  es  deshalb  gerechtfertigt,  den  Bed  eut  un  gsü  ber- 
ga.ug  Vogelfeder  —  Schreibfeder  regulär,  den  Bedeutuiigsübergaiig 
Beryll  —  Brille  (noch  im  14.  Jahrb.  (/er  bri!)  singular  2U  nennen?* 
Oft  sind  wir  verwundert,  eine  Bedeutungsänderung  von  ganz 
Eingulârcm  Charakter  in  verschiedenen  Sprachen  wiederzufinden. 
Zu  der  Namengebung  nach  singulärtn  Assodatloneti  zählt  Wundt 
(a,  a.  O.  S.  545)  „zalilreiche  Ausdrucke  wie  der  Kelch,  die  Krone, 
die  Kätzchen  der  Blülhen  u.  s.  f,  die  aus  der  wissenschaftlichen 
Kunstsprache  zum  Theil  in  den  allgemeiuen  Sprachgebrauch  über- 
gegangen sind".  Für  Kättchen  Irißi  letztere  Bemerkung  sicher 
nicht  zu;  denn  wir  finden  nicht  nur  im  Englischen  calkin  (neben 
cal-liii!)  und  im  Französischen  chalón,  sondern  auch  entsprechende 
Ausdrücke  in  französischen  [mimi,  mitón  u.  s.  f.)  und  in  deutsclien 
Dialekten.^  Wird  man  also  nicht  zu  dtr  Annahme  gezwungen, 
dafs  die  Association  zwischen  Kätzchen  und  Blutenkätzchen  min- 
destens ebenso  nahe  lag,  wie  z.  B,  diejenige  zwischen  Hui  und 
Fingerhut  (Wundt  a.  a.  O.  S  492  zum  regulären  Bedeutungswandel)? 
Dem  Franzosen,  der  Fingerhut  zum  ersten  Male  hört,  macht  das 
Wort  gewifs  einen  höchst  pittoresken  Eindruck.  Für  den  Deutschen 
erscheinen  in  diesem  Falle  ursprüngliche  und  übertragene  Bedeu- 
tung als  unmittelbar  kennzeichnende;  wer  versichert  uns  aber,  dafs 
bei  der  Namengebung  nicht  Reflexion  im  Spiele  war? 

m.    Besprechimg  der  Dissertation  von  IC  ZTitzsohe. 

In  den  folgenden  Ercirleriingen  lasse  ich  wie  im  Vorhergehen- 
den bei  Seile,  was  sich  bei  der  Besprechung  meines  Materials  von 
selbst  ergeben  wird. 

I.    Ungenügende    Quellenangabe. 

Nicht  nur  der  schwächste,  sondern  auch  der  unselbständigste 
Teil  von  Nilzsches  Arbeit  ist  seine  Einleitung.  Wo  dieselbe  nicht 
zum  Widerspruch  herausfordert,^  enlslamnien  ihre  Gedanken  fremder 
Quelle.  Zu  S.  4  s.  Darmesleler,  Vie  des  mots  S.  6g  ff.,  Whitney 
S.  20  ff.,  zu  S.  5  9.  Wegener,  Grundfragen  des  Sprachleben  S.  47  ff., 
Morgenroih  I,  S.  2  und  S.  20.  — 

Man  vermifst  besonders  die  Angabe,  woljer  die  einzelnen  Bei- 
spiele stammen.  Meistens  beruhen  sie  wohl  auf  dem  Sachs'schen 
Wörterbuche  und  dem  dazugehörigen  Supplemente.  Den  Diction- 
naire  général    hat    der  Verfasser    nicht    benutzt.     Wie   nützlich   er 


'  VoiansKcselzt,  dufs  diese  Vermulung  riclilig  ist. 

•  Wundl.  a.  a.  O.  S.  498  and  544. 

'  Vgl.  Grimm,  Wörlerbuch  unter  Kättchtn.  In  meiner  heicaatlichen 
Mundart  (Bem)  sagl  man  Bütti  {=:  Kätzchen).  Der  Bedeulung^ubergang  ist 
SD  ToUsluidig,  äaU  3üsn  =  Käticben  und  Bussi  =^  Blülenkitictien  als  zwei 
verscbicdene  Wörter  emprunden  weiden.  Chalxli,  das  meine  Mundan  ebfo. 
falls  kennt,  ist  in  der  Bedeutung  Blülenkätzdien  nithl  gebräuchlich  uod  würde 
als  hubichcs  homotiatischea  Bild  erse b etnea. 

*  Ich  werde   im   zweiten  Teile   der   voiliegenden  Aibeit  hierauf  zurück- 


k. 


590  K.  JABERGy 

ihm  hätte  sein  können,  ist  aus  der  Kritik  von  Dittrich  zu  ersehen, 
der  seine  Richtigstellungen  im  Einzelnen  fast  ausschliefslidi  ani 
diesen  gründet.  Zu  S.  44  wären  Darmesteter,  Vie  des  mots  S.  166 
und  Littré,  £tudes  et  Glanures  S.  22  zu  nennen. 

2.    Mangelhafte  Umgrenzung   des   Stoffes. 

a.  Vollständigkeit  der  Beispiele.  Dittrich  nennt  in  der 
oben  erwähnten  Kritik  (Ztschr.  f.  frz.  Spr.  XXP,  154)  die  Beispiel- 
sammlung reichhaltig  und  die  Lücken  verhältnismäfsig  wenig  be- 
deutend. Bezüglich  der  unter  den  historischen  Faktoren  aufge- 
zählten Beispiele  mag  man  diesem  Urteile  zustimmen,  obgleich  auch 
hier  manches  beizufügen  sein  wird.^  Auffallend  ist  dagegen,  dais 
eine  ganze  Anzahl  von  abstrakten  Begriffen  fehlen,  deren  Ent- 
wicklung doch  ganz  besonders  interessant  ist,  z.  B.  outrage  (outra- 
geux),  cautèle  (cauteleux)^  apprêt  (apprêté)^  artifice  {artificiel,  artifiàeux), 
apparent  {apparence),  mignard,  élégant,  pathos,  pose,  précieux,  afecUr, 
affectation,  altérer,  hautain,  suffisant  [suffisance),  prétention  (friien' 
tieux)  u.  s.  w.  Man  wird  unten  im  zweiten  Teile  dieser  Arbeit 
weitere  gleichartige  Beispiele  finden.  Hängt  dieser  Mangel  mit 
der  eigentümlichen  Unterscheidung  zwischen  (historischer)  Be- 
deutungshebung und  -Senkung  einerseits,  (psychologischer) 
Qualitätshebung  und  -Senkung  (resp.  Verschlechterung)  andrer- 
seits zusammen?  2 

b.  Sichtung  der  Beispiele  nach  ihrer  Herkunft.  Es  ist 
eine  bekannte  Thatsache,  dafs  uns  ein  encyclopädisches  Wörter- 
buch wie  das  Sächsische  genau  genommen  nicht  den  Wortschatz 
einer  einzigen  Sprachgenossenschaft  giebt,  sondern  denjenigen  einer 
Anzahl  von  geographisch  oder  kulturell  gesonderten  Sprachcentren, 
die  einen  gemeinsamen  Sprachfonds  besitzen,  sich  aber  in  manchen 
Dingen  unterscheiden.  Neben  den  Unterschieden  im  Wortschatz 
sind  Unterschiede  in  den  Bedeutungen,  ganz  besonders  in  der 
eigentümlichen  Gefühlsfärbung  der  Wörter  bemerkenswert  Letztere 
ist  aber  in  einer  Arbeit  über  Qua  li  täts  Veränderungen  von  grofser 
Wichtigkeit.  Es  mufs  also,  wenn  man  sich  nicht  auf  ein  Wörterbuch 
stützt,  das  selbst  schon  eine  Auswahl  getroffen  hat,  der  Anwen- 
dungskreis eines  W^ortes  möglichst  genau  umschrieben  werden. 
Dies  thut  Nitzsche  nicht  immer  mit  der  nötigen  Gewissenhaftigkeit. 
Er  begnügt  sich  meist  damit,  die  Abkürzungen  von  Sachs  wieder- 
zugeben, die  für  eine  semasiologische  Untersuchung  häufig  nicht 
genügend  sind.  Man  findet  bei  Nitzsche  Seiten  »^  wo  Provinzialis- 
men, Argotismen  und  allgemein  französische  Wörter  ebenso  bunt 
durcheinander  stehen  wie  bei  Sachs.  Ueber  Argotismen  ist  schwer 
zu    urteilen,    wenn    man    sie    nicht    in    ihren  Anwendungen  gehOrt 

*  Ich  halle  für  unnötig,  hier  zu  wiederholen,  was  Dittrich  a.a.O.  S.I54 
über  die  ungenügende  Ausnutzung  der  Quellen  gesagt  hat.  Die  von  ihm  *°' 
geführten  Beispiele  könnten  vermehrt  werden.    Vgl.  oben  S.  567. 

*  Nitzsche  S.  10,  wozu  ausführlicher  unten,  zweiter  Teil. 
3  Vgl.  S.  14,  29,  44. 


PEJORATIVE   BEDEUTUNGSENTWiCKLUNG   IM    FRANZÖS.  SQI 

hat.'  Auf  Argotwörterbücher  (solche  liegen  den  Parisismen  von 
Villatte  und  z.  T.  auch  dem  Supplement  von  Sachs  zu  Grunde) 
kann  man  sich  nicht  verlassen.  Dieselben  mischen  fast  alle  kritik- 
los Argot,  Volkssprache  und  Neologismus. 

Zu  ganz  fal.ichen  Auffassungen  wird  man  durch  summarische 
Aufzählungen  verleitet.  So  mufs  luan  nach  dem,  was  Nitzsche 
S.  15  sagt,  annehmen,  diu  Wörter  nase,  frichti,  cktibes,  ckoufíiijuíur, 
choumaque,  schloffer,  schnapps,  sehpiìer  seien  in  der  niedern  Sprache 
allgemein  verbreitet.  Man  sieht,  dafs  es  sich  um  Worlet  handelt, 
wie  man  sie  überall  an  der  deutsch- französischen  Sprachgrenze 
findet, 2  deren  fremder  Ursprung  aber  deutlich  empfunden  wird. 
Der  Gebildete,  dem  es  um  Reinljallung  der  Sprache  zu  thun  ist, 
bedient  sich  ihri^r  nicht.  Es  ist  begreiflich,  dafs  sie  für  ihn  infolge 
dessen  einen  verächtlichen  Beigeschmack  haben.  —  Eine  genaue 
Wiedergabe  dessen,  was  Sachs  sagt,  halle  uns  bereits  besser  unter- 
richtet, nast,  Jrickti,  chtibts  werden  als  selten,  ehoumaque  als  Pro- 
vinzialismus (Bourgogne)  bezeichnet,  ehoumaque  kenne  ich  aus  der 
franiösisdien  Schweiz,  frichti  findet  man  in  der  Revue  des  patois 
galloromans  1,  205  in  der  Bedeutung  „festin"  in  einem  Text  aus 
Essarts-lez-Sezanne  (Canton  d'Eslemay,  Marne),  mit  der  Anmerkung, 
in  Athis  (Ome)  bedeute  das  Wort  „toute  viande  en  ragoflt".  Die- 
selbe Bedeutung  findet  man  im  Wallonischen  (mündliche  Quelle).' 
Das  Wort  dürfte,  wie  schnapps,  lu  familiärer  Sprache  ziemlich  all- 
gemein verbreitet  sein.  Zu  nase  B.  Godefroy,  In  der  Gegend  von 
Liège  =  „gros  nez"  (mündliche  Quelle),  aller  schloff  in  den  Ar- 
dennen  ^  schlafen  gehen.  Larchey,  Nouveau  supplément  du  dic- 
tionnaire d'argot,  Paris  i88g  citierl  aus  Zola  (ohne  genaue  Angabe): 
J'ai  filé,  je  suis  allé  schlofftr  un  brin,  Aehnlichen  Ursprungs  sind 
sicher  auch  die  übrigen  Beispiele,  die  ich  nur  in  Argotwörter- 
büchem  gefunden  habe. 

c  Scheidung  zwischen  Bedeutung  und  Verwendung 
(usueller  und  occasioneller  Bedeutung)."  Ist  auch  der  Unter- 
schied zwischen  usueller  und  occasioneller  Bedeutung  oft  fliefsend 
{Nitzsche  S.  4  und  S.  54)  und  bleibt  die  Feststellung  der  Grenze 
häufig  mehr  oder  weniger  dem  subjektiven  Ermessen  anheimgestelll, 
so  müssen  wir  doch  in  einer  Uoteriuchung  von  der  Art  der  vor- 
liegenden eine  Erwägung  immer  im  Auge  behalten:  Occasionelle 
Bedeutungen  sind  wohl  charakteristisch  für  ein  gewisses  eng  be- 
grenztes Sprachstadium,  nicht  aber  für  die  Sprachetilwîckiung.  Sie 
sind   nur  Versuche,    die  Sprache   umzugestalten;    ob   diese  Vcr- 

'  Allgemein  lific  sich  nur  sagcD,  dafs  ein  Argotisiaus  gewòhnlich  co  ipso 
einen  UDgünstigea  Geluhlbweil  bcsilit. 

*  Vgl.  f .  B.  ZJmmerti,  Die  deuIsch-rranzSsiftche  Sprachgrenze  in  der 
Schweiz,  1.  Teil,  Sprachgrin«  im  Jura  S.  6  f.,  S.  13  f..  S,  34  r. 

■  Vgl.  auch  A.  Darmesleler.  De  la  ciéation  actuelle  de  mots  nouveaux 
dans  la  langue  française.    Paris   1877  S.  159. 

'  Dheu  veigleiche  man:  Paul  S.  68  lî.,  Heerdegen,  Gnmdiiige  S.  96  fT., 
beiondeis  S.  loB  if.,  Hey,  aemaaiologìsche  Smdiec  S.  C05  ff.  Am  kUtsten  und 
■chii&ten  bat  Faul  den  Unlctichied  deSnicn. 


592  K.  JABBRG» 

suche  gelingen  oder  nicht,  ist  aber  von  grofser  Bedeutung.  Nach 
der  Lektüre  von  Bökemann  ^  ist  man  z.  B.  geneigt,  dem  Euphemis- 
mus einen  viel  gröfsern  Einñufs  auf  die  Sprache  beizumessen,  als 
ihm  in  Wirklichkeit  zukommt.  Bei  näherem  Stadium  wird  man  er- 
staunt sein,  zu  konstatieren,  dafs  verhältnismäfsig  wenig  zu  dauern* 
dem  Sprachgut  wird.  Um  die  Bedeutung  gewisser  Erscheinungen 
für  die  Umgestaltung  des  Sprachganzen  beurteilen  zu  können, 
müssen  wir  somit  Occasionelles  so  viel  als  möglich  ausscheiden. 

Damit  soll  keineswegs  gesagt  sein,  occasionelle  Bedeutongs- 
änderungen  dürften  nicht  angeführt  werden;  ich  möchte  im  Gegen- 
teil an  einem  Beispiele  zeigen,  dafs  sie  von  grofsem  Nutzen  sein 
können.  Allein  dann  müssen  sie  ausdrücklich  als  occasione!!  be- 
zeichnet werden.  Sie  dienen  nicht  zur  Feststellung  des  Ein- 
flusses einer  Erscheinung  auf  die  Umgestaltung  der  Sprache, 
sondern  zu  ihrer  Erklärung.  Dazu  sind  sie  in  vielen  Fällen  sogar 
geeigneter  als  usuell  gewordene  Aenderungen,  denn  hier  ertappen 
wir  die  Sprache  auf  frischer  That,  wir  sehen  in  ihren  Mechanismos 
hinein. 

controuver  heifst  nach  dem  Diet  gen.  „inventer  mensongère- 
menl"  (vgl.  dort  und  bei  Littré  Beispiele  aus  Klassikern.  Heute 
ist  das  Wort  selten).  Im  Altfranzösischen  finden  wir  es  mit  der 
Bedeutung  ersinnen,  erfinden.     Aeltestes  Beispiel: 

Co  controve  rent  baron  franc, 

Por  co  que  fut  de  buone  feit, 

de  Chelperin  feissent  rei. 

St.  Léger  52,  Romania  I  S.  306  Ed.  G.Paris. 
Dazu  die  Anmerkung:  controuver  signifie  „imaginer,  avoir  ridée". 
Ucbersetzung  obiger  Stelle:  „Les  barons  francs  eurent  l'idée  de 
faire  roi  Cliilpéric,  parce  qu'il  était  de  bonne  foi."  Weitere  Bei- 
spiele s.  Godefroy  II,  2%}^.  Die  heutige  Bedeutung  finden  wir  im 
13.  Jahrhundert  (s.  Godef.  II,  284  Roman  de  la  Rose  und  IX,  18^^ 
Rutcbeuf.  Andere  Beispiele  bei  Littré).  Wir  haben  somit  den  B«-- 
deutungsübergang  erfinden  —  erlügen  zu  erklären.  Derselbe  er- 
scheint uns  ganz  natürlich,  wenn  wir  an  gewisse  Verwendungen 
des  heutigen  inventer'^  denken.  Vgl.  Diet.  gén.  unter  der  De- 
finition 3^  „imaginer  une  chose  qu'on  donne  comme  réelle"  (gegen- 
über i'^  ciécr  qqch.  de  nouveau;  2^  imaginer  (quelque  idée)):  Qoell^ 
histoire  />/^'í///í^-vous  là?  Une  pareille  chose  ne  s'invente  pas.  LiWe 
umschreibt  mit  supposer,  controuver  die  Beispiele:  Elle  me  ¡a 
dit;  c'est  un  fait  constant;  je  n'invente  rien,  moi  (Lcsage).  Tu  dis 
qu'en  un  complot  j'ai  voulu  t'engagerî  Fourbe!  invente  uowctsà^^^ 
si  tu  veux  te  venger  (Legouvé).  —  Cela  ne  s'invente  pas  als  Bei- 
spiel zu  être  coiitrouvé.  Ganz  analog  hatte  das  altfranzösiscbe 
controver   in   gewissem   Zusammenhange  eine    schlimme   Bedeutung. 

^  Französischer  Euphemismus,  s.  oben  S.  565. 

*  Vgl.  die  occasionellen  Bedeutungen  der  entsprechenden  deutschen 
Wörter  erfinden,  ersinnen. 


r 


PEJORATIVE    BEDECT0NGSENTWICKLUNG    IM   FRANZÖS. 


593 


Í 


Dieselbe  trat  nach  und  nach  ¡d  den  Vordergrund  des  BewufstseiDs, 
während  die  alte,  allgemeine  Bedeutung  erlosch.  —  Es  bleibt  zu 
erklären,  warum  die  schlimme  Seite  von  erfinden  besonders  hervor- 
trat. Auch  hier  mag  uns  invertier  den  Weg  weisen.  Man  sagt  lieber 
rücksichtsvoll  il  a  invaile  cela  als  il  a  menti,  oder  vous  inventen 
cette  histoire  statt  cette  histoire  est  fausse,  trotzdem  man  im  Cîrunde 
findet,  die  Ausdrücke  mentir,  faux  etc.  wären  die  richtigeren.  Ent- 
sprechend, müssen  wir  annehmen,  wurde  conlrever  gebraucht.  Der 
Eindruck,  den  die  Verwendungen  ohne  euphemistische  Absiebt  im 
Bewufstsein  hinterlicfsen ,  wurde  durch  Verwendungen  mil  euphe- 
mistischer Absicht  verstärkt  und  trug  den  Sieg  davon.  In  ähn- 
licher Weise  liefse  sich  die  occasionelle  Bedeutung  von  invention 
der  all  französisch  usuell  gewordenen  von  engin  (vgl.  auch  engignier) 
gegenüberstellen. 

Im  Sprach  bewufstsein  des  Franzosen  existiert  aber  die  Sonder- 
bedeutung  inventer  ^  erlügen  nicht,  mag  sie  auch  das  zerlegende 
Denken  des  Sprachforschers  feststellen.  Es  wäre  also  falsch,  inventer 
in  Beispiel  pejorativer  Bedeu tun gsentwick lung  zu  nennen. 
In  der  Zulassung  occasioneller  Beispiele  geht  Nilzsche  ent- 
schieden zu  weit;  besonders  ist  zu  tadeln,  dafs  sie  nur  ausnahmsweise 
als  solche  gekennzeichnet  werden.  S.  42  heifst  es:  „Für  das  harte 
und  mifstönende  voler  gibt  es  gar  manche  beschönigende  Synonyma: 

dftourner,  dérober,  soulever  p.  [=  populaire]  ^  entwenden. 

t'aeeomoder  de  ce.  ^  sich  etwas  zu  Gemute  führen. 

i  approprier  ge.  ^  sich  etwas  aneignen, 

íubtiliser  ge.  ^  i.  etwas  verfeinern,  verdünnen; 
2.  etwas  stiebitzen. 

escamoter  ge.  =  etwas  bei  Seite  schaffen." 

Zunächst  sehe  ich  nicht  ein,  warum  dlrober  in  diese  Gesellschaft 
kommt.  Fine  Qualitätsverschlechterung  hat  das  Wort  meines  Wissens 
nicht  erlitten.  Das  älteste  von  Godefroy  und  Diet  gén.  genannte 
Beispiel  lautet;  Por  qu'avés  vos  ces  moines  si  desreubis,  Aiol  1445. 
diroltr  besitzt  hier  die  heute  veraltete  Bedeutung  dépouiller.  Die 
übrigen  Beispiele  prüfen  wir  nach  dem  von  Paul  (den  ja  auch 
Nitzsche  S.  4  in  dieser  Frage  citierl)  8,70  angegebenen  Kriterium: 
„Dafür  [dafs  eine  abgeleitete  Bedeutung  wirklich  usuell  geworden 
ist]  giebt  es  ein  sicheres  Kriterium,  nämlich  dafs  ein  Wort  occa- 
sionell  gebrauclit  in  dem  betreffenden  abgeleiteten  Sinne  verstanden 
werden  kann  ohne  Zuhülfenahme  der  Grundbedeutung;  d.  h.  ohne 
dafs  dem  Sprechenden  oder  Hörenden  dabei  die  Grundbedeutung 
zum  Bewufstsein  kommt."  Es  ergiebt  sich:  Mit  t'accumoder  de  ggck. 
will  man  einen  komischen  Effekt  erzii'len,  ebenso  mit  s'approprier 
ggch.  Während  aber  s'accomoder  ohne  Zuhülfenahme  der  Grund- 
bedeutung nicht  verstanden  werden  kann,  mag  dies  bei  s'approprier 
zweifelhaft  sein,  soulever  gehört  dem  Argot  an,  ist  also  höchstens 
als  sekundär -usuell  zu  bezeichnen.'    Ohne  weitere  Angaben  dürfen 

'  Dais   übrigens   die   uisprün gliche  Bcdeulung   ooch  deulUch  empfunden 
wird,  zeigt  das  Wortspiel  im  Ijed  von  dei  15a  Kilo  sïhweten  Fran: 
n.  PbiL  XXV.  18 


594  ^  JABBRGy 

also  nur  détourner,^  subtiliser ^  escamoter  angeführt  werden,  íapprapritr 
mit  Reserve. 

Speziell  für  den  Euphemismus  steht  uns  ein  weiteres  Kriterium 
zur  Verfügung:  So  lange  wir  das  Bewufstsein  haben,  mit  dem 
neuen  Worte  einen  Anstofs  erregenden  Ausdruck  zu  venneiden,  ist 
erstcres  nicht  usuell  geworden.  £s  soll  nicht  verschwiegen  werden, 
dafs  trotz  der  Anwendung  der  genannten  Kriterien  manches  zweifel- 
haft bleibt 

Nitzschc  gerät  besonders  im  zweiten  Teile  seiner  Arbeit  immer 
mehr  auf  das  Gebiet  der  occasionellen  Bedeutungen.     S.  32  inter- 
essieren   uns    direkt    nur    diejenigen  Wörter,    die    „dauernd  einen 
komischen  Anstrich  erhalten''  haben,  anders  ausgedrückt:  die  nicht 
ausgesprochen   werden   können,   ohne   eine   komische  Wirkung  lu 
erzielen:    congratuler^  s* imbiber,  s* ingurgiter,  progéniture,  ¿lucubraiwn, 
adolescent,    mirifique,    idoine,   pudibond,    Castel,    véhicule.'^     Unter  den 
übrig  bleibenden  {moribond,   similitude,   clémence,   turpitude,  taciturne) 
wird    moribond  sicher  nie,    similitude,   clémence,   taciturne  sehr  selten 
mit  komischer   Nuance   gebraucht.      Turpitude   wendet   man  über- 
treibend hie  und  da  im  Spasse  an. 

In  dem  Kapitel  Ironie  heifst  es  S.  49  zum  Schlüsse:  „Endlid 
ist  die  Ironie  im  Stande,  ein  Wort  für  sich,  losgelöst  aus  dem  Zu- 
sammenhange, pejorativ  zu  qualifizieren;  dann  wird  indessen  die 
Ironie  vom  Sprachbewufstsein  nicht  mehr  empfunden."  Das  sind 
eben  gerade  die  Beispiele,  die  wir  suchen. 

d.  Wortbildung  und  Bedeutungswandel.*  Man  mag 
sich  darüber  streiten,  ob  die  Bedeutungsänderungen,  die  mit  der 
Bildung  eines  Wortes  zusammenhängen,  in  der  Wortbildungslehre 
oder  in  der  Semasiologie  zu  behandeln  seien.  Jedenfalls  aber  mufs 
man  auf  den  Unterschied  aufmerksam  machen,  der  zwischen  zwei 
Beispielen  wie  subtiliser  qqch.  (=  etwas  geschickt  entwenden)  und 
antipaiher  qqn.  (==  jemanden  verabscheuen)"*  besteht.  Das  erstere 
biefs  ursprünglich  „réduire  en  particules  déliées,  par  l'action  du 
feu";  letzteres  hat  nie  eine  andere  Bedeutung  noch  andere  Nuance 

„Quand  j'  pens*,  nom  d'un  chieD, 
Qu'  tout  ça  m'appartient, 
J'  m'  dis:  Achill',  -chill',  -chille, 
T'  fais  pas  d'  bil',  bil',  bile, 
Ceti'  femm'  pas  d'  danger 
Qu'on  va  t'  la  souV  ver.** 

*  Besser  mit  „unterschlagen"  als  mit  „entwenden"  zu  übersetzen.  EigcD^* 
lieh  „bei  Seile  schaffen"  (von  ungetreuen  Beamten),  also  in  sehr  beschränk- 
tem Sinne. 

2  Wozu  noch  zu  bemerken  ist,  dafs  in  sUmbtier  (=  trinken)  die  komiscbc 
Wirkimg  eher  von  dem  Bilde  herrührt  als  von  der  Wortform  und  dafs  castef 
zu  den  Archaismen  der  folgenden  Seite  gehört,  s'ingurgiter  wirkt  als  meoi* 
nischer  Ausdruck  komisch.     In  pudibond  ist  der  Begriff  dem  Spotte  ausjjesftzt. 

8  Ich  lehne  mich  hier  wieder  an  die  Kritik  von  Diitrich  a.  a.  0.  S.  I5) 
an  (vgl.  oben  S.  590),  kürze  daher  ab. 

*  Nitzsche  S.  29.  Ob  antipather,  algébriser  und  adjectiver  wirklich 
existieren  oder  ob  es  vereinzelt  gebliebene  Neubildungen  seien,  lasse  ich  d** 
hingestellt.    Nachweisen  kann  ich  sie  nicht. 


PEJORATIVa    BEDKÜTUNGSBNTWICKLUNQ   IM   ?RANZOJ 

gehabt  als  die  gegenwärtige.  Der  komische  Effekt  beruht  auf  der 
Art  der  Wortbildung,  Eine  Quaiitätsverschlecbterung  können  wir 
nnr  im  Vergleiche  mit  antipaihie  konstatieren.  Häufig  ist  die  Er- 
scheinung, dafs  die  Bedeutung  eines  abgeleiteten  Wortes  einer 
pejorativen  Verwendung  des  Grundwortes  entspricht  So  finden 
wir  bei  Nitzsche  S.  29  algihriser  (selten,  =  sich  zu  gelehrt  aus- 
drücken), dessen  Bedeutung  durch  die  metaphorische  Verwendung 
von  algèbre  (c'est  de  Valgfbre  pour  nous  ^  das  ist  uns  unver- 
ständlich) erklärlich  wird.  Die  von  Nitzsche  angeführten  Wort- 
bildungen sind  nicht  sehr  zahlreich:  yKíj^ír  (S.  14),  Jtan-h(ie,  Jean- 
fesse,  Jean- Jean  (S.  17,  dazu  Dittrich  a.  a.0.  S.  155),  meurt-dt-faim, 
va-nu-pitds,  sans-le-sou  (es  wäre  wirklich  merkwürdig,  wenn  die 
letztgenannten  eine  andere  als  eine  verächtliche  Bedeutung  hätten), 
paillarl  (S.  26,  zu  leleterem  Dittrich  a.  a.  O.  S.  155),'  adjecliver  ggn. 
(S.  29  =  jemanden  beleidigen,  pop.),  momentanée,  horhonlaU  (Be- 
deutungswechsel mit  der  substantivischen  Verwendung  eingetreten, 
vgl.  Dittrich  a.  a,  O.  8,44),  bon  vivant,  viveur,  noceur  (S.  44),  die 
Flüche  (S,  45  f.),  Heu  commun,  homme  nouveau  {S.  52),  poi-au-Jeu  (in 
adjektivischer  Verwendung).  Nimmt  man  aber  prinzipiell  derartige 
Beispiele  auf,  dann  mufs  dies  in  viel  ausgedehnterem  Rlafse  ge- 
schehen. Zti  S.  29  wären  ungezählte  komische  Wortbildungen  eu 
ergänzen,  vgl.  barbifier,  eorußer,  seigneurifier,  ¡artufier,  abracadabrant, 
dìnatoire,  engendrer  (=  mit  einem  Schwiegersohn  versehen),  majoresse 
(Frau  Major),  moyenâgeux,  plumitif,  prina'picule,  Adjektiva  auf  -tssime 
etc.,  die  man  im  DicL  gén.  nachschlagen  möge.  Es  müfsten  auch 
die  Bildungen  mit  pejorativen  oder  oft  pejorativ  gebrauchten  Suf- 
fixen und  Präfixen  genannt  werden:* 

-ard  {balará,  penard,  pleurard,  Utard  etc.), 

-ailli,    -ailler  [fùquitiaille,  froeaille,  prílraille  —  dispuiailler,    icri- 
vailler,  rfpilaüler  etc.). 

^L     -asse,    -asser    {blondasse,  fadasse;    bommasse,  paperasse;    rapetasser, 

^H  Irainasíer  etc), 

H     -dire  {bellâtre,  douceâtre,  genlillâire  etc.). 

^H     -aud  {rustaud,  salaud,  sourdautl  eta). 

^1     -erte    {juiverie,    moinerie;   poltronnerie,    singerie,    crierie,    mangerie, 

^H  tuerie  etc.). 

H^     tur,  -tuse  (raisonneur,  rimeur;  marcheuse,  raetrotheusi  etc.). 
mi-  {micontent,  mUréant,  médire,  méfaire  etc.). 
Nicht    KQ    vergessen  wären  die  Ableitungen  von  Eigennamen  {¡«r- 
quinade,    capucinade,    escobarder,  jérémiade  etc.),    Zusammensetzungen 
in   der  Art  von   meurl-de-faim   {palle-peu,   pince-maille,    lire-ligne  etc.) 
U.  8.  f.   U.  B,  f.  • 

Obige  Beispiele  sind  eine  kleine  Auswahl  derjenigen,   die  ich 
aus    dem   Diet  gén.   notiert    habe.     Zieht   man    erst   volkstümliche 


I    dessen  Urspning   der  Diet.  gén.   als   aniicbcr   be- 
iber  gewjfs  nie  ciac  andere  gewestii  ist  als  Iieate, 
ch  auf  die  Andeutung  der  gewöhnlichsten. 
38* 


'  S.  20  auch  cabot 
■    leiehnet,  dessen  Nüanc 
'  Ich  beschränke 


_  ■  Ich  b< 


596  K.  JABERG, 

Sprache  und  Argot  herbei,  so  wächst  der  StoíT  am  das  Doppelte 
und  Dreifache,  wie  ein  Blick  in  die  Parisismen  von  Villattc  zeigt 
Ich  werde  mich  im  Folgenden  auf  den  selbständigen  (s.  oben 
S.  585)  Bedeutungswandel  beschränken,  da  ich  glaube,  dafs  die 
pejorative  Wortbildung  ein^r  eigenen,  eingehenden  Untersndiong 
bedarf. 

e.  Redensarten  und  Bedeutungswandel  Nur  wenige 
der  von  Nitzsche  angeführten  Redensarten  haben  wirklich  einen 
Bedeutngswandel  erlitten.  Ich  rechne  dazu  besonders  die  Höflich- 
keitsformeln  S.  50  f.,  die  sich  infolge  der  Uebertreibung  abgeschwächt 
haben.  In  den  meisten  übrigen  Fällen  ist  die  schlimme  Bedentong 
mit  der  ersten  Bildung  der  Redensart  gegeben.  //  a  uní  poinit^ 
hat  nie  etwas  anderes  bedeutet  als  „er  hat  ein  Spitzgen"  (wie 
Krilzingcr  übersetzt),  //  est  entre  deux  vt'ns^  nie  etwas  anderes  als 
„er  ist  nicht  mehr  ganz  nüchtern"  u.  s.  f.  Es  ist  völkerpsychologisch 
sehr  interessant,  zu  beobachten,  wie  ein  gegebener  Gedanke  um- 
schrieben wird  und  wie  sich  diese  Umschreibung  in  der  Sprache 
verfestigt.  Für  die  Qualitätsverschlimmerung  aber,  scheint  mir, 
haben  solche  Redensarten  nur  insofern  Bedeutung,  als  bei  ihrer 
Bildung  oft  dieselben  Motive  thätig  sind  wie  beim  Bedeutungs- 
wandel in  pejorativer  Richtung,  als  also  letzterer  durch  sie  er- 
klärt werden  kann.  Dann  mûfsten  aber  auch  Sprichwörter,  Volks- 
lieder, überhaupt  alle  Aeufserungen  volkstümlicher  Denkweise  be- 
rücksichtigt werden.  —  Es  ist  bei  Redensarten  noch  schwieriger 
als  bei  einzelnen  Wörtern,  zwischen  dem,  was  occasionell  geblieben, 
und  dem,  was  usuell  geworden,  zu  unterscheiden.  Zieht  man  et 
Grenzen  so  weit  wie  Nitzsche,  dann  müssen  die  Beispiele  ungleich 
zahlreicher  sein  als  bei  ihm.  Welche  Ausdehnung  die  vorliegende 
Arbeit  nehmen  müfste,  möge  ein  Beispiel  zeigen.  Ich  stelle,  aus- 
schliefslich  nach  dem  Wörterbuche  von  ICritzinger  (s.  oben  S.  561), 
die  halb  euphemistischen,  halb  ironischen  Redensarten  zusammen, 
welche  auf  das  Prügeln  Bezug  haben: 

avoir  son  compte. 

passer  sous  ¡a  main  de  qqn, 

passer  sous  la  patte  de  qqn, 

mettre  ¡a  patte  sur  qqn, 

frotter  qqn.  en  diable  et  demi. 

il  en  a  eu  d^une  venue, 

accomoder  de  tout  point. 

accomoder  tout  de  rôti. 

en  donner  tout  du  long  de  Vaune  à  qqn, 

mesurer  les  côtes  à  qqn.^  (Diet.  gén.  unter  côte:  mesurer^  chaiouil^^^' 

rempre  les  côtes  à  qqn), 
donner  de  r huile  de  cotret  à  qqn,  (Diet.  gén.  :  huile  de  cotrd,  coup 

de  bâton). 


1  Vgl.  Dittrich  a.  a.  S.  S.  155. 
*  Nitzsche  S.  40. 


pbjokauvb  bedbutungsentwicklung  im  französ.       597 

rafraîchir  íes  épaules  avec  un  ¿veniaä  à  quinze  pointes  à  qqn, 
rabcUire  Us  coutures  à  qqn,  (Diet,  gen.:    auch   battre  qqn,  à  plate 

couture), 
trousser  la  jaquette  à  qqn.  (vgl.  Diet  gén.  unter  jaquette), 
bien  secouer  la  jaquette  à  qqn,  (auch  secouer  qqn)  (vgl.  Diet,  gén.: 

secouer  les  puces  à  qqn), 
donner  à  qqn,  sa  provision  de  bois  (vgl.  Diet,  gén.:  donner  à  qqn, 

une  volée  de  bois  vert,  charger  qqn.  de  bois)  {it  a  eu  une  bonne 

provision  de  bois  pour  son  hiver), 
ajuster  qqn,  à  double  carillon   (Diet.  gén.  veraltet:  ajuster  qqn,  de 

toutes  pièces), 
donner  des  chausses  à  qqn, 

frotter  les  oreilles  à  qqn,  (Diet  gén.  unter  frotter), 
graisser  la  peau  à  qqn, 
nettoyer  les  habits  de  qqn,  sans  vergettes, 
se  jeter  sur  la  friperie  de  qqn,  (Diet  gén.  unter  friperie), 
ü  a  vu  des  anges  violets, 
il  n*y  va  pas  de  morte  main  (vgl.  mehrere  ähnliche  Beispiele  Diet. 

gén.  unter  main  I,  4^:  La  main  servant  à  frapper), 
donner  Palter  et  le  venir  à  qqn,,   einem   auf  beide  Backen  Maul- 
schellen geben  (vgl.  Diet  gén.:  donner  Palier  et  le  retour), 
charger  qqn,  d' appointement, 
pocher  au  beurre  noir  (Diet.  gén.  unter  pocher  und  beurre,  vgl.  auch 

tremper  une  soupe  à  qqn). 

Man  vergleiche  die  Metaphern: 

báuchonner  qqn, 

Ipousseter  qqn, 

Hriller  qqn. 

gourmer  qqn. 

gouspiller  qqn,  (s.  H.-D.-Th.  unter  houspiller), 

torcher  qqn. 

Das  Material  ist  damit  gewifs  noch  nicht  erschöpft  Vgl.  z.  B.  Ler- 
mina  et  Leveque,  Dictionnaire  thématique  français-argot,  Paris  1897 
nnter  battre).  —  Nitzsche  nennt  S.  48  :  accomoder,  ajuster  qqn,  de 
toutes  pièces, 

3.    Einseitigkeit   der   Behandlungsweise. 

fiei  Nitzsche   heifst   es  S.  13    unter   dem  Titel  „Der  nationale 

nod  Stanmiesgegensatz'':   „Sehr  bezeichnend  tritt  dieser  bereits  in 

der  Benennung  der  Ausländer  hervor;  étrange  (extraneus)  früher  = 

Ausländer,  Fremder,  wird  zu:  sonderbar,  seltsam,  entsprechend  dem 

ííalienischen  strano.**^     Die  Frage,   welcher  Art   der  Vorgang   der 

*  Die  Entwicklang  von  strano  ist  weitergeschritten  zu  der  Bedeutung 
»nivicic>,  di  maniere  scortesi,  che  usa  stranezze"  (Rigutini  e  Fanfani,  Vocabo- 
^^^  <l^la  lingua  parlata),  was  gesagt  werden  sollte,  sobald  man  das  Italienische 
"*°*  "V-^rgleiche  herbeizieht.  (S.  über  das  Wort  auch  Ztschr.  f.  Völkerpsychol. 


598  K.  JÂBERO, 

Bedeutugsveränderung  war,  läist  Nitzsche  unberührt  Zwei  Er- 
klärungen sind  möglich.  Entweder  haben  wir  es  mit  einer  Be- 
deutungsverschiebung zu  thun:*  An  das  Wort  ¿(range  (■=  fremd) 
knüpfte  sich  in  gewissem  Zusammenhange  (ohne  Absicht  des 
Sprechenden)  die  Nebenvorstellung  des  Sonderbaren,  die  nach  und 
nach  zur  Hauptvorstellung  wurde.'  Oder:  Man  brauchte  ¿trange 
euphemistisch  für  sonderbar  (vgl.  occasionell  un  homme  singulier, 
ein  merkwürdiger  Mensch,  in  schlechter  Bedeutung  (Betonung!). 
Beispiele  für  das  Englische  s.  E.  Müller,  Zur  englischen  Etymologie 
S.  33)1   worauf  Adäquation  erfolgte.  — 

Im  ersten  Falle  bleibt  der  Grund  zu  suchen,  vrarom  gerade 
die  Nebenvorstellung  „sonderbar''  zur  Hauptvorstellung  wurde.  Man 
mag  ihn  mit  Nitzsche  im  nationalen  Gegensatze  sehen,  wenn  man 
nicht  vorzieht,  das  Beispiel  einer  allgemeineren  Erscheinung  unter- 
zuordnen: der  Abneigung  gegen  alles,  was  vom  Gewöhnh'chen  ab- 
weicht. —  Im  zweiten  Falle  bewog  Rücksicht  gegenüber  den 
Schwächen  des  Nächsten,  für  den  Begriff  „sonderbar^'  einen  mil- 
deren Ausdruck  zu  wählen,  wobei  man  auf  étrange  geriet  Es 
können  aber  auch  beide  Vorgänge  mit  einander  gewirkt  haben; 
denn  eine  usuelle  Bedeutung  ist  das  Produkt  einer  Anzahl  von 
occasionellen  :  Trotz  der  Verschiedenheit  der  Motive  kann  der 
Effekt  derselbe  sein.^  Für  die  Einordnung  wird  mafsgebend  sein, 
welches  Motiv  man  für  das  wichtigere  hält  Unter  Umständen 
wird  dasselbe  Beispiel  doppelt  und  mehrmals  genannt  werden 
müssen. 

Der  Verlust  der  alten  Bedeutung  von  étrange  ist  wohl  dem 
Einflufs  der  abgeleiteten  Form  étranger  zuzuschreiben,  die  der 
Diet.  gén.  im  14.  Jahrhundert  belegt,  während  étrange  in  ursprüng- 
licher Bedeutung  noch  lange  nachher  vorkommt  (s.  Godef.). 

Unter  den  Beispielen,  die  Nitzsche  S.  13  f.  auf  étrange  folgen 
läfst,  fallen  in  den  Kreis  unserer  Betrachtung:  Anglais  famil.  = 
hartherziger  Gläubiger  4;  Américain  (Néologisme)  =  Bauernfänger; 
iudesque  =  urdeutsch,  plump;  teutonique  „hat  aufserhalb  der  histo- 
rischen Verbindungen  wie  ordre  teutonique,  hanse  teutonique  den  An- 


VI,  424).  —  Die  französische  Bedeutunj^  „sonderbar"  1st  nicht  vom  Substantiv 
„Ausländer,  Fremder**,  sondern  vom  Adjektiv  „ausländisch,  fremd"  abzuleiten, 
das  bei  Godefroy  unter  estraigne  in  zahlreichen  Beispielen  vertreten  ist. 

*  So  nenne  ich  kurz  die  Erscheinungen,  die  Thomas  unter  I  zusammen- 
fafst  (s.  oben  S.  581).  Nach  Wundts  Einteilung  gehört  das  Beispiel  dem  assi- 
milativen  Bedeutungswandel  an  (s.  oben  S.  587)  und  zwar  der  Unterart  mit 
wechselnder  dominierender  Vorstellung  (Wundt,  Völkcrpsych.  I,  2  S.  493  ff)« 

*  Vgl.  oben  S.  592  f.  inventer  und  controuver, 

'  Ob  die  eine  oder  andere  Erklärung  vorgezogen  werde,  eines  diirf^^ 
wir  wohl  mit  Sicherheit  behaupten:  Es  besteht  nir  das  Volksbewufstscin  à'e^^ 
Verwandtschaft  zwischen  den  Begriffen  „fremd"  und  „sonderbar". 

*  Pasquier  (s.  nächste  Seite  Anm.  3)  erklärt  Anglais  durch  „créancier 
fâcheux",  „auquel  il  [le  peuple]  ne  tombe  soudain  en  l'entendement",  âlmU^J 
spätere  Wörterbücher.  Cotgrave:  „a  creditor  that  pretends  he  hath  mucD 
money  owing,  which  is  never  like  to  be  paid  him". 


PIJORATIVS  BXDEUTUNGSBNTWICKLUNO  IM  FRANZÖS.  599 

Strich  des  Geringschätagen  oder  Komischen";  „bei  germanique  lâfst 
sich  dieselbe  Neigung  konstatieren,  nur  weniger  stark  als  bei  ieu- 
iatuçu^;  tJfblanaù  =  domestique  de  maison  publique"  u.  s.  f.i 

Warum  ändert  Anglais  seine  Bedeutung?  —  Der  Begriff  „hart- 
herziger Glâubiger*^  verlangt  eine  Benennung;  man  sucht  einen 
neuen  und  anschaulichen  AusdrucL  Als  solcher  bietet  sich  infolge 
irgend  einer  Association  das  Wort  Anglais.  Die  Veranlassung  zum 
Bedeutungswechsel  bot  also  das  Streben  nach  Anschaulich- 
keit und  Neuheit  des  Ausdruckes  und  nicht  der  nationale 
Gegensatz.  Wir  fragen  aber  mit  Nitzsche  weiter:  Warum  hat 
man  zu  der  Bezeichnung  des  Begriffes  „hartherziger  Gläubiger^*  ge- 
rade Anglais  und  nicht  ein  beliebiges  anderes  Wort  gewählt,  anders 
ausgedruckt:  Warum  schlug  die  Association  gerade  diese  und  nicht 
irgend  eine  andere  Richtung  ein?  Offenbar  weil  sich  gewisse  Neben- 
vorstellungen, im  vorliegenden  Falle  diejenige  der  Hartherzigkeit 
in  Geldsachen,  an  den  Begriff  Engländer  knüpften  und  im  gegebe- 
nen Augenblicke  im  Vordergrunde  des  Interesses  standen.  Der- 
artige Nebenvorstellungen  beruhen  entweder  auf  thatsächiichcn  Ver- 
hältnissen, vielleicht  ganz  zufalliger  Art,^  oder  auf  einem  nationalen 
Gegensatz,  der  dazu  führt,  dem  fremden  Volke  böswillig  schlimme 
Eigenschaften  unterzuschieben  oder  die  vorhandenen  her\'orzuheben. 
Ob  das  eine  oder  das  andere  bei  Anglais  zutrifft,  kann  nur  eine 
kulturhistorische  Untersuchung  entscheiden.^ 

Bei  andern  Beispielen,  die  Nitzsche  in  dem  besprochenen 
Kapitel  nennt,  scheint  mir  aber  sicher,  dafs  von  einem  nationalen 
Gegensatze  nicht  die  Rede  sein  kann.  Wie  sollte  ein  solcher 
z.  B.  zwischen  Chinesen  und  Franzosen  entstanden  sein?  Als 
„wunderlicher  Kauz*^  {Chinois)  erscheint  der  Chinese  auch  dem 
ihm  günstig  Gesinnten.  Mag  sich  auch  bei  gascon  (=  wind- 
beutelig, prahlerisch)  in  der  Hervorhebung  der  schlimmen  Eigen- 
schaft ein  gewisser  Stammesgegensatz  geltend  machen,  so  ist  doch 
nicht  zu  vergessen,  dafs  objektive  Thatsachcn  zu  Grunde  liegen. 
Nach  denselben  Gesichtspunkten  sind  die  übrigen  Beispiele  und 
diejenigen  der  drei  folgenden  Kapitel  zu  beurteilen.  Es  ergiebt 
sich  also  zunächst: 


^  Die  oben  S.  590  f.  aaigestdlte  Forderung  gilt  natädich  auch  hier.  Amé- 
ricain und  Polonais  sollten  als  Argotworter  sehr  beschränkten  Gebrauches  ge- 
^kennzeichnet  werden. 

'  So  gewils  bei  Américain  (vgl.  vol  ä  l'américaine)  und  Polonais  in  den 
obigen  Bedeutungen,  überhaupt  bei  vielen  verallgemeinerten  Eigennamen  des 
Argots. 

'  Geschichtliche  Erklärung  durch  die  langen  Kriege  mit  England  und 
die  durch  die  Verträge  herbeigeführten  Geldstreitigkeiten.  Vgl.  Estienne  Pas* 
<]ia.ier,  Recherches  de  la  France,  VIII  chap.  7  und  27.  Die  von  ihm  dtierten 
Heispiele  ans  Guillaume  Crétin  und  Clement  Marot  reproduzieren  die  meisten 
grö&em  Wörterbücher  (ich  habe  Cotgrave,  Furetière,  Richclet,  Ménage  und 
Tr^Toux  nachgesehen.  Nur  letzterer  hat  das  Wort  nicht)  bis  auf  Littrc,  Gode- 
froy  und  Diet.  gén.  Das  Wort  scheint  aus  der  Volkssprache  geschwunden 
so.    sein. 


6oo 


:,  JAIIERG, 


J  Wort  seine  Bedeulonj 
in  pejorativer  Riditn 


i)  Nitische  fragt  nicht:  Warum  hat  e 
geändert?  sondern  nur:  Warum  hat  es  sie 
geändert? 

z)  Das  Motiv  des  Gegensatzes  ist  zur  ErklämDg  des  p^om 
[iven  Bedeutungswandels  zu  eng. 

Es  bleiben  oben  die  drei  Adjektiva  tudesçue,  lettionique,  gen 
ntque.^  Hier  fallen  die  Antworten  auf  die  unter  i)  foimuliertc 
Fragen  in  eine  zusammen:  Es  verbmden  sich  mit  den  Begi 
„germanisch",  „teutonisch"  etc.  gewisse  Nebenvorstellungen,  die  vi 
den  Anschauungen  des  Franzosen  über  seine  Nachbarn  abhár_ 
sind.  Diese  Anschauungen  (darin  stimme  ich  mit  Nitzsche  ütw 
ein)  sind  im  vorliegenden  Falle  ungünstige;  daher  die  pejor 
Bedeutungsentwicklung. 

Mir  kommt  es  in  diesem  Augenblicke  darauf  an,  dafs  c 
Vorgang  der  Bedeutungsändening  nicht  derselbe  ist  wie  bei  Angla 
Dort  fand  eine  Uebertragung  des  Wortes  auf  einen  andern  Begr' 
hier  eine  Verschiebung  innerhalb  der  Vorstellungsgnippei 
Es  folgt: 

3)  Nitzsche  vermischt  in  ihrem  Wesen  verschiedene  Arten  i 
Bedeutungswandels. 

Ein  weiteres  Beispiel  bietet  hiefür  der  dritte  Abschnitt  sein« 
ersten  Kapitels,  in  dem  die  Degradierung  der  Fremdworter  be- 
sprochen wird.  Das  Charakteristische  ist  dabei,  dafs  sich  ungünstige 
Nebenvorstellnngen,  resp.  Gefühle  nicht  mit  dem  bezeichneten  Be- 
griffe (wie  bei  gcrmaniqui  etc.),  sondern  nur  mit  dem  Worte 
associieren.  Dies  kann  dann  zur  Folge  haben ,  dafs  das  Won 
auf  niedrigere  Qualitäten  desselben  Begriffs  herabsinkt  [häbUr  nicil 
mehr  sprechen,  sondern  prahlerisch  sprechen).  Die  betreffenden 
Beispiele  sind  also,  was  den  Vorgang  der  Versohl immening  be- 
ttifTt,  den  im  V.  Kapitel  (Aesthetische  Anschauungen)  ^  von  Nitzsche 
aufgezählten  analog. 

Schlufsfolgerungen. 

Die  vorUegende  Arbeit  soll  zum  Verständnis  nicht  nur 
Bedeutungsverschlimmerung,  sondern  desBedeutu  ngsvvandels  i 
haupt  einen  Beitrag  liefern.     Ich  frage  deshalb: 

1.    Warum    hat    sich    die   Bedeutung  eines  Wortes    übel 
haupt    verändert?      {Anders    ausgedrückt:     Welches 
der  erste  Anlafs  zum  Bedeutungswandel?) 
Z.    Warum    hat    sie    sich    in    pejorativer    und     nicht 
anderer  Richtung  verändert?  {oder:  Welche  Umständi 
haben    die    Richtung    des    Bedeutungswandels 
stimmt?) 

1  Warum   nsDiit  NilzscHe   Teuton   dÍcIii?     Deutschfeindliche   Zeïtoi 
vcrweaden   dasselbe   mil  Vorliebe.     In  der  fmlizo tischen  Schweif  wird  et 
Schimpfwort   für  Deutschschweiier  gebraucht,   nngcfalir  wie  in  der  dcnudMB  1 
Schwell  Schwob  (Scbwabe)  gegenäber  dem  Reichsdeutschen. 

*  Einige  Beispiele  daraus  s.  oben  S.  594. 


PBJORATIVB  BXDSUTÜNGSBNTWICKLUNG  IM  FRZ.  6oi 

Die  VoranstelluDg  der  zweiten  Frage  würde  dazu  führen, 
psychologisch  vollständig  verschiedene  Beispiele  in  derselben  Kate- 
gorie nnterzubringen  (vgl.  oben  S.  598  flf.). 

Als  methodische  Gmndsâtze  ergeben  sich  aus  der  Besprechung 
der  Dissertation  von  Nitzsche: 

1.  Die  Beispiele  sind  nach  ihrer  Herkunft  und  nach 
ihrer  Verbreitung  zu  kennzeichnen  (vgl.  oben  S.  590  f.). 

2.  Occasionelle  Bedeutungen  dürfen  nur  unter  aus- 
drücklichem Hinweis  auf  ihren  Charakter  zur  Er- 
klärung herbeigezogen  werden  (vgl.  oben  S.  591  ff.). 

3.  Wortbildung  und  Redensarten  sind  von  der  Be- 
trachtung auszuschliefsen  (vgl.  oben  S.  594  ff.). 

4.  Der  Complexität  der  Erscheinungen  ist  durch  mehr- 
fache Anführung  desselben  Beispieles  Rechnung  zu 
tragen  (vgl.  oben  S.  598). 

Dazu  wiederhole  ich,  was  oben  S.  561  f.  begründet  wurde: 

5.  Etymologisch  Unsicheres  mufs  von  der  Betrachtung 
ausgeschlossen  werden. 

(Fortsetzung  folgt) 

K  Jabbrg. 


Oskisch  dai,  itaL  da,   sardi  dae. 

Einer  der  wenigen  von  F.  Mohl  unter  dem  Titel  *Les  origines 
romanes,  études  sur  le  lexique  du  latin  vulgaire'  zusammengestellten 
etymologischen  Aufsätze,  die  wenigstens  beim  ersten  Lesen  den 
Eindruck  machen,  dafs  sie  einen  richtigen  Kern  enthalten  könnten, 
ist  der  über  de  und  da^  S.  38 — 47.  Die  Ansicht  des  Ver£  ist  nach 
seinen  eigenen  Worten  S.  42  die  folgende:  *ll  existe  dans  le  latin 
vulgaire  d'Italie  une  préposition  da  ou  dà  qui  fait  concurrence  à 
dé,  qui  n'est  pas  encore  répandue  dans  toute  la  péninsule  lors  de 
la  colonisation  de  la  Dacie,  c'est-à-dire  au  11^  s.,  mais  dont  l'exis- 
tence locale  doit  être  très  ancienne,  puisqu'un  de  ses  dérivés  ad- 
verbiaux, également  très  ancien  selon  toute  apparence,  se  retrouve 
dans  le  latin  de  Sardaigne  et  que  da  ou  dâ  lui  même  a  pénétré 
dans  la  plus  ancienne  province  après  la  Sardaigne,  c'est-à-dire  en 
Espagne.' 

Bei  näherem  Zusehen  erweist  sich  dieses  schöne  Gebäude  aber 
als  Trugbild. 

Die  Form  da   findet   sich  im  Oskischen  als  Präfix  und  mit  -/ 
versehen  als  Präposition.     Die  Messung  des  a  ist  unbekannt,  Mohl 
s]jncht   sich   im  Gegensatz    zu    allen  Früheren   für  Kürze  aus;  da 
aber  etymologisch  sich  beides  rechtfertigen  läfst,  so  muís  der  Streit 
als  müfsig  betrachtet  werden,    wenn  nicht  neue  Funde  eine  Mög- 
lichkeit   der  Entscheidung   geben.     Für  die  Frage    nach  dem  Ver- 
hältnis zu  ital.  da  bleibt  es  sich  ohnehin  gleich.    Was  den  Auslaut 
von  dai   und    die   romanischen  Formen   der  Präposition  da  betrifc 
so  schreibt  Mohl  S.  46    *la  dentale   survit   encore  aujourd'hui  dans 
le  rhétique  dai,  dad  Gartner  Rätorom.  Gramm.  §  100,  ce  qui  d'apre^ 
nous    est   aussi    régulier    que  possible,    puisque,    en  règle  générale, 
-/  final  se  maintient  en  rhétique   dans  les  monosyllabes,   cf.  dût  *il 
donne',   èiat  ou  èiei  *il  se  tient'  en  regard   de  conia  ou  venda  etc« 
Nous  nous  croyons  donc  en  droit  de  fixer  dai  pour  le  latin  d'ItaUe 
comme    pour  Tosque,    en  admettant   que  /  final  subsiste  en  mono- 
syllabe au  moins  jusqu'au  IIP  siècle  en  Italie,  puisque  la  generali" 
sation  de  dai  a  côté  de  de   dans  l'Italie  centrale  et  septentrionale» 
puis  de  là   dans   la  Rhétie   méridional   et   central,    est  postérieure, 
comme  nous  l'avons  dit,  à  la  colonisation  de  la  Dacie.' 


OSKISCH    DAT,    ITAL.  DA,   SARD.  DAE.  603 

Ich  sehe  davon  ab,   dais  man  die  Präp.  dal  nicht  sowohl  mit 
den  Verben  da¡,  ílal  als    vielmehi   mit    den  Konjonktionen   et,  atti 
rgleichen   muíste,  in  welchem  Falle   man  zu  anderen  Resultaten 
le;    wichtiger   ist,   dafs  Gaitner   eine  Form    dai  weder    an    der 
rangezogenen  Stelle  noch  sonstwo  anführt,  dafs  eine  solche  Form 
erhaupt  nicht  besteht,  sondern  nur  da,  vor  Vokalen  dad.     Aller- 
igB   weist    ilal.  da    auf  konsonantischen    Auslaut,    da    es    überall 
ihnung  des  folgenden  Wortes  verlangt:    da-m-me  aber  di  me,    ob 
•/  oder  -d  abgefallen  sei,  läfst  sich  nicht  sagen. 
Formell  ist  also  ein  Zusammenhang  von  osk.  da¡  und  ital.  da 
löglich.    Was  die  Verwendung  betrilft,  so  zeigen  uns  die  vier  Be- 
ige auf  der  Tabula  Banlina  vollkommenste  Uebcreinslimmung  mit 
tt.  de,  nicht  aber  die  eigenartige  Färbung  von  ital.  da.     Sie  lauten 


dal  sena\leis]    tangintid   ma 

camas  ptrtumum 
hafietl  meddis  dai  casírid 
dal  eÌMase  idic  tangineis  di. 
pis     dal    eìsac     egmad    m 

dtivaid 


<w 


de  stnalus  lenlentia  ma.ximas  pi 

/es  perimere 
habtbit  magislralus  de  fundó 
de  eis  id  senlmtiae  dicere 
quis  de  ea  re  minus  jurel. 


Liso  die  Bedeutung  pafst  ganz  und  gar  nicht.  Freilich  sagt  Moiil 
».47:  'quant  à  la  différence  sémantique  introduite  ...  entre  de  et 
iat,  il  n'y  a  tien  de  plus  naturel  ni  de  plus  commun  dans  nos 
œgucs.  Il  suflit  de  rappeler  le  français  chaise  à  côté  de  chaire, 
"  '  à  cûté  de  pfû)-er.  On  remarquera  d'ailleurs  que  la  conser- 
Stion  et  la  différenciation  sémantique  des  doublets  de  et  dai  s'im- 
sait  particulièrement  dans  l'Italie  du  Sud  où  précisément  l'ablatif 
ait  resté  beaucoup  plus  longtemps  que  dans  le  centre  et  le  nord 
1  cas  nettement  distinct  et  caractérisé.  11  n'est  du  reste  nulle- 
ment exclu  que  la  conscience  populaire  ait  par  la  suite  analysé 
/,  ¡fa  en  de  ad,  d'ad.'  Von  diesen  drei  Sätzen  ist  der  erste  nicht 
widerlegen:  er  zeigt,  dafs  der  Verf.  in  seinen  Sprachstudien 
hr  an  der  Oberüäche  geblieben  ¡st,  und  kann  keinen,  der  den 
Hngen  auf  den  Grund  geht,  befriedigen.  Der  zweite  widerspricht 
1  Thatsachen,  der  drille  ist  ein  verdecktes  Zugeständnis  an  die 
Ite  Erklärung,  halte  jedenfalls  eine  Berechtigung  nur  dann,  wenn 
a  allmählich  in  das  Gebiet  von  da  eingreifen  sehen  würden, 
j  nicht  der  Fall  ist. 
Wenn  ich  nun  zum  Romanischen  selber  übergehe,  so  mufs 
leb  üunäcbat  gesteben,  dafs  mich  das  über  aspan,  (/a  Gesagte  höch- 
lich überrascht  hat.  Weder  Diez  noch  Cuervo  kennen  eine  solche 
Präposition;  im  Cid  kommt  sie  nicht  vor,  das  kann  ich  mit  ab- 
soluter Sicherheit  sagen;  in  Berceos  Heiligenlegenden,  im  Alexander, 
im  AppoUonio,  bei  Juan  Ruiz  ebenfalls  nicht;  für  die  Prosa  kann 
ich  nicht  so  sicher  einstehen,  jedenfalls  wäre  die  Form  sehr  ver- 
einzelt.    Auch  Gorra   giebt  sie  nicht  in  seinem  Buche  'Lingua  e 


k 


6o4 


.  mevek-lCbkb, 


L  dem  GlcM 
I  findet  I 


soutj 
lundaH 


letteratura  Spagnuola  delle  orìgini',    und  wenn    sie  ii 
von  Kellera  AI  Ispani  scliem  Lesebuche  verzeichnet  ist, 
sich    doch    nur    einmal    in    der   ganzen  Sammlung    und 
Mistero    de    los    tres   magos.     Ich  vermute  daher,    dafs   Mohl,    der 
auch    anderswo    eine    oberflächliche    Kenntnis    dieses    Textes    zeigt, 
sie  daher  hat.    Also  in  der  ganzen  grofsen  altspanischen  Ljtteraiar 
trifft  man  da  nur  ein  einziges  Mal  in  einem  Texte,  der  auch 
direkt    fehlerhafte    Ueberliefening   zeigL      Mufs    da    nicht    gesui 
Kritik  dieses  da  als  Schreibfehler  für  dt  bezeichnen?! 

Ich  komme  nun  zum  wichtigsten  Punkt,  um  dessenlwiJlen  icb 
äberhaupt  auf  die  ganze  Sache  eingehe,  auf  asard.  dave,  dam, 
nsard.  dae.  Mohl  sieht  darin  ein  osk.  *Ja/ei,  das  sich  ïu  dal  ver- 
halte wie  lai.  postibi  zu  post,  inUribi  zu  inltr.  Die  lautliche  Frage 
hätte  nun  freilich  eine  etwas  sorgfaltigere  Behandlung  verlangt, 
denn  da  irifoUum  zu  Irovota  wird,  so  ist  es  nicht  ohne  weilerei 
verständlich,  dafs  due  auf  *äafei  zurückgehe.  Allerdings  sagt  Mohl, 
nachdem  er  lat.  *d?bi,  osk,  *da/ei  konstruiert  hat,  im  Latein  des 
oskischen  Landes  habe  daM  oàer  dûè?  bestanden,  scheint  also  eine 
Kreuzung  von  *difti  und  *dëhi  anzunehmen.  Wenn  er  sodann 
*deb'i  neben  *dehi  aus  -hci  ansetzt,  so  ¡st  das,  trotz  der  scheinbaren 
Erklärungsandeulungcn  S.  45  Anm.  9,  eine  der  übliciien  VVillkQr- 
lichkeiten,  mit  der  der  Leser  über  die  Schwierigkeiten  hinweg-  1 
getäuscht  wird.  Ueber  die  Form  daha  heifst  es  S.  47:  'Delius  Sard.  ' 
Dial.  4  n,  2  prítend  avoir  relevé  la  forme  daba  dans  une  charle  do 
XUl*  s.  qu'il  ne  cite  pas  d'ailleurs.  En  réalité  cette  forme  dal^. 
mÊme  si  son  existence  et  sa  primordial ité  étaient  d ¿montrées, 
ne  ferait  que  compliquer  les  choses.'  Die  Verdächtigung,  die  g^en 
Delius  in  diesem  Satze  ausgesprochen  wird,  ist  durchaus  ungerecht- 
fertigt, wie  wir  gleich  sehen  werden;  sie  ist  aber  zugleich  ein  neuei 
Beweis  für  die  Leichtfertigkeit,  mit  der  der  Verf.  zu  Werke  geht. 
Mit  Bezug  auf  die  Verwendung  von  asard.  dove  ist  nur  noch  difl 
Bemerkung  S.  41  hervorzuheben:  'Le  vieux  sarde  dove  conserve  donc  ' 
un  caractère  quelque  peu  adverbial,  beaucoup  plus  effacé  déjà, 
semble-t-il,  en  italien  .  .  .  C'est  là  nn  point  qui  méritait  d'être 
mis  en  lumière,  car  il  nous  conduira,  je  pense,  à  la  véritable  ét)-mo-  ' 
logie  de  cette  forme  bizarre.'  1 

Die    Zahl    der   altsardischen    Texte    ist    glücklicherweise    grofa  | 
genug,    dafs    man,    um    die  Verwendung  des  Wortes    restzustellen, 
nicht  auf  Kombinationen   oder  auf  Schlüsse  ex  silentio  angewiesen 
ist.     Ich  gebe  das  Material,  so  weit  es  nötig  ¡st,  vollständig. 

Was  zu  allererst  auffällt,  ist,  dafs  neben  dabe  und  daha  auch 
abe,  aba  vorkommt,  und  es  wird  sich  vor  allem  auch  darum  handeln, 
das  Verhältnis  von  abe  zu  dabe  festzustellen.  Um  darüber  Klarheit 
zu  bekommen,  soll  abe  nicht  für  sich  betrachtet,  sondera  die 
Reihenfolge  der  Urkunden  zu  Grunde  gelegt  werden. 

Der  älleslc,  in  griechischen  Lettern  geschriebene,  von  Wesc^i 
und  ülancard    in    der  Bibliothèque    de  l'école  des  chartes    Bd.  3; 


OSKISCH  DAT,  TTAL.  DA,   SARD.  DAB.  605 

S.2^6f.  veroffentlichte  Text,  nach  O.  Schultz -Gora  Zs.  XVIII  149 
zwischen  1089  und  1103  verfaíst,  enthält  folgende  Belege: 

i)   aba: 

6  açua  et  fera  aratoria  ki  apo  aV  apa  mia  'die  ich  von  meiner 
Grofsmutter  habe'. 

97  apaia  anathema  aha  pâtre  e  fiiiu  e  spiritu  saniu  e  de  santa 
Maria  e  de  dodeki  apostolus  *er  habe  den  Fluch  vom  Vater'  u.  s.  w. 

2)    daha\ 

17  es  se  kastiku  sa  semita  daba  Pradi  e  daba  Boduri  e  daba 
Siti  (mir  nicht  ganz  verständlich). 

93  ki  l'ati  kastikari  ista  deleganzia  e  fagere  kantu  narat  ista 
¡tarta,  siat  beneditiu  daba  deus  e  dabas  sania  Maria  'wer  sie  beob- 
achten wird,  diese  Verordnung,  und  thun,  was  in  ihr  gesagt  wird, 
sei  gesegnet  von  Gott'  u.  s.  w. 

Die  folgende  von  Levy  Riv.  fil.  rom.  1  148  abgedruckte  giebt 
leider  weder  das  eine  noch  das  andere  Wort,  um  so  viel  aus- 
giebiger ist  der  Condaghe  von  S.  Pietro  di  Silki  (hg.  von  G.  Bo- 
nazzi  1900),  dessen  ungewöhnliche  sprachliche  Bedeutung  ich  bald 
anderswo  eingehend  werde  darthun  können.  Die  Urkunden  sind 
nicht  im  einzelnen  datiert,  doch  stammt  er  zum  gröfsten  Teile  aus 
dem  Jahre  1150;  erst  bei  Nr.  347  beginnt  eine  neue  ausdrücklich 
vom  Jahre  11 80  datierte  Sammlung,  die  bis  über  die  Mitte  des 
XIII.  Jh.  reicht,  vgl.  die  diesbezüglichen  Ausführungen  des  Heraus- 
gebers S.  XLIV.     Die  weitaus  häufigere  Form  ist 

ave\  venu  ter  men  . ..  ave  sa  peira  d^essu  kasiru  io;  benii  ter  men 
íessu  saltu  ave  valliclu  de  Vonora  1 1  ;  fur  ait  Petru  Tecas  a  Nnasiasia  de 
Funtana  ave  domo  dessu  thiu  25;  judicarunili  a  jura  ave  latus  de  fiios 
de  Maria  de  Kerki  31;  ego  armailu  toiiu  su  munisteru  ave  novu  40; 
avendemindela  levata  ave  Cotronianu  43;  posit  a  scu.  Petru  de  Silki 
donna  Porosa  de  Thori  a  Justa  Papis  cun  parihone  sua  ave  Mu rusos 
50;  es  termen  dessu  saltu:  ave  sa  foke  de  Jonnanu  assu  hruncu  dessu 
ferru  clesu;  avinde  iotiuve  s'atha  assa  terra  rubia  ,  .  .  avinde  toituve 
mare  isca  sa  foke  61  ('von  da  längs  des  Meeres  bis  zu  der  Mün- 
dung); ave  sa  foke  a  derettu  ad  ivi  63;  ave  candu  te  vinkeran  82; 
judicarunimi  a  destimonios  ca  los  aviamus  parthitos  in  co  li  kertava  ave 
sa  vinkitura  dessu  paire  82;  ave  sca.  Julia  lis  deron  ad  toiias  III  ki 
venderán  I  boe  e  II  vcucasy  ed  ave  scu.  Petru  I  cavallu  domaiu  e 
I  far  gala  e  II  sollos  de  pannu  87;  latus  de  fuste  de  Gogonave  sa 
domo  d*Enene  91;  ave  termen  d'agiiu  de  Seuni  96;  sa  terre  de  For" 
kiilos  ave  lia  de  scu,  Petru  137;  ave  conke  venni  ad  esser inke  donna 
139»  «^  latus  pari  ave  via  alva  140;  es  termen  dessu  saltu:  ave  su 
monticlu  dessu  ferulariu  affundu  dess*  elike  145;  ave  cande  terrai  assu 
monticlu  dessu  ferulariu  145;  ego  desindelis  IUI  vaccas  ave  scu*  Petru 
e  II  ave  sca.  Julia  172;  ave  termen  dessa  terra  de  Gosanline  Regi- 
ianu  173;  termen  dessa  terra,  ave  s  una  parte  sa  de  donnu  Cornila 
donnikellu  e  dave  smalterà  muru  iotiuve,  pari  ave  sa  de  donnu  Gomita 
de  Lacean   180;    essa  mea  ki  vi  avea  av^innanii  186;    ter  menés  dessu 


6o6  W.  UEYER-LÛBKB, 

sallu:  ave  m  cuculhu  dess'iscala  d'Orthoia,  avunde  parlhimui  d*  pan 
cun  SOS  de  Thori  187;  su  rtvu  hi  falat  me  Ttcìata  IQO;  andanJoli 
ave  termen  in  termen  202,  203;  Urmen;  assú  Je  sea.  Afar/a  de  Tiergu 
ave  s'una  parle  e  dove  s'aílera  essa  de  sca.  Maria  de  Gennar  221; 
ave  su  Murate  isca  badu  de  fiumcn  2go;  eun  su  ki  vi  aveat  ave  inaiai 
teu.  Imhiricu  29g;  omnia  casa  kanla  naral  ave  tutu  352;  ave  h 
viderun  iene  ke  la  sanait  deus  356;  Unende  ossa  de  Gennaro  Gam- 
bella  ave  tosso  ti  ave  tutu  leiiende  assa  de  filios  de  Gibüttu  et  dav 
amias  sas  alleras  parles  ave  monte  in  monlt  358;  iti  ko  est  dettrifía 
cuke  ave  susu  35g,  367,  376;  ave  murake  de  corvos  /alai  rtvu  moria 
ad  su  keríu  arealu  di  fiumen  minore  430;  inco  essit  sa  Untha  áeretla 
iscìi  su  lernten  ave  manca  puris  434. 

Damit  sind  nicht  alle  Beispiele,  aber  alle  Typen  erwähnt;  art 
lermen  in  lirniai  oder  ave  bei  Grenzangaben  kommt  noch  einig« 
Male  vor.  Auch  avinde  und  avtinde  begegnen  mehrmals,  fetner 
aveslara  205,  347  "von  jetzt  an',  endlich  ist  noch  (Tue  secta  lu 
nennen  : 

posil  a  scu.  Pelru  Pelru  Tartasu  Ierras  lenende  assa  domo  ¿"Itlf 
fane  Leile,  ave  stcus  52;  s'orlu  ü  esl  ave  ¡ecus  defsa  tosta  de  Gosaif 
line  de  Carbone  181;  ego  deili  ave  sccus  dcssa  domo  sua  2¿g;  ve  ta 
corte  de  Parente  ki  est  ave  secus  de  murislere  306;  et  collai  taluet 
muru   ad  ave  secus  dessa  domu  de  Maria   Piraslru  385. 

Wenn  die  Bedeutung  von  dem  Herausgeber  ganz  richtig  als 
accanto  angegeben  ¡st,  so  macht  die  Deutung  doch  etwelche  Schwierig- 
keit. Heule  ist  nur  noch  a  instgiis  'in  dietto'  gebräuchlich,  aus 
den  Statuten  von  Sassari  notiert  P.E.  Guamerio  Arch.  GlotU  XHII  tl¡ 
in  secus,  a  insegus,  ad  secus,  ad  a  s  secus  'inseguito'.  Aus  dem  Latei- 
nischen ist  seats  im  Sinne  von  'neben'  bekannt:  aedifida  quae  siatí 
juncia  ex  utrague  parte  secus  viam  Fabrelti  Inscr.  21 1,  533,  vgL 
Georges;  also  im  Sinne  von  semndum  oder  auch,  wenn  man  will, 
im  Sinne  des  asard.  ave  secus;  wenn  nun  nicht  das  einfache  tems 
genügt,  sondern  ave  hinzutritt,  so  scheint  das  Verhältnis  dasselbe 
zu  sein  wie  das  zwischen  ilal.  accanto  und  d'accanto,  d.  h.  es  Uegt 
die  doppelte  Ausdrucksweise  des  Ruhepunktes  und  des  Anfangs- 
punktes vor. 

Neben    diesem   so    hauRgen    ave   ist   dare   wesentlich    selleni 
Drei  Beispiele,  in  denen  ave  und  dave  neben  einander  stehen, 
schon  angeführt  worden,  Nr.  180,  221,  358.    Sonst  findet  sich  noch' 

venil  termen  dove  badu  de  prevUeru  5;  sunt  ternunes  dessu  saltu: 
dave  SU  gulbare  assu  casiru  bl;  Elias  Follie  dav'Ärdar  69;  e  davi 
susu  290;  parthirunilu  dave  sa  funlana  de  monte  de  kerketu  309; 
issos  levarun  dave  serra  nioke  209;  termen  ...  dove  sa  matta  dt 
Gureiu  31 1;  dave  sa  ßku  312;  lenende  assa  de  Niscoli  de  Cat  via,  tlaei 
omnia  parle  359;  lermen  ...  dave  flumen  collai  lotluve  pus  muru  378; 
dave  badu  de  previleru  379;  issa  vinia  ki  fuit  sucia  sa  villa  de  7̻f 
thevi  dave  sa  de  Ganline  Murmuri  in  tosso  et  dave  sa  de  Petni  di' 
Serra  in  stisu  42  t   und  so  noch  einige  weitere  Beispiele,  auch  davt 


r 


r,  ITAL.  DA,  SAKD.  DAB.  607 

iermen  m  íermen  402,  4  IO  a.  s.  w.  Dann  äavt  tanào  innanli  408; 
davt  innanti:  tentnde  ossa  tí  vi  aveal  dove  innanli  scu.  Petru  353; 
dave  nanli  de  iudikt  397;  dove  co:  ti  davi  co  baricait  su  annale,  hennit 
Pílru  de  kerku  358;  davinde:  davinde girai  toelue  ta  via  422  u.s.w. 

Es  sind  dies  die  einzigen  mir  bekannten  Texte,  die  ave  neben 
dave  zeigen.  In  den  Statuten  von  Sassari  ist  mir  nur  dii(v)e  be- 
gegnet und  auch  Guamerio  hat  keine  andere  Form  hervorgehoben. 
Aus  einer  bei  Spano  Ortogralta  Sarda  II  89  ff.  gedruckten  Urkunde 
hebe  ich  hervor:  lebandu  assollura  daba  su  denn  miu,  apal  analkema 
daba  paler  ci  fiÜo  et  scu.  ispu.,  daba  XII  apolos.,  IUI  evanglistas, 
XVIpropikas,  XXII II  seniores  el  daba  CœXVIIII seos,  patres;  ähn- 
lich findet  sich  daba  in  den  nämlichen  Formeln  S.  QO  und  91  und 
bei  Tola  S.  154,  Nr.  8.  Für  die  Verwendung  mögen  endh'ch  noch 
einige  Beispiele  aus  den  eben  genannten  Statuten  (nach  Guarnerios 
Ausgabe  Arch.  Glott.  XIV  i,  citiert  nach  Nummern  der  Urkunde) 
Platz  finden: 

vois  Messer  IV.  e/ectu  palesiate  asm  regimenlu  dessa  terra  de  Sas- 
sari dave  SU  altu  Cumone  de  Jenna  i  ;  pactos  fados  inter  issu  Cumone 
de  Jenna  davt  suna  fiarte  el  issu  cumone  de  Sassari  dope  satlera  i  ; 
loltu  custas  cotas  nárralas  dave  supra  4  ;  et  dove  inde  innanti  in  su 
ofßtiu  non  se  ¡asset  4;  dove  como  innanli  sos  capitulas  dessu  cumone  se 
iscrivan  in  duos  libros  5;  açes  levare  dave  dinaris  XII  fina  a  sol- 
des III  2\  si  alcutiu  aet  over  aet  aver  davt  corno  innanti  cosa  ovtr 
possessione  alcuna  ad  petione  oner  Jeu  dave  su  cumone  de  Sassari  z\\ 
cussos  qui  vengnanl  dove  nanli  dessa  poleslalt  24:  infra  1res  meses  dave 
su  die  dessa  apprrsentalione  17;    dave  parte  dessa  palesiate  t8  u.  s.  w. 

Aus  diesen  Beispielen  geht  zunächst  klar  hervor,  dafs  das  Alt- 
sardische  je  eine  Präposition  ave  ava,  bezw.  dove  dava  besafs,  und 
zwar  so,  dafs  die  ii-Form  die  kalarilanische  ist,  vgl.  dazu  O.  Schultz- 
Gora  Zs.  XVUI  151,  wogegen  die  c-Form  Logoduro  angehört.  Da 
es  nun  nicht  den  Lautneigungen  des  Südsardischen  entspricht,  be- 
stehende Vokale  in  solcher  Stellung  dem  Tonvokal  anzugleichen, 
paragogisches  a  bei  a  im  Stamme  dagegen  durchaus  üblich  ist,  so 
ist  eine  Herleitung  von  einem  erst  konstruierten  'dabei  ebenso  un- 
wahrscheinlich, wie  sich  die  von  ab  durch  Form  und  Verwendung 
geradeün  aufdrängt,  so  aufdrängt,  dafs  ich  bei  den  ersten  Beispielen 
an  einen  Latinismus  gedacht  hahe.  Man  braucht  aber  nur  die 
Menge  der  Belege,  die  verhältnismäfsige  Mannigfaltigkeit  der  For- 
meln und  den  ganzen  Stil  der  Urkunden  anzusehen,  um  von  einer 
solchen  Annahme  sofort  abzukommen.  Femer  sieht  man,  dafs 
dieses  (d}ave  durchaus  prä positi onell  ist,  nicht  die  Spur  einer  ad- 
veibiellen  Verwendung  trägt,  aber  allerdings  wie  andere  Prä- 
positionen zu  Adverbien  treten  kann.  Es  ist  eine  völlige  Ver- 
kennung des  Sprachgebrauches,  wenn  Alohl  S.  41  meint,  in  dove 
allerunde,  dave  lupra,  dave  inde  in  susu,  dave  inde  in  iosso  sei  dave 
adverbieil .  wo  ja  doch  atlerunde,  supra  u.  s.  w.  Adverbien  sind. 
Uebrigens  würde  es  sich  auch  nicht  um  eine  Eigentümlichkeit  des 


6o8  w.  mèyer-lCbke, 

Sardischen  handeln,  da  das  Italietiìsche  in  den  meisten  Falles 
ebenfalls  da  anwenden  würde.  Damit  lallt  auch  diese  Stütze  de: 
Gebäudes. 

Was  das  Verhältnis  von  avi  und  doüe  betrifft,  so  geben  ons 
die  Texte  einen  bemerkenswerten  Fingerzeig:  daiH  ist  jönger  all 
ave,  dieses  also  ist  ab,  jenes  kaum,  wie  man  allerdings  gerade  aas 
einigen  der  ältesten  Belege  schliersen  könnte,  nach  et  u.  dgl.  als 
Produkt  Talscher  Trennung  entstanden,  vielmehr  in  seinem  Anlaat 
an  das  sinnverwandte  de  angeglichen,  wie  ja  auch  altsardisches 
sm€  'ohne'  durcli  das  gegensätzliche  ken  2u  kene  umgestaltet  wordeo 
ist.     Im  ganzen  sind  dave  und  de  übrigens  scharf  geschieden. 

Somit  ist  für  ab  ein  sicherer^  Vertreter  auch  im  Romanischen 
nachgewiesen,  als  es  prov.  ab,  afr.  avtuc  ist,  die  Körting  gewifs 
mit  Unrecht  in  der  zweiten  Auflage  seines  Wörterbuches  von  ai 
statt  apud  herleitet.  Das  zu  widerlegen  würde  ebenso  sehr  vom 
Wege  abführen  wie  der  Nachweis,  dafs  ein  Nachschlagvoka!  auch 
im  Altsardischen  ganz  in  der  Ordnung  ist  (Mohl  bezweifelt  das) 
und  mufs  anderer  Gelegenheit  aufgespart  werden.  Dagegen  erhcbl 
sich  noch  die  weitere  Frage,  ob  sard,  dave  mit  ital.  da  ebenso- 
wenig einen  Zusammenhang  habe  wie  rum.  dtla,  das  sich  mit  ihm 
Ja  auch  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade  begrifflich,  aber  nicht 
formell  deckt,  oder  ob  die  Elemente  dieselben,  da  also  aus  ai 
entstanden  sei,  mit  dem  d  von  di.  Dafs  an  eine  zusammengesetzte 
Präposition  de  ab  viie  aò  ante  u.  s.  w,  aus  begrifflichen  Gründen 
nicht  zu  denken  ist,  habe  ich  Rom,  Gr.  Ill  S.  164  schon   bemerkt 

Zur  Stütze  der  Hcrleìtung  von  da  aus  ab  könnte  eine  auï 
Pistoja  stammende  vom  20.  September  71Ù  datierte  Urkunde  dienen, 
die  Troya  Storia  d'  halia  IV  3,  253  ff.  abdruckt.  Ich  gebe  die  I 
Betracht  kommenden  Sielten 

2  [Scripsi  ego\    Taaiald  notar,  rogalus  el  pelitus  ad  Füiberi  diri 

filio  quondam  F\i¡imari  qui  premium  auepit  ad  Galduald  , 
IO  iuam  poTiionem    de   mulino  el  Ierra  supra  gora  stetti  av  ihte 

ad  i^ton\d\atn\  genilore  ejus  Filimari  fuel. 
JJ  ab  omni  homine  difensare. 
24  ego  Falco    relrgioso  rogalus   ad  FiNpertu   vendilun's  manti   \m 

testis  suseripsi. 
und  ebenso  bei  den  andern  Zeugenaussagen. 

Kann  man  in  dem  bis  in  die  spateste  Zeit  hinein  üblichn' 
ab  der  Urkundensprache  Latinismus  sehen,  so  ist  das  gegenüber 
dem  av  des  vorliegenden  Textes  schwer  möglich  und  die  ver- 
schiedenen ad  F.  u.  s.  w.  stellen  ein  lautliches  äff-  dar,  das  ebenso- 
wohl aus  ad/-  wie  aus  ab/-  entstanden  sein  kann.  Ungefähr  um 
dieselbe  Zeit  tritt  übrigens  auch  da  auf,  vgl.  8,343  A.  724  duoden 
/orma  olive  que  novi  ex  comparalionem  da  Gualislolo  advine/;  S.  386 
A.  724  el  nunquam  ego  Romuald  vtl  quolivtl  homo  ipso  conquisito  , 
meo  da  ipso  Sánelo  ¡oeo  sublragi  aut  moleslari  presuma!.  Beispiele  fSc^ 
da  aus  dem  Codex  Cavensis  stellt  jetzt  de  Bartolomeis  Arcb.  GlotLv 


I 


DAT,   ITAL.   DA,   SAUD,   DAE,  609 


XV  Î74  zusammen;  im  Codex  DiplomaUcus  Paduvanus  ed,  Gloria 
finden  sich  die  frühesten  erst  reichlich  zweihundert  Jahre  später, 
so  S.  58  A.  950  non  longne  da  campo,  haccipü  ego  praediclo  .  , .  da 
fc  58;  da  pttsio  que  dicitur  VirignaU  62;  da  Urminus  que  est  in 
capite  de  arzere  Mazagino  63  u.  s,  w.  Wenn  ¡ch  trotzdem  in  jenem 
a,  ab  auch  nicht  einmal  insoweit  den  Vorgänger  von  da  sehen 
möchte,  dafs  man  etwa  je  nach  seinen  Bedeutungen  Ja  auf  de  ad 
oder  aber  auf  ff|aí  zurückfahren  könnte,  so  veranlafst  mich  dazu 
der  Umstand,  dafs  mit  a,  ab  gleichbedeutend  auch  de  gebraucht 
wird,  vgl.  in  ¡o(o  qui  dicilur  Salieto  de  rivo  qui  descendit  de  monte 
Benedicli  et  usque  ßuvium  Saagrum  et  de  alio  latere  a  rivo  Sonólo 
qui  vergi/  de  Gattello  Vrsi  et  usque  in  nostrum  ßuvium  Sangrum 
Troya  S.  106  A.  70g  oder  724;  putsedmte  vero  de  uno  capite  ipso 
Agretto  et  de  alio  eiìpUe  lerunle  Predicemo  8.428  A,  726.  Auch 
longe  de  ist  eine  schon  bei  Vegetius  vorkommende  Form  und  dafs 
dem  Sprachbewufstsein  des  X.  Jahrb.  da  mehr  mit  de  als  mit  ab 
verwandt  schien,  scheint  mir  hervorzugehen  aus  mtssas  cantare  faceré 
de  taccrdotei  Cod.  Pad,  59. 

Die  bisher  übliche  Annahme,  dafs  ab  durch  de  verdrängt 
worden  ist,  scheint  mir  durch  die  Urkunden  spräche  des  Festlandes 
also  nicht  etschüllert  zu  werden  und  so  bleibt  für  da  die  bis- 
herige  Erklärung  so  lange  zu  Rechte  bestehen,  bis  nachgewiesen 
ist,  dafs  eine  andere  die  Funktion  der  Präposition,  namentlich  also 
ihre  doch  aufser  in  Nordostitalien  fast  überall  scharf  abgegrenzte 
Stellung  zu  di  noch  besser  erklärt. 

Schliefslich  noch  ein  Wort  zu  dem  provenza  lisch  en  da,  für 
welches  Levy  im  Pro  ve  iiz  al  ¡sehen  Supplement -Wörterbuch  einige  üe- 
lege  bringt.  Sie  zerfallen  in  zwei  Klassen.  Die  Mehrzahl  (4)  zeigen 
da  bei  Ortsnamen.  Das  hat  schon  C  Chabaneau,  auf  den  Levy  hin- 
weist, ganz  richtig  beurteilt.  Kr  macht  nämlich  darauf  aufmerksam, 
dafs  in  der  Urkundensammlung  von  Conques  neben  de,  del  bei  Orts- 
namen da,  dal  stehe:  la  mas  dal  Roig,  dal  Orador  u.  s,  w.,  und 
schreibt  dazu:  'L'adjonction  de  la  préposition  a  aux  noms  de  lieu, 
comme  si  elle  en  faisait  partie  intégrante,  est  extrêmement  fréquente 
dès  les  plus  hauts  temps.  ...  .\  la  question:  Comment  se  nomme  ce 
bourg,  ce  village?  on  vous  répondra  volontiers:  ¡1  s'appelle  à  Villars, 
à  Lussai  etc.  La  combinaison  de  cette  même  préposition  a  avec  de, 
quant  celle  ci  vient  à  précéder,  a  donné  naissance  a  da'  (Rev. 
lang.  rom.  XVU  276  Anm.). 

Das  letzte  Beispiel  Levys  lautet  da  genelhos.  Hier  handelt  es  sich 
darum,  dafs  die  adverbiellc  Ausdrucks  weise  a  genolhos  als  Ganzes 
gefafst  mit  dem  modalen  ile  verbunden  wird.  Man  vergleiche  dazu 
Mistral  Trésor  1  a6  d'à  pèd,  à  pied;  d'à  geinous.  à  genoux;  d'à 
paulo,  à  quatre  pattes;  rf'd  pas,  pas  à  pas;  leni  d'à  meni,  guetter; 
d'à  flour,  à  fleur;  d'à  plan,  horizontalement;  d'aplat,  de  plat;  d'à 
front,  de  front;  d'à  foun,  à  fond;  d'à  nue,  celte  nuit;  d'à  pro,  du 
côté  de  la  proue;  d'à poupo,  à  la  poupe;  d'àjotcve,  dans  la  jeunesse; 

ZoBchr.  t  nm.  Phil    XXV.  39 


6 IO       W.  METER -LÜBKBy  OSK1SCH  DAT,  ITAL.  DA»   SARD«  DAB. 

• 

d^à  viei\  étant  vieux.  Diese  Beispiele  zeigen  zur  Gegnfige,  wie  die 
Form  entstanden  ist,  und  dafs  man  auch  in  diesem  Falle  noch 
nicht  wohl  von  einer  Präposition  da  sprechen  kann,  sondern  dier, 
wenn  man  nicht  wie  Mistral  schreiben  will,  das  a  mit  dem  fol- 
genden Worte  verbinden  muíste.  —  Für  das  Neuprovenzaliscfae 
giebt  Mistral  da  als  delphinatisch  und  nizzardisch  an.  Mit  Bezug 
auf  jenes  vermag  ich  nichts  zu  sagen,  den  Gebrauch  in  Nizza  ver- 
zeichnen Sardou  und  Calvino  in  ihrer  Grammaire  de  l'idiome  niçois 
1 08 — III.  Man  ersieht  daraus,  dafs  in  der  Anwendung  \ovl  da 
und  de  eine  grofse  Verwirrung  herrscht,  so  dafs  man  in  dem  da 
wohl  einen  schlecht  verstandenen  ItaUanismus  zu  sehen  hat. 

W.  MSYKR-LÖBKIS. 


VERMISCHTES. 


I 


Zur  >Vortge8chichte. 
Frz.  sdevr  de  lotuj. 

Dars  der  scüur  de  long  etwas  'Langes'  säge,  wird  zwar  auch 
vom  DictionDaire  général  gelehrt  und  ist  auf  den  ersten  Bück 
sprachlich  nnd  sachlicli  begründet,  erweist  sich  aber  bei  näherem 
Zusehen  als  sachlich  und  sprachlich  nicht  haltbar. 

Die  Baumstämme  werden  entweder  der  Quere  nach  zu  Klötzen 
oder  der  Länge  nach  zu  Brettern  zersägt.  Das  Wesentliche  dabei 
ist  offenbar  die  Fonn  des  Zersägten,  nicht  die  Art  und  Weise,  wie 
der  Baumstamm  hingelegt  wird;  man  wird  nicht  den  Auftrag  geben, 
den  Stamm  so  oder  so  hinzulegen,  sondern  Bretter  oder  Klötze 
zu  sägen,  wie  denn  auch  der  deutsche  Ausdruck  'Breitschneider, 
Brettsäger'  ist.  Ist  also  schon  darum  long  kaum  identisch  mit  dem 
Adjektivum  Icngus,  so  weisen  östliche  Formen  vollends  nach  einer 
ganz  anderen  Richtung.  GodelVoy  verzeichnet  hhon,  iaon,  hon, 
iitDon,  lovon  aus  östlichen  Texten,  und  dazu  passen  nun  lothr. 
lovon  bei  Haillant,  Dictionnaire  phonétique  et  étym.  'madrier  assez 
épais  servant  notamment  aux  réduits  de  porcs,  aux  chevaux  d'usine, 
etc.  etc.  Doubz,  H"  Saône  lovon,  lavon  Dartois,  qui  donne  les 
formes  lahon,  iaon,  ¡an  d'une  ordonnance  de  Franche-Comté,  et  les 
tire  du  sanscrit  lava  'coupe',  lu  'couper';  Jura  ¡avfín,  loon,  Iaon, 
lovon;  v.-fr.  lavon  'planche'.  M.  Beauquier  v"  lavon  cil.  l'ord.  de 
Besançon  1659  laon  et  en  tire  It  sneur  de  long  et  non  de  long'. 
Auch  Contejean  verzeichnet  für  Besançon  lavon  'planche',  Tissot 
fur  Fourgs  laon  'planche  d'une  moyenne  épaisseur'.  Weiter  ver- 
mag ich  das  Wort  nicht  nachzuweisen,  weder  die  lyonesischen 
Wörterbücher  von  Nizier  de  Puitspelu  und  Onofrio  noch  das  für 
Morvan  von  De  Chamburc  kennen  es. 

An  dem  schon  von  Beauquier  ausgesprochenen  Zusammenhang 
mit  long  ¡st  bei  der  Uebereinslimmung  der  Bedeutung  m  zweifeln 
nicht  möglich.  Zwar  sollte  man  nach  ßan,  laon  gespr.  tH,  paon 
gespr.  pa  eigentlich  Is  erwarten,  aber  es  handelt  sich  ja  offenbar 
um  ein  östliches  Dialektwort  Ich  halte  denn  auch  diesen  Zu- 
sammenhang Rom.  Gramm.  I  300,  497  schon  ausgesprochen,  dann 
aber   weitere  Vermutugen    daran   geknüpft,    die  ich  heute,    wo  ich 


6 1 2  VERMISCHTES.     ZUR  WORTGESCHICHTB. 

die  älteren  Formen  kenne,  nicht  mehr  aufrecht  erhalten  bnn. 
Auszugehen  ist  offenbar  von  laden  und  dies  weist  auf  deutsches 
laden,  das  allerdings  nur  mittelhochdeutsch  belegt  ist,  aber,  obwohl 
bisher  nirgends  eine  Anknüpfung  gefunden  zu  sein  scheint,  dodi 
eben  älter  sein  mufs  und  ahd.  *lado  voraussetzt 

Gillieron  verzeichnet  für  Vionnaz  lä  'planche*.  Da  {n.  jlan 
hier  ])d  entspricht,  so  ist  dieses  lä  entweder  ein  ganz  anderes 
Wort  oder  zu  einer  anderen  Zeit  übernommen. 

W.  Mkyek-Lübke. 


Voges.  lur,  burgund.  lovre. 

In  den  Beiträgen  zur  Romanischen  Philologie  (Festgabe  für 
G.  Gröber),  Halle  1899,  hat  Behrens  S.  159  /«r,  lovre  , Spinnstube' 
auf  opera  zurückgeführt  Aus  folgenden  Gründen  halte  ich  an 
lu  cu  brum  fest  (vgl.  Zeilschrift  18,  221): 

i)  Behrens  hat  gezeigt,  dafs  montbél.  ovre,  nprov.  obro  u.a. 
den  rohen,  nicht  gehechelten  Hanf  oder  Flachs  bezeichnet.  Dafs 
man  indessen  das  Wort  auch  als  Benennung  für  den  gesponnenen 
Hanf  gebraucht  habe,  ist  nicht  nachgewiesen. 

2)  Da  in  den  Vogesen  ç  zu  /ia?,  resp.  ü  wird,  so  ist  nadi  B. 
der  Tonvokal  von  lur  durch  den  Vokal  endungsbetonter  Fonnen 
gleichen  Stammes  becinflufst  worden,  z.  B.  durch  den  Pflanzen- 
namen lovrolie  (=  veillotte),  louriau  »colchique  d'automne*.  Doch 
so  liegt  die  Sache  nicht.  In  dem  als  Materialiensammlung  brauch- 
baren und  zuverlässigen  Buche  von  S.  Simon,  Grammaire  du  Patois^ 
du  Canton  de  la  Poutroye  (Schnierlach)  [in  meinen  Ostfrz.  Grenz- 
dialektcn  mit  c^^  bezeichnet],  Paris,  Caron  1900  ist  S.  255  und  oft 
der  Ausdruck  wäre  oder  wei  d'üve  verzeichnet,  der  nach  S.  buch- 
stäblich so  viel  wie  , guère  á'auvre^  bedeutet;  derselbe  ist  schon 
ähnlich  Ostfrz.  Grenzdial.  §  79  gedeutet,  wo  neben  üv  vorkommen- 
des ?tí?í'  das  Etymon  opera  sicher  stellt;  operare  giebt  dagegen 
oivvrç  (phonet.  í7Z¿'7'-),  i.s,  dfoïvœréf  dfowœrrai  (ib.  S.  54);  auf  S.  87 
wird  dfowvœrc,  dfvwvœrrai  geschrieben,  auf  S.  199  owvrMjc  (ouvrage) 
und  oivvrìye  (ouvrier).  Wenn  ûv  opera  und  owvrf  operare  ist, 
so  kann  loiirre  (ib.  S.  163,  Z.  2;  Simon  bezeichnet  den  Vokal  u  mit 
ou^  also  phonct.  =  lur'^)  unmöglich  opera  sein,  dies  mùfste /¿f^" 
oder  ¡vw{^ii)r€  lauten.  Haillant  verzeichnet  in  seinem  Wörterbuche 
der  Mundart  von  Urimcnil  loiir  s.  f.  ,veillée*;  opera  würde  in  der 
Mundart  (Haillant  giebt  das  Wort  nicht)  lœv  lauten  (ó  =  /a?).'  ^us 
opera  +  arium  wird  dort  ovréy^  ovrér  (ouvrier,  ouviicre):  in  den 
endungsbt^tonten  Wortformen  wird  demnach  lat.  0  zu  Oy  nicht  zu  u, 
folglich  kann  auch  hier  lour  (ph.  lur)  nicht  mit  opera  zusammen- 

*  Seltsamerweise   ¡st   für   Simon   dieses   Patois   ein   patois   »wallon'  sUtt 
»vosgicn*. 

*  Es    sei    daran    erinnert,    dais   freies   fi   (lucúbrum)   in   den  Vogcscn  íb 
u  wird. 


A.  HORNINOy  VOOES.  LUR,  BUROÜND.  LÔVRE.  6 1 3 

hängen.  — ,  Zu  demselben  Ergebnis  führen  die  Rev.  de  Pbilol. 
franc,  et  de  littératnre  XIV,  64  ffg.  mitgeteilten  Formen  aus  Doubs 
und  Jura:  neben  lÔDr  »veillée*  konmien  lavrâ  und  iavroiie  (Pflanzen- 
name),  die  beiden  letzten  mit  betontem  Schiufsvokale  vor:  dagegen 
ouDTÎ  »ouvrier*,  dje  Vouvri  ,jour  ouvrier*:  q  wird  zu  »  in  ¿?  (œuf), 
vOi  eu  va  reue  (roue),  neu^  f.  neuve  (neuf).  —  Da  der  Ausdruck  alé 
à  Pâvre  (Berner  Jura),  naif  f  lur  (Vogesen)  sehr  häufig  ist,  so  ist 
Beeinflussung  durch  endungsbetonte  Formen  von  vornherein  un- 
wahrscheinlich; man  vergleiche  bei  H.  Urtel,  Beiträge  zur  Kenntnis 
des  Neuchâteller  Patois,  Darmstadt,  1897  (im  Glossar),  lovr  {0  = 
bet  0)  mit  lûvrçy  {û  ==  tonloses  0), 

3)  Was  den  angeblich  agglutinierten  Artikel  betrifft,  so  ist 
auffallig,  dafs  lur  und  dessen  Ableitungen  in  den  Vogesen  und 
der  Franche-Comté  nie  ohne  /  auftreten,  während  umgekehrt  die 
sicher  auf  opera  beruhenden  Wortformen  nie  den  agglutinierten 
Artikel  zeigen  (man  vergleiche  z.  ß.  bei  Zimmerli,  Die  deutsch- 
französische  Sprachgrenze  in  der  Schweiz  III,  Tabelle  III  v.  ope- 
rarium).  Dagegen  tritt  ein  Wort  wie  über  , Euter*  sowohl  in  den 
Vogesen  und  der  Franche -Comté  wie  im  Rätoromanischen  bald 
mit  bald  ohne  /  auf.  —  Das  von  Behrens  aus  der  Meuse  bei- 
gebrachte , suffigierte*  ouvreutl^  auvro  m.  »écraignes,  veillée*  (vgl. 
afix.  ovreor  im  Erec)  ist  m.  E.  ein  ganz  anderes,  etwa  nfrz.  ouvroir 
entsprechendes  Wort 

4)  Behrens  deutet  an,  dafs  das  Etymon  lu  cu  bru  m  auf  laut- 
liche Bedenken  stofse.  Da  er  damit  weder  den  Ausfall  des  c  noch 
die  Zusammenziehung  des  dreisilbigen  Wortes  zu  einem  zweisilbigen 
meinen  kann  (securus  wird  in  Lothringen  zu  yfir^  sa  tul  lus  zu 
Xfí),  so  bleibt  nur  eine  Schwierigkeit,  und  zwar  dieselbe,  die  auch 
dem  Behrens'schen  Etymon  anhaftet:  statt  lur  erwartet  man  nämlich, 
gleichviel  ob  es  auf  lucubrum  oder  auf  opera  zurückgeht,  in 
den  Vogesen  luv  (vgl.  oben  uv  opera  und  Ostfranz.  Grenzdialekte 
§  183).  Die  Abweichung  erkläre  ich  folgendermafsen:  in  luciibrum 
diphthongierte  ^  (=  ç)  zu  óuy  worauf  h  {^)  sehr  früh  mit  dem 
labialen  Vokal  u  verschmolz,  wie  in  lothr. /ttr(<f)  pauperem;  r  hielt 
sich  natürlich,  da  es  nur  in  dem  Nexus  z/r,  und  zwar  erst  ver- 
hältnismäfsig  spät,  abfiel.  Opera  wurde  dagegen  zu  {^ôtî)^  ìobv^  ûv 
gleichwie  colçbra  zu  colyœv,  colüv:  auch  in  endungsbetonten 
Formen  giebt  op'r-  ovr'\  nur  in  la  Poutroye  kommt  neben  schwer 
auszusprechendem  owvr'  leichteres  owr  vor.  Behrens  erklärt  die 
Entwiddung  von  opera  zu  lur  statt  luv  überhaupt  nicht 

5)  Männliches  Genus,  das  ich  zweimal  in  den  Vogesen  und 
einmal  in  der  Franche-Comté  aufgezeichnet  habe  (s.  Ostfrz.  Grenz- 
dialekte, Gloss.),  spricht  für  das  Vorhandensein  von  lucubrum 
neben  lucubra.  Aus  einer  andern  gedruckten  Quelle  vermag  ich 
freilich  das  männliche  Genus  nicht  nachzuweisen.  ^ 


*  In  den  Vogesen  ist  von  lur  ein  Vcrbura  lurte  gebildet  worden.  Dafs 
dasselbe  einst  lourüUer  oder  louriier  (•Ica re)  gelautet  habe,  bewebt  die  von 
Haillant  mitgeteilte  3.  s.  luri{e). 


6 14  VERMISCHTES.      ZCK  W'ORTGKSCIIICHTH. 

Ich  schliefse  mit  der  Bemerkung,  dafs  m.  E.   uiuer  Wort  nidi 
blols    im   Osten    des    französischen   Sprachgebietes   vorkommt: 
das  Ztschr,  22,  487  über  poitev.  huvris  Gesagte   und  die  Liteiatm 
blatt  f.  Germ.  u.  Rom.  Plalol.  21,  336  gegebene   Erklärung  des  v 
G.  Doltin,  Glossaire  des  Parlers  du  Bas-Maine,   verseichneten  lügt 
.petite  lumière*,    lügroni   .travailler   sans  voir  clair"    ^   Incubi 
+  onem;  vgl.  bei  Du  Gange  lucubrum  .modicus   iguis"  vel  , 
dicum  lumen';  ¡ügrd  beweist  aufserdem,  dafs  das  erste  u  in  In 

1  lang  war.    was  gegenüber  laL  lucerna   nicht  selbstverstánAi 


lieh  ist. 


A.  Horning. 


Afrz.  īice,  nfrz.  esse. 
In  seinen  Essais  de  Philologie  franc.  S.  293/95  leitet  A.  Thomi 
afrz.  hiuct,  eiiise,  pik,  etieht,  nfrz.  ejse  .cheville  de  fer  destinée  | 
empêcher  la  roue  de  sortir  de  l'essieu'  von  ahd.  hclza  (davo 
aftz.  heut,  it.  elsa)  , garde  de  l'épée'  ab.  Ztschr.  22,  560  ist  bereits 
darauf  hingewiesen  worden,  dafs  das  e  der  ostfranzösischen  Fonneo, 
dauph.  ounço,  franc.-comt,  01«,  lothr.  ossatte  nicht  ohne  Schwierig- 
keit auf  at  {aus  e  +  vokaüsiertem  /)  zurückgeführt  werden  können 
für  das  0  des  provenç.  ouJlze,  olz!,  ocho  aber  eine  solche  He^unft 
ausgeschlossen  sei.  Dazu  kommt,  dafs  prov.  ouoiáe,  olie,  poitev. 
huit  (s.  Laianne,  Diction,  du  Patois  du  Poitou)  und  Ude  {ß  ^  Í] 
mit  sanftem  i-Laule  auf  ein  Proparoxytonon  mit  intervokal ischem  c 
hinweisen,  wogegen  in  helza  sich  nur  ein  scharfer  j-Laot  hätte 
entwickeln  können  (vgl.  fauciile  und  ä.).  Endlich  wird  ein  Pro- 
paroxytonon mit  dem  Ausgange  -cem  auch  durch  das  e  des  prov. 
olae  gefordert,  welches  das  ¡i  von  helza  nicht  wiedergeben  kann; 
hätte  es  aber  neben  helza  ein  männliches  heiz  gegeben  (das 
prov.  Wort  wird  als  masculin,  und  feminin,  bezeichnet),  so  wñrde 
dasselbe  prov.  olz,  nicht  olzt  lauten.  Das  richtige  Elymon  scheii 
mir  lat.  obex  (objex)  zu  sein,  dessen  Bedeutung  .Quemcg 
Hemmnis'  (nach  Forcellini  ^  it.  sbarro,  serrarne,  ostacolo)  vorC 
lieh  pafst.  Ov'am  (aus  obicem),  dessen  0  gedeckt  war,  giebt  s.. 
gelreuesten  lolhr.  oise  f.  wieder  (bei  l.abourasse.  Patois  de  la  Mem 
und  Haillant,  Dictionnaire  Vosgien,  v.  ossotte)  und  nam.  > 
(s,  Grandgagnage.  Dictionn.  Etymol.  S.  307).  Owe  (nach  Voka 
sierung  des  v  aus  ov'ce  entstanden)  wurde  francisch-pikard.  . 
cfr.  auch  altwall,  oeche.  bei  Thomas  S.  295.  A,>>.  Das  o  wird  dci 
nach  in  ouci  geschlossen  gewesen  sein.  Die  Quantität  des  lat.  i 
in  obex  ist  zweifelhaft,  da  die  metrische  Lange  öbiice  nichts  t 
weist.  Die  übrigen  Formen  bieten  in  lautlicher  Beziehung  manche 
Unklare,  ohne  dafs  dadurch  m.  E.  das  Etymon  selbst  in  Frage  £, 
stellt  würde:  so  ouecertç  bei  Thomas  S.  394  (vgl,  wall,  luisse  boi| 
Grandgagn.)  und  vor  allem  prov.  ohe,  mtohe,  ocho.  Wenn  thatsäch- 
lich  /  gesprochen  wird,  so  kann  ich  nur  die  Frage  aufwerfen,  oh 
dasselbe  aus   (0)»  entstehen  konnte   ähnlich  wie  al  aus  au;    oder 


r 


AFRZ.  BEUCE, 


;.  ESSE. 


615 


ob  man  in  dem  /  den  agglutinierten  Artikel  sehen  soll  (vgl,  poitev. 
¿euie),  der  vom  Anlaut  in  den  Inlaut  gezogen  worden  wäre?  Auch 
ocio  ist  dunkel,  wie  überhaupt  die  Entwicklung  von  nprov.  cA. 
Oanfo,  once,  wohl  mit  sekundärer  Nasalierung,  erinnert  an  deutsch. 
Lü»se  ,esse  d'essieu',  mit  dem  es  etymologisch  Itaum  zusammen- 
hängen dürfte:  Für  das  Provi-nçalische  wird  männliches  und  weib- 
liches Geschlecht  angegeben,  was  sich  daraus  erklärt,  dafs  obex 
lat.  communis  war.  Mit  Ausnahme  von  langued.  /ukAo  und  nam. 
iouee  (wird  A  gesprochen?)  zeigen  die  modernen  Mundarten  keine 
Spur  des  /i,  auch  die  lothringiscben  nicht,  welche  sonst  />,  insbe- 
sondere das  deutsche,  festzuhalten  pflegen:  daher  kann  dem  h  in 
afrz.  òaice  kein  etymologischer  Wert  zugesprochen  werden. 

Meyer-Lübke  hat  bereits  Ztschr.  f.  die  Österreich.  Gymnasien 
i8gi,  S.  773  lothr.  uè  auf  obex  zurückgeführt;  ii)^.  uë  (letzteres 
mir  nur  aus  einem  Metzer  Kalender  bekannt)  ist  übrigens  aus- 
schliefslich  metzisch  und  bietet  gleichfalls  eine  lautliche  Schwierig- 
keit, da  X'  á  a«s  i  +  t  zu  entstehen  pflegt.  In  den  Vogesen  ¡st 
ossû/ie  üblich,  eine  Form,  die  ich  für  Saales  und  Waldersbach  (in 
n  Ostfranz.  Grenzdialekten  mit  d"  d'^  bezeichnet)  festgestellt 


habe;  vgl.  auch  Baillant  s 


A.   HOKNING. 


Ficättim,  fec/Stum  (  ficStam  -{-hepäte? 
In  das  Labyrinth  der  romanischen  Worlformen  für  „Leber" 
hat  G.  Paris  mit  hell  und  ruhig  brennender  Fackel  hineingeleuchtet, 
in  alle  Gänge,  in  alle  Falten,  in  die  Falten  der  Falten.  Der  Er- 
folg konnte  nicht  ausbleiben;  er  hat  avxcQióv  als  Ausgangspunkt 
festgestellt  Dieselbe  Entdeckung  war  zu  gleicher  Zeit  von  Meyer- 
Lübke  gemacht  und  kurz  vorher,  ohne  weitere  Ausführung,  ver- 
öffentlicht worden.  Der  Wert  von  Paris'  Untersuchungen  bleibt 
bestehen;  wir  etymologisieren  ja  nicht  mehr  in  dem  Sinne  wie  wir 
die  Lösung  eines  Rätsels,  einer  Charade  suchen,  es  schwebt  uns 
als  letztes  Ziel  immer  eine  kontinuierliche  Worlgeschichte  vor.  Der 
richtig  erfafste  Ariadnefaden  ist  nun  aber  in  eine  etwas  andere 
Windung  zu  legen  als  dies  von  G.  Paris  geschehen  isL  Das  erklärt 
sich  daraus  dafs  uns  Alleo  es  sich  nur  um  das  Problem  zu  handeln 
schien:  „wie  ist  es  möglich  gewesen  dafs  in  ficatwn  der  Akzent  auf 
die  drittletzte  Silbe  verpflanzt  wurde?",  dafs  aber  dieser  Vorgang 
selbst  von  Niemandem,  wenn  nicht  von  Gröber,  in  Zweifel  gezogen 
worden  ist.  Ich  selbst  habe,  ohne  mich  je  gründlich  mit  dieser 
Wortgruppe  beschäftigt  zu  haben,  bis  in  die  jüngste  Zeit  die  Ver- 
mutung gehegt  und  mündlich,  ja,  wenn  ich  mich  nicht  tausche, 
auch  im  Drucke  geäufsert,  dafs  ficätam,  /ecälum  unter  dem  Einflufs 
von  hepäle  aus  ficälum  entstanden  sei.  Dabei  fühlte  ich  mich  in- 
dessen keineswegs  beruhigt;  es  fehlte  mir  an  irgend  einer  bestäti- 
genden Analogie,  ich  hätte  mich  denn  auf  gewisse  örtliche  spanische 


6l6  VERMISCHTES.     ZUR  WORTGESCHICHTB. 

Betonungen  von  Latinismen  berufen  müssen   oder  auf  die  bei  uns 
bis  vor  Kurzem   noch   herrschende   des  fremden  Ortsnamens  Gra- 
nada, die  ich  einst  in  Granada  selbst  aus  dem  Munde  eines  deut- 
schen Dichters  vernahm.     Ihr  Ursprung  ist  mir  übrigens,  mit  Hin- 
blick auf  Granài,  Grandie  und  die  zahbreichen  romanischen  Namen 
auf  -a/ö,  ^ada,  selbst  überaus  rätselhaft;    ihre  Verbreitung  ist  ohne 
Zweifel    auf   den    Flügeln    des   Opemtitels:    „Das  Nachtlager  von 
Granada"  erfolgt.     Ein  Wort  das  in  Stanmi  und  Endung  so  latei- 
nisches Gepräge  trug    wie  ficätum,   war  zu   fest  verankert  um  sich 
durch  irgend  einen  Magnet  aus  der  Lage  bringen  zu  lassen;  nidt 
durch  hepäie  und  noch  weniger  durch  sycotunit  geschweige  denn  in 
drei  verschiedenen  Richtungen.    Gerade  die  Entdeckung  der  höchst 
merkwürdigen  Form  ficotum   und   die   Erkenntnis    dais   das  t  von 
/ecätum    dem  y  von  sycoium    entspreche,    drängten    dazu  in  ficätm 
^das  Endglied  einer  Reihe  von  Veränderungen  zu  erblicken.  Diese 
Auffassung  hat  L.  Havet  gegen  G.  Paris  ausgesprochen,  und  sie  ist 
von  diesem   in    der  letzten  Anmerkung  zu  seiner  Abhandlung  mit- 
geteilt worden,    als  „peut-être  préférable",    was,    unter  den  bezüg- 
lichen Umständen,  eine  thatsächliche  Beipñichtung  bedeutet  Havet 
hat   gewifs   auch   darin    Recht   dafs   er   in   dem   zweiten  Vers  des 
Vespa  eine  Interpolation  vermutet,   nicht  darin  dafs  er  far  fecolm 
Einmischung  von  /aex  annimmt    Meyer-Lübke  spricht  sich  in  seiner 
seither   erschienenen   „Einführung"   S.  141    wesentlich  im  gleichen 
Sinne  aus.     Sécotum  habe  sich  mit  ficus  vermischt:  „in  schwächster 
Weise  in  fécatum,  etwas  stärker  mfkatum,  am  stärksten  mjuátum*^> 
Wie    aber   ist   nun  -ö/um   zu  -ä/t/m   geworden?     Meyer-Lübke  gibt 
hierüber  keine  Auskunft.     Havet  sagt:    „Ce  ficdtum,  qui  présentait 
une  terminaison  inusitée,  a  été  accommodé  d'une  part  tn  fkätum, 
de  l'autre  en  fîclîum'^     Wir   brauchen   nicht  zu  erörtern   ob  -«)/«« 
eine  giiwöhnliche  Endung  ist;  jedenfalls  hat  in  ficüium,  /ecätum  die 
Analogici    gewirkt,    und    es    fragt  sich  nur   welche  Wörter  dabei  in 
Betracht    kommen    können.     Ich  weifs    nur    eines    welches  wirklich 
nahe  liegt:    hepar,  hepatis.     Vielleicht  meint  man,    ich  könne  mich 
von    der    oben    erwähnten  Ansicht   nicht  trennen    und  wünsche  sie 
in  die  sichere  Deutung  von  ficUtum  usw.  einzuschmuggeln;  so  möge 
man    denn    mit   irgend    einer   andern  Erklärung   des  -ñium  heraus- 
rücken.   Die  Fortsetzungen  von  sycoium  müssen  in  der  allgcracineD 
Bed.  „Leber"  längere  Zi^'t  neben  den  alten  Wörtern  jccur  und  ^ff^^ 
gebraucht  worden  sein,    vor  Allem  neben  dem  letzteren,  von  dem 
ja  im  Romanischen    noch  Spuren    vorhanden    sind.     Warum  diese 
Wörter    dem    gastronomischen  Eindringling    erlegen    sind,   darüber 
wären   UntiTsuchungen    oder    doch    Erwägungen    anzustellen.    ^^ 
Ende  eines  Wortes    und  das  Aufkommen  eines  gleichbedeutenden 
bedingen  sich  einander. 

H.    SCHUCHARüT. 


BESPRECHUNGEN. 


Geneliii,  Dr.  P.,    Germanische  BeEtsn.Uhcile  iIes  rätoromanischen 

(surselviachen)   Wotlschalies.     Innibruck,   Wagner,   igoo   (.S.-A.  ans 

d.  Ptogr.  d.  Oberrealschule  in  I.  f.  d.  Studienjahr  1899—1900).    4t  S.  Gi.-S. 

Diese  Arbeit   verdient   eine  cint;ebendere  Besprechung.     Seitdem   ich   in 

der  Rät.  Gramm,  den  Fremd wÖrleibestaDd  der  räl.  Mondaiten  durch  eine  Bd- 

spiehammlung  beleuchtet  halte,   ist  nur  der  slawische  Anteil  am  Osteudc  des 

Gebietes  in  ausgiebiger  Weise  weiter  erfotscht  worden  (Schuchardt,  atre- 

Itelj).     Nun  baut  am  Westende  Genclin  weiter,  indem  er  uns  eine  mehr  als 

700  Wörter   cfihlende   Sammlimg   germanischer   Beslnndieile   de&   sursclviscken 

Wortschatzes  darbietet  und  bespricht.     Er  ist  telbst  aas  dem  oberen  Vorder- 

rheiotha]  (Disscntis)  gebürtig,  also  sachkundig. 

VolUiandig  ist  die  Sammlung  nicht;  aber  ein  gewisses,  erreichbares 
ïlaiÊ  von  VollstBodigkeil  hat  dem  Vf.  doch  vorgeschwebt,  wie  man  aus  seiner 
Bemerkung  |S.  15)  scbliefsen  darf,  dafs  die  deutschen  Bestandteile  des  sunel- 
vischen  Wortschalies  im  Vergleich  mit  den  EtbwÖrlcrn  gering  an  Zahl  seien. 
Wir  würden  daher  gerne  erfahren,  warum  einige  Fremdwörter  aus  der  Hdnut 
des  Vfs.  übergangen  sind,  die  doch  schon  als  bestehend  nach^ewiesen  oder 
doch  angelührt  waten.  In  Ascoli:  Arch,  glott.  1  Ündc  ich  drei  solche  ver- 
ücbtnähle  Wörter  deutscher  Abkunft,  in  der  Rät.  Gramm,  dieifs^  {§11  unge- 
rechnet), in  Ase.  Arch.  VII  563  —  57J  vierzehn  —  doch  diese  Arbeit  Ascoli» 
ist  dem  Vf.  entgangen  — :  agUn  (eigen]  ist  nur  in  der  Wörtcrsammlung  aus- 
geblieben, S.  8  steht  es.  Bei  Carigiet  begegnet  uns  eine  Uoiahl  fremder 
Wörter,  die  ohne  Zweifel  aus  dem  Deutschen  genommen  sind,  wie  acäia, 
ancher,  bagascha,  cassier,  ctntrum,  concurrtnt,  curraschn,  Uctiun,  luittr. 
mam'iTli,  marniíí,  marsch,  republicantr,  lalpelcr,  siufß,  Urmin,  darunter  nur 
selten  eines,  das,  wie  loi,  abersi,  schildcrol,  scknappar,  ichietUr,  nicht  schon 
im  Deutschen  ein  Fremdwort  ist.  Der  Vf.  weist  stillschweigend,  aber  augen- 
scheinlich und  mit  Recht  alle  blofs  papierenen  Wörter  zurück.  Nun  gehört 
gewifs  manches  der  von  ihm  übergangenen  Fremwoner  (wenigstens  derer  bei 
Carigiet)  nur  der  liücher spräche  an;  dainber  würden  wir  aber  gerade  von  ihm 
gern  ein  bestimmtes,  ausdrückliches  Urteil  hören.  Unter  den  von  mir  nach 
eigener  Anhörung  aufgezeichneten,  aber  noch  nicht  veröffentlichten  sursel- 
viachen  Wörtern  vermisse  ich  bei  Genclin  nur  noch  zehn,  denen  ich  deutsche 
Herknnii  zuspreche;  sie  sind  (nach  der  Schreibung  des  Vfs.  wie  der  gegeben); 
am^  Lampe,  evh  Koch,  fad  fade,  geschmacklos,  fieUr  Unterintter,  leurtanff 


6l8  BESPRECHUNGEN.     TH.  GARTNER, 

verkürzen,  ir  a  spaz  und  spaziar  spazieren,  touel  Dutzend,  trufel  Kartoffel, 
trumpf  Trumpf  {coh,  fad  und  trumpf  nicht  bei  Cangiet). 

Der  Vf.  verfügte  nicht  über  die  nötigen  Accentbuchstaben ,  nm  eine 
Lautschrift  anzuwenden ,  und  schrieb  daher  ungeiahr  wie  Carigiet,  aber  oboe, 
wie  dieser,  durch  den  Gebrauch  eines  langen  s  (f  )  die  UntendieiduDg  iwischen 
S  und  z,  st  und  st,  $p  und  sp  zu  ermöglichen.  Die  Leseregehi,  durdi  die  er 
sich  darüber  hinweghilft  (S.  i6),  genügen  nicht  ganz;  denn  das  seh  \Vi  giavi* 
schar,  obschon  auf  ein  deutsches  seh  (wünschen)  zurückgeführt,  ist  doà  i, 
femer  das  seh  in  rischa,  wenn  auch  von  deutschem  s  vor  einem  Vokal  stam* 
mend  (Reuse),  doch  s  (Car.),  auch  barschar  (¿)  stimmt  nicht  mit  des  Vis. 
Ableitung  von  dem  Stamme  brast  Ueber  die  Aussprache  von  sp,  st  mufs 
man  vom  alemannischen  Standpunkt  aus  entscheiden:  asp  (i),  rispli  {s).  Io 
ßtchti,  lâcher gnar,  tar  lachar  und  trachter  ist  j^  mit  ch  geschrieben,  sonst 
mit  h  (das  im  Anlaut  h  gilt).  Die  Bezeichnung  der  Tonstelle  wäre  bei  manchen 
Wörtern  erwünscht,  z.  B.  bei  arzuc,  happet.  Hingegen  wcifs  ich  nicbt,  warom 
in  dem  Diphthong  uo,  der  S.  i6  richtig  als  uf  beschrieben  wird,  often  das 
o  mit  einem  Accent  versehen  ist,  z.  B.  S.  20  hu6b,  bubt.  Selten  wider* 
sprechen  meine  Aufzeichnungen  den  Wortformen  des  Vfs.  soweit,  dafs  ich 
das  Vorhandensein  von  Nebenformen  annehmen  mufs:  für  gibubs  Kopfkohl, 
das  er  von  Kabis  ableitet,  habe  ich  in  Dissentis  bagúfs  gehört  (Car.  hagú 
ohne  'S  durile  ein  Druckfehler  sein),  in  Oberhalbstein  dyibós,  in  Samaden 
dyibúks. 

Dafs  der  Vf.  einige  Seiten  dem  Lautwandel  seiner  Fremdwörter  widmet, 
nehmen  wir  dankbar  hin;  wir  entnehmen  daraus,  dais  er  sich,  bevor  er  ans 
Etymologisieren  ging,  klar  gemacht  hat,  was  für  surselv.  Laute  den  deutschen 
Lauten  entsprechen  können.  Er  hat  auch  ganz  wohl  erkannt,  dafs  es  bei 
diesen  Entsprechungen  oft  darauf  ankommt,  in  welche  Zeit  die  Eollehiiang 
fällt  (so  in  den  Punkten  24,  28  und  30,  die  vom  deutschen  h,  w  nod  scb 
handeln).  An  einigen  Stellen  vermifst  man  diese  Rücksicht  auf  die  Entleh- 
nungszeit. Seine  Scheidung  von  offenem  und  geschlossenem  deutschem  a,  0,  e 
vtrstebe  ich  nicht.  Das  a  in  Bahre,  Rahmen,  schaffen  nennt  er  offen,  das  in 
wahr.  Rahm,  Wappen  geschlossen,  und  daraus  erklärt  er,  dafs  das  a  im  Sor- 
selvischcn  dort  a,  hier  o  gegeben  hat.  Offenes  o  ñndet  er  in  Hof,  Bogco, 
ahd.  bozo,  geschlossenes  in  grob,  schofel,  Bock,  offenes  e  in  Breche,  Wedel, 
ei^en  u.  s.  w.  Es  scheinen  hier  Rückschlüsse  aus  den  surselv.  Lauten  auf 
die  der  deutschen  Quellwörter  vorzuliegen;  doch  Entlehnungszeil  und  Uui- 
Umgebung  müssen  auch  hier  die  Erklärung  bringen  helfen,  warum  deutsches 
a,  o,  e  bald  durch  a,  0,  e,  bald  durch  0,  u,  a  wiedergegeben  werden.  Das  n 
in  Draht,  Kohle  ist  nur  ein  Schrciberschnörkel ,  darf  also  bei  lautlichen  Be- 
trachtungen nicht  in  Rechnung  kommen  (Punkt  24);  oder  nimmt  der  Vf.  an, 
dafs  man  das  geschriebene  Wort  Kohle  schlecht  gelesen  und  dann  ^ 
cotgel  romanisiert  habe?  Zur  Zeit  des  Lautwandels  tg  (/^r)  =  k  hat  m*" 
Kohle  nicht  mit  h  geschrieben. 

Die  Seiten  12 — 15  enthalten  lesenswerte  Bemerkungen  über  die  Ursachen 
der  Entlehnung  und  über  die  Verteilung  der  Lehnwörter  auf  die  verschiedenen 
Be^riffsgebiete  (Einrichtung,  Landwirtschaft,  Handwerk  u.  s.  w.). 

Nun  zu  den  etymologischen  Deutungen.  Der  Vf.  hat  nicht  einfach  die 
vor  ihm  schon  als  Fremdwörter  gedeuteten  surselv.  Wörter  gesammelt,  sondern 


GENSLINy  GERMAN.  BESTANDTHEILE  DES  RÂTOR.  WÛRTSCHATZES.      619 

riele  neue  Deutungen  aufgestellt ,  alte  verworfen  und  nicht  wenige  Wörter 
linzageiugt,  die  vorher  noch  nicht  erklärt  waren,  zum  Teil  solche,  die  ohne 
lie  Kwwifnk  des  Alemannischen  nicht  erklärbar  sind.  Für  disscn  Beitrag 
or  Etymologie  des  Surselvischen ,    der  grofsenteils   auch   den  anderen  bund- 

erischen  Mundarten  zu  gute  kommt,  sind  wir  dem  Vf.  besonders  dankbar. 
^en  kleinen  Teil  seiner  Deutungen  halte  ich  allerdings  für  unannehmbar, 
ir  unwahrscheinlich  oder  fur  nicht  richtig  ausgeführt: 

angasi  Unbequemlichkeit,  von  mhd.  angest;  dagegen  spricht  der  Auslaut 
und  die  Nebenform  malengasi  (Car.). 

anguòrt  gierig  =  in  4-  Crierde;  vgl.  ital.  ingordo  (Dz.  I  gordo),  worauf  schon 
Palliöppi  386  verweist. 

biiüucar,  "úca,  wackeln,  (Car.)  rappeln  =  wackeln;  eher  wäre  an  einen  Zu- 
sammenhang mit  ballar  zu  denken,  oder  mit  ital.  balocco  oder  mit  o.-eng. 
barloe  einfältig,  barlocea  Quaste. 

bandièra  Kriegsfahne,  von  Band;  doch  unmittelbar  vom  Ital.,  nicht  vom 
Deutschen. 

bardeigl  Vorspann  =  vor  +  goth.  tilon;  viel  wahrscheinlicher  ist  Pallioppis 
Ableitung  von  ahd.  brittil. 

hargada  ausgelassene  Leute,  von  Burg;  es  ist  doch,  wie  die  o.-eng.  Form 
brajeda  lehrt,  mit  dem  ital.  brigata  identisch,  nicht  mit  frz.  bourgade, 
wenn  auch  im  Surselv.  ein  etymologisch  gleiches  brigada  mit  anderer 
Bedtg.  daneben  vorkommt. 

hargir  weinen  =3  alem.  brieggen;  dagegen  spricht  die  dem  Vf.  bekannte 
weite  Verbreitung  des  Wortes. 

barsar  braten,  vom  germ,  bras;  gut,  aber  das  ahd.  bratan  hat  damit  nichts 
zu  thun. 

bar  schar  brennen,  vom  germ,  brast;  die  stammbetonte  Form  briia  läfst  das 
nicht  zu. 

befiar  verhöhnen  =  pfeifen;   s.  Dz.  I  beffa. 

bissacca  Strohsack  =  Bettsack;  der  Anfang  des  Wortes  wird  weder  Bett-, 
noch  bassus  (Car.)  sein,  sondern  bis-  (Dz.  I  bisaccia),  und  das  ganze 
Wort  bedeutet  zunächst  Sack  (ital.  auch  bisacca),  weshalb  man  für  Stroh- 
sack bisäka-itr^m  sagt  und  schreibt. 

biiochtls  Nocken  =  weifse  Nodcen;  z  aus  sn,  das  ist  schwer  zu  glauben. 

bbUta  Glatze  =  Blöfse,  botta  Schneeball,  vom  ahd.  bozo;  aus  s,  s  wird 
nicht  tj  es  müssen  also  alte  Formen  mit  unverschobenem  t  zu  Grunde 
liegen. 

buórsa  =  Börse;   warum  vom  Deutschen? 

eher  li  =  Kerl;   der  Vf.  meint  gewifs  das  alem.  Dem.  Kerli. 

eolraba  =  Kohlrübe;   selbstverständlich  nur  der  erste  Teil  des  Wortes. 

eomf  Hanf,  vom  ahd.  hanaf;  ich  sehe  keinen  Grund,  das  Wort  für  entlehnt 
zu  halten. 

curdar  fallen  =  mhd.  hurten;  der  Vf.  hat  offenbar  Asc  Arch.  I  59  (Note) 
übersehen. 

cutaar,  quoua,  dauern  =  goth.  wisan;   das  ist  doch  zuviel  verlangt. 

dartgè  Trichter,  dratg  Sieb  und  trachter  Trichter  werden  auf  das  deutsche 
(mundartliche)  Trachter  bezogen,  das  dritte  offenbar  mit  Recht.  Hin- 
gegen kommt  dartgè  (wie  das  deutsche  Wort)  vom  mlat.  tractarius,  dertgui 


ÒZO  BESPRECHUNGEN.     TH.  GARTNER, 

(Car.)  ,,hö1zerner  Trichter  (besonders  in  der  Sennerei)"  und  dartiái  ngroíser 
hölzerner  Trichter",  wie  ich  vor  20  Jahren  aufgezeichnet  habe,  vom  lat 
traiectorium  (o.-eng.  trachuoir  Fafstrichter  Pali.);  die  Volksetymologie 
hat  im  Oberländischen  die  Wörter  wahrscheinlich ,  wie  Carigiet  that,  auf 
dirigere,  directus  umgedeutet.  Ganz  abseits  steht  dratg  Sieb,  „weites 
Sieb"  (Car.);  man  findet  entsprechende  Formen  anderer  rät  Mundarten 
in  der  Rät.  Gramm,  und  füge  hinzu:  o.-eng.  dreg  (Pall.),  Pinzolo  (Judi» 
carien)  dra\t  drazdr,  Nonsberg  idras,  idrazdr.  Buchenstein  drat's,  ygi 
auch  ¿o  draco  bei  W.  v.  Zingerle  hier  oben  XXIV  391.  Ich  habe  einstens 
dreschen  fiir  das  Qucllwort  gehalten,  möchte  aber  jetzt  fragen,  ob  nidit 
ein  -radiare  das  Sieben  (Reitern)  der  Drescher  bedeuten  könnte. 

ditg  lange  =  dick;   s.  Asc  Arch.  VII  522  (Note). 

durchiar  rülpsen  =  drucken  ;  ist  nicht  wahrscheinlicher  als  Carigiets  Ab* 
leitimg  von  ructare. 

dutg  Bächlcin,  Wasserrinne  =  alem.  Tich;  warum  nicht  ductus? 
fazzalèt  Taschentuch,  von  Fetzen;    augenscheinlich  liegt  das  ital.  fazzoletto 
zu  Gnmde,  aber  wohl  nicht  ohne  Vermittlung  des  alem.  Fatzelet 

fueila  Fcilspäne,  vom  Deutschen;  gut,  aber  wo  das  deutsche  fU  steckt,  lehrt 
erst  die  o.-eng.,  anders  suffìzierte  Form  fugUüm  (Pali.). 

galeida  Milchkübel  =  ahd.  gelte;   eher  ahd.  gellida  (Schade). 

garantir  gewährleisten,  vom  ahd.  wërentô;  offenbar  vom  deutschen  garan- 
tieren. 

honzeli  freundlich  =  holdselig;  besser  paist  alem.  handelig  (Asc.  ArcL 
VII  571)  und  am  besten  alem.  *hanzlich  (s.  Staub  und  Tobler:  unhaoz- 
lieh  intractabilis). 

läpp  =  Laffe;   man  sagt  ja  auch  Lapp  im  Deutschen. 

let  seh  Webemasche  =  Litze,  lontscha  =  Lanze;  warum  sollten  das  nicbl 
Erbwörter  sein? 

vtaha  =  Menge;   unverständlicher  I^utwandel. 

malrecli  unredlich,  von  redlich;    doch  wohl  von  rechtlich  (s.  S.  30  recüV 

maluns  =  Mehlpaunzen;  soll  das  so  verkürzt  sein?    Nach  Pallioppi  s*^^^ 
in  Graubünden  auch  die  Deutschen  Maluns. 

mede  =  Bergmähde;   scheint  kein  Fremdwort  zu  sein  (met-arium?). 

titil  as«  neu;  novellus,  wie  Carigiet  erkannt  hat. 

nuv  Knopf  =  Knauf;  es  ist  =  nodus,  es  heifst  ja  auch  Knoten. 

palander  =  Faulenzer;  vgl.  iial.  palante  und  lomb.  halandcr  (Schneller  1 

plez  Lappen  =  mhd.  vctze;   s.  Dz.  I  pezza. 

raghignar,  ragogna  =  röcheln;    nicht  wahrscheinlich. 

rieven,  pl.  rovens  =  Rain;  auch  grd.  r(^nç  pafst  nicht  ganz  zu  dem  Woi^ 

und  das  nur  zur  bair.  Form,  die  doch  kaum  bis  ins  Vorderrheinthal 

kommen  sein  wird. 

ronsch  =  ranzig;  auch  o.-eng.  rauntsch  und  grd.  dgrdnts  fügen  sich  ^ 
ihrem  breiten  Zischlaute  nicht  dem  deutschen  Wort,  wohl  aber  dem  1Í 
ranci(d)us. 

schirar  erlahmen,  verdorren,  vom  Germ.;  s.  Mussafìa,  Beitr.  asirá. 

schlavidrar  =  schlürfen;   vgl.  tirolisch  schlawaderer  (Schneller  277). 

schliusa  Schlitten,  vom  Deutschen;    s.  Schneller  239. 


OENEUH,    G&RUAN.  BESrANCITHEILE  DKS  RÄTOR.  WORTSCHATZES.       6ï  I 


(scAuebel:)    ■ 


<   SchwcfelhÔlzchen 


i   Eolfanclln; 


tUi   surselv,  Wort 


I 


I 


kann  dem  ilal.  our  nachgebildet  sein. 

ichufUH.  haver  seh.  in  der  Arbeit  tüchtig  sein  ^  Schwang;  die  I^ute  ent- 
sprechen besser  dem  Worte  Schwang, 

stótga  =  Schotte  (bei  d.  Kästbereilung);  doch  unmittelbar  i=  escocia. 

sgagia  Häher,  vom  alcm,  gaagen;  da  das  Wort  weit  nacli  S.  und  O.  hin 
verbreitet  ist,  kann  es  nicht  wohl  ïod  einem  alem.  lautmalenden  Zeilwort 
kommen  (s.  Rät.  Gramm.  S,  13,  dazu:  Nonsberg  dydta.  Finiólo  ¿■dia). 

¡garlar   scharren  =^  ahd.  scerran;   die  beiden  stimmbaltcn  s  passen  nicht 

sitiar  =  schiefsen:  vielmehr  von  sagilta  (Car.). 

sparuti  Sprung,  Sprciíe,  (Car.)  Sporn,  sparunar  anspornen,  sptdxen,  vom 
ahd.  sprunc,  spora  Sporn  (Vorricbtune,  den  Fackstrick  gespannt  ra  er- 
halten),  vom  mhd.  spor.  Jene  iwei  Wörter  sind  unmittelbar,  oder  viel- 
leicht miiielbar  dem  deutschen  Worte  entsprossen,  das  jelit  Sporn  heifst; 
ond  wenn  zu  der  Bedtg.  Spreize,  spreizen  ein  anderes  deutsches  Wort 
verholfeo  hat.  so  wird  es  schwerlich  Sprung  sein.  Spora  aber  geht  aur 
Spule  zurück;  denn  die  Vonichlung,  die  es  bezeichnet  und  die  der  Vf. 
Sporn  nennt,  heifst  in  Tirol  Strickspule  (fehlt  bei  Scbopf).  Die  sutsci- 
viache  Form  spora  und  die  form  ipára,  die  ich  in  Pinzolo  und  in  Cagno 
(Nonsbergl  gehört  habe,  noch  mehr  die  Form  ¡puer,  die  Schneller  als 
□onsbergisch  anführt  (S.  353),  könnte  freilich  auf  Sporn  hinleiten  (zumal 
nach  Schneller  ein  Haken  in  der  Vorrichtnng  mit  einem  Sporn  Aehn- 
Kchkeit  hat).  Aber  schon  in  Obcrhalbslcin  sagt  man  ipS/f,  o.-eng.  ip^gla, 
u.-eng.  ¡pala,  in  Vigo  di  F.  kp^l^,  in  Forni-Avullti  (Carnien)  ipuilq. 

¡pia  Spiher,  vom  mhd.  spchen;  gewifs  vom  Ital,.  und  woher  es  daa  IlaL 
hat,  ist  fär  das  Surselvische  gleichgiltig. 

itruiiJu  verkiüppeU,  von  schrauben;  wohl  nur  eine  Volkielymolugie:  Cari- 
giet  achreibt  struppiau,  und  hierin  erkennt  man  leicht  das  dcnfche  Wort 
itnippicrt,  itaL  stroppialo.  Im  O.-Eng.  steht  das  Farliclp  nicht  50  ver- 
einzelt da,  wir  dürfen  daher  vielleicht  auch  im  surselv.  itruóiau  l-pp-) 
ein  Erbwort  sehen. 

lartaehar  belächeln  =  icr  + lachen;  zer-  pafsl  dem  SJnoe  nach  nicht  gut, 
tar-  dürfte  gut  lateinisch  sein  (vgl,  larmetler  v,  ■.). 

Ia¡  Grofsvater  ^  pron.  poss.  +  golh.  atta;  dn  Kinderwort,  das  auch  hei 
Deutschen  (Schöpf)  und  Slawen  vorkommt,  wo  ein  blofses  t-  kein  pron. 
vorstellen  kann. 

teia  Scheide,  von  Ziehe;  Form  und  Bedtg.  weisen  bestimmt  auf  theca. 

{lei:)  léala  Töielchen  hänge  mit  Zitte  zusamnien;  d^a  glaube  ich  nicht. 

Uglier  Teller  =  mhd.  teller;    gewifs  unmittelbar  aus  dem  ital.  tagliere. 

tichaiernàc  wüstes   Gelage  =  Zaubernacbl;    Schabernack   liegt    doch   viel 

Ischeiver  Fastnacht  ^  Zauber;  Wenn  es  schon  auf  eine  Täuschung  hinans- 
soU,  so  hätten  wir  das  lai.  decipere,  aber  da  auch  scheh'er  vorkommt 
und  im  Surselvischen  -cipere  mit  cbrium  reimt,  konnte  auch  ein  eiebrinm 
in  Betracht  gezc^en  werden, 

MgaM  Vormund  ^  ahd,  fogal;   die  laL  und  die  ital.  Form  passen  besser. 


Vera  Ring  i^  mhd.  * 


;   t.  UuiMÜft  Beitr.  1 


HDONDEB,   DER  VOKALISMUS  DER  MÜNDART  VON  DISENTÍS.       623 

R3l.  Gramm,  srltle  ich  schlcchlwcg  a,  wo  ich  iwischcD  o  und  g  geschwankt 
batic,  und  f,  wo  die  AufzeichauDgen  bald  f,  bald  g  aurwieseii.  DanebcD  gab 
a  eine  Menge  unzweifelhaftir  f.  Zweierlei  (iücblige  Vokale  hätte  H.  tielldcht 
doch  tinterscheiden  können;  mit  v  nnd  }  angestellt,  wurden  sie  das  Leien 
erleichlert,  und  sie  würden  H.  auch  verhindert  fasben,  za  behaupten  |S.  92), 
dafs  anfseihalb  der  Ton«lbe  nur  3  Vokale  vorkamen.  Etwas  unbequem  íñr 
den  Leser  sind  auch  die  Zeichen  d',  t',  P  für  die  bekaimten  Quetsdilaule. 
Ich  will  hier  nicht  davon  sprechen ,  dafs  das  nicht  einfache  Laute  sind  und 
daher  beider  mit  je  zwei  Zeichen  wiedergegeben  würde;  auch  will  ich  keines- 
wegs in  Abrede  stellen,  dafs  die  zwei  Iichechiscben  Zeichen  d',  f'  mit  ihrem 
tadiechischen  Laulwert  für  unsere  Mundart  vollkommen  tutrefTen  —  ich  linde  in 
mÓDen  Aofieicbnongen  aus  Dis»,  gtradeia  die  Bemerkung;  ,Jx  =  tsehech,  !'•'. 
Aber  im  Tschechischen  isl  dac  Häkchen  an  J,  t  soiusagen  angewachsen  (eigene 
Accentbuchslaben),  während  die  losen  Häkchen  hier  stören,  indem  sie  die 
Wörter  lerreilscn  und  für  Apostrophe  oder  fût  neumodische  GäDsefufscheo 
gehalten  werden  können. 

Wieviel  Neues  über  Ani<iprache,  Wortscbati  und  Sprachgebrauch  H. 
gelegentlich  vorbringt,  Iñfit  sich  hier  nicht  aufiahlen.  leb  möchte  nur  bei- 
spielsweise bemerken,  dab  II.  mehr  als  50  von  Genelin  nicht  verzeichnete 
Fremdwörter  au<  dem  Deutschen  anführt,  die  Ableitungen  ungerechnet. 

Der  eigenlUche  Gegenstand  iler  Abhandlnng,  der  Wandel,  den  dir  Vokale 
ia  der  Mundart  durchgemacht  haben,  ist  gründlich  und  ausiñhriich  dargelegt. 
Der  I..eier  wird  zuweileu  durch  Einicibeiten,  durch  gleichlaufende  Enchei- 
nnngen,  die  lur  Beleuchtung  dienen,  ab  und  zu  aucii  durch  eine  knappe,  blols 
andeutende  Sehlnfsfolgerung  aufgehalten,  gewinnt  aber  immer  wieder  den 
Faden  da  Gedankenganges.  Der  Vf.  weifs  im  aUt;emeinen  recht  wobl  lU 
unlericlielden ,  was  er  als  bei^limmt  hinstellen  kann,  und  wo  er  sich  mit  Ver- 
matungen  und  blofícn  Möglichkeiten  bescheiden  mufs. 

Von  den  benachbarten  Mumlarten  licht  H.  mit  gutem  Gmnde  am  öftesten 
die  des  Taveuches  (Vordetrheinquclle)  heran,  dann  die  von  Medels  (Mitle)- 
rhein)  und  endlich  die  einiger  Orle,  die  auf  der  anderen  Seite  von  Diss,  liegen, 
also  weiter  unten  im  Vorderrheingebiet,  am  Hinterrhein,  auch  im  Inngebiet, 
aber  hier,  wie  es  scheint,  nicht  nach  eigener  Anhörung-  Nach  den  Merk- 
malen der  Tavelsdier  Muodail,  sagt  er  S.  15,  „geht  Tavettch  (Medels)  in 
vielen  Punkten  mit  dem  Engadin  und  mit  anderen  bündnerischen  Mundarten, 
während  das  übrig«  ObwSldischc  meist  auf  einer  alteen  Stufe  stehen  geblieben 
ÙL  Es  ist  also  im  offenen  Thale  durch  den  innigen  Kontakt  der  G<?meinden 
unter  sich  die  Entwicklung  aufgehalten  worden,  oder  es  hat  hier  eine  stärkere 
BenedcluBg  durch  fremde  Elemente  slallge funden".  Die  erste  dieser  zwei 
Möglichkeiten  leuchtet  mir  nicht  ein.  Die  aligemein  rät.  Palatal isierung  von 
ca,  ga  I.  B.  ist  sogar  in  der  friaulischen  Ebene  ungestört  durchgeführt.  Man 
mub  also  lör  das  Vordcrrheinthal  von  Ems  aufwärts  wohl  „fremde  Elemente" 
aDiDfen,  nm  die  aufiollige  Erscheinung  iii  erklären,  dafs  da  so  viele  ca,  ga  (in 
Ems  gegen  80°/,)  nicht  palatalisierl  erscheinen.  Ich  glaube  auch  nicht,  dafs 
da  blof»  „die  Eutwicklaag  aufgehalten",  sondern  dafs  sie  rückgängig  gemacht 
worden  ist.  Man  liebl  dies,  wie  ich  in  der  Rät.  Gramm.  (S.  66)  gesagt,  aber 
vielleichl  nicht  klar  genug  ausgeführt  habe,  an  der  Ueberenläuberung,  die  in 
der  Emser  Form  6imllt¡  vorliegt.    Timone  heilst  niüiilich  ¡n  jener  Gegend  (von 


624  BESPRECHUNGEN.     TH.  GARTNER, 

Diss,  abwärts  und  ein  Stück  am  Hinterrhein  hinauf)  ungefähr  t^amún,  tiimún; 
da  temonem  nicht  in  kimúri  umspringen  kann,  roufs  diese  Fonn  aus  /¿offnriy 
oder  tiimúi]  hervorgegangen  sein.  Das  kann,  meine  ich,  nur  bei  einem 
Volke  passieren,  das  sein  i)(a,  dya  (a«  lat.  ca,  ga)  gegen  das  vornehmere 
oder  verständlichere,  kurz  fremde  ka,  ga  eintauscht.  Wie  kimúrit  ist  luch 
ragú  (Wurzel)  zu  beurteilen.  Die  Wiederherstellung  des  ca,  ga  ist  gerade 
im  Rheingebiet  nicht  so  wunderlich.  Da  ist  nämlich  die  Palatalisiemng  vor 
unbetontem  a  nicht  ganz  durchgeführt  {z.^,  bei  calcaneum,  calcina,  cateoa, 
gallina,  bucea,  soviel  ich  weifs,  nur  im  Bergunischen ,  bei  dominica  übenll, 
bei  anderen  Wörtern  in  verschiedenen  Teilen  des  Gebietes),  daher  hat  maa 
in  Diss,  nebeneinander  tif^un  und  kinlçl  (Dem.),  in  Andecr  iyat»  tiati  (PrSs.) 
und  katdr,  kathdr,  in  Schweiningen  dyat  und  gat^l  (Dem.),  iix'^  (Pñs.) 
und  skaldar,  iy(ardyf  (Last)  und  kdrdyf  (lädt),  kardyer,  t)(dthç  (Jagd)  und 
kdtsf  (jagt),  kaiser,  im  Tavetsch  ijavdi  (Pferd)  und  kavd/a  (vielleicht  impor- 
tiert) u.  s.  w.  Am  meisten  unbetonte  ka,  ga  hat  £ms  und  Trins  (auch  bei 
furca,  spica,  basilica),  schwerlich  alle  alt. 

Weil  die  Palatalisierung  des  unbetonten  ca,  ga  im  Rheingebiet  ein 
steckengebliebener  Lautwandel  ist,  scheint  mir  H.  nicht  recht  zu  thun,  indem 
er  t'/^amln  und  tiamindda  wegen  des  palatalen  Anlautes  fur  importiert  halt 
Berücksichtigt  man  die  Bedeutung,  so  könnte  man  allenfalls  annehmen,  dais 
tjamln  von  Kaminfegern  aus  dem  Innthal  eingeführt  wäre;  aber  tyamindda 
und  iyiarifl  (Made,  Geizhals)?  Auch  über  das  bekannte  tochen,  entochen (bis) 
fallt  II.  ohne  hinreichenden  Grund  das  Urteil:  „Das  Wort  dürfte  importiert 
sein",  weil  das  -qua  der  „alten  Schreibung  antroqua"  lautgesetzwidrig  und 
das  gleichbedeutende  fin  noch  in  erstarrten  Resten  erhalten  sei.  Zunächst 
verweise  ich  auf  Ascolis  Erklärung  (Arch,  glott.  VU  526 — 8),  die  H.  anderswo 
(S.  77)  selbst  anzieht;  dann  möchte  ich  noch  folgendes  hinzufügen.  Antroqua 
ist  nicht  einfach  die  alle  Schreibung  zu  nennen:  es  ist  die  Woriform  oder 
Schreibung  der  beiden  Gabriel,  und  ich  wüfste  sie  nur  noch  aus  Caminada 
(1690)  zu  belegen,  der  überhaupt  einfach  die  Schriftsprache  und  Schreibung 
von  Gabriels  Neuem  Testament  anwendet.  Man  könnte  meinen,  das  -qw 
habe  -ka  bedeutet;  aber  „a  Trouckua  jeu  sund  vargau  vi"  (bis  ich  vorüber- 
gegane;en  bin)  in  der  Predigt  L.  Gabriels  (Decurtins,  Rät.  Gramm.  I,  i,  S.66) 
schliefst  die  Auslegung  aus.  Auch  antrocca  ist  nicht  häufig;  ich  finde  es  in 
späteren  Uebersclzungen  des  N.  T.,  bei  De  Casutt  (1731),  der  die  Sprache 
der  Bibelübersetzung  nachzuahmen  sucht,  und  in  La  giuvantegna  dilg  Joh* 
Barandun,  scrit  ilg  dialect  da  Fcldis  (Cuera  1864),  also  in  einer  ol)erländischen 
Gegend,  wo  man  schon  1601  antocka,  1618  antocca  schrieb.  Wahrscheinlich 
sind  alle  jüngeren  antrocca  gekünstelt,  vielleicht  schon  1665  bei  dem  Kapu- 
ziner Da  Salò,  der  einmal  entrocchen,  sonst  eniocchen  hat,  und  1674  bti  Aliil 
(auch  kath.),  der  antrocca,  antrochen,  entrocca,  aber  auch  entocca  und  entoc'igl 
cuolm  schreibt.  Die  gewöhnlichen  Formen  im  rheinischen  Schriftium  sind 
antocca,  antoccan,  im  18.  Jh.  (auch  schon  im  Muossament  1654)  entocca,  eo" 
tochen.  Wenn  eine  Form  importiert  wäre,  so  könnte  es  nur  die  mil  intt*^ 
sein;  die  mit  inlus,  oder  wie  H.  (S.  47)  meint,  die  um  das  r  verkürzte  Form 
ist  gänzlich  unanfechtbar.  Dafs  daneben^«  bestand,  ist  nicht  auliallij:;  *^ 
Greden  hat  man  als  gleichwertig  nebeneinander  fit¡  und  iikii¡  (=  m  hex;  in')- 
Ein   dritter    Fall,    wo    H.  eine  Woriform   seiner   Mundart   ohne  ausreich^'D^^*^ 


.,    DER  VOKAUSUUS  DBR  MUNDART  VON  DISENTÍS.      625 

GTuad  lue  unecbl  halt,  ist  der,  daù  er  dì^us  durch  „Wisdcreinrdhrung  der 
lat.  Farm"  erklärt.  Mir  Echcint  aber,  dafs  gerade  in  der  Gegend  von  Diss. 
die  Nominativ  form  ohne  künstliche  Beihilfe  erhallen  ist  (vgl.  Rät.  Gramm. 
S.  75  f.).     Dem  Gegensau  di^us  —  m(s  (meus)  steht  der  Gegensati  frani,  dien 

—  roien  inr  Seile. 

Huonder  geht  Rätseln  nicht  gern  aus  dem  Wege;  man  ftndet  deshalb 
in  seiner  Arbeit  eine  Menge  schwieriger  Punkte  besprochen.  Einige  Wotl- 
dentungen  sind  sehr  beachtenswert,  z.B,  die  von  cuizar,  zun  (S,  S3),  dctg  (S.  47), 
besonder!  die  nach  meiner  Meinung  endgiltige  Auslegung  von  scheiver  (S.  65); 
dralg  (Sieb)  hat  er  mit  radiare  xusammengebrachi ,  wie  gleichzeitig  ich  in  der 
Besprechung  der  Arbeit  Genelins  {s,  oben  S.  499).  Die  Ableitung  des  Wortes 
ladlar.  tallar  von  altenlalare  will  ihm  nicht  gefallen  (S.  5$);  meinen  Vorschlag 
(licitukre,  Grundrifs  I  468)  scheint  er  übersehen  xa  haben.  Zxi  peda  weifs 
Genelin  ein  wahrscheinlicheres  Etymon  als  H,  [S,  37).  Eine  besondere  Vor- 
liebe hat  H.  für  ac,  atque:  er  sucht  es  in  nsche  (8.94)  und  qnei  (5.34).  Ital. 
cosi  und  quello,  drittens  auch  in  a,  tal.  et;  hier  nur  deshalb,  weil  dieses  a 
zuweilen  nicht  ?,  soudeni  wie  ein  volles  a  lautet  (S.  37).  Das  sind  Fehlgriffe, 
wie  er  wohl  selbst  schon  einsehen  wird.  Den  breiten  Zischlaut  in  tschcotar 
(ven.  sentar)  schreibt  er  zweifelnd  dem  Prgñx  ei-  zu  (5.  36);  abet  dieses  Präfix 
palst  dem  Sinne  nach  nicht  (vgl.  scorcarti).  Dai  v-  in  vdi  ^  aì  (babeo)  sei 
den  Formen  vein  (l.  P.  PI.),  vevel  (Impf.)  entnommen  (S.  15);  aber  warum  sagt 
man  denn  nicht  auch  i'ni?  Es  kommt  offenbar  vom  Pron.  ieu,  dessen  -u  vor 
ai  ein  hiatustilgendes  v  abgiebt.  Perpeten  (S.  9z)  hätte  H.  lieber,  wie  Ascoli 
(Arch.  glotL  VU  S04),  zu  pnrsepen,  pierten  (S.  98)  stellen  solleni  hingegen 
kann  die  PluraKorm  logeos  mit  diesem  -en  wohl  keine  Beziehung  haben.  Die 
Entwicklung  von  -ludine  -f-  a  zu  -delgna  ñndet  H.  (S.  6¡)  „nur  dann  lautlich 
möglich,  wenn  >nl'in  =  incugiue";  in  der  That  gehen  alle  mir  bekannten  rit 
Wortformen  für  Ambofs  aof  incugine,  incujine  zurück,  sehr  deallich  auch  das 
ven.  iTjttììine  in  Portugruaro. 

Die  Endung  -el  der  1.  Person  der  Verba  leitet  er  nach  Aicoli  von  der 
legelrcchten  l.  Person  der  Verbalslamroe  auf  Kons. -1-1  ab  (S.  10).  Dagegen 
sprechen   aber   folgende  Umstände,     Erstens  befindet  sich  unter  diesen  Verben 

—  ich  kenne  ihrer  40  —  kein  einiigcs,  dessen  1.  P.  Sing,  von  besonderer 
,  Häufigkeit  wäre.  Dann  scheint  mir  der  Vergleich  muaglar  —  maunghel  ca 
^tsancar  —  braunchel  oder  rifilar  —  ntstel  ^  ristar  —  restel  doch  zu  uneben, 

!  solche  Analogie  zu  veranlassen.  Drillens  sitzt  das  -el  gerade  im 
rtopetfecmm,  wo  der  Summauslaut  der  Verba  gar  keine  Rolle  apielt,  beson- 
I  ders  fest,  wie  H.  in  der  Note  lehn  und  eine  Hs.  aus  dem  Anfange  des  18.  Jhs. 
»(Decurtins,  Rät.  Chrest.  I,  1,  S.  73)  zeigt.  Zu  der  Herleitung  des  -ei  aus 
Ikillum  hingegen  stimmt  sehr  gut,  was  uns  H.  in  derselben  Note  über  den  Ge- 
(brauch  der  unerweilerlen  Form  der  1,  P.  Sing.  bericbtclT  wir  sehen  da.  wie 
I  dieses  Scheinobjekt  (ais  allzn  laut  schreiende  Tautologie)  in  solchen  FáUen 
I  vegbleibt,  in  denen  das  wirkliche  Objekt  unmittelbar  darauffolgl.  Ich  halte 
f  daher  aufrecht,  was  ich  in  der  Rät.  Gramm.  S.  log  f.  gesagt  habe.  Man  erlaube 
:i  störende  Vergehen  zu  berichtigen,  die  sich  dort  ünden.  Erstens 
I  fit  auf  S.  Ito  immer  Obwäldisch  und  Niedwäldiscb  gesezt,  während  ich  Cadi 
I  und  Foppa  meinte.  Zweitens  heifst  habet  im  Tavetsch  Ç,  nicht  a  (so  auch 
1  verbessern);   man  kann  also  nicht  sagen,  dais  im  Tavetsch  schlecht- 


Zäucbi.  L  ram.  PI 


40 


626  BESPRECHUNGEN.      TH.  GARTNER, 

weg  die  3.  P.  Sing,  (p^rta,  ^)  auch  als  T.  P.  gilt,  sondern  vielmehr:  man  hat 
aus  der  2.  P.  (portas,  as)^  bei  den  regelmälsigen  Verben  zugleich  aas  der 
3.  P.  {p^rta)f  eine  i.  P.  gewonnen,  die  sich  nun  besser  anschloß.  Man 
brauchte  zu  dem  Ende  nur  das  für  die  2.  P.  charakteristische  -j  we^^bssen 
{pqrta,  a).  Im  Präsens  der  regelmäfsigen  Verben  hat  die  Ungleichsübij^dt 
der  3  Personen  (Port,  portas,  P^rta)  zu  der  Neubildung  Anstois  gegeben, 
im  Imperfectum  aller  Verba  die  Gleichheit  der  l.  und  3.  Person  (purtdva, 
era).  Nicht  unmöglich  wäre  es  übrigens,  dafs  p^rtfl  an  einem  Orte  aufge* 
kommen  wäre,  wo  man  es  vorher  schon  mit  p^rta  versucht  hätte. 

Schliefslich  noch  eine  harte  Nufs,  die  H.  vornimmt  :  das  bekannte  bia 
(viel).  Zu  den  Schwierigkeiten,  die  schon  Ascoli  selbst  in  der  Ableitoog 
aus  plerus  gesehen  hatte  (Arch,  glott.  I  loi  f.),  trägt  H.  noch  eine  ans  der 
Tavetscher  Form  entspringende  herbei  und  denkt,  wenn  auch  ohne  Zuver- 
sicht, an  ein  Etymon  bell -art  Der  erste  Teil  würde  begrifflich  darch  frz. 
beaucoup  gestützt,  den  zweiten  entnimmt  er  einer  Redensart,  worin  art  mit 
part  synonymisch  verbunden  ist  und  nach  ihm  von  hereditäre  stammt  (ich 
möchte  es  lieber  =  arte  setzen).  Meinen  Erklärungsversuch  (Rät  Gramm. 
S.  80)  übergeht  er,  hält  ihn  also  wohl  für  noch  weniger  passend.  Aber  man 
erwäge  doch  i)  vor  allem,  was  für  ein  betonter  Vokal  zu  Grunde  gelegt 
werden  mufs,  damit  alle,  oder  doch  die  meisten  mundartlichen  Formen  ohne 
Zwang  erklärlich  sind,  2)  was  für  eine  Lautgruppe  davor  gestanden  haben 
mufs,  dafs  sie  bald  zu  bdy,  by,  bi,  bald  zu  bl  erleichtert  werden  konnte,  nnd 
3)  was  für  ein  Redeteil  das  gewesen  sein  muCs,  dafs  es  früher,  zum  Teil  jetzt 
noch  der  adjektivischen  Flexion  widerstrebt  und  einstens  eine  Mehrzahl  auf 
-a  bildete  (Rät.  Gramm.  §  T02).  Diese  Erwägungen  haben  mich  anf  den  be- 
kannten  ital.  Ausdruck  un  migliajo  geführt.  Unu  milliariu,  in  der  Bedeutung 
geschwächt,  mufste  auch  lautlich  vereinfacht  werden  und  konnte  umbilliario 
oder  gleich  um(b)liariu  ergeben,  dann  auf  syntaktischem  oder  auf  lautlichem 
Wege  bliariu  (bljair).  Die  ^nzc  Konsonantengruppe  zeigt  noch  das  bergü- 
nische  blyer  und  das  heinzenbergische  bly(,  das  1  hat  man  am  Vorderrhein, 
im  Schamserthal,  im  Bergoli  und  im  obersten  Innthal  fallen  lassen,  das  j  in 
Ems,  im  Domleschg,  am  Oberhiilbsteiner  Rhein,  im  Innthal  von  Zemei  ab- 
wärts imd  im  Münstertbal,  in  einzelnen  Orten  des  Rheingebietes  ist  l  und  j 
verloren.  Der  betonte  Vokal  stimmt  in  den  meisten  der  von  mir  aus  37  Orten 
Graubündens  gesammelten  18  verschiedenen  Formen  zu  -iarium.  Zu  den 
paar  Orten,  wo  der  Vokal  erst  durch  Proklise  des  Wortes  oder  durch  ana* 
logische  Anlehnung  an  den  Nachbardialekt  erklärt  werden  kann,  gehört  Dis* 
sentis;  aber  im  Tavetsch,  wo  sich  das  Obwäldische  ungestört  entwickelt  hat, 
sagt  man  lautgerecht  bi^.  —  Nachträglich  verweise  ich  noch  auf  ven.  mier. 

Eine  Arbeit,  auf  die  so  viel  Fleiis  und  Nachdenken  gewendet  ist,  ver- 
diente auch  die  gröfste  Sorgfalt  bei  der  Drucklegung.  Von  Druckfehlern  hat 
man  darin  glücklicherweise  nicht  viel  zu  leiden,  es  handelt  sich  nur  um 
Kleinigkeiten.  Von  §  52  springt  es  gleich  auf  §  55  (S.  loo),  und  dann  kommt 
noch  ein  §  5$  (S.  104).  In  den  Zusätzen  beruft  sich  H.  im  Sonderabdruck 
auf  die  Seiten  der  anderen  Ausgabe,  so  dafs  der  Leser  des  Sonderabdruckes 
die  Zahlen  immer  um  426  vermindern  mufs.  Endlich  bezieht  sich  H.  (vS.  38, 58) 
auf  einen  „Index",  der  aber  leider  nicht  beigegeben  ist.  Ein  Index  hätte  ihm 
manche  wiederholte  Begriffsangabe  erspart.    Hofifentlich  bearbeitet  Dr.  Huonder 


CANDRIAM,    der  DIALEKT  VON  BIVIO  -  STALLA. 


i2^ 


bald  den  Kon^onantisl 
Cirigiets  Wörterbuch 


US  un^  Itägt  diDn  den  Index  nach;  dadarch  würde  e 
a  dankenswerlher  Weise  ergänzen  lud  b^chtigen. 
Theouoii  Gaktner. 


C&ndriAH.  J.  F..  Der  Dii 

1900,  72  S.  S.  (Dahinter 

Ein  Bericht   über   die 

des  Obcrhalbsleinet  Rheine 


1  Bivio-StalU.  (Diss., Zürich}.  Hallea^. 
Vila,  BeríchligungeD). 

Mnndart  van   KlalU  {an   der  Quelle 
sehr  willkommen,  und  wir  danken  Ulrich 


dafür,  dafs  er  einen  jungen  Gelehrlen  dahin 
Bolchen  Aufgnbe  bflahigt  war.  Ich  habe  iwat 
ningen  mit  einem  Stallner  eine  kleine  Aarnabrr 
¡eut  immec  das  bange  Gerdhl,   dafs  sie  nicht   ' 


luigesandt  hat,  der  zu  einer 
selbst  im  J".  lS8a  in  Schwel- 

■  gemacht,  aber  ich  hatte  bis 
rlSfsUcb  genug  sein  mochte, 
r  mit  dem 


* 


:inzigen  Manne  vorgenommen  wurde,  und  z 
Manne,  der,  wie  er  Eagle,  der  einzige  ansässige  Katholik  in  Stalla  war.  Mit 
dieser  Sonderstellung,  so  mufste  ich  farchlen,  hängt  vielleicht  auch  eine  Be- 
ioBderheit  in  der  Abstammung  und  in  der  Sprechweise  lusammen.  Nod 
haben  wir  die  erwuDsclite  Kontrolle.  Candrian  mag  sich  an  den  hundert 
und  etlichen  Worten)  aus  Stalla,  die  meine  Rät  Gramm,  enthält,  ein  Vorbild 
genommen  haben,  aber  er  schreibt  die  Laote  seiner  mehr  als  700  Wörter  und 
seiner  vielen  Fleiionsformen  ganz  selbständig  und  mit  vollkommen  ausreichen- 
der Genauigkeit.  Die  eiufachea  Laute  und  die  Testerea  Verbände  wie  ¡s, 
1X  u.  s.  w.  sind  in  iwei  Tafeln  lusam  mengest  eilt  (S.  4  f.).  Mit  &,  í  bezeichnet 
er  Zischlaute,  die  nicht  so  breit  sind  wie  i.  i,  mit  H,  T  die  palalilisierten  n,  1. 
Das  ist  iwar  nicht  gaui  Conséquent  gegenüber  ti,  li,  ty,  dy  u.  s.  w.  ;  dass  Ì 
nicht,  wie  das  polnische  (weiche)  I,  nur  ein  palatales  1  ist,  sondern  wie  dy 
mit  einem  y  endigt,  wird  C  sofort  bemerken,  wenn  er  sich  etomal  von  einem 
Polen  oder  Russen  ein  „weiches"  1  zwischen  Vokalen  vorsprechen  läfsl,  und 
âberdies  bezeichnet  das  Î  dort,  wo  es  gebräuchlich  ist  (im  Poluiicben},  gerade 
das  harte  I.  Jedoch  ich  verstehe  seine  Zeichen  und  nehme  weiter  keinen  An- 
Hofs  an  ihnen,  sondern  entscbliefse  mich  leicht  dazu,  sie  hier,  um  den  Leser 
nicht  durch  zweierlei  Lautzeichen  zu  verwirren.  gleichTalls  anzuwenden. 

Auch  die  unbedeutendsten  unterschiede  zwischen  unseren  Aufzeich- 
nungen sind  der  Anfuhrung  wert.  Bald  täfst  der  eine,  bald  der  andere  von 
uns  einen  Gleitlaut  als  selbstverständlich  weg.  Candrian  schreibt  fúírtja, 
buina,  anlltr;  ich  hielt  es  für  selbstverständlich,  dafs  man  heim  Uebergange 
von  H,  1  zum  r  durch  ein  flüchtiges  dumpfes  e  komme,  und  schrieb  är,  tr, 
C.  schreibt  pluS,  maña  (führt),  ich  seUle  in  meinen  Aufzeichnnugen  ein  kleines 
Í  nach  a;  in  der  Rät.  Gramm,  liefs  ich  es  weg  {bäi»  -S.  [6Ú  soll  bany  heifsen). 
C,  hat  tua,  mûr,  ¡xamlza.  vielleicht  nur  weil  er  im  Augenblick  unbewnfct 
voraussetzte,  dafs  vor  Vokalen  und  slimmhnften  Konsonanten  der  betonte 
Vokal  lang  ausgesprochen  werde,  während  ich  die  Länge  anmerkte.  Er  schreibt 
7r  (aurum)  und  or  (foris),  ich  beide  lang  (was  anch  zu  kör  passi).  So  wird 
auch  bltr  (viel)  in  blir  zu  verbessern  sein;  ich  schwankte  zwischen  blër  und 
Wfr,  wie  C.  zwischen  fêr  und  r^r  schwankt.  Vot  /,  v  schreibt  C.  n  {unfdnt, 
anvßrn),  vielleicht  nur  weil  er  da  die  Aussprache  m  für  BclbstverslSndlich 
wenigstens  habe  ich  diese  Wörter  mit  m  geschrieben,  Uebei  die 
,0« 


BESPRECBUKCBN.      TH.  GARTNEK, 


62S 

dumpren  nobctonteii  Vokale  bin  ich  mir  iSBo  nicht  r«clit  IcUr  geyrotáeat 
unterscheidet  twti,  S  imd  Í,  und  wird   nebt  haben. 
dafa   er   das   lusUatendc  -a   aU   ein   niata  a  daisieUi;    mein  SuUner  hit 
mcfküch  Terdumpft.     Ein  objeklivci  Unterschied   liegt   gewifï   bei  den  1 
lauten   vor.     C.  unterscheidet   von   i,  i,  wie   gesagt,   ein   minder  bteil« 
(neben  anderen  Konsonanten,  z.  B.  it,  16.  di),   er  hatte  sogar  Mähe,  iwi< 
di  and  dy  zu  unterscheiden,   während  ich  nur  i,  Î  hörte   und  nie  im  Z« 
war,  ob  ich  dz  oder  dy  schreiben  sollte.    Es  ist  daher  úíndyír.Undyif 
verhüll.     Was  ich  von  dem  ur   in  jenem  Worte  halten  soll,  weifs  ich  ni 
ich  denke,   liir    ungere   ist  doch   gewifs   ándíír   die   richtige   Furm- 
tilgende  v  und  y  (i)  iiabe  ich  öiier  gefunden  als  C;   ¡it'él,  ut/ít.  ifJia.  ■ 
bei  C;  süéi,  ulî,  ipcix,   vta.     Andere  Vetschiedenhñten   sdieinen  durci 
Ka.mp[  hervorgerufen  zu  sein,   den  die  Mundart  dieser   kleinoi  Gemeinde 
den  Nachbardialekten  lu  bestehen  hat.     Mein  Siatlaer  hielt  es  mehr  mit  in 
(kalb.)  Oberhalb  stein,    indem    et    ianúT.    iaìtr. /urinila,    h/?/  ngtc,  ii2\aai> 
Eich  dianúT,  diaür,  furmla,   nul   bei  C  ans  Bctgeliíscbe  anlehnt;  lUctduil' 
sieht  es  umgekehrt  bei  üga,  C.  üva.    Für  digitus  habe   ich  dtt  (nine 
in  Schweiningen   und  im  U.-Ber^ell),   C.  ddint  {wie  im  O.-Eng.),   lïr  1  . 
ich  liif  (ohst.  llj),  C.  lilvi  («Chams.).    Chat  die  ilaliuusierlen  Potmen  kuUf^ 
sígont  und  ki^a  (neben  >^i>a)  bekommen,  mein  Stallnet,  Lehrer  an  ^i 
nischen  Schule   za  Stalla,   wufste  diese  Italianismen  tu   meiden   und  g>b  mir 
die  Formen  kunlfil,  sagínt  und  das  betgellische  galúij  (nei>Bn  i^io).    Au* 
die   ital.-berg.  Ordinalia  von  seztus   aufwäru   hat   er   mir   nicht   voigcbnc^ 
(Rät.  Gramm.  5.  199).     Wenn   ich   nun  noch  veimelde,   dafs   meinen  ForaB 
ill   (es   und  habes),   kañéicr  {Part,   iuña'sta)   und   éièt   (Sommet}  bd  C 
kuHâUr  und  aétít  gegenübersteht,   so  habe  ich  alles  aurgeüblt,   «otia  «ñ 
der  Wiedergabe  der   ungefähr   300  Wörter   und  Verbaliomieu,   die  wir  b« 
erfragt  haben,   von   einander   abweichen  —  gewiss  ein   günstiges  Zeuglii 
beide  Aufnahmen.     Die  Wörlersnramlung  bei  C  (S.  63 — 71)    bat  daher  tt 
grofsen  Wert;  man  möchte  sie  nur  noch  reicher  sehen,  nad  teli  gebe  dnb 
unten  einen  Beitrag  dazo. 

Candrian  hat,  wie  wir  sehen,   eine  gute  Eignung  und  Schulung  in  prak- 
tischer Lautkunde  mitgebracht,  und  zwei  Hilfen  sind  ihm  noch  in  den  S 
gefallen:  er  ist  ein  Oberländer  und  hat  eine  Stallner  Handschrift  au  dal 
des  17.  Jhs.  benutzen   können.    AU  dn   Voriug  Ist  noch   die  öbersiclii 
Einteilung  der  Arbeit  zu  nenneu. 

Die  Lautlehre  (S.  7 — 37)  hat  allerdings  einige  Schwachen,  giol 
dadurch  hervotgetufen ,  dass  C.  fremde  Wörter  wie  abiler,  anali,  ■ 
dyenitûrs,  dyüdttsi,  dyüéC,  fruì,  galdida,  güíl,  kaadya,  kafir,  kéd&i, 
natura,  naturel,  pat,  frufiler,  sifarír,  ls¿dlr,  jiUsi  oH 
mischt  und  sich  von  ihnen  irreführen  lässl,  obwohl  er  andere  entlehnte  Wort 
erkennt  und  sie  demgemäss  behandelt.  Eine  unrichtige  Ableitung  stellt 
auf  für  falsùl  (Taschentuch),  dyanler  (ienlare),  dyüvdya  (Jovia),  «flli* 
(miscit-ura,  nicht  mixtura),  pait^  (Weidegias)  nod  für  obi.  tiavré  (sepali 
nicht  eï-).  C.  verfolgt  ganz  gut  die  Einwirkung  eines  a  in  der  Endsilbe 
den  \'okBl  der  Tonsilbe  und  erklärt  sich  die  „lingua-Resultate"  (!)  aller  1 
Dialekte  durch  diesen  Einfluss;  aber  für  ï'ftva  glaubt  et  ein  laL  vedui  ^ 
u  mSssen  (S.  13).    Ich  wrifi  nicht,   ob   er  vdfïva  oder  vUva 


CANDRIAN,  DBR  DIALEKT  VON  BIVIO -STALLA.  629 

ivartet  hätte;  aber  ailé  und  7ê  kommen,  wenn  ich  nicht  irre,   sonst  in  der 
Itfimdart  nicht  vor,  es  konnte  daher  leicht  das  geläufige  ^?  dafür  eindringen. 
IDass   tantnm,   qnantnm,  cantum  (wenn  das  ein  Erbwort  ist:  vgl.  kani,  nicht 
txant,   in  Schweiningen)  ihr   -antn  in   'aunt  nnd   dann  wieder  in  ^ant  ver- 
wandelt hätten,  wäre  möglich;  aber  es  ist  doch  kaum  glaublich,   dafs  sie  alle 
Wörter  anf  -anta,  -ante,  -antia,   -anca  „nach  sich  gezogen  hätten",  während 
-ande,  -ando,  -anno,  -amno,  -anea  ç  bekommen  haben.    Für  -ent,  -end  (-mnt, 
•end)  stellt  C.  keine  solche  Theorie  anf.    So  steht  in  diesem  Abschnitte  neben 
▼ielem    Guten    auch   Zweifelhañes,   Unvollkommenes    und    Irriges.      Zweimal 
wendet  er  sich  gegen  die  Rät.  Gramm.,   das  eine  Mal  mit  Recht.    Ich  hatte 
Dimlich   (S.  34)  unter  die   Beispiele   für  Ueberentäufserung   auch  Wörter  mit 
^  ans  au  (al)  gestellt,  wie  sie  Stalla,  Sus   und  das  O.-Bergell   darbieten.     C 
ist  nun  im  stände,  auf  die  Hs.  aus  dem  17.  Jh.  und  auf  die  Aussprache  eines 
benachbarten  Dörfchens  gestützt,  zu  zeigen,  dafs  in  Stalla  au  —  ä  —  f  eine 
regelmäCsige  Entwicklung  ist  (S.  22) .     AuTser  den  f  aus  au  (al)  sind  auch  die 
f  aus  a  vor  r  und  n,  als  regelrecht,  in  jener  Stelle  der  Rät.  Gramm,  wegzu- 
lassen.    Der  zweite  Widerstreit  ist  folgender  (S.  9)  :  „Gartner  möchte  die  Aus- 
nahme   [dafs  in  Stalla  und  im  O.-Eng.  das  a  vor  einfachem  m  a  ge- 
blieben ist]  dem  ital.  Einflüsse  zuschreiben;  diese  Ausnahme  kann  aber  ebenso 
gut  eine  Lantentwicklnng  sein,  die  das  Stall.,  das  O.-Eng.  und  das  Berg,  mit 
der  Lombardei  gemein  haben".   Freilich  haben  die  genannten  Mundarten,  und 
eben  gerade  sie,  diese  „Lautentwicklung*',   d.  h.  die  Erhaltung  des  lat.  a  vor 
einfachem  m,  mit  der  anstofsenden ,   vom   Bergeil   nicht  einmal   durch   einen 
País  getrennten  Lombardei  gemein,   und  darum  sagte  ich  (Rät.  Gramm.  S.  38) 
und  wiederhole  ich:  „Es  liegt  nahe,  diese  Ausnahme  dem  ital.  Einflüsse  zu- 
zuschreiben". 

Die  Flexion  ist  recht  fleiiisig  erforscht  und,  so  weit  ich   es  beurteilen 
kann,  richtig  dargestellt  (S.  37 — 56).     Das  /üi^  in  tfeza-fütf^  würde  ich  nicht 
einen  „alten   Genitiv"   nennen  (S.  37);   foci  muíste   doch  fül  lauten.     Unter 
den  Grundzahlen  ist  tsatdnta  70  ausgeblieben  (S.  39),  unter  den  Formen  von 
habere  (S.  53)  die  3.  P.  Sing.  ^.     Alleinstehendes  unus,  wie  in  an  hh/ir  œna 
(sc.  schoppa),  verdient  nicht  den  Namen  Artikel  (S.  45);   C.  hätte  daher  kurz 
sagen  können:  Der  Artikel  heif^t  ün,  una.     Das  Anwachsen   des  Pron.  pers. 
an  die  2.  Pers.  Sing,  und   an  die  i.  Pers.  Plur.  scheint  eine   ganz  junge  Er- 
scheinung zu  sein«     Mir  hat  man  1880   fur   die  i.  P.  Plur.  nur  Formen   ohne 
Hba  angegeben:  purtdñ,  dän,  puddñ,  niñ,  aber  IslSnts  (sumus),  ferner  für  die 
die  2.  P.  Sing,  pçriiis.  Ideas  und  péhst,  vini  st,  aber  nur  ist,  de  st,  fest,  post, 
vest,  sest  —  wohlgemerkt:  immer  -st,  noch  nicht  -et,  wie  C.  hat.     Dass  aus 
•st  bald  'it  werden  mufs,  ist  begreiflich,   weil   die  Verbindung  st  innerhalb 
eines  Wortes  dort  sonst  nicht  besteht.     Gibt  die  Hs.  aus  dem  17.  Jh.  keinen 
weiteren  Anfschluss?  Warum  hat  uns  C.  nicht  eine  Zeile   aus   ihr  mitgeteilt? 
Hoffentlich  gibt  er  sie  ganz  heraus. 

Die   wenigen  Druckfehler   stören   nicht;    aber    was    »r^tu'*    S.  14,  Z.  6 
lieíísen  soll,  bringe  ich  nicht  heraus. 

Kun  mein  Beitrag  zur  Wörtersammlung  (in  C.s  Schreibung): 
dlòìfr  m.  Baum         ared'ër  Pflug  batuda  Schlag  W//  nicht 

<in{tviSs  zurück  aviól  Biene  het^  Bock  brüht  m.  Brust 

^^U^U4Íl  nur  bap  Vater  bigudyint  ungern     butUga  Flasche 


630 

BESPRECHUNQEh 

.      B.  KOSCUWITZ,                                    ^1 

Imií/r  käsKn 

guäyent  gern 

núTTM   Schaf                tmanrOir.tmtJ^ 

dai^l  «dv.  schnell 

fu^i.-Jo.schielend  ¿ka  Gans                           wundmi         ^H 

Ssa  jet«                        tídla  Winsdub- 

davíi.  -M.  letzter 

itisi  oben 

pdlma  Handfläche         gebSude 

äiilfr  Fingerhut 

kalken  Ferse 

P(l  f.  H«ut                     ítamúm  Soni 

dretx,    a,  cecht 

iatlS¿ña  Kalk 

f^a  Tanne                    Uram  Stroh 

dyidyüñ  Dächlcrn 

klm'é  Scheune 

t^na  Ofen                     Ux^rdùmm 

dyo,  dyesU  unten 

kU  m.  Klee 

dyüdyinir.  \ 

kot  flalm 

verlieren                    trvfU,  -a.  itóch 

dyädy..fi.    1^="*" 

krafi  Stein 

fifítn  Kamm             td,ia   Lein»»od 

dmia  adï,  gerade 

trfita  K-rnm 

piìir.  pely.  nehmen  tdiOr.   P«t  w.Ii, 

f»«/a  Woche 

kúírf  f.  Hof 

titm  klein                       weben 

er  auch 

kuir  brfilen 

í^á»/a  Fufisohle        téndEír.  fStben 

er  m.  Feld 

ÍH//Í/J  Hals 

//d,ja  Hobel                /o/,*aj  gldchEüi^ 

rr/Ji  m.  Egge 

kurtvaUñ  Nachbar  pldia  dafütx  Herd   tr/lia   geüochttii' 

faUUlo  Sichel 

kära  wann 

^«7.Pl./W«,Lau>         Packslrick 

/ár?r(kalh.}Pfanet  *Äi?r,  Palt.  iniia 

^rir(kalh,)  Priester   î/tï,  -da.  hiMci 

/oreria  (k.)  Pfarrei 

nahen 

frümavdira   Früh-  /ruíy  Fursiltig 

farfala  Schmettet 

ling 

Ugréia  Freude 

radânl,  -da,  mnd           bergen 

fiiœla  Bohne 

/1'ji.ri  einerlei 

rfli-oGr  schenken     tudéS/x- "¡.Atwa 

fil*a  f.  Felsen 

lÜHdaidl  Montag 

rali  Wurzel                /;,</^  Hündin 

yj«  f.  Sense 

«affr  fressen 

fíiirfy¿r.r«/;it.sagen  l/nräm  IMa          Í 

ßTa  Tochter 

nnJma  Muller 

riva  Rübe                  /^ä^^,  hateo       ■ 

/í¿fr  spinnen 

mdndra   Herde 

ré^ya  Säge                  léartx¿r.  l*rft^M 

firidfil  Spinnrad 

Bijfrfi  Dienstag 

ril^.  -a,  reich                  suchen            ^H 

/<!?/■»>  m.  Backofti 

marénda   Vesper- 

rHfiV,  r3*,  biUen     ri?rj  m.   Bär       ^| 

furtxéta  Efaeabel 

brod 

r»™J»/i.   -a.  täte-  «i/a  so               ■ 

fi^ir  rauchen 

fd/a  weibl.  Katie 

mçrdîr.  Pari,  »ipri  jfl///  Heuschrecke     líiiír  m,  EoM  ^| 

gfrbradyir. 

beissen 

sídyíl  m.  Roggen    t-j™.  Warm      ^1 

gfrbret-i  gärben 

«10/  Hügel 

íd/í;-  Furche               vifis  Eltern        ^1 

góta  Nagel 

mÚHdar,  Part. 

ia-«(iro  oben               tur  über             ^H 

granala  Getreide 

m«««,  melken 

i«/Ä.  .0,  allein           iu^äigr.   Part.    H 

ffflj,  -sa,  felt 

na  nein 

«¿uf/i'/-  auhäreu              ZHiiJï£>.uqo^^| 

grenàétta  Gröfse 

tilítíl  m.  Nest 

Theodor  Gaktku.   ^H 

Eugen  Herzog, 

Materialien   zu 

einer  neuprovençalischen  Syntl^^ 

Sc  para  tab  J  ruck 

aus    dem  XXV.  Ja 

hiesbericble   der  K.  K,  Staats  -  Unurml-      1 

schule  im  V.  B 

lirUe  von  Wien.    Wien  1900.   8".   13  S. 

Das  Proven  cal  i  sehe,   das  gegenv 

artig  in  der  alten  Provincia  gesprocheB 

oder  gesehrieben 

wird,  ist  auch  abgesehen  von  seiner  lauüichen  Gestalt  ver- 

schiedener  AiL    Am  reinsten,  urvriichslgslen,  aber  doch  Dicht  anvcTmisdit  mit 

namenüich  vul^reo  franzosischen  Elementen   erscheint   es   im  Muade   der  Pro- 

vençalen,   Jie,  abgelegene  Ortschaften  bewohnend   und    am   zähestcn   an  all« 

^^ 

r 


MATERIAUEN  ZU  EINBR  NPROV.  SYNTAX.  63 1 

Eigenart  feitbaltnid,  sich  im  Hause  und  Verkchre  BQSscbliefslicIl  dea  eio- 
beimiachen  Idioms  bedimcn,  und  die  das  Französische  entweder  überhaupt  nie 
gekannt  oder  doch  nach  der  Schalheit  wieder  völltg  verlernt  habcD.  Diesen 
I  lunächsl  stehen  diejenigen  provecçalischen  Landbewohner,  denen  die  heimische 
I  Hundart  zwar  ebenfalls  das  natürlichste  Ausdrucksmittel  ist.  die  aber,  um  eine 
I  höhere,  allerdings  nicht  vorhandene  Bildung  zu  zeiget!,  wenigstens  im  Verkehr 
lieber  jenes  ans  französischen  und  proven  fai  ¡seh  en  Elementen  zusammengesetzte 
I  Kauderwelsch  sprechen,  das  in  der  Felibrelitteratur  zu  komischen  Wirkungen 
^r  häunger  auftiill.  Noch  mehr  wieg!  diis  Franiöstsche  vor  bei 
i  mittleren  Volksklassen  der  S lädtebe wohner,  die  das  Proven- 
[  falische  als  ein  zu  verachtendes  Platt  betrachten,  und  daher  durchaus  &an- 
»echen  oder  sprechen  wallen,  in  dieses  Französische  aber  in  Aas- 
■pracbe,  Syntax  und  Wortschalz  eine  sehr  reiche  Dosis  der  alteinhcirotschea 
Sprache  übernehmen.  Unter  den  höheren ,  litterarisch  gebildeten  Volksklassen 
der  Provence,  die  im  mündlichen  und  schriitlichen  Verkehre  sich  ansschlieCs- 
lich  des  Französischen  lu  bedienen  pflegen,  muís  man  wieder  unter  denen 
unterscheiden,  die  in  ihrer  Kindheit  und  Jugend  das  einheimische  Idiom 
flielsend  zn  beherrschen  gelernt  haben,  ihm  aber  durch  ihre  reu  Iranzösische 
Erziehung  mehr  oder  minder  enlftEmdet  sind,  und  die  ¡hm  dann  entweder 
fremd  bleiben,  oder  —  and  das  ist  der  Kall  bei  den  meisten  Felíbres  —  wied^ 
ans  lokalpatriolischin  Gründen  näher  treten  und  eine  höhere,  litterarische  Aus- 
bildung geben  wollen.  In  dem  Französisch  dieser  Gattung  von  Provenfalen 
bleiben  nur  noch  leichtere  laatliche  und  leiikaliscbe  Einwirkungen  aus  der 
Volkssprache  übrig,  die  den  nel  verspotteten  sog.  sädlichen  aceitt  ausmachen. 
Es  giebl  endlich  auch  recht  viele  Provençalen,  die  der  alteioheimischen  Sprache 
völlig  fem  sieben  imd  die  onler  Umstanden  ein  reineres,  von  lokalen  Ka< 
Aussen  imahbängigcrcs  Frtinzösisch  sprechen,  als  manche  hochgelehrte  Pariser, 
die  dem  Pariser  Platt  des  Volites  allzu  viele  Cancessionen  machen.  Dafs 
von  diesen  entwurzelten  Proveojalen  manche  durch  ihre  Unkenntnis  der  Sprache 
ihrer  VSter  sich  zu  einer  höheren  Menschenklasse  erhoben  dünken,  sei  als 
Kuriosum  nur  beiläuäg  erwähnt.  Natürlich  gilt,  W3,s  eben  für  die  sprach- 
lichen Verhältnisse  der  Provence  gesagt  wurde,  mulatis  mutandis  auch  far 
den  übrigen  Süden  Frankreichs. 

Herzig  hat  es  in  leiner  Broschüre  nur  mit  dem  Kunst-  oder  Schrifï- 
ptoven^alisch  der  Felibres  zu  thim;  er  benutzt  ausschliefslicb  einige  Werke 
Roumanille's  (Oubrelo  en  Proso  und  en  Vers),  Mistral's  (MirHo,  NerlO. 
Pouimo  J6u  Pose.  Tatto  d'au).  Gras'  (Renianeero)  und  duneben  merkwür- 
digerwcise  die  von  Montel  und  Lambert  hg.  Ckanis  populaires  du  Langue- 
doc, also  Teste  eines  andern  Mundariengebietes.  Das  ursptöngUchere  Pro- 
vençaliscb  der  Illitteraten,  das  man  nur  auf  mündlichem  Wege  oder  mittelbar 
aus  den  Schriften  der  Felibres  kennen  lernen  kann,  die  die  Volkssprache  un- 
verlalscht  wiederzugeben  suchen,  bleibt  bei  H.  aobeachteu  Doch  finden  sich 
auch  in  dem  gewöhnlichen  Schriflpiovenfalisch  der  Felibres  noch  genügend 
syntaktische  Eigenheiten  der  Volkssprache  bewahrt,  und  jnit  Recht  bemerkt  H. 
(S.  31),  daü  meine  Behauptung  „la  syntaie  des  Felibres  ne  diffòre  pas  bean- 
coup  de  celle  du  français  littéraire"  nicht  allzu  wörtlich  zu  verstehen  ist  Nor 
dais  Notwendigste  und  AoflSUigite  dieser  syntaktischen  Abweichungen  konnte 
ich  in  meiner  Gramm,  d.  ¡,  langut  des  Filtbres  aufnehmen,  deren  Inhalt  von 


632  BESPRECHUNGEN.     E.  KOSCHWTTZ, 

H.  gewissenhaft  verwertet  ist.    Manches  hätte  er  far  seine  Beobachtungen  de^«,^ 
Mistral' sehen    Tresor   entnehmen   können,    den   er,    wenigstens  systemttisc;^^ 
nicht  ausgenützt  hat.    In  ihm  konnte  er  z^  B.  auch   die  Erklärung  fur 
ihm  §  40  unklar  gebliebenen  Artikel  in  :    Quau  de  la  sàuvi  noun  preti, 
la  vierge  noun  se  souvèn  finden;    es  handelt  sich  um  die  Salbei,  die  n^^^ 
einer  Legende  Maria   auf  der  Flucht  nach  Aegypten  verbarg.    S.  Tres,  s:  f 
sàuvi.     Savie  de  Fourviero's  Grammaire  et  Guide  de  la   Conversation  pro. 
vengale  (Marseille,   P.  Ruât,    54  rue  Paradis)  ist  ihm  offenbar  unbekannt  gt- 
blieben.    Er  hätte  auch  diesem  Elementarwerk  manche  Anregung  und  maodie 
Ergänzung  entnehmen  können.    So  zu  seinen  §§9 — 12,    wo  die  bei  Xar.  de 
Fourviëre  p.  61  f.  zu  findenden  Angaben  fehlen,   dafs  das  unbestimmte  man 
auch  durch   die   2.  Sgl.  ausgedruckt  werden  kann  (Beisp.  Es  uno  cause  que 
sentes  e  que  la  pos  pas  dire  =  c'est  une   chose   que   l'on  ne  peut  exprimer 
u.  dgl.),  und  dafs  neben  Pon  namentlich  von  Dichtem  auch  gern  on  gebraodit 
wird.     Zu  seinem  §  43  hätte  ihm  Xav.  de  Fourv.  p.  44  2°)  eine  wülkommaie 
Ergänzung  gegeben.     Die  Bemerkung  Xav.  de  F.'s  p.  39  3®):   L'adjeclif  üni, 
pluriel  de  un,  uno,  a  parfois  le  sens  de  quauque,  mit  einem  auch  von  H.  §  6 
citierten  Beispiel  hätte  ihn  wahrscheinlich  an  seiner  Gleichsetzung  dieses  iini 
und  des  wienerischen  a  {a  ßmbve  u.  s.  w.)   stutzig  gemacht.     Das  in  §41  ver* 
mifste   dire  d*o  hätte   er  bei  Xav.  de  F.  p.  136,   und   auch   im  Tres.  s.  t.  0 
finden  können.  U.  s.  w.    In  zweifellosen  Irrtum  ist  H.  trotz  der  Nichtbeachtoog 
dieser  Hilfsmittel  nur  selten  verfallen.    So  §  18,  wo  er  a  passa  tèms  (=  habet 
^passatum  tempus)   einem   frz.  au  temps  passé  (prov.  au  tèms  passa)  gleich* 
setzt;    oder  wenn  er  §  52  bei  veni  =  sagen,   das  immer   ein  Dativpronomen, 
ein  coume  acó  u.  ä.  bei  sich  verlangt  (=  deutschem  in  beschränktem  Umfange 
gebräuchlichen:   er  kam  mir  so  und  jö),    die  Ellipse   eines  Verbums  sagen 
nahe  legt.     In  einigen  andern  Fällen  ¡st  die  Deutung  H.'s  wenigstens  anfecht- 
bar.    Die    mousiacho,   bouco   und  bouqiietto  (=  Unter-    und   Oberlippe)  hätte 
er  in  §  2  unter  die  zweiteiligen  Gegenstände  aufnehmen  sollen;  Conslnictioncn 
wie  die  in  §  13  citierten  sind  auch  im  Nfrz.  keineswegs  unerhört;  §  45  u.  sonst 
ist  eme  =  <?  zu  deuten  und  zu  übersetzen,  und  dann  bedarf  es  hier  keines  P~ 
des  Verbums  xaxà  ovveoiv\  das  lis  è  i  (es)  §  49  =  sie  sind  es,  ist  eben  doch 
verschieden  von  dem  vorausgehenden  es  .  .  èli  -^  sie  sind  es;  in  dem  du  un 
is  autre  §  54  vermag   ich   nichts  Unlogisches   zu   sehen,    wenn  auch  die  pro- 
vençalische  Aulfassung   nicht   der   französischen  entspricht;    auch  in  dem  §  t>^ 
citierten  Beispiele  läfst  sich  si  =  frz.  si  (rheinländ.  doch)  auffassen;    doch  ist 
die  Verwendung    von    si   überhaupt    genauer    zu    umschreiben.  —   Für  diese 
schwächern  Stellen   entschädigt  H.  durch  scharfsinnige  Erörterungen,  wie  die 
einleuchtende  Erklärung  von  n*en  (§  102),  und  die  allerdings  noch  nicht  völlig 
überzeugende  Ableitimg   von  is<^in  illos  in  §53.     Auch    die   übrigen  Beob- 
achtungen H/s   bringen   wertvolle  Ergänzungen   für   die  neuprov.  Syntai  und 
legen  von  der  Veranlagung  des  Vcrf.s  für  derartige  Untersuchungen  ein  gutes 
Zeugnis  ab. 

Am  Schlufs  seiner  Arbeit,  die  sich  nur  ausnahmsweise  in  das  noch  un- 
angebaute  Feld  der  altprov.  Syntax  hineinwagt,  bringt  der  Verf.  ein  paar  all- 
gemeine Betrachtungen.  Die  Punkte  aber,  die  er  dort  anführt  (§  4,  6,  9,  12), 
und  die  das  Provençalische  vom  Französischen  entfernen  und  mit  den  sud- 
romanischen   Sprachen   vereinigen   sollen,    lassen   sich   als   solche   nicht  ancr* 


E.  HERZOG,    MATERIALl&K  ZU  EINER  NFROV.  SYNTAX.  633 

J  kennni;  tie  finden  sämtlich  im  Allfrnnzos.  ihre  SdtctiEtückc:  von  Erscbcinungcti, 

I  die  apeiiell  dem  SSdfmniös.  angelioreii,   ist  mir  nur  die  in  §  102  geschilderte 

■u«   andern   romaniichen  Spracheu   nnbekacDl.     Die  meisten   der  bei  den  Fe- 

1   libres   vorgefundeneD  Eigentümlichkeilen   haben   einmal   auch   auf  nardfranzä- 

chem  Boden  beslnnden   und   sind   entweder   schon  im  Allfraniöa.,   oder  eist 

I  im  Mittel-  und  Neufranzös.  geschwunden ,    oder   gegenwärtig  nur  noch  in  den 

[  nordfranzös.  Volltsmuadarlen  erhalten.     Es  liegea  die  Dinge  auf  lyntah lisch em 

I  Gebiete   demnach   genau  wie  auf  dem  lauitichen:   das  gegenwiriige  Provença- 

I  Uicbe  enthält  unverändert  oder  in  der  Entwicklung  begriifen  eine  Fälle  älterer 

I   franzüsischer  Spracherscbeinungen  und  kann  deshalb  auch   auf  diesem  Gebiete, 

1   da   diese  SptacherscheinungcQ   von   den  Provençalen   in   ihrer  Bedeutung   klar 

I  begrifTen   und   em^funden   werden,    der   historischen   Grammatik   deb  Franiö- 

]  dKhen   tiefTliche  Dienste  leisten.     Dars   ein   feiner   ansgernhiles  Studium  der 

I  nenprovenfalischea  Syntax  auch  I3r  das  der  ahpiovençalischcn  und  der  hialo- 

I  dachen  Syntax  des  Sädeni  Frankreichs  eine  Notwendigkeit  ist,   and  dafs  eine 

ktugearbeitete  historische  Syntax  des  Proven zaiisc hen  wieder  der  des  Francö- 

Bscben    und    der  äbngen  romanischen  Sprachen    ron  wesentlichem  Nutzen  ist, 

bedarf  keiner  Ausführung.    Ea  kann  darum  nur  mit  Freuden  begrüfst  werden, 

wenn  H.,    wie   er   andeutet,    auf  dem   eingeschlagenen  Wege   fortfahren   und 

seine  Untersuchungen   auf  ältere  Zeilen   und  weitere  südliche  Mundartgebiete 

ausdehnen  will. 

E.  KosCHWiTZ. 


Ott,  Andri  G.  (de  Zunch),   Étude   sur   les   coulera   ea   vieux  frauf: 
Paría,  Bouillon  1899,  fo-S,  Xll-f  lS6p. 

Le  snjet  de  ce  travail  est  Tort  intéressant,  les  matériaux  r^nis  1 
riches  et  disposés  selon  un  plan  bien  conçu,  L'auteur  examino  le  sort 
tennei  de  couleurs  lutins  en  vieux  français,  leur  disparition, 
avec  ou  sans  changement  de  signification.  Pour  chaque  couleur  M.  O.  ¿tudie 
1)  ce  qui  appartient  i,  la  tradition  Ialine,  j)  ce  qui  revient  ä  ki  création  ro- 
mane, qu'elle  soit  A)  basée  sur  In  tradition  ou  fi)  non  basée  sur  la  tradition; 
ce  qiû  est  dû,  ou  bien  a)  à  un  changement  de  sens,  on  b}  i.  un  emprunt  ì 
one  autre  langue.  De  plus,  l'auteur  distingue,  pour  chaque  vocable,  entre 
o)  son  emploi  au  propre  et   ß]  son  emploi  au  figuré. 

11  n'y  a  rien  ì  objecter  contre  cette  disposition.  Mais  il  faut  dire  que 
le  travail  de  M,  Ott  n'est  pas  d'une  lecture  tout  ï  fait  agréable  ou  facile. 
L'exécution  typographique  en  est  tellement  peu  pratique  qu'on  a  de  la  peine 
à  s'y  retrouver;  en  outre,  le  livre  fourmille  de  fautes  d'impression  et  de  lapsus 
de  toute  sorte;  certains  exemples  sont  attribués  à  des  Icites  fautifs,  pour 
d'autres  la  provenance  n'est  pas  indiquée,  etc.  Évidemment  de  telles  erreurs 
peuvent  se  glisser  dans  toute  publication,  mais  ici  la  correction  laisie  vrai- 
ment trop  à  désirer. 

Comme  il  a  déjà  été  rendu  compte  de  cette  étude  dans  crois  revoea  sdenli- 
liques,   k  ma  connaissance,'   je  n'indiquerai  id   que   quelques  détails  qui  n'ont 


034  BBSPRSCHUNGBN.     Elf.  WAHLBXRO, 

pas  ëté  releTés  par  ces  savants  critiques  ou  auxquels  j'ai  encore  quelque  cb^^ 
à  ajouter. 

P.  3.  L'auteur  oublie,  en  parlant  des  dérivés  de  albus,  a&un,  qui 
au  moins  dans  un  des  textes  dépouillés:  l'albun  tU  Vœf  Lapid.  de  C^^^ 
bridge  844.  —  P.  6.  M.  Ott  croit  que  dans  la  locution  targe  florie,  Xoy^ 
signifie  plutôt  „blanche**  que  „peinte  à  fleurs"  ;  il  a  certainement  tort,  cf.  p,  et 
Vit  Us  escus  qui  erent  paint  a  flour  Auberi  180,  24,  esctts  poins  a  fiers 
Elie  II 72  CE  vait  ferir  Makaire  sor  son  escu  a  or  Que  Us  flor  s  et  les  pures 
contre  val  en  estoit  Aiol  904b,  Et  vaä  ferir  son  oncU  par  grant  vigor,  Qw 
de  Pescu  li  trenche  U  maistre  flour  ibid.  3378).  —  Ame  florie  „blanche  d'io* 
nocence,  pure**  ;  c'est  plutôt  „couronnée  de  fleurs'*  :  En  eUs  manoä  courtoisù 
Et  humiliten  la  florie.  Est  dont  florie  humilitenP  OU;  et  Us  flours  de  li  Ut 
Que  cil  qui  en  Paradis  sont  Des  fleurs  de  li  lor  chapiaus  font  Cliomadès 
2729 — 34  (cf.  aussi  En  paradis  coronnee  et  florie  Aym.  de  Narbonne  135,  dté 
par  M.  O.).  —  P.  7.  Dans  les  deux  premiers  exemples  cités,  blatu  ne  signifie 
guère  „de  couleur  blanche  brillante'*,  mais  uniquement  „brillant,  Inissint";  ni 
Durendal  ni  les  osberc  n'étaient  blancs,  dans  l'acception  moderne  du  mot 
Il  en  est  sans  doute  de  même  de  l'exemple  suivant  :  La  crigne  qui  fu  blan- 
chete,  cité  à  la  p.  14;  les  cheveux  d'une  jeune  touse  ne  sont  pounant  pas 
„gentiment  blancs**.  —  P.  28.  Nerçoier  ne  signifie  pas  que  „apparaître  noir", 
mais  aussi  bien  „s'assombrir,  pâlir**  (comme  nerir,  nercir):  D'ire  ¿t  de  ma»' 
ta/an t  nercie  Ren.  (Martin)  XI,  2515.  —  P.  30.  A  propos  de  mor,  morel,  re- 
marquez destrier  morandin  Auberi  182,  i  (manque  dans  Godefroy),  ionn¿ 
comme  ferrandin,  —  P.  35.  Chenu,  „gris  brillant**  („blanc**).  Il  y  a  dans  le 
Rom.  d'Alix,  un  exemple  fort  curieux  de  ce  mot,  Quant  voit  par  le  ventalle 
Us  blons  cœi'eus  cenus  31 1,  13,  avec  lequel  on  peut  comparer  la  crigne  hlan* 
chete,  mentionnée  ci-dessus.  —  P.  40.  Bis,  „gris  sombre,  gris  brun",  semble 
quelquefois  avoir  le  sens  de  „sombre**  tout  seul:  Vait  ferir  si  grant  cep  en 
Vescu  d^asur  bis  R.  d'Alix.  114,3.  USt  H.  —  P.  46.  Si  Hart  ne  si^înitie  que 
„gris**  (clair  ou  foncé),  comment  expliquer  cet  exemple,  fourni  par  M. Oit 
lui-même:  Le  Hart  ros  en  destre  enmeine  Thèbcs  4478,  Gaydon  $126:  Il 
n*est  pourtant  pas  probable  que  ros  ait  ici  le  sens  figuré  de  „laid"  (cf.  p.  lOö 
— 107).  —  P.  58  l'auteur  confond  escolorir  et  escolurgier,  confusion  d'iuunt 
I)lus  étonnante  que  le  verbe  esculurst  se  rapporte  à  li piez  dUcels.  —  P.  60,3)- 
l\int  „ayant  perdu  ses  couleurs,  pâle**.  Cette  traduction  est  beaucoup  trop 
lebtreinte,  cf.  Dou  bran  qui  crt  soilliez  et  tains  CK'omadès  909,  Dou  soleil 
fu  noircis  et  tains  J.  de  Condé  XXXV,  241  ;  dans  ce  dernier  exemple  nous 
voyons  deux  mots  qui  généralement  signifient  „pâle",  employés  pour  dé>ignei 
un  teint  hâlù.  Il  fallait  indiquer  le  chemin  que  teint  <^tinctum  a  parcouru 
pour  aboutir  à  la  sijjnification  „pâle".  Pourquoi,  du  reste,  l'auteur  ne  cite-i-il 
que  le  participe  passé  du  verbe  teindrei  —  P.  62.  Dans  la  Chirurgie  Je 
Mr  H.  de  Mondeville  on  trouve  quelques  exemples  de  Tadjectif y«iy«<'  if^"^'" 
bloics  ou  noires  ou  f usque  s  3005  (de  même  1058,  1733,  voyez  le  Glossaire); 
cette  forme  est  évidemment  un  latinisme  (le  texte  en  question  est  traduit  do 
latin).  —  P.  76.  Ayant  consacré  ailleurs^  une  étude  spéciale  aux  vocables  hU^* 
blau,  bloi,  je  me  bornerai    ici  à  dire   qu'il   n'est  pas    possible  de  séparer  bl^^ 

^  Dans  un  recueil  d'études  romanes  qui  va  paraître  en  Suéde. 


OTT,  trUDM  SUR  LBS  COULEURS  EN  VIEUX  FRANÇAIS.         635 

^  blau,  pas  plus  qae  ^u  et  /a»,  fou  et  /au,  clou  et  elau  ;  les  fonnes  en  (tu 

^nt  propres  à  l'extrême  Nord^    Il  n'est  pas  permis  non   plus   de  nier   que 

^fci  ait  pu   signi6er  „bleu".  —   P.  78  M.  Ott  cite  un  exemple  où ,    selon  lui, 

^iftit  s.  m.,  signifiait  „couleur  jaune  brillant"  :   Dous  culurs  a,  mais  ke  un  poi 

^eint  a  cristal  e  teint  a  bloi  Lapid.  de  Marb.  593 — 4.     Le  texte  latin  de 

^arbode  nous  montre  cependant  qu'il  ne  s'agit  pas  de  la  couleur  jaune  mais 

de  la  bleue: 

Huic  bina  dantur  species,  totidemque  colores. 

Cristallo  similem  Germania  mittere  fertur 

Caeruleo  temen  infectum  rutiloque  colore 
{Jfarbodi  liber  lapidum  seu  de  gewunis,  éd.  Beckmann,  Göttingen  1799,  p.  56); 
en  outre  la  leçon  —  restituée  —  de  Pannier  n'est  pas  bien  assurée;  le  ms.  A 
porte  poie  :  bloe,  B,  pou  :  blou  (voy.  les  variantes). —  M.  O.  cite,  pp.  85  et  129, 
comme  termes  de  couleur  citrin  et  grenat;  Uune  est  granate,  altre  citrine 
Lapid.  de  Marb.  343;  il  aurait  donc  dû  admettre  aussi,  parmi  les  mots  signi- 
fiant „bleu",  l'adjectif  qui  suit  immédiatement  dans  le  passage  allégué:  (L'altre) 
evage  îbid.  344  (et  353).     Le  texte  latin  a: 

Nam  sunt  granati,  sunt  citrini  venetique 
{^Marbod,  éd.  Beckmann ,  p.  36).  —  P.  86  sofrené \  dessafreni  (manque  dans 
Godefroy)  se  trouve  aussi  dans  un  des  textes  examinés  par  M.  O.,  Rom.  u. 
Past.  I,  47,  21  {guimple  dessaf  renée).  —  P.  91.  L'auteur  ne  croit  pas  que 
per  s  puisse  jamais  signifier  „bleu  azuré",  comme  le  veut  Godefroy;  ce  doit 
pourtant  être  là  sa  signification  dans  l'exemple  suivant,  —  bien  que  le  mot  y 
soit  pris,  pour  ainsi  dire,  moitié  au  figuré,  —  Le  temps  n'y  est  per  s  ne  ver- 
meil, Tousjours  y  fait  obscur  et  noir  Romvart  625,  5.  —  P.  105.  Rovel,  nom 
d'un  des  fils  de  Renart  (Ren.,  éd.  Martin,  I,  1605  etc.),  méritait  d'être  men- 
tionné. —  P.  121  Mons  vers,  mons  floris,  mons  rosés  Caritè  CCXXXUI,  2; 
je  pense,  avec  l'éditeur  du  texte  et  Godefroy,  que  rosé  a  ici  le  sens  de  „cou- 
vert de  roses",  plutôt  que  „couleur  de  rose,  rose",  comme  le  veut  M.  O. 
{fiori  naturellement  =  „couvert  de  fleurs",  non  „blanc").  —  P.  127.  A  propos 
de  affoué  „rouge  comme  le  feu"  on  peut  aussi  citer  fuîn,  foin,  avec  la  même 
signification,  p.  ex.  Best,  de  Phil,  de  Thaun  2985  {Chalcedoines  ki  est  fuin  . . .). 
—  F.  140.  Je  doute  que  esmeraude  soit,  à  proprement  parler,  un  terme  de 
couleur  dans  l'exemple  allégué  par  l'auteur.  Et  esmeraude  est  de  color  Lapid. 
de  Berne  1142.  Pour  ma  part  j'y  vois  tout  simplement  le  substantif  esme- 
raude;  le  traducteur  rend  plutôt  gauchement  le  latin: 

Crassum  quippe  virens  similis  solet  esse  smaragdo 
(Jfarbod,  éd.  Bedonann,  p.  83,  v.  684).  —  P.  154,  L  8  l'auteur  cite  Aiol  9843; 
U  faut  lire  9845. 

Quant  à  l'appendice  sur  beau  et  laid,  on  peut  différer  d'avis  avec 
l'auteur  sur  le  droit  de  figurer  ici  de  certains  mots  allégués,  comme  l'on 
pourrait  désirer  y  trouver  d'autres,  qui  ont  été  omis,  p.  ex.  seignori{l)  :  al 
cors  signori  (voy.  Godefroy);  mais  il  est  naturellement  impossible  de  tracer 
id  une  limite  absolue. 

Malgré  ces  restrictions,   je   tiens   à  le   dire  en  terminant,   le  travail  de 

M.  Ott  est  très  méritoire  et  rendra  de  grand  services. 

Em.  Walberq. 


636  BESPRECHUNGEN.      H.  SCHNEEGANS. 

Studi  glottologici  italiani  diretti  da  Giacomo  de  Gregorio.    Voli 
primo.    Torino.     Casa  editrice  Ermanno  Loescher  1899. 

Den  bei  weitem  gröfsten  Teil  des  Bandes  (p.  I — 202)  nimmt  cine  Ar%^ 
de  Gregorios   ein  „Contributi  alla  Etimologia  e  Lessicografia  romanza    ^ 
ispeciaU  considerazione  ai  vernacoli  siciliani".     Der  Zweck   dieser  nach  cfe^ 
Plane   von  Körtings  Lateinisch  •  romanischem  Wörterbuch    geordneter  léxico. 
graphischer   Beiträge    ist,    wie    wir    aus    dem  Vorwort    sehen,    ein   doppe/rer. 
Erstens  uniersucht  de  Gregorio  die  Etymologie  romanischer  Wörter,  die  ihm 
fraglich  erscheint,  andererseits  registriert  er  speziell  sizilianische  und  nameat* 
lieh  Wörter  aus  der  sog.  lombardischen  Kolonie  Siziliens  San  Fratello,  deren 
entsprechende  italienische  Formen  oder  lateinische  Etyma   angegeben  werden. 
Dieser  doppelte  Zweck   verleiht   der  ganzen  Arbeit   das   Aussehen  eines  un- 
fertigen Konglomerats  verschiedenartigster   Bruchstücke,    die  nur  durch  die 
alphabetische  Anordnung  äufserlich   zusammengehalten  werden.    Dem  eigent* 
liehen  Lexikon  werden  zwei  Note   preliminari   vorausgeschickt,  von  denen 
aber  nur  die  erste  im   engeren  Zusammenhang  zu   dem  Folgenden  steht  Sie 
polemisiert   gegen   die  nach  de  Gregorios  Meinung   in   den  bisherigen  etymo* 
logischen    Arbeiten     zu    sehr    her  voi  tretende    Neigung     deutsche   Etyma  für 
romanische  Wörter  zu  suchen,  welche,   wie   er  p.  1 1  sagt,   »,piü  che  da  altro, 
nasce  dalla  deferenza  verso  il  grande  fondatore   degli  studi  comparati  neo- 
latini" und   manchmal   so  weit   gehe,  dafs    (p.  14)  ,»in   tali  raffronti  s^sso 
l*  italiano,  il  francese  e  lo  spagnuolo  acquistano  tutta   la  sembianta  di  dia- 
letti tedeschi*'.   Das  ist  doch  eine  recht  gewagte  Uebertreibung  und  wir  fragen 
uns,  ob  sehr  Viele  an  die   „spassionata  ricerca"  glauben  werden,  welche  de 
Gregorio   seiner   eigenen   Forschungsweise   im  Vergleich   zu   der  der  Anderen 
nachrühmt.    Während  diese  Vorbemerkung  gewissermafsen  anzudeuten  scheint, 
dafs  de  Gregorio   in   seinen    etymologischen  Untersuchungen   sich  vor  diesem 
vermeintlichen  Fehler  das  deutsche  Element  zu  sehr  zu  betonen,  nach  Krätten 
zu  hüten  vornimmt,   steht  die  andere   nur   in   sehr   losem  Zusammenhang  zoni 
Folgenden    und   behandelt   die  Frage,   wie   ital.  -gli-  sich  zu  ch  verhalt,  d.h. 
wie  das  lat.  cl  sich  im  Inlaut  rcgclmäfsig  entwickelt.     De  Gregorio  bekämpft 
die  Ansicht  Meyer-Lübkes,    dafs   die   verschiedene  Enlwickclung   von  cl  teils 
zu  gli»  teils  zu  ch  auf  die  nach-   oder  vortonige  Stellung   zurückzuführen  sei, 
will  im  allgemeinen  von  einer  Erklärung  durch  Lehnwörter  nichts  wissen  und 
teilt  auch  Ascolis  Meinung  nicht,  dafs  es  sich  um  eine  doppelte  Entwickelung 
nach    dem   Typus    macula  ]>  macla  y>  inagla   oder  macula  >•  macla  (c<^ 
il  gruppo  d'I  7neno  fuso)  ^  macchia  handle.     Nach  ihm  müsse  man  die  Ent- 
wickelung zu  gghjy  die  ja  im  Anlaut  und  im  Inlaut  vorkäme  (z.  B.  mfhittoso) 
als  die  gewöhnliche  ansehen.     Das  mouillierte  /,    welches    mir   im  Suttix  vor- 
käme, sei  auf  Suffixwechsel  zurückzuführen,   der  nur  in  einigen  der  bekannten 
Doppelformen  veglio  -vecchio  u.  s.  w.  eine  Folge   französischen  Einflusses  sei. 
Dieser  Suiïîxwfchscl  sei  relativ  neueren  Datums   und   reiche   nicht  bis  in  die 
vulgärlateinische  Zeit  zurück.     Damit   ist   unseres  Erachtens   die  Schwierigkeit 
noch  nicht  gehoben.    Denn  wir  müssen  immer  noch  fragen,  woher  denn  dieses 
Suffix  -glio  kommt. 

Nach  diesen  einleitenden  Erörterungen,  von  denen  die  zweite  in  Hinsicht 
auf  das  Folgende  vielleicht  andeuten   soll,   dafs  de  Gregorio   der  Analogie  »n 


STUDI   GLOTTOLOGia    ITALIANI    DIRBTTI    DA   DE  GHBGOKIO.     637 

srinen    elymologischen    Unteisnchungfo    pörseren    Spielraum    gewähien   will, 
folgt  das  cigiDtliche  Lcxüton.     In  der  Bcbandlung   der  mundarUichen  WÖitir 
lit  de  Giegorio   recht   ungleich.     Kiaeiseits   lülirt  er   siiilianische  Worter   au, 
deien  Etymologie  so  aelir  suf   der  Hind    liegt,    dits   sie   ohae  irgend  welclien 
Schaden   hätten   ausgelassen   werden   können:   expandere  ^  spanniri,   fall 
■>  fau,,:    fel>/ri,.    frnum  > /™».    filaoeum  > //a^n«,    finclum  > 
.    finiu,    haberc>aiii>i;  mcdiCQS>inírfí™.   monachus  >  mona™,  natare 
1   >  natari.  Dosier  "^  nostru,  palus^^/u,  pertusus  > /ir/Míií,  pila> 
I   fila,   aercnus  >■  siriiiu,  stabile  >■  stabuli,  irnnsire  >■  Iraiiri.    Uanolig 
i*t    auch    lu    bemetken,    dafs    siz.  armoj'u   ein    anderes   Etymon    vetlnagt   als 
mnaticum,    das  dammaiu  gicbt  (p.  78).    Das  sieht  doch  jeder.  ^   Umge- 
kehrt hatte  de  Greg,  an  anderen  Stellen  die  Etymologien,  die  er  anlübrt,  mehr 
j   b^^ründen  müssen.     Aus  lautlichen  Gründen  haben  wir  Mühe  ihm  ohne  wei- 
teres  zu    glauben,   dafs   iSi.  bräunt   von    congrus    kommt,    sb.ßsg-iu   von 
focilis,    sfincia  von   fungia,    piazz.  lustrina  von   doctrina,    sic.  cumnUg- 
gkiari  von   convolere   {hier  wegen  des  ggkj  aus  mouilliertem  /).     Ungeoan 
ist   es   auch   linnirt   von   lens   und   Ubbru   von   lepus  atigeleitcl  anzuführen. 
Da   hätte    wenigstens    der  Casus    obliquas    angegeben    werden    müssen.     Aber 
auch  so  ist  htMinniri  von  lindinem  das  n  zu  r  zu  erklären,     n  >■  r  kommt 
siz.  nur  seilen  vor  (cf.  modanu  >  moJaru  ganz  vereinzelt). 

Sachliche  Erklärungen  dürften  nicht  fehlen  bei  criatu  =  jirzio  <  crea- 
tura —  ein  „ErschafTencr"  ¡st  doch  nidil  sofort  dn  „zum  Dienen  Erschaffener", 
d.h.  ein  Diener  —  und  bei  ¡traf alaria  =^  eslremaminle  brutto  von  eitra-V- 
iallarius;  falla,  wovon  es  abgeleitet  wird,  ist  doch  =  Betrug.  Wie  reimt 
sich  das  zusammen?  Fraglich  erscheint  mir  bei  sfacciddaia,  Ohrfeige,  die 
Erklärung  des  ^da-  aas  analogi^chero  Einflufs  von  maseidda  Wunge.  Wäre 
nicht  eher  -idda  das  Diminulivsurfii  :  s  -\-/ac-\-illa  ^  s/acciddai  Wir  haben 
auch  sonst  gerade  bei  Körperteilen  häufig  das  Diminutiv;  nasiddu,  vueidda, 
fruntiddu.  Bei  Joja  =  joca,  orum  hätte  ich  lautliche  Bedenken.  Es  ist 
nicht  richtig  zu  sagen,  dafs  tea'  zu  ja  wird.  Hatte  de  Greg,  meine  Abhand- 
lung über  das  Sizilianische  zu  Rate  gezogen,'  so  hätte  er  sehen  können,  átSs 
zwischen  'c'  vor  dem  Ton  ui;d  nach  dem  Ton  unterschieden  werden  mub; 
neben  curfiari  (culpicari),  cammiari  (comicare),  scurtiari  (scorticare), 
friari  (precare)  hatten  wir  lalluca,  tarluca,  ßcalu  ebenso  wie  vor  u:  laeu, 
pocu,  faiu,  jocu,  dieu,  sucu  u.  s.  w.  Das  einzige  puttia  (ano9ij;(i;)  macht  die 
Regel  nicht  hinfällig,  da  es  griechisches  Lehnwort  ist.  gaudia  als  Etjmon 
von  joja  iflllegretta\  ist  nicht  ohne  weiteres  abzuweisen,  g  ^  a.  o,  u  wird 
im  Anlaut  in  den  Mundarten  von  Messina,  Milazzo,  Aci,  Noto,  Siracusa, 
Caslellermini,  Erice  >/  (cf.  jaddu,  jaddinedda,  jangá,  jaèbari,  jaleri,  jutlu). 
Ferner  wird  rfy»  (cf.  sedia^jyj,  podium  >/iy'u,  radium  ^rj/«  mit 
plur.  raja).  So  wagen  wir  de  Greg,  auch  bezüglich  dieser  ticula  zn  wider- 
sprechen trotz  der  Unfehlbarkeit,  die  er  sich  selber  auf  diesem  Gebiete  nach- 
rühmt (cf.  p.  Z40:  „Colla  sùureaa  ehe  ei  vieru  dall'essere  testimenì  eom- 
peletilisn'mi  pei  fenetneni  sieiliani,  dichiariamo  ,.,"'}. 


'  Et  übergeht  sie  aber  systematisch.  In  der  bibliographischen  Ueber- 
slcht  findet  sie  sich  nicht  einmal  erwähnt  neben  Avolio,  Gioení,  Traina,  Koc- 
cella  nnd  de  Greg. 's  dgenen  Arbeiten, 


638 


BËSPRECBUNGBN.      H.  5CHNEEGAHS, 


Aach  bezöglUh  des  allgemeinionianisiben  Teils  hätten  «tr  gat  1 
Bedenken.  Seiner  „nota  prclímíoaie"  getren  bat  de  Greg,  einen  1 
horror  vor  Ableitungen  ans  dem  Deutschen.  Ob  er  aba  immer  du  Ricbligt 
trifft?  Der  Versuch  bottari  von  tat.  bittere  statt  vom  denlschcn  button 
abiuUilen  kommt  mir  wegen  a  ^  s,  wegen  des  AccentwechscU  und  da 
Acnderuag  der  Kunjugatioa Sendung  ebenso  gewagt  als  unnötig  vor,  da  bstiot 
den  Anforiieruiigen  genügt.  Ungerechtfertigt  kommt  mir  bezüglich  de  falc^ 
de  Greg.'s  Polemik  gegen  Diez  und  Körting  vor,  die  Aas  Wort  vom  denisdia 
falgan  (berauben)  ableiteten,  während  et  es  von  de  4- falco  (vod  falz)  abldta 
möchte.  Wie  ist  die  Ideenassoiiation  iu  erklären?  De  Greg.'s  AbUilnng/iff 
alle  (hatten),  von  faceré  halilum  Alem  scbopfen ,  erscheint  mir  gesockt 
gegenüber  der  gewöhnlichen  Ableitung  vom  deutschen  halt.  Am  »benlemt- 
lichsten  erscheint  mir  aber  sein  Vereucb  die  Wortsippe  ritiar^,  roba,  ròbe  ils.*.  _ 
atatt  von  germ,  rauba  rubôn,  von  robur  ableiten  zu  wollen.  Et 
kdncn  Zuäimmenbang  zwischen  diesen  Wörtetn  und  dem  Begriff  „raul 
finden.  Freilich,  heutcutage  nicht  auf  den  enten  Blick  bei  rebe,  rota. 
wohl  aber  bei  rubart;  und  auch  bei  den  andern  ü^t  der  Begriff  det  Z 
sammen geraubten  =  Besitz  von  Klcitlungistückcn ,  IlaUEgerät  n.  s.  w,  gtvtft 
viel   näher   als  „rubar  =,  vigore,  fona,   e  perciò   verosiiniim^nit   ciò  che  iá 

Das  Bestreben  alles  NichttatciniscKe  mòglicbst  auszusoDdem  fñíut  ét 
Greg,  meines  Erachlens  auch  bei  mina,  mine  ïu  einem  recht  sonderbaren  Eä- 
fall.  Um  diese  Wörter  nicht  von  kell,  mein  {rohes  Metall)  abzoleitcji,  deakl 
er  an  minari  (drohen).  Und  warum?  Man  ataune:  .,//  tigni/ieaio  du  kamt 
queste  veci  non  ¿  lanío  quello  di  fono  o  cava,  dove  si  estraggtmo  miUBt 
quanto  quello  di  cavo  in  cui  si  melle  della  soslanta  etplodentt.  ehi 
possa  da  un  momento  all'  altro  farsi  scoppiare.  Sembra  fea«  A» 
que  che  una  certa  relatione  ideologica  con  minari  passa  esstr*  eofUtattUl' 
Anch  das  in.  mine  die  Miene  „i—  etera,  alleggiamrnto  può  ctrto  m*er  it- 
notata  in  origine  sola  la  etera  minacciosa"/ 

Auch  lautliche  Bedenken  können  wir  bei  einigen  von  de  Grœ.'t  Ab- 
leitDDgen  nicht  unterdrücken.  Wenn  er  danger  von  damoaticiiiD  und  Dieb 
von  dominarium  resp.  damnarium  ableitet,  so  fragen  wir  nas,  wo  dtm 
das  r  bleibt.  Von  malevapiduB  läfst  de  Greg,  maivaggio,  mauvais  komma. 
Aber  vapidus  =  guasto  (vapidum  vinum  =  vino  guasto)  haue  1/» 
tepidum  >  lüde,  aapidum  >■  sode,  auch  vade  geben  mSssea.  Freflki 
macht  de  Greg,  ohne  weiteres  v a p ¡ d u s  ^  zia^iW.  nach  iapi{djns  ^  j^^ 
Aber  Schuchardts  sapius  ist  fraglich.  Auch  an  andare  hat  sich  de  Gnf. 
gewagt  Und  er  ist  so  überzeugt,  das  Richtige  gefunden  zu  haben,  dab  11 
p.  40  verkündigt:  „Sembra  che  questa  etimologia  sia  tanto  sicura  da  ■<■ 
richiedere  delle  prave".  Das  wäre  allerdings  bequem!  Aber  auch  dine 
Abldtung  von  antedare  scheint  gewagt.  Selbst  wenn  man  von  laullic^t» 
Bedenken  absähe  und  sich  nicht  von  Formen  wie  ante-tennae  ^  aateontt, 
antetestari  >  antestari,  die  de  Greg,  anfuhrt,  überzeugen  liebe,  mûtn 
man  fragen,  wo  denn  das  Verb  antedare  in  der  Bedenlang  mettere  apatiti. 
condursi  avanti^:  andare  sich  belegt  findet.  Ein  „Vorangeben,  Vo«jebeB" 
ist   doch    von    „gehen"    sehr   weit   entfernt     So  können  vrir   de  Gr^  nldit 


Studi  glottologici  italiani  diretti  da  de  gkegouio.    639 

a,    wenn   sr  sagt:    „Coiì  neiiun  Jutóìo  roggionevoU  umira  potersi  pib 

•pin  sulla  vera  origine  di  aTidare". 

Auf  de  Grcg.'s  Contrìbuii,   die   wohl   einet  redit  pcinlicben  Durchsicht 

■och  bedürfen,  folgen  zwei  kleinere  Arbeiten.     Sibbadíni's  Saggio  di  tofo- 

tea    dell'  isola    d/ll'  Elba    iShlt    nach    einander    Elba's    Ortsnamen    vor- 

icher.    lateinischer   und    nachtomaniichcr    Herlcunft    auf   und    versucht 

etymologisch   tu   deuten.     Den   Schi  ufi   bilden   Erwägungen   über   die 

Verwendbarkeit    der  Ortsnamen    lur  EtklätuDg    historischer  Vorgànge    auf  der 

Bici.     La  Via's   Vocalismo   del  dia/elio  gallo   ilalico  di  Nicosia   in    Sicilia 

t  nichts  mehr   nis  eine   mehr   oder  weniger  geordnete  Material iensammlung, 

'eiche    die   sprachlichen   Erscheinungen    nicht   einmal    zu   erklären   versucht. 

tm  nur  wenige  Beispiele  anzuführen,  wie  erklärt  V.,  dafs  SufEx  ario  -a  ein- 

»1   diru  {'mfiairu),    ein    andermal    -/eru.    resp.  -j'eri   {argtntjtre)    und    -dru 

■audararú)  oder  ja  {bondonj'ä)  giebt?    Haben  wir  es  mit  laulËchco  Vorgängen, 

ät  SuJËivertauschuogen  oder  Lehnwörtern  zu  ihun?     Wie  erklärt  er,    dais  f 

doetlcits  zaj'e  wird,   anderseits  (  bleibt?     Wie  erklärt  er,    dafs  (  teils  als  ; 

bleibt,    teils  ei  oder  i  wird?     Das  Kapitel   über   den   unbetonten  Vokalismus 

lOperierl   stets   mit   ,.di  regola,    spesso,    non  di  rade,    per  lo  più"  und    ist   in- 

fclge   dessen    auch   weit   entfernt  wissenschaftlichen  Ansprüchen    zu  genügen. 

t  wäre  zu  wünschen,   dafs  de  Via,  der  seine  Arbeit  fortznseizen  verspricht, 

m  Stoff  Docb   einmal   von   vorne   gründlich   durch  arbeite  le,   BODit  dürfte   sie 

lum  mehr  Wert  als  den  einer  mehr   oder   minder   laveillssigen  Materialien- 

mmlung  erhallen. 

Den  Schlufs  des  Bandes  bildet  —  von  zwei  Recensionen,  die  mit  Roma- 

Khem  nichts  tu  thuu  haben,  sehen  wir  ab  —  ein  Artikel  de  Greg.'s.  welcher 

ch    mit    Ascoli's    Deutung    der    dialektischen  Wendungen    va  chiama,    va  e 

liama,     va    a    chiama    (Arch,   glott.  XIV    punt,  3»    1898    pp,  453 — 68)    be- 

tchEftigt.     Ascoli  hatte  behauptet,  dais  man  es  bei  denselben  nicht  mit  einem 

apakopierten  Infinitiv  lu  thun  habe,  sondern  im  toscanischen  Gebiet  mit  einem 

Imperativ,   im  siiilianischen  mit  emem  Indikativ,  und  dafi  die  Partikel  in  der 

I  tinperativiscben  Wendung  weder  ad  noch  et,  sondern  atgue  =  ac,  das  sich  aus 

liichen  hier  erhalten  habe,  wiederspiegle.   Zunächst  bestreitet  de  Greg. 

:   Entschiedenheit,    dafs   im   Si  zí  lian  ¡sehen   die   indikativische   IConstruktion 

:  Partikel  allein  vorkomme.     Und  damit  hat  er  recht.     Solche  Typen  wie 

'a  fatti  seri-viri  =  va  a  farti  scrivere"  sind  im  Sizilianischen   sehr  häufig. 

e  Partikel,  sagt  er,  kommt  aber  in  der  indikativischen  Wendung  vor,  wenn 

uch  manchmal   nur  noch  sos  der  Verdoppelaog  des  Anlauts  des  Eweiten 

s  vernehmbar  ist:  vaj'u  a  baciu  =r  vaju  bbacciu.    Von  dieser  Konstruktion 

i  sich  die  imperati  vis  che,  indem  hier  die  Partikel  —  nach  de  Giq;.  —  nie- 

s  nach  dem  Vetbum  des  Gehens  vorkommt,  z.  B.  va  vasa  :^  m  a  baciare 

Hinsichtlich  des  Ursprungs  der  Partikel  hegt  de 

VCreg.  auch  einige  Zweifel.     Mit  Recht   sagt   er,    dafs,   wenn   die  Partikel  im 

l^t^zilianischen  stets  e  ist,  im  NeusizH.  zwischen  a  und  e  wechselt,  man  not- 

igedtungen  die  Partikel  a  íñr  jüngeren  Datums  halten  müsse  als  e.    Wie  wäre 

[■ber  nun  zu  erklären,   dnfs  ac  gleichsam   in   der  älteren  Zeit  latent  geblieben 

1  Vorschein   gekommen   wäre?     So  zweifelt  denn 

.   der  Ascoli'scben  Deutung  a  =  ac   und   glaubt, 


640  BESPRECHUNGEN.      H.  SCHNEBGAKS. 

dais  eber  a  aas  Analogie  zu  litteranschen  Formen  wie  va  a  chiamare  m 
Vermischung  dieser  Konstruktion  mit  va  e  chiama  entstanden  sei.  Freilì 
▼erhehlt  er  sich  nicht,  daCs  man  zuerst  die  alten  Texte  auf  das  Vorhanden« 
von  Formen  mit  a  genauer  untersuchen  und  auch  die  einzelnen  sizilianisch 
Mundarten,  die  teils  a  teils  e  bevorzugen,  auf  die  lokale  Verteilung  i 
sprachlichen  Erscheinungen  hin  genauer  prüfen  muíste.  So  hat  denn  de  Greg 
Untersuchung  bis  jetzt  erst  den  Wert  einer  interessanten  Hypothese,  die 
aber  wohl  verdiente  weiter  verfolgt  zu  werden. 

Heinrich  Schneegans. 


Yerlag  Ton  Max  Niemeyer  in  Halle  a.  8. 


Sammlung  kurzer  Lehrbücher 
der  Romanischen  Sprachen  und  Literaturen. 


Die  im  unterzeichneten  Verlag  erscheinende  Sammlung  ist 
in  erster  Linie  für  die  wissenschaftlichen  Bedürfnisse  des 
Studenten  berechnet  Sie  bezweckt  teils  den  Anfänger  in  die 
Romanische  Philologie  und  ihre  Teilgebiete  einzuführen  und 
für  weitere  Studien  vorzubereiten,  teils  dem  Vorgeschritteneren 
zur  Ergänzung  der  Vorlesungen  oder  zur  Repetition  geeignete 
Hilfsmittel  an  die  Hand  zu  geben.  Je  nach  der  Eigenart  des 
betreflfenden  Specialgebietes  und  seiner  Bedeutung  für  das 
wissenschaftliche  Studium  werden  entweder  zusammenfassende, 
über  Sprache  und  Literatur  zugleich  orientierende  Handbücher 
oder  besondere  Darstellungen  der  »Sprache  einerseits  und  der 
Literatur  andererseits  geboten  werden.  Die  literargeschichtlichen 
Darstellungen  sollen  in  der  Regel  auch  charakteristische  Text- 
proben enthalten  und  so  die  theoretische  Auseinandersetzung 
durch  das  i)raktische  Beispiel  illustrieren.  Bei  den  grammatischen 
Hilfsmitteln  treten  neben  die  systematischea  Darstellungen  je 
nach  Bedarf  auch  speciell  für  den  Anfänger  berechnete  praktische 
Einführungen. 

Erschienen  ist  bisher: 

Einfiilirunç  in  das  Studium  der  altfraiizösischen  Sprache. 

Zum  Selbstunterricht  für  den  Anfänger.  Von  Dr.  Carl  Voretzsch, 
ausserordentlichem  Professor  an  der  Universität  Tübingen. 
1901.    8.     M.  5.—. 


In  Vorbereitung  sind  und  werden  in  kürzeren  Zwischen- 
räumen ausgegeben: 

I.   Uandbflcher 

(Sprache  und  Literatur). 

Einleitung  in  das  Studium  der  Romanischen  Philologie. 

Handbuch  der  Rumänischen  Sprache  nnd  Literatur. 

„  „    Rhätoromanischen  Sprache  nnd  Literatur, 

y,  „    Alti)rovenzaIischen        „          „           „ 

„  „    Neuprovenzalischen       „          „           ^ 

„  „    Portugiesischen             „           ,,           ^ 

„  ,,    Spanischen                     y,           ^           ^ 

II.   Graniniatische  Hilfsmittel. 

Grammatik  des  Vulgärlatein. 

Kurzgefasste  Laut-  und  Formenlehre  des  Altfranzösischen. 

Syntax  des  Altfranzösischen. 

Italienische  Grammatik  auf  historischer  Grundlage. 

III.   Literarisrhe  Hilfsmittel. 

Einführung  in  das  Studium  der  Altfranzösischen  Literatur. 

Bibliographie  der  Französischen  Literatur. 

Einführung  in  das  Studium  der  älteren  Italienischen  Literatur 

bis  gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts. 
Einführung  in  das  Studium  der  neueren  Italienischen  Literatur 

(seit  Lorenzo  de'Medici). 


diristiau  von  Vvoyes  Häuitlielie  ^'erke 

nach  allen  bekannten  Handschriften  herausgegeben 

von 
Wcndelln  F4^rster. 

Bd.  IV:   Der   Karronritter    (Laueelot)  und   das  Wilhelnisleben    ((Guillaume 
d'Au>i;lctcrre).    *>''.    \b'MJ.   M.  2(».— .      Ausgabe  auf  Büttenpapier   M.  ;ìO.— 

Soeben  erschienen,  Versand  gratis  imd  franco: 

Antiquariati« -Katalog  ^"^111 

Folklore,  Jagd,  Sagen,  Sprichwörter 
Volkslieder.  Satiren,  franz.  Dialekte,  Theater,  Troubadours.  Curiosa. 

•I.  Cjroiiil>ei%  2.  Kue  d' l'université,  Paris. 

JI.ill'.',  ¡iriicK  von  Klirhanlt  Karras. 


AUtgegBban  den  21.  November  190t 

ZEITSCHRIFT 


ßOlMISCHE  PHILOLO&IE 


HERAUSGKGEBEN 


Dr.  GUSTAV   «RÜBEB, 


1901. 


XXV.  BAND.     6.  HEFT. 


HAl-LE 

MAX    N  I  E  M  K  Y  E  R. 

ílin  OR.  STEtN'STRASSe. 

I  go  I. 

Die  Zeltsclrirt  ericheint  in  Bàt>t)cF<  (von  e  Heften)  zu  3ß  Mark. 

Issflin   Hett«  liegt  b«i  ein  Prospekt  von  Clir.  Ilprni.  Tuurliullz  In  Lal|iKl|,'. 


INHALT. 


J.  Zbidlek,  Der  Prosaroman  Ysaye  le  Triste.    Schluss.  (23.  12.  00)  .    . 
Carolina  MichaSlis  de  Vasconcsllos,  Randglossen  ram  altportngie- 

sischen  Liederbuch.   Forts.  (18.4.  00) ^, 

A.  Pellegrini,  Il  Picdnino.   Foits.  (16. 6.  00) s^ 

Emmanuel  Walberg,  Deux  détails  du  Bestiaire  de  PhiHppe  de  Thaun 

(19-2.  Ol) 697 

Eugen  Herzog,  Zusammenfassendes  lo  im  Spanischen  (11.  3.  01)     .    .705 
George  C.  Keidrl,   Notes  on  ^sopic  Fable  Literature   in  Spain  and 

Portugal  during  the  Middle  Ages  (17.  il.  00) 721 

VERMISCHTES. 
A.  Zimmermann,  Zum  Uebergang  von  intervokalischem  /  zu  ^  im  Volgir« 

latein  (23.  12.  00) 731 

—  lieber  /-Epenthese  im  Italischen  bezw.  im  Vulgärlatein  (1.4.  01)   735 

—  Lesefrûchte  aus  dem  Bereiche  der  römischen  Inschriften,  den  Ro- 

manisten zur  Beurteilung  vorgelegt  (1.4.  Ol) 735 

A.  Horning,  Zur  Behandlung  von  Ci  und  Ti  (24.  6.  01) 736 

A.  Horning,  Span,  lelo  (24.6.  01) 738 

—  Sp.  emperador  (24. 6.  Ol) 739 

—  Sp.  pg.  rozar  (24. 6.  Ol) 740 

—  Provenz.  desco,  poitevin,  daiche  (24.  6.  Ol) 740 

—  Rätorom.  magliar  {24.  6.  Ol) 740 

—  Faluppa  im  Romanischen  (Nachtrag  zu  Ztschr.  21,  192  ffg.)  (3. 8.  01)  741 

—  Span,  marica  (3. 8.  Ol) 74^ 

—  It.  indugia  (3. 8.  Ol) 743 

Giacomo  De  Gregorio,  It  olla  (15.  6.  01) 744 

—  Sic.  mattanza  (1 5.  6.  Oí) 74^ 

—  It.  haxuit   sp.  ¿osa.    cat.  basa  (15. 6.  Ol) 747 

—  Siz.  bazzarioíu  (15. 6.  Ol) 74" 

BESPRECHUNGEN. 

M.  Friedwagnkk ,    Emile  Delignières,   Nouvelles  Recherches  sur  le 

lieu  (l'ori^'ine  de  Raoul  de  lloudcnc  (26.2.  Ol) 74^ 

EuGKN  lÎEKZoc.,  Dr.  Leo  Wiese,  Die  Sprache  der  Dialoge  des  Papstes 

Gre^'or  (17.3.  Ol) 757 

D.  Bkhrkns,  Publications  of  the  Modern  Language  Association  of  America 

Vol.  XII— XV  edited  by  James  W.  Bright  (18.  I.;  7.  4.  01)    75^ 

Berichtigun^jen  zu  SS.  633  —  5 7^- 

Rcjíister 7^3 


Manuskripte    für    die  Zeitschrift    sind    an  den  Herausgeber, 
Strafsburg  i.  Eis., 

Universitätsplatz  8 

zu  senden.  An  die  Verlagsbuchhandlung  Max  Niemeyer  in  Halle 
sind  alle  Honorar  und  Sonderabzüge  angehenden  Anfragen  und 
Wünsche  zu  richten. 


Der  Frosaroman  Ysaye  le  Triste. 

(Schlafs;  s.  S.  472  ff.) 

439.  Henry  stöfst  zunächst  auf  den  König  von  Castilien,  der 
ihn  für  so/  hält,  weil  er  es  wagt,  mit  einem  Baumzweige  sich  auf 
die  Feinde  zu  stürzen.  Aber  Henry  versetzt  ihm  einen  derartigen 
Hieb,  dafs  er  tot  zur  Erde  fallt  Der  Zweig  bricht  dabei  entzwei, 
Henry  aber  holt  von  dem  hourdts  (Lattenwerk)  einen  neuen  Zweig 
und  eilt  damit  Marc  und  Hergault  zu  Hilfe. 

440.  Hergault  erhält  vom  Admiral,  der  sich  jetzt  auch  an 
dem  Kampfe  beteiligt,  einen  Schufs  in  die  Brust,  der  Admiral  aber 
wird  von  Henry  zu  Boden  geschlagen  und  seines  Pferdes  beraubt. 
Sardine  bringt  nun  Henry  ein  Schwert,  so  dafs  dieser  sich  jetzt 
besser  am  Kampfe  beteiligen  kann.  Dann  geht  sie  zu  ihrem  Vater, 
der  sie  verñucht  und  der  ihr  gegenüber  seinem  Unwillen  Luft 
macht,  dafs  Marc,  Hergault  und  Henry  ein  Heer  von  40000  Mann 
geschlagen  haben. 

441.  Den  drei  Helden  stürzen  sich  nun  Pharaon,  die  Könige 
von  Ungarn,  Spanien,  Morianne  und  belle  marine  mit  ihren  Leuten 
entgegen.  Marc  erhält  einen  gewaltigen  Hieb  von  Pharaon,  so 
dafs  er  in  Verzweiflung  gerät  und  wie  ein  Rasender  alles  nieder- 
schlägt. An  einem  Quell  wäscht  er  sich  vom  Blute  rein  und  stürzt 
sich  wieder  in  den  Kampf. 

442.  Henry  hat  unterdessen  den  König  von  Spanien,  Her- 
gault den  König  von  Ungarn  und  Bucaure  du  Cedre  gefangen 
genommen.  Allmählich  wird  es  dunkel,  die  Helden  wollen  sich 
nach  dem  Turm  begeben.  Da  begegnet  Marc  noch  einmal  Pha- 
raon, besiegt  ihn,  setzt  ihn  auf  sein  Pferd  und  bringt  ihn  nach 
dem  Turm.  Orimonde  und  Sardine  empfangen  die  Helden  und 
die  Gefangenen  mit  Kerzen.  Englentine  kehrt  mit  Hergault  aus 
der  Schlacht  zurück.  Die  drei  Dienerinnen  heilen  nun  die  Wunden 
der  drei  Helden  sowie  der  Gefangenen,  wobei  sie  auch  die  Pfeil- 
spitze aus  Hergaults  Brust  ziehen.  Pharaon  und  Orimonde,  Sar- 
dine und  der  König  von  Spanien  umarmen  sich.  Dann  wird 
gegessen  und  getrunken. 

443.  Es  tritt  eine  Ruhepause  von  vier  Tagen  ein.  Da  bittet 
Pharaon  um  Freilassung  der  Gefangenen.  Marc  schenkt  ihnen  die 
Freiheit,  verlangt  aber,  dafs  die  Gefangenen  alle  Tage  wieder  im 
Turm  erscheinen.     Als  nun  Pharaon  seinem  Vater  erzählt,  wie  gut 

r.  t  rom.  PUL  XXV.  41 


643  Z  EIDLER, 

aie  von  Marc  behandelt  worden  sind,  sagt  dieser:  Um  tont  e. 

444.  Der  Admiral  hall  nun  einen  Rat,  wie  er  %vàx  des  1 
beniäcbtigen    könne.     Da   rät    ihm    Pharaon,    Yrion     and  Estraber 
freizugeben,  dann  würde  Marc  vielleicht  den   Turm   verlasscD. 

445.  Der  Admiral  tìndet  diesen  Vorscliiag  angemeäsen  dikI 
sendet  Pharaon,  den  König  von  Sáleme,  und  den  Fürsten  Deitwo 
zu  Marc  Die  Gesandten  treffen  Marc  beim  Mahle  an,  als  Sar- 
dine die  chanson  singt: 

Anioors  bien  doibi  servir  .  .  . 

446.  Pharaon  geht  mit  Marc  in  ein  besonderes  Zimmer  nod 
macht  diesem  den  Vorschlag,  den  Turm  und  die  Damen  gegm 
Yrion  mid  Estrahier  oebsl  deren  Leuten  auszutauscben.  Marc  &I 
damit  einverstanden  und  teilt  den  Vorschlag  den  Damen  mit.  Da 
fangen  diese  an  liefiig  zu  weinen,  so  dafs  schliefslich  Marc  Pharaon 
erklärt,  er  werde  sich  nie  von  den  Damen  trennen,  worauf  Escli 
freudig  singt: 

Amours  soy ei  ra  no  lieu 
Ou  no  queielle  est  perdue. 

447.  Dieser  Entschlufs  wird  dem  Admiral  niitgeteilL  Da  n 
jedoch  einstweilen  nichts  gegen  Marc  tintern  el  im  en  kann,  schlieËa 
er  einen  Waffenstillstand  anf  ein  Jahr.  Ueber  diese  Nacliridit  er- 
freut, fiingl  Orimonde: 

Vraye  esperance  nous  fuit  vivre  en  sonUas 
Si  démenons  noi  vies  en  bonne  joye. 

448.  Ein  Bote  erscheint  und  meldet,  dafs  Ysaye  mit  14000 
Mann  in  acht  Tagen  eintreffen  werde,  woratif  Englentine  ifate^ 
Freude  wieder  durch  einen  Gesang  Ausdruck  gíebL  Dann  erscheiti 
Rostran  mit  seinen  beiden  Söhnen  Titus  und  Rj-on  du  vieiz  boorj 
und  stellt  sich  als  der  Besitzer  des  Turmes  vor.  Marc  ladt  " 
und  seine  Söhne  ein,  bei  ihm  zu  bleiben.     Alyor  singt: 

Dieu  el  amours  fondereot  cesie  [our. 
44Q.    Pharaon,  der  wieder  als  Gesandter  erschieneo  war 
den  Walfenstillsland    abzuschliefsen,    verlifst    nun    den  Turm. 
rianne  singi: 

Araouis  (¡e  vous  me  doy  plaindre 

Car  amy  ne  puis  recouvrer, 

450.  Rostran  und  seine  Söhne  fühlen  sich  in  der  neuen  Ge- 
sellschaft bald  wohl  und  Rostran  fafst  Zuneigung  %<a  Esclade. 
Ryon  zu  Alyor  und  Titus  zu  Parianne. 

451.  Pharaon  berichtet  über  den  Erfolg  seiner  Unterband- 
lungen und  teilt  dann  mit,  dafs  Ysaye  mit  14000  Mann  bersn- 
rflcke.  Als  der  Admiral  dies  vernimmt,  gewährt  er  Marc  nur  einen 
Waffenstill  sand  von  drei  Monaten.  Ein  Schriftstück  hierüber  wird 
vom  Kriegsrat  iinterzeichneL  Pharaon  trägt  die  Urkunde  zu  Marc, 
der  über  den  Treubruch  des  Admirals  sehr  erregt  ist   und  erklirt, 


iclad*^ 

n 
efei 
et- 

J 

ÎUTÏ        I 

\ 


DER  PROSAROMAN  TSATK   LR  TRISTE.  643 

er  werde  Pharaon   and   die  fünf  Gefangenen  nicht  eher  freigeben, 
bevor  nicht  Yrion  and  £strahier  freigegeben  seien. 

452.  Der  Admiral  läfst  durch  seine  Schreiber  Briefe  abfassen, 
um  folgende  Könige  zn  Hilfe  zu  rufen:  die  14  géants  des  ameres 
jauves,  den  geant  de  Fargur,  die  Könige  von  Crete,  Sydne,  Ragire, 
Gripere,  Affirique,  des  estranges  desertz,  Frontoirre,  le  tartar  de 
cartaire,  du  pont  de  fer,  den  König  von  Mecques  u.  s.  w.  Lucanor 
de  Cedre  geht  mit  den  Briefen  ab.  £in  Bote  wird  auch  zu  Jonathas 
dlvoire  geschickt,  um  diesen  aufzufordern,  die  Gefangenen,  vor 
allem  Yrion  und  Fstrahier,  bis  St.  Jehan  zurückzubringen. 

453.  Aber  auch  Marc  schickt  Titus  mit  Briefen  ab,  um  die 
Grafen  des  Königreichs  Blamir-Miradir  aufzufordern,  bis  zum  Mag- 
dalenentage  a  lestour  des  esquarrez  zu  erscheinen. 

454.  Fines  Tages  erklärt  Marc  seinen  Gefährten,  er  wolle 
seinem  Vater,  den  er  noch  nie  gesehen  habe,  entgegenreiten.  Fr 
bittet  Rastran,  Ryon  und  Henry,  ihn  zu  begleiten,  Hergo  dagegen 
zu  bleiben,  um  den  Turm  und  die  Damen  zu  bewachen. 

455.  Tronc  geht  von  belle  garde  nach  Orcanye.  Fr  findet 
Oriant,  der  ihn  sofort  erkennt  und  küfst,  auf  dessen  Schlofs  Restenir 
in  Gegenwart  einer  grofsen  Versammlung  von  Kriegern.  Fr  trägt 
Oriant  den  Wunsch  Ysayes,  Oriant  möchte  bis  zum  20.  August  in 
Blamir  sein,  vor  und  erhält  von  diesem  das  Versprechen,  Ysaye 
thatkräftig  zu  unterstützen.  Zum  Schlüsse  sagt  ihm  Tronc,  wenn 
er  bald  aufbreche,  könne  er  Ysaye  noch  in  Legierfil  treffen. 

456.  Tronc  bittet  dann  noch  Oriant,  Ysaye  mitzuteilen,  dafs 
er  sich  zu  Marthe  nach  dem  Schlosse  Ysayes,  das  früher  dem 
Argus  gehört  habe,  begeben  wolle.  Dann  bricht  er  auf.  Oriant 
versammelt  nun  in  kurzer  Zeit  3000  Mann  und  eilt  damit  Ysaye 
zu  Hilfe. 

457.  Nach  der  Schlacht  bei  Admenal  (§§  401/3)  wurden  die 
gefangenen  Christen  nach  Spanien  geführt.  Während  der  Fahrt 
erhob  sich  ein  Sturm.  Die  Schifîsleute,  die  der  Meinung  waren, 
dafs  der  Christengott  ihnen  das  Unwetter  bereitet  habe,  beschlossen, 
die  Gefangenen  ins  Meer  zu  werfen.  [Bevor  sie  aber  ihre  Absicht 
ausführen  konnten,  legte  sich  der  Sturm,  und  die  Flotte  landete 
in  Udaie,  eine  Meile  von  Legierfil  gelegen.  Hier  blieben  sie  fünf 
Wochen. 

458.  Ysaye  war  mit  seinen  Truppen  (392)  von  seinem  Schlosse 
aufgebrochen  und  nach  Dinagu  gelangt,  wo  er  bei  einem  Bürger 
Fnglier  Quartier  nahm.  Von  diesem  erfuhr  er  von  der  Gefangen- 
nahme Yrions  und  Fstrahiers,  von  dem  Sturm  bei  Legierfil  und 
von  den  Thaten  Marcs.  Ferner  erzählt  ihm  Fnglier,  dafs  der  Herr 
der  Stadt  Yreult  heifse,  der  jetzt  aber  mit  einem  tapferen  Ritter, 
Ysaye,  auf  Abenteuer  ausgezogen  sei.  Der  Auszug  Yreults  sei 
for  die  Stadt  verhängnisvoll  geworden,  denn  sieben  Brüder,  die 
ihren  Wohnsitz  auf  dem  zwei  Meilen  entfernt  liegenden  chastei 
fort  hätten,  sachten  nun  fortwährend  die  Stadt  mit  Plünderungen 
heim.    Diese  Brüder  hiefsen  Buchier,  Drugant,  Atirait,  Ciamir,  Ali- 

41* 


644  ZEIDLER, 

part,  Nacidur,  Athiamas,  Dirigail  le  borgne,     Buchier  sei  der  K.^, 
von  chastel  fort  assis   und    sei  mit  Yreults  Schwester  verheirate f^V 
Während  Englier  Ysaye   dieses  erzählt,   erscheint  ein  Knappe  \:ijjL 
verlangt  im  Auftrage  Buchiers  ein  Streitrofs  und  die  Tochter  Englîe;x 
Aufserdem  fragt  er  den  Wirt,  woher  die  fremden  Ritter  gekomtiieii 
seien,  worauf  Englier  ihm  erwidert,  er  möge  den  maistre  derselben, 
den  er  vor  sich  sehe,  selbst  fragen.     In  barschem  Tone  fragt  nun 
der  Knappe  Ysaye:    Vassa/f  dont  estes  vous?,  worauf  Ysaye  als  Ant- 
wort ihm  einen  Hieb  versetzt,  der  den  Knappen  getötet  hätte,  wenn 
dieser  nicht  bepanzert  gewesen  wäre.    Ysaye  sagt  ihm  dann,  Buchier 
bekäme  Engliers  Tochter   und    das  Streitrofs   nicht,   wohl  aber  sei 
er   bereit   am   nächsten  Tage  Buchier   das  Streitrofs   abzunehmen. 
Da    verläfst   der   Knappe   Ysaye   und   Englier   und   meldet  seinem 
Herrn,  was  Ysaye  gesagt  hat. 

459.  Englier  rät  nun  Ysaye,  er  solle  zu  seiner  Bedeckung 
einige  Ritter  mitnehmen,  die  er  (Englier)  nach  einem  in  der  Nahe 
des  Kampfplatzes  gelegenen  Schlofs  führen  wolle,  denn  Buchier 
werde  ihn  mitten  im  Kampfe  durch  seine  Leute  überfallen  lassen. 
Da  befiehlt  Ysaye,  Menet,  Paumart,  le  désoreillé,  le  sot  sage,  les 
trois  de  belle  garde,  Garlus,  Brandor,  Festion  und  50  andere  Ritter 
sollten  unter  Führung  Engliers  sich  nach  dem  benachbarten  Schlosse 
begeben. 

460.  Als  der  valet  Sardou  seinem  Herrn  die  Antwort  Ysayes 
überbringt,  befiehlt  dieser  sofort  dem  maistre  des  embusquements, 
Poraldus,  mit  1000  Mann  während  des  Kampfes  aus  dem  Hinter- 
halte hervorzubrechen. 

461.  Bei  Anbruch  des  folgendes  Tages  begiebt  sich  Englier 
mit  den  60  Rittern  nach  dem  genannten  Schlosse,  während  Ysaye 
allein  zum  Kampfplatz  reitet.  Hier  erwarten  ihn  bereits  die  sieben 
Brüder. 

462.  Ysaye  tötet  zuerst  Narcidur,  darauf  Drugant,  dann  Ali- 
part u.  s.  w.  Als  er  aber  im  Begriff  ist,  Buchier  anzugreifen,  sprengen 
die  Feinde  aus  dem  Hinterhalte  hervor.  Zu  gleicher  Zeit  erscheinen 
aber  auch  Ysayes  Getreue.  Ks  kommt  zu  einem  blutigen  Kampf, 
der  mit  der  Niederlage  und  Flucht  der  Feinde  endet  Buchier 
tötet  noch,  während  er  flieht,  Brandor  de  Gaunes,  wird  aber  selbst 
von  Dryamont  erschlagen.  Vor  dem  Schlosse  trifft  Ysaye  die 
Gattin  Buchiers  weinend  an  und  bittet  sie  um  Verzeihung  wegen 
der  Niedermetzlung  Buchiers.  Esclaire,  so  heifst  die  Schwester 
Yreults,  gewährt  ihm  Verzeihung  und  ist  dann  sehr  erfreut,  von 
Ysaye  etwas  über  Yreult  zu  erfahren.  Ysaye  tröstet  dann  noch 
Esclaire  und  giebt  ihr  einen  anderen  Gatten  in  dem  Ritter  Dis- 
pront,  der  dadurch  Herr  von  Dinagu  wird, 

463.  Ysaye  beschliefst  nun  gegen  die  bei  Legierfil  befindliche 
sarazenische  Flotte  unter  Jonathas  zu  kämpfen.  Er  befiehlt  sämt- 
liche Schiffe  von  Dinagu   und   der  isle  estrange  bis  zum  Mittwoch 


1  [  ]  fehlt  in  G. 


I 


p 


DKR   PROSAROMAN   YBAYE    LE   TRISTE.  645 

rasten.  Aurserdem  befiehlt  er  sämtlichen  Rittern  und  valets, 
sich  am  Mittwoch  beim  chastel  fort  assis  iura  Aufbruch  gegen  die 
Sarazenen  einzufinden. 

464.  Englier,  den  Ysaye  zum  Ritter  geschlagen  hatte,  lahrt 
Dienstag  nach  Legierfi)  und  kündigt  dem  Jonathas  die  Ankunft 
Vsaycs,  des  Vaters  Marcs,  mit  einer  grofseo  Flotte  an,  worüber 
Jonathas  in  grofse  Unruhe  gerät  und  sofort  den  Befehl  zum  Rüsten 
giebt.  Während  der  ganzen  Nacht  vom  Dienstag  zum  Mittwoch 
n  die  Sarazenen.  Als  Englier  seine  Mission  erfüllt  hai,  fährt 
ach  Dinagu  zurück,  wo  Ysaye  über  Engliers  Mut  sehr  er- 
freut ist. 

4Ò5.  Am  Mittwoch  Morgen  sind  alle  Ritter  vor  dem  chastel 
fort  assis  vcrsamraell.  Ysaye  nimmt  Abschied  von  Esclaire  und 
befiehlt  Englier  das  Land  zu  hüten. 

466.  Da  erscheint  Oriant  mit  3000  Mann.    Ysaye  umarmt  ihn 
id  läfsl  sich  von  ihm  erzählen,  wie  es  ihm  seit  seiner  Trennung 

ergangen  i^C     Nach  der  Mahlzeit    besteigen  die  Mannschaften  die 
SchifTe  und  segeln  ab.     Die  Pferde  bleiben  in  Dinagu. 

467.  Auf  der  Fahrt  macht  Ysaye  den  Vorschlag,  die  Sara- 
ienen  von  zwei  Seiten  anzugreifen.  Er  will  mit  lOOO  Mann  auf 
der  einen,  Oriant  und  Dispront  sollen  mit  8000  Mann  auf  der 
anderen  Seite  den  AngrilF  unternehmen. 

468.  Es  kommt  zur  Seeschlacht  Alle  Sarazenen  werden  ge- 
tötet, oder  sie  ertrinken.  Ysaye  verliert  500  Mann,  darunter  Garlus 
und  Driamont.  Hierauf  landen  die  Schiffe.  Nun  machen  sich  die 
Cliriaten  daran,  die  Gefangenen  zu  suchen.  Vergeblich  suchen  sie 
in  der  Stadt  danach,  bis  Dispront  auf  den  Gedanken  kommt,  die 
Gefangenen  kötmten  in  dem  eine  halbe  Meile  entfernten  Schlofs 
Constant  Jollye,  das  der  sire  de  Caradan  gegen  den  sire  du  lisle 
estrange  halte  erbauen  lassen,  untergebracht  sein.  Auf  seinen  Rat 
hin  werden  sofort  er,  Mene!,  le  dósoreillé,  le  sot  sage  nach  Con- 
stan t  Jollye  geschickt. 

4òg.  Bei  der  Ankunft  der  Ritter  ergeben  sich  die  100  Wächter. 
Yrion  und  Estrahier  werden  sofort  erkannt  und  nebsl  allen  übrigen 
Gefangenen  befreit.  Der  ganze  Trupp  geht  nun  nach  Legierfil, 
wo  man  die  Ankunft  der  Gefangenen  freudig  begriifsL  Nachdem 
man  gegenseitig  die  Erlebnisse  ausgetauscht  hat,  begiebt  man  sich 
lu  Bett. 

470.  Als  Ysaye  in  seinem  Zimmer  liegt,  hört  er  Klagen  aus 
einem  anderen  Zimmer.  Er  begiebt  sich  in  dieses  und  hört,  wie 
Dispront  und  dessen  Bruder  Gavain  den  Tod  ihres  Bruders  Fidiger, 
der  in  der  Schlacht  gefallen  ist,  beklagen.  Ysaye  fragt  nun  Dis- 
pront, der  ein  Sohn  der  dame  du  chastel  de  belle  garde  ist,  was 
aus  den  sieben  Söhnen  geworden  sei.  Da  sagt  ihm  Dispront,  drei 
seien  Geistliche,  vier  Ritter  geworden.  Von  den  vier  Rittern  be- 
fanden sich  er  und  Gavain  noch  in  Vsayes  Heer,  Fidiger  sei  ge- 
tötet und  Atrides  werde  von  den  vier  Riesen  du  haull  mar  gefangen 
gehalten.    Dieser  werde  alsbald  dem  Tode  preisgegeben  sein,  wenn 


646  ZEIDLKR, 

man  ihn  nicht  innei^alb  40  Tagen  beireien  würde.  Als  Ysayc  dies 
hört,  verspricht  er  den  Brüdern,  den  Kampf  gegen  die  Riesen» 
unternehmen  und  Atrides  zu  befreien. 

471.  Den  gefangenen  sarazenischen  Wächtern  sdienkt  Ysayt 
die  FreiheiL  Dann  verabschiedet  er  sich  von  Disproni,  beliehll 
ihm  aber  noch.  Tronc  sofort  nachzusenden,  wenn  er  ankomme, 
und  macht  sich  mit  seinen  Leuten  auf  den  Weg  nach  Blamii. 

472.  Tronc  war  ton  Oriant  zu  Yreult  und  Marthe  gegangen. 
Hier  erfahrt  er  von  dem  Ueberfall  durch  die  Schotten.  Als  Vreuli. 
Darut  und  die  ribaults  nicht  wissen,  was  sie  mit  den  17  Gefangenen 
anfangen  sollen,  schlägt  Tronc  vor,  die  Gefangenen  ta  veieidigcn 
und  sie  ihm  zur  Unterstützung  Ysayes  mitzugeben.  Mit  cli«s>.'iii 
Vorschlag  sind  alle  einveretanden.  Dann  erfahrt  Tronc  auch  noch 
den  Grund,  der  Edor  und  Caudine  zu  Ysaye  geführt  hat.  D« 
Aufbruch  Troncs  wird  auf  den  folgenden  Tag  nach  dem  Mittag- 
essen festgesetzt  Als  Kuñosum  wird  noch  erwähnt,  dafs  Ttoiic 
so  viel  afs,  als  vier  Manner  vertilgen  konnlen. 

473.  Am  folgenden  Tage,  zur  festgesetzten  Zeit,  bricht  Troni: 
mit  den  17  Schotten,  die  er  zuvor  bewaffnet  hat,  auf  nach  Dinagu. 
ßeim  Abschied  billet  ihn  Marthe,  er  möge  für  ein  baldiges  Zu- 
standekommen der  Hochzeit  mit  Vsaye  sorgen. 

474.  Unterwegs  begegnet  Tronc  zwei  Damen,  die  ihn  meni 
für  einen  Teufel  halten  und  fliehen  wollen,  bd  seinem  Zamfe: 
Dihi  vous  veuille  aber  Zutrauen  zu  ihm  fassen  und  ihm  oolet 
Thiänen  berichten,  dafs  soeben  sechs  Ritter  vier  ihrer  Begleilef 
gefangen  genommen  hätten.  In  diesem  Lande  sei  wiedet  die  alte 
Unordnung  eingerissen,  seitdem  Vsaye  sich  nicht  habe  wiedersehen 
lassen.  Bis  de  Comonaille,  der  Sohn  Marchants,  und  BoSsn  ie 
navarois  hätten  es  sich  zum  Grundsatze  gemacht,  jeden  zu  tñtea 
oder  gefangen  zu  nehmen ,  der  den  Namen  Ysayes  ausspreche. 
Tronc  und  die  Schotten  machen  sich  nun  sofort  zur  Verfolgung 
der  sechs  Ritter  auf.  Tronc  geht  zunächst  allein  in  den  Wald 
Hier  trilli  er  einen  Mann,  der  Obst  auf  einem  Wagen  hat  und 
dieses  nach  dem  Schlosse  des  Argus  fahren  will.  Tronc  wclcho 
etwas  Verräterisches  wittert,  will  sich  das  Obst  näher  ansehen.  D< 
schreit  der  Mann  laut  auf  und  es  erscheinen  sechs  Ritter,  um  dan 
Manne  zu  helfen.  Gleichzeitig  aber  erscheinen  auch  die  Scholufl, 
die  sofort  vier  der  Ritter  töten  und  zwei  entwafftien.  Tronc  nininí 
nun  noch  dem  Obstfahrer  einen  Brief  ab,  den  dieser  zuvor  in  seine 
Haare  gesteckt  hatte.     Dieser  Brief  ist  an  Marthe  gerichtet. 

475.  In  diesem  Briefe  schreibt  Elias  du  mont,  Vsaye  und 
dessen  Leute  seien  von  Sarazenen  gelötet  worden.  Er  sende  ili 
sechs  Ritter,  die  sie  nach  Blamir  zuràckgeleiten  sollten. 

476.  Tronc  fordert  nun  von  dem  Manne  die  Wahrheit  3» 
erzählt  dieser,  er  sei  von  Elias  beauftragt  worden,  die  vergifleW 
Birnen  zu  Marthe  zu  fahren.  Die  Birnen  hätten,  genossen,  die 
Wirkung,  dafs  ein  Mann  sterbe,  eine  Frau  aber  sich  in  Elias  ver- 
liebe.    Hätte  Marthe   also   von   den  Birnen  gegessen,  so  wäre  ei 


DBR  PROSAROMAN  TSATE  LE  TRISTE.  647 

for  die  sechs  Ritter  ein  Leichtes  gewesen,  sie  zu  entführen.  Das 
sollte  die  Rache  des  Elias  für  die  Niederlage  sein,  die  er  durch 
Ysaye  erlitten.  Tronc  läfst  nun  die  beiden  noch  lebenden  Ver- 
räter, die  Bastardbrûder  des  Elias  sind,  töten,  ebenso  den  Obst- 
fahrer Grohier,  der  Tronc  während  dessen  Gefangenschaft  bei 
Elias  viel  Böses  zugefügt  hatte.  Die  vier  befreiten  Ritter  schickt 
Tronc  zu  Marthe,  damit  sie  ihr  die  Absicht  des  Elias  mitteilen. 
Die  Köpfe  der  Verräter  wirft  Tronc  auf  den  Karren,  fahrt  diesen 
zu  in  der  Nähe  befindlichen  Köhlern  und  wirft  den  Wagen  nebst 
Ladung  ins  Feuer.  Die  Nacht  verbringt  Tronc  mit  den  Schotten 
in  Tempieu. 

477.  Am  folgenden  Morgen  brechen  die  Ritter  auf  und  be- 
gegnen einem  Ritter  auf  schneeweifsem  und  einer  Dame  auf 
schwarzem  Pferde.     Diesen  folgt  ein  Knappe. 

478.  Von  diesem  erfährt  Tronc,  dafs  jeder  Ritter,  der  den 
Herrn  des  valet  besiege,  die  Dame  zur  Frau  bekomme.  Kaum, 
haben  Edor,  Bruymart  de  Rapemont,  le  conte  de  Saine,  le  prince 
de  medes  und  Athas  de  toute  roche  dies  erfahren,  als  sie  sich 
dem  Ritter  zum  Kampfe  anbieten.  Der  Ritter  läfst  sich  in  den 
Kampf  ein  und  besiegt  sämtliche  Gegner.  Dann  verläfst  er  mit 
seiner  Dame  die  Schotten.  Kaum  haben  sich  die  beiden  entfernt, 
so  erscheint  die  Witwe  Ardants  d*Acre  und  erkundigt  sich  nach 
dem  Ritter  auf  dem  schwarzen  Pferde.  Ihr  folgen  vier  Ritter,  die 
sie  zur  Ermordung  des  vorigen  Ritters  gedungen  hatte,  weil  dieser 
ihre  Liebe  verschmäht  hatte.  Während  sie  mit  den  Schotten  redet, 
erscheint  der  Ritter  auf  dem  schwarzen  Pferde  wieder,  tötet  die 
vier  Gegner  und  schlägt  auf  Troncs  Rat  der  Witwe  Ardants  das 
Haupt  ab. 

479.  Tronc  und  die  Schotten  kommen  nun  nach  Dinagu  und 
kehren  bei  Englier  ein.  Nachdem  nun  Tronc  alles  erzählt  hat, 
was  sich  zugetragen,  äufsert  er  den  Wunsch,  zu  Yreults  Schwester 
gefuhrt  zu  werden,  da  er  dieser  Nachrichten  über  ihren  Bruder 
zukommen  lassen  wolle.  Englier  begiebt  sich  nun  auf  den  Weg 
nach  chastel  fort  assis.  Kaum  sind  sie  ein  Stück  Weges  gegangen, 
als  sie  von  vier  Rittern  angefallen  werden.  Nach  harten  Kämpfen 
werden  diese  von  Englier  besiegt  und  ihr  F'ührer,  Dirigal  le  borgne, 
gesteht,  dafs  er  habe  Englier  ermorden  wollen,  weil  ihm  drei 
Knappen  desselben  mitgeteilt  hätten,  dafs  Englier  an  dem  Tode 
seiner  sieben  cousins  germains  die  Hauptschuld  trage.  Englier  und 
Tronc  begeben  sich  nun  in  Begleitung  Dirigals  und  dessen  Dame 
Creane  zu  Yreults  Schwester.  Hier  wird  Tronc  als  Freund  Yreults 
und  Ysayes  vorgestellt  Er  erzählt  nun,  dafs  Yreult  selbst  habe 
kommen  wollen,  um  dem  Treiben  der  sieben  Brüder  ein  Ende  zu 
bereiten,  aber  in  der  Meinung,  Ysaye  werde  dies  thun,  geblieben 
sei.  Dirigal  wird  nun  beauftragt,  zu  Yreult  zu  gehen  und  ihm  mit- 
zuteilen, wie  es  jetzt  in  Dinagu  und  chastel  fort  assis  hergehe. 
Orcane  wird  als  Geisel  auf  dem  chastel  behalten.  Am  folgenden 
Tage  gehen  Englier  und  Tronc  nach  Dinagu  zurück,  von  wo  Tronc 


648  ZBtDLER, 

und  die  Schotten,  mit  Ausnahme  von  F.dor,  Hosegant,  Saonir  und 
dem  seigneuT  d'Ardic,  die  zur  Erholung  bei  Englier  bleiben,  die 
Weiterreise  nach  Legierfil  antreten.  Hier  angekommen,  erfahrra 
sie  von  dem  Gouverneur  Gensir,  dafs  Ysaye  nach  der  looi  des 
esquarrez  aufgebrochen  ¡st. 

4S0.  Als  die  100  sarazenischen  Wächter  zum  Admiral  komnen 
und  ihm  von  der  Niederlage  bei  Legierfil  berichten,  wird  er  wñlend 
und  sagt,  Ysaye  habe  den  Waffenstillstand  gebrochen.  Aber  Fbi- 
raon  beruhigt  seinen  Vater,  indem  er  ihm  klar  legt,  dais  \st^t 
von  dem  Waffenstillstand  nichts  hat  wissen  könneo. 

481.  Als  Ysaye  œil  seinem  Heere  in  die  Nabe  von  Blamli 
gelangt,  teilt  er  seine  Truppen.  Orianl,  Yrion  und  Estrahict  be- 
geben sich  mit  ihren  Leuten  nach  Miradir,  Ysaye  geht  mit  seinen 
Leuten  nach  dem  Turm.  Ysaye  reitet  seinen  Letiten  votaos  irad 
stöfsl  auf  Marc  und  dessen  Gefährten.  Da  sich  Vater  und  Sohn 
nicht  kennen,  iordern  sie  sich  zum  Kampfe  heraus.  Sie  kämplcn 
so  lange,  bis  die  MaltigLcil  sie  zwingt,  vom  Kampfe  abtulassen. 

482.  Nach  Wiederaufnahme  des  Kampfes  schlägt  Ysaye  Mart 
das  Schwert  aus  der  Hand  und  fordert  ihn  auf,  sich  lu  ctgcbeo. 
Marc  weigert  sich  und  bedauert,  seinem  Geschlechte  grolse  SduDdc 
bereitet  zu  haben.  Auch  einer  seiner  Begleiter  klagt  über  du 
Unglück  Marcs,  indem  er  sagt:  peu  äenntur  aura  voire  jure  it  wa 
quant  vout  le  trouvertt. 

483.  Aus  diesen  Worten  erkennt  Ysaye  in  seinem  Gegner 
seinen  Sohn.  Er  läfst  Yrion  herbeiholen  und  umarmt  dann  Matt, 
der  vor  Erregung  in  Ohnmacht  lallt, 

484.  Alle  anwesenden  Ritter  weinen  vor  Freude.  AufRoslrsM 
Rat  ziehen  nun  Yrion,  Ysaye  und  Marc  nebst  ihren  Leateu  in 
die  Nähe  einer  Stadt  Namens  val  douce  und  schlagen  bla  Dut 
Zelte  auf. 

485.  Die  Ritler  tauschen  nun  gegenseitig  ihre  Erlebnisse  ans, 
wobei  Marc  seinen  Vater  über  das  Zustandekommen  des  Waffen- 
stillstandes und  über  die  Mafsregeln,  die  er  zum  Schutze  g«g<:n 
die  Sarazenen  getroffen  liat,  unterrichtet 

486.  Tronc  begegnet  auf  dem  Wege  nach  dem  Turm  iwn 
Rittern,  welche  soeben  in  einem  Kampfe  gegen  zehn  Ritter  vi« 
Begleiter  verloren  hatten.  Sie  erklären  auf  Troncs  Befragen,  sie 
seien  Schotten  und  seien  ausgeschickt,  um  ihren  König  IQ  «uch«n. 
der  vor  neun  Wochen  sein  I-and  verlassen  habe,  um  den  Tod 
seines  Neffen  Setas  de  ville  noir  zu  rächen. 

487.  Der  eine  der  beiden  Riiter  ist  der  conte  de  Barfair,  dw 
andere  der  sire  de  Piadil.  Der  König  von  Schottland  erkennt  W. 
er  schämt  sich,  dafs  er  gefangen  genommen  worden  ist,  und  falli 
in  Ohnmacht,  worüber  die  anderen  Gefangenen  in  Thrinen  aus- 
brechen, 

488.  Tronc  erzählt  nun  den  beiden  Kittern,  was  dem  König 
und  seinem  Gefolge  zugeatofsen  ¡st,  und  erklärt  ihnen,  dafs  et'''' 
Schotten  zu  Ysaye  iuhren  wolle.     Dann  macht  er  den  Kitten  de" 


DER  PROSAROMAN  TSATE  LE  TRISTE.  649 

Vorschlag,  die  Ritter,  die  die  vier  Schotten  getötet  haben,  zu  ver- 
folgen. 

489.  Die  Schotten  reiten  anter  Troncs  Führung  in  den  Wald 
und  finden  vier  Ritter  (sechs  von  den  zehn  waren  im  Kampfe  ge- 
fallen) und  zwei  Damen  an  einer  Quelle  sitzend  und  einen  Leich- 
nam waschend.  Die  vier  Ritter  rüsten  sich  sofort  zum  Kampfe. 
Da  bittet  sie  Tronc,  den  fremden  Rittern  ihre  Namen  zu  sagen. 
Auf  Wunsch  der  Damen  erklären  sie  nun,  sie  seien  unter  Führung 
Nertigants  zum  König  Yrion  aufgebrochen.  Unterwegs  seien  ihnen 
sechs  Ritter  begegnet,  die  sie  für  Sarazenen  gehalten  und  bekämpft 
hätten.  Die  Leiche,  die  sie  vor  sich  sähen,  sei  die  Nertigants, 
des  Neffen  Yrions.  Die  Damen  seien  die  Nichten  Yrions  und 
zwar  sei  die  eine  die  Tochter  des  Herrn  von  Esclamai,  die  andere 
die  des  Toran  du  bruy.  Als  die  Schotten  hören,  dafs  sie  einen 
Neffen  Yrions  getötet  haben,  fangen  sie  an  zu  weinen  und  nehmen 
ihren  Helm  zur  Ehrung  des  Toten  ab. 

490.  Es  folgt  nun  die  Versöhnung  der  Schotten  mit  den 
Damen  und  deren  Rittern.  Tronc  schlägt  vor,  die  Toten  mit 
Ausnahme  Nertigants  zu  bestatten,  den  Leichnam  Nertigants  aber 
auf  einem  Maultiere  nach  Blamir  zu  schaffen,  um  ihn  dort  zu  be- 
graben. Diese  Ehrung  sollten  die  vier  am  Leben  gebliebenen 
Freunde  des  Toten:  le  conte  de  bel  apparant,  Segent,  Acardes 
d'Escamal,  Veraine  de  Toran  diesem  erweisen.  Dem  Grafen  von 
Barfair  und  dem  Herrn  von  Piadil  befiehlt  Tronc,  nach  Schottland 
zurückzukehren,  um  über  den  Erfolg  ihrer  Reise  Bericht  zu  er- 
statten. Während  Tronc  über  dieses  mit  den  Schotten  verhandelt, 
erscheinen  sechs  escuyers,  von  denen  der  eine,  Namens  Bruhur  de 
Rolich,  TroncTmitteilt,  dafs  Yrion,  Ysaye  u.  s.w.  sich  in  der  Nähe 
von  val  doulce  befinden. 

491.  Nachdem  die  drei  Toten  bestattet  sind,  bricht  man  auf. 
Edor,  der  aus  Dinagu  kommt,  gesellt  sich  zu  den  Rittern.  Nach 
einem  eintägigen  Marsche  gelangt  man  nach  val  doulce.  Hier  er- 
fahrt Tronc,  dafs  Ysaye  auf  dem  Schlosse  wohnt.  Er  geht  zu 
seinem  Herrn,  der  mit  den  anderen  Rittern  gerade  zu  Abend  speist. 

492.  Ysaye  ist  über  Troncs  Auskunft  sehr  erfreut,  aber  Marc 
springt  von  seinem  Platze  auf  und  stürzt  sich  auf  Tronc.  Er  will 
ihn  gegen  einen  Pfeiler  werfen,  wird  aber  von  Ysaye  daran  ge- 
hindert. Nur  mit  Mühe  gelingt  es  den  Rittern,  Tronc  aus  den 
Händen  Marcs  zu  befreien  und  in  ein  Nebenzimmer  zu  bringen. 
Nach  der  Ursache  seines  Zornes  befragt,  erklärt  Marc,  der  Zwerg 
sei  jener  Teufel,  der  ihm  im  Hause  Ysaacs  le  lombard  so  viel 
Böses  gethan  habe.  Ysaye  klärt  nun  Marc  über  den  Irrtum  auf, 
worauf  Marc  sagt,  er  habe  schon  viel  von  Tronc  gehört,  habe  sich 
diesen  aber  nicht  unter  der  laide  creature  vorstellen  können. 

493.  Als  Tronc  in  das  Schlofs  eingetreten  war,  hatte  er  den 
Pfortner,  der  ihm  nicht  öfinen  wollte,  erschlagen.  Als  der  Herr 
des  Schlosses,  Furiant  du  glay,  davon  erfahrt,  läfst  er  Tronc  vor 
sich   kommen.     Er   ist  anfangs  sehr   erbofst,   verzeiht  aber  Tronc, 


650 

als  dieser  ihm  erzählt,  in  welcher  Weise  äex  PfbitD« 
schimpft  hat. 

4Q4.  Tronc  niufs  mm  Ysaye  berichten,  wobei  1 
stammen,  die  er  herbeigeführt  hat.  £r  erzählt  daraof  i 
von  dem  V'errate  der  Schotten  und  deren   GefaogetœabB 

495.  Yïaye  verzeiht  ihnen  und  läTst  sie  gut  b«wir 
erscheint  F.dor  und  überreicht  Vsaye  den  Brief  der  v 
du  hault  mur,  Faradon,  Taridan,  Garpiscl,  Pongan,  in 
diese  Ysaye  aulTordem,  Atrìdes  zu  befreieD,  da  sie  diesen 
Tode  überliefern  würden. 

4q6.  Ysaye  erklärt  Edor,  er  werde  ihm  am  nach: 
Antwort  geben. 

497.  Die  beiden  Nichten  Yrions  werdeQ  non  den  Ri 
gestellt,  dann  zu  der  Herrin  des  Schlosses  gefährt.  f 
Abendessen  geht  man  schlafen.  Tronc  te  coutha  tur  U 
litt  SOH  maitirt. 

498.  Am  folgenden  Morgen  bittet  Tronc  seioen  Hi 
König  von  Schottland  mit  5000  Manu  zu  entlassen,  dai 
sein  Land  gegen  den  marquis  de  Harbrai  und  und  ] 
Candric  schützen  könne 

499.  Ysaye  gewährt  diese  Bitte  und  giebt  dem  K< 
Paumart,  Menet,  den  marqnis  de  Barasonne,  den  priao 
pine.  Oamaisse  (mais  wohl  Gavain  heifsen)  de  belle  g. 
Feslion  !e  blond  zur  Untersiütiung  miL 

500.  Hierauf  erscheint  Marc  und  bittet  setnea  Vale 
gestatten,  gegen  die  vier  Riesen  du  hault  mor  za  fcâfd] 
Atrìdes  «n  befreien. 

501.  Ysaye  rät  ihm,  znnâdist  die  Schlacht  mit  dea  ! 
abcuwaiten.  Marc  aber  besteht  auf  seiner  Bitte,  dlie  & 
schließlich  unter  der  Bedingung  gewährt,  dafs  er  Tron 
gldter  miinähtne.     Aber  auch  da%-on  will  Marc  nichts  wis 

502.  Erst  nach  langem  Zureden  entschliefst  âcb  M 
sich  des  Rates  Troncs  in  bedienen.  Tronc  verspricht  1 
amy  /^W  zu  sein,  wogegen  Marc  ihm  verspricht,  stets  sen 
zu  folgen. 

503.  Nodi  an  demselben  Tage  nach  dem  Mittagessen 
Marc  und  Tronc  auf.  Bald  darauf  verabschiedet  sidi  i 
Kûiùs  von  Scbottbod  mit  seinem  Heere,  und  Yrion  veHäj 
fella  «lit  adiMa  Lenten  val  doalce.  Das  Heer  Yrions  wa 
b«i|MkIli<M  ttinCMalL  Die  erste,  bestehend  aais  3000  Mann 
CW<toc  tt  (¿lois  und  Paridus  du  camp  fcnne,  die  irwei 
t'AhlWt  IhU]^  *^  Lyon  bestand  aus  2000  Mann,  di 
UM«r  OrtMl  WkI  Kstrahier  ans  5000.  die  rierle  unter  Y 
ûooo  wnvl  'Ütt  fetale  unter  Yrion  aus  6000  Mann.  Edor 
Hrirfca  a»  Kn^fìer  and  Marthe  abgeschickt. 

504.  l>»i  l*«T  Yrions  scWâgi  den  W^  nadi  den 
n*-.  Hn  Bote  ^ril  ^vwausgeschickt,  um  Hergaolt  die  Ank 
fMwM  mitznieile«.     Herganlt  eilt  nadi  Finpfang  dieaor  l 


'/^ 


DER   PROSAROMAN  TSATB  LB  TRISTE.  65 1 

dem  Heere  entgegen  und  stöCst  zanächst  auf  Paridus,  der  ihn  für 
einen  Sarazenen  hält  und  ihn  angreift  Hergault  schlägt  Paridus 
nieder,  wird  dann  von  Carduc  erkannt  und  zu  Ysaye  geführt,  der 
sidi  sehr  über  ihn  freut     Es  erfc^gt  nun  der  Einzug  in  Blamir. 

505.  Nach  zwei  Tagen  verabschieden  sich  die  Bundesgenossen 
mit  dem  Versprechen,  am  Magdalenentage,  an  welchem  der  Waffen- 
stillstand sein  Ende  erreicht,  wieder  zu  erscheinen.  Dispront  geht 
mit  seinen  Leuten  nach  dem  chastel  fort  assis.  Bei  Ysaye,  der 
seinen  Wohnsitz  auf  dem  chastel  de  la  roche  ague  hat,  bleiben 
Oríant,  Hergault,  le  désorreillé  de  la  joyeuse  garde,  le  sot  sage, 
le  besgue  de  la  haulte  roche,  Ferandas  de  Dinagu,  Elundus  du 
hault  hurt  und  Mardiast  de  la  Forest 

50Ò.  Als  der  Admiral  von  der  Ankunft  Ysayes  hört,  sendet 
er  die  Kôm'ge  von  Seville  und  Morianne  zu  Ysaye  und  läfst  fragen, 
ob  dieser  den  Waffenstillstand  gebrochen  habe.  Ysaye  erklärt  den 
Gesandten,  dafs  er  von  dem  Waffenstillstände  nichts  gewufst  habe. 
Beim  Abschiede  erklärt  er  dann  noch  dem  König  von  Seville,  der 
sich  ihm  gegenüber  sehr  hochmütig  benommen  hatte,  er  werde  in 
der  Schlacht,  zuerst  an  ihm  seine  Rache  ausüben. 

507.  Henry  und  Hergault  begeben  sich  in  den  Turm  und 
aberreichen  Orimonde  einen  Brief  Marcs. 

508.  In  diesem  Briefe,  der  am  10.  August  aus  val  doulce 
abgeschickt  war,  teilt  Marc  seiner  Braut  mit,  dafs  er  sie  auf  einige 
Zeit  verlassen  müsse,  um  gegen  die  vier  Riesen  du  hault  mur  zu 
kämpfen.  Dem  Briefe  hatte  er  einen  Ring  beigefügt  mit  der  Bitte, 
Orimonde  solle  ihm  loyalle  bleiben. 

509.  Als  Orimonde  den  Inhalt  vernommen  hat,  fallt  sie  in 
Ohnmacht  Als  sie  die  Besinnung  wieder  erlangt  hat,  sagt  sie, 
sie  habe  aus  Liebe  zu  Marc  Eltern  und  Religion  im  Stiche  ge- 
lassen und  werde  nun  so  schnöde  verraten.  Auch  regt  sich  bei 
ihr  die  Eifersucht,  denn  Marc  werde  wegen  seiner  Schönheit  von 
anderen  Mädchen  audi  geliebt  werden.  Hergault  aber  beruhigt 
sie  und  sagt  ihr,  Marcs  Vater  sei  in  Blamir  angekommen  und 
werde  am  nächsten  Tage  sie  aus  dem  Turme  abholen.  Ueber 
diese  Nachricht  ist  Orimonde  sehr  erfreut.  Am  folgenden  Tage 
erscheint  auch  Ysaye  mit  Gefolge  und  Spielleuten  und  wird  jubelnd 
empfangen.  Als  der  Admiral  dies  vernimmt,  schwört  er,  er  werde 
seine  Tochter  derartig  ermorden,  dafs  man  noch  1000  Jahre  da- 
von reden  solle. 

510.  Ysaye  erklärt  Orimonde,  er  sei  gekommen,  um  sie  an 
Stelle  seines  Sohnes  zu  beschützen.  Ysaye  schenkt  ihr  ein  Hünd- 
chen, das  Tronc  von  Esclaire  erhalten  hatte.  Man  lebt  nun  in 
Blamir  herrlich  und  in  Freuden.  Orimonde  verläfst  ab  und  zu 
den  Turm,  um  Yrions  Tochter  Dramide  und  die  beiden  Nichten, 
die  sich  nebst  Dramide  auf  dem  chastel  de  fort  pas  befinden,  zu 
besuchen. 

511.  Marc  überschreitet  das  Meer  bei  Blanchoye.  In  einem 
Walde  erhält  er  plötzlich  zwei  Pfeilschûsse  von  einem  Manne,   der 


652  ZeiDLER, 

vollständig  entkleidet  auf  einem  Baume  siltL  Dieser  Mann  iteigt 
von  dem  Baume  herunter  und  erklärt  Marc,  er  werde  von  óebrn 
Männern  gefangen  gehalten,  die  auf  das  Geheirs  von  tí  Rittern 
des  chastel  es  hiitons  jeden  Wanderer  gefangen  nähmen,  enikl<t 
delen  und  auf  einen  Baum  schickten,  damit  er  auf  die  Voinba- 
gtlieudeD  auFpas?ie,  Er  sei  erst  am  vorhergehenden  Tage  gefeigea 
genommen  worden.  Auf  näheres  Befragen  erklärt  der  Maini,  a 
heifse  Gerani  le  blond  und  suche  schon  seit  20  Jahren  xttm 
Bruder  Festion  le  blond,  der  bei  Ysaye  in  Blamir  sei.  Maie  dH 
nun,  nachdem  Tronc  den  Feinden  bereits  grofsen  Schrecken  be- 
reitet hat,  nach  einem  Graben,  Tiridet  die  sieben  Männer  UDd  löld 
vier  derselben.  Die  drei  übrigen  entkommen  und  melden  den 
zwölf  Rittern  die  That  Marcs. 

512.  Marc  löiPt  nun  die  Ritter,  wie  auch  die  drei  Knappe*, 
mit  Ausnahme  von  Parides,  dem  Sohne  des  bnin  de  CoraonailK 
den  Vsayc  auf  dem  Schlosse  de  l'engarde  tötete.  Dieser  crldiit 
Marc,  sie  hauen  sich  unter  Führung  Torudonts  l'ocogne  (!},  do. 
Sohnes  Maçons,  zusamniengethan  und  Ysa>u  zum  Trotte  ihre 
coustume  eingeführt.  Marc  tötet  nun  auch  noch  Parides  und  litt. 
die  Köpfe  der  Toten  an  einem  Baume  aufhängen. 

513.  Marc  übergiebt  nun  das  Schlofs  in  die  Hände  GeraSl» 
Alle  Ritter  und  sonstige  Bewohner  der  Umgegend  müssen  Mate 
und  dem  neuen  Herrn  huldigen.  Nach  zwei  Tagen  brechen  Mut 
und  Tronc  auf.  Beim  Abschiede  erklärt  Marc  dem  Gerafil,  diu 
Festion  le  blond  sich  jetzt  in  Schottland  befinde  und  bittet  ilm, 
er  möge,  falls  er  nach  Blamir  komme,  Ysaye,  Yrion  und  Orioonde 
von  dem  Ritter  grüfsen,  auf  dessen  rotem  Schilde  drei  aìbemc 
Löwen  gezeichnet  seien. 

514.  Nach  drei  Tagen  gelangen  Marc  und  Tronc  in  è 
gaste  forest.  Hier  erbückt  Tronc  einen  schönen  Baum  und  erwli 
Marc,  dafs  unter  demselben  Merlin  begraben  liege.  Unter  die« 
Baum  dürfe  sich  kein  Mensch  stellen,  so  wünschten  es  die  til 
Fueen.  Nach  dieser  Erklärung  Troncs  wandern  sie  weiter  na 
gelaugen  zu  der  Kapelle,  in  welcher  sich  Driant  befindet  und  d 
GebL-ine  Hectors  d'Orcanie  begraben  sind.  Marc  und  Tronc  v« 
bringen  die  Nacht  in  der  Kapelle.  Am  folgenden  Morg«i  reiUfl- 
sie  weiter. 

515.  Auf  Marcs  Wunsch  erzählt  nun  Tronc  die  Geschielit* 
Driants  und  Ysayes.  Auf  diese  Weise  vertreiben  sie  sieb  d¥ 
Langweite,  die  ihnen  der  einsame  Weg  bereiten  mufslc  PIñuliis 
gelangen  sie  in  einen  wunderschönen  Ohstgarteii,  der  spcb  in 
einem  Thale  befindet.  In  diesem  Garten  erblicken  sie  ein  M 
aus  Elfenbein ,  auf  welchem  die  Geschichte  Lancelots  und  i¡tt 
Dame  vom  See  geschrieben  stand.  Auf  einer  Tafel  sehen  di 
dann  die  Geschichte  Alexanders  des  Grofsen,  Julius  Caesars,  P* 
cevals,  Ivains,  Gavains,  Lucans,  Tristans,  Yreults  und  Vsajes  vei* 
zeichnet.  Nachdem  sie  diese  gelesen  haben,  gehen  sie  weiter  o\  ' 
gelangen  an   eine  Quelle,    die   von   prächtigen  Steinen,   diatoa 


DBR    PROSAROMAN    YSAYE   LE   TRISTE.  653 

,  cassidoine,  topas,  escarboncle  und  esmcraudc  eingefalst  ist 

küí  diesen  Steinen   stand  die  Geschichte  des  jüdischen  Volks  bis 

1  den  Propheten.     Auch    waren    die    Bilder    der   letzteren  darauf 

orhanden.     Mitten   in    der  Quelle  befand  sich  ein  Aprelbaum  mit 

r  Aufschtifl:  Wer  eioun  Apfel  ifst,  mufs  sterben.     Marc  liest  die 

Bschrifl,    greift   aber    dennoch    nach    den  Früchten.     Tronc  warnt 

Marc    hört    aber    nicht      Er   verliert    das    Gleichgewicht   und 

tfirzt    bis    an    den    Hals    in    die  Quelle.     Trotz    der   grörsten  An- 

trengongen  gelingt  es  ihm  nicht,  sich  aus  der  üblen  Lage  zu  be- 

cien.     Da    nahen    mit    Gesang    eine    Anzahl    Feeen    heran    und 

Allagen  Tronc 

5 16.  Sie   erklären    nun    Marc    und    Tronc,    beide    hätten    ihr 
Leben    verwirkt,    da    sie   bewaffnet    in    den  Obstgarten  eingetreten 

I,  wenn  sie  sich  aber  ergäben,  sei  ihnen  das  Leben  gesichert. 

;  und  Tronc  folgen  dem  Rate  der  Damen.    Darauf  wird  Marc 

nis    dem  Wasser    gezogen,    seiner   Rüstung    entledigt    und   in  das 

lett   des    Obstgartens    gelegt.      Eine    Fee,    Oriande,    setzt   sich    zu 

n.    Von  seinem  Lager  aus  sieht  Marc,  wie  Tronc  von  den  Feeen 

i  Ehre  enviesen  wird,  und  er  erlährt  auf  seine  Frage  von  Oriande, 

fs  Tronc  der  Sohn  Julius  Caesars  und  ihrer  ersten  Fee  Morghe 

and    dafs    er    in   dem  Bette    des  Obstgartens  geboren  sei.     Er 

von  Jugend  auf  sehr   häfsHch    gewesen    und    sei   deshalb   von 

einer  Mutter,    die    sich    nach  der  Insel  Carfan  begeben  habe,    im 

Mich  gelassen  worden.     Sie  erklärt  ihm  ferner,  dafs  Tronc  einmal 

r  schönste  Prinz,  jedoch  unter  Beibehält  seiner  Kleinheit,  werden 

liûrde,    wenn    ein   Ritter   an    seinem  Hochzeitstage,    der   auch    der 

leiner  FJtem    sein    müsse,   ihn    befreie.     Als  Marc  das  vernommen 

lat,    käfst  er  Oriande    und  bittet  um  ihre  Liebe.     Sie  aber  erklärt 

sie  könne  nur  dem  Ritter  ihre  Liebe  verheiísen,    der  sie  an 

lern  Zwergi^n  Dariades  '  räche.     Dieser    halte   die   schöne  Orphée, 

velche    sie    mit  Armidas   verheiraten   wollte,    gefangen,     Marc  ver- 

pricht  ihr  nun,  Orphée  zu  befreien.    Oriande  bietet  ihm  nun  eine 

:fistung    an,    durch    welche    kein    Hieb    hindurchdringe,    die    aber 

if  arc   zurückweist.      Nun    giebt    sie    ihm    einige    Edelsteine.     Dann 

aichl  Marc  mit  Tronc  auf.    Oriande  aber  bittet  Tronc,  Marc  bald 

leder  zurückzuführen. 

517.  Marc  und  Tronc  begegnen  zwei  Rittern,    die  ihnen  er- 
Lhlcn,  sie  kämen  von  einem  Schlosse,  auf  welchem  ihre  Schwestern 

[«fangen  gehalten  würden.  Sie  seien  in  der  Nacht  aus  diesem 
~  '  '  sse  geflohen.  Der  Besitzer  des  Schlosses,  Namens  Traifart, 
habe  die  Gewohnheit,  alle  Frauen,  die  er  gefangen  nähme,  zu  ge- 
brauchen. Dieser  Ritter  habe  noch  zwei  Brüder.  Der  eine,  Trandail, 
Behme  allen  Rittern  Pferd  und  Rüstung  ab,  der  andere,  Eriodus 
Oder  Yridus,  jegliches  Hab  und  Gut,  das  ihm  gefällt.  Als  Marc 
les  gehört  hat,  beschüefst  er,  zunächst  gegen  Yridus  zu  ziehen. 

518.  Marc    und  Tronc    gelangen    aber   zunächst  zu  Trandail, 

'  BiiGh  DrUdet  gena&Di. 


654  ZHIDLRH, 

der  in  fiere  ville  wohnt.  Vor  dessen  Schlosse  begegnen  ihnen  add 
Ritter  Trandails,  die  Marc  besiegt  und  deren  Leichen  Tionc  u 
einem  Baume  vor  dem  Schlosse  aufhangt.  Dann  fordert  UaK 
Trandail  selbst  zum  Kampfe  heraus.  Dieser  läfst  das  Burglbur 
fallen  und  200  Rilttr  auf  Marc  losstürzen.  Marc  besiegt  lüi« 
und  liifst  Trandail  selbst  auiliängen.  Dann  tröstet  er  die  scliòK 
Witwe  des  Schlofsherrn  und  lâist  die  Bürgt-r  von  fiere  ville  schwûicri, 
vun  der  cou  stum  e  Trandails  abzulassen.  Bei  seinirm  Abschieds 
erklän  er  ihnen,  er  werde  ihnen  bald  einen  neuen  Herrn  sen<len. 
5tq.  Am  Abend  desselben  Tages  noch  gelangen  Marc  niid 
Tronc  vor  rade  porte,  wo  sie  sich  bei  einem  Klsnne  Murgant  nach 
dem  Schlosse  der  Stadt  erkundigen.  Murgant  fragt  Marc,  ob  tir 
von  fiere  ville  komme,  worauf  Marc  die  Frage  bejaht  und  ihm  «- 
zählt,  es  habe  in  der  Stadt  ein  Kampf  stattgefunden,  an  dem  a 
sich  aber  nicht  beteiligt  habe.  Er  beSiide  sich  auf  einer  Hüger* 
fahrt.  Da  wamt  ihn  Murgant,  nach  rade  porte  zu  gehen,  und 
schildert  die  cousiume  des  Vridus.  Dann  sagt  er  ihm  rÉodi,  diti 
alle  Bürger  der  Stadt  über  Yridus  entrüstet  seien  und  dafs  es  ßr 
Marc  ein  Leichtes  sein  werde,  die  maulvaise  coDStnrae  lu  be- 
seitigen. Marc  reitet  nun  nach  dem  Schlosse  und  trifft  Yridus  ail 
seiner  schonen  Frau  unter  einem  Baume  sitzend  an.  Er  fonJeit 
Yridus  zum  Kampfe  heraus.  Es  entspinnt  sich  «in  fiitchlbarcr 
Kampf  zwischen  Marc  und  Vridus  uebsi  dessen  Kittern.  Marc  ist 
in  Gefahr.  Da  erscheint  Murgant  mit  meheren  Leuten.  Nun  vttdtB 
die  Feinde  besiegt  und  gotöteL  Marc  tröstet  die  Gattin,  diewiW 
mit  der  coustume  unzufrieden  gewesen  ist.  Darauf  erscheinen  dis 
Bürger  von  rade  poite  und  auch  die  von  fiere  ville  und  danlicn 
Marc  für  seine  That,  worauf  Marc  den  ersleren  auch  einen  neonfl 
Herrn  verspricht  Murgant  erhält  wegen  seiner  Tapferkeit  den 
Ritterschlag.  Am  folgenden  Alorgcn  will  Marc  allein  nach  locU 
ville  reiten,  um  auch  den  dritten  der  Brüder  zu  strafen. 

520.  Als  die  Bürgetschaft  von  torte  ville  von  dem  Si 
Marcs  erfährt,  ist  sie  sehr  erfreut,  Traffert  aber  flieht  iu  sdn 
Onkel  Estamus  le  roux,  dem  König  du  chastel  du  haull  ponL 

521.  Nach  der  Flucht  ihres  Gemahls  hegiebt  sich  die  Gallili 
Traiïarts,  eine  Schwester  Driamonts,  mit  ihrem  Sohne  Droardin 
nach  rade  porte.  Sie  berichtet  Marc  über  die  Flucht  ihtes  G»at% 
dann  huldigt  sie  nebst  den  Bürgern,  die  ihr  gefolgt  waren,  ìiitc 
Dieser  setît  nun  sie  und  Droardin  als  Kegenten  von  ixwte  ïiil» 
ein  und  befiehlt  ihnen,  sich  an  den  einstweiligen  Statlbaltei  «« 
rade  porte,  Murgant,  zu  wenden,  falls  Traifarl  wieder  erscheinen  soM 

522.  Marc  und  Tronc  brechen  von  rade  porte  aid"  und  be- 
gegnen in  Begleimng  seiner  Dame  dem  Ritter,  der  vor  acht  Tage" 
gegen  die  Schotten  gekämpft  hatte  {§  477).  Der  Knappe  d« 
Ritters  fordert  im  Auftrage  seines  Herrn  Marc  zum  Kampfe  hna« 
und  verspricht  ihm  die  Dame  als  Preis,  wenn  es  ihm  gelänge^  dtt 
Ritter  zu  besiegen.  Marc  kämpft  nun  gegen  den  Ritter  und  be- 
siegt ihn  nach  langem  Kampfe,     Der  Ritter  bietet  um  die  Dan» 


DER    PKOSAROUAN    Y5AYE   LE  TRISTE.  655 

Marc  an.  Dann  nennt  er  seinen  Namen.  Er  heifst  Tristan  sans 
¡oye  und  stammt  aus  Leonois.  Er  ist  der  Sohn  Tangarins  l'esprouvé. 
Dann  erklärt  er  Marc,  er  kämpfe  nach  dem  Vorbilde  Arthurs  und 
Tristans  für  seine  Cousine  Aufrose,  die  dame  du  duc  de  Fragore. 
In  diesem  Kampfe  Tür  seine  dame  sei  er  erst  einmal  zu  Boden 
geschlagen  worden  und  zwar  von  Yreult,  alle  anderen  kitler  habe 
er  besiegt.  Jetzt  aber  habe  ihn  Marc  besiegt,  dem  er  nun  seinem 
Versprechen  gemâfs  die  Dame  abtreten  müsse.  Als  er  ausgesprochen 
hat,  macht  Tronc  den  Vorschlag,  die  Aufrose  dem  Yreult  zur 
Frau  zu  geben,  da  Marc  doch  nicht  zwei  Frauen  heiraten  könne, 
Tristan  aber  mit  der  Wiiwe  des  Ytidus  in  rade  porle,  Organe,  zu 
verheiraten.  Mit  diesem  Vorschlage  ist  Marc  einverstanden.  Tristan 
reitet  nun  mit  Aufrose  nach  rade  porte,  heiratet  Organe,  begleitet 
dann  Aufrose  zu  Yreult  und  erzählt  hier  Marthe  und  Vreuil  von 
den  letzten  Abenteuern  Ysayes  und  von  der  Verheiratung  Esclaires, 
der  Schwester  Yreults  mit  DLspront. 

523.  Marc  und  Tronc  gelangen  allmählich  nach  dem  chastel 
des  tiaults  murs,  wo  sie  zwei  Riesen  Faragon  und  Taridau  vor 
dem  Schlosse  sitzend  antroffen.  Faragon  wirft  mit  einem  Apfel 
das  Pferd  Marcs  tot,  dann  stürzt  er  auf  Marc  und  zersplittert  mit 
einem  Keulenhieb  dessen  Schild  in  lOü  Teile.  Er  ergreift  hierauf 
Marc  und  will  ihn  ins  Schlofs  tragen.  Da  schlagt  ihm  Taridan 
mit  einem  Hiebe,  der  auf  Marc  gezielt  war,  den  Arm  ab,  so  dafs 
Marc  zur  Erde  fällt  Marc  springt  sofort  auf  und  sticht  Taridan 
nieder.  Faragon  tritt  nun  Marc  so  heftig  vor  die  Brust,  dafs  dieser 
ohnmächtig  zusammenbricht,  und  hätte  ihn  sicher  getötet,  wenn 
ihm  nicht  Tronc  einen  Hieb  auf  den  wunden  Arm  versetzt  hätte. 
Als  der  Kiese  Troncs  Hieb  erhall,  schreit  er  laut  auf.  Sofort  eilen 
die  beiden  anderen  Riesen  Garpisel  und  Porigan  aus  dem  Schlosse 
hc-rliei,  um  Faragon  zu  helfen.  Nach  langem  Kampfe  lötet  Marc 
die  drei  Riesen,  er  selbst  aber  ist  schwer  verwundet.  Tronc  be- 
freit nun  die  Gefangenen  und  findet  unter  ihnen  auch  Atrides. 
Marc  wird  nun  in  ein  Bett  gelegt  und  von  Ridus  und  Peronne 
(Frau)  gepflegt  Die  Leichen  der  vier  Riesen  hängt  Tronc  am 
Kingang  in  das  Schlofs  auf. 

524.  Nach  kurzer  Zeit  erscheinen  vier  Knappen,  die  von  den 
Riesen  ausgeschickt  waren,  und  erblicken  die  Leichen  ihrer  Herren. 
Sie  betreten,  nichts  Gutes  ahnend,  den  Schlofshof  und  werden 
hier  getötet  Ihre  Leichen  werden  ebenfalls  vor  dem  Schlosse 
aufgehängt  Am  folgenden  Morgen  erscheint  eine  grofse  Anzahl 
Leute  vor  dem  Schlosse  und  wundert  siih  über  das,  was  sich 
ereignet  hat  Auch  Truffar!  war  herbeigeeilt  Er  entfernte  sich 
aber  bald  wieder,  sobald  er  erfuhr,  dafs  Marc  die  Heldenthat 
vollt)racht  hatte.  Marc  selbst  fühlt  sich  bald  wieder  wohl.  Atrides 
wird  zum  Herrn  des  Schlosses  gemacht 

525.  Die  Leute  dt-r  Umgegend  müssen  nun  dem  .Mrides 
huldigen.  Marc  und  Tronc  bleiben  noch  zehn  Tage  auf  dem 
Schlosse.     In   dieser  Zeit  gewinnt  Marc  das  Herí  der  Gencieaae, 


656  ZEtDLER, 

der  Tochter  dea  Kajtelans  von  Vertonne,  die  er  aus  der  Groall 
der  Riesen  befreit  hatte.  Das  Verhältnis  beider  blieb  njcht  ohne 
Folgeo. 

526.  Vsaye,  der  sich  in  roche  ague  befindet,  hat  folgeoden 
Traum.  Mitten  in  Blamir  ¡st  eine  Quelle,  aus  welcher  ein  Báchieio 
flierst  In  der  Quelle  steht  ein  Baum,  auf  welchem  vid  Vögel 
sitien  und  ihren  Gesang  erschallen  lassen.  Am  Rande  der  QncUe 
sitzen  zwei  Adler,  von  denen  der  eine  krank  ¡st  Der  Iranke 
Adler  versucht  zu  trinken  und  fällt  tot  in  die  Quelle  hinein.  Da 
trocknet  das  Wasser  ein  und  alle  Vögel  ßiegen  forL  Nach  ïnncr 
Zeit  führt  sie  ein  anderer  Adler  zurück.  Als  dieser  den  lolcp 
Adler  sieht,  (ällt  er  ohnmächtig  am  Rande  der  Quelle  medet. 
Die  Vögel  singen  nicht.  Es  erscheinen  plötzlich  mehrere  Dradien 
und  entführen  ein  Turteltäubchen.  Eine  Lerche,  die  dies  lictil, 
stirbt.  Das  Täubchen  wird  bald  darauf  wieder  lurückgelfilul. 
der  ohnmächtige  Adler  lebt  wieder  auf,  die  Quelle  füllt  sich  wirf« 
und  die  Vögel  stimmen  ihren  munteren  Gelang  wieder  an.  Da 
erwacht  Vsaye,  ErschroL-kt-u  über  den  Traum,  bekreuzt  er  sieb 
und  geht  zum  .\bl  von  S.  Andrieu.  Dieser  deutet  ihm  am  fol- 
genden Tage  den  Traum.  Die  Quelle  ist  Yrion,  Baum  und  Vogel 
sind  Volk  und  Ritter,  die  sich  über  Vrion  freuen.  Der  kranke 
Adler  ist  Oriant.  Yrion  wird  ihn  aufTordern,  mit  ihm  zu  geben. 
Da  wird  Oriant  sterben.  Die  Vögel,  das  Volk  also,  werden  über 
seinen  Tod  traui-rn  und  die  Leute  Criants  werden  das  Land  ver- 
lassen. Dispront  wird  sie  zurückführen.  Dio  tourterelle,  die  seub 
und  sich  in  der  Quelle  spiegelt,  ¡st  Marthe,  die  dragons  und 
Räuber,  die  Marthe  entführen.  Die  Lerche  ist  die  Tochter  Yriora, 
Dramille.  Marc  wird  Marthe  zurückführen.  Yrioo  wird  in  abon- 
dance sein,  Vsaye,  der  Adler,  welcher  nebea  dem  kranken  Adlet 
sitzt,  wird  sich  freuen,  ebenso  das  Volk. 

527.  Eines  Tages  meldet  Gerafil  in  roche  ague,  dafs  Marc 
die  Ritler  des  Schlosses  es  luitons  besiegt  habe.  Ein  anderer  Bote 
meldet,  dafs  Marc  die  drei  Brüder  Trandail.  Vridus  und  TnSìiì 
besiegt  habe.  Ueber  diese  Nachrichten  ist  man  sehr  erfreut.  D* 
wird  Oriant  plötzlich  krank.  Vsaye  wacht  an  seinem  Bette 
ihn  Vsaye  eines  Morgens  verläfst,  um  die  Messe  zu  hören,  erhebt 
sich  Oriant  aus  seinem  Bette  und  kleidet  sich  trotz  der  Warnangm 
der  Aeizte  an.  Als  darauf  Vsaye  zurückkehrt,  stirbt  Oriant.  Kt 
wird  begraben,  seine  Leute  verlassen  ßlamir,  werden  aber  von 
Disproiit  zurückgeführt 

528.  Marc  und  Tronc  beschüefsen  nun,  gegen  EstamiU  und 
Tralfart,  die  ihnen  nach  dem  Leben  trachteten,  zu  Felde  zu  tieiien. 
Vor  seiner  Abreise  aber  übergiebt  er  Atrides  drei  Briefe.  Dsfflll 
solle  er  zu  Marthe  gehen  und  ihr  einen  der  Briefe  übergeben.  Kr 
solle  von  dort  aus  auch  seine  Gattin  Gaudine  abholen.  Die  andern 
Briefe  solle  er  Edor  übergeben,  damit  dieser  sie  an  Ysaye  und 
Orimonde  befordern  könne.  Dann  spricht  er  noch  den  Wansch 
aus,   Atrides  möchte   bis   zum  Magdalentage  mit  möglich«  /  '  ' 


DER   PKOSAROMAN   YSAY£   LE  TRISTE.  657 

Lenten  in  Blamir  erscheinen,  nm  Ynon  in  dem  Kampfe  gegen  die 
Sarazenen  zu  unterstützen. 

529.  Dann  bricht  er  mit  Tronc  auf,  aber  nicht  ohne  von 
Gendenne  herzlichen  Abschied  genommen  zu  haben.  Atrides  und 
Ridart  (Ridus?)  begleiten  ihn. 

530.  Nach  langem  Marsche  erreichen  die  vier  Gefährden  das 
Schlofs  des  Estamus,  das  chastel  du  hault  pont.  Hier  dankt  Marc 
seinen  Begleitern,  bittet  sie  aber  umzukehren,  da  er  allein  gegen 
Estamus  und  dessen  52  Ritter  kämpfen  wolle.  Atrides  und  Ridart 
kehren  nun  um.  Kaum  aber  haben  sie  Marc  verlassen,  als  sich 
acht  Ritter  auf  sie  stürzen.  Nach  einem  harten  Kampfe  sind  beide 
Parteien  erschöpft,  und  der  Anführer  der  acht  Ritter  gicbt  sich 
nun  als  der  Kastelan  von  Vertonne  zu  erkennen.  Er  erklärt  dann 
dem  Atrides,  dafs  er  sich  bei  dem  Ritter  bedanken  wolle,  der  seine 
Tochter  aus  der  Gefangenschaft  befreit  habe.  Da  sagt  ihm  Atrides, 
dafs  Marc  sich  jetzt  vor  dem  Schlosse  du  hault  pont  befìnde,  wo 
er  gegen  den  König  Estamus  le  roux  kämpfen  wolle.  Als  dies 
der  Kastelan  erfährt,  beschliefst  er,  Marc  sofort  zur  Hilfe  zu  eilen. 
Er  legt  sich  deshalb  mit  seinen  Leuten  nebst  Atrides  und  Ridart 
in  ein  Gebüsch  in  der  Nähe  des  chastel  du  hault  pont,  um  Marc 
in  der  Gefahr  Hilfe  bringen  zu  können. 

531.  Als  Estamus  Marc  und  Tronc  herannahen  sieht,  verläfst 
er  mit  einem  Teil  seiner  Leute  sein  Schlofs  und  sprengt  Marc  ent- 
gegen. Es  kommt  zum  Kampf.  Marc  durchbohrt  Estamus  und 
besiegt  dessen  Ritter.  Da  fallt  ihm  Traifart  mit  24  Mann  in  den 
Rücken.  Marc  gerät  nun  in  grofse  Bedrängnis.  Da  eilt  ihm  der 
Kastelan  von  Vertonne  mit  seinen  Leuten  zu  Hilfe.  Die  Feinde 
werden  besiegt  und  sämtlich  getötet.  Die  Sieger  dringen  nun  in 
das  Schlofs  und  töten  alle  Insassen  mit  Ausnahme  von  zehn  Damen, 
die  dafür  bestimmt  sind,  die  Gattinnen  der  Ritter  des  Kastclans 
sowie  Ridarts  zu  werden.  Ridart  heiratet  z.  B.  die  Gattin  des 
Estamus.  Nachdem  nun  Marc  noch  den  Kastelan  zum  Herrn  des 
Schlosses  gemacht  hat,  bricht  er  in  der  Frühe  des  anderen  Tages 
mit  Tronc  auf. 

532.  Marc  und  Tronc  reiten  mehrere  Tage.  Plötzlich  ge- 
langen sie  nach  einem  prächtigen  Schlosse,  vor  welchem  viele 
schöne  Mädchen  tanzen.  Marc  geht  an  diese  heran.  Die  Mädchen 
wollen  ihn  nun  ergreifen,  aber  kaum  haben  sie  ihn  berührt,  als 
sie  sofort  verschwinden.  Marc  ist  hierüber  erstaunt.  Tronc  aber 
erklärt  ihm,  er  wäre  sicher  verloren  gewesen,  wenn  ihn  nicht  die 
Zauberkraft  der  Steine,  die  ihm  Oriande  gegeben  habe,  gerettet 
hätte.  Hierauf  reiten  die  beiden  weiter  bis  zum  nächsten  Schlofs. 
Vor  diesem  sitzen  sechs  Ritter,  die  Marc  zum  Kampfe  heraus- 
fordern. Sie  erklären  Marc,  sie  seien  sechs  Brüder  (der  älteste 
heifse  Bratois)  und  hätten  die  Gewohnheit,  jeden  Ritter,  der  an 
ihrem  Schlosse  vorbeikomme,  anzugreifen  und  gefangen  zu  nehmen. 

533.  Schon  ihr  Vater  habe  diese  Sitte  geübt.  Er  sei  von 
Tristan    bekämpft    worden.      Nach    seinem    Tode    hätten    sie    die 

Zettschr.  t  rom.  PhU.  XXV.  42 


658  ZBIDLER, 

coustume  weiterhin  aufrecht  erhalten  Ysaye  zum  Trotze,  der  viele 
ihres  Stammes  vernichtet  habe.  Marc  besiegt  nun  die  sechs  Brüder, 
verliert  aber  in  diesem  Kampfe  zwei  Zähne.  Dann  befreit  er  die 
Gefangenen  und  macht  einen  derselben,  Moragan  l'estroit,  zum 
Herrn  des  Schlosses,  das  den  Namen  chastel  sans  pitie  führte. 
Als  die  Kunde  von  Marcs  Siege  in  die  Umgegend  gelangt,  eilt 
eine  grofse  Anzahl  von  Rittern  herbei,  um  ihm  zu  huldigen,  viele 
aber  schliefsen  aus  Furcht  vor  ihm  die  Thore.  Marc  bleibt  nnn 
sieben  Tage  auf  dem  chastel  sans  pitie,  dann  bricht  er  mit 
Tronc  auf. 

534.  Sie  gelangen  nach  einem  Schlosse,  in  dessen  Inneres 
man  nur  gelangen  kann,  wenn  man  drei  Brücken  überschreitet, 
die  von  einem  Riesen,  einem  Löwen  und  einem  Drachen  behütet 
werden.     Das  Schlofs  gehört  dem  Ritter  Privalius  le  jaloux. 

535.  Marc  erklärt  Tronc,  er  wolle  aus  Liebe  zu  der  Gattin 
des  Privalius  in  das  Schlofs  eindringen.  £r  bittet  Tronc,  ihm  nicht 
zu  folgen,  worauf  Tronc  ihm  erklärt,  wohin  Marc  gehe,  werde  auch 
er  gehen. 

536.  Marc  ruft  nun  dem  Portier  zu,  er  solle  öfihen.  Ein 
Ritter  begehre  £inlafs,  der  die  Absicht  habe,  dem  Herrn  des 
Schlosses  die  Gattin  zu  rauben.  Diese  Worte  vernehmen  Privalius 
und  dessen  Gattin,  die  an  einem  der  oberen  Fenster  sitzen.  Nach 
kurzer  Zeit  wird  die  Zugbrücke  herunter  gelassen,  und  ein  ge- 
waltiger Riese  tritt  Marc  entgegen.  Marc  stürzt  sich  auf  ihn,  be- 
siegt ihn  und  wirft  ihn  in  den  mit  Wasser  gefüllten  Graben,  in 
welchem  der  Riese  ertrinkt 

537.  Auf  Troncs  Rat  zerschneidet  Marc  die  Ketten  der  Zug- 
brücke. Nachdem  er  sein  Pferd  geholt  hat,  reitet  er  nach  der 
zweiten  Brücke.  Auf  Privalius'  Befehl  wird  auch  diese  herunter 
gelassen.  Da  stürzt  aus  einem  engen  Gange  ein  Löwe  auf  Marc. 
Marc  gerät  in  die  gröfste  Bestürzung.  Erst  nach  schwerem  Kampfe 
gelingt  es  ihm,  den  Löwen  so  schwer  zu  verletzen,  dafs  er  ihn  in 
den  Graben  werfen  kann.  Nach  dieser  zweiten  That  will  Marc 
auch  noch  die  dritte  vollbringen.  Aber  Tronc  rät  ihm,  erst  eine 
Nacht  zu  ruhen.  Marc  ist  damit  einverstanden.  Kühn  wie  er  ist, 
bittet  er  Privalius  um  Speise.  Er  erhält  diese  auch,  ebenso  erhält 
sein  Pferd  Futter.     Den  Lebensmitteln  liegt  auch  ein  Brief  bei. 

538.  In  diesem  Briefe  wünscht  Privalius,  der  in  dem  Helden 
den  chevalier  essiliet  wohl  erkannt  hat,  Marc  eine  ruhige  Nacht. 

539.  Am  folgenden  Morgen  reitet  Marc  nach  der  eisernen 
Brücke  und  verlangt  Einlafs.  Der  Portier  ruft  zunächst  Privalius, 
der  den  Wunsch  geäufsert  hatte,  dem  Kampfe  mit  dem  serpent 
zuzusehen.  Sobald  der  Schlofsherr,  seine  Gattin  und  mehrere 
andere  Personen  an  den  Fenstern  erschienen  sind,  läfst  der  Portier 
die  eiserne  Brücke  fallen. 

540.  Beim  Anblick  des  Drachen  bittet  Marc  Gott  um  Hilfe. 
Der  Drache  hat  die  Gröfse  eines  Bären,  hat  kurze  Hinterföfse, 
kurze  Ohren,  Flügel  ohne  Federn  und  einen  starken  Fischschwant 


DER   PKOSAROMAN   YSAY£   LE   TRISTE.  659 

Marc  wird  von  dem  Schwänze  umwickelt  und  von  den  Krallen 
zerkratzt  Doch  gelingt  es  ihm,  dem  Drachen  seinen  Helm  in  den 
Rachen  zu  drangen  und  sein  Schwert  in  die  Brust  zu  bohren,  wo- 
durch der  Drache  getötet  wird.  Als  Privalius  diese  That  gesehen 
hat,  begrûfst  er  Marc  und  stellt  diesem  seine  Gattin  vor.  Tronc 
führt  darauf  das  Pferd  Marcs  in  den  Stall  und  reinigt  das  Schwert 
von  dem  Gifte. 

541.  Als  die  Gattin  Marc  kennen  gelernt  hat,  fragt  sie  ihn, 
woher  ihm  die  Kraft  gekommen  sei.  Marc  erwidert:  von  Gott 
und  von  der  Liebe.  Daran  zweifelt  aber  die  Dame  und  denkt, 
Tronc  habe  Marc  geholfen. 

542.  Marc  zieht  nun  seine  Rüstung  aus  und  giebt  sich  drei 
Tage  der  Ruhe  hin,  um  seine  Wunden  heilen  zu  lassen. 

543.  Während  dieser  Zeit  fassen  Marc  und  die  Gattin  des 
Privalius  Zuneigung  zu  einander.  Um  nun  ungeniert  mit  Marc 
verkehren  zu  können,  greift  die  Gattin  zu  folgender  List.  Sie  er- 
klärt ihrem  Gatten,  sie  habe  gehört,  Marc  werde  alle  Schlösser  des 
Landes  erobern  und  auf  diese  Weise  auch  Privalius  sich  unterthan 
machen.  Sie  werde  ihm  dann  auch  gehorsam  sein  müssen.  Ehe 
sie  aber  einem  solchen  herumziehenden  Ritter  Gehorsam  leiste, 
ziehe  sie  es  vor,  verbrannt  zu  werden.  Er  solle  mit  seinen  Rittern 
beraten,  was  sie  zur  Vernichtung  des  Ritters  thun  könnten. 

544.  Privalius  antwortet  ihr,  er  werde  die  gröfsten  Leute  der 
Stadt  auf  dem  Schlosse  zusammenrufen.  Da  erklärt  die  Dame,  in 
diesem  Falle  werde  Marc  Argwohn  schöpfen,  und  rät  ihm,  er  möge 
selbst  in  die  Stadt  gehen.     Dieser  Rat  gefallt  Privalius  sehr. 

545.  Nach  dem  Mittagessen  bcgiebt  sich  Privalius  in  die  Stadt. 
Die  Dame  geht  nun  zu  Marc,  der  in  seinem  Zimmer  sich  zur  Ruhe 
gelegt  hat,  und  giebt  ihm  die  zärtlichsten  Beweise  ihrer  Liebe. 
Tronc  und  die  Kammerfrau  unterhalten  sich  während  dessen  in 
demselben  Zimmer. 

546.  Privalius  kehrt  bald  wieder  zurück  und  fìndet  das  Zimmer 
verschlossen.  Auf  sein  Klopfen  hin  öffnet  seine  Gattin,  Yrienne, 
und  erklärt  ihm  auf  seine  Frage,  warum  sie  die  Thûr  verriegelt 
habe,  sie  habe  dies  aus  Angst  vor  Tronc  gethan.  Dann  erklärt 
ihr  Privalius  das  Resultat  seiner  Unterhandlung  mit  den  Bürgern. 
Sie  hätten  ihm  ihre  Hilfe  verweigert,  weil  sie  die  Angst  der  Yrienne 
nicht  verständen.  Als  Yrienne  dies  vernimmt,  ist  sie  sehr  zufrieden, 
nur  bittet  sie  Privalius,  er  möge  dann  selbst  einmal  mit  Marc 
sprechen,  um  ihn  näher  kennen  zu  lernen. 

547.  Privalius  fragt  nun  Marc,  wann  er  aufzubrechen  gedenke, 
worauf  dieser  ihm  erwidert,  er  werde  am  folgenden,  am  dritten 
Tage  aufbrechen.  Dies  meldet  Privalius  seiner  Gattin,  worüber 
diese  sehr  betrübt  ist.  Am  folgenden  Morgen,  nach  der  Messe, 
sitzen  Privalius,  Yrienne,  Marc  und  Tronc  in  einem  Zimmer  zu- 
sammen. Bei  dieser  Gelegenheit  sieht  Tronc  Yrienne  näher  an. 
Das  erregt  die  Eifersucht  des  Privalius.  Tronc  aber  beruhigt  ihn 
bald,   indem  er  ihm   sagt,   die  Dame   könne  keine  Zuneigung  zu 

42* 


66o  ZEIDLER, 

ihm  fassen,  denn  er  sei  so  häfslich,  dais  man  nicht  wisse,  welcher 
Tiergattung  er  angehöre. 

548.  Nach  diesem  Zwischenfall  unterhält  Tronc  die  Gesell- 
schaft auf  das  beste. 

54Q.  Kurz  vor  seinem  Aufbruch  denkt  Marc  daran,  dafs  er 
Privalius  und  den  Bürgern  seiner  Gewohnheit  gemafs  den  £id  ab- 
nehmen mufs,  von  ihrer  coustume  abzulassen.  Er  setzt  Privabas 
davon  in  Kenntnis  und  bittet  ihn,  ihm  zu  folgen.  Privalius  reitet 
mit  Marc  ab.  Kaum  aber  haben  beide  das  Schlofs  verlassen,  als 
Privalius  Marc  zum  Kampfe  herausfordert,  indem  er  ihm  erklärt, 
er  werde  sich  nicht  seines  Besitztums  berauben  lassen. 

550.  £s  kommt  zum  Kampf  und  Marc  erschlägt  vor  den 
Augen  Yriennes  den  Gatten.  Einige  Knappen  des  Privalius  stürzen 
nun  auf  Marc,  aber  der  inzwischen  herbeigeeilte  conmiun  der  Stadt 
trennt  die  Streitenden. 

551.  Tronc  steigt  nun  auf  einen  Stein  und  fragt  die  Bürger, 
ob  sie  niemals  wieder  Riesen,  Löwen  und  Drachen  ansdiafien 
würden,  worauf  diese  antworten,  sie  hätten  selbst  schon  lange  ge- 
wünscht, dafs  dieser  Unsitte  ein  Ende  bereitet  werden  mòdite. 
Darauf  erklärt  Tronc,  das  Schlofs,  das  bis  jetzt  le  chastel  du  pont 
de  douleur  geheifsen  habe,  solle  in  Zukunft  den  Namen  diastel 
du  pont  honnoré  führen.  Auf  den  Wunsch  der  Bürger  werden 
nun  Yrienne  und  ihr  Sohn  Frangarin  als  Verwalter  des  chastel  du 
pont  honnoré  eingesetzt  Marc  tröstet  nun  Yrienne  und  bleibt 
noch  zwei  Tage  bei  ihr.     Dann  bricht  er  auf. 

552.  Marc  und  Tronc  reiten  durch  viele  schöne  Städte  hin- 
durch. Plötzlich  gelangen  sie  an  einen  Felsen,  der  mit  Türmen 
besetzt  ist.  Hier  hält  der  Zwerg  Driadet  die  schöne  Orphée  ge- 
fangen, wie  Tronc  seinem  Herrn  erzählt  Um  die  Liebe  der  Fee 
Oriande  zu  erlangen,  mufs  Marc  Driadet  besiegen. 

553.  Marc  und  Tronc  begeben  sich  in  eine  benachbarte 
Stadt  Sie  gehen  hier  zu  Marbel  sans  pouvoir.  Dieser  —  er  ist 
bailly  des  Driadet  —  erzählt  ihnen,  dafs  Driadet  auf  seinem  mont 
redouble  noch  einen  Verräter  Bargon  beherberge.  Tronc  schickt 
nun  Marbel,  der  nebenbei  gesagt  ein  Vetter  Hergaults  ist,  zu  Driadet 
und  läfst  diesen  zum  Zweikampfe  mit  einem  Ritter  herausfordern. 

554.  Marc  und  Tronc  reiten  den  mont  redouble  hinauf. 
Plötzlich  werden  sie  mit  Pfeilschüssen  und  Steinwürfen  empfangen. 
Marc  ruft  nun  den  fils  putain  heraus.  Driadet  und  Bargon  er- 
scheinen. Tronc  tötet  Bargon.  Marc  aber  hat  mit  Driadet  einen 
schweren  Kampf  zu  bestehen.  Es  gelingt  ihm  nicht,  sich  Driadeis 
zu  bemächtigen,  da  dieser  in  seiner  Gewandtheit  jedem  Hiebe 
ausweicht  und  sich  unter  dem  Bauche  des  Pferdes  versteckt.  Wohl 
aber  bringt  Driadet  Marc  über   100  Wunden  bei. 

555.  Erst  nach  langem  Kampfe  wird  der  Zwerg  getötet. 

5 5 6.  Die  Knappen  Diiadets,  die  nach  dem  Tode  ihres  Herrn 
sich  auf  Marc  stürzen,  werden  bald  durch  Marc  selbst  und  Marbel, 
der    mit   seinen  Leuten  herbeigeeilt  ist,   getötet.     Hierauf  begrulst 


DER   PlíOSAROMAtí   YSAVE    LE  TRISTE.  66 1 

Marc  die  Orphée.  Er  macht  dann  Marbel  Eum  Herrn  von  mont 
redouble  und  äufsert  den  Wansch,  Orphée  solle  Marbel  heiraten. 
Diese  aber  erklärt  ihm,  sie  dürfe  sich  nicht  ohne  die  Einwilligung 
Oriandes  verheiraten.  Nachdem  nun  Orphée,  die  auf  allen  Musik- 
instrumenten spielen  kann ,  ihren  Errettern  auf  einer  Harfe  einige 
Lieder  zu  Besten  gegeben  hat,  legt  man  sich  zur  Ruhe. 

557.  Am  folgenden  Morgen  zeigt  Orphée  grofse  Zuneigung 
m  Marc,  die  dieser  aber  nicht  erwidert.  Um  mm  seine  Cîegen- 
tíebe  zu  erlangen,  mischt  sie  Kräuter  in  seine  Speisen.  Sie  hat 
aber  keinen  Erfolg  damit  Nun  raubt  sie  ihm  den  Gürtel,  in 
welchem  sich  die  Edelsteine  Oriandea  befinden,  und  giebt  ihm 
den  ihrigen.  Von  nun  an  ist  Marc  vollständig  in  Orphée  verliebt 
Zunächst  tauft  er  den  Berg  mont  ame.  Er  fühlt  sich  sehr  wohl 
in  Orphees  Annen,  so  dafs  er  Tronc  in  grober  Weise  zurecht 
weist,  als  dieser  ihn  am  vierten  Tage  an  den  Aufbruch  erinnert 
Tronc  ist  über  Marcs  Benehmen  sehr  erstaunt  und  kann  sich  das- 
selbe  nicht  erklären.  Plötilich  bemerkt  er  den  falschen  Gürtel. 
Er  bittet  nun  Orphée,  Marc  den  geraubten  üúrlel  zurückzugeben. 
Marc  habe  ihn  von  Oriande  erhalten  und  müsse  ihn  wieder  ab- 
liefern, damit  Oriande  sehen  könne,  was  Marc  gethan  habe.  Als 
Ersatz  für  den  Gürtel  werde  er  einen  Trunk  brauen,  der  dieselbe 
Wirkung  auf  Marc  ausüben  werde,  wie  der  Gürtel  Orphees. 

556.  Orphée  will  nun  aus  dem  Gürtel  Marcs  sehen,  was 
dieser  gethan  hat.  Sie  begiebt  sich  in  ihre  Kammer  und  legt  den 
Gürte!  in  ihren  forgier.  Das  bemerkt  Tronc  durch  einen  Spiegel. 
In  der  Nacht  klopft  er  an  Orphees  Thor,  erhalt  Einlafs,  seilt  sich 
EU  ihr  aufs  Bett  und  schläfert  sie  mittels  einer  rolruenge  ein. 
Nun  vertauscht  er  Orphees  Gürtel  mit  dem  Marcs,  geht  in  Marcs 
Kammer,  legt  dort  den  Gürtel  Oriandes  nieder  und  geht  dann 
zu  Bett. 

559.  Am  folgenden  Morgen  weckt  Tronc  seinen  Herrn  und 
mahnt  zum  Aufbruch,  indem  er  sagt,  sie  seien  schon  zehn  Wochen 
hier.  Marc,  der  seinen  Verstand  wieder  erlangt  hat,  tragt  nun 
Tronc,  weshalb  sie  sich  so  lange  hier  aufgebalten  hätten.  Tronc, 
der  Orphée  nicht  verraten  will,  sagt,  daran  habe  Driadet  Schuld. 
Dieser  habe  gewollt,  dafs  die  Schönheit  des  Ortes  und  seine  Macht 
gründlich  bekannt  würden.  Dazu  gehörlen  aber  zehn  Wochen.  Als 
dies  Marc  vernimmt,  beschliefst  er,  sofort  aufzubrechen.  Er  nimmt 
Abschied  von  Marbel  und  Orphée,  die  den  Verrat  Troncs  erkeimt 
und  heftig  weint 

560.  Unterwegs  erzählt  Tronc,  auf  welche  Weise  Orphée  Marc 
getäuscht  hat.  Während  sie  sich  darüber  unterhalten,  gelangen  sie 
zu  einer  Ruine,  Mont  mur.  Diese  Ruine,  so  erzählt  Tronc, 
von  seinen  Vorfahren,  die  später  nach  Rom  gewandert  seien, 
wohnt  gewesen.  Man  habe  ihm  auch  erzählt,  er  sei  hier  geboren. 
Nach  mehreren  Tagen  begegnen  ihnen  zwei  Riller,  die  von  "' 
Überströmt  und  ihrer  Waffen  beraubt  sind.  Diese  erzählen  Marc, 
sie    seien    im   Walde   von    20   häTslicben    Zweigen    überfallen    und 


662 

wären  sicher  getötet  worden,  wenn  ihnen  nicht  ein  Ritter  und 
dessen  Dame  das  Leben  geschenkt  hätten.  Zum  ScUofs  inrneQ 
sie  Marc,  den  Wald  zu  betreten« 

561.  Marc  erkundigt  sich  nun  bei  Tronc,  ob  dieser  den  Wild 
kenne.  Tronc  erwidert  ihm,  der  Wald  sei  die  forest  aux  damei. 
In  diesem  Walde  habe  einstmals  eine  Fee  mit  einem  Ritter  g^ 
wohnt  Da  sei  Kaiser  Noiron  de  Romme  gekommen»  als  er  dneo 
Zug  nach  Galles  unternahm,  habe  sidi  bi  die  Fee  verliebt  und 
den  Ritter  getötet  Ein  Jahr  sei  er  bd  der  Fee  gebUeben,  la 
aber  während  dieser  Zeit  öfter  in  dne  boiachbarte  ^dt  g^gingcn 
und  habe  dort  die  schönen  Frauen  gelmmcht  Dies  habe  die  Fee 
erfahren  und  ihren  Gott  gebeten,  alle  Kinder  dieser  Fhuieo,  die 
Noiron  mit  diesen  gezeugt  habe,  su  derartigen  hälslidien  Gesdt&pfen 
zu  machen,  wie  es  der  Sohn  ihrer  Herrin  Morghe,  Tronc,  sei,  nur 
solle  der  Herr  des  Schlosses  davon  befreit  sein.  Ihr  Gebet  sei  in 
Erfüllung  gegangen.  Während  Tronc  seinem  Herrn  diese  Ge- 
schichte erzählt,  sind  sie  bereits  in  den  Wald  eingedrungen.  Plöti- 
lich  ersdieint  eine  Anzahl  von  Zwergen,  die  sich  auf  Marc  stfinen 
und  ihn  bis  an  den  Ausgang  des  Waldiss  schleifen,  aber  auf  BeHü 
ihres  Herrn  von  Marc  ablassen  und  sich  wieder  in  den  Wald 
zurückziehen.  Marc  ist  über  diese  Schande,  die  ihm  wid^Umn 
ist,  sehr  erregt  und  fragt  Tronc,  weshalb  dieser  ihn  in  den  Wald 
gefährt  habe.  Tronc  erwidert  ihm,  er  habe  dies  gethan,  ireil  er 
sich  für  die  Prügel,  die  er  von  den  Feeen  im  Feeengarten  be- 
kommen habe,  habe  rächen  wollen.  Wütend  will  sich  nun  Marc 
auf  Tronc  stürzen.  Dieser  entflieht,  erscheint  aber  bald  wieder 
und  bittet  Marc  um  Verzeihung,  indem  er  ihm  erklärt,  er  habe 
Marc  nur  die  Sehenswürdigkeiten  von  Britannien  zeigen  wollen. 
Marc  aber  will  nichts  wieder  von  Tronc  vnssen  und  zieht  allein 
seine  Strafse  weiter. 

562.  Nach  vier  Tagen  kommt  Marc  nach  belle  roche,  einer 
Stadt,  deren  Bürger  mit  ihrem  Herrn  Hurgault  und  dessen  Broder 
Lyonnel  de  mur  grant  in  Zwist  liegen.  Marc  bietet  den  Bürgern 
seine  Hilfe  an,  worauf  man  ihn  zum  There  herein  läfst 

563.  £s  kommt  alsbald  zu  erbitterten  Kämpfen  zwischen  beiden 
Parteien.  Marc  fìcht  tapfer,  trotzdem  bleibt  der  Kampf  unent- 
schieden, wohl  aber  wird  ihm  die  Hülle  von  seinem  Schild  ge- 
schlagen und  er  infolge  dessen  erkannt.  Bei  einem  zweiten  Kampfe 
verwundet  Marc  den  Lyonnel  schwer  und  schlägt  die  Feinde  m  die 
Flucht.  Da  Marc  den  Feinden  grofse  Verluste  beigebracht  bat, 
ziehen  diese  es  vor,  einen  Waffenstillstand  abzuschliefsen.  Horgault 
erzählt  nun  seiner  Gattin  von  dem  tapferen  Helden  mit  dem  Schild, 
der  mit  drei  silbernen  Löwen  geziert  sei.  Als  diese  dies  hört,  er- 
kennt sie  sofort  den  chevalier  essiliet  Sie  ist  eine  Schwester  des 
Toridus,  eines  der  Ritter  vom  chastel  es  luitons,  die  Marc  getötet 
hat.  Um  nun  den  Tod  ihres  Bruders  an  Marc  zu  rächen,  rät  sie 
ihrem  Gatten,  Marc  zu  einem  Zweikampf  herauszufordern.  ^ 
Bürger  von  belle  roche  würden  dann  die  Stadt  verlassen,  um  dem 


DER   PROSAROMAN    TSATE   LE   TRISTE.  663 

1  Zweikampfe  beieuwohnen.  Diesen  Moment  solle  Hurgault  benutzen. 
I  Er  solle  seine  Ritter  abschicken,  damit  diese  die  Stadt  anzündeten. 
J  Wenn  dann  die  Bürger  ihre  Stadt  in  Flammen  sähen,  würden  sie 
fidare  im  Stich  lassen,  und  so  würde  es  für  Hurgault  ein  Leichtes 
L'sein,  den  Gegner  gefangen  nehmen  zu  können.  Dieser  Rat  gefällt 
I  Hurgault.  Er  schickt  einen  Bolen  mit  einem  Briefe  an  Marc  ab 
land  läfst  diesen  herausfordern. 

5Ó4,  Nach  drei  Tagen  findet  der  Zweikampf  statt.  Hurgault 
E  vird  zwar  verwundet,  aber  sein  Plan  gelingt.    Als  die  Städter  ihre 

■  £tadt    brennen    sehen,    rufen    sie;    Iray    und   verlassen    eiligst    den 

■  Kampfplatz.      Marc,    der    nun    allein    ist,    wird    von    den    Mannen 
Hurgaults    überwältigt    und  ins  Gefängnis  geworfen.     Hurgault  be- 

vschliefst  nun,  Marc  dem  Huugertode  preiszugeben.  Im  Kerker 
Vbedauert  Marc  sehr.  Tronc  nicht  bei  sich  gehabt  zu  haben. 

565.  Elias  will  sich  abermals  an  Ysaye  rächen  und  zwar  da- 
^durch,  dafs  er  Marthe  wieder  in  seine  Gewalt  zu  bringen  versucht 
IEt  befiehlt  dreien  seiner  Riller,  nach  dem  Schlosse  Ysayes  aufzu- 
Bbrechen.  Einer  derselben  solle  Frauenkleidung  tragen.  Dieser  ver- 
wUeidete  Ritter  solle  vor  dem  Schlosse  Ysayes  vor  seinen  Begleitern 
^fliehen    und    durch    das  Wort    mercy    die  Hilfe  Baruls  und  Yreults 

anrufen.  Dann  würden  diese  beiden  ihm  zu  Hilfe  kommen,  sie 
würden  auch  die  Verfolger  des  verkleideten  Ritlers  zu  bestrafen 
versuchen  und  ihnen  nacheilen.  Im  Walde  sollten  dann  mehrere 
seiner  Ritter  Darut  und  Yreult  überfallen,  ihnen  die  Rüstungen 
ausziehen  und  diese  den  Verfolgern  der  „Dame"  übergeben.  Mit 
den  Rüstungen  Baruts  und  Yreults  bekleidet,  sollten  diese  beiden 
sich  zu  Marthe  begeben ,  die  sie  ohne  Argwohn  für  Barut  und 
Yreult  halten  wurde,  und  sie  ihm  gefangen  zuführen. 

566.  Der  Plan  gelingt.  Barut  und  Yreult  werden  gefangen 
genommen  und  die  beiden  Ritter  des  Elias  werden  von  Marthe 
empfangen.  Als  Oultrageux  die  Situation  erkennt,  flieht  er,  Marthe 
wird  mifshandelt  und  fortgeschleppt.  Yreult  und  Barut  werden  an 
einen  Baum  gebunden,  das  Schlofs  wird  den  Flammen  übergeben. 

567.  Elias  will  Marthe  verbrennen  lassen,  aber  auf  den  Rat 
eines  Ritters  hin  läfst  er  Marthe  in  ein  finsteres  Gefängnis  werfen. 

568.  Während  semer  Krankheit  in  roche  ague  wird  Ysaye 
von  Orimonde  gepllegt.  Auf  seinen  Wunsch  hin  lassen  sich  Ori- 
monde  und  ihre  Gefahrtinnen  taufen. 

56g.  Oultrageux  befreit  Barat  und  Yreult,  nachdem  er  die 
Wächter  derselben,  einen  Ritter  nnd  einen  garçon,  erschlagen  hat. 

570.  Barut,  Yreult  und  Oultrageux  reiten  nun  nach  roche 
ague,  um  Vsaye  von  dem  Verrate  des  Elias  in  Kenntnis  zu  setzen. 
Hergault  empfängt  sie  und  bittet  Yreult,  Ysayes  Krankheit  nicht 
durch  böse  Nachrichten  zu  verschlimmern.  Trotzdem  geht  Yreult 
KU  Ysaye,  der  infolge  der  Erregung  über  das  Geschehene  an  allen 
Gliedern  gelähmt  wird.  Als  die  Kunde  von  der  Gefangennahme 
Marthes  in  Blamir  laut  wird,  machen  sich  sofort  30  Ritter  auf,  sie 
xu    befreien.     In    roche  ague    Tolgi    nun    ein  Unglück  aufs  andere. 


k. 


DER   PROSAROMAN   TSATE   LE   TRISTE.  665 

und  die  Leute  Lyoneis  auf,  dem  Herrn  von  belle  roche,  Marc 
l'essili  iet,  dem  Sohne  Ysayes  le  triste,  den  Huldigungseid  zu  leisten, 
was  die  Städter  einem  solchen  Ritter  von  renomme  gegenüber  thun. 
Darauf  brechen  Marc  und  Tronc  auf.  Sie  sind  noch  zehn  journées 
von  Blamir  entfernt. 

574.  Marc  begegnet  vier  Rittern,  die  er  nach  kurzem  Kampfe 
besiegt  Der  eine  der  Besiegten  bittet  nun  Marc,  ihm  bei  der 
Eroberung  des  chastel  envieux  behilflich  zu  sein.  Dieses  Schlofs 
werde  schon  seit  looo  Jahren  von  Murgalle,  der  Witwe  des  Riesen 
Cherimonts,  bewohnt  £s  sei  eigentlich  von  der  Fee  Claromme 
aus  Liebe  zum  König  Amision  von  Karthago  erbaut  worden.  Als 
dieser  auf  einer  Jagd  getötet  worden  sei,  habe  Claromme  das 
Schlofs  verlassen ,  um  sich  der  vier  Kinder  desselben  zu  erbarmen. 
Sofort  habe  Murgalle  das  Schlofs  in  Besitz  genommen  und  ihr 
Gatte  habe  die  vier  Kinder  Amisions  der  Fee  geraubt  Cherimont 
sei  nachher  im  Kampfe  gegen  die  Römer  gefallen.  Murgalle  sei 
dadurch  verwitwet  worden  und  habe  es  sich  nun  zur  Gewohnheit 
gemacht,  junge  Mädchen  zu  rauben.  Zum  Schutze  ihres  Schlosses 
habe  sie  fünf  aufeinander  folgende  Thore  angebracht  Das  erste 
werde  von  vier,  das  zweite  von  acht,  das  dritte  von  sechzehn,  das 
vierte  von  zwanzig  Rittern  und  das  fünfte  von  zwei  kupfernen 
Männern  bewacht  Sein  Bruder  habe  den  Kampf  gegen  die  Ritter 
aufgenommen,  sei  aber  bei  der  Einnahme  des  zweiten  Thores  ge- 
tötet worden.  Der  Ritter  bittet  nun  Marc,  mit  ihm  zusammen  den 
Tod  seines  Bruders  zu  rächen. 

575«  Marc  erklärt  dem  Ritter,  er  werde  den  Kampf  allein 
unternehmen. 

576.  Tronc  erklärt  nun  Marc,  er  selbst  sei  200  Jahre  lang 
von  Murgalle  gefangen  gehalten  worden,  und  bittet  '  ^tzt  zum  ersten 
Male  Marc,  tapfer  zu  kämpfen.  Wenn  Marc  besiegt  werde,  sei  es 
anch  um  ihn  geschehen.  Marc  und  Tronc  reiten  in  die  forest  es 
aventures  und  kommen  in  die  Stadt  bise  pierre.  Der  Wirt,  bei 
welchem  Marc  wohnt,  holt  auf  dessen  Verlangen  den  tapfersten 
Ritter  der  Stadt,  Escaufer  le  galois,  der  nun  Marc  von  den 
coustumes  der  alten  Murgalle  erzählt  Während  der  Erzählung 
Escaufers  verzieht  Marc  keine  Miene,  worauf  jener  ihm  sagt,  Marc 
werde  die  Eroberung  des  Schlosses  gelingen.  Tout  en  est  en  Dieu, 
sagt  Marc. 

577.  Am  folgenden  Morgen  nach  der  Messe  geleitet  der 
Wirt  Marc  bis  an  das  Schlofs  Murgalles.  Marc  tötet  nun  die  vier 
Ritter  des  ersten  Thores.  Darauf  verlangt  er,  dafs  das  zweite  Thor 
geöfihet  wird,  worauf  ihm  geantwortet  wird,  er  solle  noch  einen 
Tag  warten.  Nun  übersteigen  Tronc  und  Marc  die  Mauer  und 
gelangen  in  ein  Zimmer,  in  welchem  die  zwanzig  Ritter  des  vierten 
Thores  gerade  am  Essen  sind.  Als  diese,  die  unbewaflnet  sind, 
Tronc  nnd  Marc  erblicken,  entfliehen  sie.  Marc  aber  eilt  ihnen 
nach  und  erschlägt  sie.  Nun  ruft  Murgalle  den  sechzehn  Rittern 
des  dritten  Thores  zu,  sich  auf  die  Eindringlinge  zu  stürzen.    Diese 


666 

aber  sowohl  als  die  des  zwdtenThores  txgrtikai  dieFhidit 
öffnet  sich  aadi   das  fönfte  Thor.    Vor  dem  Zanbeiglkrtel 
aber  verschwinden   die  Knpfergestaltai.    Mmgalle  wird  nun 
brannt  nnd  Escanfer  znm  Herrn  des  chastel  envieux  gemad^ 
vier  Töchter  Amisions  werden  befreit 

578.  Marc  bleibt  bis  nach  Ostern  anf  dem  dmtd 
Dann  bridit  er  nebst  Tronc  nnd  den  vier  Damen  auf,  um 
dem  Feeengarten  zu  reiten.    Vor  seinem  Absdiied  aber  Inttel 
Escanfer,  am  Magdalentage  in  Blamir  zu  sein. 

579.  Marc   nnd  seine  B^leiter  gelang^i   nadi  dem 
garten,   der  jetzt  nodi  prächtiger  ist  als  vor  einem  halben 
In  der  Nähe  der  Quelle  erblicken  sie  Oriande  in  Porpor 
und  einen  Olivenzweig  in  der  Hand  haltend.    Die  Feeen 
nnd  erweisen  Marc  und  Tronc  viel  Ehre.     Oriande  fuhrt  nun 
vier  Damen  ihrer  Mutter  Garonne  wieder  zu.    Marc  erzählt  dsnib | 
wie  treu  ihm  Tronc  gedient  hat 

58a  Oriande  schenkt  nun  Marc  ihre  Liebe.  Im  Veriaofe  dei 
Unterhaltung  erklärt  Oriande,  Orphée  dürfe  den  Feeengarten  nidt 
wieder  betreten.  Auf  Marcs  Frage,  weshalb  Orphée  diese  harte 
Strafe  treffe,  erklärt  sie,  Marc  werde  es  später  noch  erfahren.  As 
folgenden  Tage  brechen  Marc  und  Tronc  auf. 

581.  Die  30  Ritter  vom  Hofe  Yriöns  (§570)  gelangen  lor 
das  Schlofs  des  Elias  und  er&hren  hier,  dafs  Elias  mit  seioen 
Rittern  und  Marthe  sein  Schlois  verfassen  hat  [Elias  hatte  oÉ  ^ 
seinen  Rittern  beraten,  was  mit  Marthe  gethan  werden  solle.  Er  | 
selbst  hatte  vorgeschlagen,  Marthe  sollte  seinen  Sohn  Ardinet  hei- 
raten. Sollte  sie  sich  weigern,  so  sollte  sie  verbrannt  werdeo. 
Paumart  aber,  jener  Ritter,  der  während  des  Turniers  bei  Blamir 
seinen  Schild  geändert  hatte  (§  157),  hatte  vorgeschlagen,  Marthe 
zu  verbannen.  Dieser  Vorschlag  hatte  Beifall  gefunden.  60  Ritter 
unter  Führung  Ardinets  hatten  den  Vorschlag  Paumarts  ausgeführt 
und  hatten  Marthe  mit  verbundenen  Augen  nach  dem  chastel  de 
tort  mont  entführt  In  der  Begleitung  dieses  Trupps  befanden  ach 
Elias  selbst  nebst  Tochter  und  Nichte.]  ^ 

582.  Marc  und  Tronc  stofsen  zufallig  in  einem  Walde  auf 
diesen  Trupp.  Sie  erblicken  die  drei  Damen,  von  denen  zwei 
fröhlich  sind,  die  dritte  aber  betrübt  erscheint  In  der  letzteren 
erkennt  Tronc  Marthe.  Marc  kämpft  nun  gegen  die  Femde,  ihm 
kommen  die  30  Ritter  aus  Blamir  unter  Führung  Hergaults  w 
Hilfe.  Nach  kurzem  Kampfe  werden  die  Feinde  besiegt  und  bis 
auf  vier  Mann  getötet  Diese  sowie  die  beiden  Damen  werden 
gefangen  genommen,  Marthe  wird  befreit 

583.  Marc  küfst  nun  seine  Mutter  auf  das  herzlichste.  Sodann 
erzählt  Hergault  Marc  von  dem  Unglück,  das  über  Yrion,  Ysayc, 
überhaupt  über  ganz  Blamir  hereingebrochen  ist,  und  bittet  ihn, 
möglichst  bald  nach  Blamir  zu  gehen.     Marc  aber  erklärt  ihm,  er 


1  []  fehlt  in  G. 


:  Habe    des  Elia 
nnt  und  Banit  zi 

Gefolge    gelaDgeii    i 

looo  Mai 


DER    PROSABOMAN   VSAYE   LE  TRISTE,  667 

nüsse    zunächst    noch    den  Verräter    Elias    bestrafen.     Man    bricht 
tlerauf  mit  den  gefangenen  Damen  und  Rittern  auf  und  gelangt  zu- 
lächst  nach  giant  port,  wo  Mcnet  die  Ankommenden  gut  aufnimmt. 
Dann  wird  der  Marsch  über  das  chaste)  d'escìaire,  chastel  maleoit, 
oultrageux  passage,  cliaslel  navarois  und  chaste)  d'Acre  fortgesetzt. 
1  chaslel  de  tort  mont  gelingt  es  Marc,   sich  des  Verräters  Elias 
ibst  zwölf  Rittern  zu  beraächtigen.    Tronc  schneidet  Elias  Ohren, 
ise    und  Finger  und    nach    einigen  Tagen    noch   das  Haupt  ab. 
.    wird    auf  Karron   geschafft,    sein  Schiofs  ver- 
ra Herrn  des  Landes  gemacht.    Marc  und  sein 
;n    nun    nach  Sorlion,    Estrahier   schliefst   sich   mit 
ia  an  und  folgt  ihnen  nach  Blamir.    Yvoire  schliefst 
lieh  Marthe  an.    Der  König  von  Schottland,  der  seine  Feinde  be- 
negt    hat,    und    £dic    de   Logres    und  Marañe    folgen    ihnen   mit 
6000  Maim  nach. 

584.  Marc  und  seine  Leute  überschreiten  das  Meer  bei 
Legierfil  und  gelangen  nach  roche  ague,  wo  Ysaye  aus  Freude 
fiber  die  Ankunft  der  Seinigen  gesund  wird. 

585.  Tronc  meldet  darauf  Vrion  die  Ankunft  der  Freunde, 
worauf  auch  dieser  wieder  gesund  wird. 

58Ó.    Alle  Ankömmlinge    statten    dann  am   folgenden  Morgen 
an  ihren  Besuch  ab, 

587,  Der  Magdalcnentag  ist  bald  herangerückL  Es  erscheinen 
Kur  Verstärkung  der  Christen  noch  Marbel  le  picquart,  Escauffer 
und  Tristan  sans  joye  mit  6000  Mann,     Aber  auch  die  Sarazenen 

1  Unterstützung  bekommen,  darunter  den  Riesen  von  Fargur. 
¡Kun  ist  die  Zeit  des  Watfensli  listan  des  vorüber. 

e  Heldenthat  vollbringt  Tronc.  Er  verlafst  einen 
Brief  an  den  Riesen  und  begiebt  sich  damit  in  das  feindliche 
Lager.  In  diesem  Briefe  läfst  er  Orimonde  ihre  Liebe  zu  dem 
Kiesen  erklären  und  diesen  bitten,  sie  zu  befreien.  Sie  beündc 
.flieh  in  dem  Turm  des  esquarrez, 

589.  Der  Riese  begiebt  sich  mit  Tronc  in  den  Turm.  Der 
nichts  Böses  ahnende  Riese  tritt  zur  Thür  hinein  und  wird  von 
Trono  zwischen  den  Thüren  zerquetscht.  Die  Leiche  bindet  Tronc 
i  Pferde  und  führt  sie  auf  das  Schlachtfeld,    Bei  der  Nach- 


1  grofse 


■licht    von    dem  Tode  des  Riesen  geraten  die  Sarazener 
Bestürzung. 

590.  Es  kommt  nun  zu  einer  regelrechten  Schlacht,  in  v 
,die  Christen  siegen.  Von  Tristan  sans  joye  wird  erwähnt,  ei 
in  diesen  Tagen  zum  ersten  Male  Freude  gezeigt  und  zwar  als 
Tronc  den  Riesen  tötete.  Von  diesem  Tage  an  habe  man  ihn 
Tristan  le  joyeulx  geheifsen.  Acht  Tage  nach  der  Sarazenonschlacht 
erklärt  Ysaye,  er  habe  bis  jetzt  noch  nicht  Zeit  zur  Verheiratung 
gehabt.  Er  werde  aber  am  nächsten  Tage  Marthe  heimführen. 
Zu  dieser  Feierlichkeit  lädt  er  alle  ihm  befreundeten  Ritter  ein. 

.sgi.    Dem  ßeiiipiele  Ysayes  folgen  aber  noch  Marc,  Hergault, 
Henry  de  Lyon  und  Rostrant.    So  ñndet  denn  am  folgenden  Tage 


L 


iM'&^MMCB«H*K.     Ubi 

tM,  Bfc  «r  dm  Ti  ifilt  *m 


9n.  t^a  Tava  «Ms  i 


Bandglo88en  zum  altportngiesischen  laederbuch. 

Anhang   zn  VIL 

A. 

(51.)    El  Rey  Don  Affonso  de  Castella  e  de  Leon. 

cve4. 

Joan  Rodrigniz  foy  desinar  a  Balteira 
sa  midida  per  que  colha  sa  madeira 
e  disse:  „Se  ben  queredes  fazer, 
de  tal  midida  a  devedes  a  colher, 
5     e  non  meor  per  nulha  maneira*'. 

E  disse:  ,3sta  é  a  madeira  certeira, 
e  demais  non-na  dey  eu  a  vos  si[n]lheira; 
e  pois  que  [a]  sen  compasso  ei  de  meter, 
atan  longa  deve  tod'  a  seer 
IO    per'  antr'  as  pemas  da  [e]scaleira". 

A  Mayor  Motnm  dey  ja  oatra  tamanha 
e  foy -a  eia  colher  logo  sen  sanha; 
e  Mari-Ayras  feze-o  logo  outro  tal 
e  Alvela  que  andou  en  Portugal 
15     e  ja  x'a(s)  colheron  na  montanha. 

E  diss':   „Esta  é  a  midida  d'  Espanha, 
ca  non  de  Lombardia  nen  d'  Alamanha'; 
e  porque  é  grossa  non  vos  seja  mal, 
ca  delgada  pera  gata  (?)  ren  non  vai, 
20    e  d'  esto  muy  mais  sey  en  ca  Bondanha". 

I  baJt^ura  —  5  rmor  —  nulßiamanä  —  6  cclyra  —  7  auos  silheira  — 
*  ad^mef  —  io  pera  tras  —  12  Ugo  —  13^  chart  ay  ras  —  18  f^sfa  — 
20  cabonda  nha 

I  Desinar  ^C^  designar  =  bezeichnen?  Oder  darì  —  6  Th.  Rra^a 
schreibt:  inteira,  doch  ist  paläographisch  ¿"teira  (mit  Verwechnluog  von  c  und  / 
Und  dem  verschobenen  Abkärzungszeidien)  das  näher  liegende.  —  10  Dcr- 
f^lbe  bietet  pera  as  traspernas.  —  II  Cotum,  wie  Braga  !>chreíbt,  kommt 
jy  CV  allerdings  häufig  vor  (41L  566.  IUI.  906),  doch  ziehe  ich  vor,  den 
Namen  unangetastet  zn  bssen.  —  13  Seine  Lesart  e  charryar-as  fete-o  logo 
^''^'^c  tal,  mit  dem  unwahrscheinlichen  Gallizismn«  charryar,  ändert  am  Bocb- 
&tab«n  mehr  als  die  meine  and  int  wegen  des  Fui  worts  o  unverständlich.   Mir 


CAROLINA    MICHAELIS    DE    VASCONCKtXOSi 


scheint  et  natörlichci  wie  id  Z.  1 1  und  14  so  in  der   13.  den  Natnci 
Icira-Gtnossin  m   vctmulen.   —    ig  Ob  fata  Brieichnung   eines 
Balkeni  'Mi     Braga  setzt  laata.  —    10   Kacb    dem  Koinpau^liv  m 
Ktìta  zu  Espanha,  Alamanha,  ist  eia  Eicenaatne  zu  erwarten.     Da 
Braga    etkannt.     Unter    leinem  cabond  Anha    weili    ich     mir    jeilocl 

Von  den  piosodischin  Fragen  sehe  ich  hier  ab. 


(SI.)    Pero   Gare 
CV& 


Bmg.lés. 


Maria  BalleJra,  por  que  jogades 
OS  dados,  pois  a  eUs  descreedes? 
Has  Dovas  vus  direjr  que  sabiidea; 
con  quanlo!  vus  canhecen  vu«  pcrdcdes, 
5     ca  vus  direy  que  Ibis  oufo  dizer 
qOE  vos  non  deveiles  a  descreer 
pois  dona  sodes  e  jogar  qucredcs. 

E  se  vus  d'  aquesto  non  casligades, 
nulh'  omc  non  »ey  eoo  que  ben  estedes 
10     pero  muila(>)  bfla(s]  nuneira(s)  ajades, 

poli  (ja)  d'  aquesto  tan  gran  praier  avedea 
de  descreerdes.     E  dirci-vus  al: 
se  vo'-  lo  oTt'  terri  vo'-  lo  a  mal 
bon-om(e),  e  nunca  con  ci  jogaredes. 

15  E  nuDca  vos,  dona,  per  mi  creades, 

per  eite  descreer  ijue  voi  faiedes 
K  en  gran  vergonha  pois  non  enUades; 
algOa  vei  con  tai  omc  lerredes  (?) 
ca  lonba redes,  le  Deus  mi  perdón 

JO l-'Y- 

per  sonho  mai  ^an  vergon^(a)  averedes. 


1   rogadts  —  3  hunhas  —  iS  aìguan 


-  rntUrráes  - 


3  Braga  selzL  irrtümlich  sabídei  und  unterscheidet  nicht  swj 
und  VÓI,  —  Il  Lätst  man /<j  ä" agntite  stehen,  wie  Braga  tfant,  » 
eine  Silbe,  Statt /ii  konnten  wir  auch  açu  oder  tan  streicheo;  ß*is 
tan  graH  fraur  avedes  oder  poii  ja  d'  aqutslo  gran  frattr  a 
iS  Welches  ist  das  palaographisch  und  sachlich  am  besten  passe 
wort?  entrartdesì  marredm  (Fut.  von  tnäer  <Ci  "lauer,  dj«  tl»< 
bringen,  nächtigen,  schlafen)?  Oder  con  tal  a  nuleredetf  B 
manteridtt,  das  weder  dem  Versmafs,  noch  dem  Sinn,  noch  da-  G 
genügt. 

Descreer  hat  Doppelsinn:  nicht  glauben  und  gotteslia 
oder  goltleugnende  Aeufserungen  ihun.  Auf  die  erst  im  Ja 
erlassenen  Straf  bestimm  un  gen  für  die  Spiel,  und  Trinkhaaser  tfafurtr* 
auf  Meister  Kolanda  Ordenamienlo  . . ,  fiar  que  se  viede  ti  dticrrtr 
ich  bereits  hingewiesen.  Jugar  los  dadoi  und  descretr  gehen  darin  I 
als   UDzerlrennlkhe   Lasier    neben   einander   her.     S,  besonders    Ley 

Würfelspiel  ist  no"-  ' '  — ■" —  =-■■-='-  "- ■—  -■:-  "-^ 

und  USI. 


:i  andern  Scbmah-Reimereien  die  Rede, 


J 


RANDGLOSSRN  ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  67 1 

(53*)   Joan  Bave  ca. 
CV  1070. 

Par  Deas,  amigos,  gran  torto  tomey 
e  de  logar  onde  m'  eu  non  cuidey. 
Estand'  albi  ant'  a  porta  del  rey, 
preguntando  por  novas  da  fronteira, 
5     por  da  velha  qae  en  deostei 

deostou- m'ora  Maria  Bai  tetra. 

Veed'  ora  se  me  devo  qneixar 
d'  este  preito?  ca  non  pode  provar 
que  me  lh(e)  oisse  nulh'  omen  chamar 
IO    se  non  sen  nome,  per  nulha  maneira; 
e  pela  velha  que  foy  deostar, 

deostou -m'  ora  Maria  Balteira. 

Muito  vus  deve  de  sobervi'  atal 
pesar,  amigos,  e  direi -vus  al: 
15     sey  muy  ben  que  [se]  Ih'  [e]sta  ben  sai, 
todos  iremos  per  Qa  carreira; 
ca  porque  dixo  d'  Qa  velha  mal, 

deostou  -  m'  ora  Maria  Balteira. 

4  nonas  —  5  doeftey  —  9  chamy  —  li  epelo  —  13  und  15  uos  — 
14  etngos  —  16  r remos  per  hüä  e,  —   17  duà 

5  Braga  lafst  die  moderne  Form  doestey  unangetastet  und  fugt  sie  sogar 
in  Z.  6  ein.  Ich  halte  sie  für  Versehen  spater  Abschreiber,  angesichts  der 
guten  alten  Form  von  dehonestare  in  Z.  6.  ii.  12.  18.  —  Z.  8 — 9.  Ich  ver- 
stehe :  ca  non  pode  per  nulha  maneira  provar  nulh*  omen  que  me  Ih*  otsse 
chamar  se  non  seu  nome.  „Niemand  kann  beweisen,  daís  ich  sie  anders  als 
bei  ihrem  Namen  genannt  habe*',  d.  h.  wahrscheinlich  mit  einer  der  grob- 
gemeinen,  auch  mit  velha  anhebenden  Formeln,  die  in  den  Schmähliedern 
für  die  Dirnen  der  Tafureria  so  häufig  fallen.  —  Das  aus  chamy  abgezogene 
und  von  Braga  an  die  Spitze  der  10.  Zeile  gestellte  Adverb  y  stört  das  Vers- 
maiis.  —  II  Ptla  für  pola  (so  Braga),  wie  so  oft;  foy  i.  Sg.  —  15.  Die 
beiden  fehlenden  Silben  ersetzt  Braga  nicht. 

(54.)    Pero   d'Ambroa. 
CV11S9. 

O  que  Balteira  ora  quer  vingar 
das  desonras  que  no  mundo  prenden, 
se  ben  fezer,  non  dev'  a  começar 
en  mi  que  ando  por  eia  sandeu, 
5     mais  começ'  ant'  en  reino  de  Leon 
u  près  desonras  de  quantos  i  son 
que  Ih'  as  desonras  non  queren  peitar. 

Ca  [en]  Gástela  foy -a  desonrar 
muito  mal-ome  que  non  entendeu 
10    o  que  fazia,  nen  soube  catar 

quan  muit'  a  dona  per  esto  perdeu; 


672  CAKOUirA  MICfiAXLIS  DS  YASCXmCUXjOSi 

e  qoen  a  vinga  feier  oon  raaan, 
d'  eitei  la  ▼ingue;  ca  en  tt  priaon 
and'  en  e  d'  da  non  m*  d  ^  caapanr. 

15         £  oa  mooroa  penie  de  oa  matar, 

ca  de  todos  gnu  deaoora  colhea 

DO  corpo,  ca  non  en  ontro  logar; 

e  outra  td  deionra  receben 

dos  mays  qne  i  no  rdno  d'  Artgon  ; 
ao    e  d' este*- la  Tingn'  d,  ca  de  min  non, 

pob  i  sabor  de  Ihi  vingança  dar. 

5  come  cantiu  f^¡^  àe  U&n  —  7  desomtas  —  Z  Ca  easUk  Jtya  ^ 
sonrrar  —  II  ^  —  li  e  ouf  tal  —  20  edetUìa  Minga  el 

Th.  Braga  schreibt  in  Z.  5  mays  comí  €  comté,  ergänzt  in  Z.  8  nicht  die 
fehlende  Silbe,  lUst  in  Z.  11  muiia  dona  stehen ,  vergifst  in  Z.  14  das  Biade- 
wort  e^  behilt  in  2^  18  outro  tat  bd  vnd  erkennt  in  den  Bocfaftaben  eàtsUk 
(Z.  20)  das  navarresische  Estela  (^  «T  Estela  vinga  elf). 


(S5.)  ovuaL 

Se  en  no  mundo  fis  algún  cantar 
como  &x  ome  con  coita  d'  amor 
e  por  estar  mdhor  con  sa  senhor, 
acho^m'  é[n]  md  e  quero  m'  én  quitar, 
5    ca  Oa  dona  que  sempre  lod 

en  meus  cantares  e  por  que  trobei, 
anda  morreado  por  un  [e}scolar. 

Mais  eu  me  matei  que  fui  começar 
[con]  dona  atan  velha  [e]  sabedor, 
10    pero  coDorto-m'  ei  [e]  gran  sabor 
de  que  a  veerci  cedo  pobr' andar, 
ca  o  que  gnaanhou  en  cas  del  rey 
andand'  i  pedind',  e  o  que  Ih'  eu  dey, 
todo  Ih'- o  faz  o  clérigo  pdtor. 

15  Mais  quen  Ihi  cuida  nunca  ren  a  dar 

assi  s'  ach'  én  com[e]  eu  ou  peyor! 

e  poi'- la  vdha  pula  pobre  for 

non -na  querrá  pois  ndh'  ome  catar 

e  será  d'  eia  como  vus  direy: 
20    demo  lev'  a  guar[i]da  que  Ih'  eu  sey, 

ergo  se  guarir'  per  dcayotar. 

4  achome  mal  —  9  duna  ata  uelha  sabedor  —  \o  pò  conhoriomey  q^ 
sabor  —  14  derigo  —  1$  ?  —  '^  ^I^  sacheu  comeu  —  17  pura  —  18  nonù 
qrra  poys  nuUome  catar  —   19  comoi9  —  21  alcayota  rya 

Th.  Braga  lafst  acho  me  mal  stehen,  schreibt  ohne  Grund  e  quero -m^ eu 
quytar  (4),  scUi  porque  (6),  UUst  scolar  (7)  atdien,  ergänzt  nicht  das  fehlende 


RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPOKT.  LIEDERBUCH.  673 

con  (9),  e  (9  und  IO),  schreibt  que  statt  quen  (15),  com*  eu  (16),  guarda  (20), 
das  keinen  Sinn  giebt  und  das  Metrum  fälscht.  —  In  Z.  ii  haben  wir  veerei 
zu  zwei  Silben  zu  kontrahieren. 

(56.)    Pero   da  Ponte. 

cvu7e. 

Maria  Perez,  a  vossa  (?)  cruzada 
quando  veo  da  terra  d'  Ultramar, 
assy  veo  de  perdón  carregada 
que  se  non  podia  con  el(e)  merger; 
5     mais  furtan-lh'  o,  cada  u  vay  mSer 
e  do  perdón  ja  non  Ihi  ficou  nada! 

E  o  perdón  é  cousa  mui  precada 
e  que  se  devia  muit'  a  guardar, 
mais  eia  non  á  maeta  ferrada 
IO    en  que  o  guarde,  nen  a  pod'  aver, 
ca  pois  o  cadêad'  én  foy  perder 
sempr*  a  maeta  andou  descadeada. 

Tal  maeta  ¿como  será  guardada 
pois  (que)  rapazes  albergan  no  logar 
15     que  non  aj'  a  seer  mui  trastornada? 
ca  [n]o  logar  u  eles  an  poder 
non  á  perdón  qae  se  possa  asconder, 
assi  saben  trastornar  a  poosada. 

E  outra  cousa  vus  quero  dizer: 
20    atal  perdón  ben  se  dev'  a  perder 
ca  muito  foy  cousa  mal  gnaanhada. 

I  nos  sa  —  2  ueo  —  tira  —  3  tuo  —  4  elem  erger  —  5  fuitan  — 
maer  —  11  cadeadeu  —  12  defcadeada  —  l?  ^  (^fsy  (aus  Z.  18  vorweg- 
genommen —  20  perdon^en/se  deu*  a  {d)e  perder  —  21  gaada 

Bei  Braga  liest  man  veo  (2  und  3),  ccuUad  (il),  descadeada  (12),  con 
eV  emerger  (4).  Diese  Lesart,  nur  ohne  das  Apostroph,  wäre  natürlich  an- 
nehmbar, wenn  das  Metrum  es  zuliefse,  doch  ist  podia  dreisilbig;  auch  kommt 
häufiger  merger  als  emerger  fur  aufrichten  vor.  Erger  würde  noch  besser 
passen.  —  Maguer  statt  maer  in  Z.  5  ist  sinnlos:  devya  . . .  aguardar  (8)  nicht 
zulässig,  da  nach  dem  Hülfszcitwort  dever  stets  a  folgt,  ebensowenig  poys  que 
(14),  aja  seer  (1 5),  assy  (17),  a  tal  se  devera  de  perder  (20),  ganhada  (21). 

(57.)    Pedr' Amigo. 
CV1196. 

Pero  d'Ambroa,  tal  senhor  avedes 
que  non  sei  quen  se  d'  eia  non  pagasse! 
E  ajudei-vus  eu  como  sabedes 

[asse] 

5    escontra  eia  mui  de  bSa  mente. 
E  diss' eia;  „fazede-me  Ih' en  mente, 
e  in4a  oje  vos  migo  jaredes 
.  ¿  rom.  PhiL  XXV.  ^3 


674  CAROUMA  MTCHAirJR  DM  Vi 


►  ♦,  I*«  < 


Por  lea  anor»  ca  x'  anda  tea  coitedo 
^pi6  n  TM  Ojo  1111(0  BOH  joovndoiy 
10    lerA  Hmdeo,  e  le  o  bob  faerdei 
BOB  le  terra  de  vos  por  ijüdado 
nuds  eomeatede-flie  Ud  Va  vegada 
e  Biarrej  eo  rtmqa?  cb  Toiea  poveeda 
e  o  catlfo  pcrdnd  dddado» 

15         E  ja  qam  lhi  voe  aflior  deaiostradei» 

semdh*  ora  que  lhi  aodet  aadgo  ; 

jaiede  logo  aqnerta  Boite  (co)adgo 

e  des«i  poil  cvm,  b  qner  qee  o  ve}ades, 

diiede*lhi  que  eoarigo  albogastes 
ao    por  tea  emor»  e  que  Bie  Ih*  mmrntiilfi, 

e  BOB  teBha  que  o  poBC*  ajadadei  I 

3  amâeytÊB  —  7  úimáa  —  IO  fSatrdts  —    Il  otadoáo  ~  12  Am- 
21  fo  poMta  fo  poMca  mdúdu 

Bd  Braga  Am  (S)»  «AmIb  (4),  foMiáes  (7),  fnerdês  (io),  momtj  (13). 
(17),  M^  (19). 

(464  €r7]107. 

Maria  Beltefara,  qne  le  qneria 
ir  Ja  d' aqnl«  vSo-Bie  pregoBter 
•e  nUa  ja-qne  d' againiia 
ca  BOB  podia  aiaii  aqid  eadar. 
S    E  disi-Di'  ea  Ioga'  entoa:  „qiiaot'  ea  ley, 
Maria  Peres,  ea  to'- lo  direy.** 
£  diss*  eU  Ioga'  i  qae  mi-o  gracia. 

£  dix'  ea:  „Pois  tos  ides  vossa  yia, 
¿a  qaen  leis;ades  o  toss*  escolar 
IO    oa  voaao  filh'  e  vossa  companhia?" 
„Porèn  [diss'  eia]  vas  mand'  ea  catar 
qae  vejades  nos  again»  qae  ei 
com'ea  poss'ir;  e  mais  vas  ¿n  direi 
a  mèos  d'  esto  sol  Don  movería." 

15  E  dizi-lh'  ea:  „¿Cada  qae  vas  deitades 

qae  estamndos  soedes  d'  aver?" 

E  diss*  eia:  ,J>oas  ei,  ben- no  sabiádes, 

e  an  ei  qaando  [me]  qaero  mover, 

mais  este  non  sei  eo  ben  departir." 
20    E  dix'  ea:  »Con  doas  ben  podedes  ir 

miis  un  manda  qae  sol  [vas]  non  movades." 

E  dixi-lh'ea:  »»Po^  agoiro  catades, 
das  aves  vos  ar  conven  a  saber, 
vos  qne  tan  longa  carreira  filhades." 
25    Diss"  eia:  mEék>  vos  qncr"  en  dixer: 


RANDGLOSSEN    î 


LIEDEKRUCH. 


ei  feiynelha  senipr'  ao  sair." 

E  diu-lh'eu:  „'Ben  podedes  vos  ¡c 

con  ferivelba;  mais  nanea  lonudcs!" 


1  luonu  —  3  da  guytar 


Th.  Braga  h\t\tlj'aqui  tU.ttja¡u¿  =  etwas  (3),  fñgl  nicht  das  fehlende 
dus'  tili  in  Z.  II,  noch  n«  in  Z.  [8  ein;  beiäfst  er/m' er,  obgleich  Monaci  com'  er 
(13)  vorgeschlagen  hatte,  setit  mtnas  (14),  foderiadts  (so)  und  sat  qui  {ì\). 

In  Z.  9  wSie  agui  vielleicht  richtiger  als  a  cum.  ~-  Mit  dem  YogeXfcry- 
ha  ftrivelha  gedenke  ich  mich  später  ca  beschäftigen. 

(58.)  cviaos. 

Pe(d)ro  Ordonhez,  lorp'  e  deseoibrado 
Tej'  CD  un  orne  que  veo  da  fconteiía 
e  pregutils  por  Maria  Balteira! 
Pet'  Ordonhez,  e  íemelba  ^juìsado 
5     d'  aquesl'  ome  que  tal  pregunta  fai, 
Per' Ordonhei,  de  semelhar  rapai 
ou  algún  ome  de  pouco  recado  P 

Pero  Ordonhex,  torpe,  engañado 
mi  semeiha  e  fora  da  craveira 
IO    qucn  pregunta  por  Da  sotdaddra 
e  non  pregunta  poi  al  mais  guisado. 
E  Pet'Ordon[Ti]ci,  mui  chco  de  mal 
mi  semeiha  e  torp'  i^st'  om'  atal. 
Pei[o]  Oidonhcz,  que  m' á  preguntado. 


3  prega  niaria 


15  E  Per' Ordonhei 

por  «sto  se  algQa  te 

aquest'  ome  e  se  o  ben  conhocesse 

Per'  Ordonhei  fez  mui  gran  bavequin. 

Aqqest'omc  que  tal  pregunta  fci, 
20     Per'  Ordanbei,  se  foss'  algfla  vez 

per-lorpe,  fora  dereilo  scria. 

tdro  '{r)donei  corpi  definbrarda  —  6  ch  ^  8  corpi  —  9  cauiyra  — 
10  aqui  —  kua  —  13  chio  —  13  eco' peflomatal  —  IS  E  por  doHoubñ  — 
17  orni  —  t8  bamq'a  —  19  dardonhà  —  21  /r"  cor  fi 

Das  Gedicht  ist  schwer  verständlich.  —  Ob  desembrado  [\)  <^dissimu- 
lado  ist?  ob  craveira  oder  carreira  (9}  zu  lesen  ist?  —  Da  viermal  cerpe 
Steht  und  lorpi  besser  in  den  Sinn  pafst  als  carpo,  nehme  ich  an,  die  Ab- 
schreiber bätlca  wieder  einmal  e  and  t  verwechseil.  —  Per' Ordonkn  —  der 
Angeredete,  dessen  Name  nerinmal  in  den  Text  geschoben  wird  —  ist  offenbar 
gemeine  Mann,  dessen  verdächtige  Neugier  verlacht  wird. 

Braga  liest  ror/n  (1.9.  zi  und  fer^'  13);   Ordoües,  Ordotihet,  Ordenhei; 
\  tcmelh'  ar  (<¡);  fora  de  caveyra  (9);  a  quin  (10);  cheo  (II);  alguü  (16  u.  1Q)¡ 
*  qutria  (iB);  por  carpa  fora,  dereyla  (II). 


^1 


éj9 


to74  Fersa»  Telktt* 


Dp»"] 

e  Iflif  a  MÎMlro  Scahor 


I  ckrij^  a  aca  podcf« 
PcMa  pacanoa  ^pa  nn  ns  finer 

qaa  xTcia  aaipif  aadoa. 


*a^  ca  db  ^e  iP  adiOB 
.f  €  ipair  éa  ngjidkv 
IO    fei  loff  a  Beat;  ca  teva  por  aidDior 
de  fagdw  a  dl  ca  o  qi^agaardon. 
S  BMBlie  vhra  dis  qaa  qacr  tScr 
aa  ck^gD  ooa  qaa  le  ddeader 
poMa  do  dono  qae  wemptt  gaardoo. 

15         E  pois  qae  bea  seas  pecados  cstoQ, 

de  sa  [aKMte]  oav*  eia  giaa  pavor 

e  d*  fSBwiasr  osv*  eia  gttak  ssbor; 

e  loga'catoa  aa  det^  fillioa 

e  dea-fl^  a  csaia  cn  qae  sol  jsser 
ao    e  &  qae  o  tena,  auaiie  viver*, 

e  est*  ste  iDdo  por  Dens  fiOioal 

£  pois  qae  s*  este  prdto  oomeçon, 
sntr*  des  smbos  cave  graad'  amor; 
antr*  eU  sempr*  [e]  o  demo  maior 
25    ata  que  se  Balteira  confesaoa. 
Mais  pob  qae  vio  o  derígo  caer 
antr*  des  ambos,  ouv*  i  a  perder 
o  demo  desque  s'  eia  confessou. 

2  Vgl.  p.  558.  —  4  pormeteu  —  endou  —  12  teer  —  20  tetra  —  21  £ 
estafara  todo  V^.  p.  558.  —  22  começon  —  24  Die  Hypothese  auf  pSS^ 
triflft  vielleicht  das  Richtige.  —  26  deri¿ro  —  27  ou  uya 

Maenfestar  —  beichten  z.  B.  CB  1600. 

(59.)    Vaasco  Perez  Pardal. 
CB1506. 

De  quai  engaño  prendemos 
aqui ,  non  sab'  el  Rey  parte 
como  leva  quant'  avemos 
de  nos  Bdteira  per  arte; 
5    ca  z'  é  mui  nud -engaño 
se  Ih'  dguen  non  d¿  conselho 
o  que  ten  c .  •  •  mercado, 
se  Ihi  por  d  dan  iolhdho. 


RANDGLOSSEN   ZUM    ALTPORT.  LIEDERBUCH.  677 

Balteira  como  vus  digo 
IO    nos  engaña  tod'  est*  ano 

e  non  á  mesura  sigo; 

mais,  par  deus,  en  malengano 

non  seria  per -guisada 

cousa,  se  el  Rey  quisesse, 
15     de  molher  e  . . .  nen  nada 

vender  se  o  non  ouvesse. 

E  somos  mal  engañados 
todos  d'  esta  merchandia 
e  nunca  irnos  vingados; 
20    mais  mande  Sancta  Maria 
que  prenda  i  mal-joguete 
o  d' AmbrSa  que  a  f . . . 
e  eia  porque  promete 
e  . . .,  poi'- lo  dar  non  pode. 

collo  —     12  Mays  Par  /e  sen  malengano  —     13  tetrta   —     20  sHa 
—  22    O  danbrda 

(48.)   Vaasco   Perez  Pardal  und  Pedr' Amigo. 

GB  1609. 

nPedr*  Amigo,  quero  de  vos  saber 
Qa  cousa  que  vus  ora  direy. 
E  venho-vus  preguntar,  porque  sey 
que  saberedes  recado  dizer, 
5     de  Balteira  que  vej'  aqui  andar 
e  vejo -Ibi  muitos  escamungar 
dizede:  ¿quen  Ibi  deu  end' o  poder?** 

„  Vaasco  Perez,  quant'  eu  aprender 
púdi  d'  esto,  ben  vo'-lo  contarey. 
IO    Este  poder  ante  tempo  del  Rey 
don  Fernando  ja  Ibi  viron  aver 
mais  non  avia  poder  de  soltar. 
Mais  foi  pois  o  patriarca  buscar 
Fi-(V'Esealhola  que  lb'  o  fez  fazer.** 

15  „Pedr*  Amigo,  sei -m' eu  esto  mui  ben 

que  Balteira  nunca  ome  soltou, 

e  vi -lb' eu  muitos  que  escomungou 

que  Ibi  peitaron  grand'  algo  por  en 

que  os  soltass';  e  direy -vus  eu  al: 
20    Fi-d^'Escalhola  non  á  poder  tal 

per  que  soit'  ergo  seus  presos  que  ten.** 

„  Vaasco  Peret,  ben  de  Meca  ven 
este  poder  e  poi'- lo  outorgou 
o  patriarca,  des  i  mal-levou 


CAROLINA    UlCUAEUä    DS    VA&COMCl 

15     sobre  â  qouito  sc  fei  cd  y^^n 
e  EU  Eixarti,  n  sc  fèz  maïta  <■>!. 
e  poi  éa  met*  m  escotnnDlMui  quai 
li  quer  meter  e  qaal-qaer  sac«  tax," 

„Pidr'  Amiga,  eito  tds  dob  ctvo  ■ 
30    (|UE  o  poder  que  Dem  cd  Roma  dea, 
que  o  BiÍlcÍi>  Ul  de  Mtea   ten." 


„  Vaatco  Pern,  ach'  en   M«ca 
poder  ;  e  o  que  Déos  en  Rmoa  des 
dii  Baitcin  que  lodo  non  é  rea. 


8  ftjea^ 


(ÓO.)    Pero    MafAldo. 

CB  isia. 

Malìa  Pcici.  md'  eu  ihdî  coìtsdo 

1.  de  prui,  mail  0  por  oatn  reo; 


uidsd» 


9  de  vos  ben 


eu  BOB  d  de  vos,  roan-pccmdo; 
ni  faiedes  vos  en  guita  tal 
,  mia  acohot.  que  depois  4  mea  m 
-  la]  ben  non  sOo  eu  pagado! 


I 
I 


D'  aver  de  vos  beo.  and'  en  alongado, 
pero  punbadei  roi  ai  mi-o  Taier 
qoaDIo  podedes  a  vosso  poder; 
de  mais  Ibttes  ogan'  a  meu  mandado 
por  mi  Eurrdes  [gran]  beo  e  amor 
e  con  tat  ben  qual  ni  enton,  senlior, 
òuvi  de  vos,  mal -dia  fui  eo  nado. 


te  n  tive  chegado. 
Ita'  agora  vns  direi: 
,bon-gr>d'  a  Deus,  ci  Ja  agora  aver 
I  ben  por  que  andava  eo  cuidado.'* 
l  TOS  cnton  gaisutes-ni-o  ani 
dven  multo  mais  a  mi 


E  se  muir  aquesto 
vosco,  senhor,  devia -E 
ant'  OH  aect  ao  dem' 

ij  qualhttá  —   i¡  kuZ  m^U  »  tmt 


RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPORT.  LIBDERBUCH.  679 

(61.)    Joan  Vaasquez. 
CB1546. 

O  qae  veer  qaiser,  ay  cavaleiro, 
María  Perez,  leve  algún  dinheiro! 
Se  non,  non  poderá  i  adnbar  prol! 

Qaen-na  veer  qoiser  ao  serSo, 
5     María  Perez,  lev*  algn'  en  sa  mSoI 

Se  non,  non  poderá  i  adnbar  prol! 

Tod'  orne  que  a  ir  queira  veer  suso 
María  Perez,  lev*  algo  de  juso 

Se  non,  non  poderá  i  adnbar  prol! 

6  poderia  —   8  idso 

(62.)   Pero   d'Ambroa. 
CB  1674. 

Os  beesteiro«  d'  aquesta  íronteira, 
pero  que  cuidan  que  tiran  muy  ben, 
quero -Ulis  eu  conselhar  Qa  ren 
que  non  tiren  con  Maria  Balteira, 
5     ca  todos  quantos  ali  tira[ro]n 
todos  se  d'  eia  con  mal  partiron: 
assi  é  sabedor  e  [é]  arteira. 

Tirou  [og^  eia  con  un  beesteiro 
d'  estes  del  Rey  que  saben  ben  tirar; 
10    prímeira  vez  polo  escaentar 

leixou-se  i  logo  perder  un  dinheiro, 
e  des  i  outr',  e  pois,  esqueentado, 
tirou  con  el  e  á  d'  el[e]  levado 
quanto  tragia  dentro  do  bragueíro. 

15  Os  beesteiros  dos  dous  carreiröes 

tir[ar]an  con  eia  e  pose  sinal; 

neu  os  outros  que  tiravan  muy  mal 

atiraran  a  dous  dos  pipeSes 

e  foron  tirand(o)  e  bevendo  vinho: 
20    o  beesteiro  com'  era  mininho 

non  catou  quando  s'achou  nos  colhSes. 

3  hñna  —  4  tiran  —  5  tiram  —  8  am  —  \0  e  finia  uez  polo  tscae 
cantar  —  li  ,i,  dr  —  12  edefy  outre  pojes  Rentado  —  13  couel eadel Uuado 
—  14  tèno  b^'gueyro  —  15  das  dous  q<^reyreês  —  16  tirancon  eia  —  17  «y  — 
18  ecirararam  adous  d,  p,  —  19  obeuendo  do  vyo  —  20  comora  —  21  uos 

(63.)   £1  Rey  Don  Affonso  de  Castella  el  de  Leon. 

GB  471bis. 

[María  Balteira  está  assanbada] 
porque  Ihi  rogava  que  perdSasse 


68o  CAROLINA  MICHASLIS  DB  YASCONCKLLOS, 

Pero  d'  Àmbroa,  qae  o  non  matasse 
nen  foae  contra  el  deimeamada; 
5     E  diss*  eia:  „Por  Dent  noo  me  roguedes, 
ca  direi  vos  de  min  o  qae  i  entendo: 

Se  da  yex  tMinhiir  me  iazedes 

saberedei  qnaes  peras  en  vendo. 

Ca  rogades  consa  des[a]guisada 
IO    e  non  sei  eu  qnen  to'- lo  ontrogasse 
de  perd[0]ar  qnen -nos  mal  deostaase 
com'  el  fez  a  min,  stando  en  sa  pousada. 
E  pois  Tejo  qne  me  non  conhocedes, 
de  min  atanto  vos  irei  dicendo: 
15  5>e  tla  Tez  assanhar  me  fazedes, 

[saberedes  qnaes  peras  eu  vendo]. 

E  se  m'  en  qnisesse  seer  viltada 

ben  acharia  quen  xe  me  viltasse, 

mais  se  m*eu  taes  non  escarmentasse 
20    cedo  men  preito  non  seeria  nada. 

E  en  sa  prol  nunca  me  tos  faledes! 

ca  se  eu  soubesse  morrer  ardendo, 
Se  Ha  vez  assanhar  me  fazedes 
[saberedes  quaes  peras  eu  vendo]. 

25  E  por  esto  é  grande  a  mia  nomeada 

ca  non  foy  tal  que,  se  migo  falhasse 
quç  én  eu  muy  ben  non -[no]  castigasse, 
ca  sempre  fui  temuda  e  dultada. 
E  rogo- vos  que  roe  non  affìquedes 
30     d*  aquesto  mais.     Ide-m' assi  sofrendo: 
Se  fla  vez  assanhar  me  fazedes, 
saberedes  quaes  peras  eu  vendo." 

I  Fehlt.  —  2  perdoasse  —  9  Cii  rogads  causa  desguisada.  Man  könnic 
auch  erjjanzen  :  ca  rm  rogades  cousa  desguisada  —  1 1  perdar  qui  no  mai 
decs  fa /'fe  —  12  estando  —  15  ^  sanhar  —  19  femeu  und  sc  nun  — 
22  moirer  —    23  meffaiedes   —     28  ceutnda  —    30  f off  rido 

B. 

(64.)  D.  GonçaT  Eannes  de  Vinhal. 

CV10()4. 

Pero  d'  Ambroa,  sempr'  oï  cantar 
que  nunca  vos  andastes  sobre  mar 
que  roed'  ouvessedes  Qa  sazón, 
e  que  avedes  tan  gran  corazón 
5     que  tanto  dades  que  bon  tempo  faca 
ben  como  roao  nen  como  bOaça, 

nen  dades  ren  por  tormenta  do  mar. 


RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPOKT.  UBDERBUCH.  68 1 

£  des  i  ja  pola  nave  quebrar 
aqui  non  dades  vos  ren  polo  mar 
IO    come  OS  outros  que  i  van  enton; 
por  én  têen  que  tamanho  pardon 
non  avedes  come  os  qne  na  frota 
van  e  se  deitan  con  medo  na  sota 

sol  que  entenden  tormenta  do  mar!  . 

15  E  nunca  oímos  d'  outr*  ome  falar 

que  non  temesse  mal -tempo  do  mar; 

e  por  én  cuidan  quantos  aqui  son 

que  vossa  madre  con  algun  caçon 

vus  fez  sen  falba,  ou  con  lobaganto; 
20    e  todos  esto  cuidamos  por  quanto 

non  dades  ren  por  tormenta  do  mar! 

2  qtie  me  douuefsedes  nuna   sanan   —     6  boança   —     il  por?  tee  (^) 
\äo  ^on  —  18  coif) 

Tb.  Braga  scbreibt  tChüa  sœu>n,  docb  ist  nfíla  dreisilbig  wie  nenhuma 
boança  (6);    tormentas  (7);   com*  é  (IO);   tee  (lì), 

(65.)    Pero  Barroso. 
C?V  1067. 

Pero  d'Ambroa,  se  Deus  mi  perdón, 
non  vus  trobei  da  terra  d'  Ultramar, 
vedes  por  que:  ca  non  acbei  razon 
porque  vus  d'  eia  podesse  trobar, 
5     pois  i  non  fostes;  mais  trobar-vus  ei 
de  muitas  cousas  que  vus  eu  direi, 
do  que  vus  non  sab[er]ede8  guardar. 

Se  Deus  mi  valba,  vedes  por  que  non 
vus  trobei  d' Acre  nen  d'  esse  logar: 
IO    porque  non  viron  quantos  aqui  son 
que  nunca  vos  passastes  alen -mar; 
e  da  terra  u  non  fostes,  non  sei 
como  vus  trobe;  mais  saber- vus -ei 
as  manhas  que  vos  avedes,  contar. 

7  sabedes  —  8  des  —  9  «3  trobei  dacri  —  12  tira  —  13  trobei 

Th.  Braga  liefs  die  Fehler  des  Schreibers  unberichtigt. 

(49*)    Joan  Bave  ca. 

crvioee. 

Perd  d'AmbrOa  prometen,  de  pran, 
que  fosse  romeu  de  Santa  Maria, 
e  acabou  assi  sa  romaria 
com'  acabou  a  do  frume  Jordan; 


CAROLINA   MICHAELIS    DE    VASCOKCI 


a  ats  HompiUici  cbegoo 


c  do  P^o  de  Roldan. 


1  framtftti  —    S  la  entomft  oi 
Th.  Bnl£«  tchrtibt:  Jlitme  (4). 


(50.)    Affooi 

cvn 


>  do  Co  torn. 


\ 


Puj  KtDgel  e  ODtnM  d(Ms  rturntt 
ât  gnu  TCDlnn  —  mn  tìhcs  nuijvr 
gtuTCfcron,  on  toado  a  Dens, 
(}De  Doti  moiTCton  por  Nostro  Senhor 

en  Da  lìde  que  foy  cd  Josaflas: 
(■  lide  foy  com"  og*  e  corno  crai) 
prcDdEcan  ties  letra  no  Alcor, 

E  bea-DOa  quìs  Deus  de  mone  gnaular 

—   Paay  Rcnecl  e  oulros  dons  cnton  

d'  Ba  lide  qoc  foy  en  U1tTam>r 
qae  con  chegaron  aqaela  saxon, 
e  redei  ora  pot  quinto  ficon 
que  o  dû  qoe  í'  a  Ude  janton 
prenderai!  eles  port'  a  Mormoíon. 

De  como  non  entraron  a  Blandix 
pet  qae  podetan  oa  lide  seer, 
o  os  qnU  Deus  de  morte  giureccr 
per  com' agora  Psay  Rengel  dix. 
E  gaateceton  de  moite  pot  tn 
que  quand'  a  lide  loy  en  Beleen 
aportaron  de*  en  Tamarti. 


17  *i- 


t  man:  Rangtl  (t.  g.  18);  lotÊKod«  Dtut  {3);  j 

(66.)    Peto   d' Ambro*. 
CVU80. 
Querrí'  agora  faier  un  cantar, 
íe  m  podesie,  tal  a  Pedi'  AmÌ£o 
que  se  non  petdesi'  el  por  ta  coini|ro 
nen  m  con  el  \  peto  non  po»'  achar 
tal  raion  en  que  Ih'  o  posta  iaa 
qae  me  non  aja  con  el  de  perder 
e  cl  comigo,  des  qu«  Ih'  eu  Inibw*. 


RANDGLOSSEN  ZUM  ALTPORT.  LIEDERBUCH.  683 

Ca  ja  oatra  vez  quando  foy  entrar 
ena  ermida  velha  Pedr*  Amigo, 
IO    trobei-lh'  end'  eu  e  perdeu-i'  el  oomigo 
e  eu  con  el  quando  vin  á*  Ultramar  ; 
mais  ora  ja,  pois  m'  el  foy  cometer, 
outra  razón  Ihi  cuid'  eu  a  mover 
de  que  aja  dons  tamanho  pesar. 

15  Ca  se  acha  per  u  m'  escatimar 

non  vus  é  el  contra  mi  Pedr*  Amigo 

e  per  aquesto  perder -s'  á  comigo 

e  eu  con  el,  ca  poi'-T  eu  começar*, 

tal  escatima  Ihi  cuid'  eu  dizer 
20    que  se  mil  anos  no  mund'  el  viver* 

que  ja  sempr'  aja  de  que  se  vingar. 

equelho —  15  Case  oca  ^mefcoHmar —  it peora$mgo  —  if)  escatimar 

(67.)    Pedr' Amigo. 

CV1106. 
Se  mi -ora  quisesse  cruzar, 
ben  assi  poderia  ir 
ben  como  foy  a  Ultramar 
Pero  d'AmbrOa  Deus  servir: 
5     morar  tanto  quant'  el  morou 
na  melhor  rua  que  acbou 
e  dizer  „venho  d'  Ultramar". 

E  tal  Vila  foy  el  buscar 
de  que  nunca  quiso  sair 
IO    ata  que  pode  ben  osmar 
que  podia  ir  e  viir 
outr'  omen  de  Iherusalen  ; 
e  poss'  eu  ir,  se  andar'  ben, 
u  el  foy  tod'  aquest'  osmar. 

15  E  poss'  en  Mompilher  morar 

ben  com'  el  fez,  por  nos  mentir 

e  ante  que  cbeg*  ao  mar 

tornar -me  poss'  e  departir 

com'  el  depart'  en  como  Deus 
20    près  mort'  en  poder  dos  Judeus 

e  enas  tormentas  do  mar. 

E  se  m'  eu  quiser  engañar 
Deus!  ben  o  poss'  aqui  cumprir 
en  Burgos,  ca  se  preguntar' 
25     per  novas,  ben-nas  posso  oir 
tan  ben  come  el  en  Mompilher 
e  dizé'-las  pois  a  quenquer 
que  me  por  novai  preguntar'. 


684  CAROLINA    MICHAELIS   DE    VASCONCEl 

E  pois  end'  u  novas  aoaber 

30     tan  bcD  pò»'  en,  le  mi  qnïser, 

corne  un  grui  pilmeiio  clm&T. 


Braga  lärst  die  í^chrdbfchler  unbcrichtigt 

(68.)    0V  1198. 
Joan  Baveca  e  Pero  d' AmbrSA 
coTDCçuon  [3]  fazer  sa  tençon 
e  sajfron-îe  logo  da  caion 
Joan  Baveca  e  Pero  d'  AmbrOa 
5     e  porque  x'  a  non  soubcron   seguir 
nunca  quedaioQ  pois  en  departí t 
Joan  Baveca  e  Pera  d' AnibrSa. 

Joan  Baveca  e  Pero  á'  AmbrOa 
BT  foron  outra  razón  começar 
[O    sobre  que  ouveron  a  pelejar 

Joan  Baveca  e  Pero  d' AmbrSa: 
sobre  la  tena  âe  Ihe  rusai  en 
que  didan  que  sabían  muy  ben 
Joan  Baveca  e  Pero  d' AmbrOa. 

15  Joan  Baveca  e  Pero  d' AmbrOa 

ar  departíton  logo  no  Gran -Can 
e  pelcjaron  sobr'  esto,  de  pran, 
Joan  Baveca  e  Pero  d'  AmbrUa, 
diiend'  „ora  verrcmos  qois  qual  í", 

io     e  Iciiei  eu  assi,  per  bSa  ít, 

Joan  Ba*eci  e  Peto  d'  AmbrOa. 

I .  .1 .  7  danbroa    —     I  comtçaroH  ftaer  —     tenfou  - 


(69.)    CV  1199. 
Marínha  Mejoucbi.  Pero  d'  AmbrOa   I 
diz  el  que  tu  o  fuisti  pregBar 
que  nunca  foy  na  terra  d'  Ultramar, 
mais  non  feîisti  come  molher  bBa, 
5     ca  Marinha  Mejoucbi  si  e  si 
Pero  d'  Ambr3a  sei  eu  ca  foi  I 
mais  queseste-ibi  tu  mal  assacar. 

M;iriniia  Mejoucbi,  sen  nulha  fallía. 
Pero  d' Ambtöa  en  Çoca-de-ven 
10     ñlhou  a  cruz  pera  Ihecusalen 

e  dopois  d'  aquesto,  se  Deus  mi  vallui,  j 


RANDGLOSSEN   ZUM   ALTPORT.  LIEDERBUCH.  685 

Marinha  Mejouchi,  come  romeu 
qae  ven  cansado,  e  tal  o  vi  end*  eu, 
tornar;  e  dizes  que  non  tomou  en! 

15  Marinha  Mejouchi,  muitas  vegadas 

Pero  d' AmbrOa  achou  -  te  en  mal  ;  (?) 

mais  se  te  colhe  en  logar  atal 

com'  andas  tu  assi  pelas  poasadas, 

Marinha  Mejouchi,  á  mai  gran  sazón, 
20    Pero  d'  AmbrSa,  se  t*  achar*  enton, 

gran  med'  ci  que  ti  querrá  fazer  mal. 

1  danbroa   —     2  pregoar   —     4  boa   —     6  Ihy  —     7  quere stelhy   — 
8  seu  —    16  pò  danbroa  acheu  deu  mal 

CB  1562  steht  im  Anhang  zu  Randglosse  III.  —  CB  143  im  CA. 

(70.)    Joan  Soares   Coelho. 

OV1018. 

Joan  Fernandez,  o  mund'  é  torvado 
e,  de  pran,  cuidamos  que  quer  ÍTir; 
veemo'-lo  emperador  levantado 
contra  Roma  e  Tartaros  vlir; 
5     e  ar  veemos  aqui  don  pedir 

Joan  Fernandez,  o  Mouro  cruzado. 

£  sempre  esto  foy  profetizado 
por  dez  e  cinco  (?)  sinaes  da  fin, 
sccr  o  mundo  assi  com'  é  mizcrado, 
IO    e  ar  torna -s'  o  mouro  pèlerin, 
Joan  Fernandez,  creed'  est'  a  mi 
que  sOo  ome  ben  leterado. 

E  se  non  foss*  o  Antecbristo  nado, 
non  averna  esto  que  aven, 
15     ncn  fia[va]  o  senhor  no  malado, 

nen-no  malado  no  [seu]  senhor  ren; 

nen  ar  iría  a  Iherusalen 

Joan  Fernandez,  mouro  bautiçado. 

2  fijr  —  4  uijr  —  8  par  d9  ceri  ^0  sinaes  da/fin  —  9  como  — 
12  SOO  —   13  antexpo  —    l^  ßar  —    18  nd  bautiçado 

Auf  Wunsch  einiger  Leser  bringe  ich,  statt  der  fünf  bisher  abgedruckten 
Proben  (No.  51 — 55  auf  S.  557 — 560),  nun  doch  alle  Balteira-Schmähgedichte 
und  die  Ultramar-Scherze.  An  den  wiederholten  Texten  habe  ich  noch  ein 
wenig  nachgebessert. 

Cakouna  Micha£us  de  Vasconcellos. 


n  Fiooiiimot 

(Fortsetznng;  s.  Ztschr.  XXV,  230.) 


VL 


I. 


Vergine  madre  di  virtù  costante 
Cum  desponsata  Tuseph  tu  fmsti 
Esso  Joseph  stava  cogitante 
Quando  quel  buon  Jesu  figlio  accepistì, 
L'  angel  t'  apparve  in  visione  avante: 
„Noli  timere,  quod  cogitavisti? 
,Accipere  Maria  conjuge  tua 
„Ch*  è  dell'  etemo  Dio  volontà  sua. 

2. 

„Pariet  autem  filium  e  fia  chiamato 
„Jesu  con  trinità,  vera  unione." 
Poiché  '1  superno  re  del  delo  è  nato, 
Tu  sì  lo  desti  in  braccio  a  Simeone 
Nel  bel  presepio,  com*  era  ordinato, 
Poi  tei  rendè  dicendo  quel  vecchione  : 
„Questo  coltel  passerà  V  anima  tua 
„Per  r  aspra  passione  e  morte  sua." 

3- 
Vergine,   a  te  ricorro  che  *n  te  spero 
Perchè  ri  tomi  in  me  1*  usato  ingegno 
Del  tuo  alcxandro,  sommo  refrigero, 
Di  trovar  nuove  rime  mi  fa  degno 
Della  partenza  contar  dell*  impero, 
Come  con  Michelelto  fé'  convegno 
E  come  Michelctto  poi  si  stese 
A  dare  il  guasto  al  populo  Luchese. 

4- 
Se  vi  lassai  in  nell*  altro  canUre 
Michclecto  a  vittoria  incoronato 
Del  Comun  di  Firenze  il  festeggiare. 
Or  voglio  air  imperier  esser  tornato 
Che  ciò  sentendo,  per  sé  riparare, 
Per  Mìchelccto  tosto  ebbe  mandato 


E  eoo  parole  belle  ú  k>  ¡smosse 
Che  per  lui  si  venne,  come  o  si  fosse 

s. 

Di  tale  accordio  non  ne  so  niènte, 
Por  Michelecto  a  Lacha  fu  arrivato. 
Qnel  magno  imperador,  chiaro  e  pos* 

sente, 
S'è  del  popal  di  Locha  accomiiuto; 
E  tutta  sua  brigata  similmente 
Fuor  della  porta  tosto  fu  inviato. 
Con  Michelecto  si  â  ritrovoe 
E  in  verso  Siena  si  l'  aocompagnoe; 

6. 
E  del  terren  Pisan  ebbono  a  uscire 
E  di  Volterra  vider  la  fortezza; 
L' imperio  cominciò  subito  a  dire: 
„Quella  città  che  ha  tanta  adorncua. 

Che  risiede  si  ben,  com'  si  fa  dire? 

Volterra,  monsignor,  e  sua  vagheui 
„Non  si  potrebbon  per  rima  cantare 
„E  di  fortezza  in  Italia  non  ha  pare. 

7- 
„Ma  d'  allegrezza  è  privo  cotal  loco 

„Che  sottoposti  son,  san  za  fallare, 
„Da*  Fiorentini,  onde  eh'  a  poco  a  poco 
„Si  vengon  d*  ogni  ben  a  consumare 
„E  chi  di  servitù  suol  portar  giogo 
Non  può  quella  città  mai  bene  stare, 
Unde  che  poveretti  male  stanno; 
„Speran   per   ver   corona   uscir  d'  af- 
fanno." 
8. 
L'  imperador  cotai  parole  notava 
Discretamente,  e  poscia  rispondeva: 


» 


ft 


I» 


>» 


„Se  la  forhuia  non  m'  andera'  grava, 
.  ,fii  liberta  ancor  porKro  oliva." 
(  E  di  tal  COSI  Tare  immagìnuva: 

nume'  di  Volterra  io  sulla  rìva 

I  FaroD  armati  e  quelli  oltre  passaion 

1  San  Gcmigsaco  egli 


t  Detto  n  fa  cbe  quel  nobìl  cartella 
I  Veramente  [era]  sno  patrimoni  ato, 

■ven  le  cane  del  tuo  padre  bello. 
[  Jm  imperador  di  dù  ha  sospirato 
I  Pcrcbè  non  è  possente  a  tal  dmbello 
I   Che  t'  osle  prestamente  are'  fermato 

nai  partito  sare'  sua  persona 
.  Cht  tornala  1'  avrebbe  alla  corona. 

I  Pur  verso  Siena  seiopre 
Lassar  lo  voglio  e  vovi  i 
AUi  Sfiiesii  qaando  ciù 
A  popul  la  campana  fer 
E  general  consiglio  radui 


IL   PICCININO,  687 


Perche  sonò  1  portiaro'  a  tale  istanito 
Di  meuogioino,  eh'  eran  già  pin  bodÌ 
Che  a  tale  ora  non  «vca  senator 
In  breve  Ai  '1  consiglio  radunato. 


Quivi  erano  i  Signor  co'  lor  bendoni 
Che  del  cappuccio  pendón  ver'  le  gote 
E  portan  qae'  segnali,  e  le  ragioni 


Di  e 


nlo  le  r 


Ma  so  ben  chavignane  a  tondi  a  rote* 
Meno  vermiglio  lo  *  e  tnezio  giallo, 
Li  giudei  portan  senza  v«iun  fallo. 


Credo  che  sia  sol  per  iivariare 
E  voler  dagli  altri  esser  eognosciuto, 
Questo  per  1'  ansianalico*  onorare; 
Essendo  in  coDcicslor,  com'  ho  sapnlo, 
Una  proposta  si  fece  spianare 
Acciò  che  sia  ciascuno  attenduto' 
E  dell'  imperio  1 
Se  d'  accettarlo 


I   Ch'  £  de' maggior  Cbrislofan  d'Andrea, 
ì  Et  al  palagio  ciascun  presto  correa. 

f  Hessei  Pier  Martinasso  s'  i  invialo 
f  E  Salvestfo  di  Duccio  con  Pasquino, 
I   Uesser  Paccineghi  Nino  e  Fortunato. 
0  col  Stragicola  e  '1  Massa'ino, 
E  Schio  Baiami  vien  dall'  altro  lato 
Et  Urban  Gìovannelli  a  tal  latino, 
Anton  di  Guelfo  e  quel  dalla  Chassaia 
Riccardo  Saracin  con  mente  gaia, 

11. 
E  Guaspar  di  Vittorio  con  grand' anaio' 
Giunse   a   palagio,   e   poi   del  Gharga 

Nanni, 
Tutto    in    UD    puoto     foïi     quel    del 
Granchio 
I  affanni 


Et  al  palagio  furon  e 


lo  o  da  lassarlo  gire. 

is- 
chi consigliava:  DOD  con  gran  romore, 
„Percbt  faremmo  al  Padre  dispiacxre", 
E  chi  diceva:  „si,  per  lo  migliore, 
„Se  noi  vogliam  cou  lui  la  pace  avere". 
Il  partilo  fu  messo  a  (al  sentore: 
Che  de'  v'  enlrassc,  non  u  può  ottenere 
La  prima  volta,  e  '1  secondo  parlilo 
Viosesi  che  v'  enlrasse  com'  ho  udito. 


Allegramente  quel  popul  sovrano. 
Vinto  il  Consiglio,  i  di  palagio  sceso; 
Le  campane  sonar  Teron  tostano 
Et  a  cavai  montar  sanza  conteso, 
E  coi  Signori  innanli,  per  certano, 
Verso  r  imperio  quel  popul  fu  sceso 
E  brevemenie  le  chiavi  porlaro 
Della  cillà,  e  '1  ver  vi  conio  chiiiro. 


'  Si  la  fortuna  mi  arriderà. 
'  Il  fiume  Era. 

*  Antio,  cioè:  amia. 

*  Portiaro,  per  portiere. 

^  Queste  parole  sono  lotlosegnate  nel  Ms.  442. 

*  Ansianatiee  =  anzianato;   cioè  il  corpo  d^li  anxiaoi. 

*  AUeHduto,  dot:  avvisalo. 


688 


17. 
£  preti  e  frati  con  ailiqne^  e  ciooe 

Al  sacro  imperio  ognimo  te  n*  invia 

Cantando  „osanna**  con  pietoia  voMb 

Tanto  che  giunti  furono  a  Rosia; 

Lo  imperador  coo  quel  popnl  vdoee 

Ferii  gran  fetta,  per  la  fede  nda, 

£  poi  le  chiavi  all'  imperier  danaro 

£  la  città,  eh'  è  ana,  1'  appreaentaro. 

i8. 
Molto  li  ringraziò  V  imperadora 
£  'n  verso  la  città  furo  avviati 
£t  alloggiarlo  della  porta  foore 
Santo  Agostino,  e  qnine  son  fermati 
Un'  palassotto  e  qnine  con  honwe 
Lo  imperio  ni  e  i  baroni  ismontatl» 
£  I'  altro  giorno  visitò  il  palasso: 
Di  sua  venuta  fend  gran  aollaaWy 

19. 
Quando  cognobber  sua  benignitade 
Quel  venerabil  populo  Senese 
Vedendo  in  lui  ú  grande  umüitade» 
£  come  perdonò  tutte  le  offese 
Del  padre  suo  e  le  cose  passate 
Di  tucto  ciò  si  fé' carte  palese; 
La  fedeltà  li  die  grande  e  minore 
E  confermarlo  in  tutto  lor  signore. 

20. 
Stando  a  Siena  il  sagro  Imperadore 
Le  spese  si  son  fatte,  s' io  non  erro, 
Dal  populo  Senese  di  valore 
Et  0|;ni  dì  si  dan,  com'  io  disserro, 
Cento  ducati  al  suo  ispenditore 
E  di  una  cosa  già  non  prendette  zero 
Che  da  palalo   la  sua  propria  mensa 
Visitata  era  d'  ogni  sua  dispensa. 

21. 
Stava  r  imperio  a  Siena  con  gran  festa 
Perchè  si  vede  da  lor  molto  amare, 
E  '1  popul  fìorenlin  fa  gran  tempesta 
Delle  castella  lor  gran  disertare; 


U  Inpcrmdor  a  nn  fnte 
Le  «corte  doT 


S  €0*111111101  pl&  volte 


B  il  ▼!  situro  a  Dio  pedi«  âtmo 
Che  sempre  titomer  ooepnf  qmì 
B  trovanl  cosi  <|m1  da  TulislÎMb 
Che  «fi  esBaliò»  el  èhbce  bpcg^ 
▲  Ceatél  selvo  ove  il  paladiM 
Matioo  oosite  mottaò  rao  valon 
B  di  prigion  menò  nan  patìls 
Con  BOA  todeKB  gitale  lòrtecaAi 

la  qoesto  tempo  fl  lolle  tndhoR^ 
Che  Pletasaate  al  fiicee  ddaasR^ 
Flgliiiol  di  Tede»  iatcadi  mb 
Era  da  PteacU  e  làceid  i^ipdhn 
Da  PieCiasaata;  quel  giaa  dncfal 
AJomA  Tòlta  Tìifhcwi  aoome 
Ancor  ai  fera«,  per  k  gola  mMs 
Che  mei  ne  Ai  né  Ini  ttè  em 

»4. 
Honore  estai  a  Siena  licevco; 
Conettabil  Ih  facto  per  boatade 
Di  me  acrictor  e  poco  honor  od  fis 
Una  forteaza  bella  in  veritade 
A  guardia  e  trenta  paghe  concedeo 
A  sua  persona  e  le  préstense  dite. 
A  guardia  il  mandar  a  Monte  castctt 
Di  sopra   a  Broilo   che   d'  è  on  bi 

gìoidkH 

Di  lungi  a  Siena,  siccome  mi  pare, 
Di  cinque  miglia  quel  caste!  <  ben  poac 
Giunto  costui  non  vi  vnol  troppo  sii« 
Co'  Fiorentini  accordato  fn  tosto. 
Un  suo  fìrately  che  si  Cacea  chiamale 
Jacopo  da  Sánese,  el  fu  proposto 
A'  Fiorentina  parlare,  et,  accordato, 
In  nelle  lor  mani  il  castello  ha  date 


»  Arlique,  per  reliqie. 

•  Sott.:  a. 

•  Feva,  per  faceva. 

•  Sott.:  è. 

»  Sott:  per. 


IL   PICaNINO. 


689 


26. 

£  a  Firenze  oostor  si  se  n*  andaro, 
Toccar  denari  e  cento  paghe  fero; 
Fiorentini  al  castello  ordinaro 
Di  quattrocento  fanti,  a  dire  il  vero, 
Fino  alle  porte  di  Siena  rubbaro 
Di  molta  robba  e  non  avean  pensiero, 
Poiché  fatta  la  preda  ognun  fuggia 
Et  a  Mote  Castel  si  riducia. 

27. 
Al  populo  senese  fé'  gran  danno 
Questo  Castel,  ma  '1  sacro  imperadore 
V  andò  ad  oste  ^  per  trarli  d' affanno. 
Ma  già  di  quel  caste!  non  ebbe  onore; 
Presene  un  altro,  e  non  con  molto  danno, 
De'  Fiorentin,  come  dice  V  altore  : 
Lucignanel  faceasi  chiamare, 
Misselo  a  sacco  e  fecelo  spianare. 

28. 
A  Siena  toma  sanza  dimorare 
Quel  sagro  imperio  con  tutta  sua  gente 
£  tende  sua  persona  a  riposare; 
In  questo  il  paladin  tutto  valente. 
Che  Michelecto  si  facea  chiamare. 
Sopra  i  Luchesi,  se  '1  mio   dir  non 

mente, 
Sopra  i  Luchesi  questo  cavalcava 
Per  dare  il  guasto  a  tutta  la  lor  biava*. 

29. 
Dicerto  ancor  Micheletto  sapeva. 

Perchè  l' imperio  aveva  accompagnato, 

Che  nella  terra  gente  non  v'  aveva 

Se  non  da  piedi  alcun  pover  soldato; 

Un  suo  concetto  in  nel  suo  cor  faceva  : 

La  città  intorno  avere  assediato 

Che  femina  né  uomo  possa  uscire 

Che  non  convenga  alle  mie  man  venire. 

30. 
£ra  di  Luglio  quando  il  feroce  Orso 
Arrabbiato  con  suo  guerrier  sovrani, 
Con  tre  miglia  cavalli  e  più  fer  corso 
Per  dare  il  guasto  ai  poveri  Lucani, 


Ma  e' ne  ricevette  crudel  morso 
Da  i  dttadin  valorosi  et  humani 
E  dal  Conte  pisan  dal  Ponte  d'£ra* 
Che  a  Lucha  giunse  dinanti  la  sera. 

31. 
La  sera  innanti  giunse  il  baron  saggio 

E  r  altro  di  poi  venne  Micheletto, 

Eravi  Stefanon  col  chiar  vizaggio 

Con  sessanta  cavalli  sanza  difetto; 

Tanto  tien  Micheletto  suo  viaggio 

Con  la  sua  baronia,  '1  baron  perfetto, 

Ch'  a  Sant'  Anna  in  Piagge  fu  arrivato. 

Il  guasto  dando  al  grano  in  ogni  lato, 

32. 
£  seco  avea  trecento  guastatori 
£  mille  fanti  a  pie  tutti  leggieri 
Sanz'  arme  indosso  come  corridori 
£  di  molt' altri  armati  a  tal  mestieri; 
Con  lancie  lunghe  i  primi  feritori, 
Targoni  appresso  e  connestabil  fieri 
£  balestrier  sotto  al  Targon  venieno, 
E  i  guastator  T  uffìcio  lor  facieno. 

33. 
In  questa  città  venne  a  salutare 

Capo  de'  guastator,  Caramigosta, 

Per  volere  i  Luchesi  meritare 

De'  gran  servigi  avuti  sanza  sosta, 

E  Petrasanta  il  volse  secondare 

Tagliando   il  miglio  per  piano  e  per 

costa, 

E  Micheletto  con  sua  gente  armata 

Stava  in  sul  fiume,  la  (ranca  brigata. 

34. 
Veggendo  dò,  quel  Pisan  conte  ardito 

Il  popul  fece  armar  con  gran  furore. 

Di  porta  San  Donato  si  fu  uscito; 

Ben  la  seguía  quel  popul  di  valore, 

Armato  ben  ognun  per  tal  partito, 

£  Stefanone  armato  venia  fuore, 

E  '1  conte,  come  capitan  pregiato, 

In  verso  il  nume*  il  populo  ha  gui- 

dato. 


^  Intendi:  vi  andò  cotrò  come  nemico. 

*  Biava:  leggi,  biada. 

*  Niccolò  da  Pontedera. 

*  Il  fiume  Serchio. 

'.  £  rom.  PhiL  XXV. 


44 


35- 
Sempre  a  vantaggio  il  conte  lo  guidava, 
Un  argin'  che  commdi  all'Imperiale 
E  fine  al  fiume  1'  «tgine  durava; 
Il  popul  lutto  io  su  queir  argiu  sale 
E  le  b'ieilre  ducun  caricava, 
E  co'  tatgoni  quel  popul  reale 
Con  laude  Inoghe,  tonchoö  bolognesi, 
CoDtia  i  nimici  ardili  stanno  attes. 

36- 
Armali  tulli  ben  di  gnu  vantaggio 
Que'  dttadin  v^leoti  e  poderou 
Ver&o  i  nimici  lenseDO'  il  viag^. 
E  Michelïllû  e  tuoi  non  fur  nascosi; 
Vei' lor  venia  con  allegro  visaggio 
E  'n  sul  Serchio  affroolarsi  «nag^'MÌ 
E  1'  uno  all'  altro  mostrava  suo  ardire. 
Ma  que' Lacchen  lacean  gran  fcTiie. 

37- 
Con  verrectoDÌ  spesso  salutando. 
Li  lot  nimici  fanno  risentire, 
E  tal  fire*  con  lance  e  lai  con  bianJo, 
Ciascun   sua   possa*   mostra,   a   non 

mentire; 
I  buon  Lucchesi  li  vanno  incalciando 
E  MìchelclKT  allor  s'  ebbe  a  scoprire; 
Ver'  Um  venían  con  allegro  cuore 
Ognitn  pensava  d'  e: 


Su  pia  i  Laccbesi,  siccome  valenti, 
EH  lor  facendo  dannaggio'  spieiato 
£  molli  de'  Lucchesi  fer  dolenti 
Si  crudel  fn  l'assalto  a  tal  mercato; 
Ferian  tra  lor  que'  nimici  caldenli: 
Vet'  della  terra  i  Lucchesi  han  voltalo. 
Niccolò  da  San  Piero  li  seguiva 
(Motti  e  feriti  assai  cader  faciva) 
39- 

Fine  alle  porte  con  gran 

Facendo  de'  Lucchesi  gran  d.innaggÌQ; 


n 

Addoloralo  stBva  in  ad  e« 
In  salla  strada  alkic  ■  ttin 
Qael  valerroso  conte,  jxa  n 
I>et  popul  ctiè  ooa  fuite  t) 
Quivi  lermassi  di  dolute  an 

40- 
E  si  inurava  a  Dìo.  quel  Pi 
Che  mai  sì  partirà  di  SU  ai 
Che  Tedrì  'd  ialvo  Inogo  Ie 
Il  valoroso  populo  Lacaao. 
Con  lascia  arreslata*  pmw 
Üiccolú  da  San  Pietra,  qoc 
,.Cbc  ftrM.  coate,  vorrai  pai 
Rispose  il  conte:  Jo  lei  bi 

4'. 

Colla  ipsda  in  man  ralente 
Sopra  di  lor  si  mede  bsoa 
Lo  scampo  fu  di  qnd  popa 
La  persona  del  conte  mIib 
Una  cosa  era  quivi  a  tal  p 
Della  qual  fone  dubitava  oi 
N¿  dubitava  che  agguato  ti 


4Î. 

'erso  il  Seichto  con  la  tu 
onte  «erso  la  cìtt&  UflMi 
>erso  de*  Lnccfaesi  tao  gì 
allBmeote  in  ver"  di  lot 
Andar  più  non  si  vuole  alT 


Poi 


„Drente  alla  t 


Dicendo  loro:  „H  troppo  grai 
„Vi  ha  fatto  oggi  presso  ch< 

43. 
Per  fico  A  mezza  notte  si  pi 
Que'  citudin  col  conte  di  pò 
A  meiza  notte  poi  si  si  leva 
E  fur  col  conte  per  voler  sa 
Come  vi  fusse  per  pigli« 


'  SotL:  esiste. 

'   TenjiHa,  per  tennero. 

* /¿re  o  Jim  ferisce,  ái/iér 

'  Passa.     Sostani. 

*  Datmaggio,  per  danno. 

*  Arrtilaia:  messa  in  testa. 

*  J/aitra.     Contrai,  di  maestra. 
■  Di  /oJítí;  ciot,  che  avea  potenza. 


desinenu  antiquata. 


IL  PICCININO. 


691 


E  '1  conte  disse  che  san  za  temere 
La  porta  in  Selci  tosto  sia  smurata, 
Che  'n  ver*  Firenze  va  sua  propria  strata, 

44. 
Perchè  daranno  il  guasto  da  quel  lato  : 

,,E  noi  r  assalterem  copertamente/* 

Cosi  fu  fatto  com'  ebbe  ordinato 

E  fussi  misso*  in  punto  tutta  gente; 

Suo  sforzo  fece  il  populo  pregiato 

Armati'  tutti,  se '1  cantar  non  mente; 

E  come  fu  iscbiarato  il  mattino 

E  Micheletto  fé'  il  detto  camino 

45- 
E  '1  guasto  die  'n  fine  in  sulle  porte 

E  '1  conte  avendo  tale  affar  veduto, 

Col  populo  uscì  fuor  per  cotal  sorte 

Per  vendicare  il  danno  ricevuto; 

Assaglinno*  valentemente  e  forte 

Quel  Micheletto  di  valor  compiuto 

£  per  costà  via  1'  hanno  assaltato, 

E  Micheletto  s'  è  maravigliato. 

46. 

Vedendosi  condutlo  a  tal  Zimbello* 
Non  ebbe  mai  tal  duol  alla  sua  vita, 
A  sua  gente  gridava,  il  baron  bello: 
„Ferite  forte  o  mia  brigata  ardita", 
E  punse  il  suo  destrier  forte  et  ¡snello 
E  tra'  Lucchesi  entrò  per  tal  partita. 
Un  uomo  d'  arme  in  nel  petto  feria 
Per  tal  virtù,  che  1'  usbergo  partia 

47. 
E  ogni  sopravesta  gli  ebbe  rotto 

E  malamente  si  V  innaverava 
E  del  destrier  fu  caduto  di  botto 
Perchè  '1  destrier  di  retro  si  scosciava 
Ed  ei  fu  risalito  in  pie  di  botto, 
Alla  tagliente  spada  man  cacciava: 
„Lucha  Lucha,    gridava   chiaro    ex- 
perto, 
„Oggi  sarai,  Micheletto,  diserto." 


48. 

Or  quine  ritto  fu  sanza  dimoro 
Il  valoroso  conte  alla  primiera, 
Arditamente  si  misse  fra  loro 
E  feritte  un  baron  di  tal  maniera 
Che  del  cavai  cascò  per  tal  tinoro; 
A  quel   uom  d*  arme  suo  con  buona 

cera 
Li  presentò  *1  cavallo  prestamente. 
Su  vi  sali  quell' uom  d'arme  valente. 

49. 
Fra  San  Bernardo  e  Lucha  la  dttade 

Era  lo  stormo  del  popul  gagliardo, 

Ferir  di  lance  chiavarine^  e  spade 

Feriva  il  popul,  non  come  codardo. 

Abbattendone  assai  per  quelle  strade, 

E  '1  conte  Anton,  più  fier  che  Leopardo, 

Feriva  forte,  quel  paladin  bello. 

Di  quella  gente  facendo  macello, 

50. 
E  non  trovava  a  sua  possa  riparo 

Tant'  era  ¡smisurata  sua  fortezza, 

E  '1  populo  vedean  lor  valor  raro 

Mostrando  sopra  lor  la  gran  franchezza, 

Tanto  che  indreto  alquanto  rincularo 

Li  lor  nimici,  e  lor  con  gran  fierezza 

Li  seguitavan  come  gente  ardita 

Et  a  molli  di  lor  togliean  la  vita. 

51. 
Il  conte  dilungar  non  si  volea 

Dal  populo  perch'  era  tutto  a  piede. 

Ma  con  pian  passo  i  nimici  seguia 

E  que'  di  Micheletto  ben  richiede 

E  Micheletto  in  sé  grand'  ira  avea; 

Volse  il  destrieri  in  verso  il  conte,  fiede* 

Colla  sua  gente  in  verso  il  conte  dotto 

Sicché  pedone^  il  fé*  cader  di  botto. 

52. 
Il  popul  tutto  allotta  ebbe  paura 
Che  il  valoroso  conte  non  sia  morto; 


A/isso,  per  messa. 

Sott:  essendosi. 

Assaglinno,  cioè:   assalirono. 

Zimbello:  altre  volte  dice,  cìmbello, 

Ckiavarine,   o  cliiaverine;  è  un'  arme. 

Fiede,  per  fende. 

Intendi:  sicché,  essendo  a  piedi  k>  fece  etc. 


44' 


___!_.  1                                                   ÖQa                                                     A.  PELLEGRINI.                             ^^ 

^^^1                                            Addotto  >eU  iDimid  »DU  CK» 

E  le  pifuUe  d'  acctuo  e  l 

^^^^1                                             Si  misie  allotU  qncl  populo  accotlo 

Fuor   diclo  il  ferro  listasi 

^^^^H                                                  E  mellein  lor  penone  alla  vculura 

£  per  colui  fu  1'  ultima  gi 

^^^^H                                             Wleoda  il  conle  ■  si  malvigio  porto, 

Al  Iato  a  Micheietto  odd 

^^^H                                            E1  coDle  in  piede  eia  già  Htalito: 

^^^H                                            Ben  si  difende  quel  buone  ardila. 

57. 

^^^1                                                                           SI- 

^^^1                                             I  buon  Luccbui  Teton  lua  dire». 

„A  volere  stai    qui  son  m 

^^^^1                                            Altiiuncnte  sare"  preso  e  legÉlo 

„E  qneslo  popal   m'  lia  n 

^^^H                                            II                                  era  1'  offesa 

^^^^1                                             Di  Michelaio  fiero  e  dispiëlalo. 

„Di  cavalli  e  di  eente  m'  1 

^^^^1                                             Qael  popolo  feriva  alla  dislesa 

„Unde  me  stesao  dì  eÌ6  mi 

^^^H                                            Tacto  che  it  cernie  a  cavai  fu  monUto. 

„D"  esser   vcouto  qui  per  q 

^^^^1                                            Oh  quanio  r«'  d'  aime  quel  guerriere 

„Perch*  costoro  sOD  di^( 

^^^^H                                            (Ch'  era  uoa  gtan  meraviglia  a  vedete) 

„E  guadagDur  io  aaa.  d  p< 

^^^1                                                                          S4- 

SS. 

^^^H                                             Veno  i  nimid  con  la  landa  bai»! 

„Unde  a   me  questa  cosa  \ 

^^^^H                                             Un  colpo  dona  a  un  con  tul  podestà 

„Doppi  vajilBgei  han  contra 

^^^^H                                             Gillollo*        terra  e  lutto  lo  fracassa; 

„E  non   intendo  più  voler  1 

^^^H                                            Poi  lecondava  un  allTO  sanza  resta, 

„U  miei  cavai  son  motti,  e 

^^^^H                                                   Giil  non  sembrava  la  sua  fona  lana, 

„N'  avrò    da  j  Florentia   p- 

^^^H                                             Com-  un   torso   il  mandava  alla  can- 

^^^H                                                                                            peitra 

Con  tal  co£Ìtadan  unía  di 

^^^^1                                             E  1  Icrao  abbatte   e  '1  quatto  con 

Fece  le  trombe  a  ricolu  K 

^^^B 

E  in  vet'  Firenze  prese  a  e 

^^^^B.                                             Fuor   dell'  aidon   a   suo   dispetto 

S9- 

^^H 

E  col  populo  il  conte  stfa 

^^^H                                           ss- 

Un  poco  e   poscia  volse  ro 

^^^^M                                            Con  alla  voce  „Duca"  allor  gridava; 

E  -n  verso  la  città  col  pop 
E  Micbeletto  segue  suoi  sei 

^^^^P                                             Ben  lo  seguia  il  populo  Lucano, 

^^^H,                                                   Con  lor  balestra              ne  naverava 

Dtcnio  di  se  diceva  piano  i 
Quel  valoroso  e  oobil  cavai 

^^^^H                                                    E  Micbeletto,  quel  baron  sovrano, 

^^^^^1                                              Vedendo  come  ti  popul  danneggiava 

„Contra   i   Lucchesi    mai   pi 

^^^^^B                                              La  sua  brigala,   e  morii  assai  in  sid 

^^m 

„Per  lor  terre  giammAÌ  dann 

^^^^^B                                              Inimaginava  in  frii  sí  stesso  l'affare. 

6q. 

^^^^^1                                              Iq  tanto  UD  balestrieri  a  disserrare 

„Ogni  volta  ce   o'  ho  una  pi 

^^m 

„Chi   Jesu    Christo    per   lo 

^^H                                               dieci  nuce  un  groiso  verrettone 

p 

^^^H                                               D'  una  balesua.  Badessa  Tocata, 

„Unde  eh-  io  fermo  in  me  qi 

^^^V                                               La  teala  d'un  cavallo  e  poi  l'arcioDe 

" 

^^B                                                          >  Sari',  per  sarebbe. 

^^^1                                                           *  I-egei'  cl^E  '°  ^'='1''  '1<^' 

^^^H                                                           '  Jii  TiptgUo:  mi  rimprovero. 

^^B                                                                   •  Dannificart.    Dall'  aggetivo  lai. 

damnificus  ha  coniato  il  verb 

^^V                                                            *  Prtndt.    Inlenderei,  prende  par 

1 

^^^A.                          „^     J 

w—1 — 1 

,Che  mai  per  me  quell«  dlli  si  offende 

Poi  a'  Lucchesi  quell'  imperier  caro 

Iscrisse  come  accordati  ci  avea 

»Veggio  che  '!  volto  Sanio  1>  difende. 

Co'  Fiorentini  come  a  lui  placea. 

„Ch-  egli  hanno  la  ragione,  pe.ò  Dio 

65. 
E  losto  leron  montare  a  cavallo 

„La  ïuol  campar  d'  ogni  tormento  rio." 

61. 

b  ver'  Firenze  costui  «e  n'  andoe 

Messer  Ceccardo  fu  1"  un.  sania  fallo, 

^'1  populo  Lucchese  tírenlo  entrato 

Nicolao  Burlamacchi,  a  non  cianciare. 

^n  quel  valente  conte  che  dell'  òe; 

Fu  r  altro  ciltadìn  a  coUl  hallo; 

»'inde'  a  parecchi  di,  eh' i  riposato, 

E  '1  general  consiglio  sania  slare 

I  coDle  poi  a  Milan  se  n'  andoe. 

Comandò  lor  che  sania  stare  niente 

Vogliol'  lassate  e  sarò  ritornalo 

In  line  a  Siena  vadan  di  presente; 

U  sagro  impeiator,  maestà  pia, 

66. 

A'  egli  ebbe  da  Firenze  imbasceria. 

„E  si  direte  all' Imperi  er  sovrano 

6i. 

„Che  quando  fu  in  questa  nostra  terra 

Florentin  mandare  un  meuaggieri 

„Noi  li  dicemmo  che  noi  eravamo 

U  sagro  imperio,  come  tu  adirai, 

„Co*  genovesi  in  Irgha  et  che  la  guerra 

IE  dielli  libertà  a  tal  mestieri 

„Prese  per  noi  quel  popul  sovrano; 

Pie  sanza  pace  non  ritorni  mai, 

„L'altro,   che   d  ha   levato   la  gran 

E  ci¿  che  fid  Eon  quel  sagro  impe- 

guerra 

rieri 

„Da  dosso  Ü  franco  Picdnin  glorioso 

Avrem   per   fenno   e   rato'   quel  che 

„Di  Milan  duca*  signor  valoroso. 

fid." 

67. 

:  punto  a  Siena  quest'  ímhaseiaiore 

„E  non  dobbiam per  lo  certo 

1  fu  davanti  al  sagro  impcradore. 

(•ì- 

„Firmare,  e  dò  sapete  per  Io  certo 

Eao  »er mon  porge  dolce  umile  e  lieve 

„Che  sarebbe  atto  dì  gran  Iradigionc 

Che  suo  salmo  mai  non  ebbe  pareggio 

„E  non  sarebbe  render   degno  merlo. 

Con  le  parole  sue  lardale  e  grieve: 

„Rendendo  mal  per  ben  non  *  ragione. 

„Saluti  Dio  imperio  e  tuo  baronaggio. 

.Provvedete  per  voi  come  vi  pare; 

^i  cui  messaggio  son  dirolti  brieve' 

„Nostra  promessa  non  vogliam  mancare. 

jjCoUo  aspetto  sereno  chiar  visaggio; 

6S. 

i^el  popul  fi  o  re  lin  son  me  s  saggi  e  co, 

„Imperador  magno  Rero  e  giocondo 

„Per  pace  manda   a  voi  giusto  impe- 

i,Non  esser  di  tal  cosa  disdegnato 

„Perchi   ciò   non   farem   per  lutto  il 

64. 

mondo. 

„Mai  mancar  ú  vuol  la  fede  ¡n  niun  lato 

E  di  secreto  iusinne  si  parlare, 

„E  chi  la  manca  gii  più  volte  al  fondo 

Poi  co'  Senai  parlò  ftancamenle 

,,Se  ne  son  giti  cbè  non  ban  pensalo 

L'  imperador,  e  breve  5'  accordaro; 

„Dell' aven  ire  e  lengón  mal  camino: 

Di  ciò  che  fa  non  conlrasUre»  niente; 

„Ognun  li  chiama  poi  tristo  e  tapino. 

■  iHdt.    Voc.  lai.  —  Intenderei; 

'  yoglioi.  cioè:  lo  voglio. 

^^^ 

'  ñato.  cio*L  ratificato. 

'  Dante  (I,  3,  45)1  Dictrolti  mott 

^^^^1 

■  Cctttratíare.    Leggi,  contrastan 

Milano                                                          ^^^^1 

694 


A.  PBLLBORINI, 


»» 


>» 


»» 


»» 


69. 

,Ma  chi  mantíen  la  cosa  patteggiata 
L' alto  Dio  sempre  difende  suo  seggio, 
„Sicché  signor  di  ciò  non  far  pensata 
„Che  avanti  sosterremo  di  star  peggio 
„Che  mai  la  nostra  fede  sia  mancata. 
„Non  prevedete  più  a  nostro  remeggio^ 
,  J*rovedete  per  voi  come  vi  pare 
„E  noi  lassate  pure  in  pace  stare." 

70. 
L' imbasdatori  ognuno  fu  chiamato 
£  breve  a  Siena  egli  ebbono  arrivare, 
Davanti  all'  imperier  ciascun  fu  andato; 
Messer  Ceccardo,  senza  dimorare, 
Con  reverentia  1'  ebbe  salutato: 
Quel  glorioso  Iddio,  che  non  ha  pare 
Salvi  e  mantenga  in  ¡stato  giocondo 
,J1  franco  imperador  nostro  Gismondo", 

7«. 
E  poi  contava  tutta  1*  imbasciata. 

Lo  imperador  quando  tal  cosa  udiva 

La  fiiccia  sua  mostrò  tutta  turbata. 

Poi  a  sua  gente  presto  si  volgeva: 

Questa  Lucana  gente  è  rubelUta 

Dal  mio  volere,  et  io  per  lor  faceva 

„Più  che  per  me  e  dò  ben  lo  sa  Iddio, 

„El  or  non  voglion  far  ciò  che  voglio, 

— •> 

,,Ma  anco  li  pagherò  di  tal  mercato." 
Messer  Ceccardo  quando  1*  ascoltava: 
..Santa  corona  in  ciò  non  si^  adirato, 
..Cotal  novella  a  noi  tutti  aggrava; 
..Ninno  Luchese  mai  fu  chiamato 
„Tradilor  (e  così  ver*  lui  parlava) 
„E  nostra  fama  vogliam  mantenere, 
„Ciò  non  dobbiate  avere  a  dispiacere. 

73. 

Li  congregali  baron  e  donzelli,* 

Principi,  cavalier  di  grand*  affare, 
E  de*  Senesi  v'  eran  ancor  con  elli, 
Udendo  de*  Luchesi  il  bel  parlare 


»f 


»> 


Molto  lor  piacquer  que*  sermoni  bell^ 
Pot  qaell'  imbasctador  di  grand*  a£Btt*« 
Furd  partiti,  al  palagio  n'  andaron 
Et  a'  signor  di  Siena  si  parlaron. 

74. 
Com'  ebbono  con  lor  parlamentato, 

n  general  consiglio  s'  adunava 

£  la  proposta  qual'  io  v*  ho  contato 

Del  sacro  imperio  quine  si  contava. 

Della  gran  fedeltà  maravigliato 

Ciascun  si  era  e  molto  commendaTa 

Que' buon  Lodiesi  per  popul  valente 

£  poi  preser  consiglio  prestamente 

75- 
Di  non  voler  la  pace,  ma  volere 

Far  come  fece  fl  populo  Lucano; 

E  tal  consiglio  s'  ebbe  ad  ottenere 

E  quando  fu  all'  imperier  certano, 

Di  cotal  cosa  fugli  a  dispiacere, 

E  a  que'  Fiorentini  a  mano  a  mano 

Ch'  eran  ambasdator  quivi  venuti 

Acchumiatati  funno  e  dipartati. 

76. 

Poi  nostri  imbasciador  non  diInoraDdo^ 
Avendo  fatta  tale  operatione 
Avanti  air  Imperier  ñu,  poco  stando, 
E  chieserli  chumiato  in  ginocchiooe 
La  lor  città  a  lui  raccomand.ando 
E  dipartirsi  sanza  responsione; 
Ma    pur    per    lor    bontà    non    ebbe 

effetto 
De*  Fiorentin  il  lor  falso  concetto. 

77- 
O  duca  di  Milan  ben  puoi  star  chiaro 

Del  populo  Lucan  che  faccia  tanto; 

L*  effetto  n*  hai  veduto  a  tal  riparo, 

E  veramente  ti  puoi  tu  dar  vanto 

D'  aver  più  bel  gioiello,  o  signor  raro. 

Che  sia  nel  mondo,  e  la  ragion  di  tanto 

Ti  assegnerò  qui  ritta  di  presente: 

Di  terre  esser  signore  non  è  niente; 


»  Rtnuggio.  È  proprio  delle  ali  d^H  uccelli.  Qui  forse  il  poeU  1'  osa 
metaforicamente. 

«  Donzèlli.  Nome  che  si  solea  dare  al  giovane  aspirante  a  divenir  cava- 
liere: il  vocab.  deriva  da  domniiellus  della  barbara  latinità. 

'  Dimorando,  per  indugiando. 


IL  PICCININO. 


695 


78. 
Avere  il  cuor  dell'  nono  e  con  fer- 
mezza: 
Questo  è  ricco  gioiello  e  ben  fornito. 
Sempre  mi  stia  in  nel  cuor  tal  dol- 
cezza. 
Vedendo  in  tal  virtù  di  sé  vestito, 
Il  populo  Lucan  di  somma  altezza, 
Per  fame  ^  ne'  per  guerra  isminuito 
Mai  si  trovò  di  fede  e  lealtade 
Quel  popul  pien  d' infinita  boutade. 

79. 
Messer  Ceccardo  a  Lucha   ebbe  arri- 
vare. 
Or  ritorniamo  al  sagro  imperadore 
Che  non  potendo  sua  volontà  fare 
Di  quella  pace  eh'  io  dissi  il  tinore, 
Prese  partito  volersene  andare 
Verso  di  Roma  per  lo  suo  migliore. 
Dal  populo  di  Siena'  acchumiatato 
Et  a  sua  gente  poi  ha  comandato 

80. 
Ch'  ognun  s' invii,  che:  „a  Roma  vo' 

passare 
„Poiché  i  Luchesi  gente  valorosa 
„Non  m'  han  voluto  a  nulla  contentare 
„Et  hanno  rotto  mia  impresa  gioiosa, 
„Per  tutto  ciò  io  non  vo'  tralassare 
„L' impresa  mia  cotanto  gratiosa 
„D' andare  a  Roma  a  prender  la  corona, 
„O  rimanervi  morta  mia  persona.'* 

8f. 
Egli  era  acceso  d' ira  e  di  dolore  ; 
Tutta  sua  gente  fece  tosto  armare. 
Poi  comandava  lor  sanza  romore 
Che  il  cariaggio  si  faccia  avviare. 
Poi  ver*  porta  ron?  ana  con  furore 
Prese  la  maiestate  a  cavalcare 
E  la  sua  giente  drieto  la  seguia 
E  verso  Roma  si  presen  la  via. 

82. 
Lassiam  costoro  e  si  tomi  al  Piccinino 
n  qual  lassai  in  Voltolina  andare, 
Quince  portossi  come  un  paladino 
Com'  è  usanza  sua  persona  fare 


E  la  sua  gente  per  cotal  latino 
Ben  seguitaron  suo  buono  operare. 
De'  Ventian  quasi  tutta  lor  gente 
In  Voltolina  stava  francamente: 

83. 

Quattro  miglia  cavai,  come  il  dir  suona, 
E  da  sei  miglia  fanti  si  trovava 
De'  Veneliani  tutta  lor  gente  buona. 
Questi  il  paese  lombardo  guastava, 
Per  tutto   ardendo,   come  il  mio  dir 

suona  ; 
E  capitan  di  questi  si  trovava 
Messer  Giorgio  Cornerio  Venetiano, 
Taddeo  Marchese  e  Talian  Furliano. 

84. 

Ben  si  trovava  in  questa  compagnia 
Da  Martenengo  Cesar,  buon  guerrieri, 
E  Lippo  Topo,  per  la  fede  mia, 
Con  le  lancie  spezzate  arditi  e  fieri; 
Daniel  Sarasin  di  Lubonia, 
Messer  Carlusso  il  gentil  cavalieri. 
Il  Grasso  da  Vinegia  et  Antonello 
Christofano  dalla  Motta,  baron  bello. 

85. 

E  '1  Piccinin  tutta  via  cavalcava. 
Per  la  valle  altro  orso  fii  entrato. 
E  contra  i  suoi  baron  si  rivoltava 
E  comandò  che  ognun  sia  tosto  armato 
Se  alcuna  cosa  al  loro  armar  mancava 
Di  tutto  punto  ognun  fussi  acconciato. 
Quando  i  nimici  viddon  tal  compagna 
Armar  si  corse  la  brigata  magna. 

86. 
Messer  Giorgio  Corner,  per  tal  sermoni. 
Alla  sua  gente  fece  comandare 
Che  cavalier  caporali  e  pedoni 
Ognun  dovesse  a  sue  schiere  tornare 
Sotto  lor  capitan,  que'  pro'  baroni, 
E  cinque  schiere  fenno,  a  non  cianciare, 
Sanza  la  pedonaglia  che  Pigliardo 
Capitan  de'  pedoni  è  sanza  tardo. 

87. 

E  li  villan  rimaseno  alla  guardia, 
Serrar  la  valle  con  fiero  rimiro, 
n  Piccinin  con  sua  gente  gagliarda 


1  Leggi:   Ne'  per  fame  ne'  etc.        •  Sott:  si  è. 


■cUen  B  pol  "n  vn*  lor  m 


696 

Fece  t 


Et  uulltte,  die  Blent«  ritank. 
Facendo  lor  portai  gris*«  martira, 
E  «joel  del  Plcciidn,  m 
Neo  faron  dn'  mlcUa  nomini  a  nvalto, 

88. 
HQle  pedoni  ana  quel  gneni«  drudo 
Tnttl  per  ala  6m  1  monte  e  1  teneiio; 
Ogni  pedono  ë  dlipletalo  e  crudo, 
Spìeprond  I  pemxn  eoo  graii  Teleno, 
Chi  palmcggU*«  landa  con  «no  acado 


c  pao*  campjoift 


Ben  lo  seguiva  í< 

Ferendo  ognun  »i 

Ardito  ognun  vai 

Ncir  allro  canta  ditù  i>  battacliii 

Chriito  vi  guaidi  d' ogni  ria  lian|ttL 


Deux  détails  du  Bestiaire  de  Philippe  de  Thaon. 

I.   La  source  des  vers  2^T¡ — 3004. 

Dans  mon  éditíon  du  Bestiaire  de  Philippe  de  Thaun,  je  me 
suis  à  dessein  abstenu  de  faire  des  recherches  sur  les  sources  du 
poème  de  Philippe.  Sans  compter  une  courte  esquisse  de  l'histoire 
du  Physiologus  (p.  xxiv — xxxi),  dont  le  Bestiaire  n'est  en  somme 
qu'une  traduction,  je  me  suis  borné,  —  en  attendant  Tétude 
annoncée  par  M.  André  Beaunier  sur  les  sources  des  bestiaires 
français  du  moyen  âge,  —  à  renvoyer  à  l'article  de  M.  Max 
Fr.  Mann,  Der  Physiologus  des  Philipp  von  Thaûn  und  seine  Quellen^ 
Anglia  VII,  IX,  et  ne  cite,  dans  mes  notes,  les  autres  rédactions 
du  Physiologus  que  là  où  elles  peuvent  rendre  service  pour  l'éta- 
blissement du  texte  de  Philippe  (voy.  mon  Avant-propos).  Qu'il 
me  soit  pourtant  permis  de  dire  id  quelques  mots  sur  un  passage 
de  ce  texte,  lequel  aurait  eu  besoin  d'une  note  explicative  —  que 
je  n'étais  cependant  pas  à  même  de  fournir  à  l'époque  où  je  publiais 
mon  livre. 

Dans  les  vers  2977 — 3004  Philippe  traite,  à  la  suite  de  l'article 
sur  l'Aimant,  des  douze  pierres  précieuses  ornant  les  fondements 
de  la  Jérusalem  céleste  (l'Apocalypse  XXI,  19 — 20).  Philippe  in- 
dique, en  des  termes  très  brefs,  la  signification  mystique  de  chacune 
de  ces  pierres,  mais  ne  dit  rien  ni  des  qualités  médicales  attribuées 
dans  les  plus  anciens  lapidaires  à  ces  pierres,  comme  à  un  grand 
nombre  d'autres,  ni  des  propriétés  morales  que  leur  assignent  les 
lapidaires  postérieurs,  d'esprit  chrétien. 

(7est  M.  Gaston  Paris  ^  qui  a  le  premier  appelé  l'attention  sur 
les  vers  suivants  de  Philippe: 

. .  Si  ait  lire  de  Lapidaire 

Ki  est  [ja]  estrait  de  gramaire    (3007 — S), 

par  lesquels  le  poète  renvoie  à  une  traduction  française  du  lapi- 
daire antérieure  à  l'époque  où  il  écrivait  (vers  1 1 30),  et  qui,  selon 
l'avis  de  M.  Paris,  vraisemblablement  n'était  autre  que  le  premier 
des  lapidaires  français  publiés  par  feu  L.  Pannier^.  Cette  sup- 
position  est  rendue   encore   plus   probable    par  une   comparaison 


^  Notice  préliminaire  sar  les  Lapidairts  de  Pannier,  p. vus. 
*  Bibliothèque  de  l* Ecole  des  Hautes  Etudes,  fase.  53. 


698  s.  WiXBEROy 

des  w.  3005 — 6  et  3031 — 2  de  notre  Bestiaire  avec  les  vy.  25—6 
et  859 — 60  du  Lapidaire  en  question.    Les  void: 

Best.  Lftpid. 

Kl  plus  volt  laveir  de  cez  pieres,        ..  Ke  fa  de  natnre  de  pierei, 
[De]  lur  vertus  e  lur  manieres  .  •         De  lor  Tertus,  de  Inr  maneirei. 

Del  del  la  rusée  recdvent,  La  rosee  dd  del  receivent 

De  cele  enprdgnent  [e  cuncdvent].^     £  de  ce  les  pieres  cuncdvent 

Mais,  comme  le  remarque  M.  Mann»  Anglia  IX»  421,  œ  lapi- 
daire ne  donne  pas  d'interprétation  allégoriqne  des  pienes,  et 
aussi  dans  les  autres  lapidaires  elles  sont  traitées  d'une  tout  astre 
façon.  Les  Physiologi  latins  n'en  disent  rien»  et»  d'ailleurs,  la 
manière  d'interpréter  est»  dans  le  passage  dont  il  s'agit»  toute  dif- 
férente de  celle  du  Physiologus  et  des  autres  chapitres  du  Bes- 
tiaire.2 

Je  crois  maintenant  avoir  trouvé  la  source  où  Philippe  a  prit 
le  sujet  de  cette  digression.  Entre  les  vers  3004  et  3005  sont 
plac^  dans  le  ms.  de  Londres»  —  le  seul  qui  nous  ait  transmis 
cette  partie  du  texte»  —  seize  vers  octosyllabiques  latins»  que  fai 
imprimés  à  la  page  cxii  de  mon  Introduction.  £h  bien»  en  par- 
courant» il  y  a  peu  de  temps»  le  Marhodi  Lâer  La^dim  ttu  de 
Gemmù  .  • .  iUusiratut  a  Johamu  Beckmatmo^  Gottingas  I799t  T^  ^^ 
trouvé  (p.  136 — 7)  ces  vers,  qui  forment  id  la  fin  d'un  petit  poème 
de  seize  strophes,  intitulé  par  Beckmann  Marhodi  Redmmns  Efh 
scopi  FrosOf  et  traitant  des  douze  pierres  de  l'Apocaljpse. 

Pannier  mentionne  cette  prose^  mais  n'en  cite  que  les  deux 
premiers  vers.  Bien  qu'elle  ne  porte  aucune  rubrique,  Pannier  in- 
clinait à  croire  que  Beckmann  avait  eu  raison  en  Fattribuant  à 
Merbode.  ,,I1  ne  serait  pas  impossible  que  dans  ses  dernières 
années  Marbode,  pour  faire  oublier  l'impiété  de  son  premier  lapi- 
daire, se  fût  mis  à  composer  une  prose  selon  les  idées  de  l'Église.'*^ 

Le  manuscrit  qui  contient  la  prose  en  question  est  le  ms.  A 
de  Pannier,  Bibl.  Nat  lat  14470,  ancien  Saint -Victor  310.  Elle  y 
occupe  presque  tout  le  feuillet  36.^  Avant  Beckmann,  elle  avait 
été  publiée  par  A.  Beaugendre  dans  son  livre  Hildehtrti  et  Marhà 
Opera,  Paris  1708  (in-folio),  et  en  réalité  Beckmann  semble  s'être 
contenté  de  réimprimer  le  texte  de  Beaugendre.  Beckmann  sépare 
quelquefois  le  v  et  le  j  de  Vu  et  de*  IV  et  résout  Tabréviation  ^ 
=  e/f  ce  que  n'avait  pas  pas  fait  Beaugendre;  outre  cela,  la  seule 
différence  entre  les  deux  textes  consiste  en  ce  que  le  dernier  moi 


^  La  leçon  visiblement  corrompue  de  l'anique  ms.  de  Londres,  De  cele  /« 
de  cel  veient,  a  été  corrigée  par  moi  &  l'aide  da  Lapid.  (voy.  mes  notes). 
«  Cf.  Mann,  Anglia  VII,  428. 
'  Z.  c,  p.  219  s. 

*  Pannier,  /.  c, 

•  Il  y  en  a  une  autre  copie  dans  le  ms.  de  Bruxelles  2834,  voy.  Pannier, 
/.  c„  p.  220.  —  Selon  Pannier,  ibid.,  cette  prose  aurait  dix-sept  verseU;  daos 
tous  les  cas  elle  n*en  a  que  seize  dans  le  manuscrit  de  la  BibL  Nat 


DEUX   DÉTAILS   DU   BESTIAIRE   DE   PHILIPPE   DE  THAUN.        699 


de  la  strophe  14  se  IH  chez  Beaugendre  poteri^  chez  Beckmann, 
peUrit,    Le  ms.  porte  potent 

M.  le  professeur  C.  Wahlund,  dont  tout  le  monde  connaît 
rintarissable  bonté,  a  eu  Tobligeance  de  faire  pour  moi  une  nou- 
velle copie  de  cette  pièce,  laquelle  difière  par  plusieurs  menus 
détails  des  éditions  mentionnées.  J'imprime  ci-dessous,  Tun  à  côté 
de  l'autre,  la  prose  latine  et  le  texte  de  Philippe  de  Thaun.  Pour 
les  dernières  strophes,  non  traduites  par  Philippe  (cf.  ci-dessus),  je 
place  aussi  les  deux  versions  latines  en  face  Tune  de  l'autre. 

Le  ms.  lat.  14470  écrivant  le  plus  souvent  e  pour  œ  (or),  je 
résous  toujours  l'abréviation  p  par  pre.  Je  ne  relève  pas,  dans  les 
variantes,  les  cas  où  Beckmann  imprime  œ  {a)  pour  e,  y  pour  /'. 

I.  Cives  celestis  patrie,  [fol.  36 r*]  (2977.  Duze  pieres  at  en  cest  munt 
Regi  regum  concinlte,  Ki  malt  grant  deraustra[Ì8un  unt]; 

Qui  est  supremus  opifex  Ne  larai  brièvement  ne  die 

Civitatis  uranice,  De  chascane  que  signefie:) 

In  coins  aedificio 
Consistit  hec  fnndatio. 


2981.  Jaspe  ruge  demustre  amur, 
[L]a  verte,  fei,  blanche,  dulcur; 


2983.  Saphires  mustre  ki  fet  at 

Que  ensemble  od  Dé  regnerai; 


n.  Jaspis  coloris  viridi 
Prefert  virorcm  fidei, 
Que  in  perfectis  omnibus 
Nnmqnam  marcessit  penitus, 
Cuius  forti  presidio 
Resistitur  diabolo. 

m.  Saphirus  habet  speciem 
Celesti  trono  similem, 
Designat  cor  simpliciom 
Spe  certa  prestolantiom 
Quorum  vita  et  moribus 
[Refnlget  et  virtutibus]. 

IV.  Pallensque  calcedonias 
Ignis  habet  eífigiem, 
Subrutilat  in  publico, 
Fulgorem  dat  in  nubilo: 
Virtutem  fert  fidelium 
Occulte  famulantium. 

V.  Smaragdus  virens  nimium 
Dat  lumen  oleaginu[m]: 
Est  fides  integerrima 
Ad  omne  bonum  patula, 
Que  numquam  seit  deficere 
A  pietatis  opere. 


I,  3  B{eckmann)  supremus  est  —   II,  f  ^  colore 

III,  2  B  ihrono  —  6  ajouté  au  crayon,  probablement  par  Beaugendre, 

\,  2  B  oleaginnm,  sans  remarque. 


2985.  Chalcedoines  ki  est  fuïn 

Mustre  qu'od  Dé  serum  veisin; 


2987.  Esmaragde  demustre  fei 
Que  [li]  crestîens  at  en  sei; 


E.  WALBERG, 


VL  SÉTaoDÌx  constat  tiicolor: 
Hoino  (ertnr  interior 
Qntm  denigri t  hnmilitas, 
In  quo  albiscit  castilaa; 
Ad  honesta  ti  s  cumuluro 
Rvbet  qaoqae  msTtiriam. 


VILSwdi^ 
Culiu 
DecQs 

color 

poniceus; 
itat  mani  ri 

Rite  . 

Seitu< 

igonizanlium. 
i  est  in  catalogo, 

Cnicii 

1  Etcì 

.  misterio. 

i^i').  Saldami  maslte  chaslei 
Entre  sainE  [e]  bumilìlt; 


1991.  Svdtus  musiie  [U]  dolui 

Qa'cl  mnnt  ourent  puf  De  tuia: 


VnL  Anricolor  cbriiallliu 

Scintillât  velnt  clibanni: 


3993.  CilMriile,  [vie]  cdcttc 
[Qa'tnnBt  i^rof}  vie  te 


Ferlixte  Mpientie; 
Qnl  Kptiiòniii«  gnüm 
Sacio  iptendeadt  jnbwa. 

CS.  BeiUIoi  Mt  Umphstlcn*, 
Ut  m1  In  iqnm  limpldu: 
Fignimt  ToU  Bwntlnai 
Jxigemo  Hig»tlo; 
Quid  magli  Hbet  ndatlcnm 
Snmme  quieti*  oclam? 

X.  Topachn  qoo  cailor  [fbl.  361*]   3997.  Topadni  uni  ngne&e 
Eo  est  preciosioT;  La  comne  de  «aiate  m; 

Nitore  eitat  criseo 
Aspeclu  et  »thereo; 
Contemplative  soiidam 
Vite  prestat  ofñcium. 


XL  Ctysoprassns  p 
Imitalnr  o 
Est  inteiEinctut  anreii 
Miicello  qnodam  gottulia; 
Hcc  eit  perfecta  cantai 
Quam  nulla  »ternit  ferìtaa. 

Xn.  Jacinctns  e^t  cernlem, 
Nitore  medioximui, 


3999,  Crigopaiina  mnitre  hiiet 

Qne  li  HJnt  nme  arrnnt  moll  <b>a; 


VU,  6  B  hsBTtt 

1993  iß,  lire  —  2994  J^^-  Qu"  onr 

IX,  4  Cerr.  tagatiam;  B  ta|>aciam,  j 
-  f>  B  o9tium  (f.  otiam) 

X,  1   Corr.  rarìor  (B) 

XI,  1  conciUom  four  conchylfiim 


-  siiH 


DBUX   DÉTAILS   DU    UESI'IAIKE   DE    PHILIPPE   DE    1 

Cotai  decoia  facies 
Hatatur  ut  temperies: 
Vi  torn  signât  angílícam 
DiscrslioQe  piedium. 


'..  Amelistus  preclpuus 
Decore  vi  alati  us 
Flanimam  cmitlít  aure  am 
Nilellasque  purpureas: 
Pretcadil  cor  huniiliuni 


.   Hii  prec 
Camales 
Coloni  m  et  varíelas 
VìrtntuiD  nmltiplicitas, 
QniCDmqne  bis  Soraerit 
Concivii  esse  pò  te  rit. 


3DO3.  Amatistus  muilre,  co  qui. 
Le  martire  qae  Deus  sufri; 


L  \TOUge\  Hic  predosi  lapìdei 
,  Carnales  si^(iiic)aiit  homines, 

[noir)  Colo  tum  et  varíelas 

Viri  ut  um  mulliplicitas. 
[Et  la]  qui  his  äaruerit 
Conclus  esse  pote  rit. 


KV.  Hileruíalem  pacifera  Z  (nDiV)  Jerusalem  pacifera 

Hkc  tibi  sunt  fimdamiaa.  Hec  tua  sunt  (undamina. 

Felix  Deo  et  próxima  Felix  et  imo  próxima 

Costos  tuarum  tuirium  Cusios  tuorum  turrium 

Non  dormit  in  perpetuum.  Non  ilotmil  lo  perpetuum. 


VI.  Concede  nobis,  agye 


L  (»Dir)  Concede  nobis,  agie 


Rex  civitatis  celici. 

Rex  ïiviutis  celice. 

Post  cuTsom  vite  Ubili 

Post  me  tarn  [vite]  labilis 

Consorcium  in  superis! 

Consortium  cum  superis! 

Inter  sauctorum  agmln 

Amen. 

Cantemns  libi  cantica. 

XIII,  ï  B  violaceus  — 
rne  a   changé  l'i   it   I'k 
.  Xpo  (A  Christo) 

XIV,  s  s  His  quicumq 
contenlus?     i?  ms.  ht 

XV,  I  Ms.  Hertm  —   4 

XVI,  3  i<  «J.  L  o  jar 
nts,   qui,   dans   tous  Us 

¡aiin  précédant  U  Itxtt 

3   Corr.  Flsmmas    e.    áureas    —     4    Unt   mom 
du    mol   nìlellas   en  0   it  M;    B  notulasque  — 

e  —    6  fl  pclcrit;    L:  Ici  j'avais  mis  en  noie: 
T447Q  nous  offre  ¿videmment  ta  bonne  Íe¡on. 
lei  Lai,  bonne  leçon. 

—    s  — 6  Four  ces  Hgnes.   cf.  Us  deux  vers 
Irais  Htss.  de  Pkilipft.  forment  ¡a  fin  du  pro- 
françaù: 

Yoy.  Best,,  f.  c 


Decani  emus  Alleluia! 


On  voit  que  le  texte  franvais,  bien  que  n'étant  pas  une  tra- 
duction littérale  de  la  prose  latine,  —  on  sait  ce  qu'étaient  les 
traductions  de  cette  époque,  —  la  suit  pourtant  assez  près  pout 
justiñer  ma  supposition  que  noua  avons  en  effet  ici  la  source  uti- 


Usée  par  Philippe  de  Thaun.  Ce  n'esl  <{iie  ôêbm  Ilatapiitatkm 
^rmbolique  de  la  cluysoprase  que  le  MMdüdem*  if  jcttrte  toot  1 
feit  de  l'original  latin.t 

L'hypothèse  de  M.  Mann,  savoir  que  les  mbriqiieSt  on  cer- 
taines des  mbriqnesy  seraient  «aprim^es  à  d'antiea  oavnges,  at 
donc  Gonârmée  pour  nne  d'elles,  et  je  ne  serais  pi»  étonné  qu'elle 
se  montrât  juste  pour  quelques  autres  eniçoie,  Ifais  il  n'en  rtelte 
pas  que  ces  rubriques  aient  été  introdiáles  par  dbs  copistes  poii* 
rieurs.'  Ainsi,  pour  ce  qui  est  du  cas  qfd  nous  intéresse  id 
spécialement,  les  choses  ont  dû  se  passer  de  la  manièie  suivante: 
Philippe  a  eu  devant  les  yeux  un  manuscrit  contmant,  tout  comme 
le  ms.  lat  14470,  outre  le  k^pidaire  de  Marbod^  la  prose  laâie 
imprimée  ci-dessus  —  et  qui  pourrait  bien  aussi,  en  eftt,  être 
l'œuvre  de  cet  évéque  (cf.  plus  haut);  le  poète  en  a  traduit  It 
plus  grande  partie  et  a  inséré  tel  quel  le  petit  é|Mlogue,  pent-é&e 
avec  l'intention,  jamais  réalisée,  de  le  traduire  plus  tard,  on  toat 
simplement  pour  s'en  servir  pour  rulnique. 


2.    La  lacum  entre  les  m*  2890  ei  2891. 

Dans  ma  note  sur  le  v.  2890  du  Batíaire,  fai  essayé  d'ex- 
pliquer l'origine  de  la  lacune  qui  se  trouve  af^ès  ce  ven  dans  le 
ms.  de  Londres  (BibL  Cott  Nero  A.  V),  le  seul  qui  contienne  ce 
passage.   Void  la  teneur  de  la  note: 

2980.  Après  ce  vers,  le  dernier  du  verso  du  feuillet  78,  il  y  a  évidem- 
ment  une   lacune.     Wright   fait  cette   remarque:    ,,A  leaf  appears  to  be 
wanting."    En  examinant  de  près  le  ms.,  on  voit  que  le  feuillet  79  n'appar* 
tient  ni  au  cahier  précédent,  composé  de  dix  feuillets,  —  tandis  que  la  pio* 
part  en  a  huit,  —  ni  au  suivant,  le  dernier,  composé  de  quatre  feuillets:  il  s 
été  collé  au  feuillet  précédent,  de  manière  que  les  initiales  ont  été  cachées. 
A  présent  il  est  presque  arraché;  on  voit  encore  des  traces  d'encre  noire  et 
de  couleur   et  de  petits  morceaux  de  parchemin  sur  le  verso  du  feuillet  7S. 
Il  n*y  a  certainement  pas   eu   de   feuillet   entre   ces  deux,    au  moins  depuis 
que  le  ms.  a  été  relié.     Les  choses   se   sont   sans   doute   passées  ainsi:  en 
écrivant   les   derniers   mots  du  feuillet  78,   le  scribe  était  arrivé  à  quelques 
lignes  du  bas  d'une  page  ou  d'un  feuillet  du  manuscrit  qu'il  copiait,  et,  eo 
passant    à   un   nouveau   cahier,    il  a  oublié    les  lignes    qui    restaient  (=  1^ 
lacune  actuelle)  et  il  a  commencé  avec  les  premières  lignes  de  la  page  sui* 
vante   de  son   original.     Le  fait  que  le  feuillet  79  est  matériellement  isolé« 
s'explique    le  plus  facilement   par  la  supposition   que   le  copiste  économe 


^  Comme  on  l'aura  remarqué,  la  rime  est  négligée  dans  les  versets  I, 
IV,  VIII;  sont-ils  fautifs  pour  cela?  En  tous  cas  je  ne  vois  guère  comment 
les  restituer  {sapientium  au  lieu  de  sapientie  VIII,  3?).  Dans  les  strophes  Tk 
et  XIII  la  correction  est   très  facile  (voy.  les  variantes). 

*  Voy.  l'introduction  du  Bestiaire,  le  chapitre  intitulé  Rubriques  la- 
tines, p.  zcvu. 


DEUX   DÉTAILS   DC   BSSTIAIRX  DK  FBILIPPE  DB  THAUN,       703 

(oa  bien  le  reiìear,  oa  m  antre)  aim  enle^  le  feniUet  corres]XftnJant,  resiti 
blanc  à  la  fin  dn  dernier  cahier,  le  texte  n'occnpant  qne  quarante 
et  nn  feuillet!  (cf.  llntrodnction ,  p.iK... 

Cest  là  un  la|>sus  ezmajeux;  le  texte  occape  évidemment 
quarante  -  deux  feuillets  (fil  41  —  82,  voy.  p,  i).  Au  premier  abord 
tout  mon  raisonnement  paraît  s*écrouier  par  ce  seul  fait;  il  n*en 
est  cependant  pas  ainsL  Je  crois  encore  que  le  dernier  cabior 
était  à  l'origine  composé  de  six  feuillets,  dont  le  dernier  a  été 
enlevé.  Le  fait  que  le  BfsL  comprend  le  nombre  pair  de  quarante« 
deux  feuillets,  malgré  le  feuillet  isolé  (f.  79),  s'explique  j>ar  une 
note  que  j'avais  prise  en  examinant  le  ms.,  mais  dont  je  ne  mo 
suis  malheureusement  pas  aperçu  en  écrivant  les  lignes  citées 
ci-dessus:  le  Best,  ne  commence  pas  un  nouveau  cahier;  le  Comfmi 
finit  au  recto  du  cinquième  feuillet  d'un  cahier;  suivent  ensuite 
deux  pages  blanches,  au  verso  du  sixième  feuillet  des  fragments 
d'un  calendrier  (?)  latin  (voy.  Mall,  Comp,,  p.  2),  entìn,  au  recto 
du  septième  (f.  41)1  le  BesL  commence.  Le  dernier  feuillet  (f.  83,* 
le  quatrième  du  dernier  cahier)  est  resté  blanc. 

M.  G.  F.  Warner,  conservateur  adjoint  des  mss.  au  Musée  Bri- 
tannique, a  eu  l'obligeance  de  vérifier,  sur  ma  prière,  l'exactitude 
de  ces  doimées.  En  outre,  il  a  bien  voulu  me  communiquer,  sur 
le  f.  79,  la  remarque  suivante:  „The  quires  on  which  the  Bestiarius 
¡s  contained  are  as  follows:  I  ff.  35 — 44;  II  45  —  52;  111  53  —  60; 
IV  61—68;  V  69—78;  VI  f.  79  is  a  detached  leaf;  it  is  im- 
possible to  say  with  certainty  to  which  quire  it  originally  belonged; 
but  there  seems  to  be  a  fragment  of  a  leaf  between  ff.  68  and  69. 
Is  it  possible  that  this  was  originally  a  complete  leaf  forming  the 
other  half  of  the  sheet  to  which  f.  79  belonged,  and  coming  im- 
mediately after  f.  78  (there  is  a  set-off  in  red  on  the  verso-sidcî 
of  the  fragment,  which  appears  to  come  from  an  initial  on  f.  79)? 
And  that,  when  the  volume  was  rebound,  this  sheet,  instead  of 
continuing  to  form  a  quire  by  itself,  was  bound  up  as  the  out- 
side sheet  of  quire  V?  —  VII  ff.  80  sqq.  (blank  leaf  after  f.  82): 
4  leaves." 

Cette  hypothèse  parait  d'abord  séduisante;  cependant  j'ai 
peine  à  y  croire.  Comme  je  l'ai  dit  dans  la  suite  de  la  note  précitée, 
des  raisons  internes  indiquent  que  les  vers  qui  manquent  n'ont 
contenu  que  le  début  de  l'article  Adamas.  S'il  y  a  vraiment 
eu  un  feuillet  entre  les  ff.  68  et  69,  et  que  le  fragment  mentionné 
par  M.  W.  ne  soit  pas  qu'un  bout  du  f.  79  même,  collé,  on  s'en 
souvient,  au  cahier  précédent  —  c'est  là,  si  j'ai  bonne  mémoire, 
l'idée  que  je  m'en  étais  faite  en  1897  —  je  croirais  plutôt  que 
ce  feuillet  était   blanc   (et  qu'il  aurait  dû  prendre  place  à  la  fin 


>  En  réalité  ce  feuillet  n'est  pas  numéroté;  c'est  le  luivant«  ou  Cftmmunct 
la  Vüa  S,  Tkama,  qoi,  dans  le  ms.,  porte  le  numéro  83  (comronokation  d« 
M.  G.  F.  Wand). 


704      E.  WALBJSRG,  DBUX  DÉTAILS  DU  BESTIAIRE  DB  PH.  DK  1 

da  dernier  cahier);  cela  expliquerait  en  e£fet  pourquoi  1 
levé  ce  feuillet,  tout  en  laissant  là  ravant-demier,  —  ad 
le  dernier,  —  resté  blanc,  lui  aussL  H  faut  pourtant  a' 
ce  serait  une  erreur  tout  à  fait  singulière  du  relieur  qu« 
entrer  ce  feuillet  blanc  entre  £  68  et  69;  d'un  autre 
ne  voit  pas  pourquoi  Tavant-demier  cahier  (VI)  n'aura 
que  deux  feuillets.  Pour  ma  part,  je  persiste  à  croire  c 
jamais  eu  de  feuillet  entre  78  et  79;  l'explication  que  j'¡ 
dans  la  note  du  v.  2890  me  parait  encore  la  plus  vraise 

Emmanuel  Wau 


^naMwiRnifiKinìiìn  lo  im  Spuiâdm» 


Vorlegende  UiitaMJcIi*:xg  isc  T^ianlia-rs;  ¿Tir>±  Toîxer?  Ai»* 
fuhnmgen  in  den  VB  n  i  S5  f.  end  rescoders  ¿rLndi  däi  \Vkks> 
Spruch,  in  den  skb  dieser  Ge'.ehrte  mit  den  spanischen  Gnmxoâ« 
tavern  steüt,  indem  er  in  manchen  FáLen  bei  der  Snhstanm-iorarg 
eines  Adjektir?  dnrch  i.'  oder  .'■:>  eine  gewisse  Unsicherheit  des 
Sprachgebrauchs  erkennen.  Ausdrucke  mit  €i  Ausdrucken  mit  i^ 
der  Bedentnng  nach  gieichgeartet  ansehen  wiü.  während  die$e 
einen  Unterschied  im  Sinn  machen,  den  sie  durch  x^ers^^iiedent* 
liehe  Benennungen  klarzmnachen  streben.  Da  mir  nun  eine  Ent* 
Scheidung  der  Frage  ohne  eine  detaillierte  Uebersicht  über  die 
recht  mannigfalUgen  Gebrauchsarten  der  /î>-Konstruktion  nicht  mòg* 
lieh  schien,  diese  Konstruktion  aber  als  eine  in  den  romanischen 
Sprachen  einzig  dastehende  neutrale  Ausdrucksweise  besondere  He« 
achtnng  zu  verdienen  scheint,  gebe  ich  zunächst  im  folgenden  eine 
möglidist  vollständige  Aufzahlung  ihrer  Spielarten,  >AX)bei  ich  mich 
nicht  scheuen  durfte,  manches  allgemein  Bekannte  und  Krwähnte, 
und  manches,  das  so  bekannt  ist,  dafs  es  nirgends  erwälint  >vin.Ì, 
zu  baühren. 

1)  Zunächst  fìndet  sich  lo  sehr  häufig  bei  Partizipien;  die  Be- 
deutung  ist  sehr  klar;  es  fafst  mit  dem  /-Partizip  dasjenige  zu- 
sammen, auf  das  eine  Handlung  gerichtet  ist,  mit  dem  m/- Partizip 
dasjenige,  von  dem  sie  ausgeht:  amando  al  Criador  ama  J  lo  atado 
VB  42,  contar  lo  ocurrido  PJ  192;  la  innotuicion  ..  reim  ,.  como 
compañera  de  lo  existente  VB  46,  lo  restante  del  eßrcito  arrogante 
Pr  I  398,  pagar  lo  restante  PJ  221.  Es  behält  dabei  die  verbale 
Konstruktion:  ¿Qué  queréis  que  hiciera  contra  lo  mandado  en  un  sc" 
crelo  del  gobierno  constitucional?  FO  87,  por  lo  dicho  en  veras  y  por 
lo  dicho  en  chama  VB  47.  —  2)  Derartige  Ausdrücke  finden  HÍi:h 
gänzlich  gleichgestellt  mit  adjektivischen:  distancia  media  de  lo  soñado 
á  lo  real  y  de  lo  vivo  á  lo  pintado  PJ  172,  es  incontestable  mejor  lo 
pasado  que  lo  presente  VB  50.  Was  die  letzteren  Ausdrücke  unbcî- 
trifift,  so  kann  man  wohl  in  presente  nur  mehr  ein  Adjektiv  »ehon 
wie  auch  in  lo  futur  o,  lo  venidero]  lo  pasado  hat  zwei  Bedeutungen, 
es  ist  entweder  gleich  dem  lo  ocurrido  in  dem  2.  Beinplel  von  1): 
No  se  acuerde  Vd.  de  lo  pasado  FO  145,  oder  es  ist  etwa  gleich 
dem  Relativsatz  in  cubramos  con  tupido  velo  lo  que  pertenece  al  dominio 
del  pasado.    Aus  letzterem  Beispiel  wird  der  Unterschied   zwischen 

Zeitschr.  L  rom.  PhiL  XXV.  ^^ 


706  EUGEN  HEKZOG, 

lo  p.  und  ti  p.  ga^iìE  klar;  el  p.  ist  ein  bestimmt  abgegrenzte 
griff;  ¡0  p.  das  was  in  den  Umrang  dieses  Begriffes  hiadDg 
ohne  Rücksicht  auf  eine  Begretinung ;  doch  darüber  und  äl 
porvenir  weiter  «nlen.  —  3)  Wie  also  /o  mit  Partizip  dasjenig 
giebt,  von  dem  die  Handlung  —  passiv  oder  aktiv  —  aos^ 
wird,  so  giebt  h  mil  dem  Adjektiv  dasjenige  an,  dem  die  £ 
Schaft  lukommt  und  das  man  nicht  näher  bezeichnen  «iD 
kann,  als  indem  man  diese  seine  Kigenschaft  angiebt:  apar. 
falso  de  lo  verdadero  HF,  ii,  por  ti  campo  buscaban  mire  h  r 
verde  Pf  I  624  (^  Gongora  S.  289),  siendo  Principi  majestuu 
lo  galan  y  arrogante  En  lo  bisarr«  y  airoso  IMira  de  Mese. 
S.  88),  amante  de  lo  clásico  FO  104,  ¡sa  pasión  por  lo  granA 
sublime  C  1Ó3.  el  amor  de  lo  infinito  y  de  lo  eterno  PJ  82.  1 
bleibt  die  dem  Adjekiiv  eigentümliche  Konstruktion  gewahrt 
prime  lo  al  hecho  eslraño  DJT  lia.  —  4)  Steht  dabei  in  de 
des  sogenannten  partitiven  Genitiva  ein  Gesamtbegrifif,  so  beia 
das  mit  lo  eingeleitete  Adjeküv  jenen  Teil  desselben,  für  de 
betreffende  Eigenscliaft  ausgesagt  werden  kann,  ohne  Rudsid 
sein  Quantum  und  die  Begrenzung  gegen  andere  Teile:  Ei 
ama  (■'.  es  la  esencia,  el  aroma,  h  más  puro  de  su  alma  P] 
obramos  una  transfusión  y  mtscìa  de  lo  mas  suiH  de  nutalra  t 
PJ  Ç7;  der  Gesumtbegriff  kann  durch  einem  Satz  ausgedrfidl 
los  años  roban  al  espíritu  lo  mas  hermosa  ^ue  ¿ale  posée  C  91, 
flores,  de  lo  más  común  <¡ue  hay  por  aqui  PJ  27.  —  6)  CMi 
selbsLverständlicb  unlerdrücbt  werden:  mi  ' ¡rousseau'  . .  sea  dei 
rico  VB  75.  —  6)  Die  Teilung  ist  häufig  eine  örtliche:  M 
espeso  de  las  peñas  VS  III  Q23,  la  habitación  ,.  estaba  en  la  mt 
terior  de  la  casa  FO  70.  como  piedra  que  se  desprende  de  U  d 
templo  PJ  97,  lo  mas  rápido  del  declive  FO  3,  en  lo  más  bop 
calle  FO  3,  en  lo  pro/undo  de  aquel  antro  FO  8,  predicaba  <k 
alto  de  una  mesa  FO  135,  su  fuga  á  lo  interior  de  la  alcoba  PJ  l8 
7)  Oder  wenigstens  einem  örtlichen  Bild  entnommen:  . .  Ic 
Seufzer)  arrancaba  de  h  profundo  de  sus  entrañas  DQ  J  17, 
penetrar  en  lo  Intimo  del  earazón  PJ  17,  i'o  me  aflijo  m  Io  á 
de  mi  alma  PJ  75,  No  penetremos  en  lo  sagrado  de  estos  elàsKM  y  i 
nues  secretos  FO  100.  —  8)  Die  Teilung  ist  »eitJich:  habia  f 
lo  mas  precioso  de  mis  años  C  7  1,  pero  pasaremos  lo  rigoroso  á 
verno  VB  107,  en  lo  mas  callado  de  la  nache  FO  67.  m  U  mi 
rido  de  su  edad  Gracian  (Wgg.  S.  53).  —  9)  Auch  der  Ge 
begriff,  von  dem  ein  Örtlicher  oder  zeitlicher  Teil  genommec 
bleibt  unausgedrückt  oder  ist  nur  unklar  vorhanden  (vgL  6 
escalera,  que  estaba  en  lo  profundo  {des  Hauses)  FO  33,  haÜ. 
lo  bajo  (des  Hauses)  que  cae  al  jardin  VB  16,  en  lo  alto  (des  Sehr 
un  evalo  con  el  escudo  de  ¡a  casa  FO  125,  me  hiso  volver  al  bsi 
entrar  por  lo  mas  concurrido  y  céntrico  (der  Stadt)  PJ  84,  ya  tl  t 
filo  resplaitdecia  en  lo  alto  FO  14;  La  forma  en  'eno'  era  la 
usual  en  lo  antiguo  (etwa:  des  Sptachlebens)  Cu  3Ô,  en  viajet, 
dia  que  se  pierde,  prepara  parc  ' "  "    ■"" 


tn  remordimitnio  1^¿|f 


ZUSAMMENFASSENDES   ÌX>   IM   SPANISCHEN.  JOJ 

10)  Wenn  auch  das  mit  /o  Herausgehobene  im  sonstigen  unbe- 
stimmt ist,  so  kann  doch  die  Identität  mit  etwas  Bestimmtem  prä- 
dikativ hervorgehoben  werden  :  ¡o  mejor  de  la  procesión  es  ¡a  comitiva 
que  tenemos  organizada  FO  i6i,  lo  mejor  es  callarme  PJ  91;  halló 
lo  más  razonable  buscar  . .  PJ  1 98,  ¿cuál  es  lo  grande  y  lo  bello  que 
no  se  haya  ridiculizado?  VB  56;  Ausdrücke  wie  lo  malo^  (Jo  cierto, 
lo  plausible)  es  que  ..,  esto  es  lo  grande  \  ferner  ..  me  pareció  (naml. 
Elias)  lo  mas  raro  del  mundo  FO  169,  lo  mas  ridiculo  es  un  marido 
celoso  VB  83.  —  11)  Wie  aus  den  letzten  beiden  Beispielen  hervor- 
geht, können  sich  die  in  Frage  stehenden  Ausdrücke  auch  auf 
Personen  beziehen;  das  hat  nicht  das  mindeste  Aufíallige,  da  eben 
gesagt  werden  soll,  dafs  das  mit  einer  bestimmten  Eigenschaft  ver- 
sehene Seiende  nicht  aus  allen  Personen,  sondem^berhaupt  aus 
allem  Seienden  ausgehoben  werden  möge.  Aber  selbst  wenn  von 
allem  Anfang  nur  Personen  in  Frage  kommen  können,  kann  die 
Konstruktion  gewählt  werden,  wenn  eben  nicht  das  Augenmerk 
auf  die  Einzelindividuen,  sondern  auf  die  durch  die  gemeinsame 
Eigenschaft  zusammengehaltene  Gesamtheit  gerichtet  werden  soll: 
Junto  a  él  estaban  el  alcalde,  el  cura  y  lo  mas  notable  de  Ateca  FO  45  ; 
alli  se  encontraba  lo  mejor  de  nuestra  sociedad  C  83;  und  (vgl.  6) 
nuestros  compañeros  no  solo  no  eran  gentes  de  clase,  sino  que  pertene^ 
cian  á  lo  mas  vulgar  VB  223.  — 

12)  Statt  dafs  (wie  in  4  ff.)  ein  bestimmter  Teil  durch  lo  mit 
Artikel  hervorgehoben  wird,  kann  auch  eine  Seite  des  Seienden 
hiedurch  hervorgehoben  werden.  Die  Eigenschaft  kommt  zwar  dem 
ganzen  Seienden  zu,  aber  in  dem  Zusammenhang  kommt  es  nur 
auf  diese  eine  Eigenschaft  desselbrîn  an,  abgesehen  von  den  andern. 
Der  mit  de  eingeleitete  Ausdruck  ¡st  nun  etwa  ein  possessiver, 
aber  eine  scharfe  Grenze  gegen  die  andere  Kategorie  ist  schon 
dadurch  nicht  möglich,  dafs  auch  hier  oft  die  possessive  Auffassung 
möglich  ist  (vgl.  besonders  das  3.  Beispiel  von  4  oder  tenia  una 
pastan  tan  pronunciada  por  todo  lo  bello  de  la  naturaleza  y  del  arte 
C  160  sowohl  gleich  *was  in  der  Natur  und  Kunst  schön  ist*  als 
=  *was  an  Natur  und  Kunst  Schönes  ist*).  Unzweideutig  ist  aber 
die  in  Frage  stehende  Auffassung  an  folgenden  Beispielen:  a)  ab- 
strakte Gesamtbegriffe:  la  fealdad  y  lo  cómico  y  miserable  de  la  acción 
se  aumentaban  PJ  153,  nada  muestra  mas  lo  mezquino  y  lo  acerbo  del 
sentir  que  . .  VB  24,  reflexionó  en  lo  imprudente  de  semejante  conducta 
FO  41,  , ,  se  reta  de  lo  còmico  del  recuerdo  PJ  142,  atraer  á  nadie 
con  lo  dulce  de  sus  miradas  PJ  43;  b)  konkrete  Gesamtbegriffe:  Su 
blancura,  lo  afilado  de  los  dedos,  lo  sonrosado,  pulido  y  brillante  de 
las  uñas  de  nácar,  todo  era  para  volver  loco  á  cualquier  hombre  PJ  122, 
Tenia  la  escuela  todo  lo  sombrío  del  convento,  sin  tener  . .  su  dulce  paz 
FO  53,  para  que  reluciese  lo  blanco  y  sonrosado  del  bien  torneado  cuerpo 
PJ  174,  contrastando  con  lo  desapacible  del  rostro  FO  131;  c)  ganz 
selten  wird  der  Gesamtausdruck  statt  durch  eine  ^^f -Verbindung 
durchs  Possessivum  ausgedrückt;  ein  Beispiel  Ca  47  L  —  13)  Wenn 
eine  Seite   an   einem  Seienden   besonders  hervorgehoben  wird,   so 

45* 


7o8  BÜGEN    HERZOG, 

geschieht  es  oft  mit  dem  Nebengedanken ,  dais  sie  sehr  od« 
als  mac  es  erwartet,  daraa  hervortritt;  so  war  es  schon  bei  «I 
der  in  12  erwähnten  Beispiele  und  so  ist  es  besonders  ar 
folgenden  ersichtlich:  pero  V.  saht  biet  lo  firms  de  pa  rm 
PJ  19,  !a  auténtica  mas  paletile  de  lo  esparcido  y  conocido  dl  ab 
lecito  ce  VI,  la  cantidad  de  fresas  fui  asombrosa  para  li  Im 
de  la  estación  PJ  40,  à  pesar  de  lo  avanzado  di  la  noche  PJ  1^ 
wohl  die  Nacht  schon  sehr  vorgerückt  war,  . .)  und  beso 
eigentümlich  .f  lo  fácil  del  tiempo  no  hay  conquista  difícil  R 
(da  der  Zeit  alles  sehr  leicht  ist,  giebt  es  für  sie  nicht  . 
14}  Die  in  12  f.  erwähnte  Konstruktion  kann  natürlich  auc 
eintreten,  wo  dies  Seiende,  von  dem  die  Seile  hervorgehoben 
nicht  als  ein  mit  de  eingeleiteter  Ausdruck  danebenäebt,  i 
a)  dafs  dasselbe  überhaupt  nicht  zum  klaren  BewuTstsein  kc 
HO  puedo  conocerlos  por  lo  oscuro  Wo  El  Par.  li  13;  sei  es  b)  d 
irgendwie  anders  im  Satz  untergebracht  ist,  Hieher  gehôm 
spiele  wie  un  colchan,  que  en  lo  sutil  parecia  colcha  DQ I  t6, 
Pr  I  637,  wo  von  einem  Pferd  gesagt  wird:  Enfin,  en  h 
viento.  Rayo  en  fin  en  lo  eminente.  Era  por  ¡o  blanco  ciíne,  i 
sangriento  era  sierpe  etc.  Diese  Konstruktion  findet  sich  b 
sächlich  nach  Präpositioneo.  Nun  giebt  es  aber  eine  andeie 
struklion,  deren  Ausgangspunkt  hier  nicht  zu  UDtersticheo  ist, 
jedenfalls  ein  wesentlich  anderer  ist,  wobei  die  Ejgenschaft 
Präpositionen  nicht  durch  ein  Substantiv,  sondern  durch  «1 
jektiv,  im  Kasus  und  Numerus  auf  den  Träger  bezogen,  I 
drückt  wird,  es  ist  dieselbe,  von  der  Tobler  VB  II  182  ff.  ^ 
also  um  ein  dort  gegeheces  Beispiel  anzuführen:  /fe/-  mt^  h 
y  muy  vana  ¿Será  mas  <jtie  una  villana  Con  malas  átanos  j 
In  diesem  Fall  könnte  es  nun,  wenn  man  Schönheit  imd  Ó 
als  eine  aus  der  Gesamtheit  der  ÜJgenschaAen  hervorgehobene 
ansieht,  heifsen;  por  lu  hermoso,  por  lo  vano.  Nim  ist  abe 
Bedeutungsunterschied  vorhanden.  Indem  die  /u-Konstruktìoi 
Seite  eines  Seienden,  u.  iw.  die  Seite  als  ein  Teil  aufgefafst,  b 
hebt,  so  setzt  sie  das  Bestehen  einer  solchen  von  vomhere; 
gegeben,  als  selbstverständlich  fest;  nicht  so  die  rein  adjeklit 
Konstruktion;  der  oben  angeführte  Satz  hätte  auch  Sinn, 
die  betreffende  weibliche  Person  nach  der  Meinung  des  Sprecht 
nicht  schön  und  nicht  eitel  gewesen  wäre;  in  der  Form  per 
lo  V.  hätte  er  dann  keinen  Sinn.'  Es  verhält  sich  dann  ab< 
eine  Form  zur  andeni  genau  so  wie  tienen  las  ramas  ptndwû 
tienen  ramas  pendientes  (Wgg  g  16,  8  a),  wovon  ersteres  nm 
Gegenständen  ausgesagt  werden  kann,  denen  selbstverstäi 
Zweige  zukommen.  Indem  nun  aber  für  das  Sprachgefühl  / 
hermoio    gewissermafsea    als    artikulierte  Form   zu  por  hermosa 

'  Noch  deullichet  ist  der  Unterschied  in  folfiendem  Von  Tobi«  a. 
Ifceebtiiin  Beitpíel:  loa  á  ut  dama  ¡fe  hermosa;  dies  luna  maà  sag« 
die  Dame  nun  wirklich  ichön  war  oder  nicht;  dr  h  Mermioto  koiwlc 
offenbar  oui:  im  eriten  Falle  sagta. 


ZUSAMMENFASSENDES   LO  IM   SPANISCHEN.  709 

das  ursprüngliche  Verhältnis  aber,  hermoso  nähere  Bestimmung  zu 
lo^  längst  für  dasselbe  verdunkelt  war,  so  entwickelte  sich  die  Misch- 
konstruktion: por  lo  hermosa.  Das  ist  nun  auch  die  gewöhnliche 
Konstruktion,  und  ich  habe  die  andere,  d.  i.  por  lo  hermoso  in  Be- 
ziehung auf  einen  weiblichen  oder  pluralischen  Gesamtbegriff,  der 
nicht  als  präpositionaler  ¿/f- Ausdruck  unmittelbar  dabei  stände, 
nirgends  gefunden.  Dafs  sie  aber  nicht  unmöglich  ist,  bezeugt 
der  Grammatiker  Bello  (974),  der  zu  dem  Beispiel  Mendoza's: 
Afuchos  hay  qtu  en  lo  insolentes  Fundan  solo  el  ser  valientes  aus- 
drücklich sagt:  <Pudo  haberse  dicho,  si  lo  permitiese  la  rima,  lo 
insolen te\  Man  sagt  also  männlich:  Fa  que  no  me  quisieras  por  lo 
lindo,  me  amaras  por  lo  magnànimo  Isla  428,  weiblich  una  sopa  que 
por  lo  flaca  y  aguada  parecia  de  seminario  FO  207  *;  andere  Bei- 
spiele bei  Tobler  a.  a.  O.  Man  sieht  also,  dafs,  obgleich  ich  vom 
selben  Punkt  ausgehe  wie  Tobler,  doch  diese  Erscheinung  anders 
auffasse  oder  wenigstens  anders  erkläre  als  dieser.  Nach  meiner 
Ansicht  ist  por  lo  hermoso  die  einzig  berechtigte,  por  lo  hermosa 
erst  durch  analogische  Einwirkung  von  por  hermosa  entstandene 
Konstruktion;  T.  hält  gerade  diese  für  die  naturgemäfse  —  wenn 
auch  aufïallige  — ,  der  neutrale  Artikel  trete  „mit  Fug  und  Recht** 
zu  dem  mit  dem  Substantiv  übereinstimmenden  Adjektiv;  „denn 
seine  demonstrative  oder  determinative  Kraft  gilt  ja  nicht  dem 
Seienden,  dessen  Wesen  oder  Eigenschaft  jenes  Substantiv  oder 
Adjektiv  angiebt,  sondern  dem  notwendig  geschlechtslosen  That- 
bestand,  dafs  das  Seiende  dieses  oder  jenes  ist,  diese  oder  jene 
Eigenschaft  hat,  oder  dem  geschlechtslosen  Mafse,  in  welchem  eine 
Eigenschaft  hier  oder  da  auftritt".  Wir  werden  sehen,  dafs  der 
Artikel  eines  geschlechtslosen  Thatbestandes  gar  nicht  /(?,  sondern 
el  ist,  aber  abgesehen  davon,  wäre  dem  so,  so  wäre  zu  erwarten, 
dafs  das  Adjektiv  auch  in  den  12  und  13  erwähnten  Beispielen  die 
Uebereinstimmung  zeige:  *lo  cómica  de  la  acción,  *lo  pulidas  de  las 
uñas;  eine  Konstruktion,  die  einfach  deshalb  entfällt,  weil  hier 
scheinbar  ähnliche  Konstruktionen  mit  artikellosem  Adjektiv  nicht 
zur  Seite  stehen.  Wenn  ein  Gesamtbegriff  mit  de  nicht  unmittelbar 
daneben  steht,  scheint  zwar  die  in  Frage  stehende  Konstruktion 
auch  nicht-präposizionale  Fälle  ergriffen  zu  haben:  ^No  decias  que 
era  la  señorita  F.  deliciosamente  coqueta,  seductoramente  caprichosa? 
¡Toma  lo  coqueta  y  toma  lo  caprichosa,  y  vuelve  por  otra  I  VB  85.  — 
16)  Freilich  konnte  sich  nun  die  Tobler*sche  Auifessung  von  der 
Sache  entwickeln  und  man  konnte  in  einem  Satz  wie  dem  oben 
aus  Isla  zitierten:  *wenn  du  mich  schon  nicht  wegen  der  sanften 
Seite  meines  Charakters  liebtest,  so  wirst  du  mich  wegen  der  grofs- 
mûtigen  lieben'  auch  so  auslegen:  *wenn  du  mich  nicht  liebtest, 
weil  ich  sanftmütig  bin,  so  wirst  du  mich  lieben,  weil  ich  grofs- 
mütig  bin';  eine  derartige  Aufiassung  ist  wohl  auch  die  in:  Mi 
padre  no  quiere  que  me  muestre  en  publico  hasta  que  pasme  por  lo  bien 


^  Beachte  die  Accentuierung  des  übermäfsigen  Grades  (wie  in  18). 


710  KOGEM    IIERZOO, 

plantado  PJ  75,  sirva  para  lo  ptqneflo  y  àomtitk»  Pj  IQ5. 
klar,  dafs,  wenn  diese  Konstruktion  so  aufgefafst  wurde,  audi  ì 
stantiva  zum  ¡o  treten  können.  Beispiele  giebl  Be  4^74;  in  1 
ersten  'Todo  fue  grandi  en  aquel  principe,  lo  rey,  ¡o  cafiiaa.  bit 
zeigt  sich  noch  deutlich  die  Bedeutung  des  /&  als  Angabe  c 
aus  dem  Gesamlueseo  isolierten  Seite;  ebenso  in  dem  rat  S 
beigebrachten  Beispiel;  dagegen  bedeutet  in  dem  nrdten:  'i 
poeta  se  ciñe  à  la  verdad  ¿de  que  le  sirve  io  porla?'  io  pítU 
Umstand,  dafs  er  Dichter  ist;  noch  deutlicher  das  dritte:  Za^ 
no  bien  fingida,  Basla,  baila  to  saga/a.  Oder  Gm  Jo  Cm^b 
dem  Umstand,  dafs  ich  C.  bin,  dafs  ¡ch  diesen  Namen  angeiuni 
habe)  me  he  hecho  lienzo  casero  Mo  El  desd.  I  9;  ¿No  se  It  M 
el  amor,  y  se  te  olvida  lo  hermana?  (der  Umstand,  dafs  ich  Seh« 
bin,  oder  dafs  es  eine  Schwester  ist)  Mo  El  Par.  II  4.  — 

18)  Wie  nun  das  eigentliche  Eigenschaftswort  (dasjeuge, 
wirklich  eine  Eigenschaft  bezeichnet,  l'adjectif  qualificatif)  mit  h 
Seiendes  bezeichnet,  das  die  Eigenschaft  trägt,  so  bezeichnet  j> 
blofs  die  Stellung  zu  andenn  Seienden  angebende  Adjektiv,  1 
¡0  vorausgesetzt  wird,  dasjenige  Seiende,  das  eben  die  Stell 
einnimmt,  ohne  weitere  Rücksicht  auf  seine  sonstige  Bescbafoi 
Hieher  gehören  also  Ausdrücke  wie:  asseniandú  fada  dich«  y 
tenda  en  su  lugar,  de  manera  que  . .  la  uno  a  Io  oiro  se  tletme  HE  I 
parte  de  la  Medicina  consiste  en  razon;  y  parte  en  esperitnda;  j 
lo  primero  es  menester  el  entendimiento;  farà  lo  oiro,  la  am 
HE  220  {vgl.  10),  ferner  lo  mismo,  lo  proprio,  lo  opuesto,  ¡o  w* 
(un  hombre  que  es  en  lodo  lo  opuesto  de  ella;  hito  lo  contrariti 
que  le  dijo  su  mujer);  lo  solo,  lo  único;  lo  regular  (m»  íegmMdt 
de  lo  regular  basta  d  concluir  la  paciencia  de  un  auditorio  FO 
el  alma  . .  se  encoje  porque  pierde  lo  principal  de  sa  grandeta  («il 
ninguna  idea  mala  en  lo  material  (vgl.  B)  ;  en  lo  último  del  Praà 
gente  (vgl.  6);  estar  en  lo  último  (in  den  letzten  Zügen  sein,  vgl.  { 
Femer  lo  suyo,  lo  ajetto;  lo  tal,  lo  cual;  hacer  lodo  lo  posali 
(para)  . .;  lo  mucho,  lo  poco,  lo  más,  lo  menos,  eigeratlich  Adver* 
die  aber  auch  sonst  als  Adjekliva  dienen  {Pudiendo  bastar  lo  * 

¿por  qué  he  de  empeñar  In  mas?  Mo  El  1.  D.  D,  1  13).  17} 

aus  vielen  derartigen  rail  lo  versehenen  Adjektiven  mit  oder  1 
Präposition  sich  adverbiclle  Redewendungen  entwickelt  haben 
eine  Sache  für  sich,  die  ausführliches  Studium  verdiente;  id 
wähne  nur  hier  einige  charakteristische  Typen.  Zu  1:  fy  iiu, 
lo  suficieníe;  zu  8:  jurar  por  lo  mos  sagrado;  acuello  iba  per  le  1 
en  lo  justo  dice  el  cielo  que  obedezca  el  esclavo  d  su  seUor;  decir 
lo  ¿ajo;  . .  me  tiraron  de  lo  fino;  le  riña  de  lo  lindo;  lo  mujoi 
supo;  lo  mas  presto  que  pudiere;  lo  mejor  posible;  sax  O^  á  It  i 
una  cene/a  que  hiciera  el  papel  , .  en  todo  lo  largo  del  salon  (FO 
zu  8:  en  lo  sucesivo;    zw  16:  lo  mismo  'ebenso',  por  lo  mismo,  f 

*  Da  UfBs  incli  ala  Adjektiv  gebrauclit  «erden  kann,  u.  zw,  dtcIi: 
all  prädikatives  (Bc  423),  so  hit  die  Verbindung  wohl  nichts  ÀnSiuitEM 


ZUSAMBfBNFASSENDBS   LO  IM   SPANISCHEN.  7  II 

Utnio  'deshalb'»  por  lo  cual  'weshalb*;  me  complazco  en  ser  tan  agra- 
decido  con  il  por  lo  poco  como  por  lo  mucho  (PJ  24);  por  lo  común 
{regular t  general),  á  lo  liltímo,  á  lo  sumo,  por  lo  contrario  (HE  21. 
33.  46  etc.),  por  lo  menos,  á  lo  menos  (woneben  al  menos,  wie  es 
scheint  jüngeren  Datums;  eine  Kurzform?),  lo  mas  u.  s.  w.  Beson- 
ders aber  ist  bemerkenswert  die  Angabe  der  Art  und  Weise 
mittelst  á\  Va  caminando  á  lo  sordo  Mira  de  Mese.  (MPr  S.  90), 
vesiidcLS  á  lo  rustico  PJ  41,  una  criatura  muy  à  lo  natural  PJ  186, 
D,  Pio,  á  lo  viejo,  me  llama  niña  VB  9;  und  nun  sogar  auf  Sub- 
stantiva ausgedehnt:  vestido  á  lo  letrado  DQ  II  44  (ein  andres  Bei- 
spiel aus  DQ  Wigg  45),  axiomas  d  lo  Sancho  Panza  J.  y  Ruf.  5, 
disponer  de  las  hijas  á  lo  cabo  de  escuadra  Ha  La  Vis.  Ili  4,  vive  à 
lo  labriego  Ha  J.  d.  l.  V.  I  5  ;  mi  tio  . .  me  desposa  con  el  mar  à  lo 
Dux  de  Venecia  Ha  La  Vis.  I  9;  daneben  auch  die  in  Frankreich 
übliche  Ausdrucksweise  mit  hinzugedachtem  suerte  o.  ä.:  educado  á 
la  rústica  PJ  51,  á  la  llana  DQ  II  38,  una  cortesia  á  la  francesa 
ce  16.  — 

18)  In  2  war  von  lo  pasado  und  lo  presente  die  Rede.  Auf 
die  Zukunft  bezüglich  sagt  xmn  lo  porvenir,  HE  61  fínde  ich  noch 
geschrieben  la  certidumbre  con  que  los  enfermos  dezian  lo  por  venir. 
Dennoch  ist  es  mir  fraglich,  ob  wir  in  dieser  Ausdrucksweise  wirk- 
lich zu  erblicken  hätten:  'das  fur's  Kommen',  'das  zum  Kommen' 
oder  ob  nur  eine  Analogie  zu  lo  pasado,  lo  presente  vorliegt.  — 
19)  Sonst  fínden  sich  nämlich  von  präpositionalen  Ausdrucken  nur 
solche  mit  de  nach  lo',  und  zwar  de  meist  in  der  ursprünglichen 
Bedeutung  'in  betreff  von',  also  lo  de  A  =^  'das  was  A.  betrifft', 
*das  was  mit  A.  in  Zusammenhang  steht',  konversationsdeutsch  'das 
mit  A.':  lo  del  linaje  importa  poco  DQ  I  25,  Pero  dejando  en  ¿I  lo  de 
la  valentia  vengamos  á  lo  de  perder  el  juicio  DQ  I  26,  Cuando  les  pro- 
pmse  lo  de  la  procesión  FO  169;  dijo  que  aquel  niño  habia  de  ser 
fraile,  gran  letrado  y  estupendo  predicador  , .  en  cuanto  á  fraile,  lo 
fué  tanto  como  el  que  mas\  lo  de  gran  letrculo  . .  se  verificó  cumplida' 
mente',  y  en  lo  de  ser  estupendo  predicador,  no  hubo  mas  que  desear 
Isla  74  b.  lo  fafst  zusammen  und  zwar  mit  Ausschlufs  des  andern, 
was  nicht  in  das  Gebiet  des  abhängigen  Begriffes  gehört,  wie  letz- 
teres Beispiel  deutlich  zeigt;  daraus  erklärt  sich  en  lo  de  =•  en 
cuanto  á\  en  lo  de  la  alteza  del  linaje  no  corre  parejas  con  las  Orianas 
DQ  II  32;  adivinaba  todo  lo  pasado  y  lo  presente;  pero  en  lo  de  por 
venir  no  se  daba  maña  DQ  II  27.  Ganz  in  gleichem  Sinn  wie  lo 
wird  auch  aquello,  eso  und  esto  angewendet:  si  algo  se  me  acuerda, 
es  aquello  del  *  Sobajada*  DQ  I  30,  eso  de  gobernarlos  bien  no  hay 
para  qué  encargármelo  DQ  II  33,  Eso  de  hacer  el  ptublo  las  leyes  es 
lo  más  mostruoso  que  cabe  FO  25;  vgl.  noch  comenzó  por  aquello  de 
*aprehenderunt  septem  mulleres  virum  unum*;  encajó  después  lo  de  'filii 
tui  de  . .'  Isla  74b;  höchst  instruktiv  femer  ist  FO  89:  empezar  con 
aquello  de  'su  pequenez  en  presencia  de  tantos  grandes  hombres*,  y  lo 
'escogido  è  ilustrado  del  auditorio*,  siguiendo  despues  lo  de  'su  con^ 
fusion* , .  in  Verbindung  mit  12,  was  zeigt,  wie  intensiv  das  Gefühl 


712  EUGEN    HERZOG, 

ist,  dafa  nach  ¡n  nur  ein  Adjektiv  direkt  folgen  kann.  —    Sei! 
finden    wir   dt   in    einer   andern  Bedeutung;    nur    eine    Abart 
vorigen    Konstruktion    ¡st    ¡o   de   nait    einem    Zeitbegriff,    bedeuteod! 
dasjenige    was    sich    in    dem  bezeichneten  Zeitabschnitt  zutragt; 
de  aquello  siglo  pasado,  ¡o  de  ayer  (Be  97  1);  Amparo  liest  einen  £ 
und    ruft    aus:    Lo    de   siempre;    que  nada  Ha  podido  averiguar  {du 
was  er  immer  schreibt)  Ind  IV  3.      Sonst   habe    ich    an    Beispieleg 
nur    gefunden:    Ale  aplieas   ei  trozo  de  Lamartine,  poiiico  y  briÜaitit 
como  lodo  ¿o  dt  aquel  privilegiado  tálenlo  .  „  pero  falso  VE  5 1;  sienipn 
está  sintiendo  lo  de  lodos  JyR  48;  ferner  lo  demás  das  übri^.  — 

20)  Wie  statt  des  Partizips  und  Adjektivs,  wenn  der  Sprach- 
vorrat nicht  ausreicht,  ein  Relativsatz  zum  Substantiv  triti,  so  kann 
er  auch  zu  lo  treten.  Im  folgenden  werden  derartige  den  einzelnen 
Nummern  entsprechende  Relativsätze  vorgeführi:  zu  1:  Àaraslejm 
debes  DQ  1  18,  comprendía  ¡o  que  ti  infeliz  habia  pasado  FO  190, 
leyó  ¡o  que  sigue  VB  171;  zu  2:  tiene  polendas  para  conocer  lidti 
1res  différenciai  de  tiempo,  memoria  para  ¡o  pasado,  sentidos  para  k 
présenle,  ymaginacion  para  lo  que  está  por  venir  HE  61;  ZD  8: 
Tenga  Vd.  en  mí  la  confianza  que  se  tiene  en  ¡o  que  ha  de  tahar 
FO  117,  mas  de  lo  justo  y  de  lo  que  se  debía  d  ¡a  buena 
cindad  DQ  II  27,  creer  sencillo  lo  que  es  trivial,  graa'oso  h  ;■! 
es  pueril,  sublime  lo  gigantesco,  enérgico  lo  tenebroso  y  ei 
tico  Mn,  Disc.  prel.  57;  zu  12;  una  mano  ruda  ..  demuestra 
mente  ese  imperio;  pero  en  lo  que  liene  de  más  violento  y  rnteéau 
PJ  42,  para  aborrecer  las  mundanas  en  lo  que  tienen  de  ahórrete 
PJ56!  --     "        ■  .      ■  - 


zu  13:  Para  hacer  c 
i  la  determinación  FO  1 
suyo  MPr  q6;  lulO:  esto  e 
carbonero  VB  165,  la  opinioi 
pueblo  Mo  El  I.  D.  D.  Ill  2. 
prendas  Trueba,  Buenav.  II.  - 


imprender  lo  que  Clara  encontró  de  »• 
124;  zu  16:  dar  a  cada  uno  U  qiÊitt 
'i  que  constituye  la  pura  y  firme  /t  è 
w  es  2o  que  es,  sino  lo  que  enlienái  à 
que  necesitas  es  un  hombre  de  ¡a 
21)  Doch  kann  statt  lo  auch 
logischerweise  das  Geschlecht  des  pradÍEierten  Substantivs  erscheinen: 
la  naturaleza  es  la  que  haze  al  moehaeho  hábil  para  aprender  HE  iG^ 
¿sabes  tú  si  ¡2  iierdad  seria  la  que  dijo  don  Diejo?  Mo  El  I.  D.  D.  DI  tt, 
El  alejamiento  de  mi  marido  fui  el  que  engendra  el  mio  VB  259,  vgl 
Be  806.  807.  ~  22)  Das  Verb  des  Nebensatzes  kann  gespa«  werden, 
wenn  es  dem  des  Hauptsatzes  gleich  ist:  acabará  Vd.  por  haetr  la- 
que su  canario  VB  215,  á  lo  que  ¿I,  solamente  se  arrojara  Sakmái 
DJT  I  IV  I,  por  ninguna  sentí  lo  que  por  ella  DJT  I  11  3,  ferner  /¡ 
palabras  son  á  las  cosas  lo  que  el  lecho  de  Procruste  VB  58,  wo  01 
Teil  des  Vergleiches  un  logisch  erweise  gespart  wird.  Ich  etwähc 
dies  nur  deshalb  hier,  weil  ich  es  ¡n  Bello's  sonst  so  ausführltct» 
Grammatik  nicht  fìnde.  —  28)  Das  lo  que  hat  anfserdem  eine  fi 
unser  Gefühl  wesentlich  verschiedene  Bedeutung,  es  entspricht  de 
lateinischen  quid  in  indirekten  Fragesätzen:  Na  sabia  ya  lo  que  n 
amor  PJ  12g,  Por  agui  eonacerds  lo  que  son  lös  hombres  Isla  431a,  n 
conocimiento  de  lo  que  es  mundo  Mn  El  sí  I  4,  conjuróle,  fantasma 
lo  que  eres,    que  .  .   DQ  11  48,     herido   de   lo  que  Uaman   amor  PJ  S^ 


ZaSAMMENFASSBNDES   LO  IM   SPANISCHEN.  713 

aber   man   sieht  bei   näherem   Zuschauen,   dafs   es   unmöglich   ist 
diese  Beispiele  von  den  in  20  behandelten  zu  trennen.    Dasjenige 
was  auf  die  Frage  qué  es  amor  zur  Antwort  käme,    fafst  eben  das 
lo  zusanmien:   das   die  Liebe  Charakterisierende,   das  in  ihren  Be- 
reich Fallende,    ebenso    wie   das   auf  ^/que  pasa?  Antwortende   zu- 
sammengefafst  wird  in  ver,  saber  lo  que  pasa,   das  auf  ft  que  debes? 
Antwortende  in  dem  ersten  dort  angeführten  Beispiel.    Nur  unsere 
am   Lateinischen   geschulte  —  man   möchte   sagen:   verschulte  — 
syntaktische  Auffassung  macht   den  Unterschied  zwischen  Relativ- 
und  Interrogativsatz;    in  Wirklichkeit   liegt   eben   in   beiden  Fällen 
beides   vor.  —    24)    Schon   im   Lateim'schen    wurde    pronominales 
Subjekt   mit   substantivischem   Prädikatsbegriff  übereingestimmt:    ea 
causa  beili  futi.     Ebenso   noch   im  Spanischen,    vgl.  Wigg  §58,4: 
(tEse   es   ei  valor,    Tenor io^    de   que  blasonas?     ¿Elsa  es  la  proverbial 
osadía  . ,?  DJT  I  iv  g;    ähnlich   nun   wenn    das  Subjekt  relativ   ist 
und  durch  lo  zusammengefafst  wird:  jEslän  los  oyentes  escuchando  un 
sermon  . .  embelesados  . .  con   el  garbo    de   las  acciones,   con  lo  sonoro 
de  la  voz,  con  la  que  llaman  elevación  del  estilo  Isla  105b;  und  sogar 
El   que   de   lejos   nos  parecía   un  castillo,   era  una  montaña  escarpada 
(Be  967),  vgl.  Wgg  §  20,  5.  —    26)  lo  que  ähnlich  wie  id  quod  be- 
zieht   sich    auf  einen   ganzen   Satz:   non   he   tenido  un  leve  dolor  de 
cabeza  y  lo  que  mas  es  ni  el  mas  mínimo  quebradero  de  ella  Isla  524b; 
dies  erklärt  sich  leicht;    man  könnte  etwa  sagen:    lo  que  mas  es  es 
que  . .;  —    26)    lo   que   dient   zur   relativen  Anknüpfung  in  Fällen 
wie  :   Teníale  por  vecino  en  la  mesa  lo  que  le  había  permitido  observar  . . 
VB  256,  ofreció  á  la  madre  asistirla,  á  lo  que  esta  no  se  pudo  negar 
J.  y  Ruf.  38  und  in  noch  stärkeren  Fällen;  erklärt  sich  daraus,  dafs 
//  que  und  el  cual  ziemlich  gleichbedeutend  ist;  so  dafs  auch  lo  que 
für    früher   beliebteres  lo  cual  (16;  vgl.  Be  1075)  eintreten  konnte; 
wir    werden  jedenfalls    nicht   fehlgehen,    wenn   wir   in   diesen  An- 
knüpfungen mit  lo  cual  und  el  cual  Latinismen  sehen  (Be  347);  — 
27)   Wie  lo  de  mit  Ausschlufs   des   andern   zusammenfafst  (19),   so 
auch    lo   que;    besonders    deutlich    in    der   Redensart:   por   lo   que 
hace  ö  . .:  por  lo  que  hace  à  mí  espíritu,  terminaron  para  él  las  espan- 
siorus  C  73.     Ebenso  kann  die  Formel  lo  que  es  X  die  Bedeutung 
annehmen:   das  was  unter  den  Begriff  X  fällt,  nicht  aber  anderes, 
oder:    gerade   das   was    unter  X  fällt:    lo   que   es   una   buena  felpa, 
merecida  se  la  tiene  Ha  J.  d.  I.V.  I  6;  lo  que  es  su  voz,  se  ha  quedado 
dentro  ebd.  i.     Dadurch  dafs  nun  ein  Gegensatz  fühlbar  wird  und 
man  an  ein  nicht-X  denkt,  für  das  das  im  Hauptsatz  Gesagte  nicht 
anwendbar   ist,   tritt  die  Auffassung  hervor:    'was  X  betrifft'  . .:    lo 
que  es  auxiliarte,    lo  haría  yo  de  muy  buena  gana  ebd.  3;    no  puede 
ser  esta  noche;  pero  lo  que  es  mañana,  ó  hablo,  ó  me  corto  la  lengua 
FO  95;    Anoche  me  dijo  los  nombres  de  los  huéspedes  á  quienes  había 
yo  de  servir  . .;  pero  lo  que  es  á  usted  no  le  mentó  Ha.  La  coja  1  i 
(beachte  die  Attraktion  der  Präpositionalkonstruktion).  —    28)   Da 
Io  (sowie  auch  el)  sich  meist  enklitisch  an  ein  folgendes  Wort  an- 
lehnen,  so  ist  es  begreiflich,   dafs  man  lo  que  ähnlich  wie  lo  cual 


U>   lit   SPANISCHEN.  Jiy 

n    ein  Beispiel    wie  das  dort  aus 

Leirsen:   por    ¿o   que  tra  flaca  .  . 

eia  . .  ergiebl  for  lo  flaca  giù  era. 

IH  Bl-IIo  976.  977  besprochenen,   von 

g  8    mit    Beispielen    reichlich    belegten 

Ite  EnlMÍckelung  wirklich  so  war,  ergiebt 

letlich  jünger  ist    als  14    und    schwerlich 

ikreidit.      Einige    neue    Beispiele    werden 

Xo    tslaba  D.  Luis    lodo    io    seguro  ,  . 

iJe    Vd,  lo  horripilan/e  que  es  isio 

I  sabe  usted  lo  asustada  que  estoy 

Vd.  lo  incomodadas   que    nos  tiene  este  caba- 

alrasada  que  me  coge,  que  yo  no  s¿  que  hubiera 

Mn.  El  si  11  2,  me  habló  de  su  caridad,  ..de  lo 

ra  para  todo  el  mundo  PJ  2%    Te  harás  cargo 

e  estarla  nuestra  curiosidad  . ,  VB  27,  sin  ser 

que  estaban  en  (¡juego  PJ  [gg;  schlierslich  ge- 

ime   auch    dann,    wenn  der  Grad  sich  auf 

adverbiale   Redensart    bezieht:    será  por  lo 

viaja  VB  57,  vgl.  Bello  981. 


falso,  dafs  lo  in  erster  Linie  vor  Ausdrücken  steht, 

dazu    dienen ,    Seiendes    näher   nach    Eigenschaft , 

Bderem  gleichartigen   oder  ungleichartigen  Seiendeni 

F  an  ihm  ausgeübter  Thätigkeit  zu  determinieren:  Ad- 

Wàxmit  gleichwertige  Wort-  und  Salzkategorien:    Parli- 

psitîonale  Ausdiücke,  Relativsätze;  nennen  wir  all  dies 

dem    Determinati  vum    bezeichnet  in    erster 

dem   dies  Ueterminativum  zu- 

I  dem  man  sonst  nichts  weiter  aussagen  will  oder 

Ichts  über  Zabi  und  Geschlecht,  nichts  über  konkret  oder 

Ì  nicht  ob  leblos  oder  lebend;    in  zweiler  Linie  die  durch 

peiminativum    bestimmte   Seite   eines  Wesens,    indem    diese 

mafsen    als   ein  Teil   desselben   vorgestellt  wird.     Der  Sinn 

r  ist  dabei  ein  zusammenfassender  (so  schon  ML.  a.  a.  0.),  was 

1  zeigt,   dafs  % 
1  kann.    £s  fafst  also  das,  dem  das  Determinati  vu  m  zukommt, 
und  stellt  es  sogar  bäuüg  in  einen  gewissen  Gegensatz 
■dem,  dem  dasselbe  nicht  zukommt:    vgl.  etwa  den  Unterschied 
pschen  lo  cierto  es  que  .  .  und  cierto  M  que  . .  und  19.  37. 

£0  ist  die  proklitiscb  entwickelte  Form  von  illud,  wie  el  von 

'  Nicht  kanD  —  in  den  meiilt-n  Fällen;  nicht  will  —  vgl.  etwa  10.  11. 
'seidem,  wie  es  scheint,  besonders  gern  in  der  Volkssprache;  hieber  rechne 
Vieh  das  von  ML.  lU  §  68  zitierte  Beispiel,  wo  Sancho  Panza  sagt;  si  no  le 
W  (die  Magenslotucg}  reparo  can  dos  tragos  de  ta  añij'o  'zwei  Schiudi  von  dem, 
iras  alt  Ut',  oder  wenn  etwa  andalusische  Stierkämpfer  in  Madrid  bei  Begeg- 
iniift  eines  hübschen  Mädchen  za  sügen  pflegen:  1  Bendilo  sea  lo  biunel 
•  naba,  Buen.  IV. 


7l6  EUGEN    BKRZOG, 

auf  der  Quantitàisbezeichnung  liegt,  wird  sie  in  dem  en^  1 
fast   XU    doer  adjektivischeo  Besüaunung  des  RetatirsaUes'  hen 

gedrückt,  also  das  Verhältnis  von  determinans  und  detenciiiU 
umgekehrt,  im  zweiten  Fall  wird  der  Ausdruck  beinahe  gleich  od 
'der  Umstand,  dafs  es  viel,  wenig  ist  . .'.  Femer  ist  daiaof  a 
merksam  zu  machen,  dars  vie  mucho  und  Io  ^tu  (39 — 31)  ai 
h  mucho  que  die  Wandlung  vom  Objekt  euih  Umstand  dea  Gì» 
durchmachen  kann  (vgl.  obiges  Beispiel  aus  Mira  de  Mescoa). 
S3)  £s  liat  also  diese  Konsltuktion  mit  der  in  SO  ff.  behaodeli 
im  Grund  nichts  zu  thun.  Wohl  aber  konnte  sieb  die  Gewohot 
ausbilden,  ein  in  den  Relativsatz  gehöriges  Adverb,  wenn  es  sc 
betont  war,  zwischen  h  und  que  einzuschieben.  Es  ist  voIUtâm 
bftcchligt  (16):  un  ¡iura  ó  dot  es  U>  mat  que  se  alravûta  PJ  87, 
wi'nöf  que  Vd,  puede  hacer  para  tus  amigos  seria  de  es<rihirlts  Roth 
Mont.  Gr.  S.  bo,  lo  nuis  gue  mi  padre  me  retendrá  . ,  sera  A^  < 
mes  PJ  jS  (mit  der  29  berührten  Verschiebung  von  Objekt  in  Zi 
da  u  erbe  Stimmung).  Andrerseits  vollständig  berechtigt  (20):  Qu/ 
io  que  mas  fe  ha  agradado  MFr  11  948,  esto  es  lo  cue  imporla  mi 
I'r  li  325,  und  (28):  de  ¡0  que  mas  la  Duquesa  se  admraïa  era  qm 
DQ  li  34,  de  ¡0  que  más  me  aflijo,  fué  que  . .  Mo  E¡  Par.  Ill  i.  U 
nun  aber,  indem  bei  dieser  letJiteren  etwa  ein  */o  mos  de  qm 
admiraba  ..,  das  seine  Analogien  in  32  findet,  störend  eiawi 
gelangt  man  zu  Konstruktionen  wie:  de  io  menos  que  et  se  oevpa 
de  la  muchacha  FO  171,  en  ¡o  minos  que  piensan  es  en  los  sanios  y 
Dios  FO  161.Ï  Die  anziehende  Kraft  des  lo  auf  derartige  i 
verbien  zeigt  sich  sehr  hübsch  in  dem  Beispiel:  lo  que  menos  dà 
usted  es  el  dinero,  ¡o  mas  es  una  inclinación  finísima  .  .  Isla  6j( 
¡o  mas  und  lo  menos  sind  eben  häufig  gebrauchte  Formeln,  a 
diese  Wortstellung  findet  sich  demnach  in  Fällen,  wo  eine  and 
berechtigt  wäre.  — 

34)  Wie  das  ¡0  que  dazu  dient  einen  Grad  bei  Verben  an. 
zeigen,  so  kann  es  auch  einen  solchen  bei  prädikativen  Adjekli* 
anzeigen;  im  altem  Spanischen  sagte  man,  wie  Bello  g8o  lei 
lodos  los  que  la  loaban  no  decían  la  mitad  de  ¡o  cue  ella  era  Herrn 
(Aroadis)  und  verwandte  Beispiele  aus  Lope  de  Vega  und  Ti 
de  Molina.  Nun  ist  es  natürlich  das  Adjektiv,  auf  dem  der  Hau 
ton  liegt;  es  hat  also  die  Tendenz  vor  den  Satz  gestellt  zu  verdi 
Konstruktionen,  wie  die  Wgg  g  55d  erwähnte,  namentlich  aben 
in  14  erörterte,  haben  vorbildlich  gewirkt;  da  auch  dort  auf  < 
Betonung  des  Grades   ein  hohes  Gewicht  liegen  kann. 


esa  hoja  de  higuera  —  la  solo  que  traja  del  Paraíso  ei  gut  le  per 
J.  y  Ruf.  J4i    lo  único  que  sé  es  ..  CC  37. 

>  Oder  anch  eTenluell  dncs  Pattiiipi:  Amo  d  Dios,  ho  sobre  teJm 
cosas,  lina  sabre  lo  foco  conocido  que  desdeño  .  .P  PJ  31. 

*  UebrìgenH  bitte  aus  der  KoDitnikiion  *lo  mas  de  cue  . .  diese:  Je 
mas  que  eotslchea  könncD,  oluic  dais  die  eigentlich  licbtige  de  lo  ^ue  noi 
dkiieben  beatand,  vie  ichr  ichön  das  Beispiel  de  la  mayor  riqueza  «ce;  W 
j  59,  S  «igt. 


A 


ZUSAMMENPASSENDES   LO   IM  SPANISCHEN.  717 

besonders  entgegen.  In  der  That  ein  Beispiel  wie  das  dort  aus 
FO  207  gegebene  konnte  auch  heifsen:  por  lo  que  era  flaca  . . 
parecía',  das  -{-por  lo  flaca  . .  parecía  . .  ergiebt  por  lo  flaca  que  era. 
Wir  gelangen  also  zu  der  von  Bello  976.  977  besprochenen,  von 
Tobler  a.  a.  O.  und  ML.  III  §  8  mit  Beispielen  reichlich  belegten 
Erscheinung.  Dafs  aber  die  Entwickelung  wirklich  so  war,  ergiebt 
sich  daraus,  dafs  34  sicherlich  jünger  ist  als  14  und  schwerlich 
über  das  i8.  Jahrh.  zurückreicht.  Einige  neue  Beispiele  werden 
immerhin  willkommen  sein.  No  estaba  D,  Luís  iodo  lo  seguro  .  . 
que  debiera  estar  PJ  153,  ¿Comprende  Vd.  lo  horripilante  que  es  esto 
para  una  andaluza  . .?  VB  237,  no  sabe  usted  lo  asustada  que  estoy 
Mn  El  sí  III  II,  No  sabe  Vd.  lo  incomodadas  que  nos  tiene  este  caba- 
lier  ito  FO  266,  . .  V  lo  atrasada  que  me  coge,  que  yo  no  s¿  que  hubiera 
sido  de  tu  pobre  madre  . .  Mn.  El  si  II  2,  me  habló  de  su  caridad,  ..  de  lo 
compasiva  y  buena  que  era  para  todo  el  mundo  PJ  29,  Te  liarás  cargo 
de  lo  subida  de  punto  que  estarla  nuestra  curiosidad . .  VB  27,  sin  ser 
visto  por  lo  afanados  que  estaban  en  el  juego  PJ  199;  schliefslich  ge- 
schieht diese  Vonvegnahme  auch  dann,  wenn  der  Grad  sich  auf 
ein  Adverb  oder  eine  adverbiale  Redensart  bezieht:  será  por  lo 
cómodamente  que  se  viaja  VB  57,  vgl.  Bello  981. 


Wir  sehen  also,  dafs  lo  in  erster  Linie  vor  Ausdrucken  steht, 
die  gewöhnlich  dazu  dienen,  Seiendes  näher  nach  Eigenschaft, 
Stellung  zu  anderem  gleichartigen  oder  ungleichartigen  Seienden» 
von  ihm  oder  an  ihm  ausgeübter  Thätigkeit  zu  determinieren:  Ad- 
jektiva  oder  damit  gleichwertige  Wort-  und  Satzkategorien:  Parti- 
zipien, präpositionale  Ausdrücke,  Relativsätze;  nennen  wir  all  dies 
Determinativa,  lo  mit  dem  Determinativum  bezeichnet  in  erster 
Linie  das  Wesen  oder  die  Wesen,  dem  dies  Determinativum  zu- 
kommt, und  von  dem  man  sonst  nichts  weiter  aussagen  will  oder 
kann^  nichts  über  Zahl  und  Geschlecht,  nichts  über  konkret  oder 
abstrakt,  nicht  ob  leblos  oder  lebend;  in  zweiter  Linie  die  durch 
das  Determinativum  bestimmte  Seite  eines  Wesens,  indem  diese 
gewissermafsen  als  ein  Teil  desselben  vorgestellt  wird.  Der  Sinn 
des  lo  ist  dabei  ein  zusammenfassender  (so  schon  ML.  a.  a.  O.),  was 
sich  dann  zeigt,  dafs  verstärkendes  todo  fast  in  allen  Fällen  dazu- 
treten  kann.  Es  fafst  also  das,  dem  das  Determinativum  zukommt, 
zusammen  und  stellt  es  sogar  haufìg  in  einen  gewissen  Gegensatz 
zu  dem,  dem  dasselbe  nicht  zukommt:  vgl.  etwa  den  Unterschied 
zwischen  lo  cierto  es  que  .  .  und  cierto  es  que  . .  und  19.  27. 

Lo  ist  die  proklitisch  entwickelte  Form  von  il  lud,  wie  el  von 


*  Nicht  kann  —  in  den  meisten  Fällen;  nicht  will  —  vj»!.  etwa  10.  11. 
Aufserdem,  wie  es  scheint,  besonders  gern  in  der  Volkssprache;  hieher  reebne 
ich  das  von  ML.  III  §  68  zitierte  Beispiel,  wo  Sancho  Panza  sagt:  si  no  le 
(die  Magenstörung)  reparo  con  dos  tragos  de  lo  añejo  '  zwei  Schiude  von  dem, 
was  alt  ist*,  oder  wenn  etwa  andalusische  Stierkämpfer  in  Madrid  bei  Begeg- 
nung eines  hübschen  Mädchen  zu  sagen  pflegen:  ¡Bendito  sea  lo  bueno! 
Trucha,  Buen.  IV. 


7.8 

ille,  ìa  von  illa.  Auch  diese  treten  vor  prâposizionalen  Ara 
und  Relativsätzen  auf,  weiden  aber  in  diesem  Fall  nicht  Anib 
genannt,  tl  nnd  la  treten  vor  das  Substantiv,  am  es  als  betd 
Bekanntes  ta  bezeichnen.  In  diesem  Sinn  wird  ¡o  nie  gebrandi 
t¡  und  /(i  bezeichnen  aber  auch  den  an  einem  Gegenstand  tdbs 
verständlich  voihandenen  Teil,  und  fassen  allgemein  die  ffese 
zusammen,  von  denen  die  Aussage  gilt,  ti  hombre  es  mariai;  nanm! 
lieh  sieht  tl  in  dieser  Verwendung  vor  Determinativen,  um  de 
Menschen  zu  bezeichnen,  dem  es  zukommt:  tl  humo  ..  Insofei 
ist  der  Gebrauch  von  lo  analog  (vgl.  14).  Trotz  dieses  zusamion 
fassenden  Gebrauches  von  tl  und  la  handelt  es  sich  doch  im« 
um  bestimmte  mit  Namen  nennbare  Seiende,  und  steht  es  r 
einem  Determinativ  um,  so  wissen  wir  doch  immer,  dafs  es  sidi  n 
einïelne  Menschen,  zum  mindesten  um  einzelne  Seiende  haodd 
la  läfst  vollständig  im  Unklaren,  ob  es  einzelne  Seiende  sind  od< 
ein  gemeinsames  (dem  h  hum  steht  infolgedessen  kein  tm  hvn 
und  kein  los  butnos  entgegen  wie  dem  ^/  hombre  ein  un  itmh 
ein  los  hombres).  Zwischen  tl  honiire  und  e/  bu^no  einerseits,  </■ 
präpositionaler  Ausdruck,  tl  que  . .  andrerseits  besteht  Îmmalii 
der  Unterschied,  dafs  im  ersten  Fall  dasjenige,  auf  das  sich  rfh 
zieht,  thatsächlich  ausgedruckt  ist  (denn  ¿«oto  heifst  'guter  Mensd 
nicht  nur  in  Verbindung  mit  el),  im  andern  aber  aus  dem  Zi 
sammenhang  oder  Sinn  zu  ergänzen  ist,  so  dafs  man  mit  Red 
hier  zwischen  Artikel  und  Pronomen  dcmonstr.  unterscheiden  <k 
Die  Scheidung  fällt  weg  bei  den  drei  Geh  tau  chska  lego  ríen  desi 
Ob  man  nach  dem  Erörterten  das  h  in  lo  bueno  als  Artikel  B 
sehen  will,  mag  dahinstehen;  jedenfalls  gebt  es  nicht  an,  lo  Jm 
von  lo  de  Cid  und  ¡o  que  debes  zu  trennen. 

Lo  ist  substantivierend  und  neutral  in  dem  eben  crôrUtti 
Sinn,  es  ist  aber  nicht  substanlivierend  oder  neutral  schleclltwc 
Zu  Begriffen,  die  keine  determinative  Natur  haben,  kaan  es  nie 
treten;  man  sagt  deshalb  tl  bien,  tl  (amo  {lo  primero  era  ser  ¡An 
tl  íómo  era  negocie  para  dtspues  Quintana),  el  porqué  de  ¡as  e^i 
tnire  el  tío»  y  el  tque^  puede  intervenir  un  predicado  Be  978,  ti  f 
(Be  1 149),  el  tanto  'die  bestimmte  Summe',  deshalb  por  el  tu 
'zum  selben  Preis",  weil  tanto  in  tanto  cutsta  als  Adverb,  jedeD& 
nicht  ais  Adjektiv  gefühlt  wird.  So  wird  der  Infinitiv  mit  */  sal 
stanliviert  (Be  3b  i),  trotzdem  Infinitive  deutlich  neutral  sind  (Be  294 
und  so  wird  schliefslich  ein  ganzer  Saiz  mit  el  substantiviert:  en 
cue  es  lo  natural  ..  el  que  corte  aquellas  relaciones  VB  73,  haiia  á 
mostrado  el  cómo  puede  la  aberración  del  genio  elaborar  eon  las  ßtT 
del  talento  VB  230  (Be  326,  Wgg  §  16,  2;  §  55,  4Í)." 

Nach  dem  Vorliegenden  ist  es  ziemlich  begreiflich,  wenn  spi 
niscbe  Grammatiker    sich    darauf  steifen,    in  dem  lo  ein  Substanb 

'  Widersprechend  im  Anfang  von  Ctrv,  Novele  Casara.  engalL;  d  U 
esloy  en  eUa  ¡ierra,  ó  no  . .  et  verme  en  tlUt,  le  resfondt;  dieser  Amdra 
iit  mit  emiten  in  19  vargebrschtsn  t^ini  analog;  auch  maj;  viellefcbt  vu 
■cbweben  d  ta  preguntada  si  . .   oder  ä  lo  gut  preguntat,  si  ... 


J 


ZUSAMM£NFASSSNDBS  LO  IM  SPANISCHEN.  7 IQ 

ZU  erkennen;  wohl  nicht  etwa  weil  io  in  manchen  Fällen  einem 
las  cosas  gleichbedeutend  ist,  nicht  auch  weil  es  etwa  schon  selb- 
ständig einen  Sinn  hätte,  sondern  deshalb  weil  erst  lo  die  ganze 
Verbindung  zum  Substantiv  macht,  also  thatsächlich  der  Träger  der 
substantivischen  Idee  ist,  lo  hermoso  zu  hermoso  sich  ungefähr  so 
verhält  wie  cosa  hermosa  zu  hermosa]  vergleichen  wir  die  Ausdrucks- 
weisen,  von  denen  auszugehen  ist  und  die  alle  in  älterer  Zeit  nach- 
weisbar sind:  (1)  lo  dicho^  (16)  lo  mio^  (19)  lo  de  Pedro,  (20)  lo  que 
haces  mit  den  konstruierten  lateinischen  Vorlagen:  illud  dictum,  illud 
meum,  illud  de  Petro,  illud  quid  facis,  so  gewährt  es  wirklich  den 
Anschein,  als  ob  hier  nicht  illud  zum  Determinativum,  sondern  das 
Determinativum  ursprünglich  zu  illud  getreten  sei,  wie  das  ja  gewifs 
thatsächlich  in  den  schon  bei  Cicero  begegnenden  Beispielen  illud 
extremum  Plane.  65,  illud  tuum  Caccina  64,  illud  Catonis  u.  ä,  der 
Fall  ist,  welche  Zusammenstellungen  allerdings  noch  nicht  den  fürs 
Spanische  charakteristischen  Sinn  haben. 

Sehen  wir  uns  nun  kurz  die  Fälle  an,  wo  el  vor  neutralem 
Adjektiv  erscheint,  so  zeigt  es  sich,  dafs  sie  durchwegs  nicht  in 
die  besprochenen  Kategorien  passen.  ^  In  den  meisten  Fällen  ist 
ein  wirkliches  Substantiv  gedanklich  vorhanden,  wird  aber  ver- 
schwiegen, sei  es  dafs  die  Sprache  kein  passendes  Wort  dafür  hat, 
sei  es  dafs  es  dem  Sprechenden  auszudrücken  unnötig  scheint  oder 
nicht  gleich  einfallt  frio  in  el  /rio,  vacio  in  el  vacio  waren  Sub- 
stantiva bereits,  bevor  der  Artikel  dazu  tritt,  sie  bedeuten  'kalte 
Temperatur',  Meerer  Raum';  hace  /rio  ist  der  Gegensatz  zu  hace 
ccdor;  man  sagt  un  vacio  VB  80,  el  hórrido  vacio  Ha  Los  am.  18a; 
ähnlich  heifst  el  infinito  der  unendliche  Raum,  die  Unendlichkeit, 
vgl.  el  amor  de  mi  padre  y  el  recturdo  de  mi  madre  . .  eran  la  piedra 
angular  que  me  unia  al  infinito  C  77  (vgl.  dagegen  das  Beispiel 
PJ  82  in  3);  el  fisico  *die  physische  Konstitution'  ist  der  Gegen- 
satz zu  el  alma:  esta  huella  se  marca  no  solo  en  el  /isico  sino  en  el 
alma  Cu.  el  sonrosado,  el  mate  sind  die  rosige,  die  bleiche  Ge- 
sichtsfarbe in  el  sonrosado  y  la  /rescura  de  la  tez  son  hoy  reemplo" 
zados  por  el  pálido  mate  de  los  años  C  1 1  (vgl.  dazu  das  Beispiel  12  b); 
el  esterior  und  el  interior  de  la  habitación  sind  der  äufsere,  innere 
Teil  der  Wohnung  (noch  besser  'das  Interieur'),  lo  interior  de  la 
habitación  das  was  sich  innen  befindet  {el  interior  de  la  habitación 
tenia  indudablemente  cierto  encanto  FO  71  und  dazu  6);  ähnlich  el 
estremo  'das  Ende,  das  Extrem',  ridiculo  ist  'Lächerlichkeit*,  süd- 
deutsch 'Blamage'  (eine  Frau  sagt  VB  öj:  no  pienso  ..  ponerme  en 
ridiculo,  nicht  ridicula)  und  an  derselben  Stelle  tan  poco  cuidado  del 
ridiculo  (vgl.  frz.  le  . .,  un  ridicule)  ;  so  ist  an  der  von  Tobler  zitierten 

*  Also  —  vielleicht  mit  Ausnahme  des  in  17  erwähnten  al  menos  — 
nicht  von  einer  Verwischung  oder  Unsicherheit  des  Sprachgebrauches  nicht 
die  Rede  sein  kann.  Dies  ist  also  das  Resultat  der  Untersuchung,  die  ich 
nicht  aus  Lust  zum  Widerspruch  gefuhrt  habe  —  dazu  sind  die  Meinungen 
Tubiera  viel  zu  vorsichtig  und  zweifelnd  vorgebracht  — ,  sondern  weil  eben 
dieser  zweifelnde  Ton  des  Meisters  zu  erneuter  Nachforschung  geradezu  auf- 
zufordern schien. 


720 

Stelle  esa  virgonzosa  condescendencia  para  el  tscandùlou  que  et  à  wat. 
juicio  d  pecada  capitai  de  la  alia  sociedad  tnadriieiia:  il  euatá» 
wohl  nichts  anderes  als  die  Chronique  scandaleuse,  der  Triti 
tratsch,  wenn  es  nicht  gar  'der  anstofserregende  Meusch*  ist, 
in  PJ  149:  no  hay  nada  Ian  malo  como  e¡  tíedneialo  y  . .  á  les  atai, 
lesos  es  mcneskr  arrojarlos  al  mar  con  una  piedra  ele  molin»  alaát 
pescuezo,  por  lo  contrario  (yi)  steht  zu  gewöhnlichem  ^r  e/ <«nM 
wie  'das  UegeDteilige'  zum  'Gegenteil';  e/  pasado  bejist  die  '< 
gangene  Zeit',  '  Vergangeaheit ',  el  peinado  "das  friäierte  Haai',  ' 
Frisur';  dagegen  lo  bien  calzado  me  agrada  das  gut  Angeiogc&e 
wenn  man  etwas  gut  angezogen  hat,  Mo   £1    I.  D.  D.  I  8, 

Die  Art  und  Weise  schliefslich,  wie  ei  sublime,  ei  necesarit 
fassen  sind,  zeigt  Cuervo  iu  seinen  Anmerkungen  zu  Bello  S. 
Man  gebraucht  í/ í«¿/i>Kf,  ti  pali  lieo  in  der  Rhetorik,  et  safa} 
il  necesario  in  der  Nationalökonomie,  ei  desnudo,  ei  aniigm  ¡n 
Aesthelik  als  termini  technid  und  konnte  ebenso  gut  etwa  in 
Ethik  von  cl  honesta  sprechen  ;  d.  h.  es  sind  philosophische  B^ 
bei  denen  von  dem  Träger  der  Kgenschaft  abgesehen  werden  i 
Abstraktionen,  durch  die  Eigenschaften  vom  Seienden  als  elnat 
sich  Seiendes  hingestellt  werden,  mit  dem  die  Theorie  der 
treffenden  Wissenschaften  zu  operieren  hat.  Dnfs  tfaatsäcblich  iMth 
und  sublime  darin  als  Substantiva  gefühlt  werden,  zeigt  Bei 
welcher  angiebt,  man  könne  sagen:  el  mero  necesario  und  le  m 
mente  necesario,  el  verdadero  sublime  und  lo  Verdaderamente  MÍI 
Einschränkende  AdJL-ktiva  können  wohl  schwerlich  zur  Konstnib 
lo  -f-  Adjektiv  treten. 

Dafs  an  vielen  Stellen  etwa  el  pasado  sowohl  wie  Ío  fiasoA 
sublime  nicht  minder  als  lo  sublime  gesagt  werden  könne,  ohne  » 
sich  eine  merkliche  Differenz  des  Gesamtsinns  einstellt,  soll  da 
nicht  geleugnet  werden.  Zu  behaupten  aber,  dafs  die  Ausdrä 
an  und  für  sich  dasselbe  besagen,  wäre  nach  meiner  Ansicht  ehe 
verfehlt,  wie  aus  dem  Umstand,  dafs  moderne  französische  Schi 
steller  das  Imparfait  oft  dort  gebrauchen,  wo  wir  Passé  definí 
warten,  zu  lolgetn,  dafs  beide  Zeiten  Gleiches  bedeuten  oder 
deuten  können. 

Abkänuneeo. 

GabOiUeFO:  VB  ^  Colección  de  imoccs  espaüoles  (Brockhau»)  31; 
=  Colección  40;  J.  y  Ruf.  =^  Fesenmaii's  spanische  Bibliothek  7;  Tkla 
PJ  =  Peplu  Jiminei".  Madrid  1892:  Cîalderon:  VS,  Pr,  MPr  ^  L.*> 
es  sueBo.  El  principe  constante,  EI  migicö  prndipioso  nach  Krenkcl's  Ai]% 
I,  II;  Moratia  (Mti),  Uoreto  (Mo),  BartisnbuBcb  (Ka)  nach  Akt  1 
.Szene;  Zolllla's  Don  Juan  Tenorio  (DJT),  Breton  de  loe  HerrenM* 
independencia  (Ind.)  nach  Akt  und  Sime:  Oaldos:  FO  ^^  Colecdoa 
C  =  CmIoi  por  ••*.  Paris,  Medina,  1868;  Cervantea'  Don  Quijote  (C 
nach  Buch  und  Kapitel;  Huarte:  ilE  =  Examcit  de  ingenios*.  Aiasierdi 
Kavestein,  1662;  Tmebft;  HC  =  Colección  lo;  La  buenaventura  nach  £ 
pitela;   IbU:  Biblioteca  XV. 

Be  ^  Bello,  Gramálicn  de  la  lengua  castellana  . .  Cuarta  édition  bedu 
de  D.Rufino  Cuervo.    Paris  1892.     Cu  =  Cuervo's  Ñolas  dazu. 

Wgg  =  Wiggers,  Grammatik  der  Spanischen  Sprache*.  Lelpng,  Bfoc 
Lnus,  1SS4.  ,.  ,, 

'      ^  c,uGiiN  Uta 


Notes  on  JEsopic  Fable  Literature  in  Spain  and  Portugal 

Daring  the  Middle  Ages. 

On  approaching  any  theme  connected  with  the  history  o 
JEsopic  Fable  Literature  in  the  Middle  Ages  it  is  natural  to  turn 
first  of  all  to  M.  Leopold  Hervieux's  colossal  publication  on  Les 
Fabulistes  Latins^,  Confining  our  attention  in  the  present  article 
to  manuscript  sources,  let  us  see  what  are  the  statements  that 
M.  Hervieux  makes  concerning  manuscripts  in  Spanish  and  Portu- 
guese libraries. 

The  first  point  to  be  noted  in  this  connection  is  that  M.  Her- 
vieux himself  confesses  to  an  almost  complete  ignorance  of  the 
manuscripts  to  be  found  in  the  libraries  in  question.  In  his  first 
edition  he  makes  the  statement^  that  he  has  not  visited  the  Spanish 
libraries,  and  contents  himself  with  citing  a  single  manuscript  of 
the  collection  of  Walter  of  England  from  Haenel's  well-known  cata- 
logue'. In  his  second  edition  he  cites  three  manuscripts^,  all  in 
Madrid  libraries,  from  which  fact  it  may  be  inferred  that  he  had 
n  the  meanwhile  paid  a  visit  to  the  Spanish  capital. 


•  Leopold  Hervieux,    Les  Fabulistes  Latins  depuis   le   siècle  d'Auguste 
jusqu'à  la  Fin  du  Moyen  Age: 

Tome  I.  Phèdre  et  ses  Anciens  Imitateurs  Directs  et  Indirects,  Paris: 
librairie  de  Firmin-Didot  et  Cie.,  56  Rue  Jacob,  1884.   8^0,  VIII  and  729  pp. 

Tome  II.  Phèdre  et  ses  Anciens  Imitateurs  Directs  et  Indirects.  Pans  : 
librairie  de  Firmin-Didot  et  Cie.,  56  Rue  Jacob,  1884.   8vo,  II  and  852  pp. 

Tome  m.  Avianus  et  ses  Anciens  Imitateurs.  Paris:  librairie  de 
Firmin-Didot  et  Cie.,  56  Rue  Jacob,  1894.    8vo,  III  and  530  pp. 

Tome  IV.  Eudes  de  Cheriton  et  ses  Dérivés,  Paris:  librairie  de  Firmin- 
Didot  et  Cie.,  56  Rue  Jacob,  1896.    8vo,  VIII  and  482  pp. 

Tome  V.  Jean  de  Capoue  et  ses  Dérivés.  Paris:  lij>rairie  de  Firmin- 
Didot  et  Cie.,  56  Rue  Jacob,  1899.    8vo,  VI  and  787  pp. 

Tome  I.  Phèdre  et  ses  Anciens  Imitateurs  Directs  et  Indirects,  Deux- 
ième édition,  entièrement  refondue.  Paris:  librairie  de  Firmin-Didot  et  Cie., 
56  Rue  Jacob,  1893.    8^0,  XII  and  834  pp. 

Tome  II.    Phèdre  et  ses  Anciens  Imitateurs  Directs  et  Indirects.    Deux- 
ième édition,  entièrement  refondue.    Paris:  librairie  de  Firmin-Didot  et  Cie., 
56  Rue  Jacob,  1894.    ^^o,  II  and  808  pp. 
«  See  Vol.  I,  p.  532. 

•  Catalogi  Librorum  Manuscriptorum  Qui  in  Bibliothecis  Gallia»  Hel- 
vetiœ,  Belgiit  Britannia  M„  Hispanice,  Lusuaniœ  Asservantur,  nunc  primum 
editi  a  D.  Gustavo  Haenel.  Lipsiae:  sumtibus  I.  C.  Hinrichs,  1830.  4to,  XII  pp. 
and  1240  cols. 

«  See  Vol.  I,  pp.  583—585. 

Zotschr.  C  rooi.  Phil.  XXV.  ^6 


722 


GEORGE   C.  KBIOEL, 


But  even  so,   his  lack  of  attention  to  this  part  of  his  f 
remarkable,    as  Dr.  HaeDcl',    whom  he  himself  cites,    gives   no  Ii 
than  seven  manuscripts   which   he  had  found  in  Spanish  and  Î 
tugúese  libraries,    only  one    of  which  is  mentioned   by  M.  H« 
even  in  his  second  edition.     But  more  of  this  presently. 

Let  us  now  turn  lo  look  at  the  question  from  a  more  g 
point  of  view.  M.  Hervieux  cites  in  ail  some  three  hundred  a 
ihirty-four  manuscripts,  of  which  only  three  are  from  the  libtanci  | 
of  Spain  and  Portugal,  and  yet  these  libraries  probably  contaii 
round  numbers  a  hundred  thousand  manuscripts,  or  about  < 
tenth  of  all  the  Mediaeval  manuscripts  estant  '.  One  would,  lb 
fore,  expect  to  find  thirty  manuscripts  in  these  libraries  instead  0 
three  if  the  proportion  of  fable  manuscripts  was  approximately  ll 
same  for  Spanish  and  Portuguese  collections  as  for  those  of  o 
countries.  Or  let  us  change  our  point  of  view  slighliy  and  a 
that  whereas  M,  Hervieux  cites  some  fifty-six  manucripts  of  t' 
Bibliothèque  Nationale  al  Paris  with  its  collection  of  say  one  hundrtd 
thousand  manuscripts,  for  Spain  and  Portugal  with  collectiont 
aggregating  ihe  same  figure  he  knows  of  only  three.  Here,  lien, 
we  have  a  proportion  of  nearly  twenty  to  one,  instead  of  the  tra 
to  one  which  we  had  in  the  fiisi  instance. 

This  slate  of  afiairs  wilt  be  found  upon  a  closer  t 
to  be  no  mere  accident,  but  to  be  due  to  two  very  impOlUlt 
facts;  namely,  ßrsi  that  the  jïlsopic  Fable  was  never  a  favsiJlB 
form  of  literature  in  the  Iberic  peninsula,  and  second  that  then  Jl 
a  very  general  ignorance  among  scholars  as  lo  the  mantTyiJp 
treasures  to  be  found  in  Spanish  and  Portuguese  libraries. 

The  first  great  period  of  literature  on  ihe  peninsula  äoM 
with  the  invasion  of  the  Moors  ¡n  7  U  A.  D.,  and  our  evidaw 
concerning  the  ^sopic  Fable  in  Spain  and  Portugal  daring  UHI 
early  lime  is  of  the  very  scantiest. 

The  first  point  lo  be  noticed  is  the  fact  that  the  Greeks  fr 
time    immemorial    had    establishd    certain    trading-posts    in   Ibeò^ 
which  gradually  grew  up  to  be  towns,  and  where  there  must  c 
tainly   have   existed   some   knowledge   of  ihe  ¿îisopic  Fable  in 
Greek  form.     However  this  may  be,  one  thing  at  least  appears  K 
be    assured,    namely    that    no    direct    evidence   concerning    such  | 
knowledge  has_come  down  to  our  day. 

Very  similar  statements  are  no  doubt  true  for  the  s 
Carthaginian  and  Roman  periods,  and  we  have  nothing  definite  II 
engage    our  attention    until  we  come  lo  the  early  centuries  of  o  ' 
era  to  which  reference  is  made  in  a  doubly-erroneous  statement  I 
be  found  in  Amador  de  los  Rios,  which  reads  as  follows'; 


'  See  the  accounts  given  or  the  various  librarící  in  ¡iimn-a.  Jahr^ 
der  Gelehrten  Welt,  herausgegeben  von  Dr.  K.  TiübDei  und  Dr.  F,  He 
Achter  Jahrgang:  :89s— 1899.  Strafsburg:  Verlag  too  Karl  J.  Trüfanri,  il 
limo,  XXIV  and  1 144  pp, 

'  mstoria  Crítica   di  la  Zittraíura  Signala,    pot   Dod  Ja|J  . 


NOTES   ON   JESOPIC   FABLE   LITERATURE.  723 

Sea  ó  no  el  frigio  Esopo  el  Lokman  de  los  árabes,  es  para 
nosotros  evidente  que  la  poesia  griega  recibió  de  la  India  la  forma 
simbòlica  desemejante  si  no  contraria  á  la  unidad  y  perfecta  ar- 
monia de  la  idea  y  su  manifestación  exterior,  carácter  principal  y 
base  de  la  literatura  helénica.  Aceptóla  al  señorearse  de  Grecia 
la  romana;  y  docto  en  el  conocimiento  de  los  historiadores  y  poetas 
que  florecieron  en  aquel  privilegiado  suelo,  cultivóla  primero  el 
español  Hijino,  y  algo  adelante  el  celebrado  Fedro,  . .  . 

Unfortunately  for  Amador  de  los  Rios'  patriotic  claim  of 
priority  over  Phaedrus,  it  turns  out  upon  investigation  that  accord- 
ing to  Suetonius  there  lived  about  the  time  of  our  era  a  certain 
Latin  grammarian  named  Caius  Julius  Hyginus,  who  possibly  was 
bom  in  Spain  and  who  was  placed  by  Augustus  at  the  head  of  the 
Palatine  Library.  Only  fragments  of  his  works  remain  and  there 
is  no  evidence  to  show  that  any  of  them  contained  iEsopic  Fables. 
Another  writer  named  Hyginus  Gromaticus,  who  probably  flourished 
in  the  second  century,  was  possibly  the  author  of  the  well-known 
lÀÒer  Fabularum  among  other  things,  but  this  work  deals  only  with 
mythological  legends  ^ 

The  next  matter  to  engage  our  attention  in  coming  down  the 
centuries  are  the  statements  found  in  the  writings  of  the  celebrated 
St  Isidor  of  Seville.  This  well-known  Spanish  author  was  bom  at 
Carthagena  about  570  A.  D.,  and  died  at  Seville  in  636.  In  his 
Origines t  Bk.  i,  chap.  XXXIX,  we  find  the  following  statements  2: 

Has  [fabulas]  primus  invenisse  traditur  Alcmon  Crotoniensis: 
appellanturque  iEsopicae,  quod  is  apud  Phrygas  in  hac  re  polluit 
Sunt  autem  fabuiae  aut  iËsopicae  aut  Libysticse.  ^sopicœ  sunt, 
cum  ammalia  muta  inter  se  sermocinasse  fìnguntur,  vel  quae  animam 
non  habent,  ut  urbes,  arbores,  montes,  petrae,  ñumina.  Libysiicœ 
autem,  dum  hominum  cum  bestiis,  aut  bestiaram  cum  hominibus 
fìngitur  vocis  esse  comercium. 

From  these  quotations,  and  the  few  stray  fables  which  he  cites, 
it  would  appear  that  St  Isidor  was  acquainted  with  iEsopic  Fable 
Literature,  but  just  how  much  knowledge  of  them  this  would  imply 
both  in  his  own  case  and  in  that  of  his  fellow-countrymen  it  would 
be  hazardous  to  attempt  to  estimate. 

I  think  we  may,  however,  safely  assume  that,  whatever  the 
knowledge  of  Phaedrus  and  the  Greek  fabulists  may  have  been  in 


de  los  Ríos.    Tomo  III.    Madrid  :  imprenta  de  José  Rodriguez,  Factor,  num.  9, 
1863.    8vo,  Vm  and  703  pp.     See  p.  471. 

*  Dictionary  of  Greek  and  Homan  Biography  and  Mythology,  edited 
by  William  Smith.  Vol.  11.  London  :  . . .  John  Murray,  Albemarle  Street, 
1849.    8vo,  Vni  and  1219pp.     See  pp.534 — 536. 

•  Corpus  Gravntnaticorum  Latinorum  Veterum;  collegit,  auxit,  recensuit 
ac  potiorum  lectionis  varietatem  adiecit  Fridericas  Lindemannus,  sociorum  opera 
adiutus.  Tomas  III.  Isidori  Hispalensis  Episcopi  Etymologiarum  Libros  XX, 
Continens,  Lipsise:  sumptibos  B.  G.  Teabneri  et  F.  Ciaadii,  1833.  4^»  "^^T 
and  702pp.    See  pp.65 — 66. 

46* 


724  GEORGE   c  KxnysL, 

ibe  Iberic  peainsula,  the  widely -disseminated  coILectioD  oí  k'áEm\ 
which  was  composed  in  the  fourth  ceotnry  of  our  era  mni  1; 
this  time  have  Tound  its  way  into  Spain.  Indetid  the  veiy 
definite  statement  as  to  a  wtanuícrípi  containing  y£sopk  Fibta 
which  we  have  is  one  concerairg  Avianus  in  the  ninth  centej. 
This  falls  wilhia  the  second  great  pencxl  of  Spani&b  literUue  < 
a  time  when  the  Moorish  invasion  bad  nearly  obliteiaud  SpanA 
literature  and  pressed  the  imconqnered  remnant  of  ibe  peoffc 
almost  into  the  Atlantic  Ocean. 

Dr.  Rudolf  Beer  in  his  work  on  Spanish  Ubranes'  cuti  1 
passage  fiom  Alvaius,  Vita  Beati  Eitíogü,  which  states  that  EokigB 
of  Cordova  made  a  jouisey  in  the  year  848  to  sundry  mocaitBie 
In  that  of  San  Zactiaiias  at  the  foot  of  the  Pyrenees  be  wu lindi 
received,  and  the  Abbot  Odoaiius  presented  him  with  a  nonb! 
of  maauscripls  among  ibem  "Arieni  fabulas  métricas",  whidinaj» 
scripts  it  is  recorded  he  faithfully  carried  back  to  Cordova  fot  ik 
use  of  his  fellow-monks.  This  scanty  notice  indicates  thai  S» 
Zacbarias  must  have  had  a  manuscript  of  Avianus  ht/ort  %s,l  K.\¡, 
33  the  abbot  would  hardly  give  away  his  original,  but  probi^' 
only  a  copy;  and  that  the  monastery  at  Cordova  had  one/" 
848  A.  D.  Dr.  H.  Draheim  in  his  Bericht  ü6er  die  Utltrtìt'  - 
Phaedruí  umi  Avianus  Jar  die  Jahre  iSga  —  '894  also  dia  i 
manuscript^  after  M.  Manitius^ 

After  this  date  of  848  A.  D.  we  come    to   a   long  blank  pc- 
in    the    history    of  ¿Esopic  Fable  Literature   in   Spain  and  Po(9, 
ending  for  us  finally  about  the  year  1225  A.  D.,   which  is  thsl 
claimed    by    Amador    de   los    Rios   for  MS.  i  10    of    the   Bibli 
Nacional  at  Madrid^.    But  here  again  our  Spanish  author 
to    bave    made   several    grievotis  errors,  for  M.  Hervieojt^  d 
this  same  manuscript  at  leogtb  and  assigns  it   to   the  fifteenth  I 


'  Mandichri/Iciuchälie  Spaniens;    Bericht    über    eine    im    , 

kaiseilichcn  Akademie  der  Wissen  schiften   in  den  Jahien    1886 iBSs'- 

geiühtte  ForsehunRsrcise.     Von  Dr.  Rudolf  Beer,    Amaauensis   der  L  k.' 
bibliotbek.     See  VI,  Abhandlung  ia  Sittutigibtrichte  der  PAi/oiophitek-i 

iseheit   Clane    der  KaistrHchen  Akademie   dtr   ^^''issenschafleH,      Hoiidi. , 

un  dz  winzigster  Band.  Wien:  in  Cammission  bei  F.  Te  mp&k  y ,  tSgi.  Svo,  fUlf 
See  pp.  19 — 10.  Continued  in  succeeding  volumes  dawn  lo  VoL  (31,  l<» 
Also  published  separately  under  ihe  date  1694;  rcrercncss  are  ^ytnx<^ 
last-named  form. 

■  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  Uassischen  A/UrlMumrm^^* 
sckajl!  begrüniiel  von  Conrad  Bursjan,  herausgegeben  von  Iwan  t.  llñlWi 
Vieiundachtiigsier  Band;  Dteiundiwaniigster  Jahrgang  1895.  Zwdie  i> 
theilung:  Lateinische  A'íisii/ttr.  Berlin:  Verlag  von  S.  Calvary  Sc  Co.,  Luis» 
slrafsc  31,  NW.,  1896.    8vo,  IV  and  310  pp.     See  p.  248. 

'  Rheinisches  Museum  für  Philolagie,  heraasgeget>ca  von  Otto  Rildiat 
und  Franz  Buechcler.  Neue  Folge:  Sieben  und  Vierzigstet  Band,  EiHbuine* 
heA.  Phüologisches  aus  Altea  Bibìictheistatatog-en  {bis  liool;  cimmax» 
gestellt  voD  M.  Manitius.  Frankfurt  am  Main:  J.  D.  Sanerläadei'i  Vtria 
1S93.   8vo,  Viti  and  152  pp.     See  p.  I12. 

'  Op.cit.,  VoLin,  p.472. 

•  Op.  fit..  Vol.  I,  ad.  ed.,  p.  584. 


NOTES   ON  ÄSOPIC  FABLE  LITERATURE.  725 

taiy,  instead  of  two  centuries  earlier.  Furthermore  Amador  de 
los  Ríos  was  completely  in  the  dark  as  to  the  nature  of  the  col- 
lection before  him,  and  calls  it  merely  HorhUus  from  a  word 
occurring  in  the  prologue.  M.  Hervieux,  however,  very  properly 
describes  it  as  one  of  the  numerous  manuscripts  containing  the 
Latin  collection  of  Walter  of  England. 

This  ends  what  may  perhaps  most  fittingly  be  called  the 
legendary  history  of  the  iÉsopic  Fable  in  Spain  and  Portugal,  and 
brings  us  down  to  the  fourteenth  century  when  authentic  records 
in  this  special  field  for  the  first  time  become  available.  We  now 
come  to  a  series  of  manuscripts,  which  will  be  taken  up  in  chrono- 
logical order. 

I.  Walter  of  England:  Madrid,  Bib!.  Nac,  Aa«  163 

(ab.  1350). 

Of  the  various  documents  that  go  back  to  the  fourteenth 
century  probably  the  oldest  is  a  manuscript  of  the  fables  of  Walter 
of  England,  which  was  first  mentioned  by  Haenel  in  his  well- 
known  work  already  dted^: 

Madrid,  Biblioteca  del  Rey,  Aa.  163.  issopi  fabulse;  membr.  4. 

M.  Hervieux  refers  to  this  manuscript  and  Haenel's  catalogue 
in  his  first  edition  2,  and  states  that  the  fables  are  attributed  by 
the  author  of  the  accompanying  commentary  to  a  certain  Garicius, 
which  is  only  one  of  a  host  of  names  given  by  various  authorities 
as  that  of  the  author  of  the  Walter  of  England  collection.  Whence 
he  may  have  derived  his  information  on  this  point  it  is  impossible 
for  me  to  say,  as  Haenel  assuredly  gives  no  hint  of  all  this,  and 
M.  Hervieux  himself  says  on  the  same  page  that  he  has  not  visited 
the  Spanish  libraries. 

in  his  second  edition  ^  M.  Hervieux  gives  quite  a  lengthy 
description  of  this  manuscript,  which  seems  to  be  the  result  of  a 
personal  inspection.  Here  we  are  told  that  the  manuscript  con- 
sists of  forty-one  folios  in  a  Gothic  hand  of  the  fourteenth  century, 
the  scribe  apparently  being  unfamiliar  with  the  Latin  language. 
The  first  twenty-five  folios  contain  the  epigrams  of  Prosper  Aqui- 
tanicus,  a  Christian  writer  of  the  fifth  century,  after  which  come 
the  fables  of  Walter  of  England,  sixty-two  in  number  with  the 
heading  in  a  somewhat  later  hand  Garicii  prologus,  while  at  the 
end  we  find  Explicit  liber  Esopi. 

2.    Jayme  Domenech,  Resumen  Hisioriale  (ab.  1380). 

We  will  next  turn  our  attention  to  Catalan  literature  in  order 
to  consider  the  claims  of  the  Dominican  Jayme  Domenech,  Inquisitor 
of  Mallorca.     Towards   the  close   of  the  fourteenth  century  when 


1  Sec  col.  965. 

»  Of,  cit..  Vol.  I,  p.  532. 

•  Op,  cit,.  Vol.  I,  2d.  ed.,  pp.  583—584. 


726  GEORGE   C.  KHIDBL, 


Pedro  IV  of  Aragon  was  patTomiiiig  bistoriaDS  and  tbeii  « 
instigated  Jayme  Domenech  to  undertake  the  translation 
Speculum  Historiak  of  Vincentius  Beliovacensis  into  Catalan.  SJ 
Fatio  in  his  Kaialaniscke  Lilteratttr'^,  and  Dr.  Otto  Denk 
history  of  Catalan  literature'  both  make  statements  to  tfa 
that  Jayme  Domenech  did  not  actually  translate  fais  orígii 
merely  paraphrased  iL  As  the  Catalan  work  is  inaccessibk 
I  am  unfortunately  unable  to  decide  whether  its  author 
the  short  collection  of  ^sopic  Fables  found  in  his  original, 
It  seems  worth  while,  at  all  events,  to  record  these  facts 
present  investigation.  Two  references  lo  manuscripts  of  this 
monument  which  have  been  found  by  me  are  as  follows: 

Dr.  Beer,  op.  cil.,  p.  Tfi,  cites  Villanueva,  Viaje,  tarn. 
pp.  212  —  266,  as  giving  in  his  description  of  the  now  di 
Biblioteca  del  CArmen  Descalzo  of  Barcelona  the  following 

(8)  Jaime  Domcnech,  Compendio  historial,  s.  XV  [L.  3 

Again  on  p.  522  the  same  authority  quotes  from  Vili 
Viaje,  torn.  IV,  pp.  132  ff.,  in  describing  the  now  dispersed 
teca  del  Real  Convento  de  Predicadores  at  Valencia   as  coni 

(10)  Jaime  Domenec,  Historias  desde  el  princìpio   del  1 

3.    Vincentius  Betlovacensis,  Specula  HisioriaU 

Doctrinale  (1381). 
The  next  point  along   the  line  is  a  mention  of  a  mai 

of  the  Speculum  Historiale,  intended  also  perhaps  to  indu 
Speculum  Doctrinale,  of  Vincentius  Beliovacensis  in  the  will  o 
zalo  Perez  of  Pontevedra  in  the  year  1381,  Cf.  Dr.  Beer, 
p.  409. 

4.    Vincentius  Beliovacensis,  Speculum  Htstoriale  (1 

The  private  librar}'  of  King  Martin  11  oF  Aragon  at  Bai 

contained  at  bis  death  in  1410  a  manuscript  of  the  .Sj&iirttAoii 

riale  of  Vincentius  Beliovacensis.     Cf.  Dr.  Beer,  op.  cit.,   p.  g^ 

5.  Vincentius  Beliovacensis,  Speculum  Historiale  (&h. 
To   the   fifteenth  century   is   assigned  by  Dr.  Haenel, 
col.  958,  a  manuscript  in  six  lolio  volumes  containing  the  Sß 
Historíale  of  Vincentius  Beliovacensis,  which  was  found  by 
the  Bibl.  S.  Lorenzo  del  Escorial  in  1822. 


'  See  pp.70 — 118  in  Grundrifs  der  Komaniíc/ieii  Philologie; 
gegeben  von  Gustav  Gröber.  II.  Band,  1.  Abteilung.  Straüburg: 
Tnibner,  1S97.    Sto,  VIII  and  496  pp.     See  p.  115. 

'  EinfüfiruHg  in  die  Gesc/iichte  der  Aücalalanisclun  LUterat 
deren  Anfängen  bis  tum  18.  yahrhundcrt.  Mit  vielen  Proben,  biblk)^ 
kritiscben  Noten  und  Einem  Glossar.  Von  Dr.  V.  M.  Olio  Denk,  coitcj 
gtied  der  Kgl.  Academic  der  Bucnoi  Llctias  in  Baicelona.  München; 
und  Verlag  der  Müncbner  ïlandeUdruckerei  (Veilagsuistalt  M.  Poesl' 
8vo,  XXXVrn  and  iiopp.    See  p.  36.  


NOTES   ON  ÌESOPIC  FABLE  LITERATURE.  727 

6.  Vincentius  Bellovacensis,  Speculum  Historiale  (ab.  1450}. 

Dr.  Haenel,  op,  ciL,  col.  looi,  also  mentions  a  manuscript  of 
the  Speculum  Historiale  of  Vincentius  Beliovacensis  in  two  volumes 
as  being  preserved  in  the  public  library  of  Valencia»  which  we 
may  tentatively  assign  to  the  fifteenth  century. 

7.   Vincentius  Beliovacensis,  Specula  Historiale  et 

Doctrinale  (ab.  1450). 

Dr.  Haenel  also,  op,  dt,,  col.  1035,  mentions  "Vincentii  Belio- 
vacensis specula  maxima,  de  differente  tempo,  marca,  ordem  e 
carácter;  membr.  fol.*',  as  being  preserved  in  1823  in  the  Biblio- 
teca Real  da  Corte  at  Lisbon  under  the  numbers  A.  5.  i — 7. 
Perhaps  a  printed  edition  is  here  denoted. 

8.    ^sopus  Latine  (ab.  1450). 

Dr.  Haenel,  op,  at,,  col.  1002,  mentions  an  jE^us  Latine,  an 
octavo  parchment  manuscript  numbered  185  in  the  public  library 
of  Valencia.  No  date  is  assigned,  and  so  we  may  put  down  the 
fifteenth  century  as  most  probable.  On  such  slight  data  it  is  im- 
possible to  say  which  of  the  many  Latin  collections  the  manuscript 
in  question  contains,  and  we  can  only  venture  to  surmise  on 
general  principles  that  it  is  the  widely  disseminated  work  of  Walter 
of  England. 

9.   Walter  of  England:  Madrid,  Bibl.  Nac.  no  (ab.  1450). 

M.  Hervieux  in  his  second  edition,  Vol.1,  p.  584,  describes 
this  as  a  paper  manuscript  of  quarto  size  with  one  hundred  and 
twenty  folios  in  a  hand  of  the  fifteenth  century.  It  contains  two 
works,  the  first  a  religious  poem  occupying  eighty  folios,  and  the 
second  the  well-known  collection  of  Walter  of  England,  breaking 
off  in  the  middle  of  the  fifty-eighth  fable,  but  having  a  subscription 
in  an  old  hand  which  shows  that  the  few  leaves  missing  at  the 
end  were  lost  very  early. 

10.    Quesopete  en  Latin  (1460). 

Dr.  Beer,  op,cit,,  pp.  116 — 117,  reports  that  in  the  inventory 
made  in  1460  at  the  death  of  the  celebrated  statesman  and  scholar 
D.  Alvar  Garcia  de  Santa  Maria  of  Burgos  there  occurs  the  following 
curious  entry: 

(16}  Otro  librete  que  es  quesopete  en  papel  en  latin  cobierto 
de  prieto. 

Here  again  we  may  on  general  principles  surmise  that  we  have 
a  manuscript  of  Walter  of  England,  and  we  can  be  certain  that 
it  was  not  a  printed  book  as  the  earliest  edition  of  i^sopic  Fables 
in  any  language  was  not  issued  from  the  press  until  the  following 
year.  As  for  the  unusual  form  "quesopete''  I  find  a  note  by 
M.  A.  Morel-Fatio,  LIsopo  Castillan,  in  Romania,  Vol.  XXIII  (1894), 


738  GEORGE    C.  RBtOBL, 

p.  563,  ¡D  explanation  of  the  title  Itopeu  fu'síoriado.  which  reaò 
as  follows: 

Ce  diminutif,  venu  de  France,  était  volontiers  prononcé  Gia»- 
peU  par  le  peuple  castillan  (cf.  Don  Quùholte,   part.  I,  ch.  25). 

The  description  "quesopete  en  papel  en  latin"  which  we  haw 
here  would,  theiefore,  indícale  an  acquaintance  of  some  soil  with 
the  Old-French  ysopits,  whose  particular  character  it  is  anposMe 
to  detenni  ne. 

II.    Ytùptt  dt  Laxaga  {bef.  14Ö1). 

Dr,  Beer,  op,  dl.,  pp.  397 — 398,  makes  certain  stalemenits  eoo- 
ceraing  the  private  library  of  Carlos  III  of  Navarre  fonneilf  it 
Pamplona,  quoting  from  Lidniano  Sáez,  Dtmosiracion  hûtirita  at 
verdadero  valor  de  tädus  lai  monedas  que  (orrian  en  Caifitía  Arw^ 
ü  reynado  del  Señor  Don  Enrique  III.,  ele,  Madrid,  1796,  p.  371- 
The  passage  which  interests  us  reads  as  follows: 

£1  Rey  DOu  Carlos  III  de  Navarra  no  fué  menos  amante  de 
libros  que  Don  Alonso  el  Sabio,  y  para  satisfacer  su  deseo,  compró 
diferentes  librerías,  y  entie  ellas  la  de  los  Padres  Dominicos  de 
Estella,  y  la  de  su  Cambarlen  Mosen  Pierres  de  I^axaga.  £1  naoxfO 
de  Códices  de  que  se  componian  algunas  de  estas  librems  do 
consta.  De  la  de  su  Cambarlen  se  sabe  se  reducía  á  (1)  ...-: 
(4)  Ítem  un  Romanz  Isopet;  .  .  . 

Five  manuscripts  in  all  are  mentioned  in  this  list,  and  b 
ihey  all  seem  to  be  French  works  and  the  pure  Old-French  foe 
liopet  offers  an  additional  support,  we  may  safely  infer  that  ■ 
have  here  another  manuscript  of  an  Old-French  Vsopet,  presumir 
ag;ain  of  that  of  Marie  de  France. 

As  King  Carlos  UI  of  Navarre  died  in  1461,  and  as  we  £: 
informed  that  he  bought  the  librar}'  of  his  Chamberlain  Mose 
Pierres  de  Laxaga,  ¡I  follows  that  the  manuscript  in  question  wss. 
have  been  in  the  possession  of  the  latter  some  time  before  1401- 
An  investigation  into  the  Chamberlain's  biography  might  pediaiii 
give  ground  for  further  conjectures, 

12.    Ysopel  de   Viani  (1461). 

In  1461  D.  Carlos  de  Aragon,  Principe  de  Viana,  died  ano 
we  have  had  preserved  to  us  an  Inventario  dt  los  bienes  del  Priiui}< 
de  Viana  made  in  that  year  and  including  ihc  contents  of  hi> 
private  hbrary  at  Barcelona,  Dr.  Beer,  op.  cit.,  pp.  85 — 88.  givet 
an  extract  from  this  document,  under  which  on  p.  86  we  find  the 
interesting  entry: 

(60)  Item  Isop  en  francés. 
As  far  as  I  know  no  attempt  has  been  made  to  identii}'  this 
manuscript,  though  llie  bare  fact  of  its  formerly  having  eidsted  has 
been  mentioned  several  times.  On  general  grounds  it  seems  luci}' 
that  this  was  a  manuscript  of  the  Ysopet  of  Marie  de  France,  and 
it  is  quite  possible   that  a  little  careful  investigation   in  the  proper 


NOTES  ON  JESOTIC  FABLE  LITERATURE.  729 

qaarter  would  throw  more  light  on  this  missing  manuscript,  as  well 
as  on  the  various  others  which  have  been  noted  as  having  formed 
part  of  certain  Spanish  libraries  now  dispersed. 

13.  Walter  of  England:  Academia  de  la  Historia,  45  (1476). 

We  return  once  more  to  M.  Hervieux's  descriptions  of  manu- 
scripts in  the  Madrid  libraries  and  note  that  in  his  second  edition, 
Vol.  I,  pp.  584 — 585,  he  mentions  a  manuscript  of  Walter  of 
England  in  the  library  of  the  Academia  de  la  Historia,  45.  It  is 
a  quarto  manuscript  containing  the  usual  text  in  an  Italian  hand 
with  the  subscription: 

Bononie  G.  Monet.     Scripsit  1476. 

A  note  at  the  bottom  of  fo  iro  reads: 
Collegii  Soc.  Jesu  d.  Ignatii,  Pollentini. 

The  history  of  this  manuscript  is,  therefore,  quite  adequately 
known,  which  has  not  been  the  case  for  any  of  those  hitherto 
mentioned. 

14.    ^sopus  en  Griego  (1497). 

Dr.  Beer,  op,  cit.,  pp.  420 — 424,  gives  us  certain  information 
concerning  the  Biblioteca  Universitaria  of  Salamanca.  The  Uni- 
versity of  Salamanca  was  founded  by  Alfonso  el  Sabio  in  1254, 
and  its  library  is  considered  to  be  the  oldest  university  library  in 
Spain  Í.  In  1497  ^-  Alonso  Ortiz,  a  Canon  of  Toledo,  presented 
the  library  with  six  hundred  volumes  of  Greek  and  Latin  authors 
probably  including  both  printed  and  manuscript  copies.  Dr.  Beer 
quotes  from  La  Fuente's  catalogue  ^  and  among  oüier  entries  we 
find  the  following: 

(4)  Aesopus,  obras  en  griego. 

From  the  history  of  the  library  we  would  infer  that  this  was 
a  manuscript  coming  from  the  collection  of  D.  Alonso  Ortiz,  but 
its  earlier  history  and  the  character  of  its  contents  remain  con- 
jectural. 

Dr.  Haenel,  op,  cii,y  col.  976,  complains  that  he  was  not  per- 
mitted to  visit  this  library,  and  hence  we  find  no  detailed  list  of 
its  manuscripts  in  his  work.  One  more  point  which  may  be  noted 
in  this  connection  is  that  if  this  is  in  reality  a  manuscript,  and 
not  a  printed  book,  it  is  to  be  added  to  the  list  of  Greek  manu- 
scripts given  by  August  Hausrath  in  his  Unter suchungen  zur  Über^ 
lieferung   der  Äsopischen  Fabeln\ 


*  See  Dr.  Beer,  op,  cit,,  pp.420 — 421. 

*  José  La  Fuente,  Vicente  y  Urbina,  Catálogo  de  los  Libros  Manuscritos 
que  Sí  Conservan  en  la  Biblioteca  de  la  Universidad  de  Salamanca,  formado 
y  publicado  de  orden  del  Señor  Rector  de  la  misma.  Salamanca,  1855.  8vo, 
75  pp.     {Non  vidimus.) 

■  See  pp.  245 — 312  of  the  jfahrbucher  fur  Classische  Philologie,  heraus- 
gegeben von  Alfred  Fleckeisen.  Einundzwanzigster  Supplementband.  Leipzig: 
•Druck  und  Verlag  von  B.  G.  Teubner,  1894.  ^^o»  ^V  and  616  pp.  plus  map. 
See  p.  312. 


730      GEOROE  C,  KKIDKL,   NOTES  ON  «SOPIC  FABLE  I-ITERATÜRE, 

15.    Iioptle  en  Somance  (ab.  1500). 

M.  Morel-Fatìo  in  the  article  already  cited,    p.  575,    refere  t 
the  Memorias  de  la  Reaì  Academia  de  la  Hisloria,    t.  VT,  p.  459, 
marking  in  this  connection: 

Enfin,    on    aimerait    aussi  savoir  si  les  deux    exemplaires  d'j^ 
"Isopete  en  romance"  qui  figurent  dans  le  catalogue  de  la  bibl 
thèque  d'Isabelle  la  Catholique  représentent  le  texte  de  Saragosse: 
cela  est  probable  mais  non  prouvé. 

While  this  surmise  is  probably  entirely  justified,  it  is  also 
possible  that  Mediaeval  manuscripts  ale  in  this  case  meaiiL 

16.  Libro  dt  los  Gatos. 
This  is  the  best  known  of  all  the  Mediaeval  Spanish  &ble 
collections,  but  an  attempt  to  obtain  any  information  conccroing 
the  manuscripts  was  completely  baffled  by  the  frequentij-  recurring 
Asi  en  ei  (¿dice  in  the  footnotes  of  Pascual  de  Gayangos*  well-knotn 
edition',  W.  Hetvieux  gives  quite  an  account  of  the  collection^ 
but  says  nothing  of  any  manuscript  of  this  translation  of  the  fables 
of  Odo  of  Sherington^. 

As  no  systematic  account  of  the  disopie  Fable  manuscripti 
in  Spanish  and  Portuguese  libraries  has  hitherto  been  publiahwi, 
it  is  hoped  that  the  above  list  of  bibliographical  references  to  the 
special  lîeld  under  consideration  may  form  the  starting-  point  somt 
day  for  further  and  more  thoroughgoing  investigations  on  the  p» 
of  some  scholar  who  makes  a  specialty  of  Spanish  literature. 

■  See  pp.543 — j6o  in  BibUeteca.   de  Auteris  EspahoUs    dtitU   ¡a 

macioK  del  Lenguaje  Hasta  Nuestras  Dias.    [Tomo  LI.]    Escritores  «i  J 

Anteriores  al  Siglo  XV,  recogidos  é  itustiados  por  Doa  Pascual  de  GannMi 

Madrid:  M.  Rivadeneyr»,  impresor,  edilor,  Ca"-  ••-  '-  »»--' —    -     -- 

XXll  aod  607  pp. 

»  Op.  cu..  Vol.  IV,  pp.  106 -log. 

'  Cf.   also   Hermann   Knust,   Das  Libra  dt  las  Gatos,    pp.  i ^j 

119^141  in  yahrbuch  für  Romanische  und  Englische  Literatur;    iiiita 
sonderer  MttwirlniDg   von  FerdioiDd  Wolf  tmd  Adolf  £bcrt,    heransgegebM 
von   Dr.  Ludwig  Lemcke.    Sechata  Band.     Läpdg:    F.  A.  Brodehaus,  iSiS- 
See  p.  125. 


Madera  S, 


"-J 


George  C.  Keiobi. 


VERMISCHTES. 


I.  Znr  Lautlehre. 

Zum  Uebergang  von  intervokalischem  i  zu  d 

im  Vulgärlatein. 

Hierüber  hat  Schuchardt  Vokalism.  des  Vulgärl.  I  p.  126  und 
III  p.  64  und  nur  ganz  kurz  Meyer-Lûbke  im  Grdr.  d.  Roman.  Phil. 
I  p.  363  gehandelt;  letzterer  hat  andere  Beispiele  als  Schuchardt 
nicht  gebracht.  Von  den  Schuchardtschen  Beispielen  übergehe  ich 
die  den  Handschriften  entlehnten,  weil  sie  entweder  zu  unsicher 
sind  oder  in  zu  späte  Zeit  fallen,  und  prüfe  nur  die  inschriftlichen. 
Die  älteste,  Donada  —  aus  Pompei  angeblich  herstammend  — ,  ist 
wohl  zu  streichen;  denn  C.  L  L.  IV  ist  sie  nicht  aufgeführt  und 
Schuchardt  selbst  p.  1 1  Â.  2  erklärt  „um  von  den  Phantasieen 
Garucci's  über  pompej.  GraffiUi  zu  schweigen".  Auf  Badaus  (Grut. 
535»  ^)  gebe  ich  nichts,  weil  es  ein  Fremdwort  ist;  ebenso  wenig 
auf  Chandis  (Grut.  61 1,  5),  da  der  Genitiv  auf  "idis  analogisch  nach 
Wörtern  wie  Laidts  etc.  gebildet  sein  kann.  Ebenso  wenig  gehört 
Primtdtus  hierher;  denn  die  Bildung  ist  dieselbe  wie  in  Sextidia 
CI.  L.  IX  2134,  Octavidtus  CI.  L.  IX  2412  etc.  Auch  idem  braucht 
nicht  aus  item  entstanden  zu  sein;  denn  in  idem  hat  sich  im  Latein 
die  Bedeutung  „ebenfalls,  ebenso"  nicht  minder  entwickelt:  Cicero 
phiiosophus  idemqtu  orator,^  Es  blieben  dann  von  allen  Beispielen 
nur  dodationis  (Or.  1175,  jetzt  C  I.  L.  VI  14672)  und  imudavit  (jetzt 
C  I.  L.  II  462  aus  Emérita  in  Lusitania).  Zu  letzterem  bemerkt  der 
Herausgeber  jjmudavit  rustice  scriptum  est  pro  immutavit**  und  be- 
züglich des  ersteren  ist  im  C  I.  L  VI  die  Verbesserung  gemacht 
do{n)ationis.  Aber  warum?  Der  Text  dieser  Inschrift  weist  so  vul- 
gäres Latein  auf  —  z.  B.  opter  für  propter^  devevet  für  dehebiU  ho^ 
luerity  amnegavefit  für  ahnegaverii  — ,  dafs  wir  auch  diese  Form  ihr 
zutrauen  können. 

Ich  ziehe  nun  noch  folgende  inschriflliche  Beispiele  hieher: 

I.   Epic  a  dus.     C  I.  L.  IV  S.  I  n.  CX  liest  der  Herausgeber 

Lucreii  EpiCyyadi^*  und  fügt  A*  5  noch  hinzu  „sic  lego",  und  ebenda 

n.  LXXXIU,  wo  M,  Lucreti  Epica,  gegeben  wird,  bemerkt  er:  „Hoc 

loco  et  fortasse  n.  CX  Epicadi  nomen   agnoscendum  esse  mihi  vi- 


*  Margaridae  fur  margaritaeì  cf.  Schuchardt  III  p.  64.     Aber  es  gab 
ja  nach  Pape  fAaQyaQÍÓr¡c  neben  fÂaQyoQÎtijç, 


y¡2  VERMISCHTES.     ZVf.    GRAMMATIK. 

detut".  Wir  hätten  damit  ein  ziemlich  sicheres  Beispiel  aus  Pompei 
lind  KUgleich  aus  dem  1.  Jahrhandert  der  Kaiserzeiu  Ich  entáime 
als  hieher  gehörig  noch  C.  Obàtìus  C.  I.  Epicadus  (C  !•  L.  X  5081 
aus  Atina)  und  den  noch  älteren  Epiead{us)  Pop{iUi)  L.  1.  in:;-. 
Caesar.  T,  Slolii.  cos.  {a.  u.  c.  728)  aus  Capua  (C.  I.  L.  X  3790).    Di..- 

urbane  Form   sehen   wir   noch   in    us  M.  /.   Efñeatus  C  L  L  \ 

8378  und  AureUus  Epkatms  C.  I.  L.  111  920.  Epicatus  halte  ich  lui 
entstanden  aus  Äpieatus  —  vgl.  Ennìiis  nehen  Anni'us  —  l'eew.  a/i- 
(alus;  vgl.  /..  ApicalHs  C.  1.  L.  X  8042  (15),  P.  Apicahis  C  L  I-  VI 
12126  etc.  —  Apicala  hiefs  die  Frau  des  Seiaa  — . 

2.  Atnbadus[ii).  Das  in  Spanien  so  häufig  vorkommenóe 
c  Amhalus(a)  —  I9  Ambali  neben  9  Ambatae  im  C.  I.  L  II  —  weist 
den  Uebergang  von  /  :  d  dreimal  auf.  C.  I.  L  11  5709  (Leon)  Aie- 
badus  Palari,  ebenda  n,  2909  {Villaffanca  de  Oca)  Va/erta  Ambii<¡.¡: 
hb.  und  ebenda  n,  2908  (Villafranca  de  Oca)    Corntliat  Ambadat, 

3.  Extricadus.  C  1.  L.  111  3620  (Pannonia  Inferior  bei  Aqtun- 
cum  im  heutigen  Kovácai)  steht:  PraiienU  tí  Exlritado  ect^  die 
Inschrift  fällt  in  das  J.  217  p.  C  Die  gewöhnliche  Form  Exin- 
catut    (urspr.  Partidp    von    txlncarè)    findet   sich    C.  I.  L.  VIII  654; 

4.  Gavadiui.  Während  bei  Fabrelti  (Raff.)  p.  624  und  ioti 
eine  Gaivlia  coniunx  erwähnt  wird,  begegnet  uns  C.  1.  L.  VI  24259' 
.4^11  Q. /.  Veli  Gonadi.  Ich  halle  den  Namen  für  weitergebîldc: 
aus  dem  n.  g.  Govsus.  Sieht  die  bei  H.  S.  Or.  n.  5937  . 
manien  erwähnte  Gottheit  Malronis  Gavadiabus  za  diesem  NaiM  | 
etwa  in  Verbindung?  C.  I.  L.  XII  1290  (Gallia  Narbonensis  Vai 
findet  sich  eine  Gavia/ia  Q.  I.  Àttica. 

5.  Amala.     C.  1.  L.  VI  26552    Alhmia  Amada;    eine    Parali* 
dazu    wird    von    Schuchardt  III   p.  64    aus    Le  Blanl    J.  Chr.  de  Itfl 
Gaule  576a  ciliert  —  die  Inschrift  heñndcl  sich  in  Sivaus.  — .  Nadifl 
Le  Blant    „eile  se  ratlache  ...  à  l'ouest  de  la  Gaule  el  appartid 
au  VI'  siècle".    Amala  ist  ein  haufìges  c,  z.  B,  Lotlia  Amala  C  1- 1 
VI  33517  und  sonst    Vgl,  auch  Bramb.  n,  805  et  Amadiae  Snifr 

6.  Novadas  cf.  C.I.  L.  IX  881   Novado    (iweimal)  —   die 
Schrift  stammt   aus  Lucerla  —  neben  NoiHiliu,    so  z.  B.  C  L  L.  D 
4885  L.  Flavim  Novaita. 

7.  Allius  I Corradi/.  AV^«- C.I.L.XU  3437  neben  Oirtik 

so  z,  B,  C.  I,  L.  VII  1270.     Nachträglich  ezwähne  icli   noch  t-VAid«»' 
C.  1.  L.  XII  3984,  Benennung  nach  der  TruppengattDog  aceeitn  velati. 

A.   ZlMMEKMANN. 

Ueber  ï'-Epenthese  im  Italischen  bezw.  im  Vulgärlatein. 

V.  Planta  —  Oíík.-umbr,  Gr.  I  p.  169  f.  —  nimmt  nach  dem 
Vorgang  von  Thumejscn  /-Epenthese  für  das  Italische  an,  freilich 
nur  für  -gi-,  das  im  Uritalischen  schon  zu  -¿w-  geworden  seL 
Stok  —  H.  Gr.  1  §  285  —  hat  sich  dagegen  ausgesprochen,  und 
auch  sonst   scheint   diese  Hypothese   wenig  Anklang   gefunden  an 


J 


A.  ZIMMERMANN,   UEBEK   I-EPENTHESB   IM  ITAL.  BEZW.  VULGLAT.      733 

haben.  Nun  haben  meine  auf  dem  Gebiete  der  römischen  Eigen- 
namen sich  bewegenden  Studien  mich  genötigt  zu  der  Frage  eben- 
falls Stellung  zu  nehmen,  und  ich  bin  dabei  zu  der  Ansicht  ge- 
langt, dafs  für  das  Italische  /-Epenthese  anzunehmen  sei.  Das 
—  bei  dieser  Ansicht  doch  befremdliche  —  fast  völlige  Fehlen 
der  Epenthese  im  Schriftlatein  erkläre  ich  mir  mit  v.  Planta  durch 
Ausgleichung.  Denn  ebenso  wie  v.  Planta  umbrischem  savitu  gegen- 
über lat.  saevio  dadurch  erklärt,  dafs,  da  das  Paradigma  ursprüng- 
lich saivOf  savis,  savH,  satvimus  etc.  lauten  mufste,  durch  Angleichung 
an  die  a/*- Formen  die  a -Formen  auch  ai  angenommen  hätten, 
ebenso  ist  auch  die  Möglichkeit  nicht  abzuweisen,  dafs  bei  sailto, 
caipio  etc.  die  Angleichung  aus  irgend  welchem  Grunde  nach  den 
a-Formen  hin  sich  vollzogen  habe.  Diese  Möglichkeit  wird  nun 
der  Gewifsheit  um  so  näher  kommen,  je  mehr  es  uns  gelingt  Bei- 
spiele zu  liefern,  in  denen  diese  Ausgleichung  noch  nicht  endgültig 
zu  Stande  gekommen  ist,  wo  wir  also  noch  Epenthese  neben  Nicht- 
Epenthese haben.  Und  solche  Beispiele  sind,  sofern  sie  überhaupt 
zu  liefern  sind,  gerade  die  Eigennamen  zu  liefern  im  stände.  Denn 
in  ihnen  erhält  sich  erstens  altes  Sprachgut,  was  sonst  schon 
der  Gleichmacherei  der  Sprache  erlegen  ist,  noch  recht  lange,  und 
zweitens  bringen  sie  nicht  selten  Formen  aus  den  Dialekten 
bezw.  aus  der  Vulgärsprache,  die  uns  aus  diesen  heute  nicht 
mehr  bekannt  sind.  Ich  werde  darum  meine  Beispiele  den  Eigen- 
namen entnehmen,  und  zwar  nach  den  beiden  soeben  angegebenen 
Gesichtspunkten  geschieden. 

A.  I.  Ailius  —  cf.  fasti  Cap.  —  bezw.  Aeltus  neben  Allius. 
In  der  Aufstellung  der  Liste  der  magistratus  eponymi  —  cf.  C.  I. 
L.  12  —  sagt  Mommsen  mit  Bezug  auf  die  gens  Allia:  „i4///V  —  ita 
tabb.  Capit.,  Aelii  auctores  et  fasti  minores",  und  Unger  hat  in  den 
Fleckeisenschen  Jahrb.  1891  p.  476  nachgewiesen,  dafs  die  gens 
Allia  und  Aclia  identisch  sind.  „Der  Name  Ailius  Aelius  ist  —  nach 
Unger  —  aus  Ailius  hervorgegangen,  und  während  ein  Teil  des 
Geschlechts  noch  557  u.  c.  an  der  altern  Orthographie  festhielt, 
richtete  sich  der  andere  bereits  582  nach  der  neuen  Aussprache." 
Damit  haben  wir  fürs  Latein  ein  unbedingt  sicheres  und  sehr  altes 
Beispiel  für  1- Epenthese,  und  ich  nehme  darum  keinen  Anstand 
Aemilius,  Aenius,  Baebius^  Caedius,  Caepius,  Laelius,  Maecius,  Maelius^ 
Maesius  etc.  neben  Amulius,  Annius,  BabiuSt  Cadius,  Capius,  Lalius, 
Maccius,  Mallius,  Masius  etc.  ebenso  zu  erklären. 

2.  Craislios  —  cf.  C.  L  L.  XIV  31 10  Tirri  Craisli  Tir.  /  auf 
einer  alten  Inschrift  von  Praeneste  — .  Nach  m.  A.  gleich  Crássilios, 
einer  Weiterbildung  zu  Crassillus  bezw.  Crassilla,  vgl.  z.  B.  C.  L  L.  X 
7697  Sulpiciae  Cf.  Crassillae  und  Antillus  CI.  L.  XII  2817  neben 
Antilius  C.  I.  L.  X  4925.  Etwa  hierher  auch  L.  Aurelius  Crailus  C.  I. 
L.  VIII  8418?  Es  wäre  dann  Crailus  aus  *  Cr  a  is  lus  bezw.  *  Crassillus 
entstanden.  Für  den  Uebergang  von  Craislus  zu  Crailus  vgl.  Folius 
neben  Foslius,  Reifst  es  doch  im  C.  L  L.  I^  p.  324  „Fosüi  tab. 
Capp.,  Foitt'  auctores. 


734  VERUlSCaTBS.     zur   GRAMMATIK. 

3.  Gnaivos  {C.  I,  L,  I  30),  osk.  gnaivs  (v.  Planta  II  n.  I IQ  Dl  3), 
osk.  aiaives  (v.  Planta  11  n,  173),  osk.  cnaiviei  (v,  Planta  11  n.  t'i]. 
Gianiui  (Dosith.  VU  384.  1),  Gnaeus  {z.  B.  C  I.  L.  \T  26803  <?*«' 
Stalitis)  etc.     Die  Urform    des  Namens    scheint   Gaavox  an  sein  — 

vgl.  CLL. VI  4712 1.  Gnaui    und  ibid.  2641    Coraelias  P.  f. 

Navos  —  und  Gnaivos  (aus  *Gnartos)  den  Sohn  des  Gnavat  lu  be- 
deuten. Der  Stamm  ist  in  diesem  Namen  wohl  derselbe  wie  ii 
[g)natvos  „Kennzeichen"  [vgl.  gnä-vus  der  ausgcz^chnele),  und  a 
würde  das  praen.  Gnaí(v)us  zum  n.  g.  {G)naeviiit,  nrspr,  [G)navàt 
sich  verhalten  wie  die  Appellativa  mttjms  zu  naevius.  In  Natvie 
berw.  natviut  wäre  dann  das  geschwundene  /  nach  Analogie  wieder 
eingesetzt. 

4.  Osk.  Cöwe  —  vgl.  V.  Planta  II  11.  177  •">  — ,  CaesarU  Qm 
C.  I.  L.  VI  zgsóg  —  die  Nadistellung  des  Praenomen  ebenso  wie 
bei  Symphoro  Lucio  Valerio  C  1.  L,V1  26732  und  ähnlich  — ,  Aelia- 
lich  Diogenes  Gaius  C.  1.  !..  VI  2742  —,  CaeM  Haneli  /.  BratoÈL 
n.  1233  tiebeii  gewöhnlichem  a.  g.  Gavius,  praen.  Gatta.  Der  Name 
geht  offenbar  auf  ein  urspr.  gavos  (SL  gäv-  sich  frenen)  tarúck.  VgL 
C.  gl.  11  581,  14  Gavus  „servus  rusticus",  C  L  L.  I  1OQ7  \xxm.W 
28389    Variana  C.  f.  Gava   und  VI  21452    Q.  Ävoniu    Q.  I.  Garnie. 

V  837  C.  Veltius  C.f.  Gavalus.  Die  dem  Gains  genau  eDtsprecbentle 
Pränominal  form  - —  ebenfalls  ohne  Epenthese  — -  Gnaittt  Jtéxt 
Gnatus  haben  wir  noch  bei  Bramb.  n.  1701  Gnaius  V'indQtaHs  JUisitr. 
Gnäiut  :  Gnaeui  ^  GSj'us  :  Gaeus. 

B.  5.  Fiaivae  C.  f.  Procilht  C.  I.  L.  XV  7458  (saec  I  med^ 
eseuntis),  Flaivius  Fuliqm  C.  1.  L.  VIII  5763.  Ulpia  Flaüxi  C.  L  LH 
2927g  neben  gewöhnlichem  Flavia,  Flavius. 

6.  saia  Itaira  C.  L  L.  VI  26574  neben  Hilaria  —  í.  B.  CIL 

VI  8600  — . 

7.  Flaemica  Paulina  C.  I.  L.  V  4  2 1  aus  dem  n.  g.  flamv 
C.  L  L.  V  1 208  M.  Flami  —  epenlhilisch  gebildet  mit  der  fìir 
itahen  chatakteristlschen  Genlilendung -iÍrHí{o).   Siehe  C.  LL.Vp.44 

8.  P.  GraHi  C  I.  L.  XV  4746  für  Gralii  bezw.  Graitti.  ' 
L.  Gratti  Cl.  L.  XV  7243. 

9.  C  1.  L.  XII  5686  (159)  steht  unter  k':  0/  Calvi,  nntff 
of  Calivi;  die  Schreibung  an  dieser  Stelle  CAiLVl  ist,  scbemt  n 
für  den  lautlichen  Uebergang  recht  belehrend. 

10.  Htlv&Mi  sum  C  I.  L.  XV  5925  für  Htlveti, 

\\.  P.  A/eseuti  C  L  L.  XV  5342  neben  P.  Metteni  G  1.  L.  3 
•534'*  ""d  sonst, 

12.  C.  Ruilliatio  Htrmeti  C  1.  L.  VI  25640,  aber  VI  2564I 
C.  Rulitiam  C.  f.  Sabiniano. 

13.  Laicia{i)  C  I.  L.  U  4970,  258c  (aus  Olisipo)   neben 
ebendaselbst   unter  b  (aus  Tarraco).      Dazu    bemerkt    der    Herat 
geber:    „Composui,  quanquam  non  certus  eiusdem  figali   esse." 

Nicht  unerwähnt  lassen  darf  ich  fíiiniscus  auf  der  altertüm- 
lichen Pränestiner  Inschrift  C  L  L.  XIV  4098,  cf.  Conway  g  29! 
nir  Ilai'Îaxoç.  ^ 


A.  ZIMMERMANN,  LESBFRÜCHTE   AUS   ROM.  INSCHRIFTEN.       735 

Lesefrûchte  aus  dem  Bereiche  der  römischen  Inschriften, 
den  Romanisten  zur  Beurteilung  vorgelegt 

Zu  C.  I.  L.  XV  6754  Omo  bone  fa  honom  bemerkt  der  Heraus- 
geber „/«(i)".  Aber  wer  wird  die  kleine  Form  fac  noch  in  Ab- 
kürzung bringen!  Wahrscheinlicher  ist,  dafs  wir  in  fa  hier  schon 
die  romanisch -italienische  Imperativform  haben.  C.  I.  L.  IV  689 
liest  man  entsprechend  fauni  «=  faciunt,  vgl.  frz.  font  u.  s.  w.  Da- 
neben mögen  so  =  sum  C.  I.  L.  XV  7 1 8 1  und  posso  =  possum  im 
Corp.  gloss,  lat.  V  469,  4  (saec.  X,  Excerpta  ex  glossis  AA)  nicht  un- 
erwähnt bleiben. 

C.  I.  L.  XV  p.  792  bespricht  Dressel  die  zu  Namen  von  Pferden 
bezw.  Wagenlenkern  hinzugefügte  Bemerkung  „z^û".  Cf.  XV  6258 
Aquo  va,  XV  6259  Gallio  va,  XV  6260  Claphyrinìne  va,  X  8072  (20) 
va  Clatue,  X  8053  (io)  Anicete  va,  X  8053  (134)  Menester  va, 
IV  2150*^**  Casirensts  va,  Anicete  va,  VII  1273  Hierax  va,  Olympae 
va,  Antiloce  va.  Er  verwirft  die  übliche  Erklärung  va  als  va{le)  und 
nimmt  mit  mehr  Recht  vai^de)  an.  Aber  sollte  hier  nicht  auch 
schon  die  romanisch -italienische  Imperativform  va  vorliegen!  Vade 
unverkürzt  finden  wir  hierbei  nirgends. 

C.  1.  L.  XV  5464**  Primof^imi  (Genitiv),  daneben  ibid.  *^  Primo' 
gen{i);  XII  1751  Vindauscia  Euanielis  für  Euangelis,  ihr  Mann  civis 
Lugdun(ensis),  sie  also  wohl  eine  Gallierin;  Terensus  für  Terentius 
C.  L  L.  VIII  9927  und  Geronsia  XII  2116t  neben  Gerontia  z.B. 
X  2383.  Hierher  auch  horiorum  Sallussianorum  XV  7250?  C.  I.  L. 
VIII9114  Kalenzonü  für  Calendionis,  cf.  z.B.  XII  16Ò7.  CLL. 
VI  25283  Acmaszonti  und  ibid.  26788  Acma^onti  (s)  =  axfiá^ovri. 

C.  L  L.  XII  51 II  heifst  es  nach  dem  Text:  L,  Salivio  Anchiah 
/.  Optato  Auòia{no})  . . .  Auòta  C,  /.;  nun  steht  allerdings  am  Schlufs 
der  Inschrift  C.  Alò{io)  Nigellioni:  aber  dieser  Schlufs  ist,  wie  seine 
Formulierung  beweist,  nachträglich  angefügt.  Wir  haben  darum 
keinen  Grund  obige  Formen  in  Alòiano  bezw.  Alòia  zu  ändern. 
In  dem  Corp.  gloss,  emend,  von  Goetze  s.  v.  werden  cauculator, 
cauculatio,  cauculus,  cauculat,  cauculosus  neben  calculator,  calculus,  cal* 
culai,  ccílculosus  erwähnt,  die  sich  in  Glossenhss.  seit  der  Mitte  des 
8.  Jhs.  vorfinden. 

Ist  eine  Entsprechung  im  Romanischen  für  die  Schreibung  ie 
för  ?  in  AqiÁonsi  C.  I.  L.  XII  4527,  Hermietionis  XII  5064,  {Nar)- 
bofAens{is)  XU  443 7 «id? 

C.  L  L.  XV  1118*»  (paulo  ante  a.  120)  Niepos  Oí.  Domiti  Tro- 
phimi  (servus),  aber  1 1 1 8  *  Nepótis  Cn,  Dom,  Trophimi.  Da  der  Name 
einem  Soldaten  angehört,  so  kann  er  doch  vielleicht  einem  Manne 
gallischer  Abstanmiung  gehört  haben,  der  durch  Verkauf  nach 
Rom  kam,  aber  seine  Sprachweise,  d.  h.  die  seinem  Lande  eigen- 
tümliche, beibehalten  hatte. 

CLL.  XV  7252  collega  mani,  VI  14672  in  tam  mana  clade, 
Eph.  Ep.  Vm  n.  152  Paelinus  und  PaeUna,  C.  L  L.  XV  7786  Saüusti 
Paeliniam  [derselbe  X  (6769)]  neben  magm,  magna,   Paelignus  {a)f 


y36  VERMISCHTES.      ZUR    GRAMMATIK. 

Patlignianus    beweisen  wohl,    tlars  n  hier  als  fl   za   Tassen.     Föi  gi 
erscheint  in  in  stnnu  «=  Signum  C.  I.  L.  IX  2893, 

Zum    Schlüsse    füge    ich    hier    noch    die    Schreibongen  "iififi 
Florys  C.  I.  I,.  VI  29367,    0  maiir  m'astra    \1  27227    and  müei  = 

menses  VI  30581  an, 

A.    ZlMMUJUXK. 


Zur  Behandlung  von  Cx   und   Tx 
(vgl.  Ztschr.  14.  545>- 

Als  weitere  Beweise  iur  die  Ztschr.  24,  545  vorgetragene  .An- 
sicht, dafs  in  sogenannten  halbgelehrten  Wörtern  f/  and  ti  im 
Romanischen  unterschiedslos  als  i  erscheinen  können,  mögen  nodi 
folgende  proven zaiisc he  Beispiele  dienen.  In  Mistral's  Tresor  finden 
sich:  Maurite  (phon,  -iie),  Saint-Ma-arüe  (so  heifsen  auch  tahliddie 
Ortschaften}  neben  Maurici.  Maurici.  Nach  Force)IinÌ-Dc  Vil'i 
Onomastikon  ist  Mauricius  die  richtige  Form  (Mauritius  ist  im 
einmal  inschriflüch  bezeugt);  —  neben  Dahaaci  Dalmatias  wd 
Seni  Dalmati  (also  wohl  phon.  -dzi)  ,nom  de  lieu  de  l'Aveyion" 
erwähnt;  —  s.  v.  Sufilice  steht  neben  Sup/ici  Sulpicius  (nidi 
Georges  Wörterbuch  nur  mit  et)  auch  Sup/rsi,  SaumpUii,  Sotèmfbe 
(j  =  3);  letzteres  auch  als  Name  einer  Ortschaft;  —  s.  t.  St^ 
faci  (das  Onomastikon  giebt  die  Endung  -acius  und  -atjus)  "it! 
Bounifay  erwähnt,  das  sich  nur  aus  einer  Vorstufe  'Boum/aiie- 
klärt  {Fasy  ist  neben  Fassy  belegt).  Boni/ay  verhält  sieb  zu  Ä» 
faii  wie  Gervai  Gervasius  zu  Gervasi,  wie  Blai  zu  Blast  Blasiu 

In  dem  Essai  sur  le  Patois  d'Hérémence  (Valais),  Paris  iS<A 
verzeichnet  Lavallaz  S.  144  viiyo  vitium  nnd  vixyù  vîttosus.  ftfcj 
dies  halbgelehrte  Bildungen  sind,  ergîebt  die  Vergleichimg  bA! 
rw'ra  (raison),  pereigu  (paresseux).  In  Appel's  Provenzalischer  OMea»-' 
mathie  findet  sich  der  Reim  viti  :  sen'isi.  Mistral  v.  vice  giebt 
limous.  vitt  (phon.  vät).  lis  ist  demnach  wahrscheinlich,  dais  àts 
von  Goetta  Romania  22,  198  aus  dem  Katharin  en  leben  mitgetdte] 
vise  (:  sacri  fi  ze)  als  viét  aufzufassen  ist  (daneben  sacrifici  ijiaù/i 
vici,  aber  auch  sacrifise  :  prite). 

Das    Ztschr.  24,  546    aus    tsfiari    erschlossene     aproi . 
spatium    wird    bestätigt    durch    nprov.  esfiaái,     Inf.   es/máia    nebea, 
espaci,  tspacia,  espaça. 

Aufser  ressacia  .sättigen'  und  rissoeiant  giebt   Mistral 
ratsaiiant.    Dafs  dies  eine  haibgelehrte  Bildung  ist,  erhellt 
lehrtem  it.  sp.  saziare,  saciar  und  süditalienisch,  halbgelebrten 
(s.  Ztschr.  24.  545).      Haibgelehrt    ist    auch   afr,  assasier, 
worauf  a  statt  a/'  und  silbenbildendes  i  {\\\j.  je  rassasie) 

Für   das   richtige  Verständnis    der    lautlichen   Entwü 
Suffixes  -ilia   sind   die  Formen  von  Wert,    die  Mistral   s.  v.-^ 


I 


>  Lautgerechtes  asa 


r  findet  licb  äermo  de  Sapientia  aSj,  17. 


A.  HORNING,  ZUR   BEHANDLUNG   VON   Q  UND  Tl.  737 

giebty  nämlich  malici,  maUso,  malecio.  Wenn  frz.  -esse,  prov.  -esso 
halbgelehrt  ist,  wie  Meyer-Lübke  meint,  so  ist  auffällig,  dafs  neben 
gelehrtem  malico,  malici  halbgelehrtes  *male5so  fehlt,  während  an- 
geblich volkstümliches  maleso  bezeugt  ist.  Malecio  (ebenso  ava  recio, 
s.  Mistral  s.  v.  avarida)  lehrt  abermals,  wenn  anders  es  noch  eines 
solchen  Beweises  bedarf,  dafs  7  >  .^  (also  auch  ei,  oi  in  richoise  u.  ä.) 
sehr  wohl  in  halbgelehrten  Wörtern  vorkommen  kann.  Für  mich 
sind  auch  nprov.  beleéo,  beliso  (Schönheit)  und  bouneso  (Güte)  halb- 
gelehrt; die  Endung  'O  beweist  dagegen  nichts;  vgl.  oben  malico 
neben  malici. 

In  frz.  ró^  , Schraube*  erkennt  Meyer-Lübke  den  Plural  vites, 
für  mich  ist  es  vite  um.  Entscheidend  ist  die  Frage,  ob  eine  Ab- 
leitung von  viz  <C  vites  visser  mit  scharfem  s  lauten  könne.  Auf- 
schlufs  geben  die  afr.  Weiterbildungen  von  viez  vetus  und  sez  satis. 
Das  von  viez  vetus  gebildete  fem.  viese  und  zahlreiche  andere  Ab- 
leitungen bei  Godefroy,  viese,  vieserie,  vieseié,  viesier  zeigen  j,  nicht 
xj,  und  dies  wird  durch  die  heuligen  Mundarten  bestätigt  (s.  Gode- 
froy und  bei  Corblet,  Gloss,  du  Pat.  Pic,  viesier  , fripier*,  vieserie 
»vieillerie,  friperie*).  Dem  gegenüber  kommen  die  Eigennamen 
VieusseUj  Vicier,  Vissier,  die  nach  Godefroy  von  viez  abgeleitet  sind 
(die  beiden  letzten  scheinen  besonders  zweifelhaft),  nicht  ernstlich 
in  Betracht.  —  Das  Altfranzösische  kennt  auch  ein  von  satis  ab- 
geleitetes assasé  , reich*,  zu  dem  W.  Förster,  Wilhelmsleben  V.  looi 
ausdrücklich  bemerkt,  dafs  es  stinomhaftes  s,  nicht  ss  habe;  zwei 
Handschriften  Florimonts  geben  assadé,  und  d  kann  nur  stimm- 
haftes s  vertreten  (Belege  für  assaser,  auch  für  rassaser  finden  sich 
bei  Bartsch,  Langue  et  Litter,  fr.  Gloss.).  —  Eine  dritte  Bildung 
mit  etymologischem  fs  wäre  afr.  queuz  , Wetzstein*,  wenn  es  von 
(petra)  cotis  käme;  allein  dies  ist  durch  pik.  queuche,  eine  neuer- 
dings auch  bei  Ledieu,  Patois  de  Démuin,  bestätigte  Form,  unbe- 
dingt ausgeschlossen  (vgl.  oben  pik.  vieserie  zu  vie^\  queuche  ist 
augenscheinlich  co  tea  und  ist  so  wichtig,  dafs  es  geradezu  den 
Ausgangspunkt  für  die  Untersuchung  über  intervokalisches  nach- 
toniges ti  bildet.  —  Demnach  entbehrt  die  Annahme,  von  viz  = 
vites  könne  eine  Ableitung  visser  mit  ss  gebildet  werden,  der 
lautlichen  Stütze.  Dagegen  beruht  nprov.  viéa  (neben  vissa)  auf 
vites,  wie  das  nprov.  Subst.  vile  lehrt 


^  Männliches  Genus  habe  ich  für  vn)^  »Schraube*  auch  in  den  Vopcsen, 
und  zwar  in  La  Baroche  (gehört  zu  der  von  mir  mit  £  bezeichneten  Gruppe) 
festgestellt;  unerklärt  ist  der  Anlaut  w  (vgl.  bei  Littré  vuisse  nus  dem  14.  Jahrh.). 
In  den  Ortschaften  der  Gruppe  D  sagt  man  ausschliefslich  ^  viss  wie  im 
Französischen.  —  Ein  pik.  *vii  vermag  ich  nicht  nachzuweisen.  Möglicher- 
weise war  im  Pikardischen  nur  vitem,  nicht  vi  te  um  in  Gebrauch. 

A.  Horning. 


ZeiUchr.^C  rom.  Phil.  XXV.  ^-j 


738  VBRlOSCaiBS«     ZUR  WO&tQSSCHICHTXi 

n.   Zur  Wortgesddehte. 

Sp.  Ido. 

Für  sp.  lelo  ^einfältig,  dimun'  empfiehlt  Dies  nach  Lamnmfi 
Herkunft  von  bask,  lela  oder  kUa  »ohne  Salx*  und  verweiit  wd 
Mahn's  Etymologische  Untersuchungen  S.  58.  Was  Mahn  giebt,  sind 
im  Wesentlichen  Vermutungen,  die  f&r  mich  nichts  Uebenengendes 
haben;  da  ich  dieselben  nicht  direkt  sn  wideriegen  vennag,  10 
gehe  ich  hier  nicht  weiter  auf  dieselben  ein. 

Li/o,  f.  lela  ^  ist  m.  K  ein  Naturausdruck  (diesen  terminus  tedi- 
nicus  braucht  Diez  wiederholt).  Zur  Stûtse  dieser  Anaicfat  fifaie 
ich  an:  prov.  (s.  Mistral)  ülo  s.  m.  »nigaud,  ünbádle';  —  fofei 
lala  s.  m.  , idiot,  toqué,  demi-aliéné'  (bd  X.  Thiriat,  La  Vallée  de 
Cleurie,  Remiremont  1869,  S.  437).  Die  Existenz  von  lala  habe 
ich  selbst  in  La  Baroche  festgestellt  (einer  Ortschaft,  die  zu  der 
von  mir  mit  E  bezeichneten  Gruppe  der  Vogesen  gehört):  es  wkd 
dort  auch  von  Frauen  gesagt,  überhaupt  von  Leuten,  die  stundeo- 
lang  stumpfsinnig  vor  sich  hinstarren  und  dabei  kaum  ein  Wort 
sprechen.  Auf  meine  Bitte  hat  Herr  Referendar  Milz  aus  Stiab* 
bürg  auf  einer  Wanderung  durch  die  Vogesen  weitere  Erkundi- 
gungen über  das  Wort  eingezogen.  Ein  Franzose  aus  der  Um- 
gegend von  St-Dié  teilte  ihm  mit,  dafs  man  bei  St-Dié  in  dem 
oben  bezeichneten  Sinne  ua  lolo^  une  lolotie  sage,  in  Sainte-Uaiie- 
aux-Mines  im  Ober-Elsafs  un  und  une  lala;  von  einem  Herrn,  der 
längere  Zeit  in  Schirmeck  (in  meinen  Ostlranz.  Grenzdialdcten  mit 
c^  bezeichnet)  als  Lehrer  tbätig  war,  erfuhr  Herr  Milz,  dais  neh 
daselbst  lala  bekannt  sei.  Roussey,  in  seinem  Glossaire  de  Boor- 
nois,  verzeichnet  läle  ,Jean-ClaudeS  d.  h.  ein  Dummkopf;  denn« 
wie  Puitspelu,  Dictionnaire  du  Patois  Lyonnais,  s.  v.  Liaudo  be- 
merkt, ist  un  Claude  soviel  wie  ,un  niais,  un  nigaud '. 

Die  Bildung  verstehe  ich  so,  dais  man  einen  Schwachkopf 
(Tolhausen  übersetzt  sp.  lelo  mit  »duselig,  wie  alte  Leute')  als  eine 
Person  auffafste,  die  nur  unartikulierte  Laute,  la^  la^  le,  le  hervor- 
bringen könne.  In  diesem  Zusammenhange  mag  noch  it  Uüare 
erwähnt  werden,  das  nach  Tommaseo  eine  voce  fam.  di  suono  imit 
ist  und  , andar  lento  nel  risolversi  e  nei  operare'  bedeutet  Dazu 
kommt  deutsch  Lalle:  einer  meiner  Schüler  hörte  in  Württemberg 
die  Worte:  der  X.  ist  ein  Lalle  (also  ein  Schwachkopf),  seine  Frau 
hat  die  Hosen  an!  Auch  deutsches  Lali  will  einer  meiner  CoUegen 
gehört  haben;  ich  erinnere  noch  an  deutsches  Lillaisch,  LtllatscK 
Lullaischy  das  allerdings  in  einem  etwas  verschiedenen  Sinn  von 
einem  ungelenken  Menschen  gesagt  wird,  der  nicht  recht  weiis« 
was  er  mit  seinen  Gliedern  anfangen  soll. 

Bildungen  mit  gleicher  Bedeutung,  aber  anderm  Konsonanten 
liegen  vor  in:  baba^  s.  m.  niais,  simple  d'esprit,   bei  Ledieu,  Patois 


^  Ist  das  Wort  in  der  That  nur  Adjektiv,  wie  die  Lexika  angeben? 
Kann  es  prädikativ  gebraucht  werden? 

'  vgl.  DiezEW.  I  V.  babbeo.  Nono(t),  -ite  , niais'  giebt  Lalanoe,  Gk» 
Poitev, 


A.  HORNING,   SP.  LBLO.      SP.  EMPESADOR.  739 

de  Démuîn,  und  Corblet,  Patois  Picard;  nach  einer  Mitteilung  von 
befreundeter  Seite  wird  auch  in  Paris  baba  in  demselben  Sinne 
gebraucht;  die  Angabe  in  Sachs'  Supplément:  baba  ébahi  (=  ver- 
blufít)  ist  mir  daher  einigermafsen  verdächtig;  Dottin,  Glossaire  du 
Bas-Maine,  giebt  babane  , femme  lente  et  ennuyeuse*.  Dann  gaga 
in  Sachs'  Supplém.  , stockdumm,  blödsinnig';  nach  einer  Mitteilung 
aus  Paris,  auch  von  altersschwachen  Leuten:  c'est  un  gaga;  auch 
sei  ein  hiervon  abgeleitetes  Verbum  üblich,  (il  est  en  train  de)  se 
gagaifier\  parler  gaga  bedeutet  nach  Corblet's  Patois  Picard  parler 
comme  les  enfants.  Nach  Herrn  Milz  sagt  man  in  Neufchâteau 
(Vogesen)  und  auch  bei  Schirmeck  un  ¿oéo,  une  éozoiie  ,  Schwach- 
kopf'; ich  selbst  hörte  aus  dem  Munde  einer  Frau  aus  Belmont 
(d^  in  meinen  Grenzdialekten)  soso  {s  halbscharf);  es  ist  dies  wohl 
frz.  soi,  aber  die  Verdoppelung  ist  beachtenswert 

Der  Einwand,  dafs  in  den  meisten  Belegen  zweimal  derselbe 
Vokal  gesprochen  werde,  während  dies  in  sp.  lelo  nicht  der  Fall 
sei,  wird  durch  den  Hinweis  auf  prov.  lalo,  lälo  in  Bournois  und 
deutsch  Lalle  entkräftet.  a    Horning 


Sp.  empesador. 

Das  Wort  bezeichnet  nach  Tolhausen,  der  die  Definition  der 
Akademie  genau  wiedergiebt,  , einen  Weberbesen  aus  den  Wurzel- 
fasern einer  Schilfgattung  zum  Glattmachen  der  Aufzugskette  beim 
Weben*,  oder,  wie  Seckendorf  sagt,  ,ein  Büschel  Schilf,  womit  die 
Aufzugskette  bestrichen  wird*;  das  womit  sie  bestrichen  wird, 
ist  eine  Art  Leim,  den  man  franz.  chas  nennt.  Im  Bas-Maine  ent- 
spricht dem  empesador  die  parwer  f.  ,  brosse  en  chiendent  ou  en 
bruyère  dont  se  servent  les  tisserands  pour  étendre  la  colle  sur 
les  pièces  d'étoffe  au  métier*;  dazu  ein  Verbum  paré  , coller  (une 
pièce  de  toile  que  l'on  passe  à  la  colle  avec  la  ,paroire*)*:  s.  Dottin, 
Glossaire  des  Parlers  du  Bas-Maine.  Empesador  ist  eine  Bildung 
wie  frz.  pulvérisateur,  condensateur  und  kommt  von  dem  Ztschr. 
22,  94  besprochenen  lat.  im  pen  sa  ,Zuthat,  Ingredienzen*,  wovon 
afr.  empoise,  nfr.  empois.  Ein  sp.  *  empesa  mit  der  Bedeutung  ,Leim* 
vermag  ich  nicht  nachzuweisen,  aber  dessen  Existenz  wird  durch 
empesador  vorausgesetzt. 

Lat.  im  pens  a  hat  sich  auch  in  der  Metzer  Mundart  erhalten 
in  dem  Worte  äpuez  f.  (Romania  5,  196)  ,gaude,  herbe  dont  on  se 
sert  pour  durcir  la  toile  d'un  lit,  de  manière  à  ce  que  la  plume 
ne  passe  pas  à  travers*.  Wenn  das  Wort  in  irgend  einem  Zu- 
sammenhange mit  picem  stände,  so  würde  nach  lothring.  Laut- 
gesetz h  an  Stelle  von  2  stehen. 

Neben  impensa  ist  in  Georges  Wortformen  auch  impensu 
(Abi.  zu  impensus)  bezeugt;  von  letzterem  kommt  frz.  empois,  das 
demnach  nicht  als  Postverbal  zu  frz.  empeser  aufzufassen  ist. 

A«  Horning. 
47* 


VERMISCHTES.      ZDR  WORTGESCHICHTE. 


Sp.  pg.  roear. 
In  dem  Worte,  das  .abweiden,  ausjäten',  auuh  ,an  etwas  hut-^ 
streifen"  bedeutet,    3¡eht  Diez  EW.  Il''  ein  Frequentativ  von  rc 
(zu  rodere),    also   rosare.     Dagegen  spricht  das  z,    das  nielli  far 
iat.  s   stehen    bann,    und    ein    mundatllich    französisches,    aus   dem 
Bas-Gätinais    mehrfach    bezeugtes    rosser,    das    m.  E.    mit    dem    sp. 
Worte    identisch    ist:    man  vergleiche  Clédat's  Revue  de  philologie 
et  de  littérat  française  7,  23.  4z,  iz8:  rúss<r  v.  act.  .brouter  entière- 
ment l'herbe  des  prés';  drosser  {ans  derosser,  cfr.  dronger  aus  de- 
ronger)    , tondre;     mes    bœufs    ont    drossi    complètement    le    pré'; 
arrosstr  .tondre    en    broutant,    un  bœuf  arrosse  un  champ'.     Mao 
denkt  an    ruptiare,    aber   auch    rñtiare    kommt    io   Frage:    man 
beachte  folgende  Stelle  aus  Pünius,  die  bei  Forcellini-De  Vit  s.v. 
ruo  citiert  ist:   alia  (animalia)  rostri  aduncitate  carpunt.  alia  lalilu-  J 
dine    ruunt    (rupfen,    abweiden):    aus   dieser  Bedeutung    von    rao  I 
läfst    sich    die    des    sp.  rotar  .an  etwas  hiastreifen'    besser  ableiten  1 
als  aus  ruptiare.  ^  Ob  rositare,  an  das  Diez  gleichfalls  dachte, 
sp.  zu  rozar  mit  a  weiden  konnte,    lasse  ich    dahingestellt;    jeden- 


falls erklärt  es  1 


■  nicht 


A.    HOKNING. 

um   discum.   aock^H 
I  in  einigen  andera  ^^| 

brmen   s.  v.    di^cnL^^I 
lisse',  auch  beiei^  ^^ 


Provenz.  desco,  poitevin,  daicìie. 

Neben  dem  Mase,  discus  ist  ein  Neutrum 
disculum  nicht  nur  bei  Isidor,  sondern  auch 
alten  Glossarien  überliefert:  s.  Georges  Worlformen 
Disca  lebt  fort  in  prov.  dtsco  f.  .corbeille  d'eclisse',  auch  bezeig 
bei  Du  Gange  v.  desea:  Occitanis  duco  est  corbis  (interessant  ist  die 
Angabe:  desea  .hostiae  conservatae  partícula').  Laianne,  Dictionn. 
Poitevin,  hat  dat'ekt  s.  f.  .corbeille  dans  laquelle  les  paysans  serrent 
leurs  coiffes'. 

Das  Sassatische  besitzt  "¡XX,"  , Schüssel"  (logad,  aisku),  wo  dal 
a  sich  aus  dem  weiblichen  Artikel  sa  disia,  s'adisku  erklärt;  vg^L. 
Archiv,  glott.  it.  14,  387;  das  Südsardinische  besitzt  diskua,  ditkuedJa. 
Meyer-Lübke  und  Salvioni  erklären  die  seltsamen  Formen  aus  einer 
Kreuzung  von  discus  und  scutella  (s.  Ztschr.  23,  471.  519).  Ein- 
facher erscheint  die  Annahme,  das  Sardinische  habe  discu  und 
disca  besessen  und  die  fraglichen  Fonnen  seien  aus  einer  Con- 
tamination beider  hervorgegangen.  ¡^  Horning. 


Rätorom.  magliar. 

Im  Rätoromanischen,  auch  im  Waldensiscben  (vgl.  Archiv.  | 
II,  370  maija)  braucht  man  das  Verbum  .dei  bruti  e  degli  u 
che  mangino  come  bruti'.     Ascoli  will  Archiv.  glolL  1, 
auf  mandulare,  mandiculare  zurückführen.    Obgleich  tf< 


A.  HORNING,   SP.  PG.  ROZAR.     PROV.  DESCO,   POIT.  DAICHB  ETC.      74 1 

klaning  auf  lautliche  Schwierigkeiten  stöfst,  so  möchte  ich  dieselbe 
nicht  als  verfehlt  bezeichnen,  um  so  weniger  als  auch  französische 
Mundarten  zwei  in  ihrer  Form  verschiedene  Verba  mit  der  Be- 
deutung , essen*  und  , fressen'  kennen,  die  beide  auf  manducare 
zurückgehen  werden.  Ledieu,  Patois  de  Démuin,  giebt  mainger 
, manger'  und  megnier  , manger  gloutonnement';  in  der  Meuse  sagt 
man  miei  , manger',  aber  mouñi  , manger  gloutonnement,  se  dit  sur- 
tout des  animaux'  (vgl.  Revue  des  Pat  Gallo -Rom.  2,  100  Z.  i, 
102  Z.  15). 

£s  soll  hier  nur  auf  die  Möglichkeit  einer  andern  £iklärung 
hingewiesen  werden.  Der  Scholiast  zu  Juvenal  2,  16  giebt  ein  Wort 
magulum  ,Maul'  (s.  Georges  Lexik.),  das  nach  G.  Meyer,  Indo- 
germanische Forschungen  3,  68  vulgärlateinisch  war;  dasselbe  lebe 
in  gemeinneugriechischem  (iáyovXov  ,Wange'  fort;  das  Byzanti- 
nische kenne  TtcncofiàyovXov  , untere  Kinnlade',  von  Tieren  gesagt; 
z.  B.  sei  ovov  xarcDfxáyovXov  die  vulgäre  Wiedergabe  von  ovov 
yvád^oq.  Auf  dieses  magulum  läfst  sich  unschwer  tnagliar  , fressen* 
zurückführen;  magulum  ist  nach  G.  Meyer  ein  gut  lateinisches 
Wort,  das  sich  zu  mala  , Kinnlade,  Wange'  verhalte  wie  re- 
pägulum  zu  palus,  pälum.  ^^  Horning. 


Faluppa  im  Romanischen. 

(Nachtrag  zu  Ztschr.  21,  192  ffg.) 

Zunächst  sei  auf  die  dankenswerten  Ergänzungen  zu  faluppa 
>  \\,  frappa  aufmerksam  gemacht,  die  Nigra  Archiv,  glott.  it  14,  365 
giebt:  für  faluppa  wird  die  Bedeutung  surculus,  die  das  latei- 
nische Glossar  neben  quisquilias  und  paleas  anführt,  nachgewiesen, 
und  zwar  in  der  dreifachen  Form  fr  oppa  ,verga*,  frappa  ,  sarmento' 
und  flappa  ,verga  con  foglie':  die  Identität  des  letzten  Wortes  mit 
it.  frappa  , fogliame,  in  termine  di  pittura'  fällt  sofort  ins  Auge; 
gleichzeitig  wird  die  Berechtigung  der  Annahme  des  Lautwandels 
/  >  r  erwiesen.  Dann  wird  flapar  , percuotere  con  verga'  belegt, 
und  damit  für  unser  Wort  die  Bedeutung  , schlagen'  auch  auf  ita- 
lienischem Boden  festgestellt:  dafs  ix,  frappare  und  ixi,  frapper  aò,^'- 
selbe  Wort  sind,  darf  nunmehr  als  ausgemacht  gelten  (dafs  noch 
andere  Wege  zur  Bedeutungsentwicklung  faluppare>  , schlagen* 
fahren,  ist  1.  c.  S.  195  gezeigt).  Auf  Grund  des  piemont.  flappa 
, bozzolo  imperfetto'  mufs  des  Weiteren  die  Annahme  einer  Syn- 
kope des  a^  in  der  ersten  Silbe  als  berechtigt  anerkannt  werden. 
Moden,  vlüp  , sarmento*  endlich  lehrt,  dafs  die  Umbildung  des  f 
zu  V  nicht  auf  die  Wortgruppe  beschränkt  ist,  die  die  Bedeutung 
, Hülle,    einhüllen'    entwickelt   hat   (vgl.  übrigens   friaul.  val-y  volope 


^  Centralitalienisches /ra^tna  Arch,  glott.  it.  15,  343»  das  wahrscheinlich 
farragine  ist,  bietet  einen  ähnlichen  Fall  von  Synkope, 


742 


VERMISCHTES.      ZUR  WORTGKSCHICHTS. 


.bozzolo'  neben  fahpe,  1,  c.  S.  193).  Wenn  Meyer-Löbke  im  Jahres- 
bericht über  die  Fortschritte  der  Rom.  Philo!.  V  i  107  outer  den 
Voraussetzungen,  welche  die  Gleichung  faluppa  '^  frapfxi  unwahr- 
scheinlich inachea  sollen,  auch  die  Umgestaltung  von  faluppa  zu 
falappa  nennt,  so  übersiebt  er,  dafs  fatappa  dreicnal  von  mir 
belegt  ist,  es  sich  mithin  um  eine  Thatsache  (deren  Erklärung  für 
meine  Zwecke  zunächst  gleicbgiltig  ist),'  nicht  um  eine  Voraus- 
setzung handelt.  Für  die  Annahme,  dafs  frappa  in  Norditalien 
aus  falappa  entstanden  sei,  die  Meyer-Lübke  gleichralls  für  unwahr- 
scheinlich hält,  nehme  ich  vielmehr  auf  Grund  des  von  Nigra  und 
mir  beigebrachten  Materials  einen  ziemlich  hoben  Grad  von  Wahr- 
scheinlichkeit in  Ansprach.  —  Acch.  gl.  it.  15,  283  hat  Nigra  noch 
falbalà,  dtsch.  Falba  aus  falappola  gedeutet. 

Faluppare  lebt  in  kaum  veränderter  Gestalt  in  einem  in  frac* 
züsisclien  Mundarten  weit  verbreiteten  Worte  fort:  Dottin,  Glossaire 
du  Bas-Maine,  giebt  fláopé  und  (mit  üblichem  Wandel  von  /  za  y) 
fyaopi  , battre,  frapper  avec  un  morceau  de  bois'  (mot  noble);  dazu 
ein  Substantiv  flaopét  f.  ,gr¿le  de  coups,  racliíe".  Die  Laute  -Ju 
entsprechen  in  jener  Mundart  etymologischem  a-^-u,  vgl,  auf  S.  lu 
áo  .autre',  cáa  .chaud',  faaSe  , faucher',  sao  .sauf';  sonst  giebt  ¿i 
nut  noch  Suffix  -ellus  wieder:  flaop¿  ist  also  'flauppare.  Da- 
neben erscheint  ein  Substan.  ftáop{<)  .redingote,  soutane',  in  Haul- 
Maine  ßapc  .tout  vêtement  long  et  large'  (vgl.  Ztschr.  22,  484),  du 
eine  andere  Bedeutung  des  Grundwortes,  nämlich  , Hülle'  bewahr) 
und  die  Erklärung  dea  Verbums  bestätigt.  —  Martellìère,  Glossaire 
du  Vendômois.  giebt  in  derselben  Bedeutung  fliber  (aber  im  PadK 
sage  m&T\  ßSper);  Corblet,  Glossaire  du  Patois  Picard,  verzeichaeL, 
fiober,  floper  .blesser,  battre,  souffleter'.  Der  Wechsel  zwischen  | 
und  b  wird  bei  der  Annahme  verständlich,  dafs  flaoper  au 
italien  herübergenommen,  also  eigentlich  Lehnwort  sei. 

Auch  an  der  Gleichung  faluppa  >  frz.  ftlp;  fcupe,  /rip<  baH 
ich  fest;  einige  neue  Zwischenglieder  lassen  sich  jetzt  der  hieih<t 
gehörigen  Wortgrappe  einfügen.  Aus  Dottins  Glossaire  du  Y 
Maine  entnehme  ich  défilop{e)  ,drap  efíilé',  Verb,  ¡Ufitopi  ,etfUochcr 
die  vorausgesetzte  dreisilbige  Grundfonn  (vgl.  defclipprê  bei  Gode- 
froy  aaâ  ftltprie  bei  Littré)'  gewinnt  damit  an  Wahrscheinlichkeit. 
Die  Einmischung  eines  i  {effilocher  kann  eingewirkt  haben)  wird 
man  als  Thatsache  hinnehmen.  Dottin  giebt  auch  ein  bis  jetzt 
unbelegtes  flip{  .eföloche*.  ¿ßipe  .effiler,  effilocher',  von  dem  man 
fripé  nicht  wird  trennen  wollen.  Erwähnt  sei  noch,  dafs  neben 
faep,  fmpi  u.  s.  w.  die  Mundarten  des  Bas-Maine  anch  fyerpi,  /yipi\r) 
(aus  /¡œpi,  flipi,  vgl,  pik.  fllpei)  kennen.  Endlich  erinnert  die  Be- 
deutung , flétrir,  faner,  sécher  en  parlant  des  fleurs',  die  fyipi  be* 
sitit.  an  friaul.  flapp,  venez,  fiapo  .vizzo,  flaccido,  appassito'.  — 
Während  flapt  ein  f{e)lape  voraussetzt    (vgl.  fri.  env{t)loppe),   bernhl 

'  EinleltuDg  §  111   giebt  Meyer •  Lübke   zwei  Filile  tod  Angleicliuiig  átt 
Ton  vokal  5  m  tonlose  Vokole  an. 

'  Vgl.  auch  ftnctipt  Zlschr.  22,  \Íi  v.  foupir.  h 


A.  HORNING,   FALOPPA  Hi   ROM.      SP.  MARICA.  743 

foupir  2MÏ  /ol{e)Py  Vgl.  lyones.  învorpâ  , envelopper*  (im  Lyonesischen 
wird  /  vor  Labial  zu  r)  und  besonders  altgenues.  invulpaOf  vulpao^ 
Arch,  glott  it  15,  65. 

Die  nunmehr  fur  faluppa  nachgewiesene  Bedeutung  ,verga* 
ermöglicht  es,  der  Grundbedeutung  des  Wortes  vielleicht  etwas 
näher  zu  kommen,  deren  Feststellung  bei  dieser  weitverzweigten 
und  vieldeutigen  Sippe  besonders  wichtig  ist  Nimmt  man  an, 
dafs  faluppa  ein  Synonym  von  su  reu  lus  war,  mit  dem  es  glossiert 
wird,  so  ist  folgende  Entwicklungsreihe  denkbar: 

Reis,  Gerte,  Schlag  mit  der  Gerte;  —  Reis  mit  Blättern,  it 
fogliame  in  pittura^  Zacke,  Franse;  —  Setzreis,  Setzling,  die,  ehe 
sie  Wurzel  fassen,  schlaff  herabhängen,  daher  schlaff,  welk,  Lappen, 
vgl.  engl,  flap  , breites,  lose  herabhängendes  Ding*,  piem.  flapa 
, orecchia  larga  e  piatta*;  —  der  Begriflf  ,welk,  schlaff*  führte  zu 
, bozzolo  imperfetto*;  die  Frage,  ob  die  Bedeutung  , Hülle,  ein- 
hüllen* sich  von  bozzolo  aus  entwickelte,  darf  vielleicht  deshalb  be- 
jaht werden,  weil  viluppare,  envelopper  ursprünglich  weniger  das  Ein- 
wickeln im  Allgemeinen  als  das  Verstrickt-,  Umgarnt-,  Umsponnen- 
sein, und  zwar  in  malam  partem  bezeichnet,  wozu  noch  die  von 
Tommaseo  s.  v.  disviluppare  gebrachten  Dantestellen  zu  vergleichen 
sind;  —  aus  dem  Begriff  des  bozzolo  imperfetto  ging  einerseits, 
vielleicht  unter  der  Einwirkung  von  fallo  , mancamento*,  der  des 
Leeren,  Nichtigen,  Täuschenden  (Betrug,  List,  Beschwatzen)  her- 
vor, anderseits  der  eines  Gewirres  (ungeordneter  Haufe,  Gemenge). 

A.  Horning. 


Sp.  marica, 

Ztschr.  12 y  487  wurde  frz.  maraud  auf  mas,  marem  , männ- 
lich' zurückgeführt  M.  E.  lassen  sich  aus  demselben  Substrat  fol- 
gende spanische  und  portugiesische  Wörter  deuten: 

marica  m.  ,el  hombre  afeminado  y  de  poco  animo  e  esfuerzo*; 
nach  Tolhausen  bezeichnet  es  auch  den  dünnen,  hochaufgeschossenen, 
holzigen  Spargel;  nach  dem  Dictionnaire  Espagnol -Français  von 
Nunez  de  Taboado,  Paris  1833  , asperge  mince,  sans  substance*;  — 
maricón  m.  ,el  hombre  afeminado  e  cobarde*.  Nach  Seckendorf 
bezeichnet  das  Wort  in  Lima  zweideutige  Mannspersonen,  die  bald 
als  Mann  bald  als  Weib  gekleidet  sind  und  formliche,  anerkannte 
Liebhaber  unter  dem  männlichen  Geschlechte  haben;  —  port  mari» 
cao  m.  (nach  Michaelis)  ,Weichling,  Schwächling,  Feigling*. 

Da  marica  , hombre  afeminado*  mit  Marica  dem  Deminutivum 
von  Maria  unmöglich  identisch  sein  kann,  so  führen  Sinn  und 
Form  auf  marem:  dem  spanischen  Suffix  -ico^  "ica  wird  zwar  ge- 
wöhnlich nur  deminutive  Bedeutung  zugeschrieben.  Aber  ein  Suffix, 
welches  das  Männliche  als  klein,  gering  bezeichnet,  muís  eine 
pejorative  Färbung  annehmen,  und  diese  ungünstige  Bedeutung 
wird  durch  die  Verwendung  der  weiblichen  Form  des  Suffixes  bis 
zum  Verächtlichen   gesteigert     Bekannt  ist,   dafs   das   fem.  -ice a 


744 


VERMISCHTES.      ZUR  WClRTGESCHlCffTE. 


im  Frantósischen  bevorzugt  wird,  s.  Ztschr.  ig,  173,  and  twar 
keineswegs  blofs  als  Deminutiv,  In  La  Baroche  in  den  Vogesen 
wird  Colic  [Nicolas -^-icz^  als  augmentativ  gebraucht,  gro  Colte, 
und  diese  meine  an  Ort  und  Stelle  gemachte  Beobachtung  wird 
von  S.  Simon,  Grammaire  du  Patois  du  Canton  de  !a  Pontroje, 
Paris,  Caron  1900,  bestätigt,  der  S.  178  sagt  ,CoUc  semble  plutôt 
un  augmentatif';  -icon  in  maricón  entspricht  der  beliebten  Ëraniô- 
sischen  Endung  -ichon,  die  gleichfalls  pejorativ  gebraucht  wird, 
vgl.  1.  c.  bounickon.  diminutif  un  peu  ironique  de  bon;  marica  und 
maricón  lehren,  dafs  das  Spanische  beide  Suffìxe  in  derselben  Weise 
verwendet  wie  das  Französische. 

Marica  , holziger,  aufgeschossener  Spargel'  ist  aus  derselben 
Anschauung  zu  verstehen,  aus  der  frz.  maraud  , s'applique  aux  s&i- 
maux  qui  s'engraissent  difficilement'  (s.  Ztschr.  22,  487)  hervor- 
gegangen isL  For  den  Laniimann  ist  das  männliche,  nicht  castriene 
Tier,  das  kein  Fleisch  ansetzt,  zur  Aufzucht  und  Mast  nicht  ge- 
eignet. In  diesem  Sinn  ward  der  aufgeschossene,  gleichsam  neid- 
lose Spargel  marica  genannt.  Da  der  Spargel  Hermaphrodit  ist, 
d.  h,  die  Organe  beider  Geschlechter  auf  demselben  Stengel  ver- 
einigt und  nicht  wie  beim  Hanf  gelrennt  sind,  so  gab  die  Ent- 
wicklung der  Pflanze  selbst  keine  unmittelbare  Veranlassung  za 
jener  Bezeichnung.  ^    Hornikg.  I 


It  indugia. 

Die  Annahme  (vgl.  Ztschr.  24,  530),  dafs  indugia  (gleichne 
paiaxio,  Juixio  u.  s.  w.)  eine  sogenannte  halt^elehrte  Worlfonn  sa, 
deren  Merkmal  eben  der  Laut  i  >  ty,  cy  ist,  wird  durch  folgende 
Beobachtung  erhärtet:  Altgenuesische  Texte  {vgl.  Parodi,  Studi  1¡- 
giiri.  Arch,  gluiu  it.  XV,  i  ffg.,  64  ffg.)  schreiben  induxia,  endtatar, 
ebenso  iutxio,  xuixio^,  luslixia,  mondixia,  ptgrixia  (S.  34),  prtxâ, 
prexiar,  auch  paraxiu,  wobei  auf  ein  alttoskanisches  Pariascio  (von 
Parlamento  beeinflufst)  hingewiesen  wird:  es  wird  demnach  in  diesen 
Wörtern  vor  a,  o,  u  nicht  x,  sondern  konsequent  xi  geschrieben. 
Dagegen  wird  in  den  Wörtern ,  die  man  als  acht  volkstümliche 
Bildungen    betrachten    darf,    auch    vor  a,  o  einfach  x  geschrieben: 

naxa.  u.  s.  w.  Ocixiom  (S.  33  aiixn  ordinacionumá  perdiciom),  voxia 
ifama'  S.  lú  Z.  b  v.  u.,  benixium  S.  5  (neben  gelehrtem  benissiuin  und 
goarixom,  norìxum,  slaxom  (S.  ß))  sind  augenscheinlich  gleichfalls 
halbgelehrte  Bildungen;  dies  gilt  auch  von  Venexia;  dagegen  wird 
dtssaxiao  (S.  57)  .disagiato'  und  mcssaxio  .disagio'  S.  68  I^ehnwort 
aus  dem  Französischen  sein.  Mit  dem  Sprach  gebrauche  des  Alt- 
genuesischen  stimmt  derjenige  der  andern  nord  italienisch  en  Teile 

'  Wenn  Parodi  S.  5 
"judilium-,  10  darf  man 
mirslungen  bs trachten. 


I 


A.  HORNING,    IT.  ItiDUGIA,      G.  DE  GREGORIO,   IT.  OLTA. 


745 


I 

I 

I 


fiberein:  man  vergleiche  in  meiner  Schrift  zur  Geschichte  des  Lat.  C 
8.113/121,  insbesondere  auf  S.  114.  117  die  Belege  für  induxia, 
induxiar.  Zu  indugia  indutiae  (altlat.  in^u/f'a  ist  beleget)  vergleiche 
man  dmiiia  divitiae.  Das,  wie  es  scheint,  im  Altnorditalieoischen 
unbekannte  indugio  ist  vic;l!eicht  erst  Postverbal  zu  indugiare.  Be- 
kannt ist,  dais  jenes  sekundäre  i  überhaupt  im  Romanischen  das 
Kennzeichen  einer  nicht  rein  volkstümlichen  Bildungsweise  ist. 

A.  Horning. 


It  otta. 

Ë  noto  r  uso  di  questa  voce  nella  lingua  antica.  Ma,  sebbene 
Rig:utini  e  Fanfani  non  la  registrino  nel  Dision.  della  lingua  parlata, 
essa  è  pure  nel  toscano.  Tommaseo  e  Bellini,  Diz.  diUa  ling.  il. 
Voi.  Ili  693,  reca:  "Olla  s.  f.  lo  stesso  che  Ora.  Vive  nel  pop.  tose. 
Quasi  contratto  dal  dim.  di  Ora,  sebbene  non  abbia  senso  dim.: 
come  non  1'  hanno  Pretto  da  Puro  e  Orecchio  e  Ginocchio  e  tanti 
altrL"  Molti  poi  sono  i  modi  avverbiali  e  proverbiali  dipendenti 
da  olla:  a  beli'  olla,  ad  olla,  a  grande  olla,  a  pazz  olla,  a  quell'  otte, 
fuor  d'  otta,  in  poca  d'  olla,  ogni  olla,  olla  callotta,  olla  fu,  olla  per 
vicenda. 

Anche  in  altri  dialetti  italiani  olla  deve  avere  dei  riflessi.  Ma 
noi  ora  ci  contentiamo  di  rilevare  che,  sebbene  la  voce  abbia  nel 
sicihano  un  uso  alquanto  ¡imitato,  se  non  incerto,  trova  posto  nel 
Vocabolarielto  etc.  del  Traina  {"fZ/n  s.  e  aw,  ora"),  e  nel  Voeob. 
della  L  pari,  in  Piassa  etc.  del  Roccella. 

Non  si  (ralla  dunque  di  una  voce  poetica.  E,  se  il  significato 
e  r  assonanza  conduce  la  mente  a  'ora',  un  lentalivo  di  spiegar 
la  voce  come  un  allòtropo  dì  quest'  altra,  sembra  addirittura  sba- 
gliato, sia  perchè  1'  allotropia  qui  non  avrebbe  ragione  di  essere, 
a  causa  della  identità  del  significato,  sia  perche  non  si  potrebbe 
intuire  quale  voce  in  -ollct  abbia  potuto  esercitare  tanta  forza  ana- 
logica. 

Neil"  El.  Wurlerh.  etc  Fr,  Diez  registra  olla,  tra  le  voci  del 
terreno  italiano,  e  anche  ì  composti  allotta,  talolla,  moltolta,  notando 
che  una  derivazione  da  hora,  che  avrebbe  dato  *oda,  non  sia 
accettabile.  Secondo  lui  è  possibile  che  la  voce  scaturisca  dal  got 
uhi  (solo  air  abl.)  "rechte  zeit,  xaiQÒq,  ahd.  uohia  frühzeit,  aitn. 
òtta  die  zeit  der  drei  ersten  tagesstunden".  Da  un  modo  pro- 
verbiale V  olla  potrebbe  poi,  secondo  lo  stesso  autore,  esseme 
venuta  un'  altra  voce  italiana,  dolla,  a  cui  pur  conviene  il  signi- 
ficalo di  xaiQÓ^. 

Il  Caudino  tentò  una  etimologia,  che  certamente  fa  onore 
al  suo  ingegno,  quando  si  provò  di  aimosìraie  {Piv.  di ßl.  ed  istruì, 
classica.  Giugno  1881)  che  olla  derivi  da  quota  della  locuzione 
quota  hora  est?  Da  quota  sarebbe  pria  nato  cotta,  e  va  seguito  olla, 
quando  il  popolo  "  roHa  per  ehe  Ott 


746 


VERMISCHTES.       ZUR   WORTGESCHICHTE. 


Tale  etimologia  ebbe  un  certo  favore  da  G.  Paris  (Rem.  X  626), 
che  1a  riputò  "probable  sinon  certaine";  e  pare  che  oggiíÜ  àa  la 
più  invalsa  (cfr.  Körting  lai.  rom.  W.  N.  7688   2»  ed.). 

Però  essa  presenta  delle  diffícoltá  non  lievL  Infatti,  sorprende, 
in  primo  luogo,  Io  scomparimento  di  hora,  che  invece,  logia- 
mente,  deve  credersi  la  voce  più  importante  nella  locnzione  '■jBoia 
Aera  isi?"  Sorprende  la  derivazione  da  una  voce,  solo  usata  in  imt 
interrogativa,  Sembra  più  che  ingegnosa,  stentata,  la  spiegazione 
del  distacco  del  cu  iniziale,  posto  che  il  toscano  non  dice  mai 
conia,  corcano  per  eAe  enia,  che  organo.  Infine  resta  strano  il  rad- 
doppiamento di  /,  tanto  più  che  nessuno  dei  riflessi  romani)  di 
quota  (pr.  cola,  fr.  cole  coierie,  sp.  pg.  cola)  lo  presenta.  Ed  è  dò 
tanto  strano,  che  per  ¡spiegare  tulio  da  toius  si  è  dovuto  l&sdu 
lolui  e  prendere  fallut. 

Per  questo  riguardo,  sembrerebbe  più  accettabile  1'  etimo  pro- 
posto da  Canello  (AGI  III  350},  che  credette  la  voce  derivala  da 
voíía,  riferendosi  principalmente  a  la/olla  ^  talvolta.  Ma  il  gruppo 
//  non  dà  direttamente  ti  nel  toscano,  e  perde  /  nel  sicilano  [sola). 
Inoltre  è  improbabile  che  dal  composto  la/olla  sì  sia  svolto  olla, 
perchè  anche  nella  lingua  antica  abbiamo  pure  delle  frasi  o  dei 
composti,  che  distolgono  da  quella  etimologia.  Cosi  non  si  pub 
vedere  "volta"  in  <//  buon  olia  e  in  aìlotla,  pur  usato  da  Dante  pet 
'allora'  ("Tu  vuoi  saper  mi  disse  quegli  allotta"  Inf.  V  53).  — 

Secondo  noi  in  questo,  come  in  altri  casi  simili,  occorre  anii- 
tutto  lasciarsi  guidare  dalle  più  ovvie  e  naturali  leggi  della  fonetia 
pria  di  appigliarsi  ai  mezzi  più  ingegnosi.  E,  fortunatamente,  la 
base  additata  a  tutta  prima  dalla  fonetica,  'octa  per  octava  a 
per  octans,  trova  appunto  una  splendida  conferma  nei  dati  storili 
sul  modo  di  dividere  le  ore  usato  dai  Romani.  Costoro  nei  tempi 
antichi  (e  la  lingua  è  sempre  ligia  alle  antiche  costumanze)  divi- 
devano il  giorno  in  8  periodi:  4  per  il  giorno  (cioè  mam  dal 
sorgere  del  sole  fino  a  tre  ore  dopo;  ad  meridiem  dalla  terza  ora 
a  mezzogiorno;  de  meridie  dal  mezzogiorno  alla  nona  o  decima 
ora;  suprema  {tempestas  diet)  da  questa  al  tramonto)  e  4  per  la 
notte  [prima,  secunda,  krlia  e  quarta  vigilia).  E  chiamavano  octans, 
VitTuv.,  I'  ottava  parte,  ciascuno  degli  otto  periodi  del  tempo  eoa 
diviso. 

Questa    voce    doveva    il    più    spesso    essere    usata    a  forma  di 
nominativo,  come  nella  domanda  quota  octans?,  che  ora  ¿?;  sicché 
potè  bene  produrre  otta.    Ma,  in  ogni  caso,  noi  saremo  bene  auto- 
rizzati,   secondo  ci  sembra,    anche  ad  ammettere  *octa    tal  quale 
Lans,  ed  avremo  senz'  altro  superata  ogni  difficolti. 

Giacomo  Db  Gregorio. 

Siz.  matiama. 
Non    è   registrato    da  Traina;    ma    è    termine   notissimo    nelle 
tonnare  siciliane,    e  si  usa  principalmente   per  signiâcare  la  "ucd- 


A 


G.  DB  GREGORIO,  SIZ.  MATFANZA.     IT.  BAZZA   ITC.  747 

sione  dei  tonni  pescati";  la  quale  uccisione,  per  il  modo  come  si 
pratíca,  per  mezzo  di  fiocine  e  ganci  speciali,  neir  atto  della  pesca, 
è  divenuta  tutt*  uno  colla  pesca  stessa.  Nel  giornale  di  Palermo 
Ü  Ora  del  3  Giugno  1901  vi  è  un  telegramma  da  Favignana,  che 

dice:    ''I   congressisti   della  pesca restarono   entusiasti    della 

grossa  mattanza  dì  ottocento  tonni,  avvenuta  stamane".  Come  si 
vede,  la  voce  viene  ad  avere  senso  non  dissimile  a  quello  dell'  it. 
mattoy  mattare^  fr.  mater  etc.,  già  attribuiti  (Kört  5992  2^  ed.)  al 
pers.  schach  mât  'der  König  ist  tot*.  Ma  il  sic.  mattanza  eviden- 
temente appartiene  all'  etimo  lat.  mactare,  da  cui  *mactantia, 
rivelando  come  infondata,  o  discutibile,  la  supposizione  che  il 
prov.  sp.  ptg.  matar  (^matador  etc.)  possa  derivare  da  *maditare, 
meglio  che  da  mactare  (Kört.  5783  2*  ed.),  e  come  non  accetta- 
bile la  idea  di  una  possibile  derivazione  di  matar  dal  got.  m  ai  tan. 

Giacomo  D£  Gregorio. 


It  tazza,  sp.  haza,  cat  tasa. 

Queste  voci,  assieme  all'  it  bazzica,  da  cui  il  vb.  bazzicar e^ 
erano  da  Diez  {Et,  W,  47)  attribuite  al  "8eltne(n)  mhd.  bazze  ge- 
winn". Nella  1*  ed.  del  suo  Lat.-rom,  Wörterb.  N.  1097  il  Körting 
ripeteva  quella  etimologìa;  ma  nella  2^  ed.  al  N.  1291  scriveva: 
"pers.  bazze,  Gewinn".  Forse  il  "pers."  è  errore  di  stampa;  ma 
a  ogni  modo,  tutti  sanno  che  i  Persi  hanno  avuto  quasi  nessuna 
relazione  cogl'  Italiani  e  gli  Spagnuoli,  e  che  il  lessico  persiano 
abbonda  di  voci  tolte  in  prestito  dall'  arabo.  Appunto  araba  è  la 
derivazione  delle  nostre  voci,  e  la  etimologia  tedesca  deve  assolu- 
tamente ripudiarsi,  perchè  V  ar.  bazza  "rapuit,  spoliavit"  risponde 
ad  ogni  esigenza,  ed  è  voce  comunissima,  mentre  la  voce  tedesca 

^  ^^^^'  Giacomo  De  Gregorio. 


Siz.  hazzariotu. 

Il  sic.  bazzariotu  'chi  guadagna  diáonestamente  col  traffico', 
definito  da  Traina  (Vocabolarietto  etc.)  per  "rigattiere,  nvendugliuolo, 
monopolista",  non  considerato  né  da  Gioeni  (Etimol,  sicil),  né  da 
Avolio  {Introd,  etc)  evidentemente  ci  sembra  sia  derivato  da  bazar 
mercato.  Se  questa  voce  sia  di  origine  persiana  (Kört.  1290),  o 
più  propriamente  araba,  lasciamo  di  discutere.  Solo  ci  sembra 
opportuna  una  avvertenza  morfologica  sulla  voce  siciliana;  ed  è 
questa,  che  essa  è  formata  col  suffisso  otu,  iotu,  che  si  trova  p.  es. 
in  massari 'Otu,  vicari -otu,  jinnar-otu,  chiari' iotu  etc.  (da  massaria, 
vicaria,  jinnaru.  Chiana),  E  prendiamo  V  occasione  per  avvertire 
che  tale  suffisso,  di  origine  greca,  non  ¿  considerato  nò  da  Diez 
né  da  W.  Meyer- Lu bke,   e  che  però  costituisce   una  specialità  del 

^<^*^*^^-  Giacomo  De  Gregorio. 


BESPRECHUNGEN. 


DéUgnlèTM  Emile,  NonvelUa  KEcheichei  sm  le  lien  d'o 
RroqI  it  Hondenc,  Troarirc  da  XIH^  Sièdc,  précéda»  d 
■oiomtlie  tur  le  monvemoit  fitténire  en  f  nnce  *  pantt  dn  X>  ttUt 
Etnde  prJMntie  k  l'AcmAtnú»  d'Amieu  duu  U  S¿aace  da  <)  Fénin  19» 
pu  H.  Em.  Del.,  Membre  Corropondant.  Anleni,  Inpr.  Tvot  et  Tâa, 
1901.  8*,  38  S. 

Du  lotcttne  fSr  die  mllteltlterHche  Geichichte  and  Llneratar  det 
eogera  Helmet  sewimit  in  den  ProTiiiien  Fnnkrdcha  xaaàunéa  la  Bod«^ 
nad  da*  mcluende  VcnOndnU  bretttm  ScMcbten  dee  cebüdetcB  FahHkmá 
Sr  die  nnmittelberen  Ergebnisie  gelebrter  FonclnmK  vermnlaiat  wtAl  öiln 
«neh  Fementehende  «ich  mitmbetdUgox.  Anf  dnem  Gebiete,  da*  noeli  tiB|ï 
nkht  ñbenU  Bbgeandil  itt,  mag  e*  dann  tiekgenBlch  adbat  eineoi  mindv  g^ 
ftbten  Auge  (¡cUngoi,  daen  Fund  so  machen,  dm  die  Wteemchaft  beideheit 
wenngleich  manchmal,  wai  der  lorgloie  RndR  fBr  dn  wartrcdlea  Bn  faWt 
deb  ala  tanbei  Gestdn  heiantstelteti  wird.  Landschaftliche  Gesdlachaftrn  ri 
gelehrten  Zielen  haben  schon  recht  Erhebliches  for  die  Erfortchiing  der  Ge- 
schichte ihrer  Gegend  geleistet,  und  selbst  wo  sich  das  eine  oder  andere  tlutr 
MitgUedei  über  die  Traf^eite  irgend  einer  Eotdednmg  la  lebhafte  Vor- 
stellungen macht,  ist  die  Arbeit  nicht  ganz  vergeblich  gewesen ,  weil  sie  zu- 
gleich eine  Steigerung  des  Interesses  fût  die  Sache  bedeutet  und  vielleicht  den 
Keim  zu  künftiger  Fmcbt  in  sich  trägt. 

Von  diesem  Standpunkte  3.as  wird  die  obgenatmte  Sdirill  beurteilt  werden 
müssen,  wenn  man  den  guten  Absichten  ihres  Veifassers  gerecht  werden  wUL 
Aus  regionalem  Patriotismus  sucht  Herr  Delignièret  (Abbeville,  Dep.  Somme) 
die  Heimat  Raouls  im  alten  Gau  Vimeu  wie  vor  vier  Jahren  L.  VuQhorgae 
mit  unzureichenden  Gründen  im  BeauvaisJs.'  Ein  Fortaclmll  gegenüber  V., 
dessen  Schrift  —  soweit  dies  bei  den  verschiedenen  Absichten  beider  Vet- 
faster  möglich  war  —  hier  mit  hineingearbeitet  erscheint,  ist  nut  insofern  au  bc> 
merken,  als  D.  ein  ganz  neues  Argument  in  den  Slieil  um  die  Heimat  Rionlt 
bringt,  ein  angebliches  Dokument  zu  Gunsten  von  Hodenc-en-Vimeu  (Ge- 
meinde Tours-en- Vimeu  bei  Moyenneville,  vier  Stunden  von  Abbeville)  in  der 
ehemaligen   Grafschaft  Ponthieu.     Da  dies   die   eintige  bisher   gefundene  nr- 

>  L.  Vuilhorgne,  Un  trouvère  ¡ñcard  des  XU'  et  XIUc  siècles:  Raoul 
de  Houdenc,  sa  vie  et  ses  ccuvres  (1170  — 1216).  Beauvais,  Irapr.  D.  Père, 
1896.  80,  45  S.  (S.-A.  aus  den  Mémoires  de  U  Société  académique  de  l'Oiae 
XVI,  Î.  TeU,  5.487—526).  Vgl  darüber  meine  Anzeige  Romania  XXVn 
318  ff. 


DEUGNIÈRESy  KSCH£RCH£S   SDR   RAOUL  D£   UOUDBNC         749 

kundliche  Nachricht  über  unseren  Dichter  ware,  müssen  wir  etwas  naher  darauf 
eingehen. 

In  den  bandschriftlich  nachgelassenen  »»Réminiscences  d*un  viei/Iard**^ 
des  Nicolas- Anselme  CoUenot  (1732 — 18 15),  weiland  Bibliothekar  seiner  Vater- 
stadt Abbeville,  fand  D.  vor  einiger  Zeit  unter  dem  Kapitel  »^Anecdote" 
S.  321  eine  merkwürdige  Stelle,  die  ich  im  Wesentlichen  hier  unverändert 
nach  S.  33  f.  seiner  Schrift  wiedergebe,  weil  diese  selbst  schwer  zu  beschafifen 
sein  dürfte.  „Col/enot  y  rapporte  que  le  hasard  lui  a  fait  découvrir  un  de 
nos  plus  anciens  auteurs  né»  dit-il»  en  Ponthieu  au  XII*  siècle;  en  1762, 
un  vieux  curé  de  Hodant^  en  Vimeu»  lui  remit»  comme  les  ayant  trouvés 
dans  un  cojfret  ancien  encastré  et  scellé  dans  la  muraille  de  V église»  des 
vieilles  »»pancartes**.  Ces  pièces»  au  souvenir  de  Vauteur  du  manuscrit 
(Collenot),  étaient  relatives  à  l* érection»  confirmation  des  souverains,  et  do- 
tations de  divers  seigneurs»  et  aussi  des  espèces  d*obituaires  et  cueilloirs. 
Collenot  donne  copie  de  l*un  d'eux  pris  au  hasard  et  conçu  en  ces  termes: 
„Obit  pour  Raoul  de  Houdan  (sic),  genti  conteur,  pour  quoi  rend  si  drach 
prost  à  cheans»  ¿ix  blancs,  trois  œufs  et  deux  fouaches»  affecté  sur  manoir, 
gardin»  courlis  faisant  le  cuing  del  piache.**  **  Dies  hatte  die  Aufmerksam- 
keit Collenots  erregt,  und  (obgleich  dieser  damals  den  Namen  des  Dichters 
noch  nicht  gekannt  zu  haben  scheint)  . . .  //  avait  toutefois,  à  tout  hasard,  pris 
copie  textuelle  du  document,  ohne  jedoch  weitere  Nachforschungen  zu  pflegen. 
Später  stiefs  er  (Collenot)  zufallig  in  der  Romanbibliothek  von  Lenglet  Du- 
fresnoy*  auf  den  Namen  Raouls  und  erinnerte  sich,  ihn  in  dem  Obituaire  der 
Kirche  zu  Houdent  (sie)  gelesen  zu  haben.  Die  von  Dufresnoy  mitgeteilte 
Meinung,  dafs  man  ihn  für  einen  Picarden  halte,  bestärkte  Collenot  in  dem 
Glauben,  es  handle  sich  hier  um  eine  und  dieselbe  Persönlichkeit.  „Le  nom 
de  Raoul  était  mentionné  par  le  compilateur  {Lenglet  Dufresnoy)  comme 
étant  un  auteur  du  XII*  siècle»  dont  la  patrie  lui  était  inconnue»  ajoutant 
toutefois  qu*on  le  croyait  picard.  Cette  assertion  de  Lenglet,  bien  qu'un  peu 
vague»  mais  rapprochée  du  document  que  Collenot  avait  trouvé  et  qu'il  avait 
transcrit  quelque  temps  auparavant»  ne  paraissait  pour  lui  {Collenot)  laisser 
aucun  doute  sur  la  naissance  de  ce  trouvère  dans  le  Vimeu.  Cette  indication 
si  précise  de  Collenot  qui  donne  même  la  date  ¿le  la  découverte  du  document, 
et  enfin  et  surtout  la  transcription  textuelle  du  passage  le  plus  intéressant, 
apportent  assurément   un    élément   nouveau   et   significatif  dans  la  question 

d'origine**  (S.  34) „  On   ne   saurait   vraiment  supposer  que  cet  homme 

{Collenot)  ait»  sans  intérêt»  ou  mû.  par  un  sentiment  exagéré  de  patriotisme 
local»  imaginé»  composé  cUnsi  de  toutes  pièces  un  document,  qu'il  ait  fait 
une  histoire  de  pure  fantaisie  et  inventée  à  plaisir»  alors  qu'il  déclare  avoir 
transcrit  lui-même»  textuellement»  le  passage  dont  il  donne  copie!    Et,  enfin, 

*  Jetzt  im  Archiv  der  „Société  d'Emulation  d* Abbeville",  als  deren 
Ehrenpräsident  er  ein  Vorgänger  des  Herrn  Delignières  ist;  vgl.  dessen 
Schrift  S.  32. 

*  Der  Wechsel  in  der  Schreibung  bei  D.  (auch  „Houdan")  beruht  wohl 
auf  einer  Unachtsamkeit;  im  amtlichen  Postlexikon  erscheint  die  ursprüngliche 
Form  „Hodenc". 

*  Geb.  1674  zu  Beau  vais,  f  1755.  Das  hier  gemeinte  Werk  ist  wohl 
das  zweibändige  „De  l'usage  des  romans",  1734  ersdiienen;  es  scheint  (nach 
dem  Fehler  ,Rom.  des  Isles*  zu  schliefsen)  auf  Borel's  Tresor  (1655)  zu  fiiisen. 


\ 


750  BRSPRECBUHOBH.     U.  FKIEDWAGHES, 

¡a  certitude  de  I'tKittenct  de  ce  doeumení  fivicKt  fiorali  d'autOMí  fimx  gradi 
fut  /'extrait  ci-deiiui  vient  confirmer  t'rrigine  ficarde,  bâen  avit/t.  i 
Raoul  de  Boudent"  {S.  J4  — JJ}.  Obgleich  kh  lo  cine  MjiliEkaüoB  àai 
Colleoot  nicht  rccfal  glaubie,  hidt  ich  doch  die  Uôglkiikat  nkbt  for  loip- 
tchlosscD.  TÍelmebr  Ine  sebe  naheliegcnd,  «lab  âa  Gedachliiis-  oder  Lnctcfala 
ilahin  tcrslecke,  oder  da/a  CollcDot  dis  Notii  Toa  dn  ätÜtuBg  cían  SecVnawm 
io  dec  Kirche  zu  Hodaic-«n-VirD°D  eist  nachuäglich  mil  dem  Kimco  mucin 
Dichters  (and  ïwar  durcb  dessen  ZoDiimeii  veruiliCsl)  in  VerbhidQQg  gtbiachl 
habe.  Um  diesen  Zweifel  lu  beieitigea,  bat  ich  Heim  Delignièies  bid  ei«t 
getreue,  nngeboiite  Abschrift  der  gaoieli  Stelle  bd  Collcnot,  und  so  eilupe 
ich  Kenntnis  >on  einigen  Neben umslän den ,  die  eine  Fälschnng  dutch  C.  bA 
ßir  ausgeschlossen  eischeiDcn  lassen.  Um  diesen  Pnnkt,  aul  den  mm  aät 
.  vietteicbt  wieder  oft  berurcn  wiid,  gleich  tod  Anfiog  va  klar  m  sieUcD.  glista 

;  ich   am   besten   eu   Ihuii,    wenn   ich   die  vtsenlhchen  Stellen   in  extenso  gebt 

i  Callenol  schreibt  S.32I   »einer  Remimscenien  wörtlich:    „Le  coneourj  fortdl 

•"«*  de  diveri  hiaards  nia  fait  décoMvrìr  un  de  nos  plus  ancieni  auteuri   rU  tu 

PemtkùH  au  tv  SOcb.  Mu  1762  hm  mtux  euri  m  tkafitbàrt  de  Baittt  ^ 
en  Vâmeu  (cor  ti  jr  aoaä  tau  eMapelle  en  tette  faraitte^  -oimi  aw  traam 
feur  bei  décliner  de  vieUiet  fatuarte*  tr»tnéet  en  raccommiodamt  dam  k 
nmrailit  de  VEgUte  dont  tot  vüux  cafri  ùudrd  dame  ¡a  tenEraiUe  et  ttM 
far  mu*  fierre  pd  en  iMiekait  et  fentrée  et  ¡a  vue;  i^arU  mal  ana  jet^ 
je  ini  dir  de  me  Udeur  It  tout  et  pee  Je  ¡e  Krai*  ti  émargerait  de  toa  «ah 
tenu  ehafot  fOce.  Traoailiant  avie  Dom  CaffuM  et  far  áittut,  IT  fii  f<íi  li« 
'  dlargit  far  leur  eoogrigaüan  et  far  le  gouvernement  dm  traaaä  ftm 
t'kiiteire  de  Púardií,  ji  tei  priai  de  uiayder,  a  qtiHs  firent  asee  teamt^ 
de  grate;  cet  piieet,  ti  je  níen  touvient  bien,  tíitaient  fue  Vérectiaa,  «» 
firmation  des  souxermns  et  dotationt  de  divert  teignenrs  et  det  etpicet  tdir 
tuairet  et  eeuilloir  (sic). 

Far  haiard  j'en  ai  copU  un  article  conçu  en  cet  termet  —  Obit  pout 
Raoul  deHoudan  (sic)  genti  conteur  pour  quoi  Rend  (on  pent-ClK 
plutei  Reni)  Sidrach  (ou  Sidrait  comme  nom)  prost  &  cheans,  sii 
blancs,  trois  ceufi  et  deux  fouaches,  affectés  sut  manoir,  gatdin, 
courti»  faisant  le  caing  del  piache. 

Le  singulier  obit  pour  un  gentil  conteur  piqua  alors  ma  curiosité  et 
pour  en  faire  part  à  Mr.  Douvilie,  lequel  après  en  avoir  pris,  ou  lecture 
ou  noie,  m'aura  remis  le  papier. 

ye  ne  sais  encan  far  quel  katard  il  y  a  quelque  temps  qu'ayant 
rassemblé  divers  papiers  inutiles  pour  brûler,  elle  (d.  i.  die  Kopie)  fût  re- 
trouiiie,  je  l'ai  alors  exeepti  (sic)  du  feu  et  l'ai  machinalement  gardée. 

Il  y  a  environ  un  mois  que  prié  de  ranger  une  biiliothègue,  en  atten- 
dant que  les  gens  de  peine  apportassent  le  restant  des  volumes,  je  pris  for 
haiard  four  ¡ire  un  volume  de  la  bibliothèque  des  romans,  yustement  je 
tombe  sur  Raoul  de  Houdan  (sic)  auteur  du  il*  siècle,  dit  le  Rédacteur, 
dont   la  patrie  est  inconnue  et  Ces  expressions;  on   le  croit  Picard.     Il  est 

auteur   du    roman   des   ailes Raoul  a  aussi  fait  un  Poème  au  fabliau 

intitulé  la  voye  ou  le  Songe  d'enfer.  Fauther  (sic)  dit  qu'il  cite  dans  ce 
poème  plusieurs    taverniers    vivans   de    son    temps  etc.  . . ."     Dann    folgt  ein 

Ansiug  aus  dem  , Roman  des  AUe»'  bis  zur  7.  Feder  des  Flagela  der  Cow- 


DELIGNIÊRSS,   RECHERCHES   SUR   RAOUL  DE   HOÜDENC.         75 1 

toisie.  Eine  Schlafsfolgerung,  etwa  dais  jetzt  also  die  Heimat  Raouls  ge- 
sichert ware  u.  dgl.,  findet  sich  nicht;  das  erschien  Collenot  wohl  selbstver- 
ständlich, aufser  jedem  Zweifel.  Nun  folgt  noch  die  Widmung  dieses  Fundes 
an  die  Société  d'Emulation  zu  Abbeville  (gegründet  1797):  „Heureux  si  à 
mon  âge  la  société  a  ce  récit  pour  agréable  ;  heureux  diS'je  si  ma  mémoire 
peut  tenir  lieu  de  vray  talent  et  consoler  du  défaut  d*une  scavante  imagi' 
nation."  Das  alles  zeugt  von  naivem  Charakter  und  verdient  wohl  Glauben. 
Collenot  hat  die  „Scharteken"  mit  Hilfe  schriftkundiger  Männer  entziffert;  er 
nennt  das  Jahr  und  zwei  Namen  von  Zeugen  und  genofs  allem  Anschein  nach 
das  Vertrauen  des  Pfarrers  von  Houdenc,  der  mit  dem  Funde  nichts  anzu- 
fangen wufste  und  zu  ihm  kam.  Als  Altertumsforscher  mochte  er  wohl  damals 
in  seiner  Heimat  einen  Ruf  haben.  Leider  wird  nicht  gesagt,  was  aus  dem 
Original  geworden  ist  Die  Angabe  von  Lesevarianten  aber  ist  ein  Beweis 
dafür,  dafs  Collenot  sich  bemüht  hat,  das  Richtige  herauszubringen.  Man 
mufs  also  doch  wohl  an  die  Existenz  eines  solchen  Dokuments  glauben.  Leider 
aber  ist  damit  nicht  viel  gewonnen.  Die  Hauptsache  ist  verschwiegen:  das 
Alter  der  Urkimde!  Die  Schreibung  ,Houdan*  könnte  von  Collenot  her- 
rühren, der  den  Ort  und  seine  in  gebildeten  Kreisen  übliche  Aussprache 
kannte;  dafs  er  auch  für  die  modern  scheinende  Schreibung  einiger  Wörter 
verantwortlich  sei,  glaube  ich  aber  nicht,  weil  es  ihm  dann  ja  nicht  die  ge- 
ringste Schwierigkeit  gemacht  hätte,  auch  die  übrigen  vom  Patois  ins  Schrift- 
französische zu  übertragen.  Ist  aber  die  Kopie  genau,  wie  ich  glauben 
möchte,  weil  sie  eben  mundartlich  und  teilweise  sinnlos  ist,^  so  kann  man  dem 
Original  kein  sehr  hohes  Alter  zuerkennen.  Für  diese  Ansicht  spricht  noch 
manches.  Einmal  scheint  das  Dokument  nicht  auf  Pergament,  sondern  Papier 
geschrieben  gewesen  zu  sein,  vgl.  die  Stelle,  welche  Mr.  DouviUe  betrifft. 
Collenot  wird  ihm  wohl  das  Original  gezeigt  haben,  da  er  doch  seine  Meinung 
darüber  hören  wollte.  Der  Ausdruck  „m'aura  remis  le  papier"  kann  sich 
doch  nur  auf  das  seither  nicht  mehr  aufgefundene  Original,  an  das  er  sich 
eben  nicht  mehr  erinnerte,  kaum  aber  auf  die  Kopie  bezogen  haben,  denn 
diese  besafs  er  ja  sicher;  er  bewahrte  sie  von  1762  bis  mindestens  1797  auf, 
da  in  diesem  Jahr  erst  die  „Société**  gegründet  wurde  und  er  das  (ihr  ge- 
widmete) Manuskript  seiner  „Reminiscences'*  erst  zur  Zeit  ihres  Bestandes 
verfafste.  Obwohl  der  Gebrauch  von  Papier  an  und  für  sich  nicht  unbedingt 
gegen  das  XUI.  Jhdt.  spräche,  ist  er  doch  erst  später,  kaum  vor  Mitte  des 
XIV.  Jhdts.,  so  allgemein  verbreitet  gewesen,  dafs  man  es  für  Urkunden  oder 
Aufzeichnungen  urkundlichen  Charakters  in  abgelegenen  Dorfkirchen  ver- 
wendete. Dann  bietet  vielleicht  auch  die  Geldwährung  eine  Handhabe: 
Littré  (vgl.  blanc.  No.  io)  führt  die  ältesten  Beispiele  davon  aus  dem  XIV. 
(Oresme)  und  XV.  Jhdt.  (Charles  d'Orléans,  Ph.  Commines)  an.  Trotz  der 
frühen  Belege  (J.  1198,  1205)  bei  Ducange  (s.v.  blancus)  tritt  der  blanc  als 
offic.  Münze  wohl  doch  erst  unter  Philipp  VI.  von  Valois  auf;  seine  eigentliche 
Zeit  ist  Mitte  des  XIV.  bis  Mitte  des  XVI.  Jhdts.,  vgl.  Leblanc,  Traité  hist,  des 
Monnoyes  de  France  S.  206,  213,  266,  319,  327;  de  Saulcy,  Ree.  des  docum. 
relatifs  à  l'hìst.  des  monnaies  I,  242  b,  444:  Blanchet,  Nouv.  Manuel  de  numis- 
matique du  m.  âge  I,  151  u.  a.     Aber  noch  Laf.  Fabl.  IX,  3.    Die  Form  des 


^  Ich  vermute  die  Lesung:  pour  quoi  R.  S.  presta  cheans  six  blancs. 


75a 


BESPRECHUNGEN.     M.  FRIEDWAGNER, 


Vecbs  affecter  weist  gleichfulll  auf  kein  höheres  Alter  als  du  XV.  JtulL  Ud. 
Schlie&Uch  mögUchenreise  ein  paläogriphischer  Anhaltspunkt:  CoUenol  «ä& 
nicht,  ob  CT  Sidiaííi  oder  Sidratt  lesen  soll,  welche  Verwechslung  mit  in  aB- 
gemeinen  vor  dem  XV.  oiXi  XVI.  Jhdi.  nicht  leicht  möglich  scbeint.  Viel- 
leicht findet  jemand  ein  weiteres  oder  zuverlässigeres  Kriterium  herau*. 

Ich  glaube  also  an  die  EiisteuE  des  (gelUlschten?)  DolmiDcnli.  setie 
es  aber  aus  obigen  Gründen  eicht  ftubet  als  ins  XV.  oder  XVX  Jfadt.  Daft 
die  Stiftung  ungefähr  io  die  Zeit  von  Raonls  Tod  (TOr  113^)'  hioaiifreicha 
- —  und  Dur  dann  wate  sie  ein  Beweis  für  persönliche  Beiiehongcn  diesel* 
Dì<hleis  lu  jenem  Otte  —  scheint  mir  recht  nnwafarscheinitcb.  Die  Zeit- 
genossen Raouls  aileio,  uud  wohl  auch  nur  die  in  seiner  iriiklicben  Hejmal 
ansässigen,  konnten  cince  Verwechselung  seines  Geburtsortes  mit  einem  andcmi 
unter  den  vielen  Orten  des  NjmeDs  Houdenc  entgehen,  weil  nun  in  kleineo 
DÖrfeni  and  Städtchen  eben  alle  Leute,  die  dort  in  Hause  sind,  kennt.  Schon 
gegen  Ejidc  des  XIII.  Jh dl  9.  bewiese  die  ErrichtuDg  einer  solcbcD  SdAuag 
nichts  mehr.  Es  wird  also  wohl  ein  lokalp  atrio  tisch  gesinnter,  vermögender 
und  dabei  etwas  lilteratnrkuiidiget *  Einwohner  von  Houdenc-ec-Vimeu  ran 
unserem  Dichtet  gehört  und  ihn  —  gleich  VuilhorgDe  und  Delignières  —  loi 
seine  engere  Heimat  in  Anspruch  genommen  haben.  Das  mag  im  XVI.  oder 
XVIII.  Jhdt.,  der  Zeil  des  geistigen  Aufschwungs  oder  der  Fslachimgen , 
schehcn  sein.'  Die  Echtheit  des  von  Deligniires  entdeckten  Dokuments  be- 
wiese also  ebensowenig  die  picardische  Hetkiuift  Kaouls,  wie  etwa  die  Et- 
richtung  eines  Denkroals  in  Bozen  für  Wallfaer  von  der  Vogelweide  dessea 
tirolische  Abslammuog  aufser  Frage  stellt.  Wenn  schon  Raoul  das  bei  fia». 
cois  seiner  Werke,  das  ihm  uiemand  abspricht,  erst  nach  Able^ng 
mundarlUchea  (picardischen)  Muttersprache  erworben  halte,  was  ja  schlteliKdl 
nicht  immögüch  wäre,  so  käme  doch  meines  Erachlens  eher  der  Gau  Vi 
als  Heimat  in  Betracht  deun  Vimen. 

Bisher  haben  aile,  welche  an  Raoul's  picardische  Herkunft  glauben,  i 
auf  V.  bJO  der  Voie  de  Paradis:  ,Dame.  je  lui  de  Picardie-  berufen.  1 
Deligaiircs  findet  in  dem  Zusammen  treffen  des  aufgefimdeneii  Dokuments 
der  genannten  Stelle  die  uniweife! hafte,  wenn  auch,  nach  ihm,  nicht  erst  r 
wendige  Bestätigung  dafür.  Denn  schon  langst  schien  ihm  die  Sache  siebet: 
La  questi&n  paraiisaii  dam:  ¿puisée,  tranchée  en  dernier  reisort  el 
nevr  de  noire  centrée,  denn  Gelehrte  von  der  Bedeutung  P.  Paris',  Scheli 
und  Uichelant's  u.  a.  halten  sich  in  diesem  Sinne  ausgesprochen.  Siais  voict\ 
que  tout  demiiremtnt  ^Romania  XXVII,  Jl6  —  j3o)  un  docteur  auírithitn 
M.  FriedTgagner  a  . .  .  ftittndM  contrairement  à  l'opinion  unanime  dt 
eeux    fui    s'étaient    occupés    avant    lui   de    noire   IfOUvire.    que    ta    Vayc   4f 

'  VgL  meine  Ausgabe  des  Merangis  S.  LXitl. 

»  VieLeicht    ans    Geoffroy'»    de  Tory    im  J.  1519    lu  Paris    erschtenenclO    ' 
Werke;  Le  champ  Seury.  wo  Raoul  erwähnt  wird.    Auch  Bore),  Tresor  (165  J] 
>ind  Henry  Eslìcane,  Traili  de  la  prícellcnce  du  langage  françois  «Paris,   tJTq), 
S.  154  sprechen  von  ihm.     Bald    nachher  (ISSi)    Fauchet,    Recueil  S.  96,    und 
Œuvres  II,  ssji"  (i6io). 

*  Für  jene  Zeil  ist  diese  Art  dCT  Erinnenmg  durch  eine  kdtchliche  Stií- 
tUDg  das,  was  heute  ein  Standbild  ist.  Und  Abbeville  wat  ein  liltenrixJie* 
Centrum.  Der  Besitzer  der  Herrschaft  Houdenc  war  1506  und  tndttttiaU 
Uaire  von  Abbeville,  vgl  Delìg;ii.  S.  33,  A.  I. 


I 


r 


DBUGNtÈKCS.   RBCHEKCBES   STR   BAOUL  OK   BOCtMDtC.         7^3 

ParaOii  m  ur^ä  fiat  tarn  arm.  el  fnt  db  kri  Im  Jédarmhm  turigvt  de 
Puardit  me  /affUfmerait  fat  à  Im!  CAaä  i^nr  pmr  M  h^tt  rtUMitUm 
tout  enture.  Il  ta  prai  far  rantnir  aMiritàir»,  UHU  M  frdtaiUml  «Mr 
ajßirwiatiam    jt^il   ^t¡t  pas,    dU-ii,    ii/ßdit   de  ßramer.    m'^fartr  fi  titUt 

premt.    a»   maâtt   dami    rartisle  pridU ü  afitrmt  et  raiJi  (mtf ; 

la  fréta*  f^û  regarde  ctatme  faàU  à  faire  ....me  Prit  fiMÊ-Ift  fai 
four  iiâ-wifme  auíaní  fi^il  tt  laitte  eraire  etc.  (S.  17  f.».  U»d  nm  ScU*b 
<S.  iO):  Laitiaiti  dame  M.  Fr,  A  lei  arrîmatioiiE,  eUet  ite  imirmemt  /tromirr 
maire  canviaûm.  Icb  kônBle  duinf  Ml«finai,  dsâ  j>  dodi  bscki  ^K  (laM 
Liitemnt  übet  diese  Frage  existiert,  n>d  «De  aoslñlitliclie  EiötWfMg  «■  4a 
genacolcn  Stellt  aklit  im  PiiOe  wax;  in  ndiio  UtiWBgkS'Amgabe  S.  LVm, 
A.  1  oad  S.  LUT,  die  ja  im  gleii^Fa  Heft  der  Rouubíi  eingekead  besfta^ca 
wordc  und  dafacf  Hemi  Deligoiteei  dicbl  aabckumt  sei»  konnte,  «fato  aber 
einif^  sehr  •^f^^-ntMrhf  Vuitktr.  die  mich  m  jentr  Ansicht  t-eranlalsl,  an  tindni 
gr-wtsn.  Da  ich  ent  im  dnttea  Bande  meiner  Rionl-Aasgibe  (die  auch 
den  Songe  de  Pmdit  esthallen  wird)  auf  dioen  Gecenstand  inrñckkomaien 
werde  vaä  «  ticlleicht  aach  nicht  immer  got  ist,  ñbei  DDgetechtfenigte  As- 
giifle  la  scbweigeo.  selbst  io  Filien,  wo  das  Ualerial  and  somit  die  Walu- 
bcii  allen  logaaglich  ist,  «1  will  ich  hier  auf  die  Sache  nähet  eingehen. 

Seit  W.  T.  Zingcrle  (1880)  die  ersten  leixen  Zweifel  an  der  Ecbtbeil  des 
Gedichts  TOD  der  Himmelsrei«  vorgebrachl  hat,'  sind  wirdeihnlt  Vo^Dche 
gemacht  worden,  diese  Zweifel  la  bescbwichiigen*  In  dn  iwuestea  Zeit  noch 
hat  sich  Kaloza,*  vcbq  aach  reserñetl,  ehei  fot  die  Echtheit  ausgesprochen, 
und  Hlbit  Zingerle  ist  seit  der  Kriük  »a  Bömer  (1SS8,  UterUurbL.  Sp.  36| 
ecwu  schwankender  geworden  ;*  dagegen  hat  Sachier  (LileratuibL  18S1,  Sp.  64 
tmd  Dcnes^eDS  in  seiner  Gesch.  der  in.  Litleralnr,  Lcipitg  u.  Wien,  191x1.  S.  309) 
die  Veifasserschaft  DD^ere«  Dichters  bestimmt  in  Abrede  gestellt,  aach  ich 
hube  mich  tUerao^  S.  LViiI,  A.  i\  gegen  die  Moglicblicil  eines  Zweifels  ui  der 
Unecblheit  aosge^piochen.  und  W.  Förster  (Z.  f.  fri.  Spi.  u.  Litt.  XX*.  104)  hat 
mir  augestimmt.  Folgende  Ginnde  scheinen  mir  die  Unechtheit  des  Songe 
(oder  Voie)  de  Paradis  zu  crwciscti: 

I)  Das   Gedicht   ist   in   dtei   Hss.   (Btössel  Bibl.  Rojr.  9411  —  16,    Paris 

>  Ueber  R.  de  IL  und  seine  Welke.  Erlangen,  Diss.,  S.  41  ff. 

■  Vgl.  Bömer,  R.  de  H.,  Leipzig,  Vus..  T8S4,  5.  1 1  r  f.;  Zenker.  Ueber 
die  Echtheit  iwcier  dem  R.  de  H.  luge  sehr  i  ebener  Werke,  Erlangen,  líSg, 
S.  I  2.  Abbehusen  S.  91  neigt  sich  der  Ansicht  t.  Zingerle's,  Malmslc  Jl  S.  ì 
eher  jener  von  Bömer  lu,  obgleich  lyide  kein  nenes  Argument  beibringen 
konnten  (vgl.  die  ausfahrlichen  Titel  Merangis  S.  vtll). 

*  In  „Beiträge  ita  roman.  Phil.,  Festgabe  lût  G.  Giòbef,  Halle,  1899, 
S. -A.  S.  S,  A.  2. 

*  Im  , .Kritischen  Jahresbericht"  I,  428  ff.  hält  er  die  Echtheit  des  S.  de  P. 
für  „möglieh,  obwohl  nicht  für  sehr  wahrscheinlich".  Ich  kann  hier  nicht 
alle  Meinungen  eiwähoen;  nur  soviel  sei  bemerkt,  dafs  P.  Meyer,  Rom. 
XXI,  414  dieses  Gedicht  ebentowemg  unter  den  echten  Werken  Raoul's  an- 
lühTl  wie  G.  ParU  HiiL  litt  XXX,  4;  f.,  dab  leuterer  aber  in  seinen  Bc- 
sprechaneen  Rom.  X,  319  (Zingerle)  and  XJV,  174  (BÔmei)  keine  bestimmte 
Entscheidang  trifft,  und  in  seiner  Litt^ature  fran^iiie  au  moyen  ige.  1.  AuS. 
$  ts6  (1890)  beide  Tríame  unserem  Raoul  luschreibt.  In  der  Ree.  von 
Kaluia's  Schrift  (Rom.  XXIX,  117—118)  beröbrl  er  diesen  Punkt  nicht,  weit 
keine  Veranlassung  dazu  vorlag.  Gröber,  Grnndrírs  II,  i.  Abib.  S.  694,  ist 
fui  die  Kchtheit  dei  S.  de  P. 

ZeÜKlir.  t  lom.  Phü    XXV.  48 


754 


BESFRBCHUNGEM.      U.  FItlEOWAGKER, 


Bibl,  N»t.  fr.  8j7.  Turin  Nai.  L.  v,  31)  übeilkfett; 
allein,  in  din  binden  atidcni  umnìllelbar  binti 
RmiuI.  In  Vers  969  (Edit.  Sclieler,  Trouy.  Bel 
Dim  Gott  den  Dichter  mit  seiaem  Namen  bo:  i 
Mikiel,  noi  in  den  beiden  andera  Raoul,  ^i 
mehr  genannt.  Was  halle  den  Schreiber  der  B 
Namen   zu   ändern?     Für   die   Pariser  und   Tui 


]  der  Brüsseler  steht  e 
dem  Songe  d'Enfer  tiasereí 
1  n,  IJ41  des  S.  de  P.  ted«  " 


in  der  Brösselei  aber 
st  der  Verfassei  nitgendi 
.  veranlassen  «ollen,  den 
He.   aber   tag   ein  Grand 


dafür  vor;  der  Name  des  Dichters  im  vara 
wurde  einhtch  auch  aufs  zweite  bezogen.  A 
, Raoul'  für  den  Verfasser  des  S.  de  P.  sicher. 

2)  Wenn  mit  Borner  (S.  114)  und  wohl  anch  mit  Zenker  (S.  4 — Sì  ^" 
Schlula  des  S.  de  P.  (von  V.  [OJO  an)  akh  auf  beide  Gedichte  belieben  soll, 
diese  also  ein  einheitliches  Ganie  ausmacblen ,  wie  ist  es  la  crldSien,  d&b 
von  acbl'  Hss.  nur  zwei  (aus  derselben  Familir)  den  S.  de  P.  folgen  la»en. 
alle  übrigen  aber  nur  den  angeblich  un  vol  Islán  di  gen,  abgerissenen  eisten  Teil 
(S.  d'E.)  enthalten?  —  Der  angeblich  gemeinsame  Scbluâ  umfafst  338  Ver», 
der  eigeoiliche  S,  de  P.  1030,  der  Ilôlleotraum  im  ganzen  nur  678;  jsl  dit 
abgesonderte  Ueberlicferunj;  eines  „Brncbslückes"  ¡n  so  vielen  Hss,,  ist  cìbb" 
solche  Z être ifsun g  denkbar,  wenn  uifptünglich  jene  feste  Verbindung  bestand,'' 
wie  sie  nach  den  Versen  S.  d'E.  679  —  682  und  S.  de  P.  1  —  2  (Edit.  Scheleil 
in  zwei  Hss.  erscheint?  Onfs  man  beide,  wenn  sie  einmal  verbunden  WtfCil. 
trennte,  ist  aninöglich;  seht  leicht  einzusehen  aber  ibt  es  hingegen,  dafs  mu 
sie  nachträglich  wegen  ihrer  AehnlichkeiC  verband,  ohne  auf  die  Vcr&ntr- 
Schaft  Rücksicht  zu  nehmen.' 

3)  In  allen  Dichtungen*  Raoul's  von  Houdenc  oennt  >ich  der  Veiùam 
mindestens  zweimal:  immer  am  Schieb,  vgl.  Mer.  59J4,  S938,  S.  d'E.  tf,, 
Rom.  des  Eies  644  (Veng.  Rag,  6170  Ed.  Hippeau),  dann  am  Anfang:  Mer.  17. 
R.Eles  57(V.Rag.l2'),  oder  in  der  Mille:  Mer,  4334,  S.  d'E.4lï  (V.  Rae.33Slfi 
warum  geschieht  dies  nicht  auch  im  S.  de  P,?  Warum  gíebl  Raoul  ferner  dem 
S.  d'E.  einen  so  vollständigen  Abscblufs,  der  dazu  noch  dem  Ende  der  übrigi 
DichlUDgen  gleicht,   wenn   es  eigentlich  nur  der  erste  Teil  ('/g)  eines  Ganz«., 


'  Der  S.  d'E.  ist  in  zehn  Hss.  erhalten,  von  denen  Paris  NaL  15433 
und  Asbburnham  den  Schlufs  nicht  mehr  oder  nicht  gant  haben,  so  dab 
vielleicht  (?)  auch  der  S,  de  P.  in  deren  Vorlage  gefolgt  sein  kännle, 

*  Weder  Huon  de  Mery,  noch  Fauchet  (er  benutzte  das  Ms.  IJ93.  du 
den  S.  de  P.  nicht  bat),  noch  endlich  Lenglois  Duftesnoy  wissen  etwas  von 
einem  Gedichte  ,S.  de  P.'  von  Raoul.  Wer  zuerst  die  Identität  ausgesprochen 
bat,  weifs  ich  augenblicklich  nicht;  ich  vermute  Jubinal;  fUt  Scheler  sieht  ue 
bereits  fest  (S.  KVUI). 

'  Auch  die  Vengeance  Raguidel  halle  ¡ch  für  echt;  ich  habe  die  Grûude 
dafür  schon  in  einem  Vortrag  des  Wiener  neuphil.  Vereins  am  ao,  Dez.  (89; 
(vgl  Bericht  in  der  Z.  f.  d.  öst.  Gymnasien  XLVII,  1886,  S.  480)  gegeben; 
aber  Meraugis  !S.  LXTl,  A,  2  hielt  ich  absichtlich  noch  mit  dem  Urteil  lurüct, 
wenn  es  auch  herauszulesen  war.  Kaluza  konnte  dies  leicht  entgehen.  Die 
Vornahme  eines  alleren,  unvollendeten  Gedichtes  durch  Raoul  de  H.  halte 
ich  für  möglich.   Die  Ausgabe  der  V.  Rag.  wird  darüber  auslñhilicber  handela. 

*  Ich  vermute  wenigstens,  dafs  V.  io~li  der  V.  Rag.  ursprünglith  gt- 
lautet  haben:  Mau  ja  de  prince  qu'il  i  ail  Ne  toi  lenra  (Hs.  tenrai)  en  ait 
fiait  iunle  Raens  gui  (Ha,  Issi  9)  la  matière  conte. 


i 


DEUGNIÈKES,  RECHERCHES  SUR  RAOUL  DE  HOUDBNC    755 

4)  Die  Verse  "hCi  fine  li  Songes  d*  Enfer:  Dieus  m*  en  gart  esté  et  y  ver  ! 
Après  orre*  de  Paradis;  Dieus  nous  i  maint  et  noz  amis!z  (679  —  82  Edit. 
Scheler),  welche  auf  ein  zweites  ähnliches  Gedicht  hindeuten  sollen,  fehlen  in 
allen  Hss.  bis  auf  Paris  Nat.  837  und  Turin  Naz.  L,  V,  32,  wo  eben  der 
S.  de  P.  auch  unmittelbar  folgt.  Sie  sind  also  unecht,^  d.  h.  als  Verbindungs- 
zeilen von  einem  Schreiber  interpoliert  oder  wohl  gar  von  dem  Dichter  des 
Himmelstraums  selbst  angefügt,  wenn  man  an  ein  Segeln  unter  falscher  Flagge 
denkt  (der  Name  Mikiel  könnte  dann  natürlich  nicht  als  ursprünglich  gelten). 
Jedenfalls  aber  haben  diese  Schlufsverse  aufser  Spiel  zu  bleiben. 

5)  Die  Sprache  des  S.  de  P.  ist  die  eines  fast  zwanglos  in  seiner  Mund- 
art schreibenden  Picarden,  während  Raoul  von  Houdcnc  im  umfangreichen 
Meraugis  (5938  Verse),  im  S.  d'£.  und  Rom.  des  Eies  ein  fast  ganz  reines 
Francisch  {pel  français)  schreibt;  die  wenigen  mundartlichen  Züge  (Mer.  2225 
roche  :  broche  ist  auch  aufserhalb  der  Picardie  zu  treffen;  Eies  267  suivie  : 
cuirie(e)  steht  ohne  weiteres  Beispiel;  einigemale  -x  :  -s  im  S.  d'E.  begründet 
noch  kein  dialektisches  Merkmal)  weisen  mehr  auf  die  Nähe  der  Normandie 
als  der  Picardie  hin.*  Bei  den  nachstehenden  picardischen  Merkmalen  des 
S.  de  P.  ist  vor  allem  das  numerische  Verhältnis  der  mit  Rücksicht  auf  den 
geringen  Umfang  (1368  Verse)  ziemlich  zahlreich  zu  nennenden  Belegstellen  zu 
beachten.  Vgl.  mi  (frz.  moi)  :  demi  395,  883,  :  vi  509,  :  ami  535;  ti  (frz.  toi) 
:  menti  123,  751;  lie  (frz.  liée)  ;  rie  213  (Hs.  Tur.  <//>),  compaingnie  :  irie  479, 
;  mesnie  il 31;  haskie  \  forsenerie  1151;  aringnie  \  vilenie  275;  hui{s)diues  : 
piues  779  (bei  Godefroy  Reime  des  ersten  Wortes  mit  Hue  =  lieue  etc.), 
plentiu  (¡eu)  :  soutiu  (ieu)  II2I;  fus  {Ímhús)  :fus  (focus)  1157,  vaut  (voluit)  : 
chaut  183;  dann  wohl  auch  douches  (dulces)  :  bouches  373,  riche '.  serviche 
265,  fache  (facies)  :  sache  (sapiam)  199;  weniger  charakteristisch,  aber  doch 
in  der  Picardie  am  häufigsten  zu  treffen  wären  noch  aus  (illos)  :  caus  (calidus) 
955,  dann  Futurformen  wie  avera,  prendera,  mêleront,  isteront  u.  a.  Bei 
diesen  Belegen,  die  nur  aus  den  Reimen  genommen  wurden,  stimmen  alle 
drei  liss.  üb  er  e  in.  Dafs  daneben  auch  moi,  toi  (je  einmal),  eus  (illos)  ge- 
braucht wird,  kann  nicht  überraschen.  —  Andere  dialektische  Eigentümlich- 
keiten des  Laut-  oder  Formcnwandels,  der  Metrik  u.  s.  w.  hier  anzuführen, 
ist  nicht  notwendig.  Von  den  bei  Zingerle,  Diss.  S.  42  angeführten  zwölf 
Punkten  hat  Zenker  (S.  6  —  8)  Punkt  i,  3,  4,  5,  6,  8,  9,  ii  gar  nicht  oder 
nur  teilweise  zu  entkräften  vermocht.  Kann  man  sich  also  vorstellen,  daCi 
mitten  in  einem  Gedichte  (denn  die  Zusammengehörigkeit  beider  Songes  wird 
immer  betont)  plötzlich  dialekiische  Eigenheiten,  von  denen  bisher  kaum  eine 
Spur  zu  bemerken  war,  in  solcher  Anzahl  zum  Vorschein  kommen  können, 
ohne  dais  der  Dichter  gewechselt  hat  oder  doch  eine  besondere  (hier  aber 
nicht  auffindbare)  Veranlassung  dafür  vorlag?  —  Dieser  Punkt  allein  schon 
genügt  mir,  die  Echtheit  des  S.  de  P.  zu  bestreiten. 

^  Schon  Zingerle  bat  gewarnt,  diesen  Versen  zuviel  Gewicht  beizulegen, 
vgl.  Literaturbl.  1888,  Sp.  25,  A.  1.  Dafs  der  S.  d'E.  mit  Vers  678  schliefst, 
habe  ich  in  der  , .Festschrift  zum  VIII.  Neuphilologenlage"  (Wien,  Brau- 
roüUer,  1898),  hgg.  von  J.  Schipper,  S.  237  auf  Grund  sämtlicher  liss.  nachzu- 
weisen versucht. 

*  Zenker,  S.  11,  findet  aber,  dafs  zwischen  dem  S.  d'E.  und  dem  S.  de  P. 
sprachliche  Unterschiede  nicht  nachzuweisen  seien,  und  dafs  beide  Dichtungen 
Eigentümlichkeiten  des  picard.  Dialekts  aufwiesen. 

48* 


756 


BEäPRECHDNGEN.     U.  FKIUDWACN&K, 


dl   Die   metrischt   Uebei. 


mmung  bdder  Gedichte  (Sonecí)   t 


e  Zeoki:!  S.  9  IT.    glauben    macht.     Ei    ' 
I.  Phil.  VI.  1,  177  gefundinen  Verhiltni 


Inf   die    1 


,   Frer-I 


dei  eüuelDen  Anes 


BO     eiofsC,     W 

mond,  Z.  f.  r 

dei  teicbcD  Keimes  in  beiden  Gedicblen  hia  und  findet  (S.  10)  datin  ein  , 
wicbtigra  Moment  JÜi  die  Iilenlitil  dei  Vcifaaser".  Ich  luán  nun  in  tiem 
Perzeolsatie  der  reichen  Reime  wohl  ein  ¡in  alletmeilieo  wichtiges,  »bei  10 
50  minuliöien  Falgernngen,  wie  sie  i.  B.  ICiluza  (S.-A.  S.  loi.'|  daraat  ab- 
leitet,  doch  nicht  berechtigendes  Mittel  sehen,  ein  uncntbebrlìchcs  Hilfsnültel 
zwar  bei  ahnlichen  Unlersuchungea,  aber  kein  Pitcisions- Instrument  Das 
hat  Freymoad  (S.  1S4)  selbst  schon  angedeutet.  Stellt  man  sieb  aber  trati- 
dem  auf  Zenkers  Standpunkt,  so  giebt  gerade  der  Perientsalr  ihm  unrecht.'  1 
Man  vgl,  die  Tabelle  (Zenker  S,  9.   Freymond  S,  177):    ^' f^    I  — ,   II  Î1,    ^ 


m 


1} 
>7T 


10 


,  19 


VI  / 


A  ^.  P  ^   C 
S 


S.  de  F. 

ü.  D  M.     AI»   1 
34 


e  (S  und  D)  absieht,  wei)  «e  den  UntCTschied  im  einulnca 
ausgleicht  und  das  Cbarakteriitische  verwischt,*  so  beslefalt  in  sccbs  Fällen 
von  neun  (nümlieh  II,  III,  IV,  V,  A,  C)  keine  Ucbeieio Stimmung,  sondern 
ein  merklicher  Uateischied.  Freilich  weicht  auch  Mer.  und  H-  Eies  von  ein- 
ander in  ähnlicher  Weise  ab;  dann  aber  darf  man  eben  aus  diesen  nume- 
rischen Verhàllnitsen  Iteine  so  weitgehenden  Schlüsse  ziehen.  Ich  würde  ilM 
sagen:  der  Geblauch  des  Reims  spricht  nicht  gegen  die  IdentitÄt  der  V«f- 
lauer,  kann  aber  nucb  nicht  als  Beweis  dafür  gellen. 

1)  Der  InhLih  beider  Gedichte  (nach  Burner:  beider  Teile  des  Gedi^ti)  ' 
ist  einander  diametral  cnlgcgengeKtzt.  Der  Verfasser  des  S.  d'E.  ist  ein  »Hl-  1 
gelassener,  wit¿igcr,  derber  Spötter  (vgl.  Vers  593,  besonders  aber  4~(.;  I 
jí/f//    ortnl    un  autre  mei     Qu'il  Hndrent  a  bon  et  a /res:    VieÜiex  f  alaba 

aflagueresies.  Qui  ont  teus  crevaces  qu'asneiiei Allerdings  steht  dies* 

Stelle  nur  in  Paris  Sj7  imd  Turin,  aber  zugleich,  wenn  auch  etwas  verändert,  in 
Paris  ZIËS,  die  einer  anderen  Familie  angehört;  vgl.  ferner  aas  übrige  Hölkn- 
mahi  von  Vers  439  an,  wo  Raoul  nicht  viel  anständiger  ist).  Der  Dichtet 
des  Himmelstraumes  ist  nicht  nur  wegen  der  Kenntnis  der  tbeoiogiscbea 
Litleratur,  sondern  auch  wegen  des  Predigerlones,  der  gegen  Schluls  recht 
langweilig  wird,  ein  Geistlicher  (Mönch?),  unser  Raoul  dagegen  ein  wan- 
dernder Geselle,  der  sich  wenig  ums  Jenseils  künimcrt  and  allem  Anschein 
nach  mit  dem  Teufel  auf  keinem  schlimmeren  Fuisc  steht  als  mit  den  ThSi- 
hütern  der  Reichen  (S.  d'E.  372}.  Der  S.  d'E.  ist  eine  blofse  Satirc  ohne 
jeden  didaktischen  Zweck,  der  S.  de  P.  ein  niotali;ches  Lchtgedidil;  jenes  soO 
iintö-hallen ,  dieses  die  Sünder  bekehren.  Das  hai  Borner  nicht  widerlegt, 
auch  bciiche  ich  dis  Woil  songes  {Vers  lOJI,  S,  de  P.,  Mais  four  che  jMt 
j'ai  tant  songi/.   De  dire  ¡anges  (in  allen  Hu.)  frene  cangie.    Si  dirai  fime 

'  Festichiift  für  G.  Grober,  I 

<  Freyniond  Z.Í.  rom.  Phil.  VI,  1S4:  ,Noch  mehr  bequeme  Reirae  als  im   ' 
S.  d'E.  Ëudcn  sich  im  S.  de  P.,   welches  Gedicht,    wie   es  uns  vorliegt,    nach 
ZiBgerle  dem  R.  de  H.  abiusprcchen  ist."    Fr.  weist  auch  auf  die  Verschieden- 
heit EWiscben  Meraugis  und  die  allegorischen  Dichtungen  hin. 

'  Ich   kann   mir   nicht  vorstellen,    dafs   man   damals   beim  Dichten   ge- 


rechnet haben  soll. 


d 


DBUGNIÈRES,  RECHERCHES  SUR  RAOUL  DE  HOUDENC.    757 

veriti)  nicht  auf  beide  »Gedichte*,  sondern  es  heifst  hier  „Träumereien,  fictions, 
mensonges"  (wie  1028).  Und  endlich  S.  d'E.  673  {Et  eis  conte  faut  si  a  point 
Qu*  après  ce  rCen  dir  oie  point  Devant  que  de  songier  reviegne)  deute  ich 
anders  als  Borner  (S.  m)  und  Zenker  (S.  4):  es  wird  hier  nicht  gesagt,  dais 
der  Dichter  nochmals  (wie  es  S.  de  P.  1135  f.  geschieht)  von  der  Hölle  sprechen 
will,  sondern  dire  heilst  hier  soviel  als  nfr.  conter,  composer»  inventer  (vgl. 
Meraugis  12,  14),  mit  einem  Worte  «dichten*.  Raoul  will  also  nichts  mehr 
dichten  {conte  . .  ne  diroie  point)^  ehe  er  vom  Traum  erwacht  ist,  er  will  keine 
visionäre  Dichtung  mehr  schreiben,  sondern  ins  wirkliche  Leben  zurück- 
kommen. Das  ist  das  Gegenteil  von  dem,  was  man  immer  herausgelesen  hat: 
nicht  Ankündigung  des  S.  de  P.,  sondern  Ablehnung  weiterer  Visionen!  — 

8)  Die  Aehnlichkeit  des  Stils  ergiebt  sich  einmal  aus  der  Gleichheit  des 
Gegenstandes,  dann  wohl  aus  dem  bewufsten  Streben  nach  Angleichung  seitens 
des  Verfassers  vom  S.  de  P.  Das  Gedicht  vom  Höllentraum  machte  Aufsehen, 
wie  die  vielen  Hss.  zeigen;  den  ärgerlichen  Eindruck  abzuschwächen,  machte 
sich  vielleicht  einer  aus  dem  meist  angegriffenen  Stande  (Mönch?)  daran,  eine 
Fortsetzung  zu  dichten.  Vielleicht  stammen  die  Verbindungsverse  (S.  d'E. 
679 — 82)  sogar  von  ihm  selbst  her.  Eine  Art  Nachahmung  des  IlöUentraums 
zeigt  die  Hs.  Paris,  Nat.  fr.  12603:  Ch*est  du  lai  d* infier:  Ahay,  ahay,  ie  sui 
7'enus,  Salus  vous  mande  Belgibus  Et  Jupiter  et  Apolins,  Ie  vieng  d^infier 
le  droit  chemin,  Nouveles  vous  en  sai  conter  etc.,  und  Paris,  Nat.  Ms.  fr,  105 1, 
worüber  in  meiner  Ausgabe  das  Nähere  gesagt  werden  wird.  Auf  weitere 
Details  kann  ich  hier  nicht  eingehen. 

Das  sind  die  Hauptgründe,  die  mich  veranlassen,  den  Songe  de  Paradis 
mit  Entschiedenheit  als  unecht  (d.  h.  nicht  von  Raoul  de  Houdenc  herrührend) 
zu  erklären.  Es  genügt  nicht,  an  einzelnen  von  ihnen  zu  mäkeln;  wer  die 
Echtheit  des  Gedichtes  beweisen  will,  mufs  einmal  sie  alle  zusammen  wider- 
legen, dann  aber  noch  positive  Beweise  für  seine  Ansicht  bringen.  Herrn 
Delignières  freilich  werde  ich  nicht  überzeugt  haben. 

Auf  den  übrigen  Inhalt  seiner  Schrift  gehe  ich  lieber  nicht  ein.  Wer 
sie  gelesen,  wird  meine  Diskretion  anerkennen.  Wohl  aber  werde  ich  dem- 
nächst auf  den  Stammbaum  der  Meraugis -Handschriften  zurückkommen. 

M.  Friedwaoner. 


Wiese,  Dr.  Leo,  Die  Sprache  der  Dialoge  des  Papstes  Gregor.  Mit 
einem  Anhang:  Sermo  de  sapientia  und  Moralium  in  Job  fragmenta.  (Von 
der  philosophischen  Fakultät  in  Bonn  preisgekrönt.)  Halle,  Max  Niemeyer, 
1900.    194  SS. 

Die  Bearbeitung  der  Sprache  der  Dial.  Gr.  ist  ein  längst  gefühltes  Be- 
dürfnis. Wiese  hat  die  Aufgabe  trefflich  gelöst,  und  sein  Buch  zeichnet  sich 
durch  Genauigkeit,  Gründlichkeit  und  gute  Kenntnis  des  Allfrz.  aus.  Es 
begegnet  zwar  manche  anfechtbare  Erklärung,  aber  selten  Unrichtiges.  Aus 
dem  einen  oder  andern  Grund  erwähnt  seien  folgende  Punkte  :  §  6  mal,  car 
gehören  nicht  in  eine  Reihe  mit  estât,  vat,  sondern  verdanken  ihr  a  andern 
Ursachen.  —  §  21b.  In  enfezons  (65.  I2)  natürlich  nicht  <x  zu  ^  mit  Ausfall 
eines  Konsonanten,  auch  nicht  einfach  Einflufs  von  enfes,  wie  Wilmotte  will) 


'  -  Verweil  dtui£  : 


758  BESPRECMUMGKN.      D.  BSHRBNS, 

iondern  direkte  Wcilerbildnog  »us  dem  Notoioaliv  mil  Nomin«! 
es  iil  »Iso  lictitiger  Nom.  Sg.,  wihiead  der  Acc.  ig.  tnfamoK  J4,  ai.  6a 
Acc.  plur.  en/araoru  47.  7  ]«utelT  das  Îït  iw»r  dud  rechi  merkwürdig,  »bef 
durch  das  von  Mussala  enUeckte  tn/rtes  —  enfantit  (Zur  Kritik  aad  Inter- 
piEUlion  roman.  Teile  IV,  6  n,  1)  aufiet  Zwiiiel,  —  §  13.  Waram  hail,i\egrr 
balbgeichtl?  —  §  J9J.  Mm  kann  wohl  sagen,  dais  i  vi  finir  dordi  Disami- 
lation  aurgegcbea  sei,  aber  was  soll  bedeuten:  1  (durch  Dissimilatìon  eibillen 
ín_/ÍBí(r?»  ^-  \  45.  eulehat  gehört  in  §  50;  ML.  I  IÏS-  —  5  <9b-  Vor  ge- 
decktem  Nasal  scheinen  n  und  a  zuummengefallen  lu  sein.  Wanira  daao  in 
rtfiunre,  repus  ehei  ein  ti  sehen  als  in  ¡omunre,  ¡emunSt  (§  44*)?  —  §  SI  'UtU 
aus  nudi,  sehr  intttessantet  Resi,  wenn  die  Deutung  richtig  ist.  —  §  S7,  s?» 
□  für  ai',  traroitnt,  iratoit,  Irajl,  wohl  erklärlich,  da  a  in  vielen  Fonnen  des 
Verbs  urspränglich  lautgesetzlich  sein  miifste.  In  tnati/itnl  liegt  nielli  a, 
aondeiD  ae  für  ai  voi,  was  ja  auch  sonst  in  dem  Text  liegeenet  {maimemtnl 
mit  Haplologie);  lärmt  begegnet  auch  tonst,  —  §  úo.  In  sala  a.  s.  w.  iti  die 
Mouillierung  nicht  unbeieichnel  geblieben,  sondern  den  Fútmen  kommt  über- 
haupt etymologisch  keine  zu.  —  §  65.  Weder  in  venin  noch  in  thaïiu  in  das 
n  HD  dem  i  schuld;  erstcres  Wort  h.-it  SuIExtausch,  im  iweiteu  r&!lt  e  dt< 
Diphthongs  im  Hiatus,  vgl.  chair. —  §713.  ¿uel  keineswegs  phonetische 
.Schreibung  lür  dutlh.  sondern  bekanntlich  poslve rbale  Bildung.  —  \  96.  Warum 
recëuUs,  hauti  u.  s.  w,,  aber  eriulíi  Wo  derartige  Formen  iia  Vers  begegnen, 
haben  sie  immer  Diphthong.  Wir  haben  vermallich  eihaitenes  hdiitm.  i¿- 
bitus  u.  s.  w,  vor  uns,  wobei  allerdings  neue  MatkuL  auf  dem  Fem-  anfgebaui 
wurden,  da  sonst  keine  paroiytonen  Partii,  petf.  vorhanden  sind.  Also  Uia 
(vgl.  §  IOS  "<  3)'  —  §  IO)  b.  Die  Begründung  der  Wnhischeinlichkeii  der  Au- 
spräche  aiut  isl  seht  schwach. 

Das  Schlulsresultat  Wiese's,  wonich  er  die  Diuloge  von  Lattich  vtt 
und  nach  Orvil  weist,  steht  auf  sehr  schwachen  FúEsen.  Doch  brauche  Uh 
darüber  kein  Wort  ta  verlieren,  da  über  diesen  Teil  der  Arbeit  bereits  del 
ausgeieictuele  Kenner  des  Wallonischen,  Wilmolte,  das  Urteil  geSlll  hit 
(Z.f.fri.Spr.  XXII  2.  i86ff.),  der  auch  in  endgiltiger  Weise  d.is  Denknul 
lokalisiert  hat  (Festgabe  flit  Suchier  ä.  74).  —  Anch  das  bei  der  Vergleichung 
der  Moralia  mit  den  Dialogen  gefundeoe  Resultat  Wiese's,  daf«  erstcrc  jüngci 
seien,  scheint  mir  Traglich;  den  Perfekten  auf  on/  und  der  Form  metissiens 
steht  beispieUweise  der  Umstand  entgegen,  dafs  nur  Miob  neben  astoit  noch 
ere  kennt.  Auch  wären  wohl  noch  mehr  Unterschiede  in  der  Sprache  der 
Denkmäler  aufiulindcn  gewesen  ;  so  die  Formen  ooHe,  enfaoite  □.  s.  w.  in  Hiob, 
während  die  Dialoge  nur  loloit  kennen;  aqua  in  den  Dialogen  nur  ¡ligne,  u 
Hiob  häufiger  ai-we.  — _ 


I 


Fublicatione  of  the  Modani  Langtiage  AHoocintlon  of  Amerio», 
edited  by  James  W.  Bright. 

Bd.  XII  (1897),  New  series,  vol.  V. 

F.  J.  Malhew,  King  Ponthus  and  the  Fair  Sidone  [Ms.  DIgby  I87. 
Bodleian  Library.  Edilio  princeps,  with  facsimile],  S.  1 — 150.  In  der  Fin, 
lettung  handelt  der  Herausgebet  Über  den  dem  englischen  Ponthos  in  Gnmde 


I 


PUBLICATIONS  OF  THE  MODERN  LANGUAGE  ASSOC.  OF  AMERICA.      759 

Hgenden  französischen  Text  aus  dem  zweiten  Viertel  des  15.  Jahrhunderts 
(Brit.  Museum  Royal  15,  £.  VI),  dessen  Verhältnis  zu  Horn  und  Rimel  er  in 
einiger  Ausführlichkeit  darlegt. 

R.  E.  Neil  Dodge,  Spenser* s  imidztion  from  Ariosto.  S.  151  —  204. 
Vf.  untersucht  methodischer  und  gründlicher,  als  es  bis  dahin  geschehen  war, 
den  Einfluis  des  Orlando  furioso  auf  Spenser's  Faery  Queen,  soweit  es  sich 
dabei  um  spezifische  Nachahmungen  und  direkte  Entlehnungen  des  englischen 
Dichters  handelt. 

Hugo  A.  Rennert,  Some  unpublished  poems  of  Fernán  Pere%  de 
Guzman.  S.  251 — 298.  Es  werden  31  religiöse  Dichtungen  Perez  de  Guz- 
man's nach  drei  Handschriften  der  Nationalbibliothek  zum  ersten  Mal  ver- 
öffentlicht. Der  Herausgeber  macht  es  wahrscheinlich,  dafs  der  Dichter  nicht, 
wie  bislang  nach  Ticknor  allgemein  angenommen  wurde,  um  das  Jahr  1400, 
sondern  etwa  ein  Vierteljahrhundert  früher  das  Licht  der  Welt  erblickte. 

H.  A.  Todd,  Galton  Paris:  Romance  philologiste  and  member  of  the 
French  Academy.    S.  341 — 354. 

Homer  Smith,  Pastoral  influence  in  the  English  Drama,  S.  355 — 
460.  Das  zweite,  „Sources  of  the  English  Pastoral  Drama**  iiberschriebene, 
Kapitel  der  Abhandlung  enthält,  wie  Vf.  selbst  bemerkt,  Neues  nicht. 

XIII  (1898).     New  scries,  vol.  VI. 

John  E.  Matzke,  The  question  of  free  and  checked  vowels  in  Gallic 
popular  latin.  S.  I — 41.  Matzke's  interessante  und  wertvolle  Studie  hat  durch 
den  Herausgeber  dieser  Zeitschrift  (Bd.  XXIV,  S.  159)  eine  Besprechung  gc- 
fimden,  auf  die  hier  verwiesen  sei.  Was  die  einsilbigen  Wörter  angeht,  so 
bemerkt  M.  :  „The  principle  regulating  their  development  is  stated  by  Behrens 
in  the  third  edition  of  Schwanns  Grammatik  §  33**.  Ich  sage  an  der  be- 
treffenden Stelle  nur,  dais  der  Vokal  vor  einfachem  wortauslautenden  Kon- 
sonanten gedeckt  ist,  wenn  das  betreffende  Wort  in  Pausa  oder  vor  konsonan- 
tisch anlautendem  Worte  steht,  frei,  wenn  dasselbe  vor  vokalisch  anlautendem 
Worte  sich  befindet:  tressons.  Pausa,  /^^.j Vokal.  Was  die  Diphthongierung 
der  in  Frage  stehenden  Vokale  angeht,  so  habe  ich  es  (§  35)  unentschieden 
gelassen,  ob  dieselbe  ausschliefslich  ihren  Grund  hat  in  der  Verallgemeinerung 
solcher  Formen,  die  sich  bei  vokalischem  Anlaut  des  folgenden  Wortes  ein- 
stellen muisten  oder  allgemein  in  einer  durch  die  Einsilbigkeit  der  betreffenden 
Wörter  bedingten  stärkeren  Artikulation.  Zu  Einzelheiten  hier  noch  ein  paar 
Bemerkungen:  S.  19  ist  çstju  —  huis  kein  einwandfreies  Beispiel  für  die 
Entwickelung  von  ç  vor  stj.  Vgl.  jetzt  W,  Meyer -Lübke  in  dieser  Zeitschr. 
XXV,  3  S.  355 — 358.  Dafs  nice  auf  nfscius  zurückgeht,  scheint  mir  wegen 
des  unerklärten  auslautenden  e  nicht  hinreichend  sicher,  um  darauf  eine  Laut- 
regel gründen  zu  können.  —  S.  22.  Dafs  puis  auf  potj'o  zurückgeht,  ist  wegen 
provenz.  pose  zweifelhaft.  Für  auf  Iptiu  zurückgehendes  lois  wäre  ein  altfranz. 
Beleg  am  Platze  gewesen.  Lat.  ardesja  ist  nicht  hinreichend  fräh  bezeugt, 
um  als  Etymon  von  franz.  ardoise  gelten  zu  können.  Dafs  rui  auf  rçgju 
zurückgeht,  halte  ich  nicht  für  wahrscheinlich,  jedenfalls  durfte  es  nicht  vom 
Vf.  als  feststehende  Thatsache  registriert  werden.  Matire  stellt  wegen  des 
erhaltenen  intervokalen  /  nicht  die  Erbwortentwickelung  von  materia  dar. 
Dafs  proche  auf  *propriu  zurückgeht,   halte   ich  nicht  für  ausgemacht     Vgl. 


BESFK  ECHU  NGEN. 


í  X\in.  546.     S.  z?  travail  «Jhe  aiclu  ■ 


zurnckgefâhit   werden.     S.  30.    Dilòr   d*li   shfmu.  riegitt   die 


WettereDtwickelung  1 


1    Vfnia    (iatilelit    and    ú    eicht    ríelmdB    1 


dikitiv  dci  Píaseos  eJnf!<dtiiDgeD  iit,  bleibt  der  NadiTi 
S.  31.  Dift  die  im  Franiö«ischeD  muadirükh  beuaete  EMVÏckiefacBC  *oa 
ttfbula  aber  nfuli  tu  nievU  dcijCDigen  tod  parabuta  ober /itrdBJa  im  fartlt 
panllel  ging,  UM  sich  nicht  ohne  writetes  annehneD.  Kcben  jMdr  aad 
iaJeóile  flfbUe  und  indebiti  snztiseUen,  ist  nun  auf  Grand  der  in  óiópn 
HuidschnlieD  votkoinmtnclcQ  Formen  fieble  etiJieile  allein  nicht  berechtip. 
5. 34.  Dil*  der  Auifill  des  Pänoliiniaviikals  in  YiapnaKjvxáí  rot  ■  da 
intima  Irñber  erfolg  als  vor  u.  Tetmag  ich  in  Anbetnchl  der  a^ibacbei 
Fälle,  die  dieser  Regel  sich  nicht  (agen,  nicht  lät  so  sicher  xn  hahea.  ab  tt 
M.  unlet  Hinweis  auf  Netunann's  Aosrohmugen  in  dicsn  Zeittehrifi  dML 
S.  jS  und  Kinst  wird  (öi  n^nir  das  nicht  erwiesene  and ,  wie  mir  tdiónt, 
schwer  erweisbaie  Elymon  renna  angesctit.  S.  40  hätte  ich  Iw  sarnJn  ■■) 
subitili  einen  alifii.  Beleg  gewÖnscht,  da  Godcfroy  einen  solcllEn  oicbt  fiebc 
viclmehi  nin  louiU  :=  subila  kennt. 

Mary  Aagusla  Scott,  Eliabithan  Iranilalions  from  Oit  luh^rn: 
the  tälti  0/  ¡uch  ■maris  noie  first  colUcttd  and  arraased,  with  e 
S.  43 — 154.  Diese  Fortsetzung  drt  Jahr^ng  1896  der  Pubiieatieiti 
Stadie  (s.  Zeìisckr.  XXI,  30J)  betrifft  Werke  ans  den  Gebieteo  der  Relq^ 
und  Théologie,  der  Wissenschaft  and  Känsle.  sowie  solche  gtanunaliscbeB, 
Tenkalischen  and  paroemologischen  Inhalts. 

Kenneth  McKenzie.  A  Sennet  ascribed  io  Chiaro  Davaiaali  amd 
Iti  filate  in /oòJe  ¡iierature.  S.  205  —  zzo.  Die  wiederholt  I 
italienische  Version  der  Fabel  von  der  Krähe,  die  sich  mit  frensdeo 
scbmockl,  Di  ftnne  dì  paone  e  d^  altre  assai,  wird  nach  der  Val 
Ha-  3793  tnit  einigen  Aenderungen  nochmals  tum  Abdruck  gebrecht  and  nt 
einem  aosfñbrlichcn  sprachlichen  und  litteiamchcti  Kommepiar  vtrsebcD,  wiuiíb 
die  Dichtung  mit  Wahrscheinlichkeit  dem  Fiorenticet  Chiaro  Davanzali  m- 
gcwìMen  und  die  Siellong  derselben  in  der  Fabellitteiatnt  eiärieit  wird. 

Elizabeth  Woodbridge,  Boceaeàa'i  Defense  of  Poetry;  at  em- 
lained  in  the  fourleenih  book  of  the  Dt  Genealogia  Deerum.  S.  333 — 364. 
Renmé  dei  Tbcarie  B.'s  über  die  Dichtkunst  mit  einer  sich  asschljetseadca 
kurzen  historischen  Betrachtung,  bei  der  tm  besonderen  Sidney's  Déjense  »f 
Poetr]/  lam  Vergleich  heraugeiogen  wird. 

J.  Douglas  Bruce,  De  Ortu  ff^aluuanh:  A  Arthurian  remarne  luw 
first  edited  from  the  CotlPnian  Ml.  Faustina  B.  VI.  of  the  British  Uuteim. 
S.  365 — 456.  Die  sorgfältige  Ausgabe  des  in  einet  Handschiilt  des  14  Jahr- 
hunderts überlieferten  laicinisrhen  Romans  „Von  Gawaiiu  Herkanft"  hat  bei 
der  Kritik  allgemeine  Anerkennung  geinndeu.  Vgl.  G.  Gröber  in  diCMt  Zeil- 
Schrift  XXII,  S.  570,  H.  Suchier  Ut.  Centralblail  189S  Sp.  ^,  G.  Paris 
Romania  XXVIH.  S.  165  f. 

E.  KÒlbing,  Ein  Beitrag  tur  Kritik  der  Romamscken  Sagas.    S   543 
K-  giebt  eine  Inhaltsangabe  der  StorJcholmci  Hs.  Cod.  Holm,  membr. 
ter  Hiniulagung  bÌbliagraphÌKher  Koliiea   zu   den  einaelneo  ia  det- 
wlbcn  oilhallenm  Stücken,  teilt  das  Eigchms  einer  Vfrgldcbang  der  von  ihm 
seines  Jiiddaralägur  abgedruckten  Texte   mil   der  enrihnten  Hs.  mit   ttod 


PUBLICATIONS  OF  THE  MODERN  LANGUAGE  ASSOC.  OF  AMERICA.      76 1 

handelt  im  AnschluCs  hieran  über  einige  andere  in  derselben  Hs.  enthaltene 
Texte,  wobei  es  ihm,  wie  er  einleitend  bemerkt,  nicht  aliein  darum  zu  thun 
war,  neues  textkritisches  Material  beizubringen,  sondern  auch  die  Grrundsätze 
zu  berühren,  die  nach  seiner  Auffassung  für  die  Herstellung  kritischer  Aus- 
gaben  derartiger  Texte  mafsgebend  sein  müssen. 

Bd.  XIV  (1899).    New  series,  vol.  VIL 

Killis  Campbell,  A  Study  of  the  Romatice  of  the  Seven  Sages 
with  special  reference  to  the  Middle  English  Versions.  S.  1  —  1 07.  Vf.  richtet, 
wie  schon  der  Titel  seiner  Studie  erkennen  läf^t,  sein  Hauptaugenmerk  auf 
die  mittelenglischen  Versionen  des  Denkmals.  Er  macht  es  wahrscheinlich, 
dafs  dieselben  sämtlich  auf  die  gleiche  Quelle,  eine  gereimte  englische  Dichtung, 
zurückgehen,  die  ihrerseits  die  Uebersetzung  einer  zur  Gruppe  A  gehörigen 
franz.  Hs.  darstellt.  In  dem  ersten,  the  earlier  history  of  the  romance  be- 
titelten, Abschnitt  hat  sich  C.  zum  grofsen  Teil  darauf  beschränkt,  über  ältere 
auf  den  betreffenden  Gegenstand  bezügliche  Untersuchungen  zu  referieren. 

P.  B.  M  a  r  c  o  u ,  Are  French  poets  poetical? 

J.  D.  M.  Ford,  Luis  de  León,  the  Spanish  Poet,  Humanist,  oiid  Mystic. 
S.  267  —  278.  Vf.  dieser  kurzen  Skizze  beschäftigt  sich  mit  dem  Leben  und 
den  Werken  des  spanischen  Autors,  über  den  er  eine  Monographie  vorbereitet 
imd  von  dessen  lyrischen  Dichtungen  er  eine  neue,  vollständig  Ausgabe  in 
Aussicht  stellt. 

A.  S.  Napier,  ^  hitherto  unnoticed  Middle  English  manuscript  of  the 
Seven  Sages.  S.  459  — 464.  Mitteilungen  über  eine  auf  der  Bodleianischen 
Bibliothek  befindliche  im  nordenglischen  Dialekt  geschriebene  Pergamenthand- 
schrift aus  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  (Ms.  RawL  Poet.  175.  New  Cata- 
logue 14667),  die  Campbell  (s.  oben)  entgangen  war,  die  aber  mit  der  von 
ihm  benutzten  Hs.  C  (CoLton  Galha  £.  ix)  wörtlich  übereinzustimmen  scheint. 
N.  druckt  128  Verse  der  Hs.  in  extenso  ab  und  giebt  für  zwei  andere  Partieen 
derselben  die  Varianten  von  C  an. 

Mary  Augusta  Scott,  Elizabethan  translation  from  the  Italian: 
the  titles  of  such  works  now  first  collected  and  arranged,  wit  annotations. 
S.  465 — 571.  Die  in  der  vorliegenden  Fortsetzung  aufgeführten  Werke  be- 
treffen: Voyages  and  Discovery,  History  and  Politics,  Manners  and  Morals, 
Italian  and  Latin  Publications  in  England. 

Bd.  XV  (1900),  I. 

S.  1 7 — 73.  H.  A.  T  o  d  d ,  La  vie  de  Sainte  Catherine  d* Alexandrie,  as 
contained  in  the  Paris  manuscript  La  Clayette,  Veröffentlichung  des  Textes 
ohne  grammatischen  und  littcrarhistorischen  Kommentar. 

2.  S.  121  — 180.  W.  H.  Schoficld,  The  lays  of  Graeìent  and  Lanval, 
and  the  story  of  Wayland.  Marie's  Lanval  und  das  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  auf  dem  Kontinent  entstandene  anonyme  Lai  von  Gracient  stellen 
verschiedene  Versionen  derselben  Erzählung  dar,  deren  Grundthema  auf  ge- 
nuin keltischer  Tradition  nachweislich  beruht.  Am  treuesten  hat  Marie  de 
France  die  Grundgestalt  der  Sage  überliefert.  Zwar  erscheinen  einzelne  Motive 
der  ursprünglichen  Sage  mit  Rücksicht  auf  die  veränderten  Sitten  und  An- 
schauungen der  höfischen  Gesellschaft  des  1 2.  Jahrhunderts  in  ihrer  Dichtung 


J6Z  BERICHTIG  UNGBK. 

unterdrückt  oía  gviaJecl,  abei  Bdmisclmng  frclnilcr  SagcDclemeiiIe  e 
dieselbe,  wenn  aach  der  Scbauplati  an  Artbun  Hof  VEtlegt  ist,  nicht. 
Im  von  Graeienl  bat  finire  altertümliche  Züge,  die  in  Lanvai  fehlen,  gewahrt. 
Was  ilasselbe  aber  bauptsichlicb  charakterisiert,  ist  die  ahvcicbeodc,  nula 
dem  Einflufs  der  Wiellndsage  veränderte  Dïtslellung  der  Begegcungsscen« 
ttn  Heiden  mit  der  Fee.  Durch  normannische  Vcrmillelung  war  der  am  der 
norwegischen  Valuiidarkviijia  and  der  späten  nüllel  hoch  deutseben  Dichton; 
Hentig  Fritdrich  von  Schisaben  bekannte  ursprünglich  niedetdenische  Sagen- 
typuü.  wonach  Wieland  als  Träger  der  Hchwanjungfrau  -  Sage  erscbeinl.  den 
Bretonen  und  Franzosen  bckajint  geworden.  Die  Veiknûpfitag  mil  der  Lanvil- 
sage  wurde  durch  die  altfronzös.  Namensform  G(ti)alanl  (Wicland)  veranlalsl, 
die  eine  Idenliüüerung  Wielands  mit  dem  berübmtcn  bretoniscben  König  des 
i;.  Jahrhunderts  Graalen  {Gruelin)  Mor  lUr  Folge  halte.  Vod  den  spätei 
Behandlungen  der  Lanvalsage  hat  Scboücld  namentlich  Thomas  Chcitre^^ 
mittclengl.  Gedicht  des  ij,  Jahrhunderts  untersucht  und  dessen  Verhältnis 
Marit's  Lanvai  nnd  la  GraeUnt  dargelegt.  Man  wird  den  Ergebnissen 
mit  Besonnenheit  und  Umsicht  geführten  Untetsucbun^^en  des  Verfasseis  [ist' 
durchweg  zustimmen  dürfen.  S.  113  und  ä.  1^5  vermisse  ich  einen  Hinweis 
auf  Alton's  Ausgabe  des  Ansets  von  Karthago  und  auf  die  AusíuhiuDgen  des 
Herausgebers  S.  473  ff.  In  der  Anmerkung  5.  IJ7  [.  konnte  auch  Fr.  Bangen'« 
in  den  Âusg,  u.  Ab/i.  aus  d.  Geb.  der  rom.  PhiUl.  XXXIV  cticfaietlelie  Ab- 
handlung Die  Tiere  im  allfrantÖsiscktn  Epos  erwähnt  werden,  in  der  reiches 
einschlägiges  Material  mitgeteilt  ist. 

3.  5.3:6—414,  J.Doaglas  Bruce,  Vüa  Meriadoci:  Ait  Arthurian 
Romance  no»  first  edUed  from  the  Coliamoti  MS.  Fauslina  B.  VI.  of  the 
British  Museum.  Das  bier  zum  ersten  Mal  verötfenlltchte  Denkmal  ist  Ìi 
derselben  Handschrift  überliefert  wie  der  lai.  Prosaroraan  De  Ortu  fValuuaHB 
und  rührt,  wie  Darstellungüweise,  Inhalt  und  Sprache  erkennen  lassen,  tob 
dem  Bleichen  Vfrfjsser  her.  Der  Herausgeber  hat  dem  lat.  Tut  eine  aus- 
führliche Inhaltsanalyse  beigegeben  nnd  ist  in  der  Einleitung  den  Beuebungm 
desselben  zu  anderen  mittet  at  terlitJien  Denkmälern  nachgegangen. 

D.  Beitkbns. 


Berichtigungen   zu  SS.  633-5. 

S.  633.  Z.  23  couleurs;     Z.  36  L'eiécuiion;     S.  634,  Z.  9  es 

luisant;     Z.  19   R.  d'Aliï  113,3;     2,43   M=  H.  de  Mondeviltei     Z.  43    aoos; 

Note  I    Dans    Uppsalser    i  Romansk  Filoiagi   tülägnade    Prof.   P.  A.  Ge^rr 

den  9  Afril  looi;   S,  63;,  Z.  S  bine;   Z.  19  und  38  Marbode;  Z.  46  de  grandi 

Da  der  Ref.  den  ibm  von  der  Druckerei  zugesandten  Probedruck  i 
erhalten  hat,   und  der  Artikel  ohne  sein  imprimatur  gedruckt  werden  n 
ist  er  lar  diese  Fehler  nicht  verantwortlich. 


I 


Sachregister. 


Aesop  us,  über  lateinische,  franzö- 
sische, griechische  Hss.  des  Aes.  in 
spanischen  Bibliotheken  727 — 30. 

Affonso  Mendes  de  Bèsteiros, 
portugiesischer  Troubadour  299 — 
30T.  307  f. 

AlfonsX.  vonKastilien,  über 
einige  Tenzonen  des  portugiesischen 
Liederbuches,  in  denen  er  als  Dich- 
ter auftritt  130 — 174.  278 — 321. 
Schmählied  auf  die  „soldadeira'* 
Balteira  532 — 60. 

Ariosto,  Pio  Rajna,  Le  fonti  dell' 
Orlando  Furioso  2»  edizione  (Re- 
ccns.)  Ii4f. 

Bedeutungswandel  (über) 253 — 6, 
Pejorative  Bedeulungsentwicklung 
im  Französischen  561 — 60 1.  (Biblio- 
graphie 562  —  7.  Besprechung  der 
neuern  semasiologischen  Litteratur: 
logische  Betrachtungsweise  569 — 73. 
psychologisch  -  historische  Betrach- 
tungsweise 573  —  89.  Besprechung 
der  Dissertation  von  M.  Nitzsche  : 
über  Qualitätsverschlechterung  fran- 
zösischer Wörter  und  Redensarten 
58Q — 600.  Schlufsfolgerungen  600  f. 

Burleske  Poesie*  Frankreichs  in 
der  Renaissancezeit  s.  Renaissance. 

Chanson  de  Geste  s.  Französisch, 
Litteraturgeschichte. 

Chile,  Aníbal  Echeverria  y  Reyes, 
Voces  usadas  en  Chile  (Recens.) 
1171'. 

Coppetta  (Francesco),  Abd-El-Kader 
Salza,  Francesco  Coppetta  dei  Bec- 
cuti, poeta  perugino  del  secolo  XVI 
(Recens.)  379  f.  Einflufs  Petrarcas 
auf  Coppetta  380. 

Fabeldichtung,  Notes  on  Aesopic 
Fable  Literature  in  Spain  and  Por- 
tugal during  the  Middle  Ages  (über 
Handschriften  in  span.  Bibliotheken 
und  alten  Inventaren)  721 — 30. 

Französisch.  Lautlehre:  s.  Vi- 
lard  de  Honnecourt.  ^/  und 
ui'im  lothring.  und  lütt.  Dialekt  356. 


Zur  Behandlung  von  ci  und  ti  736  f.  ; 
zur  Behandlung  der  latein.  einsilbi- 
gen Wörter  759. 

Formenlehre  :  enfezons,  enfanzon 
(Dial.  Greg.)  757  f. 

Syntax:  zur  Stellung  des  attributiven 
Adjektivs  322 — 340. 

Litteraturgeschichichte  :  Der  Prosa- 
roman Ysaye  le  Triste,  Quellen, 
Abfassungszeit  175—80.  Inhalt  180 
— 214.  472—89.  643 — 68.  CarlVo- 
retzsch.  Epische  Studien  ...  I.  Heft. 
Die  Composition  des  Huon  de  Bor- 
deaux  nebst  kritischen  Bemerkungen 
über  Begriff  und  Bedeutung  der  Sage 
(Recens.)  365 — 75.  Bemerkungen  zu 
einer  Geschichte  der  französischen 
Heldensage  (Quellen  des  altfranzö- 
sischen Epos:  Lieder-  und  Sagen- 
theorie; „Zeitgedichte";  „primäre" 
und  „sekundäre"  Epen,  „episo- 
dische" und  „biographische"  Epen; 
Die  Chanson  de  geste  im  Lichte 
des  Feudalrechtes  und  politisch- 
dynastischer Interessen;  Ependich- 
ter.  Entstehungszeit  der  Epen)  449 
— 71.  A.  Longnon,  un  vestige  de 
Pépopée  mérovingienne  (Ree.)  508. 
deux  détails  du  Bestiaire  de  Phi" 
lippe  de  Thaun  (Quelle  zu  v.  2977 
— 3004,  über  die  Lücke  zwischen 
V.  2890  und  2891)  702  —  4.  De- 
lignières,  Nouvelles  recherches  sur 
le  lieu  originaire  de  Raoul  de  Hou- 
denc,  trouvère  du  13.  s.  (Recens.) 
(über  die  Echtheit  des  Songe  de 
Paradis)  748  —  57;  L.  Wiese,  die 
Sprache  der  Dialoge  des  Pabstes 
Gregor  (Recens.)  757  f. 

Wortgeschichte:  Pejorative  Bedeu- 
tungsentwickelung s.  Bedeutungs- 
wandel. —  Ott,  Etude  sur  les  cou- 
leurs en  vieux  français  (Recens.) 
633 — 5.  762  (Berichtigungen). 

Garcia  Perez,  nimmt  an  einer  Ten- 
zone mit  Alfons  von  Kastilien  teil 

173. 


^^H                                  764                                                      s  ACH  RFC  1  STEH.                                       ^^^^^^H 

^^1                                  Geifsletlieiler.    Paul  Ranee,    die 

^^1                                  Lieder    und  Melodien   der  Geifsler 

wähnt  533 — 60, 

^^^1                                  desjahrci  1349  nach  den  Aufiekb- 

^^H                                  Dungfa  Hugox  von  Reullingen  Debet 

s{ñeluDg   auf  sie,   KsiUrnoe  t.  4Jï 

^^H                                  nischeo  Geiblei-lieder  von  M.  Schnee- 

^^1                                       gADS    und    eioem    Beitrag    mr    Ge- 

OTtsnameaforicbiing(ZB^,  yiO; 

^^H                                       schiebte  der  dentschen  and  nicder- 

\insula  349  f. 

^H                                       ländiscben  GeiWer  von  H.  Pfannen- 

^H                                        scbmid   (Reeens.)    360—5.     Wallo- 

einer  Tenzone  trat  AIÎods'txœ  Katfi- 

^H                                   nisches  GciUlerlicd  16,-4. 

Uen  teil   149  ff. 

^^H                                   Gii   PeTCZ  Coade,    pon agie bischer 

Pero   Gomes  Barroso,   portngie- 

^^H                                  Tronbadonr  301—7.  308— u. 

siKher  Troabadour   296—9. 

^^H                              GoDsalo   MartiDS.   in  einer  Ten- 

Petrarca  s.  Coppetta. 

^^1                                  zone     des     poctu^esiicben     Lieder- 

Philippe   deXhann.    Bestiaire  (. 

^^H                                  baches  erwähnt  173. 

Französisch,  Litters  InrgMchichte. 

^H                               Gregor,   aber   die   Dialoge   G.'s  1. 

Piccinino   Niccolò,    d«   Epos  .M 

PiccimtW  Ton   AUitandro  Stregai 

^B                               Guilhem    von    Bergadan,    über 

(Fortsetinng)   5.  Gesang    130  —  43- 

^H                                   seine  Schmähgedichie  ¡¡-¡L 

6.  Gesang  686—96. 

^H                                   Guillelma  Monja,    zieht  mit  Gau- 

PilgerTahrteii,  aber  P.  oalb  dt«^ 

^H                                   celm  F^dii  in<  Heilige  Und  S3S. 

Heiligen  Lande  541  — 46.     «f  Öfl 

^H                               HuoQ    de   Bordemi.     VoretEsch. 

làatìna  und  Pilgerfahrlea  beaägÜ^H 

^H                                   Epische  Studien    I.  die  CompodlioD 

Stellen   aus  ponugiesíichen  Ad^H 

^H                                   des  H    de  B.  (Recens.)  365-7S. 

bnchern  555  f.                                    ^H 

^H                               Italicniicb.    LautUhre  •!.  FormtH- 

Portugiesisch.  i»r/í.f<W«rfr(íA¿4lí 

^^H                                   lehre:   el  im  Inlaut   636.     sa..g-V 

^H                                   «,  0.  u~>j.  dj->j  637,   ly  cy->i 

Liederbuch  s.  UeJrrbuch.  —  Zu 

^^H                                        (¡D     halb  gelebt  ICO     Wörtern)     744. 

^H                                  Soffit   -olu.   -iotu   im  Sizilianiachen 

dichtung. 

^H                    747- 

Provenialiscb-      LautUkre:   Im 

^^H                                   Syntax:    dialekl.    va    ckiama,    va    e 

Behandlung  von  et   und   ti  734Í 

^^^1                                   ehìama,  va  a  íkiamtt  639. 

^»tai:  Heiiog,  Mateiialiea  01  imt 

nraproT,  Syntïï  (Recens.)  639— ü 

^H                                   Gdr^lerlieder  360-5. 

Raoul  de  Hoodenc  s.  Franiöä*. 

^H                                    layme  Domenecb,  über  zwei  Hss 

Li  (teral  Urgeschichte. 

^H                                    histotikle   voD   Vincent   von   Beau- 

¡ehrt:  Hnonder,  der  Voolismnsäo 

^^1 

Mundart  von  Disentís  (Reoau.)  6:1 

^^B                                Jolo    Soires   Coeiho,    poTtngie- 

—637.     V  in  vài  =  ai  (habto)  in 

^H                                     sschet  Ttoubadout  301. 

Disenlis,  ans  '-»  von  ieu  vor  <d  ent- 

^^H                                KrCDizugiliedet,    PortugìesiEche 

standen    625:      tu     -/lUJÛW  +  s    = 

^H                                          K.  ans  dem  allporlagiesischen  Lie- 

-ditgna.   615:      -ti  der    1.  Pen.  dei 

^^B                                     derbacb  s.  Liederbuch. 

Verba  635  f. 

^H                                      Liedeibacli,  Rindglo^^eo  lum  alt- 

Dialekte:   Genclin.    Germanische  Be- 

^H                                     portugiesischen  L.    139—74-  ^7^— 

sUndteile  des  rätoromanischen  (sni- 

^H                                          321.      Lieder  auf  ìUria  Perei  Bal- 

seWscheo)  Wortschaties   (Recent.) 

^H                                     leira  nnd  „Uîtraroar-Licder"   531— 

616—23.     zur  PalataJisierung  von 

^H                                     ii6o.  669— 85   Nschlrag  (Tute  der 

ea.  ga  im  Rheingebiet  633  L    Cao- 

^H                                     Ballcira-  nnd  Ullrsmar-Liedei). 

drian,  Der  Dialekt  von  Birio-StalU 

^H                                 Lope  de  Vega,  über  L.  de  V.-  Ei 

(Recens.)  627—30. 

^H                                          Casligo    lin    Venganza    4II  — 4Ï3. 

Renaissance,  Etnde«  sui  la  poé^i 

^H                                     Varianten  des  Autograph  s  415— 23, 

burlesque  française  de  la  R«.   71- 

93-   ='S  — Î9-  157  —  77-  Î85  — 41 

^H                                    bene  lateinische  Prosa,  Quelle  einer 

513  —  33.     (L'amour  et   les  Temine- 

^^V                                    Stelle  des  BtstùUre  von  Philippe  de 

^^B                                          7'AaWH  698—702. 

-32.    A  ven  luxes  ilkcbe  uses  ïlî— 9. 

^H                               Maria  Perez  (Dona),  genannt  Maria 

^^H                                   Balteira,    ani  Galiiien,    aU    „cru- 

Apologie  de  quelques  défauts  d'ordre 

^H                                  u<la"  i»  KreoifabretliedeTn  d«  alt- 

moral  et    dei    mis*res    de   U   TJ^^ 

STELLEN  REG  IS  rSK. 


765 


257  —  77.  Apologies  burlesques: 
L'oriie,  le  cabas,  le  bonnet  et  le 
tabac,  la  gourmandise  397 — 410. 
Description  burlesque  des  villes  513 
— 26.    Les  énigmes.  Varia  526—32. 

Roger  d' Argentenil,  Bible  en 
françois  von  R.  d'A.   lOO  Anm. 

Roger  von  Toëni,  normannischer 
Baron  des  1 1 .  Jahrh.s  ;  Urbild  des 
Schwanritters  I  ff.  30 — 44. 

Romanisch.  Wortgeschichte:  Zut 
Bedeutungsentwickel nng  von  /a- 
luppa  743. 

Rumänisch.  G.  Alexicl,  Texte  diu 
literatura  poporana  rorotnS  (Recens.) 
116  f.  Teuisch  u.  Popea,  Lehrbuch 
der  rumänischen  Sprache  zum  Schul» 
und  Selbstunterricht  (Recens.)  359  f. 

Syntax:  Zur  S^'ntax  des  rumänischen 
Possessiv- Pronomen  s  3.  Person.  Ge- 
brauch von  SÚU  und  lui  424 — 48. 

Wortgeschichte:  Zu  Rudows  Rumä- 
nischen Wörtern  Ztschr.  Bd.  XIX 
und  XXII    112  f. 

Schwanritter,  Der  historische 
Schwanritter.    Entstehung  der  Sage 

1—44. 
Scbwankinder,  Das  Märchen  von 

den  Schwankindem  im  Dolopathos 

8 — II,  in  der  Chronik  des  Klosters 

Brogne  1 1  f. 

Spanisch.  Diccionario  de  la  lengua 
Castellana  por  la  real  Academia 
Espafiola  13^  ed.  (Recens.)  119  f. 

Syntax:  Zusammenfassendes  lo  im 
Spanischen.  Gebrauch  von  lo  und 
el  705—20. 

Litte  raturgesc  hie  hie  :  Zun  Fabeldich- 
tung in  Spanien  s.  FabelJicbtung. 

Thomassin,  burlesker  Dichter  des 
17.  Jahrh.s,  bearbeitet  die  „Sermoni 
funebri  di  vari  autori  nella  morte  di 
diversi  animali'*  des  Ortensio  Laudi 

392  f. 
Trobadors  (genuesiücht).  Nachträge 
zu  G.  Bertoni,   Studi  e  ricerche  sui 


trovatori  minori  di  Genova  (Giom. 
Sior.  della  Lett  Ital.  XXXVI  fase. 
1—2)  121— 3. 

Vaasco  Gii  (Don),  nimmt  mit  Al- 
fonso von  Kastilien  an  einer  Ten- 
zone teil  132 — 45. 

Venjance  Nostre  Seigneur,  über 
das  ahfranzösische  Gedicht  von  der 
Zerstörung  Jerusalems  (La  Venjance 
Nostre  Seigneur)  (Scblufs;  s.  Ztschr. 
XXIV,  161  ff.)  94—109.  DieQaellen 
94 — 100.  Prosaauflösung  lOO— 103. 
Anhang  zum  kritischen  Text  1 04  —  9. 
Nachtrag  256. 

Vilard  deHonnecourt,  über  die 
Sprache  des  Skizzenbuches  von  V. 
de  H.  45  —  70  ;  Text  des  Skizzen- 
buches 48 — 53;  Sprachliches,  An- 
merkungen, Glossar  53 — 70. 

Vincentius  von  Beauvais,  Hand- 
schriften der  Specula  in  Spanischen 
Bibliotheken  726  f. 

Vulgärlatein.  Z^iz/i^Ar^:  Die  be- 
tonten Hiatusvokale  im  Vulgärlatein 
341 — 4.  rodus  —  raudus  —  rudus 
357  f.  Zum  Uebergang  von  inter- 
vokalischem  t  zn  d  im  Vulgärlatein 
(inschriftliche  Belege  in  Schucbardt's 
Vokal,  des  Vulgärlat.  und  weitere 
Beispiele)  731  f.  Ueber  i-Epenthese 
im  Italischen  bezw.  im  Vulgärlatein 
732 — 4.  Lesefrüchte  aus  dem  Be- 
reiche der  römischen  Inschriften  (-1- 
fûr  'g-,  s  fur  //,  s  íur  di,  sz,  ^  fur 
Ç;  au-  fur  al-;  ie  fur  ?;  Niepos 
neben  Nepotis;  nn,  n  fur  gn.  Varia) 

733  f- 
Formenlehre:  InschriíUicbe  Belege  fur 

Imp.  fa,  va;  faunt,  so,  posso  735. 
Walther  A  nglicus,  über  Madrider 

Hss.  seiner  Fabelsammlung  725.  727. 

729. 
Y  s  ay  e  le  Triste,  Der  Prosaroman 
Y.  le  T.  s.  Französisch,  Litteratur- 
geschichte. 


Stellen 

FrauIsiscL 

Zur  Karlsreise   v.  118,   164.  196,  23  r, 

238,  322»  381,  384»  430,  508.  675, 
732  —  no— 2;  Adenet,  Berte  V.  37 

—  355;  Karrenritter  v.  12  —  357 
Anm.;  Cléomadès  v.  909,  2729 — 34 

—  634;  Rom.d'AlU.  311,13.  113,3. 
115,  II  —  634;  Thebes  V.  4478, 
Gaydon  v.  5126  —  634;  J.  de  Conde 
XXXV,  241    —   634;    Lapid.   de 


register. 

Marb.  v.  343.  593  f.  —  635;  Rom- 
vart  625,  5  —  635;  Caritè  ccxxxui, 
2  —  635;  Bern.  Lapid.  v.  1142  — 
635  ;  zu  Raoul  de  Houdenc*s  Songe 
d*Enfer  v.  679—82  —  755  ff.  ;  Songe 
de  Paradis  v.  630,  1031  —  752  f. 
756  f. 

italieniscL 

Zu  „Contrasto  di  Tonin  e  Birghignol" 
376. 


766 


Wortregister. 


ab  6cn— la 


35»« 


(cran.) 


357: 
bolos  499¿ 
^caciaca  34S. 
^cadagtt  351. 
ralfhw  246. 
caDaai  246II 
Gano  ^áa 
entires  (odL.)  734. 

firtfMfa   348. 

codaca  344C 
dal  (oak.)  603 — la 
dnott,  discam  7401 
ccclesa  344t 
ftlnppa  741  £ 
finvoniíis  357. 
ficatnm  615. 

^gavos  734. 
^acsuB  504. 
(C)iiaevo8  734. 
♦graa  343. 
impcosa  739. 
issala  349C 
BMceria345. 
mas  743f: 
magalam  741. 
aaeras  734. 


747. 


Uddaia.  ttddcfa 

(tard.)  248 
laddia.  laddién 

(sard.)24S 
la¿o  351. 
kDaie  738. 
líita  Ol  la)  (aiÍL) 

Bi^»pif¡dlo  (Bca|i4 

503. 
Biartanxa  (sia.) 

7461: 

(i«i-)35i. 


Icddi  (da.)  49S.    calotte  491. 


357  f. 
nugatoriae  357  f. 

obex  614  C 

octans  746. 

ostium  355 — 8. 

platessa  348. 

^platnos  349. 

*  platos  348. 
rodus,  raudos,  ro- 
dos 357  f. 

^stiiicilla  380. 
syootum  615  f. 
tartarom  1  o 
torta        1 498. 

*  ostium  357  f. 

luiíoiscL 

abe,  aba  (asard.) 

604  f. 
a¡//a  (sassar.)  740. 
andare  506.  638. 
atturrare  (sodit.) 

490. 
ave  (asard.)  605  f. 
aviude,  avuode 

(asard.)  606. 
balotin(mant.)35i. 


(Ä.) 

747- 
baaâca747. 
boia,  boa  347. 
boBdlo  (loadK) 

351. 
bovo  (sia.)  500. 
bran  (paíenn.) 

49«. 
bae  344. 

calili  (tareat.) 

497.  ,_ 

cakMBa  (äuE.  neap.)   otta  745  f« 

493^  495*  naia  petrosa  349. 

falombiaa  350. 
edotta  491. 
calaaia  493. 
cafanaaie  49$  £ 
cafaoaeddi  (¿k.) 

49«- 
cassero  503. 

castelletto  (aeap.) 

503. 
conmda  381. 

croata  351. 

da  603 — la 

dae  (nsaid.) 

603— la  ^.. 

davc,  dava  (asard.)    tartera,  tártara 

602—10.  (mail.)  2SI. 

diskoa,  diskoedda    Urtarin  (mail.)  251 


634. 


346. 


(aM 


34S¿ 


347- 


SOSt 


(«««4 


realiello  (aeap.) 

503. 
lOBibo  petrooo 

(sidk.)  349. 
saia,  saio  354  il 
«detta  354. 
saafaie736. 
aaittare  (sidft.) 

736- 
aooRoae   382 

Abbi.  3. 
abcctddaU  ^is.) 

637. 

351. 


634. 
491- 
(poigTia 
34fiw 


(ssard.)  740. 
erta,  all'  erta   113. 
fiapo  (ven.)  742. 
fragina  (mititlit) 

741  Anm. 
frappare  741  f. 
gallare      I   247   * 
gallegiare  J  Anni, 
galletta,  -o  247 

Anm 


tartra  (piem.  parm.) 

251. 
togna  (ostit.) 

501—3. 
tórtano  (neap.)  250. 

tórtano  (kal.)  250. 

tDrtellina  251. 

traifioera  493. 

uscio  3S5— -3. 

volantino  50 1 — 3. 


galota  (ven.  rom.)     volpao  (agenues.) 


491 

gavitello  346. 
gmga,  gruva  343. 
indugia  744  f. 
invulpao  (agenoes.) 

743. 
isca  (siz.  sard.) 

35'. 
Isaa  (ven.)  351. 

isola  351. 

joja  (siz.)  637. 

ioezio  (agenoes.) 

744  Anm. 


743. 
zuixio  (agenoes.) 

744  Anm. 

FruzkistìL 

albun  (afr.)  634. 
alerte  113. 
aller  506. 
assasé  (afr.)  737. 
Spoéz  (metz.)  739. 
baba  (pic.)  738  f. 
babane  (Maine) 

739. 


7S7. 

case  614  t 

eaR(pic)64l 
hèè^  (lUae)  jp, 
fimaet  501. 
felpe  743. 
lUopè  (Maine)  742. 
ffipè  (Maine)  743. 
flôpe  (Maine)  742. 
floper,  fiober  (¡ÀQ 

742. 
fiori  (afi-.)  634. 

fyaopé  (Maine)  742. 

gaga  739. 

gal  (afr.)  248  Amn. 

galer,  gaelter  (mdL- 
fr.)  248  Anm. 

galet     1      247 

galette  |  o.  Anm. 

gavitean  346. 

glaise  503—5. 

glaive  345. 

gratin  251. 

goideaa  498. 

heoce  (afr.)  614  f. 

hoQce  (nam.)  614, 

hois  355—8. 

jagiis  adj.  68. 

jaree  (afr.)  125. 

Ladres,  Lazaron 
no  Anm. 

lala  i^^og.)  738. 

laon,  laben  (ostfr.) 
611  £. 


tl-L« 


,4* 


u   m 


^¡ZL 


Lr»^r. 


i*^ 


547- 
f«r  344- 

saie  324- 
nreue  354. 

»yon  354- 

soso  (▼oges.i  739. 

soane  <a£r.  t  ^£cl  jüía' 

S43- 
tacre  {ah.)  125. 

Urte  25a 

Urtre  (miitelfr.) 

2SI. 
tartron  251. 

teint  634. 

toarte  250. 

toarteaa  251. 

trístre  (afr.)  125. 

troie  (afr.)  342. 

traelle  344. 


xma  «-^^ 

"»""rag  Z-l^  Z*S. 

rzciccsa  49Q.. 
.n;: orticaie,  ccc- 
j;<cnbc    acr. 


02a- 


3ÎI- 
¿X  ÓC9I 
desco  740» 
eoli^ar  ^cpr.'*  5C4. 

«spj«ca  I  *^  •  "* 
¿àco,  disco  501. 
gidet.  -ou  vbejun.) 

247  Anm. 
gallet  247  Anm. 
galo  24S  Anm. 
gaa  de  pasto  (npr.) 

247  Anm. 
ga>iièu  346. 
gleise  (beam.)  345. 
glisie,  glise,  gligi 

(bearn.)  345. 
greso  (npr.)  504  f. 
gruio  (npr.)  343. 


Axm, 

3J15  Ass.  Î. 


adjiil  vas^vàA^^  ¿;^ 
alcJLsar  nOI. 
al«  no  113. 
amelj^a  3^1, 
arcacela  503. 
baia  747.' 
bìeivto  3^5. 
boUntiu  50^. 

^*>yA  347. 
buey  500. 

cala  497. 

calima  4QI  f. 

caloma  4Q3. 

calumbare  (asttur.) 

496. 

camella  38 1. 

casaretc  503, 


.fi. 


4a<^ 


'ftar-<va    '^5  . 

muxu;    ^4  \ 

^^    AlKtt. 

ustai   '4\\ 
Mviat  ■•3^s 
>aKv\ui  4^\ 
*a>\s  v»>a  3>4 
toviua  ¿>l. 
t)  aunáis  3$j, 
Via  344,  ' 

iiuuiim. 

l>a*a  ;4.\ 
Ivi  4\)V), 
bolÍNt^t  ( 
boui^t    I 
calimot  40 J i 
ov>p  4^1. 

Anm.  i. 


S^»^v 


768 


WORTREGISTER. 


escurço    282 

Anm.  2. 
gall  2^7  Anm. 
platussa  348. 

PortioesisclL 

adail  288. 
alacral,  alacrau 

2^1  Anm.  5. 
alacrac,  alacrá  281 

Anm.  5. 
alcácar  503. 
alcancía  503. 
boia  347. 
caçarete  503. 
cala  497. 
Calabre,  calabrote, 

-etc  497. 
calhao  244. 
calimba  491. 
calimeira  492. 
caval^ada  293. 
celeuma  497  f. 
clerigon  141  f. 
copo  491. 
corôa  491. 
coicife   171. 
dormon  282. 
enpoçSado  285. 
cscorcìo  282 

Anm. 
esturrar  490. 
faronejar  293. 
Genetes  317  ff. 
grou  343. 
jantar   i  50  ñ\ 
lacral,  lacran  281 

Aiim.  5. 
lacran  281  Anin.  5 
maricSo  743. 
matar  747. 
meiga  293. 
orinque  346. 
palruça  348. 
pcçonha  285. 
penna  veira   170. 
poçao  285. 
poçoento  (altport.) 

285. 
ponçon   284. 
re^^alo  503. 
rozar  740. 
saio,  saia  354. 
senlheira  |     q. 
sinlheiìo  j       -^* 
soldadeira  538. 
tabef«   171. 
talei^a  293. 
tavlado  285. 
trageitador   142. 


Rätoromauiscli. 

ampia  617. 
angasi  619. 
anguòrt  619. 
ballucar  619* 
bandièra  619. 
bardeigl 
bargada 
bargir 
barsar 
barschar 
befiar 
bia  626. 


pládine  (friaul.) 

349. 
raghignar,  ragogna 

(surs.)  620. 

rieven  (surs.)  620. 

ronsch  («lurs.)  620. 


(surselv.) 
6iq. 


(surs.) 
620. 


schirar 

schlavidrar 

schiiusa 

schuebel  |  ,         . 
,  I  (surs.) 

sehnen     \    f.^j 

scólga      ) 
scurzanir  (surs.) 

bisacca     |  617. 

bizochelsl  (surselv.)  sgagia 


blatta       I     619. 

buórsa      I 

e  arm  un  (surselv.) 

246. 
cherli  (surselv.) 

619. 
coh  617. 
colraba  (surselv.) 

619. 
conif  (surselv.)  619. 
cupitz  (alteng.) 

506  f. 
curdar  (surselv.) 

619. 
dad  602  f. 
dartgè  (surselv.) 

619  f. 
di(Jus  (Disent.)  625. 
durchiar^^  (surselv.) 
duiH        )      620. 
cntochcn  624. 
fad   (surselv.)  61  7. 
fa/.zalèt  (surs.)  620. 
fieler  (surs.)  617. 
ílapp  (friaul.)  742. 
fucila      1 

j^aleida    ¡(surs.)620. 
{garantir  | 

'',.  .     ;  fruul.)  345. 

honzcli  (surs.)  620. 

Ischia  (südtir.)  352. 

isla  {enn.)  351. 

letsch  (surs.)  620. 

maj^liar  740  f. 

maha  (surs.)  620. 

malrccli  (surs.)  620. 

inalunsl 

mede    I  ,         v  r^« 
/  «surs.)  620. 
nui        I  ^         ' 

nuv       I 

padimêr  (eng.)  507. 

palander  (surs.) 

620. 

picz  (surs.)  O20. 


(surs.)  621 


'(surs.)  621. 


sgarsar 
sittar 
sparun 
spaziar  618. 
spia  (surs.)  621. 
spora  (surs.)  62 1. 
àtrubiau  (surs.)  62 1 
tarlachar  (surs.) 

621. 
tat 
teia 
tezla 
tiglier 
tozzel  618. 
truffel  618. 
trumpf  618. 
tschabernäc  (surs.) 

621. 
tscheiver  (surs.) 

621. 
liia,  lues  343  Anm. 
l/aniin  (Disent.) 

624. 
ugau  (surs.)  621. 
vera  (surs.)  02 1. 
vie  (iriaul.)  344. 
zugliar  (surs.)  622. 

Rnmäniscli. 

ar^in   I12. 
corban   1 12  f. 
pálima  507. 

Gemanisct 

Au  350  f. 

baak  (hoU.)  346. 

bûcen  (alifrits.) 

346. 
bâkn  (anord.) 
béacen  (ag-^.) 
beacon  (engl.) 
bücan  (alts.) 
b5chel(schw.) 
boche"  (schw.) 
Boje   347. 


346. 


beuchen  (mhd.) 

345  ff. 
bouhhan  (ahd.)346. 

brittil  (ahd.)  347. 

buoy  (engl.)  347. 

cuttle  (engl.)  498. 

Dornbutt  349. 

Ei,  Eie  (Schweiz.) 

351. 

helza  (ahd.)  614  f. 

Isel  (schw.)  351. 
keitel  498. 
keutel  498. 
kiedel  498. 
kiddle  (engl.)  498. 
kudel  (mhd.)  498. 
laden  (mhd.)  612. 
Lalle  738. 
lepja  (island.)  505 

Anm. 
Letten  S^S  Anm. 
Lillatsch,  Lullatsch 

738. 
morgay,  morgray 

(engl.)  347. 
panche»  (schwciz.) 

346. 
pig  (dän.)  349. 
pigg  (schwcd.)  349. 
pigghvart  (skand.) 

349. 
pladijs  (holl.)  348. 

Platteis(e)  34S. 

leìuscli. 

carlwm    (kyir.r.) 

caill,   ccilliau 
(kymr.)   245  1. 

cellt,   callesir.  cyl- 
le>tr  (kymr.)  243. 

ci  brych  (kymr.) 

347- 
eglwys  (kymr.)  345. 

iliz  (bret.)  345. 

Isca   353. 

katrel  (bret.)   246. 

*kal-elo-  246  f. 

♦kal-ko-   246  f. 

*karm5n-  (j^all.) 

246. 
kathóg  (ir.)  349. 
Icdan   (bret.)   349. 
Ucdan,  lleden 

(kymr.)  340. 
llydan,  Uedan 

(kymr.)  34g. 
Uyth   (kymr.)  349. 
llythi-en  (kymr.) 

349. 


WORTREGISTER. 


liz-enn    (bret.) 

349. 
morgi   (kymr.) 

347. 
tort  (kymr.)  250. 

torz  (bret.)  250. 

BaiUselL 

eleiza,  elechia 

(transpyr.)  345. 
eliza  (dapyr.)  345. 
lela,  leloa  738. 
tortika  251. 


&ri8cUscL 

mietovià  501. 
ßoXoc  498  f. 
ßoXza  502. 
xad-ET^  (neugr.) 

502. 
xaXovfia  (neugr.) 

,493- 
xaXvfifjta  490—8. 

scaXcDÇ  490 — 8. 

xoXvfiß&v  (?) 

490— -8. 

bç filai  (ngr.)  501  f. 


ná^fia  507. 
Ttetovià  501. 

TerscUedene  spncM 

bazza  (arab.)  447. 
gálica  (serb.) 
galjka  (russ.)  ,  248. 
galka  (russ.)    A  Dm. 
gatka  (poln.) 
galmûnah  (arab.) 

491  Anm. 
hálka  (tschech.) 

248  Ajim. 


769 

kalema  (turk.)  496. 
kallantah  (arab.) 

491  Anm. 
kalût^h  (arab.) 

491  Anm. 
piatala  (serb.)  348. 
qalmÛD  (arab.) 

491  Anm. 
qualmûnah  (arab.) 

491  Anm. 
qasr  (arab.)  503. 
skolika  (kirctien- 

slav.)  248. 


Druck  Yon  Ehrhardt  Karras.    Halle  a.  S. 


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Verlag  tob  Max  lÜMieyar  il  HIB«  a.  8. 


In  Yorbereiimg  sind  vkA  wmà/sn  in  klnorm  Zymááft 
riUnnes  ansgegeb^: 

L  HanáMcktr 

(Spraehe  mid  LitaratarX 
Einleitung  in  das  Stndinm  der  B<mianÍMdíra  Pliilo]0{^ 
Handbneh  der  Rmnäniseben  9pradie  und  literatnr. 
„         „   Bbätoromaniseben  Sprache  nnd  Láterttor. 
„         „   Altproyenzalisehen       »         »         i» 
„         „   NenproTenzalisehen     n         n         n 
„         „   Portagiesiseben  »         n         » 

n.  Grammatische  HUftmitteL 

Grammatik  des  Ynlgärlatein. 

EnrzgefiRSSte  Lant-  nnd  Formenlebre  des  ÂltfranzOsiscbeo. 

Syntax  des  Altfranzösiseben. 

Italienische  Grammatik  anf  historischer  Grundlage. 

Spanische  „  „  „  „ 

(Wegen  der  übrigen  Sprachen  vergleiche  die  I.  Abteilang.) 

III.  Literarische  Hilfsmittel. 

Einfllhrung  in  das  Studium  der  Altfranzösischen  Literatnr. 

Einführung  in  das  Studium   der  Französischen  Literatur  di 
14.  bis  16.  Jahrhunderts. 

Bibliographie  der  Französischen  Literaturgeschichte. 

Einführung  in  das  Studium  der  älteren  Italienischen  Literatu 

Einführung  in  das  Studium  der  neueren  Italienischen  Literat« 

Einführung  in  das  Studium  der  Spanischen  Literatur. 

(Wegen  der  übrigen  Literaturen  vergleiche  die  I.  Abteilung.) 


Druck  von  Ehrhardt  Karras,  Halle  a.  S. 


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